Technologien und Trends in der M+E Industrie - Leitfaden, Juli 2020 - bayme vbm

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Technologien und Trends in der M+E Industrie - Leitfaden, Juli 2020 - bayme vbm
Technologien und Trends in der M+E
Industrie
Leitfaden, Juli 2020
Hinweis

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Elektro e. V. und des vbm – Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie e. V. zum internen Gebrauch ge-
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LeitfadenJuli 2020
                           Technologien und Trends in der M+E Industrie

Vorwort
Trends erkennen und Marktchancen identifizieren

Das Wissen über zukünftige Entwicklungen und die damit verbundenen wirtschaftlichen
Potenziale ist für bayerische Unternehmen der M+E Industrie ein wichtiger Erfolgsfaktor in
einem zunehmend volatilen Marktumfeld. Insbesondere die weltweit fortschreitende digi-
tale Transformation wird Unternehmen, Branchen, Industrien und Gesellschaften grundle-
gend verändern. Um auch in Zukunft erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen sowohl die
zukünftigen Herausforderungen als auch Ihre Markchancen frühzeitig erkennen und ihre
Unternehmensstrategie nachhaltig und auf Basis dieser Erkenntnisse international wettbe-
werbsfähig ausrichten.

Unsere grundlegend überarbeitete Informationsbroschüre beschreibt die übergreifenden
Megatrends und geht ausführlich auf die beiden Trends Digitalisierung und Vernetzung
ein. Zudem beschreiben wir aktuelle branchenspezifische Entwicklungen wie Smart
Mobility, Autonomes Fahren bzw. Zukunftsthemen und Technologien, die für die sieben
Branchencluster der M+E Industrie von besonderer Bedeutung sind.

Bertram Brossardt
01. Juli 2020
LeitfadenJuli 2020
Technologien und Trends in der M+E Industrie
LeitfadenJuli 2020
                         Technologien und Trends in der M+E Industrie

Inhalt
1      Übergreifende Megatrends                                         1
1.1    Demografischer Wandel                                            1

1.2    Politische Weltordnung                                           1

1.3    Individualisierung und Konsumverhalten                           1

1.4    Gesundheit und eHealth                                           2

1.5    Globale Wissensgesellschaft                                      2

1.6    Ökologie & Nachhaltigkeit                                        3

1.7    Urbanisierung                                                    3

1.8    Mobilität                                                        4

1.9    Digitale Transformation                                          5

1.10   Cybersicherheit und Blockchain                                   6

1.11   Smart Industry und Arbeit 4.0                                    6

2      Maschinen- und Anlagenbau                                        9
2.1    Allgemeine Branchentrends                                        9

2.2    Spezifische Schwerpunktrends ausgewählter Teilbranchen           10

2.3    Digitalisierung und plattformbasierte Geschäftsmodelle           10

2.4    Digital Twin (Digitaler Zwilling)                                12

2.5    Big Data und Maschinelles Lernen                                 12

2.6    Cybersicherheit und Blockchain                                   12

2.7    Virtual und Augmented Reality                                    13

2.8    Sensorik                                                         13

2.9    Mechatronik                                                      14

2.10   Miniaturisierung komplexer elektronischer Bauteile und System    14
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                         Technologien und Trends in der M+E Industrie

2.11   Photonik und Optische Technologien                               15

2.12   Additive bzw. generative Fertigungsverfahren (3D-Druck)          16

2.13   Neue Werkstoffe                                                  17

2.14   Leichtbau und Faserverbundwerkstoffe                             20

2.15   Nanotechnologie                                                  21

2.16   Energieeinsparung und Energieeffizienz                           22

3      Automobilindustrie                                               23
3.1    Allgemeine Branchentrends                                        23

3.2    Elektrische Antriebe und Energiespeicher                         24

3.3    Hybridantriebe                                                   25

3.4    Energieeffizientere Verbrennungsmotoren                          26

3.5    Alternative Antriebsenergien                                     26

3.6    Leichtbau, neue Konstruktionsprinzipien und Materialien          26

3.7    Füge- und Fertigungsverfahren, 3D-Druck                          28

3.8    Oberflächenbeschichtung                                          28

3.9    Nanotechnologie                                                  28

3.10   Autonomes Fahren                                                 29

3.11   Fahrzeug- und mobilitätsbezogene IT-Dienste                      30

3.12   Bedienkonzepte                                                   31

3.13   Cybersicherheit und Blockchain                                   31

3.14   Big Data und Maschinelles Lernen                                 31

3.15   Digital Twin (Digitaler Zwilling)                                32

3.16   Energieeinsparung und Energieeffizienz                           32

4      Informations- und Kommunikationstechnologie                      33
4.1    Allgemeine Branchentrends                                        33
LeitfadenJuli 2020
                         Technologien und Trends in der M+E Industrie

4.2    Hardware und Systemarchitekturen                                      33

4.3    Datenverarbeitung und Datentransport                                  34

4.4    Big Data und Data Mining                                              35

4.5    Künstliche Intelligenz (KI)                                           36

4.6    Cloud Computing bzw. Services                                         37

4.7    Fog bzw. Edge Computing                                               38

4.8    Robotik                                                               38

4.9    Mensch-Technik-Interaktion bzw. Mensch-Maschine-Schnittstelle (HMI)   38

4.10   Virtual und Augmented Reality                                         39

4.11   Digital Twin (Digitaler Zwilling)                                     39

4.12   IT-Sicherheit und Blockchain                                          40

4.13   Multi-Faktor-Authentifizierung                                        41

5      Elektro- und Elektronikindustrie                                      43
5.1    Allgemeine Branchentrends                                             43

5.2    Netzkommunikation und Datenübertragung                                43

5.3    Datenanalyse                                                          44

5.4    Mikro- / Nanoelektronik                                               44

5.5    Robotik                                                               46

5.6    Sensorik und Messtechnik                                              48

5.7    Photonik und optische Messtechnik                                     50

5.8    Aktuatoren                                                            50

5.9    Mikro-Elektro-Mechanische Systeme (MEMS)                              51

5.10   Embedded Systems                                                      52

5.11   IT-Security                                                           53

5.12   Photonik und Optische Technologien                                    53
LeitfadenJuli 2020
                          Technologien und Trends in der M+E Industrie

5.13   Nanotechnologie                                                      55

5.14   Neue Werkstoffe                                                      56

5.15   Elektroindustrie und Energiewende                                    57

6      Medizintechnik                                                       61
6.1    Allgemeine Branchentrends                                            61

6.2    Miniaturisierung                                                     61

6.3    Visualisierung                                                       62

6.4    Automatisierung und Robotik                                          63

6.5    Medizinische Informationssysteme und Telemedizin                     64

6.6    Molekularisierung                                                    64

6.7    Biologisierung                                                       65

6.8    Diagnostik und Therapie                                              66

6.9    Additive Fertigungsverfahren und individualisierte Medizinprodukte   67

6.10   Photonik und Optische Technologien                                   67

6.11   Neue Werkstoffe                                                      68

7      Metallverarbeitung                                                   69
7.1    Allgemeine Branchentrends                                            69

7.2    Digitalisierung und Vernetzung                                       69

7.3    Digital Twin (Digitaler Zwilling)                                    69

7.4    Virtual und Augmented Reality                                        70

7.5    Additive bzw. generative Fertigungsverfahren (3D-Druck)              70

7.6    Komplettbearbeitung und Prozessvielfalt                              71

7.7    Leichtbau und Ressourceneffizienz                                    71

7.8    Nanotechnologie                                                      72

7.9    Neue Werkstoffe                                                      73
LeitfadenJuli 2020
                              Technologien und Trends in der M+E Industrie

