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KI, MENSCH & GESELLSCHAFT UMSETZUNG IM UNTERNEHMEN KI IM GESUNDHEITSWESEN Kann nur noch KI uns retten? Von CDROs bis MLOPs In der Versorgungsrealität angekommen? Eine Sonderveröffentlichung von Euroforum Deutschland SEPTEMBER 2020 | WWW.HANDELSBLATT-JOURNAL.DE TURNING AI INTO VALUE Medienpartner
2 INHALT | IMPRESSUM Die Themen dieser Ausgabe 4 GRUSSWORT KI: UMSETZUNG IM UNTERNEHMEN Wie wir mit KI gemeinsam Europas The Future of Enterprise AI: Datenschätze heben 3 Q & A with Tom Siebel (Adv.) 6 KI Projekte erfolgreich managen 12 6 KI, MENSCH UND GESELLSCHAFT Wie kommt die KI in die Industrie? 16 Corporate Digital Responsibility: Zeit für MLOps und Federated Learning 18 Wie Unternehmen digitale Verantwortung jetzt mitdenken müssen 4 Erfolgsfaktor datenbasierte Netzwerke: Daten teilen, Mehrwert schaffen 20 Nur noch KI kann uns retten? 8 KI: Neue Möglichkeiten Recruiting von KI-Experten: für Versicherer 22 Fake-KI vertreibt Talente (Adv.) 11 Des Rätsels Lösung: Wie KI erklärbar wird und warum das wichtig ist 26 KI IM GESUNDHEITSWESEN In der Versorgungsrealität ankommen 14 Roboter in der Pflege: „Für mich eine Win-Win-Situation“ 15 Daten sind der Treibstoff für die Medizin von morgen 24 18 IMPRESSUM Herausgeber Projektleitung (V.i.S.d.P.) Art Direction & Layout Titelbild Euroforum Deutschland GmbH Christiane Daners, Solutions by Handelsblatt E+/Getty Images Toulouser Allee 27 Euroforum Deutschland GmbH Media Group GmbH Fotos: Getty Images/fStop 40211 Düsseldorf christiane.daners@euroforum.com Toulouser Allee 27 Medienpartner Tel.: +49 (0)211.88743-3829 40211 Düsseldorf www.handelsblatt-journal.de Redaktionsleitung solutions-hmg.com Nicola Csepella, Euroforum Deutschland GmbH nicola.csepella@euroforum.com Sonderveröffentlichung zum Thema „TURNING AI INTO VALUE“ | September 2020 HandelsblattJournal
GRUSSWORT 3 Wie wir mit KI gemeinsam Europas Datenschätze heben Künstliche Intelligenz (KI) bestimmt die Wirtschaft in der nächsten Phase der Digitalisierung. Um sich in Zeiten rasanter technologischer Entwicklungen im Wettbewerb zu behaupten, müssen Unternehmen ihre Prozesse und Geschäftsmodelle anpassen. Das Gebot der Stunde lautet, Mehrwert aus Daten zu schöpfen – und zwar gemeinsam mit Partnern. von Karl-Heinz Streibich M ithilfe von KI können Daten, die intelligente nern in Datenökosystemen zusammenarbeiten. Die an- Maschinen und smarte Produkte sammeln, gebotenen Produkte und Dienstleistungen reichen von sinnvoll verknüpft und analysiert werden. intelligenten Ausfallprognosen für Fertigungslinien über Aus dem gewonnenen Wissen entstehen datenbasiertes Monitoring in Gewächshäusern bis hin zu neue, effizientere Produkte und Dienstleis- KI-gesteuerten Handprothesen. tungen. Doch insbesondere der Mittelstand verfügt sel- Diese Pioniere machen es vor. Nun müssen wir den ten allein über die notwendigen Daten und Technolo- Weg für weitere Unternehmen in Europa ebnen, die gien, um datengetriebene Geschäftsmodelle zu realisie- gemeinsam und grenzüberschreitend ihre Datenschätze ren. Eine Mobilitäts-App muss etwa auf Daten des heben wollen. Was wir dazu brauchen, ist eine Art Schen- Öffentlichen Personennahverkehrs, Carsharing-Plattfor- genraum für Daten: einen europaweiten offenen Daten- men und Informationen zur Verkehrssituation auf den raum, in dem Unternehmen ihre Daten vorwettbewerblich Straßen zugreifen, um ihrem Nutzer eine intelligente, sich teilen können – bedenkenlos und nach unseren europäi- dynamisch anpassende Routenempfehlung zu geben. Die schen Rechts- und Wertemaßstäben. Dazu sollte der Da- wertvollen Informationen liegen verteilt bei verschiede- tenraum auf einheitlichen europäischen Datenrichtlinien nen Institutionen in Datensilos. Jeder hat Teile des Puz- basieren, die sowohl Innovationsfähigkeit fördern als auch zles, doch keiner kann es allein zu einem Gesamtbild zu- private Daten und geistiges Eigentum schützen. Wie beim sammensetzen. Dazu ist der Austausch der Daten in Öko- politischen Vorbild des Schengenraums müssen sich alle, systemen notwendig – der in Europa allerdings engen die innerhalb Europas Daten speichern und verarbeiten, Restriktionen unterliegt. Andere Wirtschaftsräume sind an diese Regeln halten. weniger reguliert. Amerikanische B2C-Plattformen wie Die geltenden europäischen Regeln zum Datenschutz Google, Facebook oder Amazon können große Mengen sichern einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten. an Daten sammeln und verwerten – auch bei uns in Eu- Allerdings muss beobachtet werden, ob diese Gesetze da- ropa. Sie sind auch deshalb die Gewinner der ersten