Toyota Produktionssystem - TPS - Schafft Toyota die heile Arbeitswelt? Fünf Missverständnisse zurechtgerückt
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Plädoyer für eine moderne Produktion Toyota Produktionssystem – TPS Schafft Toyota die heile Arbeitswelt? Fünf Missverständnisse zurechtgerückt
Impressum Herausgeber: IG Metall-Vorstand 60519 Frankfurt am Main Verantwortlich i.S.d.P. Dr. Regina Görner geschäftsführendes Vorstandsmitglied Gestaltung: Nina Großmann Bildung und Design 70839 Gerlingen Druck: Druckerei Julius Reichert, 71206 Leonberg © 2008 by IG Metall Frankfurt
Ressort Bildungs- und Qualifizierungspolitik Vorstand Toyota Produktionssystem – TPS Schafft Toyota die heile Arbeitswelt? Fünf Missverständnisse zurechtgerückt
Toyota P rodu k tionssysteme TPS Toyota über sich selbst Toyota Production System Das Toyota Produktionssystem (TPS) wird ständig ver- wo er ausgelöst wurde behoben wird … In der Praxis bessert und ist das effizienteste Produktionssystem in der bedeutet das, dass jeder Beschäftigte, der einen Fehler Welt, das fast alle Autohersteller versuchen zu imitie- am Fahrzeug findet, das Fließband stoppt, um das Weiter- ren. Sein Geheimnis ist die gründliche Organisation der reichen des Mangels zu verhindern. Arbeit, die hohe Leistungsfähigkeit und strenge Qualität. Das Ziel ist, ein Produkt der höchsten Qualität für den Just-in-time niedrigstmöglichen Preis zu fertigen. Just-in-Time-Fertigung ist ein Konzept der Orientierung Als Toyota die neue Philosophie der Produktion in den am aktuellen Bedarf und wurde von Toyota erfunden. Es fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts erfunden läuft auf die Minderung von Warenbeständen hinaus, die hatte, war das eine Revolution ähnlich der Einführung unnötige Kosten und vergeudete Ressourcen bedeuten der Bandproduktion durch Henry Ford am Anfang des würden. … Teile werden so rechtzeitig in die Fertigung Jahrhunderts. [Anmerkung: Taylorismus] geliefert, wie sie vom Prozess gerade benötigt werden. Basis des TPS ist der Grundsatz kontinuierlicher Verbes- serungen von Standards, genannt Kaizen. Wir verbes- Visualization sern uns ständig, um zu führen und die Dinge besser zu Der Grundsatz der Visualisierung soll Informationen über machen. In der Praxis bedeutet das, dass das Fertigungs- den Stand des Fertigungsverfahrens und der vorrätigen verfahren jeden Tag weiterentwickelt wird. Teile allen und zu jeder Zeit gut sichtbar machen. Nur wenn alle dieselbe Information haben, können sie Kaizen auf mögliche Probleme schnell antworten und als eine Die Vermeidung von Verlusten und die Verbesserung von Mannschaft arbeiten. Von einem Fließband-Maschinen- Qualität und Leistungsfähigkeit sind endlose Prozesse. bediener zu einem Ingenieur, von der Wartung zu einem Kaizen bedeutet kontinuierliche Verbesserung. Es bedeu- Vorarbeiter - jeder weiß sofort über den gegenwärtigen tet, mit der gegenwärtigen Lösung unzufrieden zu sein Zustand des Fertigungsverfahrens bescheid. und ständig nach möglichen Qualitäts- und Leistungsver- (Quelle: Homepage der gemeinsamen Produktionsstätte von Citroen/Peu- besserungen zu forschen. Letztendlich bedeutet Kaizen geot mit Toyota in der Tschechischen Republik, Region Kolín) die kontinuierliche Erhöhung der Produktionsstandards. www.tpca.cz/en/production/toyota-production-system Jidoka Defekte und Fehler … kosten Energie für ihre Beseiti- gung, die keinen Mehrwert bringt. Deshalb hat Toyota Jidoka … entwickelt und lässt den laufenden (Montage-) Prozess anhalten, wenn irgendein Fehler auftaucht. Dies stellt sicher, dass jeder Qualitätsmangel entdeckt und dort 2
Toyota Produk tionssystem e T PS Vorwort Ungerechtfertigte Berufungen auf das Toyota- Ganzheitlichkeit und Konsequenz im Sande verlaufen. Produktionssystem (TPS) Mit einem Wechsel im Management werden sie dann Im Daimler-Chrysler-Konzern wurde 2006 vom Manage- unter neuen Einzelaspekten neu gestartet. Dieses immer- ment eine Debatte begonnen, die alarmierte. Denn sie währende „Neustarten“ führt zum Abbau von Motivation stellte in letzter Konsequenz die zu unserer gesellschaftli- und Innovationskultur in den Unternehmen. Die Beschäf- chen Kultur verankerte Facharbeiterausbildung in Frage: tigten werden so unter zusätzlichen und unvernünftigen Es wurden konkrete Überlegungen angestellt, den Anteil Druck gesetzt. Das Management spricht gerne von Ver- der Azubis mit einer drei- bzw. dreieinhalbjährigen Aus- änderung, aber Veränderung ist kein Selbstzweck. bildung drastisch einzuschränken. Diese Initiative des Managements wurde mit ausdrücklichem Verweis auf das Abwägen und Vorteile nutzen TPS begründet. Unbestritten ist, dass Toyota Maßstäbe setzt hinsichtlich Dieses Beispiel ist nur ein Ausschnitt einer zunehmenden der Marktanteile und der Rentabilität, und ganz sicher Debatte um neue Formen betrieblicher Rationalisierung, können Instrumente und Prinzipien der Kultur des TPS die sich gerne auf das TPS beruft. Es ist aber seriöser- in deutscher Produktion allen Beteiligten auch Vorteile weise nicht ohne weiteres möglich, von Deutschen Ver- bringen. Zum TPS gehört z.B. auch, dass sehr viel für hältnissen eins zu eins auf die japanische Variante von Qualifikation auf dem shop floor getan wird. Davon hört Toyota zurückzugreifen. Dazu sind die Voraussetzungen man bei den hiesigen Toyota-Fans wenig Dazu bedarf es zu unterschiedlich. Auch die Diskussionen um die Stan- aber eines genaueren Hinsehens und einer sorgfältigen dardisierung und zugleich Flexibilisierung, das betrieb- Abwägung der Ziele und Rahmenbedingungen. Diese liche Innovationspotential oder generell die Wertschöp- Broschüre soll zu einer kritischen, differenzierten und fung nimmt gerne engen Bezug zum TPS. Dabei gibt es letztendlich nutzbringenden Auseinandersetzung mit dem inzwischen Beispiele aus der Toyotapraxis selbst, die hier TPS anregen. Probleme und Widersprüche offenlegen. Montage und Erfahrung Summe der Teile ergibt nicht schon das Ganze Die Broschüre liefert Ausschnitte aus Projektergebnissen Zu dem von Taiichi Ohno begründeten TPS gehören des Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V., zahlreiche Instrumente, wie z.B. Just-In-Time oder Kai- München, die schlüssig belegen können, warum Ganz- zen (KVP). Viele Unternehmen möchten das Erfolgrei- heitliche Produktionssysteme menschliches Arbeitsver- che am TPS gerne nutzen. Ein verbreiteter Fehler des mögen brauchen. Wir haben verantwortlichen Managements dabei ist leider, dass hier die typischen Missver- TPS-Werkzeuge nur in Ausschnitten zum Einsatz kom- ständnisse im Zusammenhang men. Das eigene System, die betriebliche Organisations- mit Toyota zusammengestellt. kultur oder auch regionale und nationale Besonderheiten werden nicht einbezogen. Dies führt zu einem den Beschäftigten in den Betrieben allseits bekannten Phänomen: Es werden große und klei- ne Veränderungsprojekte gestartet, die dann aber mangels Michael Ehrke 3
