Technik - Ausgabe Nr. 34 - Gymnasium Lerchenfeld

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Technik - Ausgabe Nr. 34 - Gymnasium Lerchenfeld
Ausgabe Nr. 34        Juni 2018

                 Technik
Technik - Ausgabe Nr. 34 - Gymnasium Lerchenfeld
Durchblick 34

                    Dein Leben.
                    Deine Freunde.
                    Dein Konto.
                    Nichts liegt näher
                    als die Haspa.
                        Mit dem                intro Girokonto
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                        Handy-Schutz und über 200 weitere Vorteile.

2                        Hier steht eine Fußzeile
Technik - Ausgabe Nr. 34 - Gymnasium Lerchenfeld
Durchblick 34

                                                                Editorial

  2018. Unser ganzer Alltag ist bestimmt von             Techniken finden sich auch in ganz anderen Bereichen
Technik. Wir nehmen sie inzwischen als so normal         unseres Lebens. Zum Beispiel beim Fußball. Dass
und alltäglich hin, dass wir sie als Erfindung,          das Erlernen der entscheidenden Techniken mit viel
Entwicklung oder Erweiterung des Lebens gar nicht        Arbeit verbunden ist, zeigt ein Interview, das wir mit
mehr bemerken. Der Tag beginnt mit dem Surren des        einem Jugendfußballtrainer geführt haben.
Weckers – egal ob analog, digital oder als App auf dem     Im Laufe der Arbeit waren wir jedenfalls überrascht,
Smartphone – das Frühstück wird von der angenehm         wie vielschichtig das Thema Technik ist, als wir erst
gekühlten Milch aus dem Kühlschrank begleitet,           einmal tiefer eingestiegen waren.
die elektrische Zahnbürste, die viele von uns nach         Die großen Veränderungen der Schule haben wir
dem Essen benutzen, wird ohne weitere Überlegung         auch von der technischen Seite betrachtet. Und dass
gegriffen. Und die ersten Nachrichten des Tages          sogar Technik bei der Zubereitung des Essens in der
trudeln wie selbstverständlich über die Smartphones      Kantine wichtig ist, ohne dass es dabei um Strom und
in unseren Händen ein. Alles wohl auch Dinge, auf        Geräte geht, zeigen wir ebenfalls in dieser Ausgabe.
die kaum jemand gern verzichten würde. Aber wie            Beim Erstellen des Hefts hat sich unser Blick darauf,
viel technischen Fortschritt brauchen wir? Und kann      was Technik ist und was sie bedeutet, geweitet und
er vielleicht sogar zur Bedrohung für unsere Freiheit,   vielleicht sogar verändert. Diese Art der Betrachtung
unsere Privatsphäre oder sogar für die Arbeitsplätze     wollen wir gern mit unseren Lesern teilen.
unserer Eltern oder unserer zukünftigen Jobs werden?
Damit befassen sich Beiträge in diesem Heft.              Wir wünschen viel Spaß mit Nummer 34 des
  Aber auch über den freiwilligen Verzicht auf Technik   Durchblick.
wollen wir berichten. Wie ist es, wenn man sich zwei
Monate lang auf den guten alten Brief verlässt und                                   Im Namen der Redaktion
WhatsApp und Co. die kalte Schulter zeigt?
  Aber es sollte nicht vergessen werden, dass Technik                                          Elise Mennenga
nicht immer nur digital oder elektronisch sein muss.

                                                                                                           3
Technik - Ausgabe Nr. 34 - Gymnasium Lerchenfeld
Durchblick 34

                                                                                                                                   Inhalt
                                                                                                                Die große Angst                                6
                                                                                                                Hanne Holbe, Paula Bojak und
                                                                                                                Hanna Böhnke

                                                                                                                Der Mensch und die Technik                    10
                                                                                                                Josefine John

                                                                                                                Briefe statt WhatsApp, Instagram und Co. 12
                                                                                                                Jordis Dörfler und Elise Mennenga

                                                                                                                Die Geschichte des Technik-Teams am
                                                                                                                Gymnasium Lerchenfeld               16
                                                                                                                Jeremy Ortega
                    KONTROLL
                                                              Durchblick 34

                                                                                                                Clickbait                                     17
                        VER                                                                                     Miriam Michler

                    BLÖDLUST
                        BEIM                                                                                    Über die Technik eines guten Artikels 22
                                                                                                                Der Durchblick im Gespräch mit Paul Middelhoff
                                                                                                                (DIE ZEIT)

                    Wird es jemals Lesen  Sie, welche unglaublichen
                                   Vorgänge sich im Keller des                                                  Wer wird diese Daten, diese Systeme in
                    wieder so, wie Haupthauses
                                                                                   Garfik und Logo:Durchblick

                                                  im Verlauf des

                    es einmal war? abspielten (nächste Seite)
                                   diesjährigen         Schuljahres
                                                                                                                der Zukunft vielleicht mal irgendwann
                                   Hier steht eine Fußzeile                   17
                                                                                                                benutzen?                                     24
                                                                                                                Elise Mennenga im Gespräch mit Jan Girlich (CCC)

                                                                                                                Über die Technik eines Umbaus                 30
                                                                                                                Die Beteiligten der Sanierung am
                                                                                                                Lerchenfeld im Interview

                                                                                                                Neue Lehrer am Gymnasium Lerchenfeld 32

                                                                                                                Künstliche Intelligenz                        38
                                                                                                                Jolina Schick

                                                                                                                Technik im Fußball                            40
                                                                                                                Emilio Nolte und Max Tonner im Gespräch mit
                                                                                                                Sebastian Schmidt (HSV)

                                                                                                                Ersatzerde Mars: Pläne eines Visionärs 44
                                                                                                                Jolina Schick

4                                                       Die Frage für die Fußzeile lautete:
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Durchblick 34
                                                  ANZEIGE

Technik im Bild                              46
Der Durchblick

"Wir haben einen 3D-Drucker, aber ich
finde, da ist noch viel Luft nach oben." 50
Emilio Nolte und Max Tonner im Gespräch mit
Thomas Weiss

Schneidetechnik                              53
Katalina Elisabeth Mora Sanchez

Impressum                                    54

                  Welche technische Innovation sollte es unbedingt geben?                   5
Technik - Ausgabe Nr. 34 - Gymnasium Lerchenfeld
Durchblick 34

Die große
Angst
Menschen und ihre Angst vor der Technik und der
Digitalisierung. Eine Auswertung dreier Artikel des SPIEGEL aus
unterschiedlichen Jahrzehnten.

                     Ein Beitrag von Hanne Holbe, Paula Bojak und Hanna Böhnke
  Durch Zufall stießen wir auf einen Tweet, der an-   tiker des technischen Fortschritts in der Arbeitswelt
hand dreier Spiegel-Titel aus den Jahren 1964, 1978   befürchteten, dass die Jobs viel reizloser würden, da
und 2016 (im Tweet fälschlicherweise 2017) ein The-   man nur noch Knöpfe drücken müsse und sich in
ma zeigt: die Ängste der Arbeitnehmer vor den Aus-    dem entsprechenden Fachgebiet nicht mehr so gut
wirkungen der Maschinen auf den Arbeitsmarkt.         auskennen müsse. Denn viele müssten nur noch auf
  Wir wollten wissen, inwiefern sich die Ängste von   die Maschinen aufpassen, Probleme melden oder die
damals und heute gleichen oder unterscheiden, und     Maschinen einfach nur bedienen, was oft sehr einfach
werteten die Titelgeschichten aus.                    und eintönig wäre. Ein Zitat von Kurt Pentzlin, dem
  Aus allen geht hervor, dass die Arbeitnehmer – vor  damaligen Direktor von Bahlsen, der Erfahrungen
allem aus dem sekundären Sektor, also aus der in-     mit Automation hatte, da er viele Maschinen in sei-
dustriellen Produktion – Angst vor ihrer Ersetzung    nem Unternehmen benutzte, prognostizierte: „Der
durch Maschinen hatten und haben. Denn die brau-      forschende Mann und speziell der Fachmann sind
chen schließlich keinen Urlaub, verlangen keine ho-   hier unter Umständen eine Belastung für das Gelin-
hen Löhne, können nicht streiken, arbeiten ziemlich   gen.“
schnell und ohne Pausen und sind zudem strapazier-      Dies habe die Folge, dass man keine hochqualifi-
fähiger, so zumindest die einhellige Meinung.         zierten Experten mehr brauche und auch Angelernte
                                                      einstellen könne oder dass sich die Experten ziemlich
1964                                                  schnell langweilten, da ihre neue Arbeit nicht ihrem
  Der Artikel "Einzug der Roboter", der im Jahre 1964 eigentlichen Niveau entspräche. So sagte es auch da-
erschienen ist, beschreibt neben der sehr präsenten mals eine Ifo-Untersuchung voraus: Laut ihr würden
Furcht vor dem Verlust der Arbeitsplätze auch die sich in den kommenden 5 Jahren, also bis 1969, ein
Angst vor sinkenden Anforderungen in den Jobs. Kri- Drittel der Beschäftigten neue und schlechtere Ar-