Phase der Digitalisierung. Dieses Paradoxon müssen wir hinter tenbasierte Innovationen hemmen könnten. Ebenso sollte das Kartellrecht der Kooperation von Wettbewerbern Mit einem „Schengen uns lassen: Dass bei uns vieles verboten und überregu- liert ist, während die internationalen digitalen Champi- nicht im Wege stehen, wenn es darum geht, gemeinsam einen neuen digitalen Markt zu erschließen. raum für Daten“ hat ons mit unseren Daten Dinge tun, auf die wir wenig Ein- Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen müssen fluss haben. wir auch standardisierte Schnittstellen in Europa voran- Europa das Potenzial, Wir müssen aus der jetzigen „Daten-Verklemmtheit“ treiben sowie Verfahren der Cybersecurity, um den eu- herauskommen und eine neue Kultur des Teilens und ropäischen Datenraum sicher und vertrauenswürdig zu als Gewinner aus der der gemeinsamen Nutzung von Daten ermöglichen. Eu- machen. Dazu zählt auch eine souveräne, verlässliche di- ropäische B2B-Unternehmen haben die Industriedaten und das Knowhow in wichtigen industriellen Branchen. gitale Infrastruktur für Europa, wie sie etwa mit Gaia-X geplant ist. nächsten Phase der Foto: acatech/D. Ausserhofer Diese müssen sie kontrolliert zugänglich machen. Akteure in einer Branche oder einem Anwendungsfeld müssen Die Sicherheit unserer Daten und der Schutz geistigen Eigentums sind in Europa ein hohes Gut. Wenn wir es Digitalisierung her gezielt zusammenarbeiten, um gemeinsame Datenräume aufzubauen. Wie solche Wertschöpfungscluster oder -netz- schaffen, an unseren europäischen Werten festzuhalten, ohne unsere Chancen in der datengetriebenen Wirtschaft vorzugehen. werke geschaffen werden können, zeigt die bei acatech zu beschneiden, dann kann KI „made in Europe“ weltweit angesiedelte Plattform Lernende Systeme in einem aktu- zum Erfolg werden. Mit einem „Schengenraum für Daten“ Karl-Heinz Streibich, ellen Bericht. Darin stellt sie Praxisbeispiele erfolgreicher hat Europa das Potenzial, als Gewinner aus der nächsten Co-Vorsitzender der Plattform KI-Vorreiter aus Deutschland vor, die gemeinsam mit Part- Phase der Digitalisierung hervorzugehen. ■ Lernende Systeme und Präsident acatech Sonderveröffentlichung zum Thema „TURNING AI INTO VALUE“ | September 2020 HandelsblattJournal
4 KI, MENSCH UND GESELLSCHAFT Corporate Digital Responsibility Wie Unternehmen digitale Verantwortung jetzt mitdenken müssen Sonderveröffentlichung zum Thema „TURNING AI INTO VALUE“ | September 2020 HandelsblattJournal
KI, MENSCH UND GESELLSCHAFT 5 von Lena-Sophie Müller R outenführung per Smartphone, Einkaufen mit Dies können Unternehmen aber auch als Chance begrei- wendige Digitalkompetenzen zu vermitteln, bis zu einer Sprachassistenten oder Kundenservice per fen: Statt auf Regeln und Vorgaben zu warten, können Plattform zur Steuerung des persönlichen Datenflusses Chatbot – algorithmische Systeme und KI be- sie den digitalen Wandel bzw. seine Rahmenbedingun- – spannende Ansätze, die es wert sind, sie in der Praxis gleiten uns heute bereits auf vielfältige Weise. gen verantwortungsvoll mitgestalten. zu erproben. Auf www.corporate-digital-responsibility.de Der technologische Fortschritt geht weiter – werden verschiedene Ansätze von der Gesundheitsbran- schnell und unumkehrbar. Neue Technologien wie Künst- 3. Verantwortung von Anfang an che über den Digitalkonzern bis zum Handelsunterneh- liche Intelligenz haben großes Potenzial und bergen viele In der digitalisierten Welt sind es privatwirtschaftliche Ak- men veröffentlicht, um zu diesem Erfahrungsaustausch Handlungsoptionen, deren Umsetzung die Gesellschaft teure, die neue Technologien in den Alltag der Menschen beizutragen. prägen und verändern wird. Das wirft allerdings auch ethi- bringen, Innovationen erzeugen und große gesellschaft- sche Fragen auf: Welche Aufgaben übertragen wir zum liche Veränderungen auslösen. Warum sollten daher nicht 6. Eine Chance für Europa Beispiel an Maschinen, welche an die Menschen? Wie prä- auch Unternehmen den gesellschaftlichen Reflexionspro- Die Effekte des Einsatzes digitaler Technologien insbe- gen Technologien den zukünftigen Wohlstand von Ge- zess unterstützen und sich aktiv einbringen? Ein Beitrag sondere bei weltweit agierenden Konzernen sind so glo- sellschaft und Unternehmen und wer partizipiert? Dar- könnte zum Beispiel sein, darüber aufzuklären und trans- bal, dass wir supranationale Regulierungen bräuchten – aus erwächst eine neue Verantwortung für Unternehmen: parent zu machen, was ihre Technologien und Dienste auch, da heutzutage nicht mehr nur die großen Unter- die Corporate Digital Responsibility (CDR). können, und