Toyota P rodu k tionssysteme TPS Missverständnis 1 „Toyota ist gleich Japan und funktioniert als universelle Maschine.“ Missverständnisse aus der MIT-Studie heit des japanischen Modells drückt sich in drei typischen Bis heute hält sich hartnäckig die Idee, Lean Production Annahmen aus: sei etwas Universelles und man könne diese „Maschine“ • Es wird angenommen, dass bei allen japanischen quasi überall einsetzen. Letzendlich geht dieses Missver- Automobilherstellern durchgängig das gleiche Pro- ständnis auf die sogenannte „MIT-Studie“ zurück, die in duktionsmodell (TPS) verwendet würde. den 90er Jahren zur Pflichtlektüre in den Produktionseta- • Es wird angenommen, dieses Modell sei ein „Modell gen und Beratungsgesellschaften gehörte. ohne Grenzen“ und seine Effizienz sei unabhän- Wegen der weltweiten japanischen Absatzerfolge hatte gig von irgendwelchen nationalen oder kulturellen schon 1985 die amerikanische Automobilindustrie einen Zusammenhängen. Forschungsauftrag an das Massachusetts Institute of Tech- • Es wird angenommen, das Funktionieren des nology (MIT) vergeben. Es sollten die Ursachen für die Modells sei letztlich technisch determiniert. Die eigenen Verluste von Marktanteilen ergründet werden. Das soziale Organisation des Unternehmens sei lediglich vom MIT koordinierte Forschungsprogramm untersuchte eine zwangsläufige Folge der sachlich-funktionalen dann bis 1989 über 90 Montagewerke in 17 Ländern. Erfordernisse. Im Jahr 1990 wurde der Ergebnisbericht von den Autoren James P. Womack, Daniel T. Jones und Daniel Roos vor- Unterschiede zwischen Toyotawerken selbst gelegt. Danach fand der Begriff der Lean Production erst- Den Anspruch einer überall erfolgreich funktionierenden mals Eingang in die allgemeine Diskussion. Unterm Strich Maschine kann Toyota in seinen eigenen Standorten in wurde eine Überlegenheit der japanischen gegenüber der Europa selbst nicht einlösen. So geriet zum Beispiel das europäischen und amerikanischen Fertigungstechnologie Toyotawerk in Derby (England) nach mehreren Jahren hinsichtlich Produktivität und Qualität angenommen. erheblicher finanzieller Einbußen ab 1999 in eine ernst- hafte Krise. Die universelle Maschine „Lean Production“ Damit befasste sich auch das europäische Forschungs- Auch in der aktuellen Debatte um Ganzheitliche Pro- netzwerk GERPISA. Es untersuchte zwischen 1997 und duktionssysteme hält sich die Vorstellung einer uni- 2003 industrielle Produktionsmodelle mit Schwerpunkt versell nutzbaren Lean Production beharrlich. Es wird auf der internationalen Automobilindustrie. Dabei wurde zwar immer wieder betont, dass es auf eine eigenständi- auch die Annahme der universellen Übertragbarkeit des ge, den konkreten Bedingungen angepasste Umsetzung Modells TPS näher beleuchtet und kritisch hinterfragt. ankommt. Betrachtet man aber die Ansätze der Ganzheit- Im Ergebnis wurde ermittelt, dass für den Erfolg einer lichen Produktionssysteme in Deutschland, dann findet Unternehmensstrategie ausschlaggebend sei, dass diese man wenig Unterschiede, was die von Toyota übernom- sich stimmig einfügt in die nationalen und regionalen menen Elemente (z.B. Jidoka, Just-in-Time, Kanban, Bedingungen, in denen das Unternehmen operiert. Damit Kaizen u.a.) angeht. wird auch eine plausible Erklärung für die Probleme des Die unkritische Vermutung einer unbedingten Überlegen- Toyota-Standortes in England (Derby) geliefert. 4
Toyota Produk tionssystem e T PS Unterschiedlichste Produktionsmodelle – auch in • Wie ist die Beziehung zwischen der unternehmensin- Japan! ternen Dynamik und dem sozioökonomischen Umfeld Nach dem GERPISA-Ansatz besteht ein langfristig exis- am Standort? tenzfähiges Produktionsmodell aus den Faktoren • Wie ist die Dynamik aus der Hybridisierung bzw. • Produktpolitik Vermischung von Modellen in bestehenden Struk- • Produktionsorganisation und turen? • Arbeitsbeziehungen. • Welche Wirkung haben tatsächlich die eingesetzten Im Vordergrund steht demnach ein stabiler Kompro- Methoden auf dem Hintergrund jeweiliger strategi- miss zwischen den verschiedenen Stakeholdern bzw. scher Überlegungen. Anspruchsgruppen einschließlich des Managements, der Beschäftigten und Gewerkschaften. Die Unterschiede zwischen dem japanischen Vorbild Nur drei der in den Studien zwischen 1974 und 1992 und den Umsetzungsformen in Europa werden gerne untersuchten Unternehmen gelang eine durchgängige auf die kulturellen Unterschiede zurückgeführt. Und Rentabilität. Das waren Honda, Toyota und Volkswagen. ohne Frage hat die japanischen Gesellschaft eine völ- Interessant ist, dass diese Unternehmen höchst unter- lig andere Geschichte und eine andere Kultur. Schon schiedliche Produktionsmodelle und unterschiedliche vor Jahren aber zeigten Untersuchungen in Japan, strategischen Ausrichtungen fahren: dass der Erfolg des japanischen Produktionsmodells Bei VW ist es die Masse und Produktvielfalt, bei Honda sich nicht allein mit der isolierten Insellage oder feu- die Innovation und Flexibilität und bei Toyota die perma- dalen Wertvorstellungen erklären lässt. Und auch die nente Kostenreduktion. für Japan heute typischen betriebsharmonistischen Nur zwei von acht japanischen Automobilherstellern Arbeitsbeziehungen sind nicht Ausdruck einer kultu- haben im Untersuchungszeitraum überhaupt ein durchgän- rell bedingten Anpassungsbereitschaft der Beschäf- giges Produktionsmodell entwickelt. Und diese Modelle tigten, sondern im Gegenteil die Folge der Niederla- stellen sich zudem noch als völlig unterschiedlich dar. Sie ge einer vormals sehr kampfbereiten Gewerkschafts- arbeiten zwar mit Qualitätszirkeln und Kaizen haben aber bewegung. ganz unterschiedliche Managementprinzipien. Toyota ist nicht gleich Japan! Es gibt also gar nicht das japanische Produktionsmodell Zurechtgerückt 1 für sich und zumindest Honda wird oft als eigenständiger Der Erfolg der japanischen Automobilindustrie ist der Ansatz genannt. Der „Best Way Toyota“ braucht einige Erfolg verschiedener, kulturell angeglichener Produkti- Relativierungen, die ihn in verschiedenen Ländern und onssysteme. Toyoata ist eines davon. Toyota selbst hat Unternehmen jeweils anders aussehen lassen. Zu fragen unterschiedliche Ergebnisse in verschiedenen Werken in ist insbesondere: der Welt. 5