                                           Eine Regenbogenmaschine
   6
                                                       Anna, 8c
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Durchblick 34

beitsplätze suchen. Das machte vielen Menschen           Ängste bewahrheitet haben.
Angst.                                                     Grundsätzlich kann man sagen, dass die Anzahl der
  Außerdem sollte der Abwechslungsmangel, die feh-       Arbeitslosen in der Folgezeit zunahm. Während 1964
lende Arbeitsbefriedigung und der Zwang, an seinem       nur 0,8% aller Deutschen keinen Job besaßen, waren
Arbeitsplatz zu bleiben, obwohl man nur beobachten       es 1989, dem Jahr vor der Wiedervereinigung, 7,9 %.
müsse, laut dem Harvard Professor James R Bright,          Insgesamt ist das Problem scheinbar größer gewor-
unter gewissen Umständen in halb- und vollautoma-        den. Allerdings ist die Zahl der Erwerbstätigen deut-
tisierten Betrieben sogar zu psychischen Belastungen     lich gestiegen. Ein Wandel fand vor allem dadurch
führen, da dies nicht der Gewohnheit entspreche.         statt, dass Jobs aus dem sekundären Sektor, dem pro-
Dieser teilte die Automation und Mechanisierung in       duzierenden Gewerbe, in den tertiären Sektor, also
Stufen ein, womit er klar machen wollte, dass nur in     Wirtschaft und Dienstleistungen, gewandert sind.
wenigen Bereichen                                                                           Zudem dürfen auch
die Anforderungen                                                                           Entwicklungen der
gestiegen seien. In                                                                         Weltwirtschaft wie
den höheren Stu-                                                                            die beiden Ölkrisen
fen seien sie jedoch                                                                        der     1970er-Jahre
gesunken. In den                                                                            nicht außer Acht
hohen Stufen, also                                                                          gelassen werden.
dort, wo man über-                                                                            Beim        Strom-
haupt nicht mehr                                                                            vebrauch        hatte
in den Arbeitspro-                                                                          der Artikel Recht,
zess eingreift und                                                                          denn er stieg stän-
die Anlagen sich                                                                            dig. Während in
von alleine kon-                                                                            Deutschland 1964
trollieren,    müsse                                                                        85 Terrawattstun-
der Lohn sogar als                                                                          den       verbraucht
"Entgelt für die am                                                                         wurden, waren es

                                                                                                                    Tweet: https://twitter.com/alexandreafonso/status/949256238386307072 [Sstand: 09.06.18]
Arbeitsplatz erlitte-                                                                       2016 516. Laut dem
ne Einsamkeit" be-                                                                          Umweltbundesmi-
zeichnet werden.                                                                            nisterium stammt
  Auch der hohe                                                                             der größte Anteil
und umweltschädigende Stromverbrauch war 1964            davon auch aus der Industrie.
Thema. Ein Jahr vor der Veröffentlichung des Arti-         Damit, dass die Anforderungen in Jobs nachlassen,
kels, also 1963, betrug er in Deutschland, den heuti-    lag der Artikel völlig falsch. Die Anforderungen und
gen „alten Bundesländern“, 85 Terrawattstunden. Im       Kompetenzen haben sich einfach nur verschoben.
Jahre 1952 waren es aber nur 18 Terrawattstunden.        Zudem sind heute mehr Jobs auf Kreativität oder Fle-
  Das einzig Positive, was dem technischen Fortschritt   xibilät ausgelegt als früher. Zudem gaben in einer Be-
                                                                                                                    Cover mit freundlicher Genehmigung des SPIEGEL

zugeschrieben wurde, war der Zuwachs an neuen In-        schäftigtenumfrage des Bundesarbeitsministeriums
dustriezweigen wie Elektronik und Dienstleistungen       aus dem Jahr 2016 zwei Drittel der Befragten an, dass
sowie neuen Angestellten in den eben genannten           sich durch technologische Neuerung die Arbeit inten-
Fachbereichen. Jedoch fügte der Verfasser hinzu,         siviert habe.
dass es zwar richtig sei, dass die Zahl der Angestell-     Allerdings hat man heute, wie von James R. Bright
ten wachse, aber auf der anderen Seite die Zahl der      prophezeit, mit gestiegenen psychischen Belastungen
Industriearbeiter sinke. So würden auch die neuen        bei der Arbeit zu kämpfen, allerdings eher mit Stress
Zweige nicht den Verlust der Arbeitsplätze in anderen    als mit fehlender Arbeit. So gaben in einer Studie 55%
Bereichen ausgleichen, die durch die Ersetzung von       der Deutschen an, wöchentlich unter Stress zu stehen,
Maschinen durch Menschen entstehen würden.               19% hatten sogar täglich Stress auf der Arbeit.
  Es stellt sich aber die Frage, inwiefern sich diese      Insgesamt hatte der Artikel also nur teilweise Recht.

                         Eine Maschine, die meine Hausaufgaben macht
                                                                                                           7
                                             Laura, 6b
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                                                            Die Hauptaussage des Textes von 1978 war, dass die
                                                          Gesamtzahl der Arbeitsplätze abnehme und dabei die
                                                          Zahl der wenig qualifizierten besonders rasch. Aller-
1978                                                      dings ist die Zahl der Arbeitsplätze von 1978 bis 2017
  Auch im Artikel "Uns steht eine Katastrophe bevor"      stetig gestiegen. Die Anzahl der Arbeitsplätze im pri-
aus dem Jahr 1978 werden der technische Fortschritt       mären (Landwirtschaft) und im sekundären Sektor
und seine Folgen für die Arbeitswelt benannt: Da-         (Produktion) ist dabei beinahe gleichgeblieben. Die
durch, dass die Maschinen bereits billiger und besser     Zahl der Arbeitsplätze im tertiären Sektor, also der
geworden seien, könnten die Arbeitgeber die teureren      Dienstleistungen, ist aber deutlich gestiegen.
Arbeiter durch lohnendere Maschinen ersetzen, die           Der Artikel hatte also einerseits Unrecht, da die Ge-
nicht streiken und mehr Lohn fordern könnten, die         samtzahl der Arbeitsplätze zugenommen hat und sich
keine Ferien brauchten und schnell und ohne mensch-       die Anzahl der Arbeitsplätze aus dem tertiären Sektor
liche Fehler arbeiteten. Zudem hätten sich die Maschi-    von 1978 bis 2017 sogar mehr als verdoppelt hat. Auch
nen in den Jahren vor 1978 so weit entwickelt, dass sie   sind die Arbeitsplätze, die mit Produktion und Land-
in der Lage seien, Großanlagen oder Atomkraftwerke        wirtschaft zu tun haben, beinahe gleichgeblieben.
zu steuern. Sie wurden billiger, je komplexer sie wur-      Doch hat der Artikel andererseits den richtigen
den und würden langfristig weniger geldaufwändig          Trend angesprochen, da bereits um die Jahrtau-
als Menschen. Dadurch sei die Pro-Kopf-Produktion         sendwende die hochqualifizierten Arbeitnehmer zu
in Deutschland rasant gestiegen.                          den Gewinnern der Entwicklung auf dem Arbeits-
  Auch Arbeiter im Verwaltungsbereich könnten, so         markt zählten. Bis heute ist die Zahl Erwerbstätiger
die Meinung für die Zukunft im Artikel von 1978,          mit Hochschulabschluss bereits auf 8,5 Millionen
eingespart werden, da auch dort die Automatisierung       (2015) gestiegen. „Mehr als jeder 5. Erwerbstätige in
große Vorteile aufweise. Dadurch würden viele Ar-         Deutschland verfügt damit über einen Hochschulab-
beitnehmer in Handelsbranchen und Banken ihren            schluss“ schreibt die Bundesagentur für Arbeit in ei-
Job verlieren.                                            ner Veröffentlichung.
  Als andere Folge des technischen Fortschritts muss-
ten viele Firmen wie die Registrierkassenfirma Anker
und Uhrenfirmen im Schwarzwald Insolvenz anmel-           2016
den. Für eine Uhr waren zuvor bis zu 1000 Arbeits-          Aus dem Spiegelartikel von 2016, „Mensch gegen
gänge nötig. Zur Zeit des Artikels mussten nur noch       Maschine“, geht hervor, dass es bereits schon Roboter
um die fünf Teile zusammengeschraubt werden, um           gibt, die zum Beispiel als Anwalt arbeiten. Sie geben
eine Uhr fertigzustellen. Dadurch verloren viele Ar-      Antworten auf Fragen, indem sie 1 Mrd. Texte, Geset-
beiter ihre Stellen. In den siebziger Jahren seien im     ze und Kommentare durchsuchen und wenige Sekun-
Schwarzwald bis zu 32 000 Arbeiter in Uhrenfabriken       den später eine Antwort liefern. Solche Anwendungen
tätig gewesen, 1978 seien es nur noch 18 000 gewesen.     werden unter anderem von dem Technologiekonzern
  Dass diese Arbeitsplätze abnehmen würden, darü-         IBM entwickelt. IBM steht für International Business
ber waren sich alle Experten einig. Doch wie schnell      Machines Corporation und ist eines der größten IT-
dies geschehen würde, war ein Streitpunkt. Die einen      und Beratungsunternehmen der Welt. Dort wurde
behaupteten, in den nächsten 20 Jahren, also bis 1998,    ein System entwickelt, das nicht vergisst und immer
seien 80 Prozent der Arbeitsplätze vernichtet. Die an-    dazulernt. Es sei der perfekte Assistent für Mediziner,
deren behaupteten, das würde erst später eintreffen.      Banker und Meteorologen, da er auf längere Zeit billi-
  Der Karlsruher Professor Karl Steinbruch prophe-        ger sei, keinen Urlaub oder Pausen brauche und alles
zeite: „Die Gesamtzahl der Arbeitsplätze nimmt ab.        schneller mache.
  Die Zahl der wenig qualifizierten Arbeitsplätze           Inzwischen sind Maschinen auch fähig, Büroarbeiter
nimmt besonders rasch ab. Die Zahl der Hochquali-         zu ersetzten. Und nicht nur das: Auch bei Berufen
fizierten nimmt kaum ab. Die Anforderungen an die         wie      beim    Zahnarzttechniker,       Lagerarbeiter,
Höchstqualifizierten steigen ständig.“                    Dolmetscher, Briefträger und Klinikapotheker liege
  Doch ob und wie hat sich das bewahrheitet?              die Wahrscheinlichkeit bei ca. 70 Prozent, dass diese