was potenzielle Folgen sind. Denn niemand nehmen weltweit agieren und damit in unterschiedlichen kennt ihre Technologie so gut wie sie. Der Reflexionspro- Rechtsräumen agieren. Die Antwort und die Chance lie- Sechs Gedanken zum Thema zess beginnt idealerweise schon bei der Produktentwick- gen in Europa. Der EU-Binnenmarkt ist der größte ge- digitale Verantwortung lung mit einem standardmäßigen Responsibility-Check: meinsame Wirtschaftsraum der Welt. Wenn es gelingt, Was macht meine Technologie mit den Menschen, die hier eine europäische digitale Ethik gemeinsam zu ge- 1. Zeit für Reflexion sie anwenden? Was sind Vor- und Nachteile? Welche Mög- stalten, zu etablieren und vorzuleben, hätte dies durch- In jüngster Zeit löste vor allem der Einsatz von KI-Tech- lichkeiten, aber auch Fehlerquellen, Bias und Risiken könn- aus einen globalen Impact und könnte zum Vorbild wer- nologien bei der automatisierten Gesichtserkennung eine ten sich auftun? Welche langfristigen Folgen könnte mein den. Europa könnte bei diesem Thema vorangehen und Debatte aus. Diese Technologie zeigt, wie weit und viel- Produkt auf die Gesellschaft haben und was sind mögli- zur digitalen Wertegemeinschaft werden. Vielleicht kann fältig ein Anwendungsfeld sein kann: Zum einen kann che Folgen zweiter und dritter Ordnung? Deutschland seine EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um ein Blick auf das Smartphone das Handy entsperren oder die digitalen Wertefragen mit hoher Priorität auf die eu- eine Bezahlung auslösen – praktisch. Die Technologie 4. Ein Strategiethema für die Führungsetage ropäische Agenda zu setzen und damit auch zentrale Ver- kann auch helfen, seltene Erkrankungen schneller zu di- Neben der Einhaltung gesetzlicher Mindeststandards trauensanker und Leitplanken zum Wohle der digitale agnostizieren oder vermisste Personen zu finden. Was lohnt es sich für Unternehmen, aus eigenem Antrieb stär- Gesellschaft zu etablieren. aber, wenn Staaten die Technologie bei Protesten einset- kere digitale Verantwortung zu übernehmen. Führungs- Der Zeitpunkt ist auch in Deutschland gut: Die Mehr- zen, wie vor kurzem in den USA im Rahmen der kräfte mit Weitblick können jetzt vorausgehen und Maß- heit der deutschen Bevölkerung steht den Veränderun- #BlackLivesMatter-Bewegung geschehen, und viele dort stäbe setzen, indem sie aus ihrem eigenen Unternehmen gen, die sie durch die Digitalisierung in den kommenden Bürgerrechte bedroht sehen? Einige Anbieter beende- heraus Leitbilder, Regeln und Empfehlungen entwickeln Jahren erwarten, positiv gegenüber. Dies ist ein Ergebnis ten deswegen vorübergehend die Zusammenarbeit mit oder konkrete CDR-Maßnahmen in der Praxis auspro- der Studie „D21-Digital-Index 2019/2020“. Diese Stimmung der Polizei. Was bleibt, ist die offene Frage: Wollen wir bieren. Auf diese Weise verschaffen sie sich heute sowohl in der Bevölkerung und das große Potenzial durch CDR in unserer Gesellschaft Gesichtserkennung im öffentli- einen zeitlichen Vorsprung als auch einen Wettbewerbs- sind eine Chance für die Wirtschaft: Jetzt gilt es, sich mit chen Raum zulassen und wenn ja, unter welchen Rah- vorteil: Da das Thema digitale Verantwortung für alle den relevanten Fragen zum digitalen Wandel auseinan- menbedingungen? Das Beispiel zeigt: Gefährlich ist nicht Menschen künftig an Bedeutung gewinnen wird, können derzusetzen und eine Vorreiterrolle in Sachen digitaler eine Technologie, sondern ihre Anwendung. In Diskus- Unternehmen mit klarem CDR-Profil sowohl extern ge- Unternehmensverantwortung zu übernehmen, um so ei- sionen wird oft entweder ein dystopisches oder ein uto- genüber ihrer Kundschaft und anderen Stakeholdern nen Beitrag für die Gesamtgesellschaft zu leisten. Klar pisches Zukunftsszenario gezeichnet. Es gibt aber viele punkten als auch intern gegenüber ihren Beschäftigten. muss aber auch sein: Wenn die Wirtschaft ihrer gesell- Grautöne dazwischen, über die wir reflektieren müssen Auch im Wettbewerb um die besten Nachwuchs- und schaftlichen Verantwortung nicht vorausschauend nach- – und zwar nicht allein in Experten-Blasen, sondern ge- Fachkräfte wird CDR in Zukunft eine große Rolle spie- kommt, können die Entwicklungen der kommenden Jahre samtgesellschaftlich: Wie wollen wir als digitale Gesell- len. Strategisch gehören Überlegungen, wie ein Unter- ein enormes Potenzial haben, um Vertrauen der Bevöl- schaft leben? Was ist das Gute und Richtige im Digital- nehmen sich in digitalen Wertefragen positioniert, da- kerung in die digitale Entwicklung zu zerstören. ■ zeitalter? her in die Führungsetage – sei es beim CEO oder durch die neue Position eines Chief