Toyota P rodu k tionssysteme TPS Missverständnis 2 „Der Erfolg von Toyota erklärt sich überwiegend oder ausschließlich aus seinem Produktionssystem.“ Toyota ist mehr wert als BMW, Daimler, Porsche Technik im Vordergrund - Integration von und Volkswagen zusammen Prozessorganisation und Technik Der Aufstieg Toyotas ist zunächst Teil des Erfolgs der Im Toyota-System spielt das Thema Technik, insbeson- japanischen Automobilindustrie insgesamt: Diese stieg dere die Automatisierung eine prominente Rolle. Das im 1980 zum Weltführer der automobilproduzierenden Län- Zusammenhang mit dem TPS in Deutschland zunehmend der auf. Toyota selbst hat eine bemerkenswerte Kapital- mehr diskutierte Jidoka ist ein Beispiel hierfür. Im Deut- kraft aufzuweisen. 2005 lag der Börsenwert so hoch wie schen wird Jidoka gerne mit dem Kunstwort der „Auto- der von General Motors, Ford, Volkswagen, Renault und nomation“ übersetzt. Gemeint ist eine strenge Automati- Peugeot zusammen. Auf die deutsche Automobilindu- on, die aber mit mitdenkenden, intelligenten Maschinen strie bezogen, war Toyota damit mehr wert als BMW, abläuft. Durch einen entsprechenden Einsatz von Senso- DaimlerChrysler, Porsche und Volkswagen zusammen- rik wird bei jeder Art von Qualitätsabweichung eine auto- genommen. Der Konzern verdiente im Jahr 2006 fast matische Selbstabschaltung ausgelöst. Wenn man so will, 15 Milliarden Euro – mehr als je ein Konkurrent zuvor. kommt hier in den automatisierten Prozessen die Technik Im Jahr 2006 beschäftigte Toyota weltweit rund 286.000 dem Menschen häufig zuvor: Die berühmte Reißleine am Beschäftigte inklusive Leiharbeiter und unterhielt 52 Band wird durchaus auch automatisiert ausgelöst. Produktionsstandorte außerhalb Japans. Anders als in Deutschland, in dem für die Montage der- Toyota kann einen nicht geringen Teil seines Erfolgs zeit eine Rücknahme von Automatisierung vorherrscht, sicherlich diesen bemerkenswerten ökonomischen Aus- betrachtet Toyota sein Produktionssystem als einen inte- gangsbedingungen zuschreiben – unabhängig von den grativen Ansatz von Arbeits-/Prozessorganisation und nicht zu unterschätzenden Wirkungen des TPS. Technik. + Visualization Just-in-time KAIZEN Jidoka Die klassischen Methoden sind durch weitere Komponenten zu ergänzen. 6
Toyota Produk tionssystem e T PS Das zeigt sich nicht nur in der zentralen Stellung, die duktionsseite Produktänderungen durchsetzen kann. intelligente Automatisierung in diesem System einnimmt, Ursprünglich abweichende Produktionszeiten bei Toyota sondern auch auf der Ebene der produktseitigen Technik. wurden so deutlich angeglichen und führten insgesamt zu So schafft die so genannte Global Body Line (GBL) von deutlich besseren Ergebnissen. Ähnlich bedeutsam sind Toyota ein Flexibilitätspotenzial für acht verschiedene neue Formen des Komplexitätsmanagements im Design- Fahrzeugtypen. GBL gibt es bereits in weit über 30 GBL- prozess. Dazu gehört zum Beispiel die Methode des Mul- Standorten von Toyota weltweit. In der deutschen Toyo- ti-Project-Development, bei dem es um die gemeinsame ta-Debatte werden die technischen Optionen als integra- Nutzung von Technologie, organisationalen Stärken und ler Bestandteil des Produktionssystems ausgeblendet. Schlüsselkomponenten über verschiedene Entwicklungs- projekte hinweg geht. TPS-Prinzipien gelten auch für den Entwicklungsprozess Das Toyota Produktionssystem hat vor allem in der Neben der Technik scheint auch das Toyota-Entwick- deutschen Industrie inzwischen große Popularität gefun- lungssystem (TPDS = Toyota Production Development den. Der Erfolg Toyotas wird in der deutschen Debatte System) in deutschen Unternehmen vergleichsweise wesentlich seltener mit seinem Entwicklungs- als mit wenig wahrgenommen zu werden. Schließlich werden seinem Produktionssystem in Verbindung gebracht. Hier auch hier zum Beispiel die Prinzipien gegen Verschwen- wird stärker auf IT-getriebene Prozesse für die Standardi- dung, die Prinzipien der Prozess-Standardisierung und sierung der Entwicklung gesetzt. der Visualisierung sowie eine Top-down-Orientierung bei der Projektplanung angewendet. Die Stärken des Systems liegen jedoch auf der engen Verschränkung von Entwicklung und Produktion und einem neuen Verhältnis der Produktion zur Entwicklung. Damit wurde der dreifache Durchgang von Konstruktion und Vorserie/Versuch, der Anfang der 90er Jahre noch üblich war, auf einen einmaligen Durchgang Ende der 90er Jahre reduziert. Wesentlich ist ebenso, dass bei Toyota auch die Pro- Zurechtgerückt 2 Das Toyota-Produktionssystem besteht aus verschie- denen Ansätzen, die man als Ganzes nehmen muss: finanzielle Kraft und Größe plus Automatisierung und Produkttechnologie plus Prozessintegration auch bei der Entwicklung. 7
Toyota P rodu k tionssysteme TPS Missverständnis 3 „Toyota ist eine Antwort auf flexible Märkte mit schwan- kenden Absatzzahlen.“ Nationale Probleme bei Toyota England (UK) Lieferanten und Netzwerkfähigkeit in Japan Eine 2005 vorgelegte Analyse der kritischen Entwicklun- In Japan zum Beispiel setzt Toyota auf seine historisch gen bei der Toyota Motor Manufacturing UK (TMUK, gewachsene regionale Netzwerkfähigkeit. Sie ermög- Derby) bringt Erstaunliches zum Vorschein. licht einen wechselseitigen Kapazitätenaustausch. Dahin- Der UK-Standort hatte Probleme, auf Absatzschwankun- ter verbirgt sich auch ein gemeinsames Lernmodell. gen zu reagieren, und auch das TPS als Ganzes offen- Die wichtigsten Lieferanten sind Teil der 1943 in Japan barte Unsicherheiten und inkonsequente Veränderungen. gegründeten Toyota-Lieferantenvereinigung (Kyohokai) Offenbar scheint das Toyota-System gerade keine Ant- und treffen sich mehrmals jährlich zum Austausch. Seit wort auf flexible Märkte zu sein. Diese Konsequenzen 1977 existieren sogenannte Jishuken (freiwillige Studien- scheinen in der deutschen Diskussion rund um Toyota gruppen) als Teil eines bereits 1968 ins Leben gerufenen bisher nicht angekommen zu sein. Das Ergebnis ent- Netzwerks zur Verbesserung der Zulieferbeziehungen. spricht auch nicht dem, was in der europäischen Debatte Die Mitarbeiter der rund 60 wichtigsten Zulieferer wech- der Automobilbranche vorherrscht. seln in drei- bis viermonatigen Projekten zwischen den Interessant ist, dass andere Toyota-Standorte zum Beispiel Unternehmen. In den USA wurde ein ähnliches Instru- in Japan und den USA auf ähnliche Marktveränderungen ment eingeführt. angemessen reagieren konnten. Offenbar spielte deren strukturelle Einbindung in regionale Besonderheiten eine Rolle. Denn sie konnten auf Absatzschwankungen mit Der Umgang mit Zulieferern in der Europäischen Modellrotation, Beschäftigtenaustausch und schnellem Automobilindustrie Wechsel von Out- und Insourcing reagieren. Die Besonderheit der Organisation der Zulieferprozesse in der japanischen Automobilindustrie und die struktu- relle Abhängigkeit des Just-in-Time-Prinzips von geo- grafischer Nähe sind bereits seit den 80er Jahren als eine charakteristische Bedingung für das Funktionieren des Toyotismus bekannt. Der Umgang mit Zulieferern in der europäischen Auto- mobilindustrie ist dagegen noch stark geprägt von den Leitlinien der Lopez-Ära. Untersuchungen berichten von Unternehmen, die von wiederholten „Würgegriffen“ auf der Kostenebene sprechen, nicht aber von Erfahrungen einer Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe. Die gleichen Firmen loben Toyota als den mit Abstand verlässlichsten Absatzschwankungen – wie reagieren? und berechenbarsten Abnehmer. 8