   8                                Eine Maschine, die meine Brille sauber macht
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Durchblick 34

Berufe von Maschinen oder Robotern ersetzt werden.      Geld. Also können sie ihren Mitarbeitern mehr bezah-
Sabina Jeschke, Professorin für Maschinenbau in         len, die dann durch ihr neu gewonnenes Geld mehr
Aachen, meint, dass es kaum ein Berufsfeld gebe,        ausgeben können. Dies schafft dann an einer nochmls
dass nicht durch die fortschreitende Digitalisierung    anderen Stelle in der Wirtschaft mehr Arbeitsplätze.
in Frage gestellt werde. Auch die Lagerwirte,             Zudem brauchen die Maschinen und die ganze neue
Küchenkräfte, Bankkaufleute, Metallbearbeiter und       Technik Programmierer und Ingenieure. Auch dies
der Gastronomieservice seien „vom Aussterben            schafft immer noch mehr Arbeitsplätze.
bedroht“.                                                 Insgesamt sei durch die Digitalisierung die Zahl
  Der Artikel macht aber auch deutlich, dass es schon   der Beschäftigten um ein Prozent gestiegen, so die
oft Strukturwandel gegeben hat, bei dem alte durch      ZEW-Studie.
neue Technik ersetzt wurde. Man dachte stets, dass        Wie wir nun wissen, gibt es Gewinner und Verlie-
viele Arbeitsplätze verloren gehen würden, aber es      rer. Doch in welchem Bereich muss man sich fürchten
kam immer anders. Wenn man sich in der Gesell-          und wo kann man sich in Sicherheit wägen?
schaft umschaut, scheint die Arbeit nie auszugehen.       Besonders stark fällt der Beschäftigungszuwachs in
Am Ende hatte man sogar mehr Arbeitsplätze als vor-     der Elektronikbranche, dem Fahrzeugbau und dem
her.                                                    sonstigen verarbeitenden Gewerbe aus.
  Allerdings sagen einige Studien voraus, dass es die-    Besonders viele Jobs fallen laut ZEW hingegen
ses Mal wirklich anders werden könnte.                  durch den technischen Wandel weg im Baugewerbe
                                                        und im Gesundheitsbereich.
                                                          Zum Schluss muss man jedoch noch dazu sagen,
Werden sich die Ängste                                  dass die neuen Stellen oft höhere Anforderungen mit
                                                        sich bringen.
bewahrheiten?                                             Die Ängste gab es also schon immer. Bewahrheitet
  Auch dazu haben wir einen Artikel des Spiegel kon-
                                                        haben sie sich bisher nur teilweise.
sultiert, dieses Mal aus dem April 2018. In diesem wird
darauf hingewiesen, dass man sich vor einer Automa-
tisierung durch Maschinen und Roboter nicht so sehr Zahlen, Fakten und Artikel
fürchten müsse, wie man lange gedacht habe. Dort          •   http://www.spiegel.de/spiegel/print/index-1964-14.html
                                                          •   http://www.spiegel.de/spiegel/print/index-1978-16.html
wurde eine Studie des ZEW (Zentrum für Europäi-           •   http://www.spiegel.de/spiegel/print/index-2016-36.html
sche Wirtschaftsforschung) vorgestellt, die erforscht,    •   http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/arbeitsmarkt-regie-
wieso kein sogenanntes „Ende der Arbeit“, trotz des           rungsgutachten-rechnet-mit-job-gewinnen-durch-roboter-a-1200538.
                                                              html
Einsatzes von Computern, Robotern und Maschinen,          •   https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Indikatoren/LangeReihen/
stattfinde.                                                   Arbeitsmarkt/lrerw013.html
  Zwar haben laut des ZEW wirklich bereits fünf Pro-      •   https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktbe-
                                                              richte/Berufe/generische-Publikationen/Broschuere-Akademiker.pdf
zent der Arbeitnehmer durch die Automatisierung           •   https://www.ingenieur.de/technik/wirtschaft/arbeitsmarkt/gewin-
ihren Job verloren, jedoch ist die Jobbilanz der Di-          ner-arbeitsmarkt-sind-hochqualifizierten-arbeitskraefte/
gitalisierung insgesamt positiv. Dies klingt zwar erst    •   https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Indikatoren/LangeReihen/
                                                              Arbeitsmarkt/lrarb003.html
einmal unlogisch, ist jedoch dadurch zu erklären, dass
                                                          •   http://www.kas.de/wf/doc/kas_467-544-1-30.pdf?030610110803
durch die Neuanschaffungen von Technik gleichzeitig       •   https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/stromverbrauch
in anderen Bereichen Prozesse ausgelöst werden, die       •   http://www.perspektive-blau.de/artikel/0706b/0706b.htm
dort mehr Arbeitsplätze schaffen.                         •   http://www.sueddeutsche.de/karriere/digitalisierung-im-job-frue-
                                                              her-war-alles-anders-1.2403641
  Hightech macht viele Unternehmen wettbewerbsfä-         •   https://www.wiwo.de/erfolg/
higer. Die Unternehmen können daher größere Men-              beruf/arbeitsbelastung-steigt-di-
gen zu günstigeren Preisen herstellen und brauchen            gitalisierung-macht-das-arbeitsle-
                                                              ben-nicht-nur-leichter/14496502.html
daher an anderen Positionen mehr Arbeiter, die sie        •   https://de.statista.com/infogra-
dann auch einstellten. Hinzu kommt der "Multipli-             fik/13752/gestresste-arbeitneh-
kator-Effekt". Firmen, die Technik einsetzten, waren          mer-in-europa/
meist ziemlich erfolgreich und verdienten somit mehr

                                              Künstliche Intelligenz
                                                                                                                              9
                                                    Leonard, 7c
Technik - Ausgabe Nr. 34 - Gymnasium Lerchenfeld
Durchblick 34

                                                                                                                           Der Mensch
                                                                                                                           und die
                                                                                                                           Technik
                                                                                                                                       Alles im folgenden Artikel sollte
                                                                                                                                       unbedingt hinterfragt werden!