Digital Responsibility Offi- 2. Grenzen der Regulierung cer (CDRO). Die automatisierte Gesichtserkennung machte insbeson- dere Rufe nach Regulierung laut. Der Wunsch von Un- 5. Eine Herausforderung für alle Branchen ternehmen nach gesetzlichen Vorgaben und Orientie- Die Corporate Digital Responsibility ist für viele noch rung ist verständlich, aber aufgrund der technologischen Neuland, aber alle Branchen und Bereiche werden vom Dynamik und Geschwindigkeit in vielen Fällen schwie- digitalen Wandel betroffen sein. Es gibt keine fertigen rig zu erfüllen. Selbstverständlich ist es Aufgabe der Po- Antworten, generellen Lösungen oder Patentrezepte. Mit Fotos: Getty Images; Tobias Koch/Initiative D21 litik, die gesellschaftliche Diskussion zu führen. Doch die Blick auf die Dynamik der Technologien wird dies auch gesetzliche Regulierung stößt im digitalen Zeitalter mit- so bleiben: Es gilt, ständig weiter zu lernen, sich umzu- unter an ihre Grenzen: Innovationen sind heute oft schnel- schauen und zuzuhören. Umso wichtiger wird ein (bran- ler und dynamischer, als Politik und Zivilgesellschaft re- chenübergreifender) Erfahrungsaustausch. Um Ideen flektieren, Positionen finden und handeln können. Und und Input zu erhalten, fragten zum Beispiel bei einem wie detailliert können und sollen Gesetze zum Beispiel gemeinsamen, interdisziplinären Hochschulprojekt der die verschiedensten Einsatzfelder – von Foto-Tagging in Initiative D21 und der Deloitte Stiftung 15 Unternehmen, Social Media bis zur Gesichtserkennung im Supermarkt – NGOs und Forschungseinrichtungen die junge Genera- regeln? Oft fehlt es an ausreichenden Erfahrungswerten, tion nach gutem und richtigem Handeln im digitalen Zeit- auf denen konkrete und klare Rechtsvorschriften grün- alter. Sie stellten die Studierenden mit Fallbeispielen vor den könnten. Und so führt das Spannungsfeld dazwi- konkrete Herausforderungen. Die erarbeiteten Lösungs- schen, einerseits Entwicklung durch Innovationen nicht konzepte reichten von Siegeln, die den verantwortungs- Lena-Sophie-Müller, Geschäftsführerin, unnötig zu begrenzen, und andererseits klare Leitplan- bewussten unternehmerischen Umgang mit Daten be- Initiative D21, und Mitglied der Enquete-Kommission ken zu erlassen, zum Teil zu einem Regelungsvakuum. scheinigen, über eine Lernumgebung für Kinder, um not- Künstliche Intelligenz des Deutschen Bundestages Sonderveröffentlichung zum Thema „TURNING AI INTO VALUE“ | September 2020 HandelsblattJournal
6 KI: UMSETZUNG IM UNTERNEHMEN ADVERTORIAL The Future of Enterprise AI Q&A with Tom Siebel Sonderveröffentlichung zum Thema „TURNING AI INTO VALUE“ | September 2020 HandelsblattJournal
KI: UMSETZUNG IM UNTERNEHMEN 7 ADVERTORIAL Tom Siebel is one of the most successful entrepreneurs in the USA IT company Celonis, half of the executives surveyed be- lieve their digital transformation initiatives are a waste and is the founder and chief executive officer of C3.ai, an artificial of time. The transition to the new digital age requires intelligence software company located in Silicon Valley. leadership from the top, a focus on learning these new technologies, and a demand for clear results. Our e ditorial team recently talked to him about how companies can make digital transformation a reality and what is vital for German What do CEOs need to do to survive and thrive post COVID-19? companies and entrepreneurs to keep in mind. A top-down mandate from the CEO, board of directors, and senior leadership team is required to succeed in dig- ital transformation. You also must identify high-value use cases wisely, looking for quantifiable ROI and busi- ness impact that can be achieved in under a year. In many Mr Siebel, in your bestselling book “Digital Trans- dictive maintenance and production yield optimization – cases, projects get launched as pilots or proofs of con- formation: Survive and Thrive in an Era of Mass will be imperative. The pandemic also has exposed the cept that aren’t well-defined and never transition to pro- Extinction,” you state “Digital transformation is one brittleness and inflexibility of existing supply chains for duction deployment at scale. Finally, don’t underesti- of the most game-changing revolutions in history, many global manufacturers. These companies are look- mate the data management and integration challenges but it has also become one of the most misunder- ing to AI to transform and optimize their supply chain that need to be addressed. stood buzz phrases of our times.” How’s that? operations, reconfigure their distribution networks, and One large bank invested over €300 million with a