Toyota Produk tionssystem e T PS Der Druck wird an das Personal weitergegeben Kein Gleichgewicht zwischen Beteiligung und Der UK-Standort konnte auf den Druck des Mark- Ausbeutung tes offenbar nicht auf solche nationalen oder regiona- Die Linie zwischen Beteiligung und Ausbeutung kann len Netzwerke setzen. Hier wurde offenbar nur nach also sehr schmal sein. Umso wichtiger wird es, auch innen weitergeben in Richtung der eigenen Produktion langfristig das Gleichgewicht zu halten. Hier wird eine und deren Planung: Bei Nicht-Erreichen der geplanten wichtige Rolle der Gewerkschaften und der betrieblichen Absatzzahlen wurden im großen Stil Beschäftigte entlas- Interessenvertreter sichtbar. sen. Unerwartet gute Absatzzahlen dagegen konnten nur Die Toyota-Prinzipien und insbesondere der Kaizen-Pro- mit einem dauerhaft hohen Überstundenanteil bedient zess geraten bei schwankenden Verkaufszahlen offenbar werden (bis zu 30 Stunden pro Werker und Monat). in eine strukturelle Krise. Die Antwort auf die Marktschwankungen erfolgte im Auch in Deutschland herrscht dennoch die Vorstellung wesentlichen nur mit entsprechendem finanziellen Auf- vor, gerade durch Ganzheitliche Produktionssysteme wand. (GPS) könnte man marktflexibler werden. Dabei muss Die Kompensationsstrategie des UK-Standortes führte man eher davon ausgehen, dass eine Innenflexibilität zur generellen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen. paradoxerweise nur unter stabilen Marktbedingungen Sichtbar wurden deutliche Auswirkungen auf den Kran- gelingt – es sei denn, die Prinzipien der Beteiligung der kenstand und die Motivation der (verbliebenen) Beschäf- Beschäftigten werden konsequent auch unter Flexibili- tigten. tätsgesichtspunken gelebt und realisiert. So wuchs sich schließlich die zunächst rein finanzielle Krise zu einer Krise des Produktionssystems selbst aus. Es wurden zum Beispiel Taktzeiten drastisch reduziert, der Kaizen-Prozess beschleunigt und dessen Ziele nun- mehr sogar vom Management vorgegeben. Die versteck- ten Schwächen des Toyota-Systems wurden offengelegt. Die Unfähigkeit, auf strukturelle Absatzschwankungen flexibel zu reagieren führte letztlich zur „Verschwen- dung“ der einzigen echten Flexibilitätsressource – der Beschäftigten. Zurechtgerückt 3 Offenbar können sich die Stärken des Toyota-Systems nachhaltig nur bei weitgehend vorhersagbaren, wenig schwankenden Absatzzahlen entfalten. Andernfalls ver- schwendet auch Toyota seine wichtigsten Ressourcen – die Erfahrung seiner Beschäftigten. 9
Toyota P rodu k tionssysteme TPS Missverständnis 4 „Der ganzheitliche Anspruch des Toyota-Systems löst den Widerspruch zwischen Qualität und Kosten auf.“ Widersprüche belasten die Beschäftigten Prinzipien werden abgewandelt Das grundlegende Problem des Toyota-Systems liegt Der Ganzheitsanspruch des Produktionssystems sugge- in dem Versuch, widersprüchliche Prioritäten zusam- riert, es seien solche widersprüchlichen, ja in letzter Ins- menzubringen. Zum Beispiel arbeiten Gruppen mit der tanz antagonistischen Ziele gleichzeitig zu verwirklichen. kontinuierlichen Verbesserung unter Vermeidung von Und in der Management- und Beratungsliteratur liest Verschwendung (Kaizen) und zugleich sind sie unter sich dies ja auch so. Die Praxis spricht aber eine andere dem parmanenten Druck einer weiteren Glättung bzw. Sprache: Nivellierung (Heijunka) der Produktion. Ein fundamenta- Die prinzipiellen Unvereinbarkeiten führen zu neuen les Merkmal des Toyota-Produktionssystems ist, dass es Widersprüchen. In der Praxis werden Toyota-Methoden eben doch die Spannung zwischen verschiedenen Logi- zugunsten einer scheinbaren Verträglichkeit abgewandelt. ken von Qualität und Kosten nicht versöhnt, sondern in Das zeigt sich zum Beispiel an der tatsächlichen Hand- das alltägliche Handeln an jedem einzelnen Arbeitsplatz habung des „Andon Cord“, der berühmten Reißleine, mit trägt. der jedes Teammitglied bei Qualitätsabweichungen oder Diese Spannung ist überall zu sehen: Produktionsstörungen einen Stopp des Produktionspro- • Die Produktion soll permanent optimiert und weiter zesses auslösen soll. In der Wirklichkeit darf das Team- geglättet werden – aber ohne Vernachlässigung des mitglied nur die gelbe Anzeige auslösen. Damit wird Arbeits- und Gesundheitsschutzes. angezeigt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Ein Stopp • Taktzyklen sollen ständig verkürzt werden – aller- darf nur durch den Teamleader ausgelöst werden. Aber dings ohne Qualitätseinbußen. auch das passiert kaum. Vielmehr zieht der Teamleader • Ein Minimum an Arbeitern pro Linie bei maximal die Reißleine sofort ein zweites Mal, um das gelbe Licht langen Arbeitszeiten und extremem Zeit- und Leis- erlöschen zu lassen und einen Produktionsstopp zu ver- tungsdruck soll einhergehen mit möglichst geringen hindern. Er arbeitet dann weiter an dem Problem, sogar Fehlzeiten und Unfallvermeidung. wenn das Auto schon die nächste Montagezone erreicht hat – eine klare Abweichung von der Regel. Montage einer Alstom GT13E2-Gasturbine in Mannheim Quelle: DLRG 10