                                                                                                                                           Ein Beitrag von Josefine John

                                                                 Stell dir vor, du wärst im Zoo. Die Sonne scheint, und       Und doch: Eine Frage verschwindet einfach nicht
                                                               kleine Kinder schreien mit den Affen im Gehege ne-           aus deinem Kopf. Warum haben Affen und an-
                                                               benan um die Wette, nur unterbrochen durch ein Ge-           dere Tiere eigentlich keine Handys? Nicht, dass
                                                               räusch, als würde jemand zwei Steine gegeneinander           wir Menschen keine wären, aber warum schei-
                                                               schlagen. Und tatsächlich – dort im Gehege erblickst         nen wir die Einzigen mit … Technik zu sein?
                                                               du einen jungen Affen, der mit einem spitzen Stein             Was ist überhaupt Technik? Da muss ja mehr hinter
                                                               auf eine Nuss zu seinen Füßen einprügelt. Von diesem         stecken als ein bisschen Plastik und Metall.
                                                               Schauspiel der Natur gebannt siehst du, wie die Schale         Es gibt Technik im elektronischen, mechani-
                                                               der hilflosen Nuss irgendwann aufgibt. Doch was als          schen Sinne, heißt, bestimmte Prozesse, die et-
                                                               nächstes passiert, lässt dich an deinem Verstand zwei-       was produzieren, Maschinen und Fahrzeuge.
                                                               feln: Aus einem kleinen Gebüsch neben sich zückt             Technik muss erdacht und erfunden werden.
https://pixabay.com/de/umweltschutz-natur-glühbirne-3341942/

                                                               der Affe auf einmal etwas, was verdächtig nach einem           Es gibt Techniken im physischen und psychischen
                                                               Handy aussieht und macht – du traust deinen Augen            Sinne, um seinen Körper und Geist in einer bestimm-
                                                               nicht- ein Foto von der aufgeknackten Nuss. Voller           ten Form zu bewegen oder zu beherrschen, wie Kampf-
                                                               Schock starrst du das kleine Tier vor dir an, wie es eine    kunst und Flow-Yoga. Technik muss erlernt werden.
                                                               Zeit lang auf dem Display des Handys herumdrückt,              Irgendwie reicht das noch nicht. Schön und gut, dass
                                                               bis plötzlich etwas in deiner Hosentasche vibriert. Der      wir uns so tolle Sachen bauen und ausdenken können,
                                                               Affe schaut dich an. Auf dem Bildschirm deines Han-          aber wozu?
                                                               dys leuchtet in weißen Buchstaben die Nachricht „Gu-           Die Antwort liegt in der Kontrolle. Jede Tech-
                                                               ten Morgen.“                                                 nik ist der Versuch, seine Umwelt, seinen Körper
                                                                 Binnen Sekunden fällst du aus deinem Schlaf                oder Geist zu kontrollieren und möglichst effizi-
                                                               und findest dich kerzengerade im Bett wieder.                ent zu nutzen, um das Leben einfacher zu machen.
                                                                 Guten Morgen. Es braucht eine ganze Weile, bis               Ergo: Die Technik ist ein Werkzeug, um das eigene Le-
                                                               du die Stimme deiner Mutter erkennst. Langsam                ben oder Überleben zu verbessern oder sichern. Klingt
                                                               formt sich das Zimmer vor deinen Augen, und vom              erst mal ziemlich trocken. Was verbirgt sich dahinter?
                                                               Traum bleibt nichts als eine flüchtige Erinnerung.             Nun, bleiben wir beim Beispiel des Handys. Zwar

                                                                                        Ein vollautomatischer Kühlschrank, der sich immer wieder auffüllt
                                                                 10
                                                                                                                           Liam, 5d
Durchblick 34

kannst du mit dem kleinen Stück Plastik kein Bison         ren sind wir Meister darin, Techniken zu entwickeln
jagen, aber dennoch ist der Rest der Welt fast immer       und so unsere körperlichen Mängel auszugleichen.
für dich verfügbar. In einer modernen Gesellschaft ist       Andere Tiere haben es nicht nötig, Werkzeuge zu
die (beeindruckende) Fähigkeit, im Handumdrehen            bauen, wenn diese schon Teil ihres Körpers sind.
ein Bison zu erlegen, ehrlich gesagt auch nicht mehr so    Ein Tiger wird niemals einen Speer herstellen müs-
überlebenswichtig. Anstelle dessen wird die ständige       sen, wenn er doch schon scharfe Klauen hat. Man
Erreichbarkeit von Leuten und Informationen immer          könnte also vermuten, dass die Techniken, welche
relevanter.                                                eine Spezies entwickelt, immer von den Fähigkei-
  Hier finden wir endlich den ersten wichtigen Unter-      ten dieser Spezies abhängen. Durch diese schier
schied: Für Tiere bedeutet das Überleben etwas ganz        endlosen Unterschiede ließe sich auch die große
anderes als für uns, weswegen ihre Technik eine kom-       Variabilität an Techniken und Taktiken erklären.
plett andere ist. Denn ja, auch in der Tierwelt gibt es      Wenn der Unterschied zwischen Mensch und
Techniken. Wenn Generationen von Affen lernen, wie         Tier aber eigentlich nur in rein biologischen Punk-
sie möglichst effizient einen Stein auf eine Nuss hauen,   ten besteht, ist dieser besondere Wert, die Erhaben-
um diese zu knacken, oder Orcas in eleganten Forma-        heit des Menschen, überhaupt noch gerechtfertigt?
tionen mit ihren Bewegungen Wellen erzeugen, um            Der Entrepeneur aus dem Silicon Valley entwickelt
eine Robbe von ihrer Eisscholle zu stoßen, dann ent-       vielleicht aus den selben Motivationen eine neue
wickeln und nutzen sie Techniken. Ziel des Ganzen ist,     App, die seine Hauskatzen dazu bewegen, Wollmäu-
den Kampf ums Überleben zu gewinnen. Für das Tier          se unter seinem Schreibtisch zu jagen. Beide ver-
namens Mensch ist dieser Kampf in modernen Gesell-         suchen letztendlich, ein positives Gefühl zu erzeu-
schaften nur noch schemenhaft vorhanden, so müssen         gen und zu überleben, auch wenn das bei der Katze
wir zwar nicht mehr regelmäßig vor wilden Tieren flie-     um einiges offensichtlicher und einfacher abläuft.
hen, bekommen aber trotzdem Herzrasen und schwit-            Okay. Soweit so wirr und theoretisch. Was ergibt sich
zige Hände, wenn wir eine Präsentation halten müssen.      aber aus der Erkenntnis, dass der Unterschied zwischen
  Zwar mögen wir heutzutage in einer komplett ande-        Mensch und Tier rein biologisch ist, und noch viel wich-
ren Welt leben, doch sind viele der grundlegenden Mo-      tiger, was hat das eigentlich mit der Technik zu tun?
tivationen, Bedürfnisse und Gefühle ähnlich geblieben.       Mit der Technik als Werkzeug hat jede unserer
Noch immer streben wir danach, unsere Umgebung zu          Handlungen einen mehr oder weniger großen Ef-
kontrollieren und alles vorherzusehen, all dies, um zu     fekt auf unsere Umwelt. Mit dieser Verantwortung
überleben oder sich gut zu fühlen. Egal, wie kompli-       im Hinterkopf sollten wir mal einen Blick darauf wer-
ziert, innovativ und genial eine Technik erscheinen        fen, was die Menschheit in letzter Zeit denn so ange-
mag, sie ist letztendlich immer noch ein Werkzeug. Der     stellt hat, und welche Rolle dabei die Technik spielt.
Unterschied zwischen dem Stein des kleinen Affen und         Die Technik an sich ist erstmal weder gut noch
einem Smartphone ist kleiner, als man denken könnte.       schlecht. Ihre Konsequenzen hängen einzig und al-
  Sowohl Mensch als auch Tier benutzen also Techniken,     lein von ihren Nutzern und deren Intentionen ab. Was
um ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Aber warum ist es denn    für eine Rolle spielt also das oft erhabene, grundsätz-
trotzdem so abwegig, dass ein Affe tatsächlich ein Han-    lich überlegene Selbstbild des Menschen in Verbin-
dy bedienen und verstehen könnte? Was unterscheidet        dung mit seiner Technik? Ist es moralisch vertretbar,
unsere Technik von denen aller anderer Lebensformen?       die Umwelt auszunutzen, nur weil der Mensch es
  Womöglich ist der Abstand zwischen Nussknack–            kann? Heiligen die Mittel in diesem Falle den Zweck?
Stein und, sagen wir mal, einer Maschine, welche             Letztendlich werden uns selbst die besten Ma-
Nüsse gleichzeitig sammelt, knackt und putzt, nur ein      schinen, die fortgeschrittensten Programme wohl
Resultat aus den unterschiedlichen Fähigkeiten unter-      nicht dabei helfen, eine Antwort auf die Frage, wie
schiedlicher Tiere. Wir Menschen können zwar nicht         wir uns verhalten und mit unserer Macht umge-
sehr gut klettern – vom Fliegen ganz zu schweigen. Da-     hen sollten zu finden. Das weite, subjektive Feld
für basteln wir uns Leitern und Flugzeuge. Dank unse-      der Ethik ist eines, in welchem sich jeder alleine zu-
rer großen Gehirne und präzisen Hände sowie unserer        rechtfinden muss, ohne moralischen Kompass,
komplexen Kommunikation und sozialen Struktu-              ohne Navigationsgerät, und ohne Google Maps.