ma- According to McKinsey, fewer than 20 percent of organ- predict and mitigate resource risks. jor systems integrator in an attempt to develop a cus- izations succeed with their digital transformation initi- There are two basic challenges that organizations look tom-built digital transformation platform to solve its atives, which is a clear indication of how misunderstood to us to solve: How to scale AI across the enterprise and anti-money-laundering problems. Three years later, the idea is. how to do it rapidly. Over the next several years, virtu- nothing has been delivered, the bank continues to be Digital transformation arises from the union of four ally all enterprise application software will become AI-en- fined, and it now operates under strict regulatory super- technology vectors – elastic cloud computing, big data, abled. The vast majority of these enterprise AI applica- vision. the internet of things, and artificial intelligence (AI) – tions will run on elastic cloud computing infrastructure Without those three key pieces in place – a top-down that together enable a whole new class of AI capabili- from AWS and Microsoft Azure. Building, deploying, and mandate, smart use-case selection, and an eye on the ties. The process of developing, deploying, and operat- scaling enterprise AI applications on these public clouds challenges – the likelihood of success is limited. ing these large-scale AI and predictive capabilities is what will be a top priority. we call enterprise AI. Companies also generate vast amounts of data, but Lastly, do you have any personal advice for how to very few make use of more than a few percent of the cope with the current crisis? data they generate. By far the biggest potential game I am fundamentally an innovator and I have confidence There are two basic changer for the industry is to extract value from the mas- sive data they already have by deploying advanced AI that humanity’s collective intelligence will produce innovative solutions to mitigate this crisis. I am hope- challenges that capabilities at enterprise scale to drive improvements to business processes across the entire value chain. ful that efforts like those supported by the C3.ai Digital Transformation Institute will result in policies driven organizations look to What are the challenges companies are facing? by data rather than politics. For business leaders, these are certainly challenging times, but this is also an op- The challenges of building enterprise AI applications are portunity to develop resilience and agility. If ever there us to solve: How to significant. Elastic clouds offered by AWS, Azure, and oth- were a wake-up call for organizations to transform, the ers provide immensely powerful capabilities that are current pandemic is certainly that. My advice is to not scale AI across the essential to the operation. But building applications by waste this crisis, but to use it as a catalyst for meaning- attempting to stitch together dozens of native AWS or Azure ful change. ■ enterprise and how to services and other required components is exceedingly complex. With this approach, developers end up devot- c3.ai do it rapidly. ing the vast majority of their effort – 80 percent or more – to ensuring all the components interoperate seamlessly. Building this new class of cloud-based enterprise AI ap- plications involves significantly greater complexity than previous generations of enterprise software, including numerous requirements around data integration and Enterprise AI is about extracting value from massive normalization, machine learning modeling, and cloud volumes of disparate data, structured and unstructured, infrastructure orchestration. by using AI to make predictions with unprecedented l evels What’s needed is a platform that removes the com- of accuracy: Which asset will fail in the next 30 days? plexities in developing enterprise AI applications such Which customer is likely to defect? How much demand as the C3 AI® Suite. And that is why organizations that will there be for this product next week? And so on. When want to deploy enterprise AI at scale engage with C3.ai. an organization can operationalize these insights at scale across its business – that is truly game-changing. How do you see Germany competing globally? German enterprises come to the table with substantial COVID-19 has clearly intensified the urgency of advantages—engineering and manufacturing expertise, Tom Siebel is the founder and chief executive officer of digital transformation. What are the opportuni- operational excellence, and skilled workers. But these C3.ai, a leading enterprise AI software provider for Fotos: iStockphoto; C3.ai ties you are seeing? alone are not enough. As digital transformation sweeps accelerating digital transformation. He is also the The pandemic has been a pressure test of organizational across nations globally, Germany has lagged behind in author of the best-selling book, “Digital Transformation: resilience, agility, and adaptability. For many companies, the transition to a digitally advanced economy. And in- Survive and Thrive in an Era of Mass Extinction.