Toyota Produk tionssystem e T PS Produktivität um jeden Preis Rückgang der Verbesserungsvorschläge - und Es gibt offenbar eine klare Priorität vor der Produktquali- Kaizen von oben tät: die permanent in Echtzeit angezeigte Produktivitäts- Es stellt sich die Frage, ob die üblichen Routinen des Toy- kennzahl gegenüber der Linie. Diese Zielgröße liegt per- ota-Produktionssystems unter diesen Umständen weiter manent bei 90 bis 95 Prozent. Eine Nutzung des Andon praktiziert werden können. Der Montagewerkvergleich Cord muss auf ein Minimum beschränkt bleiben oder es der MIT-Studie von 1994 bis 2000 stellte immerhin fest, gilt, die Balance mit Überstunden wieder herzustellen. dass in diesem Zeitraum die Zahl der Verbesserungsvor- Am Ende wird das Problem also real in die Verantwor- schläge pro Beschäftigten von 69 Vorschlägen 1994 auf tung des einzelnen Mitarbeiters zurückverlagert. 13 Vorschläge 2000 eklatant zurückgegangen ist. Es gibt bereits Hinweise darauf, dass Toyota dieser Auch andere Trends sind nicht wirklich „Toyota-kom- Bevorzugung von Produktivität vor Qualität zu begegnen patibel“, wie zum Beispiel die Zunahme des experten- versucht: In der Lexus-Fabrik montiert Toyota erstmals getragenen Top-down-Kaizen, die eine Abnahme des ein Modell auf zwei Bändern. Damit wird ein Anhalten Vertrauens in die Erfahrung der produzierenden Mitar- der Produktion durch das Ziehen des Andon Cord beim beiter signalisiert. Und während die Anforderungen an kleinsten Fehler wieder tragbar. Es sollte gewährleis- Flexibilisierung und Modellvielfalt wachsen, erhöht sich tet bleiben, dass die Montagearbeiter, die Leine „ohne der Anteil der Leiharbeiter. Damit kommen wir zum schlechtes Gewissen“ ziehen können. nächsten Problem, der (Un-)Vereinbarkeit von Standar- disierung und Flexibilisierung. Vertrauen in die Mitarbeiter - oder lieber Leiharbeiter? Die Verlagerung des Widerspruchs Qualität - Kosten in das Arbeitshandeln der einzelnen Werker erfordert eigentlich verantwortungsbewusste, gut qualifizierte und hoch engagierte Mitarbeiter. Das sind Eigenschaften, die man einer Stammbelegschaft eher unterstellen würde als Leiharbeitern. Da hat Toyota aber ein neues potentielles Problem, denn es gibt einen enormen Anstieg von Leihar- beit selbst in den japanischen Toyota-Werken. Früher bei maximal 5 % liegend, erreichte der Anteil an Leiharbeit Zurechtgerückt 4 im Jahr 2005 bereits 25 % und in den Montagewerken Die betrieblichen Realitäten bei Toyota zeugen nicht nur sogar 30% – in manchen Bereichen stellen die Stammbe- von einer Dominanz der Menge zu Ungunsten der Quali- schäftigten nur noch eine Minderheit. tät, sondern auch von einer Verlagerung des Konflikts in das Handeln einzelner Montagearbeiter hinein. 11
Toyota P rodu k tionssysteme TPS Missverständnis 5 „Toyota versöhnt Standardisierung und Flexibilisierung.“ Toyotismus oder doch Taylorismus? Unflexibel und intensivere Arbeit Hierzulande kann man sicherlich davon sprechen, dass Das TPS führt zu einem erheblichen Mehr an Arbeitsin- es viele Versuche gibt, die Toyota-Prinzipien zu überneh- tensivierung und -extensivierung. Es ist somit schwerlich men. Bei uns ist die damit verbundene Standardisierungs- als Ablösung des Taylorismus zu sehen. Vielmehr kann diskussion vor allem geprägt durch eine starke Konzent- der Toyotismus als Lösungsoption für klassische Proble- ration auf die Bewegungsabläufe und -zeiten im direkten me des Taylorismus gelten. Bereich. Die Standardisierung für alle Geschäftsabläufe Alles zusammen genommen haben wir es mit einer neuen aber wird nur selten als notwendig anerkannt. Deutlich Qualität von Inflexibilität zu tun, die ja eigentlich gera- ist eine Tendenz zu Bürokratisierung und zum Schema- de vermieden werden sollte. Vieles verläuft anders, als tismus. Das führt zu einer kritiklosen und einseitigen man aus der Perspektive einer flexiblen Standardisierung Orientierung am Original. Die eigenen national und erwarten würde: Denn nicht nur die Frage, was und wie regional spezifischen Unterschiede und Stärken werden standardisiert wird, wird von anderen Autoritäten als der vernachlässigt. Gruppe oder dem Gruppensprecher bestimmt. Auch jede Vielleicht ist es aber gar kein nur typisch deutsches Miss- Anpassung der standardisierten Arbeitsaufgabe muss verständnis eines zumindest kulturell anders gemeinten von gruppenexternen Experten geprüft, autorisiert und Ansatzes. Es könnte sich durchaus um ein Problem des wiederum standardisiert werden. Statt dem bisherigen Ansatzes selbst handeln. Studien an europäischen Toyo- Anreiz über das Lohnsystem dominiert ein durch vorge- ta-Standorten weisen darauf hin, dass zum Beispiel im setzte Experten beherrschtes Kaizen-System. Es scheint, Kaizen-Prozess in Wirklichkeit das Wie der Arbeit und dass auch Toyota die „Versöhnung“ von Flexibilisierung die Standardisierung im Vordergrund stehen. und Standardisierung nicht gelingt. Vielmehr scheint der Ergebnis sind monotonere und restriktivere Arbeitsfor- Widerspruch letztlich immer zugunsten der Standardisie- men, als sie für den die Arbeit zerstückelnden Tayloris- rung aufgelöst zu werden. mus alter Prägung als typisch betrachtet werden. Insbesondere sind die Arbeitsaufgaben im Toyota-Sys- tem so weit standardisiert, dass nicht nur die Sequenz der Arbeitsschritte, sondern auch die genauen Positionen und ng Bewegungen der Arbeiter vorgegeben sind. Die Fähig- a rd isieru Stand keit, die Standardaufgaben entsprechend den Vorgaben auszuführen, ist zudem Gegenstand monatlicher Bewer- tung durch den Teamleader. t ilitä Flexib +++ Wo ist das richtige Maß zwischen Standardisierung und Flexibiliät? ? 12
Toyota Produk tionssystem e T PS Widerspruch zwischen Standardisierung und Unregelmäßige Regelhaftigkeit Flexibilität Spätestens hier zeigt sich eine deutliche Differenz zur Vielleicht aber liegt das Missverständnis in der deutsch- vorherrschenden Praxis in der deutschsprachigen Debat- sprachigen Debatte um das Verhältnis von Flexibilität te, in der das Dogma der „einen“ festen Regel einer fle- und Standardisierung auch tiefer. Der Misserfolg vieler xibel gehandhabten Standardisierung im Wege ist. Stan- Nachahmer ist etwa damit zu erklären, dass die Toyota- dardisierung bezieht sich schließlich bei Toyota nicht nur Methoden mit dem System selbst verwechselt werden. auf die auszuführenden Handgriffe der Arbeiter in der Das Erfolgskriterium Toyotas beruht aber nicht in einer Produktion, sondern hierarchieübergreifend auf alle Akti- Ansammlung von Instrumenten und Methoden. Toyota vitäten und Funktionen. selbst sieht seine Praktiken nur als punktuelle Maßnah- Der „DNA-Code“ des Toyota-Systems beruht nicht auf men, nicht als immerwährend und universell gültige Pro- festgelegten Standards, sondern auf Regeln, nach denen blemlösungen. zwar alle Beschäftigten bei Toyota handeln, die aber nir- Wie bewältigt Toyota den Widerspruch zwischen Stan- gendwo aufgeschrieben sind. Diese Regeln werden leben- dardisierung und Flexibilität? Zunächst wird die Stan- dig durch einen Dialog entlang vier einfacher Fragen: dardisierung als Voraussetzung der Flexibilität gesehen. • How do you do this work? Dabei wird jeweils von den tatsächlichen Problemen • How do you know you are doing this work correctly? ausgegangen. Im Ergebnis aber werden unterschiedlichs- • How do you know that the outcome is free of defects? te organisatorische Lösungen nebeneinander an ein und • What do you do if you have a problem? demselben Standort als völlig normal angesehen. Und auch diese Fragen richten sich nicht nur an die Pro- duktionsmitarbeiter, sondern in derselben Form beispiels- weise auch an die Manager eines Zulieferstandorts. Es lohnt sich, die Debatte um das Toyota-Produktions- ––– system und seine Anteile an Flexibilität kritischer zu führen. Eine unkritische Perspektive kann zu verpassten Optionen führen in einer der wettbewerbsrelevantesten Fragestellungen um die Balance zwischen Flexibilität und Standardisierung. Zurechtgerückt 5 Es gibt Hinweise, dass der Spagat zwischen Flexibilität und Standardisierung bei Toyota gar nicht gelingt. Viel- mehr wird in der Praxis eine Standardisierungsspirale ausgelöst, die gerade die Flexibilität einschränkt. 13