7.10      Fertigungs- und Fügeverfahren                                      73

7.11      Energieeinsparung und Energieeffizienz                             74

Ansprechpartner / Impressum                                                  75
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                           Technologien und Trends in der M+E Industrie

                           Übergreifende Megatrends

1 Übergreifende Megatrends
Megatrends sind Treiber des Wandels

1.1 Demografischer Wandel
– Die Weltbevölkerung betrug Ende 2018 rd. 7,6 Mrd. Menschen und wird jährlich um rd.
  80 Millionen weiterwachsen, wobei das Wachstum zum ganz überwiegenden Teil in
  Schwellen- und Entwicklungsländern stattfindet
– Der Anstieg der Lebenserwartung wird sich fortsetzen und das Durchschnittsalter der
  Menschen in vielen Ländern ansteigen
– In den Industriestaaten wird sich die Relation zwischen Personen im arbeitsfähigen Al-
  ter und Rentenbeziehern weiter verschlechtern, die Alterung der Gesellschaft wird zu
  einer immer größeren Herausforderung für die Sozialsysteme

1.2 Politische Weltordnung
– Die Weltbevölkerung wird weiterwachsen und das Durchschnittsalter steigen. Der Le-
  bensstandard in den Schwellenländern wird sich sukzessive dem der Industrieländer an-
  nähern. Eine konsumfreudige Mittelschicht entsteht, während das Wohlstandgefälle in
  diesen Ländern zunimmt
– Das Bevölkerungswachstum in Entwicklungsländern führt bei zu geringem Wirtschafts-
  wachstum zu Jugendarbeitslosigkeit und sozialen Spannungen
– Kriege, innerstaatliche Konflikte, Verfolgungen und wirtschaftliche Not aber auch der
  globale Klimawandel verursachen Migrationsbewegungen
– Trotz verstärkten Einsatzes energiesparender Technik wird der globale Primärenergie-
  verbrauch im Jahr 2030 um rund ein Viertel höher liegen als 2013, die Bewältigung der
  Ressourcenknappheit wird zu einer immer größeren Herausforderung
– Die nachhaltige Entwicklung der Weltwirtschaft wird durch den weiteren Zuwachs an
  Komplexität und die zunehmende wechselseitige Abhängigkeit anfälliger für globale Do-
  minoeffekte
– Parallel zur zunehmenden, gegenseitigen wirtschaftlichen Verknüpfung der Länder im
  Rahmen der Globalisierung findet eine Stärkung der globalen Steuerung nicht statt. Die
  Weltordnung wird fragiler und unvorhersehbarer
– Das wirtschaftliche Gewicht und die politische Macht verlagern sich nach Asien

1.3 Individualisierung und Konsumverhalten
– Immer mehr Menschen verfügen über finanzielle Spielräume, wenn auch meist auf sehr
  niedrigem Niveau
– Sozialstrukturen verändern sich
   – Zunahme Mittelschicht statusorientierter Aufsteiger mit Konsumnachholbedarf
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                           Technologien und Trends in der M+E Industrie

                           Übergreifende Megatrends

  – Neue Oberschichten mit Interesse an Produkten aus Luxussegment
– Ansprüche und Anspruchsniveau der Verbraucher nehmen zu
  – Service statt Produkt (Nutzung statt Eigentum)
  – Produkt plus Service (Hybride Wertschöpfung)
  – Kauferlebnisse als Statussymbol (Dienstleistung schlägt Produkt)
  – Nachfrage nach individualisierten Produkten und Dienstleistungen nimmt zu
  – Selbstversorger und steigendes Qualitätsbewusstsein für Nahrung
– Es kommt zu einer zunehmenden Anzahl an Einpersonenhaushalten und einem steigen-
   den Wohnflächenbedarf
– Der Rückgang von größeren homogenen Gruppierungen zu Gunsten kleinerer Interessen-
   gruppen führt zum Bedeutungsverlust von Institutionen wie Kirche, Staat oder Parteien

1.4 Gesundheit und eHealth
– Hygiene- und Lebensstandards steigen
– Gesundheitsbewusstsein nimmt zu
  – Zunehmende Selbstverantwortung
  – Konflikte Ernährung, Arbeit und Konsum (work life balance, functional food)
  – Stärkeres Informationsbedürfnis der Patienten
– Älter werdende multimorbide Bevölkerung
  – Steigende Gesundheitskosten
  – Finanzierbarkeit der Medizintechnik und des Gesundheitswesens
– IKT Nutzung zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung
  – Molekularisierung und Biologisierung
  – Technisierung und Miniaturisierung der Medizintechnik
  – Digitalisierung, Vernetzung und Automatisierung der Medizintechnik
  – Individualisierung von Diagnose und Therapie
  – IKT-gestützte Übertragung von Gesundheitsinformationen an Ärzte, Fachpersonal,
     Patienten, Apotheken, Krankenkassen
  – E-Commerce und E-Business zum Management im Gesundheitswesen

1.5 Globale Wissensgesellschaft
– Die Verbreitung von Informationen / Wissen (z. B. Internet) nimmt weiter zu, die Leis-
  tungsfähigkeit der globalen Wissensgesellschaft steigt unverändert an. In der Zukunft
  geht es u. a. darum, einen Informationsüberfluss zu vermeiden und Wichtiges vom Un-
  wichtigen zu trennen, z. B. mit Hilfe Künstlicher Intelligenz
– Innovationen sind ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, jedoch werden qualifizierte
  Mitarbeiter in den nächsten Jahren knapp. In Deutschland droht in zahlreichen Berufen
  ein Fachkräftemangel besteht bereits heute und verschärft sich weiter. Wegen der un-
  günstigen demografischen Entwicklung muss der einheimische Talentpool besser aus-
  geschöpft werden. Gleichzeitig muss der deutsche Arbeitsmarkt für Talente aus dem
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                           Technologien und Trends in der M+E Industrie

                           Übergreifende Megatrends

  Ausland attraktiver werden. Der Kampf um die „besten Köpfe“ wird sich international
  verschärfen.
– Hinsichtlich des Zugangs zu Ausbildung und Beruf sowie der beruflichen Perspektiven
  werden sich die Unterschiede zwischen Männern und Frauen bis zum Jahr 2030 weiter
  verringern, jedoch nicht einebnen
– In den Industrieländern studieren mehr Frauen als Männer, in den besonders lukrativen
  und wirtschaftlich wichtigen MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaf-
  ten und Technik sind Frauen aber nach wie vor unterrepräsentiert
– Das Wissen von Frauen muss besser genutzt und die Arbeitsplätze stärker auf die Be-
  dürfnisse von Frauen zugeschnitten werden (mehr Teilzeitarbeitsplätze, Heimarbeits-
  plätze, Betriebskindergärten, etc.)