                               Kontaktlinsen, die Blinde sehen lassen
                                                                                                             11
                                               Jone, 6b
Durchblick 34

Briefe statt WhatsApp,
Instagram und Co.
   Wie es ist, zwei Monate auf diese moderne
                        Technik zu verzichten
                                            Ein Beitrag von Jordis Dörfler und Elise Mennenga

Unsere Redakteurinnen Elise Mennenga und Jordis Dörfler sind beste Freundinnen.
Jordis entschied sich bereits vor einiger Zeit, das aktuelle Schuljahr in England zu verbringen, dort in
einer Gastfamilie zu leben und entsprechend die Schule zu besuchen.
Als die Redaktion das Thema „Technik“ für die aktuelle Ausgabe ausgewählt hatte, entschieden sich
die beiden für ein Experiment. Während der ersten beiden Monate ihrer räumlichen Trennung wollten
sie auf digitale Kommunikation verzichten. All das, was sie sich wohl über ihre Smartphones mitgeteilt
hätten, sollte per Brief zwischen England und Deutschland ausgetauscht werden.
Wie sie das erlebten, schildern sie in ihrem Beitrag.

  12                            Eine Maschine, die die Zeit nur für mich anhält
Durchblick 34

Jordis über ihre Erfahrung ohne Whats-                     gestellt hatte. Überrascht hat es mich aber nicht, so
App, Instagram und Co.                                     ist das nun mal zwischen uns. Und es hat mich auch
                                                           nicht überrascht, dass ihr Brief genauso dick war wie
  Schnell hier eine Nachricht getippt und dort einen       meiner. Elf, zwölf Seiten. Monologe halten können
Snap versandt und irgendwie kommt von dem, was ich         wir beide gut, das hat sich wenigstens nicht geändert.
zu sagen habe, doch nie alles rüber. Oder zumindest          Ein paar Briefe und zwei Monate später stand Hal-
nicht so, wie ich das will. Wir verbringen viel mehr       loween vor der Tür, der Tag, an dem wir unser Ex-
Zeit auf Whatsapp, Instagram und Co. und kommu-            periment beenden wollten und dem ich dann irgend-
nizieren ganz einfach über gewaltige Entfernungen          wie doch entgegenfieberte. Die acht Wochen waren
hinweg mit der Welt. Aber irgendwie geht in dem            schneller vergangen als vermutet.
ganzen Kommunikations-Kauderwelsch etwas verlo-              Tja und nun? Die Briefe sind geblieben, werden
ren. Hier ist es wie mit vielem                            Stück für Stück meine Wand zupflastern und ich kann
im Leben, man weiß manch-                                                         es kaum erwarten, sie in 30
mal erst, was man nicht hatte,                                                    Jahren wieder herauszukramen
wenn man es findet. Auch un-                                                      und mich an diese Zeit zurück-
ser Experiment hat nicht damit                                                    zuerinnern. Aber ebenso freue
angefangen, dass wir meinten,                                                     ich mich, endlich wieder meine
uns fehle etwas. Vielmehr hat                                                     Schnappschüsse von Hundis,
es uns interessiert, mal nachzu-                                                  Haus und Co. mit Elise zu tei-
fühlen, wie es war, vor 50 Jah-                                                   len und sie im Bruchteil einer
ren durch Ländergrenzen oder,                                                     Sekunde zu erreichen.
in unserem Falle, sogar durch                                                        Auf jeden Fall haben mir die-
ein Meer getrennt zu sein. Da                                                     se zwei Monate klargemacht,
kam es natürlich gelegen, dass                                                    dass wir nicht jeden Tag sinn-
ich vorhatte, ein Schuljahr in                                                    los aneinander vorbeitexten
England zu verbringen. Die Re-                                                    müssen, um wir zu sein. Elise
geln: Keinen Kontakt über So-                                                     und ich, Briefe, das passt viel
cial Media, keinen Zugang zu                                                      besser zu uns.
jeglichen Posts auf Instagram                                                        Über soziale Medien versu-
etc. und telefonieren nur übers                                                   chen wir, den Orten, an denen
Festnetz. Dauer: zwei Monate.                                                     wir nicht sind, und den Leuten,
  Der 30. August 2017, mein                                                       mit denen wir nicht zusammen
Abreisedatum, kam schneller                                                       sein können, näherzukommen,
als erwartet und das systemati-                                                   und vergessen dabei, dass wir
sche Blocken von Elise auf jeg-                                                   es nun mal nicht sind. In Brie-
lichen sozialen Netzwerken am                                                     fen erzähle ich das, was wirk-
Folgetag kam mir beinahe ritu-                                                    lich wichtig ist und in gewisser
ell vor. Als würde ich Faden für                                                  Weise fühlt es sich so viel ehrli-
Faden das Verbindungsband zwischen uns kappen.             cher und klarer an. Abgesehen davon gibt es nicht viel,
Da waren sie auf einmal allgegenwärtig, die knapp          was mich glücklicher macht, als einen lang erwarteten
750 km, die uns voneinander trennen.                       Brief im Postkasten zu entdecken, der dann nicht in
  Manche Leute sagen, zwischen Freunden bestehe            einem Meer aus Nachrichten verschwindet, sondern
eine metaphysische Verbindung, die nicht von physi-        den ich immer wieder hervorholen kann. Das Wort
scher Nähe abhängt. Ob die für folgenden Umstand           ist „Massenware“ in der heutigen Welt und doch wird
sorgte oder ob es doch bloßer Zufall war, weiß nie-        es durch etwas Einfaches wie Stift und Papier wieder
mand. Lustig war es auf jeden Fall, dass Elises erster     besonders. In diesem Sinne: Bringt den Briefverkehr
Brief mich erreichte, als ich den für sie gerade fertig-   zurück!

                                 Eine Art Skateboard, das schwebt
                                                                                                              13
                                               Anton, 5f
Durchblick 34

Elise über ihre Erfahrung ohne WhatsApp,                   einfacher weißer Umschlag, an mich adressiert und
Instagram und Co.                                          auf der Rückseite Jordis‘ Name. Der erste Brief! Da
                                                           ist Müdigkeit endgültig vergessen, das Licht wird wie-
  Schon komisch, nach den Sommerferien zurück in           der angeschaltet und der Umschlag sofort geöffnet.
die Schule zu kommen und gleich in der ersten Stunde       Da wird mir zum ersten Mal klar, wie glücklich einen
bei der Einführung in die Oberstufe im Musiksaal ei-       bloße Kommunikation mit Freunden machen kann,
nen leeren Stuhl neben sich vorzufinden. Das könnte        wenn sie erst zur Rarität geworden ist. Und was noch
ich doch jetzt eigentlich Jordis schreiben, dass sie mir   besser ist, wenn man einen Brief bekommt, dann liest
fehlt und dass ich mir Schule ohne sie nicht vorstellen    man ihn auch wirklich! Wort für Wort, Satz für Satz.
kann und natürlich gleich noch nachfragen, wie es ihr      Man schaut jede Zeichnung an und jedes beigelegte
zur Zeit in England bei ihrem Austauschjahr ergeht         Foto. Es ist wie ein kleines Stückchen Kunst, so ganz
und ja, vielleicht könn-                                   anders als ein WhatsApp-Zweizeiler mit lachendem
te ich sie auch noch um                                                                  Emoji.
ein süßes Foto von den                                                                     Spätestens als unser
Hunden ihrer Gastfami-                                                                   Experiment dann vorü-
lie bitten. Vielleicht und                                                               bergegangen ist, ist mir
eigentlich und könnte.                                                                   klar geworden, wie be-
Dafür hat der liebe Gott                                                                 quem und einfach Kon-
den Konjunktiv erfun-                                                                    versationen via Social
den. In der Praxis sieht                                                                 Media auf der einen und
das ganz anders aus,                                                                     wie persönlich und er-
denn wir haben unseren                                                                   greifend ein Brief auf der
Kontakt über Social Me-                                                                  anderen Seite sein kann.
dia ja eingestellt.                                                                      Egal ob man einen erhält
  Gerade jetzt, in den                                                                   und sich über den Emp-
ersten Tagen, ist das be-                                                                fang freut oder ob man
sonders nervig. Alle hö-                                                                 einen schreibt und sich
ren von Jordis, wie es ihr                                                               dabei auch noch Zeit für
geht, was sie macht, wie                                                                 sich nimmt, alles, was in
die Gastfamilie ist, ob sie                                                              den vergangen Wochen
schon Freundschaften                                                                     passiert ist, mal ganz in
schließt, während ich                                                                    Ruhe zu rekapitulieren
mit meinen Vermutun-                                                                     und dabei vielleicht auch
gen, was wohl so alles bei                                                               noch eine Gelegenheit
ihr in England los sein                                                                  erhält, vergangene Ereig-
könnte,      vollkommen                                                                  nisse nochmal aus einem
im Dunklen tappe. Und                                                                    ganz anderen und ver-
dann habe ich auch noch                                                                  söhnlichen oder humor-
so viel loszuwerden, so viele neue Eindrücke und Er-       volleren Blickwinkel zu sehen.
fahrungen aus dem gerade angebrochenen Schuljahr,            Trotz alledem muss ich zugeben, dass mir die Kom-
die ich ganz dringend mit ihr teilen muss.                 munikation über Social Media doch ziemlich gefehlt
  Nach etwa zwei Wochen und einem besonders lan-           hat, gerade die Schnelligkeit der Nachrichtenüber-
gen und anstrengenden Schultag falle ich abends voll-      mittlung. Letztlich ist es wohl gut, ein Mittelmaß zu
kommen übermüdet auf mein Bett und will bloß noch          finden und zu halten. Nicht nur digitale Kommuni-
eines: schlafen! Doch dann fühle ich etwas unter mei-      kation, nicht nur altmodische. Snaps verschicken und
nem Kopf, etwas Knirschendes, irgendwie hart. Ich          die Briefe nicht aussterben lassen. Jordis und ich je-
setzte mich wieder auf, um nachzusehen. Da liegt ein       denfalls werden es von nun an so handhaben.