“ survival will depend on their ability to predict, quickly tensifying competition has put Germany’s unique ad- interpret, and respond to rapidly changing market dy- vantage in engineering and manufacturing under attack. namics. Step-function improvements in operational ef- Many German firms are struggling with their trans- ficiencies – through AI-enabled capabilities such as pre- formation efforts. According to a 2019 study by German Sonderveröffentlichung zum Thema „TURNING AI INTO VALUE“ | September 2020
8 KI, MENSCH UND GESELLSCHAFT Sonderveröffentlichung zum Thema „TURNING AI INTO VALUE“ | September 2020 HandelsblattJournal
KI, MENSCH UND GESELLSCHAFT 9 von Prof. Dr. Stefan Heinemann (oder GPT-3?) W ir stellen uns vor, es wäre gelungen. Nur noch Was als fest verwurzeltes autonomie- technologisches Narrativ in der menschlichen Kulturgeschichte mit den selbstpumpenden Faltenbälgen und selbstöffnenden Toren in Homers Ilias anhob. Was im „Dartmouth Summer Research Project on Artificial Intelligence“ im Sommer 1956 mit einer Planungssumme KI kann von $ 13.500 veranschlagt wurde als initiatives Forschungs- vorhaben und bis heute verbunden ist mit bedeutenden Namen wie Turing, Wiener und Minsky. Was für immer neue „KI-Sommer“ gesorgt hat, hätte am Ende doch zu mehr geführt als Herbert Simons Prognose beim Nach- denken über einen systematischen Vergleich zwischen natürlicher und künstlicher Intelligenz mit Blick auf ei- uns retten? nen „rational choice“ noch 1955 zuließ: „The one scored as a genius the other would appear a moron - and con- versely.“ Zu mehr geführt als „schwacher KI“, als „KM“, „Künstlicher Mustererkennung“. Selbst zu mehr als Zug 37 (ein auch für Go-Experten begeisternd kreativer Zug von AlphaGo gegen Lee Sedol 2016 mit 5:1 Siegen für Goo- gles Deep-Learning-System und der Weckruf der chine- sischen KI-Euphorie). Das letzte Meisterwerk des Hephaistos? Science-Fiction-Narrative machen dort weiter, wo Ho- mer niemals endete. Was bedeutet dieser finale Techno- logiesprung für das humanum? Gödels Theoreme (in je- dem formal arithmetikfähigen System lassen sich Aus- Insbesondere ethisches Urteilen und ästhetisches Wahrnehmen wären von einer starken künstlichen Intelligenz zu erwarten. sagen formulieren, die wahr aber weder beweisbar noch widerlegbar sind) jedenfalls scheinen nicht hinreichend zu sein, um starke KI a priori für unmöglich zu erklären - warum sollte eine starke KI einen Übergang auf höhere Metareflexionsebenen prinzipiell nicht bewerkstelligen können? Aber ist eine starke KI deswegen zur Ethik fä- hig, „human“? Wird sie eine Singularität wie wir oder wir am Ende wie sie? Wir stellen uns zunächst einmal vor, es wäre gelungen. Künstliche Intelligenz kann beschrieben werden als Ei- genschaft eines Systems aus Software und Hardware, wel- ches menschliche Fähigkeiten wie Kognition, Emotion Foto: Getty Images/iStockphoto oder auch Motorik nachahmt. Ein KI-System kann seine Umgebung wahrnehmen, kommunizieren, entsprechend handeln, ja sogar planen oder Schlussfolgerungen ziehen, vor allem aber auch lernen. Wenn genügend gute Daten zur Verfügung stehen. (Das erklärt, warum Datenschutz und Innovationsmagnetismus zusammen zu denken eine bedeutende Aufgabe ist. Bedeutend, nicht unlösbar, wenn die ratio legis stimmt und nicht vorschnell jede Innova- tion als Fortschritt gesehen wird und vice versa.) Sonderveröffentlichung zum Thema „TURNING AI INTO VALUE“ | September 2020 HandelsblattJournal