1.6 Ökologie & Nachhaltigkeit
– Zunehmende Industrialisierung der Schwellen- und Entwicklungsländer erhöht die
  Nachfrage nach Metallen und Mineralien, führt zur Verknappung strategischer Ressour-
  cen und zu höheren Preisen. Da einige Rohstoffe nur in wenigen Ländern gefördert
  werden, z. B. seltene Erden in China, intensiviert sich der Konkurrenzkampf um die Ab-
  sicherung der Lieferquellen
– Während das Wirtschaftswachstum in Entwicklungs- und Schwellenländern den globa-
  len Primärenergieverbrauch stark erhöht und in diesen Ländern zu Umweltproblemen
  führt, wird in den Industriestaaten der wachstumsbedingte Energiemehrverbrauch
  durch Effizienzgewinne ausgeglichen
– Der globale Klimawandel mit steigender CO2-Belastung, Temperaturanstieg und be-
  drohten Ökosystemen zwingt weltweit zu nachhaltigem Wirtschaften:
  – Senkung des Verbrauchs
  – Erhöhung der Effizienz
  – Nutzung regenerativer Energien und nachwachsender Rohstoffe
– Global erforderliche Maßnahmen:
    – Entwicklung verbrauchs- und klimafreundlicher Produkte
    – Effiziente, ressourcenschonende Produktions- und Logistikprozesse
    – Saubere Technologien und regenerative Energien
    – Rohstoffaufbereitung und -recycling
    – Wiederaufbereitung und Mehrfachverwendung von Produkten
    – Substitution besonders knapper Ressourcen durch weniger knappe Stoffe

1.7 Urbanisierung
– Bereits 2015 lebten 54 % der Weltbevölkerung in Städten, im Jahr 2060 werden es 70 %
  sein. Große und stark wachsende Agglomerationen stehen vor großen Herausforderun-
  gen hinsichtlich Infrastruktur, Sicherheit und Funktionsfähigkeit.
– Im Straßenverkehr wird die Rush Hour zum Dauerzustand, die Umweltproblematik ver-
  schärft sich und immer mehr Menschen sind Smog mit hohen Stickoxid- und Feinstaub-
  konzentrationen ausgesetzt. Der Raum in städtischen Gebieten wird knapp und im
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                           Technologien und Trends in der M+E Industrie

                           Übergreifende Megatrends

  hohen Maß vom stehenden Verkehr beansprucht. In Los Angeles sind bereits heute 80
  % der Innenstadtfläche Parkfläche.
– Um den allgemeinen Verkehrsfluss aufrechtzuerhalten, den Flächenbedarf des stehen-
  den Verkehrs zu minimieren und Gesundheitsbelastungen zu reduzieren sind Maßnah-
  men erforderlich, wie z. B.
  – Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel
  – Elektromobilität, Carsharing und autonomes Fahren

1.8 Mobilität
– Insbesondere Urbanisierung, Umweltbelastungen und Digitalisierung werden die Ent-
  wicklung der zukünftigen Mobilität prägen
– Entstehen von alternativen Mobilitätskonzepten zum motorisierten Individualverkehr,
  wie z. B.:
  – Carsharing (Nutzung statt Eigentum)
  – Multimodale Verkehrssysteme mit mehrgliedrigen Transportketten von Personen
      oder Gütern mit mindestens zwei unterschiedlichen Verkehrsträgern
  – Adaptive Verkehrssysteme
      – Zusammenspiel von Stadt- und Verkehrsplanung
      – Effiziente öffentliche Verkehrsmittel
      – Verkehrsverbundsysteme
– Im Straßenverkehr wird Informationstechnologie zu einer Effizienzsteigerung der Ver-
  kehrsinfrastruktur und der Verkehrsmittel beitragen und zu weitreichenden Verände-
  rungen, bis hin zum Autonomen Fahren führen. Autonome Fahrzeuge ergänzen Stra-
  ßen- und Eisenbahnen, wie z. B.
  – Fahrerlose Busse, Taxis
  – Fahrerlose (Car Sharing-)Fahrzeuge
– Die Elektromobilität gewinnt unter Umweltaspekten verstärkt an Bedeutung. Sie ist lo-
  kal emissionsfrei, ihre Lärmemission ist geringer als bei konventionellen Straßenfahr-
  zeugen und die Stromerzeugung ist aus unterschiedlichen erneuerbaren Energiequellen
  möglich
– Die neuen Mobilitätsansprüche und -konzepte, wie Car- und Ridesharing führen zu ei-
  ner Transformation der OEM-Geschäftsmodelle von der Fahrzeugherstellung zur Mobi-
  litätsdienstleistung, konfrontieren die etablierten Unternehmen der Automotivbranche
  mit neuen branchenfremden Wettbewerbern, eröffnen aber anhand der generierten
  Fahrzeug-, Nutzer- und Prozessdaten neue Geschäftsmodelle
– Insbesondere im Hinblick auf die Digitalisierung und Vernetzung der Fahrzeuge müssen
  die OEM und ihre Zulieferunternehmen neue technische Kompetenzen aufbauen, ins-
  besondere
  – Informationstechnologie, Datenverarbeitung und -speicherung
  – Big Data, Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen
  – Sensorik und Bildverarbeitung
  – Kabellose Vernetzung
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                           Technologien und Trends in der M+E Industrie

                           Übergreifende Megatrends

1.9 Digitale Transformation
– Digitalisierung umfasst die Sammlung, Verdichtung, Analyse, Weiterverarbeitung und
  Weitergabe von Daten und im weiteren Sinn auch die automatisierte Ableitung und
  Umsetzung von Entscheidungen in Wertschöpfungsnetzwerken
– Wesentlichen Treiber der Digitalisierung sind
  – Vernetzung von Menschen und Maschinen durch das Internet mittels bestehender
     und neuer Kommunikationstechnologien
  – Beschreibung und Simulation von Produkten und Prozessen der physischen Welt mit
     Algorithmen („digitale Zwillinge“)
– Die digitale Transformation erstreckt sich auf vier Felder
  – Smart Integration – Datengestützte Cyber-Physische Systeme vernetzen und steuern
     betriebsinterne und -externe Anlagen und Maschinen
  – Smart Operations – Mit Hilfe „digitale Zwillinge“ werden Produkte und Prozesse der
     realen Welt modelliert, virtualisiert und simuliert
  – Smart Products – die über die gesamte Nutzungsdauer mittels Sensoren und Aktoren
     beobachtet und gesteuert werden
  – Smart Services – zusätzliche, digital unterstützte Dienstleistungen für Smart Products
– Im Jahr 2025 werden 75 % der Weltbevölkerung vernetzt sein und jeder vernetzte
  Mensch wird pro Tag ca. 4.800-mal mit vernetzten Geräten interagieren. Die umfas-
  sende digitale Vernetzung von Menschen mit Endgeräten, Alltagsgegenständen, Gebäu-
  den, Wohnungen, Produkten, Produktionsstätten und Lieferketten führt zum Internet
  der Dinge und Dienste bzw. Internet of Things (IoT). Subsysteme sind
  – Smart Industry (im deutschsprachigen Raum Industrie 4.0)
  – Smart Mobility
  – Smart Home & Smart Cities
  – Smart Grids
  – Smart Medicine (eHealth)
– Digitalisierung und Vernetzung lösen System- und Branchengrenzen auf und verändern
  Unternehmen, Branchen, Industrien und Gesellschaften grundlegend
  – Aus Wertschöpfungsketten werden digitale Wertschöpfungsnetzwerke. Die gene-
     rierten Daten werden zum Wirtschaftsgut (Datenökonomie) und dienen als Quelle
     der Wertschöpfung, z. B. zur Kostenreduktion, Umsatzsteigerung und Verbesserung
     der Servicequalität
  – Die Produktion erfolgt in intelligenten (= adaptiven, energie- und ressourceneffizien-
     ten, ergonomischen) Fabriken. Die Kunden und Geschäftspartner werden in die
     Wertschöpfungsketten integriert (Industrie 4.0)
  – Neue Dienste und Anwendungen entstehen, z. B. hybride Wertschöpfung. Sie bietet
     kundenbezogene Problemlösungen durch integrierte Leistungsbündel, die aus je-
     weils mindestens einem Sachgut und einer Dienstleistung bestehen. Beide Kompo-
     nenten sind jeweils auch eigenständig marktfähig
  – Bisher separate Sektoren werden gekoppelt, z. B. Verkehr und Energie. Als Mobili-
     tätsdienstleister verbrauchen Elektrofahrzeuge Strom, als Energiedienstleister stel-
     len sie bedarfsorientiert Strom aus ihren Traktionsbatterien bereit, den sie gegen
     Entgelt in das Stromnetz rückspeisen können. Damit können Elektrofahrzeuge
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                           Technologien und Trends in der M+E Industrie