Toyota P rodu k tionssysteme TPS Kontroverse Debatte um Ganzheitliche Produktionssysteme (GPS) Verhaltener Optimismus Arbeitspolitisches Rollback Um die neuen Produktionssysteme und Rationalisie- Der Tonfall in der Debatte wird insgesamt härter. So rungsstrategien tobt aktuell eine lebhafte und kontroverse konstatiert Berthold Huber ein arbeitspolitisches Roll- arbeitspolitische Debatte. Dabei versuchen gewerkschaft- back und begreift die Signale von Arbeitgeberseite als liche Positionen dem Ganzen – trotz Kritik an flexiblen „klare Kampfansage“. Er verweist auf die Reduzierung Standards als betrieblichen Vereinbarungen ohne tarifli- der Taktzeiten auf unter eine Minute, die Dequalifizie- che Absicherung – noch Positives abzugewinnen. Prinzi- rungsdebatte rund um Montagearbeit, die Zunahme von piell, so hoffen viele, böten Ganzheitliche Produktions- Schicht- und Wochenendarbeit, die zunehmende Kündi- systeme doch auch Belegschaften und Interessenvertre- gung von Leistungsentgelten im Zuge der ERA-Einfüh- tungen Ansatzpunkte für die Gestaltung besserer Arbeit. rung usw. Er plädiert für eine High-Road-Strategie. Dies sei letztlich aus wirtschaftlichen Gründen die bessere Top Down überwiegt Variante. Zudem gehe es um eine Qualität der Arbeit, die an der Würde des Menschen ansetze. Der verhaltene Gestaltungs- und Mitwirkungsoptimis- mus scheint fraglich. Schließlich treten Ansätze Ganz- Gehen die guten Ansätze über Bord? heitlicher Produktionssysteme derzeit mit einem klaren Top-Down-Ansatz auf. Eine proaktive Gestaltung wird Von Arbeitgeberseite wird im Zusammenhang der Debat- den Mitarbeitern nicht zugestanden. Selten wird dem ten um Ganzheitliche Produktionssysteme und Flexib- Betriebsrat die ihm zustehende Mitbestimmungsrolle le Standardisierung die Mitbestimmung als hinderlich zuerkannt. Wo er aktiv eingebunden wird, geschieht das angegriffen. Ebenso wird die Notwendigkeit, ja sogar die meist nicht aus einer Anerkennung von Mitbestimmungs- prinzipielle Möglichkeit arbeitswissenschaftlich abgesi- ansprüchen heraus. Sondern, weil manche Unternehmen cherter Gestaltungsleitlinien vehement bestritten wird. sehr wohl anerkennen, dass die Einbindung des Betriebs- Im Folgenden sollen typische Schwerpunkte aus der Dis- rats gut sei für die Schaffung von Akzeptanz und damit kussion nochmals kurz aufgegriffen werden: für einen nachhaltigen Erfolg des Veränderungsprozes- • Teilautonome Gruppenarbeit ses. • Standardisierung GPS • Flexible Standardisierung • Erfahrungsförderliches Lernen 14
Toyota Produk tionssystem e T PS Teilautonome Gruppenarbeit Standardisierung Ist der spezifisch deutsche Weg schädlich? Vernachlässigung der Standardisierung Teile der Arbeitgeberseite nutzen die aktuelle Debat- Es macht wenig Sinn, lediglich reflexartig abweisend auf te um Ganzheitliche Produktionssysteme zugleich für die Argumente für eine zunehmende Standardisierung zu einen Angriff auf die teilautonome Gruppenarbeit. Die- reagieren. Die Diagnose ist an vielen Stellen nicht unbe- ser „spezifische deutsche Weg der Arbeitsorganisation“ dingt falsch – wenn auch die daraus beispielsweise von und die Mitbestimmungsstrukturen seien Faktoren, die Arbeitgeberseite abgeleiteten Konsequenzen naturgemäß hauptverantwortlich für eine mangelnde Produktivität interessengeleitet sind. Tatsächlich sind nämlich in den an deutschen Montage- und Fertigungsstandorten seien. letzten Jahren prozessübergreifende Standardisierungs- Wenn teilautonome Gruppenarbeit „nicht mehr zwin- aufgaben in den Unternehmen stark vernachlässigt wor- gend“ einen Gestaltungsfortschritt mit sich bringe, müss- den. ten sich die Koordinaten verschieben. Standardisierung neu bewerten Inkonsequente Umsetzungen Standardisierung an sich zu verteufeln führt nicht weiter. Verschiedene Studien weisen allerdings darauf hin, dass So ist der Gegensatz von Standardisierung und Inno- das Modell der teilautonomen Gruppenarbeit nie in aus- vation, wie er im Rahmen vieler Gruppenarbeits- und reichendem Umfang eingeführt wurde. Die behaupteten Produktionskonzepte aufgemacht wird, zurückzuweisen. Schwächen sind daher gerade nicht in ihm selbst zu Nicht jedes neue Konzept ist innovativ und das Nicht- suchen, sondern in den Umsetzungsdefiziten. Vorhandensein repetitiver Arbeit ist für sich genommen Die Konzepte wurden zudem in den innovativen Arbeits- kein Beleg für den Innovationsgrad einer Arbeitsform. formen der 90er Jahre mit Elementen der Lean Production Im Zusammenhang mit der Humanisierungsdiskussion verbunden, ohne auf eine „ausreichende systematische werden Standards und Routinen für sich als „in jedem Verbindung der einzelnen Elemente“ zu achten. Hierin Fall kreativitätsschädigend“ begriffen. In Zeiten des fle- sehen viele Autoren den Grund für die nicht zufrieden xiblen Kapitalismus und der damit einhergehenden Vor- stellende Umsetzung und Wirksamkeit der eingeleiteten herrschaft des Flexibilitätsprinzips muss Standardisierung Maßnahmen. aber neu bewertet werden. So zumindest lauten aktuellen Diagnosen und Argumente auf die Gewerkschaften und Betriebsräte eine Antwort finden müssen. 15