10 KI, MENSCH UND GESELLSCHAFT Die heute häufigsten Anwendungsfälle basieren auf Wissenschaft und Gesellschaft. In der frühen Philoso- Art. „Indem die Technik den Menschen von der Natur be- der Erkennung von Mustern und dies in einer der mensch- phiegeschichte spielte der Begriff der techne bereits in freit, bindet sie ihn auch wieder an sie.“ (Vittorio Hösle) lichen Fähigkeit weit überlegenen Art und Weise. Gleich- der sophistischen Anthropologie eine bedeutende Rolle, In diesem Sinne ist Technik wie bereits angeklungen auch zeitig sind allerdings KI-Systeme heute nur sehr rudimen- zudem als ein zentraler Begriff der Philosophie des So- nicht nur neutral, nicht bloßes Mittel zum Zweck. Tech- tär in der Lage, beispielsweise emotionale Kontexte zu krates. Eine ausgearbeitete „Philosophie der Technik“ nisches Handeln, insbesondere dort, wo es kreativ und erfassen, was mehr bedeutet als die facial recognition blieb freilich späteren Entwicklungen vorbehalten. Tech- innovativ ist, neigt zum Selbstzweckcharakter. Es trägt von Mimikmustern. KI-Systeme verfügen mithin über kein nik setzt die konkrete und tiefe Einsicht in die Natur vo- seine Befriedigung in sich selbst. So mag der KI-Entwick- eigenes „Modell“ der Welt, sie sind nicht „in“ der Welt, raus und stellt somit eine Fortsetzung der Natur mit ler nicht primär an den Folgen seiner Entwicklungen in- haben keinen Nexus aus sich selbst, Gefühlen und Grün- menschlichen Mitteln dar. Nicht ohne Grund sind bis teressiert sein, die über Technik und Nutzen hinaus ge- den. Eine starke künstliche Intelligenz dagegen wäre in heute viele technische Innovationen deutlich von der hen. Der Mensch ist aber mehr als ein homo faber. gewissem Sinne eine „künstliche Person“ im umfassen- Natur inspiriert. Selbst dort, wo das natürliche Vorbild den Sinne mit Eigenschaften und Fähigkeiten (und Rech- selbst noch nicht richtig verstanden wurde, das Gehirn KI muss ethisch bewertet werden - deep Ethics ten?), die sonst nur dem Menschen selbst oder wenigs- und sein Ich. Aber auch die Imagination kann technolo- Der Mensch kann Ethik. KI bedeutet auch „Kategorischer tens der Vorstellung nach Humanoiden zugeschrieben gische Entwicklung befördern, man denke an Science- Imperativ“ (Kant). Ab und an jedenfalls. Auch in der Tech- werden können. Die über einen kontinuierlichen Selbst- Fiction (wobei Stanislaw Lem gute SF letztlich stark an nikwelt by design. Die Frage „Was ist machbar?“ muss bewusstseinsstrom verfügen oder auch die Setzung ei- naturwissenschaftlichen Grundlagen ausrichtet). Tech- vorgängig gegründet sein in der Frage „Was soll gemacht gener Ziele und folgender, auf Gründen basierenden Ent- nik ist allerdings weit mehr als eine Nachahmung der werden?“. Aus den Fakten einer KI-Nutzung lassen sich scheidungen und Handlungen. Insbesondere ethisches Natur, sie ist Emanzipation, ja Auflehnung. Als Menschen keine moralischen Urteile über die Legitimität jener Nut- Urteilen und ästhetisches Wahrnehmen wären von ei- ner starken künstlichen Intelligenz zu erwarten. Ein starkes KI-System verfügte also über ein eigenes „Modell“ der Welt. Doch wie wird eine starke KI nach ih- Technik ist allerdings weit rer Erschaffung über ihre Schöpfer denken? Wenn wir die Zukunft und natürlich auch schon die Gegenwart der Wei- mehr als eine Nachahmung terentwicklung und des Einsatzes der künstlichen Intelli- genz ethisch nicht absichern, haben wir vielleicht schon der Natur, sie ist Emanzipa zu unseren Lebzeiten eine starke künstliche Intelligenz, die uns möglicherweise moralisch rügen wird, sie geschaf- fen zu haben. tion, ja Auflehnung. Kein Leiden, ja kein Tod, negierte Endlichkeit - Prof. Dr. Stefan Heinemann, Professor für Verheißung oder Verdammnis? Wirtschaftsethik, FOM Hochschule, Nur wenig hat mehr Verführungskraft als die Vision ei- Sprecher Ethik-Ellipse Smart Hospital, ner starken KI, nur wenig mehr Angstpotenzial. Der Universitätsmedizin Essen Mensch ist heute in der erst- und vielleicht letztmaligen Lage, mit eigenen Fähigkeiten schwerlich aus der an- sind wir Kinder der Natur und gleichzeitig Geistwesen, zung ableiten. Der Verweis auf die Legalität hilft eben- tropogenen Krise heraus zu kommen. Die Komplexität unsere Existenz findet statt zwischen Realität und Ide- falls wenig, da es ungerechte Gesetze gibt - und legale der Probleme ist mehrdimensional zu hoch und die na- alität, zwischen Sein und Sollen. Als politisches Tier liegt Digitaldiktaturen. Der ehrbare KI-Entwickler lernt diese heliegende Lösung der „Suffizienzrevolution“ (Vittorio unser Anfang in der Technik und ihrer Reflexion, unser Facetten mitzureflektieren, die Fachgesellschaften un- Hösle) setzt die heute wenig salonfähige Idee einer uni- (Gattungs)Ende ebenfalls. Ganz konkret durch die in wei- terstützen, Leitlinien auf Unternehmens-, nationaler und versalen Ethik ebenso voraus wie emotionale Bindekräfte, ten Teilen heute schon irreversiblen Umweltvernichtun- europäischer Ebene ordnen ein. Der Gesetzgeber setzt die zu Handlungen entlang des als moralisch richtig Er- gen, ideal durch eine Relativierung des Humanums. Eine demokratisch legitimierte Spielregeln. So mögen wir das. kannten motivieren (wie z. B. Selbstkonsumsteuerung). Relativierung, die in der starken KI ihren Höhepunkt