                           Übergreifende Megatrends

     Regelleistung zur Stabilisierung des Stromnetzes erbringen. Sie koppeln Strominfra-
     struktur und Elektromobilität

1.10 Cybersicherheit und Blockchain
– Im Internet der Dinge und Dienste (IoT) müssen Organisationen oder Einrichtungen mit
  wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen (kritische Infrastruktur) zukünftig
  verstärkt vor Cyberattacken geschützt werden, da deren Ausfall oder Beeinträchtigung
  nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Si-
  cherheit oder andere dramatische Folgen bedeuten würden. Zur kritischen Infrastruktur
  zählen
  – Energie
  – IT und Telekommunikation
  – Gesundheit
  – Wasser
  – Ernährung
  – Transport und Verkehr
  – Finanz- und Versicherungswesen
  – Staat und Verwaltung
  – Medien und Kultur
– Die automatisierte Abwicklung von Prozessen über Netzwerke erfordert in besonderem
  Maß IKT-gestützte Sicherheitsmaßnahmen, die eine Datenübertragung gewährleisten,
  bei der die Daten vor Manipulation sicher sind und nur von autorisierten Benutzern ge-
  lesen bzw. modifiziert werden können. Im Internet der Dinge (IoT) kommt der Cybersi-
  cherheit hohe Bedeutung zu. Der Aufwand zur Abwehr von Cyberattacken (z. B. geeig-
  nete Entwurfsverfahren / Security by Design; Kryptografie-Methoden (z. B. Blockchain)
  nimmt wegen der IoT-Komplexität in erheblichem Umfang zu
  – Die Blockchain ist eine Technik zum Speichern von Daten und Generieren von Trans-
     aktionsregistern, in denen Datensätze als Blöcke mathematisch bestätigt, mit vor-
     hergegangenen Transaktionen untrennbar verbunden und jede Veränderung genau
     erfasst werden
  – In jeden neuen Datensatz („block“) wird eine kryptografische Prüfsumme (Hashwert)
     der bisherigen Kette („chain“) von Datensätzen geschrieben. In einer Blockchain sind
     Daten und Reihenfolge, in der sie in diese geschrieben wurden, gegen Veränderun-
     gen gesichert
  – Erfassung und Sicherung von Daten erfolgen dezentral auf einer Vielzahl von Rech-
     nern, die ein Blockchain-Netzwerk bilden. Dadurch sind die Transaktionsdaten prak-
     tisch manipulationssicher

1.11 Smart Industry und Arbeit 4.0
– Die neuen Netzwerke prägen die Arbeitswelt, in der standarisierte, zwischen Unterneh-
  men geteilte Back-End Prozesse stattfinden, ohne für Kunden oder Mitarbeiter sichtbar
  zu sein.
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                           Technologien und Trends in der M+E Industrie

                           Übergreifende Megatrends

– Die fortschreitende Automatisierung von Produktions-, Service- und Wissenssektor ver-
  ändert die Rolle des Menschen im Arbeitsprozess
  – Maschinen wickeln Routinevorgänge und körperlich belastende Tätigkeiten selbst-
     ständig ab
  – Menschen werden im Produktionsprozess vom Arbeiter zum Maschinenüber-
     wacher, die kontrollieren und nur im Notfall eingreifen
  – Kreative und produzierende Arbeit wachsen zusammen. Der Erbringer geistiger Leis-
     tung setzt sie zunehmend auch materiell um (z. B. mittels 3D-Druck)
– Der Anteil von Tätigkeiten mit unmittelbarer menschlicher Interaktion nimmt zu und
  wird in Hochlohnländern aufgewertet (z. B. älter werdende Gesellschaft), standardisier-
  bare und anonyme Prozesse (z. B. im IKT Bereich) stehen unter Effizienzdruck und wan-
  dern in Niedriglohnländer ab
– Traditionelle Arbeitsorte und -zeiten lösen sich auf
  – Mobile Arbeit und Home-Office gewinnen ebenso an Bedeutung wie flexibles und
     selbstbestimmtes Arbeiten, z. B. zeit- und ortsungebundene Arbeit bei wissensinten-
     siven Tätigkeiten
  – Individuelle Gestaltungspotentiale ermöglichen eine bessere Vereinbarkeit von Fa-
     milie und Beruf, aber durch permanente Erreichbarkeit entstehen neue Belastungen
– Unternehmenskultur und Organisationsstrukturen wandeln sich
  – Aus Wertschöpfungsketten werden digitale Wertschöpfungsnetzwerke, in denen die
     Notwendigkeit zur Kooperation und gemeinsamer Kreativität mit Kunden (Open In-
     novation) besteht und zu einer Öffnung vormals geschlossener Unternehmensstruk-
     turen führt
  – Der Abschied von der räumlich verorteten Arbeit führt zum Wandel von bisheriger
     Präsenzkultur zu einer Ergebniskultur. Motivation wird wichtiger als Kontrolle, Füh-
     rungskräfte müssen persönliche Bindung auch über unpersönliche technische Kanäle
     aufbauen und halten
  – Organisationen strukturieren sich nicht mehr entlang von Organigrammen, vielmehr
     geben komplexe IT-Systeme standardisierte Abläufe vor, aus denen sich die geeig-
     nete Organisationsform ergibt
  – Arbeitsplätze ohne eindeutige organisationale Zugehörigkeit entstehen
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                           Technologien und Trends in der M+E Industrie

                           Maschinen- und Anlagenbau

2 Maschinen- und Anlagenbau
Maschinen und Anlagen wachsen zu sich selbst steuernden Systemen zu-
sammen

2.1 Allgemeine Branchentrends
– Absatzmärkte außerhalb Europas (insbesondere Asien mit China) gewinnen immer stär-
  ker an Bedeutung, Markteintritte von Low-cost-Anbietern mit steigender Qualität ver-
  schärfen den Wettbewerb
  – Flexibilisierungsanforderungen nehmen zu
     – Nachfrage nach kundenspezifischen Lösungen
     – Wandlungsfähigkeit und Flexibilität, aber auch Standardisierung und Modularisie-
        rung
     – Trend zu Losgröße 1 und Fertigung On Demand
– Hohe Relevanz von Digitalisierung und Vernetzung / Industrie 4.0 für Maschinen- und
  Anlagenbau als
  – Anbieter von digitalisierten Produkten und Services, da die Kunden verstärkt indivi-
     duelle Systemlösungen und umfassende Aftersales- und Serviceangebote fordern
  – Anwender von internen, durch IKT-Fortschritt veränderten Prozessen
     – Wissensbasierte technische und organisatorische Prozesse
     – Vernetzung unternehmensinterner und -externer Prozessketten
     – Verknüpfung von Herstellern und Nutzern während Produktlebenszyklus
     – Schnelle, ubiquitäre Bereitstellung von Informationen
     – Interaktive Arbeitsweisen mit Visualisierung komplexer Prozesse
     – Verknüpfung von realer technischer Welt mit virtueller Darstellung
– Maschinen und Anlagen wachsen immer mehr zu sich selbst steuernden Systemen zu-
  sammen, im Maschinen- und Anlagenbau werden dadurch insbesondere wichtig
  – Software-Systeme / Cyber Physikalische Systeme (CPS)
  – Big Data
  – Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen
  – Vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance)
  – Digitale Assistenzsysteme, z. B. Virtual und Augmented Reality
  – Cybersicherheit, z. B. Blockchain
– Digitale Geschäftsmodelle und neue Wettbewerber aus dem Bereich digitaler Plattfor-
  men stellen zunehmende Herausforderung für die Maschinenbauunternehmen dar, de-
  ren Automatisierungs- und Prozesssteuerungskompetenz physisch, aus der Anlage /
  Maschine heraus, in virtuelle, cloud-gestützte Netzwerke verlagert wird
– Maschinen- und Anlagenbau muss im Zuge der Digitalisierung seine direkte Kunden-
  schnittstelle bewahren und vor dem Verlust an Technologie-, IT- oder Internetkonzerne
  schützen
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                          Technologien und Trends in der M+E Industrie