                            Eine Maschine, mit der man in Bücher und Filme reisen kann
  14
                                                     Nadeschda, 6b
Durchblick 34

Hier steht eine Fußzeile                   15
Durchblick 34

                          Die ersten Veranstaltun- andere Veranstaltungen kümmerten. Als eingespieltes
                        gen wurden durch Maxi-     Team haben sie zusammen mit Frau Petter, die gro-
                        milian, der im letzten Jahrßes Interesse in diesem Bereich zeigte und im Bereich
                        sein Abitur gemacht hat,   Veranstaltungsmanagement die Veranstaltungen mit
                        von Schülerseite technisch organisiert, ein eigenes Technikbüro eingerichtet. Mit
                        unterstützt. Das Wissen,   Hilfe von Franz’ Lichtkenntnissen wurden neue Lam-
                        welches er sich damals     pen angeschafft, die nun für eine höhere Arbeitsquali-
                        selbst aneignete, konnte ertät sorgen. Die neuen Lampen haben sich auch bereits
                        nutzen, um Konzerte mit    bei den Unterstufenpartys und am „Tag der offenen
                        aufzubauen, ansprechender  Tür“ bezahlt gemacht.
                        zu gestalten und tontech-    In den vergangenen Wochen und Monaten hat das
                                                                                   neue     Technikteam,
                                                                                   mittlerweile    beste-
nisch zu unterstützen.       Die Geschichte des                                    hend aus Frau Petter,
2014 holte sich Maxi                                                               Jeremy, Franz, Fabian
die Unterstützung von         TECHNIK-Teams                                        und vier Schülern der
Franz und Jeremy (da-                                                              10. Klasse, Rasmus,
mals in der 8. Klasse,        am Gymnasium                                         Houman, Jan und Ed-
heute in S4). Er hat                                                               gar, mehrere Veran-
sein Wissen an die              Lerchenfeld                                        staltungen gemeistert,
Neulinge weitergege-                                                               bei denen sie zunächst
ben, sodass Franz und                                                              von Jeremy, Fabian
Jeremy schnell in die                Ein Gastbeitrag von Jeremy Ortega und Franz eingearbei-
Routine der Tontech-                                                               tet wurden und nun
nik hineinschlüpfen                                                                selbständig mit ge-
konnten. Bereits nach                                                              ringfügiger Unterstüt-
einem halben Jahr hat
Maxi die Jungs auf die
Probe gestellt. Franz und Jeremy haben nun, unter      zung von Jeremy gearbeitet
Aufsicht des Experten, die erste Veranstaltung selb-   haben.
ständig aufgebaut. Die technische Begleitung wäh-        Das      Werkstattprojekt
rend der Aufführungen übernahm er zu dieser Zeit       zum Thema „Wasser“ aus
allerdings doch noch selbst.                           Jahrgang 8 und das Thea-
  Anfang 2015 hat sich Maxi dann von dem drei          terstück „Heimspiel“ waren
Mann starken Technikteam verabschiedet. Zum Som-       die ersten Veranstaltungen,
merkonzert 2015 bekamen Franz und Jeremy die           die die 10er eigenständig
Unterstützung von Fabian (jetzt S4). Damals noch       unterstützt haben.
nicht auszumalen, dass Fabian irgendwann ein festes
Mitglied der „Stage Crew“ werden würde, hat er sich
unter Beweis gestellt und wurde herzlich in das Team    Falls auch du Interesse haben solltest, im
aufgenommen. Da Franz mittlerweile auch techni-         Technikteam mitzuarbeiten, dann kannst du
sche Erfahrungen im Bereich des Lichts mitbrachte,      dich ganz leicht mit einem Motivationsschreiben
konnten Konzerte von nun an nicht nur mit Tontech-      für das kommende Schuljahr bei Frau Petter
nik versorgt, sondern es konnte auch eine besondere     bewerben.
Atmosphäre mithilfe von Licht kreiert werden.           Einzige Voraussetzung: Du solltest dann
  Das Engagement und der Spaß an der Arbeit von         mindestens in die 8. Klasse gehen.
den Dreien war mittlerweile so groß, dass sie sich
nicht nur um die Konzerte, sondern auch um diverse

                        Ein Gerät, das mir ermöglicht, 100% meines Gehirns zu nutzen
  16
                                                   Hewin, 10d
KONTROLL
                                  Durchblick 34

    VER
BLÖDLUST
    BEIM

Wird es jemals   Lesen Sie, welche unglaublichen
                 Vorgänge sich im Keller des
wieder so, wie
                                                       Garfik und Logo:Durchblick

                 Haupthauses im Verlauf des

es einmal war?   diesjährigen         Schuljahres
                 abspielten (nächste Seite)

                                                  17
Durchblick 34

Die Redaktion kam
meist pünktlich
                                            CLICK-
zur Sitzung,                                BAIT
immer freitags,
                                             Neugier ist das Kernelement von
um 13:25 Uhr                                           Motivation.

im ehemaligen                               Ein
Fotolabor der
Schule im Keller des
                                            Artikel
Haupthauses.                                von
                                            Miriam
Es wurde                                    Michler
konzentriert an
den Artikeln für die
aktuelle Ausgabe
gearbeitet.
                      Eine Maschine, um die Gedanken anderer zu sehen
 18
                                      Sümeyye 12/Na
Durchblick 34