Toyota P rodu k tionssysteme TPS Flexible Standardisierung Balance von Flexibilität und Standardisierung Standardisierung und Mitarbeiterbeteiligung Schaut man in die betriebliche Realität, scheint nicht der Standardisierung kann Sinn machen – erst recht, wenn sie flexible Kapitalismus zu einem Zuviel an Flexibilität in sich bewusst absetzt von einer starren Standardisierung den Produktionsabläufen geführt zu haben. Stattdessen im Sinne des Taylorismus und wenn sie zustande kommt findet sich viel Standardisierung auf dem Papier (oder unter Mitwirkung erfahrener Beschäftigter. Flexibel aber Bildschirm), oft aber zu wenig sinnvolle Standardisie- ist und bleibt sie nur, rung in den realen Abläufen. • wenn sie das Elastizitätspotenzial von Erfahrung in Standardisierung kann in einer komplexen, anspruchsvol- diesen Prozessen anerkennt und berücksichtigt len und hoch arbeitsteiligen Produktion nicht verschwin- • und wenn sie Standards entwickelt, die eine weitere den. Das Versäumnis ausreichender Standardisierung Genese und Nutzung von Erfahrung ermöglichen verantworten nicht moderne Formen der Arbeitsorgani- statt verhindern. sation, sondern die Führungsstrukturen selbst, die es im Zuge der Einführung von Lean Production und Gruppen- arbeit in den 80er und vor allem 90er Jahren versäumt haben, ihre neuen Aufgaben zu definieren und anzuneh- men. Kompetenz für Flexibilität Fortschritt Standardisierung GPS der Arbeit Ganzheitliches Produktionssystem 16
Toyota Produk tionssystem e T PS Mit Erfahrung zur Ganzheitlichkeit Erfahrung ist der Schlüssel Erfahrung als Gestaltungsprinzip Gerade in der Serienmontage ist die Erfahrung der Bei der Gestaltung von Produktionssystemen ist es das Beschäftigten das wirkliche Erfolgsmodell: Ob beim Neu- A und O, die Erfahrung der Beschäftigten von Anfang anlauf oder beim frühzeitigen Bemerken sich anbahnen- an aktiv mit einzubeziehen. Bei der Frage wie Erfahrung der Störungen, ob bei der Optimierung der Prozesse oder entsteht und gefördert wird, lohnt eine Orientierung an beim ständigen Vereinen der Widersprüche von Kosten Prinzipien für ein erfahrungsgeleitetes Lernen: und Qualität: Bei komplexen Produkten und verkürzten • Nur im direkten Umgang mit Anlage/Maschine und Taktzeiten geht all das nur mit erfahrenen Montagemit- Produkt lernt sich der „Dialog“ mit den Dingen. arbeitern. Das zeigen aktuelle Untersuchungen bei deut- • Intuition und Gespür entwickeln sich nur durch eige- schen Automobilzulieferern: Produktionssysteme werden nes Erleben. nur ganzheitlich durch die Erfahrung der Beschäftigten. • Erfahrungsgeleitet handelt nur, wer eine Beziehung Die Beschäftigten sind es, die mit ihrer Erfahrung die zur Anlage/ Maschine und zum Produkt entwickeln Balance zwischen Flexibilisierung und Standardisierung konnte. in der alltäglichen Arbeit immer wieder aufs Neue her- Um in diesem Sinn Erfahrung zu machen, braucht es stellen. Erfahrung entsteht im Tun, indem man Erfahrung auch Zeit und Freiraum – Produktionssysteme, die beides macht – sie ist nicht zu verordnen. Ein typisches Beispiel momentan zum Auslaufmodell erklären, vernichten damit aus der Praxis ist der Appell an die Beschäftigten, nicht ihre wichtigste Flexibilitätsressource: Die Erfahrung der nur auf die Produktqualität der eigenen Arbeitsstation zu Beschäftigten. Erfahrung kann nicht Top-down entste- achten, sondern den gesamten Prozess im Blick zu haben. hen, sie kann nur in partizipativen Prozessen eingebracht Wer das soll, muss aber auch mehr erlebt haben als nur werden. Produktionssysteme – sollen sie ganzheitlich und die eigene Arbeitsstation. Er muss den Gesamtprozess flexibel sein – müssen so gestaltet sein, dass die Erfah- sinnlich erfahren haben, muss ihn erlebt haben. rung der Beschäftigten zum Tragen kommt: jedes Inst- rument, jedes Werkzeug eines Produktionssystems kann erfahrungsförderlich oder erfahrungshinderlich gestaltet werden. Beurteilen können das nur die Beschäftigten an der Linie – sie sind die wahren Experten. 17
Toyota P rodu k tionssysteme TPS Auto 5000 – eine echte Alternative? Toyota ist nicht allein Eine deutsche Antwort? In der allgemein vorherrschenden Festlegung auf das In jüngster Zeit aber gibt es ein arbeitspolitisches Modell, Toyota-Produktionssystem als das einzig wahre Erfolgs- das sich selbstbewusst als deutsche Antwort auf Toyota modell geraten andere Ansätze meist aus dem Blick. präsentiert: Die Auto 5000 GmbH. Im Jahr 2001 als eine So erwies sich der französische Peugot-Konzern als der Gesellschaft der Volkswagen AG gegründet, produziert erfolgreichste europäische Hersteller – und das ohne sie seit November 2002 den Touran. Für November 2007 formalisiertes Produktionssystem, ohne Forcierung von war die Erweiterung auf den neuen VW Tiguan geplant. Standardisierung und unter Beibehaltung der Orien- Auto 5000 ging aus dem Projekt „5000 x 5000“ hervor, tierung an traditionellen Produktionsweisen im Unter- das zum Ziel hatte, 5.000 neue Arbeitsplätze mit einem nehmen. Allerdings wurden Maßnahmen wie Just-in- Bruttoentgelt von 5.000 DM zu schaffen. Auf die schließ- Time, so genannte Partieassistenten, Gruppenentlohnung, lich rund 3.600 Arbeitsplätze bewarben sich 48.000 Men- Selbstkontrolle u.Ä. bereits seit Mitte der 80er Jahre bei schen. Gesucht wurden zunächst bewusst „Talente für Peugeot eingeführt. den Automobilbau“ ohne expliziten Bezug auf formal Also bewegte sich auch Peugeot nicht völlig jenseits der einschlägige Qualifikationen. üblichen Reorganisationsstrategien der Lean Production. Und 2005 ging Peugot das Joint Venture TPCA (Toyota Hohe Fachqualifikation Peugeot Citroën Automobile) mit Toyota am tschechi- schen Standort Kolin ein. Toyota zeichnet hier für das Zwei Drittel der Eingestellten waren vorher arbeitslos, Produktionsmanagement verantwortlich. allerdings gelang die Integration von Langzeitarbeitslo- Als Hoffnung machende Alternative erschien aber sen, Älteren über 50, Personen mit gesundheitlichen Ein- zunächst vor allem der „Volvoismus“. Vielversprechend schränkungen, gering Qualifizierten und Frauen kaum. gestartet und noch Anfang der 90er Jahre als menschen- So sind nur 5% der Beschäftigten auf Prozessteamebene gerechtes Gegenbeispiel zu Toyota angesehen, ist es heute ohne Facharbeiterabschluss und nur 7% sind weiblich. um ihn still geworden. In zwei Volvo-Werken wurde in Auto 5000 versteht sich ähnlich wie Toyota als ein ganz- den 80er Jahren die Fließmontage völlig aufgegeben. heitlicher Ansatz der Geschäftstätigkeit mit dem Ziel, Stattdessen montierten weitgehend autonom handelnde Optimierungspotenziale in Bezug auf Kosten, Qualität Teams in einzeln stehenden Boxen fast komplette Autos. und Lieferzeit freizusetzen. Zwei Prinzipien sollen dabei Allerdings wurden auch in diesen Werken ab 1990 Ele- vorherrschen: die größere Nähe zwischen produktionsbe- mente der Lean Production eingeführt. 1992 folgte das zogenen Dienstleistungen und den direkten wertschöp- Kaizen-Modell und 1993 wurde der Ansatz, der damals fenden Bereichen sowie eine prozessorientierte Aufga- schon längst nicht mehr „toyotafrei“ war, beendet. bentrennung. Im Vergleich zum TPS sind vor allem die innerorganisatorischen Prinzipien interessant. Zentrale Elemente der Fabrikorganisation sind hier 18