                          Maschinen- und Anlagenbau

– Digitalisierungsstrategien im Maschinenbau
  – Erweiterung Produkt- und Serviceportfolio um digitale Lösungen
  – Entwicklung neuer Geschäftsfelder oder neuer Geschäftsmodelle auf digitaler Basis,
     z. B. Betreibermodelle
  – Interne digitale Transformation der Unternehmensprozesse und -organisation
– Energie und Nachhaltigkeit
  – Effizienz auf allen Feldern der Energienutzung
     (Industrie, Gewerbe, Handel und Verbraucher)
  – Entwicklung neuer Technologien rund um die erneuerbaren Energien

2.2 Spezifische Schwerpunktrends ausgewählter Teilbranchen
– Baumaschinen
  – Elektrifizierung des Antriebs
  – Energieeffizienz und Nachhaltigkeit
  – Digitalisierung der Baumaschinen, zunehmende Automatisierung und langfristige
     Autonomisierung
  – Vernetzung der Baumaschinen mit den zunehmend digitalisierten Baustellen
– Landtechnik
  – Smart-Farming-Plattformen
  – Agrar-Apps
  – Fahrerassistenz- und GPS-basierte Lenksysteme
  – Autonome Bearbeitungs- und Erntemaschinen
  – Automatisierte Dokumentation
– Fördertechnik
  – Fahrerlose Transportsysteme
  – Digitales Flottenmanagement
  – Autonome Kommissionierfahrzeuge
  – Vernetzte und hochautomatisierte Intralogistiklösungen
  – Automatisierte Dokumentation
– Werkzeugmaschinenbau
  – Plattformen für Condition Monitoring und Predictive Maintenance
  – Leichte Bedienbarkeit der Maschinen und Anlagen
  – Steuerung des gesamten Wertstroms auf der Grundlage von Echtzeitdaten
  – automatisierte Dokumentation

2.3 Digitalisierung und plattformbasierte Geschäftsmodelle
– Im Internet der Dinge (IoT) verknüpfen Cyber-Physische Systeme (CPS) die reale Welt
  (Aktoren / Sensoren erfassen Prozesse der physischen Welt) mit der virtuellen Welt
  (Software)
  – Vernetzung mehrerer Teilsysteme innerhalb eines Geräts, einer Maschine oder eines
     Fahrzeugs zum Signal- und Datenaustausch, bis hin zur Vernetzung von Systemen
     untereinander unter Nutzung IP-basierter Netzwerke
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                           Technologien und Trends in der M+E Industrie

                           Maschinen- und Anlagenbau

  – Intelligente Lösungen zur Interpretation, Überwachung und Steuerung der physi-
     schen Welt
  – Von der Automatisierung zur Autonomisierung
     – Software-intensive Embedded Systems
     – Vernetzung der Systeme mittels Internet-Technologien
     – Maschine-Maschine-Kommunikation (M2M)
     – Industrielle Bildverarbeitung (z. B. CMOS-Technologie) zur automatischen Fehler-
        erkennung und -behebung
  – Automatisierungs- und Prozesssteuerungskompetenz wird physisch, aus der Ma-
     schine heraus, in virtuelle, cloud-gestützte Netzwerke verlagert
– IoT Plattformen
     – IoT-Plattformen sind die IT-seitige Voraussetzung für die Integration von digitalen
        Einzellösungen in ein konsistentes digitales Wertschöpfungskonzept und werden
        zum zentralen Knowhow-Träger zukünftiger digitaler Automatisierungskonzepte
     – Künstliche Intelligenz und die Virtualisierung der Fabriksteuerung in Cyber-physi-
        schen-Systemen (CPS) werden zu Elementen der IoT Plattform und nicht mehr
        Element der Maschinen und ihrer Steuerungen sein, die Maschinen werden zum
        mechanischen „Anhängsel“ in einem komplexen CPS
     – Plattformbasierte Geschäftsmodelle für IoT spielen für den Maschinenbau eine
        immer wichtigere Rolle. Ziel für Maschinenbauunternehmen ist es, die direkte
        Kundenschnittstelle weiterhin zu kontrollieren und nicht an branchenfremde An-
        bieter zu verlieren
– Software- und elektronikbasierte Wertschöpfung
  – Intelligente Systeme (Embedded Systems)
  – Robotik und Automatisierung
     – Integration von Robotern in Fertigungssysteme
     – Automatisierungseinrichtungen werden zu Plug-and-Play-Modulen
     – Maschine-Maschine (M2M) bzw. Mensch-Maschine (HMI) Kommunikation
     – Auto-ID-Systeme, z. B. RFID zur automatischen, kontaktlosen elektronische Ob-
        jektidentifikation, z. B. zur Identifikation von Bauteilen / Maschinen in der War-
        tung / Instandhaltung, Produktrückverfolgung
– Technologieorientierte Dienstleistungen als Erweiterung von Teilen der Wertschöpfung
  um Serviceprozesse, z. B. Wartung und Reparatur, Dokumentations- und Qualifizie-
  rungsprozesse
  – Prädiktive Wartung und Condition Monitoring
  – Recommender Systeme (automatisierte Auswahl an Empfehlungen auf Basis von
     Data-Mining-Verfahren)
  – Produkt-Lifecycle-Management zur Generierung und Verwaltung produktrelevanter
     Daten und Dokumente vom Angebot über die Produktion bis zur Wartung auf einer
     einheitlichen Datenbasis
  – Software- / Elektronikbasierte Wertschöpfung
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                           Technologien und Trends in der M+E Industrie

                           Maschinen- und Anlagenbau

2.4 Digital Twin (Digitaler Zwilling)
– Prinzipiell stellen digitale Zwillinge eine Testumgebung dar und sind eine wichtige Basis
  für das Internet der Dinge. Sie repräsentieren reale materielle oder immaterielle Ob-
  jekte in der digitalen Welt, sind aus Algorithmen aufgebaut und können über Sensoren
  mit der realen Welt gekoppelt sein
– Digitale Zwillinge werden durch gesammelte Echtzeitdaten der Umgebungsbedingun-
  gen eines realen Objekts und beschreibende Algorithmen erstellt und in einem digitalen
  Darstellungsraum abgebildet. Sie schaffen ein virtuelles Abbild der Unternehmenspro-
  zesse
– Die Kopplung digitalen Zwillinge mit realen Daten, wie Umgebungsbedingungen oder
  Maschinenpositionen, ermöglicht die Durchführung von komplexen Analysen und Simu-
  lationen
– Digitale Zwillinge können den kompletten Entwicklungs-, Produktions- und Betriebszyk-
  lus eines Produktes begleiten und dienen z. B. für
  – Entwurf und Simulation von Produktionsprozessen
  – Prüfung der fertigungstechnischen Machbarkeit
  – Planung, Simulation, Optimierung und Anpassung von Abläufen
– Big Data Anwendungen sind zur Bewältigung, der bei komplexen Modellen anfallenden
  großen Datenmengen, erforderlich