  Wir kennen es alle: Eigentlich müssten wir vor              Thumbnail geschnitten, der Gesichtsausdruck des
der anstehenden Klassenarbeit den Stoff wiederho-             Mädchens ist schmerzverzerrt. Der Zusammenhang
len, doch wirklich Lust darauf haben wir nicht. Nur           mit dem Inhalt? In Minute zwölf spricht die junge
manche Fächer motivieren einen zum stundenlangen              Mutter belustigt davon, wie sie wegen des Nachtlichts
Lernen, vor allem, wenn wir uns inhaltlich dafür in-          selbst keinen Schlaf fand und so die ohnehin schon
teressieren und verstehen wollen. Wir sind also neu-          anstrengenden Nächte durch die Einschlafstörung
gierig. Diese Neugierde äußert sich im Alltag jedoch          noch kräftezehrender wurden.
zunehmend im Bereich der Unterhaltung. So wie ei-               Und nun Hand auf Herz: Für welches Video würdest
ner sich stundenlang in Hegels Erläuterung des Prin-          du dich entscheiden?
zips der Herrschaft und Knechtschaft hineinkniet, um            Solltest du dich für das zweite Video entscheiden,
eine neue Erkenntnis zu erlangen, bleibt der nächste          wirst du dies vermutlich schlichtweg damit begrün-
nach dem Einparken gebannt im Auto sitzen, nur um             den, dass es deine Neugierde geweckt hat. Die Be-
zu erfahren, welches peinliche Erlebnis der Radiomo-          gründung für die Wahl des ersten Videos wird wahr-
derator letzte Woche an der Supermarktkasse erlebt            scheinlich die unsachliche Aufmachung des zweiten
hat – die Auflösung erfolgt natürlich erst nach der           Videos kritisieren. Und damit kommen wir zum
Werbepause. Und wieder der nächste lässt alles stehen         Knackpunkt der Thematik: die Technik Clickbaiting.
und liegen, als er auf das neue Video des Lieblingsyou-       Den Begriff schon einmal gehört? Stumpf übersetzt
tubers stößt, in welchem sich dieser vermeintlich mit         nennt sich die Technik „Klickködern“ und besteht da-
seinem Partner um die Wandfarbe im Schlafzimmer               rin, mittels reißerischer Überschriften viele Aufrufe
streitet. Ob sie sich jetzt wohl trennen??                    zu generieren. Jene Technik setzt sich in den Medien
  Wir erkennen: Wie sich das Neue definieren muss,            immer weiter durch und erweist sich als wahre Gold-
um uns nach ihm gierig zu machen, unterscheidet               grube. Was uns einst noch vorm Fernseher kleben
sich von Mensch zu Mensch und von Situation zu Si-            ließ, findet sich nun in überspitzter Form insbeson-
tuation. So soll uns das Neue fordern, da wir es uns          dere in sozialen Netzwerken wieder: Cliffhanger. In
selbst erarbeiten müssen, oder es soll uns unterhalten,       „Titanic“ soll es diese eine romantische Szene geben,
vergleichsweise anspruchslosen Gesprächsstoff bie-            bei der man weinen muss und im Hintergrund die-
ten, welcher uns meist vergnügt. Häufig ist jener Ge-         ses Lied läuft, welches immer die eingekauften Ich-
sprächsstoff kaum komplex und kann in wenigen Sät-            bin-der-Dieter-und-mein-Furz-klingt-melodischer-
zen zusammengefasst werden. Wie kann dieser nun               als-dein-Gesang-Sänger bei DSDS performen. Doch
unsere Gier so sehr reizen, dass es uns zum Konsum            gerade in dem Moment, als die ersten sanften Töne
des Neuen motiviert?                                          des Liedes mit der Sonnenuntergangskulisse harmo-
  Man stelle sich zwei fünfzehnminütige Videos vor,           nisieren: Werbeunterbrechung! Natürlich wird nicht
welche inhaltlich identisch sind, aber sich im Titel          weggeschaltet. Wie lange hat man denn sonst verge-
und Vorschaubild, dem sogenannten Thumbnail, gra-             bens auf der Couch gelegen und abgewartet? Die Gier
vierend unterscheiden. Beide Videos thematisieren             nach dieser einen Szene ist so sehr gereizt, dass wir
die Schwangerschaft einer Minderjährigen – ein ge-            motiviert sind, auch noch diese sieben Minuten aus-
sellschaftlich relevantes Thema. Das erste Video trägt        zusitzen, denn sobald wir die Szene gesehen haben,
den Titel „Minderjährige spricht über ihre Probleme           können wir endlich mitreden. Naja, eben zustimmen,
und Wünsche während der Schwangerschaft“ und                  wenn mal wieder einer von dem Kitsch schwärmt.
zeigt jenes Mädchen den runden Bauch streichelnd              Oder eine Anspielung machen. Irgendwann. Jenes
auf dem Thumbnail. Inhalt und Vorschau stimmen                Prinzip vom Ausreizen der Neugierde hat sich schon
also überein. Das zweite Video zieht die Aufmerksam-          vor langem im Fernsehen etabliert und ordentlich
keit durch einen dicken roten Pfeil auf dem Thumb-            Geld in die Kassen gespült. Warum sollte es dann nicht
nail und dem teilweise in Großbuchstaben verfassten           auch im Internet funktionieren? Die YouTube-Trends
Titel auf sich: „DAS hätte sie lieber nicht tun sollen...“.   und Facebook-Timelines wurden bereits vom Click-
Der dicke rote Pfeil zeigt auf ein helles Nachtlicht ne-      bait, quasi der aufgepimpten Variante des guten alten
ben einer Kinderwiege, daneben wurde ein deutlich             Cliffhangers, unterwandert und sorgen für anspruchs-
jüngeres schwangeres Mädchen als das im Video ins             lose Unterhaltung: „Du wirst nicht glauben, was ER

                                          Eine Layout-Maschine                                                19
Durchblick 34

                             seinem Sohn geschenkt hat...“. Wer? Gott? Irgendwas irrelevanter das Produkt, desto weniger verdient der
                             mit Auferstehung? Oder handelt es sich doch nur um Produzent daran. Was man allerdings aktiv tun kann:
                             den handwerklich begabten Vater, der seinem Sohn Aufklärung betreiben, wie es bereits Produzenten auf
                             ein Baumhaus zum Abenteuererleben gebaut hat. Das Plattformen tun, auf denen Clickbait gängig ist. Auf
                             wird man wohl nur durch einen Klick auf den Artikel YouTube setzt sich beispielsweise das Team von Ul-
                             erfahren, wo einen unzählige nervige Werbe-Pop-Ups tralativ sachlich und gleichzeitig unterhaltend mit
                             vom Lesen des Artikels abhalten und so die Ersteller Clickbait und weiteren Entwicklungen auf der Platt-
                             der Seite ihr Geld                                                                      form auseinander.
                             verdienen.      Ein                                                                     Die Facebooksei-
                             schamloses Aus-                                                                         te    „Stop–Click-
                             nutzen       unserer                                                                    bait–Deutschland“
                             wertvollen Moti-                                                                        postet die Auflö-
                             vation, die wir für                                                                     sungen zu reißeri-
                             komplexere Inhal-                                                                       schen Titeln und
                             te hätten gebrau-                                                                       erspart uns damit
                             chen können!                                                                            viele vermutlich
                               Und woran er-                                                                         unnötige Klicks –
                             kennt man neben                                                                         zum Ärgernis der
                             der Werbeanzei-                                                                         Clickbaitbetreiber.
                             gen noch, dass                                                                          Aber daran wird
                             etwas Gutes Geld                                                                        Clickbait      nicht
                             einbringt? Richtig,                                                                     aussterben. Zu den
                             wenn sich gro-                                                                          Werbepausen im
                             ße Unternehmen                                                                          Fernsehen gibt es
                             daran bedienen.                                                                         Alternativen wie
                             So umwirbt eine                                                                         Netflix und Ama-
                             weltbekannte Fast-                                                                      zon Prime und
                             Food-Kette ihre                                                                         wenn einem das
                             Produkte neulich                                                                        reißerische Deck-
                             mit einem Video,                                                                        blatt der BILD
                             das folgenden Titel                                                                     nicht gefällt, greift
                             trägt: „Die Wahr-            So bewirbt „SkyGuy“ seine Videos in der YouTube-Suche man eben zur
                             heit über unser                                                                         FAZ. Der Konsu-
                             BEEF“. Keine Auf-                                                                       ment entscheidet
                             lösung im Titel – check. Dramatik durch Verwendung darüber, was seine Ansprüche erfüllt. Im Internet
                             belangvoller Begriffe gegebenenfalls in Großbuchsta- jedoch ist die Auswahl an Inhalten unbegrenzt und
                             ben – check. Neugier beim Konsumenten wecken – kann individuell zusammengestellt werden: ob Poli-
                             check. Clickbait vom Feinsten – und es zahlt sich aus: tik-News, Lernvideos, Schminktutorials oder Samm-
                             die Videos werden geklickt, kommentiert, bewertet lungen von Lebensweisheiten – der Konsument kann
                             und verbreitet und diese Relevanz bedeutet bares Geld. nach seinem Belieben filtern und darüber haben die
                             Als Mediennutzer (Bücher ausgenommen) kann man Produzenten der „neuen Medien“ im Gegensatz zu
                             sich nun ausgenutzt fühlen. Was kann man also gegen den Produzenten „alter Medien“ keine Kontrolle. Also
Screenshot von youtube.com

                             dieses Clickbait tun? Nur noch Bücher lesen bis ans müssen sie allgemeines Interesse oder das Interesse
                             Ende seiner Tage? (Nicht, dass zukünftig der Klapp- größerer Konsumentengruppen erwecken. Und das
                             text ersetzt wird durch Teaser wie „Was auf Seite 267 funktioniert wohl nur mit roten Kreisen, maßloser
                             passiert, hat mich schockiert…!“) Leider ist die Ant- Übertreibung und Hundebabys.
                             wort so simpel wie enttäuschend: Nicht. Klicken. Je

                               20                                Eine Maschine, die Dinge vergrößern kann
Durchblick 34

Hier steht eine Fußzeile                   21
Durchblick 34

                                                      Der DURCHBLICK im Gespräch mit Paul Middelhof (2. v. r.).