Toyota Produk tionssystem e T PS • eine erweiterte, prozessbestimmte Teamarbeit, gaben gelingt auch hier nur indirekt über Job-Rotation, • ein erweitertes Funktionsprofil der ersten Führungs- nicht über eine Ausweitung der Aufgaben selbst. Inwie- ebene (der Betriebsingenieure), weit der weiterhin hohe Anteil an restriktiver Arbeit mit • flache Hierarchien, eine prozessorientierte dezentrale dem durchweg hohen Qualifikationsniveau der Beschäf- Betriebsorganisation mit Lernfabriken, tigten vereinbar ist und ob er nicht - wie in anderen Mon- • eine prozessbasierte Kennzahlensteuerung und tagebereichen – zu Unterforderung und Demotivation • die beschäftigtenbasierte Prozessoptimierung über führt, ist noch nicht abschließend untersucht. das PDCA-Konzept. Insgesamt gibt es bislang bei Auto 5000 wenig Einblick PDCA steht für „Plan, Do, Check, Act“ und ist eine Vor- in mögliche Widersprüche oder Schwierigkeiten inner- gehensweise, die insbesondere im Qualitätsmanagement halb des Produktionsmodells bzw. in Unterschiede zu und in Prozessen kontinuierlicher Verbesserung ange- den Toyota-Methoden, was die alltägliche Anwendung wandt wird. Sie ist integraler Bestandteil des japanischen betrifft. Kaizen-Prozesses Beschäftigtengetragene Prozessoptimierung? Flache Hierarchien Der Schwerpunkt auf eine „beschäftigtengetragene Pro- Hervorzuheben sind die wirklich flachen Betriebshierar- zessoptimierung“ beispielsweise bricht offenbar tatsäch- chien mit nur noch drei Ebenen: Zwischen der Geschäfts- lich mit den im Toyota-System sich mehr und mehr führung und den Prozessteams auf Produktionsebene durchsetzenden Top-Down-Vorgaben im Kaizen-Prozess. befindet sich nur noch die Ebene der so genannten Allerdings wird nicht ausdrücklich beschrieben, wo die Betriebsingenieure, die als Meister mit erweitertem Profil Initiative zur Verbesserung ursprünglich erzeugt wird und verstanden werden. wer die Zielvorgaben nach welchen Kriterien setzt. Auch der Stellenwert von Qualifizierung ist hoch ange- Die positiv bewertete und als Alternative zu Toyota ange- setzt. Prozessorientiertes Lernen, die Institution der Lern- führte Differenzierung in prozess- und finanzbasierte fabrik, tarifvertraglich festgelegte wöchentliche Zeiten Kennzahlen, wie sie im Zusammenhang mit dem Modell für Qualifizierung sind dafür ein Beleg. Zudem wurde „Auto 5000“ diskutiert wird, kann dagegen vernachläs- ein Qualifizierungsmodell installiert, das in unterschied- sigt werden. Dass Kennzahlen wie Qualität, Effektivität lichen Phasen von der „Industrietauglichkeit“ über die und Effizienz keine finanziellen Größen seien, überzeugt „Automobiltauglichkeit“ bis hin zu einer IHK-Zertifizie- nicht. Sie werden ja schließlich auch als Steuerungsgrö- rung führt. ßen mit finanzieller Relevanz von Vorgesetztenebene aus Allerdings finden sich auch bei Auto 5000 an den Fließ- thematisiert und von den Beschäftigten auch als solche bändern kurze Taktzeiten (unter zwei Minuten) und weit- wahrgenommen. gehend restriktive Montagearbeiten mit hohem manuel- Für die kaufmännische Geschäftsführung von Auto 5000 lem Anteil. Eine Erhöhung der Ganzheitlichkeit der Auf- geht es darum, die geplanten Kostenbudgets bis auf die 19
Toyota P rodu k tionssysteme TPS einzelnen Prozessteamebenen herunterzubrechen. Die tems handelt oder lediglich um überwindbare Startprob- Visualisierung des Erfolgsquadrats „Motivation – Kosten leme bei der Einführung. - Qualität – Stückzahl“ kann vom Mitarbeiter im Intranet Auto 5000 erscheint zunächst tatsächlich als ein eigen- jederzeit abgerufen werden. Der monatliche Soll-Ist- ständiger Ansatz mit erheblichem Innovationspotenzial Abgleich ist zudem ausschlaggebend für die Höhe des bei gleichzeitigem betriebswirtschaftlichem Erfolg. Der persönlichen Leistungsbonus. positiven Stimmen finden sich viele: So bewertet der Die interne „Vermarktlichung“ oder schlicht die materi- technische Geschäftsführer der Auto 5000 GmbH den elle Bilanz spielt bei Auto 5000 also durchaus eine Rolle. Ansatz als Konzept mit Beispielcharakter und als Ant- Sie greift zunächst weniger stark, weil bei Auto 5000 wort auf Toyota. Der Arbeitsdirektor des Unternehmens eine spezifische arbeitsorganisatorische und arbeitspoli- betrachtet Auto 5000 als das Beste aus den drei Welten tische Sondersituation vorliegt. Wie lange „Kooperation“ des Automobilbaus. Er meint mit den drei Welten Toyota, und „Solidarbewusstsein“ gegen die Dominanz der Zahl die Lean Production und High Performance Work Place durchzuhalten sind, bleibt abzuwarten. (HPWP). In den USA konnte man bereits Anfang der 90er Jahre ein Drittel der Unternehmen HPWP zurechnen. Und die Humanisierungskriterien? Ist Auto 5000 etwas Besonderes? Es gibt inzwischen Stimmen, die ein Zurückweichen von Humanisierungskriterien kritisieren. Zum Beispiel werde Berthold Huber entdeckt Referenzpunkte für eine High- soziale Nachhaltigkeit nicht ausreichend problematisiert Road-Strategie. Lösen mit Auto 5000 als Vorreiter für etwa im Sinne von: Kann die Arbeit bis zum Rentenalter arbeitspolitische Innovationen nun „hybride Produktions- durchgehalten werden? Andere berichten von einer über- konzepte“ die ehemaligen „neuen Produktionskonzepte“ bordenden Informationsflut. Besonders dann, wen diese ab? Auto 5000 wird durchaus als etwas ganz Besonderes zu verpflichtender Nacharbeit führt, komme es zu Unmut gesehen, aber nicht als einzigartig. Zu Toyota werden und Motivationsverlust der Mitarbeiter. Ähnlichkeiten bezüglich der Gestaltung von Qualifizie- Häufig sei unklar, ob Nacharbeit bei Qualitätsmängeln rungs- und Verbesserungsprozessen gesehen. Dagegen entgeltlich oder unentgeltlich sei. Das mache Probleme ist die Selbstregulierung der Teams bei Auto 5000 stärker und binde die Ressourcen des Managements und vor ausgeprägt und es finden sich starke Unterschiede bei der allem des Betriebsrats. Ausgestaltung der Personal- und Entgeltsysteme. Für solche Probleme wurden inzwischen aber Gegen- maßnahmen entwickelt, wie zum Beispiel mehr Papier- Auto 5000 für ganz VW? information statt Information über das Intranet oder eine Betriebsvereinbarung zur Systematisierung des Schuld- Toyota mag nicht die japanische Automobilindustrie sein. klärungsverfahrens. Es ist nicht abschließend diskutiert, Auto 5000 aber ist auch nicht mit VW gleichzusetzen. ob es sich um spezifische Mängel des Produktionssys- VW lernt vielmehr noch viel von Auto 5000. Auto 5000 20
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