2.5 Big Data und Maschinelles Lernen
– Zunehmende Digitalisierung und Vernetzung führen zu einem massiven Anstieg verfüg-
  barer Daten, zu deren Handhabung Big Data eingesetzt wird
  – Erfassung großer Datenmengen
  – Softwarebasierte Datenstrukturierung hinsichtlich definierter Fragestellungen
  – Softwarebasierte Analyse der Datensätze auf mögliche Korrelationen
  – Softwarebasierte (ggf. personalisierte) Datenaufbereitung und -bereitstellung
– Sortierung, Strukturierung und Analyse erfolgen durch Algorithmen, die als Sortier- und
  Anwendungsregeln sowie Handlungsanweisungen fungieren, um in großen Datenmen-
  gen Inhalt und Kontext zu erkennen, zuzuordnen oder als irrelevant auszusortieren,
  z. B. zur
  – Detektion von Fehlerquellen
  – Erfassung von Produktmängeln
  – Verbesserung der Prognosegenauigkeit und Vorhersage von Trends
  – Sich selbst-konfigurierende und -optimierende Maschinen
  – Autonome, sich selbst steuernde Fabrik (langfristig)

2.6 Cybersicherheit und Blockchain
– Cybersicherheit und der Aufwand zur Abwehr von Cyberattacken gewinnen mit steigen-
  der Komplexität eines Systems an Bedeutung.
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                            Technologien und Trends in der M+E Industrie

                            Maschinen- und Anlagenbau

– Die Blockchain Technologie ist eine mögliche Lösung zum Schaffen von Vertrauen und
  Sicherheit, wenn immer mehr Dinge im IoT und Maschinen in der Smart Factory mitei-
  nander vernetzt kommunizieren
– Die Blockchain ist ein digitaler, dezentral und transparent auf viele Rechner verteilt ge-
  speicherter Kontoauszug für Transaktionen zwischen Computern. Es handelt sich um
  ein Transaktionsregister, in dem Datensätze als Blöcke mathematisch bestätigt und mit
  vorhergegangenen Transaktionen untrennbar verbunden werden. Aufgrund der nach-
  träglichen Unveränderbarkeit ihrer Transaktionen bietet sich Blockchain für ver-
  schiedenste Zwecke an
  – Echtheitsbeleg
  – Auditierung von Prozessen
  – Speichern von Produktionsdaten, Messwerten oder Maschineneigenschaften
  – Vertrauenswürdige Abbildung eines organisationsübergreifenden Workflows, wenn
     mehrere Akteure bei Herstellung, Wartung und Transport von Gütern zusammenar-
     beiten und jeder Nutzer Zugang zu den Daten hat, die er sehen und nutzen darf

2.7 Virtual und Augmented Reality
– Virtual Reality (computergenerierte 3D-Welt) zur Nachbildung der Realität, z. B.
  – Virtualisierung Maschinen- und Fabrikhallen
  – Virtuelles Zerlegen von Anlagen und Komponenten
  – Virtuelle Verknüpfung Maschinenmodelle mit Ersatzteilstücklisten zur Teilenachbe-
     stellung
– Augmented Reality (computerunterstützte Erweiterung gegebener Realität), z. B.
  – Datenbrille mit Kamera-Funktion
  – Kamera-Sensoren erkennen Objekt, wodurch virtuelle Informationen für Service-
     techniker eingespielt werden können
– Virtual Reality und Augmented Reality ermöglichen z. B.
  – Verbesserung von Maschinen und Anlagen hinsichtlich Design, Aufbau, Handhabung,
     etc. bereits in der Planungs- und Entwicklungsphase
  – Reduzierung der Zeit von der Idee bis zum produktiven Betrieb durch Simulation
  – Service-Anwendungen im Bereich Wartung und Instandhaltung
  – Unterstützung und Befähigung von Mitarbeitern

2.8 Sensorik
– Technische Systeme zur Erfassung der Umgebung und seiner Eigenschaften ermögli-
  chen, z. B. die kontinuierliche Überwachung von Maschinen und Anlagen hinsichtlich
  Auslastung und Zustand in Echtzeit (Condition Monitoring), die vorausschauende War-
  tung (Predictive Maintenance), die Prozessoptimierung /-automatisierung und Kosten-
  senkung. Themenstellungen sind
  – Physikalische Messtechnik
  – Materialdatenbestimmung
  – Miniaturisierte Sensorik
LeitfadenJuli 2020                                         14
                           Technologien und Trends in der M+E Industrie

                           Maschinen- und Anlagenbau

   – Multimodale Sensoren
   – Dreidimensionale Aufnahme, Verarbeitung und Ausgabe von Informationen
   – Computersimulation, bildgebende 3D-Verfahren

2.9 Mechatronik
– Mechatronische Systeme verknüpfen mechanische und elektronische Komponenten zu-
  meist unter Nutzung der Informationstechnik, um die Leistungsfähigkeit klassischer Sys-
  teme zu verbessern und vollständig neue Funktionen zu realisieren. Sie haben die Auf-
  gabe mit Sensorik, Prozessorik, Aktorik und Elementen der Mechanik, Elektronik und
  Informatik (sowie anderer funktionell erforderlichen Technologien) Energie, Stoff
  und/oder Information umzuwandeln, zu transportieren und/oder zu speichern
  – Hochauflösende Röntgencomputertomographie-Messtechnik
  – Fehlerprädiktionssysteme zur Erhöhung der Zuverlässigkeit
  – Molded Interconnect Devices
  – Höchstmaß an Gestaltungsfreiheit
  – Miniaturisierung und Rationalisierung bei der Entwicklung und Produktion elektroni-
     scher Baugruppen mit Integration von elektrischen und mechanischen Funktionen
     zur optimalen Nutzung von Bauräumen
  – Smart Automation, bei der aggregierte intelligente Automatisierungskomponenten
     über ihre eigentliche Funktion hinaus mit anderen Komponenten kommunizieren

2.10 Miniaturisierung komplexer elektronischer Bauteile und System
– Mikro- / Nanotechnologie ermöglichen immer kleinere Bauteile
  – kleinere Prozessoren und Speicher
  – RFID (Radio Frequency Identification) zur berührungslosen automatischen Identifika-
      tion via Funk
  – Mikrosensoren / -aktuatoren
– Mikrosystemtechnik (MEMS), Nanotechnologie (NEMS) und Embedded Systems
  – „Intelligente“ miniaturisierte Systeme entstehen, Smart Systems
  – Mikroantriebssysteme
– Bearbeitung kleinster Werkstücke
  – Photonische Mikrofertigungstechniken für präzise, integrierbare Bauteile (miniaturi-
      sierte Aktuatoren, Sensoren, Pumpen, Düsen, Mikrooptiken)
  – Laserstrukturierung, Mikrowerkzeugbau
  – Optische Messtechnik für die Bearbeitung im Mikro- / Nano-Meterbereich
  – Mikrosysteme für die Herstellung, Handhabung und Prüfung kleiner Objekte
  – Mikro / Nanoelektronische Fertigungsverfahren
  – Mikrospritzguss
– System- und Funktionsintegration schafft „intelligente“ miniaturisierte Bauteile und in-
  telligente Komponenten durch
  – Technologieintegration (Mechanik, Elektronik und Software)
  – Skalenvertikale Integration (Nano-Mikro-Makro)
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                          Technologien und Trends in der M+E Industrie

                          Maschinen- und Anlagenbau

  – Verbindung von Strukturen der Mikro- / Nanoelektronik in (Makro-) Komponenten
    und Anwendungen (Smart Systems Integration)
– Verstärkte Vernetzung und Multifunktionalität von elektronischen Komponenten
  – Schaffung von Schnittstellen und Standards für die Interoperationalität
  – System-on-a-chip Lösungen als Integration bisher getrennter Elemente mit der ge-
    samten Funktionalität eines Systems einschließlich Speicher auf einen Chip
  – Adaptive „selbstanpassende“, aktiv reagierende Elektronik (Adaptronik) auf Mikro- /
    Nanoebene
  – Mechatronik (Zusammenwirken Mechanik, Elektronik, IT-Komponenten) auf Mikro- /
    Nanoebene