                          Über die
                               Technik
                          eines guten Artikels
Alle Bilder: DURCHBLICK

                                               Ein Roboter, der Tischtennis spielt
                          22
                                                           Corvin, 5b
Durchblick 34

            Am 02. November 2017 besuchten Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 8 bis 12 DIE ZEIT.

  Im Rahmen des Kulturprogramms am Gymnasium             Der Leser muss am Ende…
Lerchenfeld hatten Schülerinnen und Schüler der          ...fasziniert sein, schlauer sein und das Gefühl
Jahrgänge 8 bis 12 im November 2017 die Möglichkeit, haben, etwas dazugewonnen zu haben.
die Räumlichkeiten der Wochenzeitung DIE ZEIT
einmal von innen kennenzulernen und mit einem            Meine spannendste Geschichte war…
Journalisten des Politikressorts, Paul Middelhoff, ins   ...entstanden aus meiner Zeit in Washington, als
Gespräch zu kommen.                                    ich Hillary Clinton und Trump viele Monate im
  Auch die Redaktion des DURCHBLICK war Wahlkampf begleitet habe.
mit dabei und nutzte die Möglichkeit, mit dem
Profijournalisten in einer kurzen Fragenrunde zu         Ein Interview führen will ich mit…
klären, was er für einen guten Artikel braucht.          ...meiner Lieblingssängerin Billie Holiday, nur lebt
                                                       sie leider nicht mehr. Deshalb kriege ich das nicht hin.
  Meine technische Ausstattung besteht
aus…                                                     Für die Zukunft des Journalismus…
  ...einem Laptop, den ich immer und überall mit         ...hoffe ich, dass ganz viele junge Leute, die wirklich
hinschleppe. Das Handy, beide natürlich miteinander Lust haben auf den Job, sich trauen und
verbunden, und Stift und Zettel, ganz oldschool.         bald mit uns zusammenarbeiten.

  Ein gutes Thema ist für mich…
  ...eines, bei dem ich viel lerne, was ich vorher noch
nicht wusste, entweder neue Fakten oder einen neuen
Blick auf die Dinge.

  Das Bild zum Artikel muss…
  ...mit möglichst viel Mühe ausgewählt werden,
weil die Kombination aus einem guten Text und
einem guten Bild noch einmal ein ganz eigenes
journalistisches Produkt ist, das echt Spaß macht,
wenn es gut funktioniert.

                                  Ein selbstreinigender Fußboden                                          23
Durchblick 34

                                                                                                              Unsere Redakteurin Elise Mennenga sprach mit

                                                                          "Wer wird diese                   dem Aktivisten Jan Girlich vom Chaos Computer
                                                                                                            Club über das Sammeln von Daten, deren Schutz und
                                                                                                            worauf wir uns in der Zukunft bei diesen Techniken

                                                                          Daten, diese                      einstellen müssen.
Foto: https://pixabay.com/de/hacker-hacken-internet-sicherheit-1944688/

                                                                                                              7
Durchblick 34

der Gesellschaft diese Themen nahezubringen und in         gemacht worden ist?
der Diskussion Lösungen zu entwickeln. Um das mal            Nein, wir selber geben da nichts an Daten weiter.
zusammenzufassen: Hast du das mitgekriegt mit dem          Was wir machen, ist politischer Aktivismus. Wir
PC-Wahlding, das in der Zeitung vor kurzem war?            gehen mit anderen Organisationen zusammen ein
  Ja, natürlich.                                           Bündnis ein und schreiben Gesetzesinitiativen oder
  Das ist so ein klassisches Beispiel dafür, was der CCC   Volksinitiativen oder Gesetzesvorschläge und sorgen
macht. Das ist so ein ganz klassisches Kernthema. Es       dann dafür, dass die Politik beeinflusst wird, hin zu
gibt ein IT-System. Das wird eingesetzt seit 30 Jahren     einer Gesellschaft, in der die Daten, die die öffentliche
und niemand hat sich mal die Mühe gemacht, diese           Hand produziert, auch öffentlich verfügbar sind.
Software richtig auf Sicherheit zu prüfen. Und sie ist       Sind      dir      Fallbeispiele         aus       der
für einen wichtigen Teil der Wahl zuständig und der        Vergangenheit bekannt, in denen das
CCC hat sich das mal angeguckt mit anderen Leuten          Datensammeln im großen Stil tatsächlich
zusammen, und hat da mitgemacht und dann mal               zur Verbesserung unserer Sicherheit, die
festgestellt: „Okay, das ist alles unsicher“ und das       ja immer als ein wichtiges Argument für
öffentlich gemacht. Und das ist so unsere Kernaufgabe.     Big Data gehandelt wird, beigetragen
Risiko? Da ist es. Lass mal drüber diskutieren.            hat?
  Inwiefern nutzen Sie vom CCC selbst                        Daten sammeln, um damit irgendwas Gutes zu tun,
„Big Data“?                                                ja das ist möglich. Ich nehme da immer gerne das
  Der Chaos Computer Club hat eine Hackerethik.            Küchenmesserbeispiel. Ein Küchenmesser an sich ist
Das sind einfach so eine Art Gebote für den Club,          weder gut noch böse. Es kann ein Küchenwerkzeug
die wir selbst uns auferlegt haben. Das klingt jetzt       zur Essenszubereitung sein oder es kann eben
gerade so schwer, aber es ist so: Wir haben uns mal        eine Mordwaffe sein. Und es hängt immer damit
hingesetzt und gedacht, wenn man ein guter Hacker          zusammen, wie es benutzt wird. Darum muss man
sein möchte, wie sollte man dann denken, vorgehen          mit solchen Werkzeugen immer aufpassen. Das heißt,
und was ist da so die Leitlinie? Dann haben wir            wenn wir jetzt irgendwie große Big Data Systeme
diese Hackerethik entwickelt. Diese Hackerethik            bauen wie Überwachungssysteme, die ja im Grunde
ist inzwischen Teil des Clubs und da steht ein Satz        auch immer Big Data Systeme sind, die dann zur
drin, der sagt: „Öffentliche Daten nützen, private         Sicherheitssteigerung benutzt werden, dann müssen
Daten schützen.“ Die beiden Teile, öffentliche Daten       wir uns immer fragen: Wer wird diese Daten, diese
nutzen, private Daten schützen, das ist an dieser Stelle   Systeme in der Zukunft vielleicht mal irgendwann
super wichtig. Wir sind ein Club. Das heißt, es gibt       benutzen? Das heißt, nur weil ein System uns jetzt
einen Verein, du kannst Mitglied werden bei uns und        vielleicht Sicherheit bringen könnte, heißt das
dann fallen Mitgliedsdaten an. Das sind alles private      nicht, dass es das in der Zukunft auch tun wird. Das
Daten. Die versuchen wir so minimal zu halten wie          hängt nämlich davon ab, wer es bedient und was die
nur möglich. Wir sammeln also so gut wie gar keine         Schlussfolgerungen sind, die die Bediener daraus
Daten. Dann gibt es aber öffentlich Daten. Wir haben       ziehen. Wenn wir uns jetzt anschauen, wie gerade das
jetzt zum Beispiel in Hamburg am Transparenzgesetz         Wahlergebnis ausgefallen ist, dass die Bevölkerung
mitgearbeitet, das dafür sorgt, dass alle Daten, die       zu einem gewissen Teil der Meinung ist, man kann
in der Verwaltung von der Stadt entstehen, persé,          auch Nazis irgendwie Macht in diesem Land geben,
erst mal öffentlich verfügbar sein müssen in einer         machen wir uns da ein bisschen Sorgen, dass wir
maschinenlesbaren Form. So gesehen sammeln                 Systeme aufbauen und immer denken: „Na ja, das
wir selbst keine Daten, weil wir nicht sehen, wo wir       werden ja nur die richtigen Leute benutzen und mir
den Sinn und Zweck darin hätten, aber wir sind der         wird ja nichts passieren, weil ich mich ja richtig
Meinung, dass es Datensammlungen gibt, die super           verhalte.“ Aber eines Tages sind dann plötzlich Leute
wichtig sind und sorgen auch dafür, dass die öffentlich    an der Macht, denen es nicht mehr um dein Verhalten
verfügbar sind. Für alle.                                  geht, sondern darum, wo du geboren bist, welche
  Also gebt ihr quasi weiter, was schon                    Hautfarbe du hast oder ähnliches. Und dann kannst
existiert, aber noch nicht öffentlich                      du dich dem Thema nicht mehr entziehen.

                          Eine Maschine, die für mich in die Schule geht
                                                                                                              25
                                              Melvin, 7a
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