2.11 Photonik und Optische Technologien
– Verfahrenstechnische Ansätze
  – Flexible, adaptive Fertigungs- und Anlagenkonzepte
     – Automatisierbare Laserprozesse
     – Berührungslose optische Sensorik zur Prozessüberwachung und Qualitätskon-
        trolle
  – Verkürzung von Prozessketten durch Laserverfahren
     – Parallele Verfahren mit vielen Laserstrahlen im gleichen Prozess
     – Integration verschiedener Bearbeitungsschritte in einer Maschine
  – Ressourceneffiziente und umweltschonende Bearbeitungsverfahren, z. B. energieop-
     timierte Härtungszonen und Auftragsschweißungen
  – Photonenbasierte Strukturierungsverfahren und Strahlumformungsoptiken zur Mini-
     aturisierung der Bauelemente
  – Laserprozesse erweitern Möglichkeiten bei Werkstoffwahl
     – Alternative Leichtbauwerkstoffe für Automobil-, Schiff- und Flugzeugbau, z. B.
        – Thermische und mechanisch-thermische Hybridfügetechnologien zum hochef-
            fizienten Fügen von Werkstoffkombinationen und Werkstoffen
        – Verbesserung der Schneidequalität beim Schneiden mit Festkörperlasern, ins-
            besondere bei größeren Blechdicken
        – Schädigungsarmes Trennen von CFK- / GFK-Verbundwerkstoffen
     – Artungleiche Werkstoffkombinationen für elektronische, elektrotechnische und
        energietechnische Anwendungen
– Strahlquellen
  – Diodenlaser
  – Festkörper- und Faserlaser (Steigerung der Effizienz)
  – Strahlführung und -formung (neue Materialien und Prozesse für die Fertigung und
     Montage optischer Komponenten im Batch-Prozess)
  – Kostengünstige Fertigung: Komponenten, Prozesse und Integration von Funktionen
     (Automatisierung)
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                          Technologien und Trends in der M+E Industrie

                          Maschinen- und Anlagenbau

– Materialien, Schichten und Optiken
  – „Smart Photonic Components“: Nanostrukturierungstechniken, Dotierungsverfah-
    ren, Synthese neuartiger Kompositmaterialien
  – Ganzheitliches Systemdesign

2.12 Additive bzw. generative Fertigungsverfahren (3D-Druck)
– Prozesse, bei denen im Gegensatz zu konventionellen, abtragenden Fertigungsmetho-
  den auf der Basis digitaler 3D-Konstruktionsdaten durch das Ablagern von Material
  schichtweise ein Bauteil aufgebaut wird
– Designorientierter Herstellprozess (design-driven manufacturing process) bei dem auch
  bei komplexen Strukturen die Konstruktion die Fertigung bestimmt und nicht mehr, wie
  bisher, die Fertigung die Konstruktion
– Einsatz generativer Fertigungsverfahren ermöglicht für viele Bauteile, Werkzeuge und
  Materialen neue Eigenschaften bzw. grundlegend neue Bauteil- und Werkzeuggeomet-
  rien und -eigenschaften
  – Hohes Maß an Designfreiheit, Funktionsoptimierung und -integration möglich
  – Höchst komplexe, gleichzeitig sehr leichte und stabile Strukturen
  – Direkte Fertigung von physischen Bauteilen aus digitalen Daten ohne produktspezifi-
     sche Werkzeuge und ohne fertigungsbedingte Stützkonstruktionen
  – Herstellung der physischen Bauteile erfolgt über Fügen von Einzelschichten
– Ausgangsmaterialien sind unterschiedliche in Pulverform vorliegende Metalle, Kunst-
  stoffe, Keramik und Verbundwerkstoffe
– Abhängig von Bauteilgröße und Anforderungen kommen zur Anwendung:
  – Selektives Laser Melting (SLM)
  – Laser Metal Deposition (LMD)
  – Selektives Lasersintern (SLS)
  – Stereolithografie (SLA)
  – Fused Deposition Modelling (FDM)
– Anwendungsgebiete
  – Rapid Prototyping
  – Rapid Tooling
  – Rapid Manufacturing
– Echtzeitfähige 3D-Druckverfahren als zukünftige Herausforderung zur Erfassung von
  Form und Lage der Werkstücke
  – Wesentlich verbesserter Einblick in Bearbeitungsprozesse und -ergebnisse
  – Hochstabile und leistungsfähige neuen Lichtquellen in bestimmten Wellenlängenbe-
     reichen erschließen neue Potenziale in prozessintegrierten, berührungslosen Senso-
     rik-Anwendungen
     – Oberflächenprüfung und -analyse auch auf großen Flächen
     – Vermessung von Werkstoffeigenschaften und -funktionalitäten
     – Überwachung und Regelung von Strahlquellen- und Maschinenparametern
– Kognitive Laser-Maschinentechnik
  – Sicherstellung gleichbleibender Fertigungsqualität
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                           Technologien und Trends in der M+E Industrie

                           Maschinen- und Anlagenbau

  – Schwankungen der Werkstoffqualität oder bedienerbedingte Einflüsse im Ferti-
    gungsprozess werden automatisch erkannt und ausgeglichen
  – Anwendungsbereiche werden langfristig u. a. in Energie, Elektronik, Lebensmittel-
    technik, Biotechnologie und in der chemischen Verfahrenstechnik erwartet
– 3D-Druck ergänzt auf absehbare Zeit die Fertigungsverfahren der Metallbearbeitung
  – Eine großflächige Verdrängung von Metallbearbeitungsverfahren im spanenden und
    umformenden Bereich wird für die nächsten Jahre nicht erwartet
  – Leichte Verschiebungen im künftigen Produktionsmix des Werkzeugmaschinenbaus
    hin zu Hybridmaschinen sind zu verzeichnen, z. B. Integration von additiver Fertigung
    in Bearbeitungszentren
– 3D-Druck kann Wertschöpfungsketten verändern
  – Integration generativer Fertigungsverfahren verkürzt Prozessketten räumlich und
    zeitlich
  – Entkopplung von Konstruktion/Engineering und Produktion durch generative Verfah-
    ren ermöglicht neue Geschäftsmodelle, z. B. 3D-Druckzentren für Ersatzteile, mobile
    Produktion beim Kunden vor Ort
  – Vertiefung der Wertschöpfungskette durch mehr Eigenherstellung
  – Regionalisierung und Relokation weniger arbeits- und materialintensiver Just-in-
    time-Fertigung aus Niedriglohnländern durch 3D-Druck

2.13 Neue Werkstoffe
– Zunehmende Diversifizierung der eingesetzten Werkstoffe und Entwicklung hin zu Mul-
  timaterialsystemen
– Neuartige Materialkombinationen in Verbundwerkstoffen; Entwicklung von Techniken
  zum Fügen verschiedenartiger Werkstoffe gewinnt an Bedeutung
– Große Vielfalt an Stahlsorten mit sehr breitem Anwendungsspektrum
  – Leichtbau im Fahrzeugbau mit hoch- und höchstfesten Stählen in Karosserie, Fahr-
     werk und Antriebsstrang
  – Getriebekomponenten, Rotorwelle, Generatorgehäuse, Turmsegmente für Wind-
     kraftanlagen
  – Herausforderung ist die drastische Reduzierung der CO2-Intensität der Stahlproduk-
     tion
– Realisierung immer anspruchsvollerer Eigenschaftskombinationen von NE-Metallen
  – Zellulare metallische Werkstoffe für neuartige Leichtbaukomponenten
  – Metall-Luft-Batterien als Traktionsbatterien für Elektrofahrzeuge
  – Plasmonikbauteile aus nanostrukturierten Metalloberflächen für die Informations-
     und Kommunikationstechnik
  – Metallische Gläser für mikromechanische Bauteile
– Keramische Materialien
  – Hochintegrierte keramische Elektronik- und Sensorikmodule in der Elektronik und
     Informations- und Kommunikationstechnik für Fahrzeugtechnik, Datenverarbeitung,
     etc.
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                            Technologien und Trends in der M+E Industrie

                            Maschinen- und Anlagenbau

    – Mechanisch hoch beanspruchbare Keramikkomponenten im Automobil- und Ma-
       schinenbau, z. B. Einspritz- und Brennerdüsen, Ventile, Turbolader, Gleitlager, Pum-
       pen, Schneid- und Schleifwerkzeuge
–   Metallische Gläser
    – Legierungen, die nicht in kristalliner Struktur, sondern in amorpher, glasartiger
       Struktur vorliegen
    – Herstellung sehr dünner Folien, Bänder, Fasern und kleiner massiver Bauteile mit
       Abmessungen von einigen Millimetern. Durch Weiterentwicklung der Legierungszu-
       sammensetzungen und der Prozesstechnologie werden immer größere Bauteile aus
       metallischen Gläsern möglich
    – Hohe Festigkeit, hohe Elastizität, besonders verschleißbeständig, kratzfest und kor-
       rosionsbeständig
    – Formgebung analog Verfahren aus der Kunststoffindustrie
–   Metall-Luft-Batterien
    – Im Gegensatz zu Lithium-Ionen-Batterien, wird auf der Kathodenseite anstatt eines
       aktiven Elektrodenmaterials Luftsauerstoff als Reaktionspartner genutzt
    – Hohe Energiedichte solcher Lithium-Luft-Batterien z. B. zur Steigerung der Reich-
       weite von Elektrofahrzeugen; Entwicklungsbedarf besteht insbesondere hinsichtlich
       der Steigerung der Zyklenfestigkeit
    Parallele Erforschung von Zink-Luft-, Magnesium-Luft- und Aluminium-Luft-Systemen
–   Entwicklung von Glas zum High-Tech-Werkstoff
    – Schaltbare Verglasungen, z. B. Fenster und Glasfassaden mit intelligenter Verschat-
       tungsfunktion
    – Solar Roadways mit Glasmodulen als Straßenbelag und integrierten Solarzellen so-
       wie weiterer Funktionen
–   Polymere
    – Eigenschaftsvielfalt der Polymere kann durch Kompositmaterialien (Mischung mit
       anorganischen Additiven bzw. makro- / mikroskaliger Fasern) nochmals erweitert
       werden
    – Hochleistungskunststoffe werden möglich für Anwendungen, z. B.
       – Maschinenbauteile, z. B. Präzisionszahnräder, -gleitlager oder -pumpen
       – Polymerelektronik, z. B. Speicherchips, Displays, Solarzellen, Sensoren, Batterien,
           polymere Lichtwellenleiter und optische Datenspeicherung
–   Halbleiter
    – Silizium ist das zentrale Halbleitermaterial für die Elektronik bzw. die beiden wich-
       tigsten Bauelemente Transistoren für Mikroprozessoren und Speicher
    – Organische Materialien, z. B. bestimmte Polymere, können halbleitende Eigenschaf-
       ten aufweisen und gewinnen zunehmend an Bedeutung für besonders preiswerte,
       flexibel einsetzbare Solarzellen und Elektronikkomponenten
    – Weiterentwicklung der Fertigungsverfahren ermöglicht stetige Fortsetzung der Mini-
       aturisierung von Bauteilstrukturen; alternative Technologien und andere Materialien
       als Silizium werden zunehmend an Bedeutung gewinnen, sofern sie CMOS-kompati-
       bel sind. Potenzielle Alternativen sind z. B.
       – Verbindungshalbleiter
       – Kohlenstoff-Nanoröhrchen
       – Graphen
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                           Technologien und Trends in der M+E Industrie

                           Maschinen- und Anlagenbau

  – Anwendungspotenziale liegen bei der Silizium-Photonik
     – Moderne Mikroprozessoren auf Siliziumbasis können ihre Leistungsfähigkeit im-
         mer weniger ausschöpfen
         – metallische Leitungen zwischen den Halbleiterkomponenten weisen eine limi-
            tierte Datenrate auf
         – Dämpfungsverluste bei der Signalübertragung nehmen mit zunehmender Lei-
            tungslänge und steigender Taktrate zu
     – Optische Verbindungsleitungen sind erheblich leistungsfähiger und ermöglichen
         deutlich höhere Übertragungsraten, kommen aufgrund hoher Kosten nur für
         große Übertragungsstrecken zum Einsatz
     – Entwicklungsziel Silizium-Photonik
         – Kostengünstige Herstellung photonischer Bausteine und integrierter photoni-
            scher Schaltkreise
         – Basis bereits bestehende CMOS-Fertigung
– Bio- / Biokompositwerkstoffe
  – Biowerkstoffe sind vollständig oder zu relevanten Anteilen auf nachwachsenden
     Rohstoffen basierende und/oder biologisch Werkstoffe, wie
     – Biokunststoffe, die durch Modifikation natürlich vorkommender pflanzlicher oder
         tierischer Polymere (z. B. Stärke, Cellulose, Lignin, Kautschuk) entstehen
     – Naturfaserverstärkte Kunststoffe (NFK), in denen zur Verstärkung Biofasern in die
         thermoplastische Polymermatrix eingebettet werden
     – Holz-Kunststoff-Verbundwerkstoffe (WPC), in denen die Eigenschaften durch die
         Einbettung von Holz (Holzmehl,-späne, -schnitzel oder -fasern) in eine thermo-
         plastische Polymermatrix gezielt beeinflusst werden
  – Biowerkstoffe können in vielen Anwendungsbereichen herkömmliche Werkstoffe er-
     setzen. Anwendungspotentiale, z. B.
     – Herstellung von Massenkunststoffen
     – Carbonfasern aus Biomasse (z. B. Lignin) für CFK-verstärkte Kunststoffe
  – Produktion von Biowerkstoffen im Rahmen einer ganzheitlichen Verarbeitung von
     Biomasse für stoffliche und energetische Nutzung, Entwicklungspotentiale bestehen
     hinsichtlich der Verbesserung der mechanischen Eigenschaften, der Bioabbaubarkeit
     und alternativer Rohstoffquellen (ohne Flächenkonkurrenz zu Nahrungsmitteln)
– Funktionsmaterialien
  – Funktionsmaterialien verfügen über gezielt einstellbare mechanische, elektrische,
     optische, magnetische, akustische oder biologisch-chemische Eigenschaften, die das
     Verhalten des jeweiligen Bauteils charakterisieren
  – Anwendungspotentiale, z. B.
     – Magnetostriktive Materialien für steuerbare und adaptive Maschinenbauteile,
         schnell schaltende Ventile, Drucksensoren für Pumpen, Positioniersysteme in der
         Produktion, Automation und Robotik
     – Elektroaktive Polymer-Aktuatoren für einstellbare Bauteile wie Spiegel, Lüftungs-
         klappen, Scheinwerfer, Bremsen, Stoßdämpfer
     – Formgedächtnis-Polymere für adaptive Karosserieteile, die sich der Fahrsituation
         anpassen
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