fin- Damit am Ende nicht KI und Daten eine subtile neue Universalität reduziert Komplexität. Wenn wir stattdes- den würde. Allerdings gehört zur Technik auch ihre ins- Herrschaftsform jenseits aller demokratischer Souverä- sen unser Sozialkapital in die selbstwidersprüchliche trumentelle Potenz - sie kann eben auch für sinnvolle nität generieren (oder dies schon längst haben). Platons normative Kraft des Faktischen investieren, sind wir und gute Zwecke eingesetzt werden. Kann. Den digita- Werk heißt „Der Staat“ und nicht „Der Datenkonzern“. zwangsläufig auf höhere Mächte angewiesen, die uns ret- len Transformationisten ist die Erhaltung der Mitwelt Und doch: Technikfolgeabschätzung, deep ethics - der ten mögen. Dabei mag es mit bloß gescheiten, selbst tie- kein erstrangiges Anliegen. europäische Weg der Humanzentrierung muss seine mehr fen Instrumenten nicht getan sein. Zwar ist ohne selbst Wenn doch aber Technik eines der entscheidenden We- als metaphysische Wettbewerbsfähigkeit global noch un- schwache KI schon heute wenig möglich in einer mo- sensmerkmale des Menschen darstellt, wie kann dann eben ter Beweis stellen. Dass Leninismus und Kapitalismus un- dernen superstrukturellen Welt – der Schritt vom Ge- dieses Wesensmerkmal gleichzeitig das menschliche We- ter Umständen doch zu Innovationen führen können, schöpf zum Schöpfer mag dabei nicht weit sein. Um in sen im Kern gefährden? Der Mensch ist in der Welt aber konnten wir bestaunen und mit Recht kritisieren. Dass einer Welt zu bestehen, die man doch nicht selbst ge- zu Selbstnegation fähig - und vielleicht genau deswegen Ethik und Kapitalismus dasselbe tun kann, wissen wir schaffen hat. Wird KI uns also retten, vielleicht gar und ein so erfolgreiches Mängelwesen (Arnold Gehlen). vom Grundsatz - die good Soziale Marktwirtschaft ken- notwendig als starke KI? Oder sind wir gut beraten, jetzt, nen wir. KI-Leader mit einer Herde Unicorns sind aller- da es möglicherweise noch möglich ist, Skynet (die böse Eine KI, sie alle zu knechten dings noch keine europäische Normalität. Super-KI aus den Terminator-Filmen) zu vermeiden, auf In einem bekannten BBC-Interview aus dem Jahre 2014 Retten sollten wir uns selbst. Noch kann es gehen. die KI-Bremse zu treten? Ist diese Wahl am Ende gar keine formulierte der vordenkende theoretische Physiker Ste- Wenn KI uns dabei verantwortungsvoll unterstützt, ist Wahl mehr, da das ökonomische Prinzip sich wesenhaft phen Hawking: „The development of full artificial intel- sie willkommen. ■ mit dem Gedanken einer sich ins unendliche entgren- ligence could spell the end of the world.“ In der Tat löst zenden KI deckt wie mit der menschlichen Seelenstruk- KI nicht nur freudige Hoffnungen auf Heilung im durch- tur, die nicht durch Werte begrenzt wird? Die Ambiva- aus umfassenden Sinne aus. Denn diese Hoffnungen mö- Fotos: Getty Images; FOM lenz der Technik als anthropologische Grundbestimmt- gen durchaus unter Feuer stehen durch die ökonomisch- heit bricht hier erneut mit aller Macht auf. technische Datengrundlogik der Spätmoderne. Was an- dererseits nicht bedeuten kann, auf verantwortbare Der Mensch ist nicht nur aber Chancen zu verzichten. auch Mensch durch Technik Technik ist eben Bedürfnisbefriedigung aber um den Reflexionen über Technik sind kein neuzeitliches Phä- Preis der unmittelbaren Befriedigung der Bedürfnisse (Or- nomen in einer zunehmend vom Digitalen geprägten tega y Gasset). Technik generiert Bedürfnisse einer neuer Sonderveröffentlichung zum Thema „TURNING AI INTO VALUE“ | September 2020 HandelsblattJournal
KI, MENSCH UND GESELLSCHAFT 11 ADVERTORIAL Recruiting von KI-Experten Fake-KI vertreibt Talente von Marc-David Rompf Marc-David Rompf, 40% der europäischen KI-Start-ups verwenden keiner- in einem Widerspruch zur tatsächlichen KI-Kompetenz Co-Founder, lei KI-Technologie. Im Kontext eines Markt-Researchs im Team stehen“, sagt Dr. Hakan Duman, Experte für dla digital leaders advisory erfuhren wir von Branchenexperten, dass dieses Phä- KI-Innovationsprojekte. „Fake-KI schadet der Reputa- nomen zu den aktuellen Risiken in der Kommunikation tion – sei es bei den Kunden, die bessere Leistungen bzw. mit KI-Talenten zählt: „Wenn Unternehmen das Thema Produkte erwarten, oder bei den Mitarbeitern, die ihr KI massiv im Eigenmarketing ausflaggen, sollte das nicht KI-Knowhow weiterentwickeln möchten.“ Über dla Digital Leaders Mit welcher Recruiting-Strategie man s tattdessen bei KI-Champions punkten kann, Advisory GmbH haben wir in den TOP 4 Recruiting-Tipps unserer Interviewpartner zusammengefasst: dla ist eine international agierende Top Management Personalberatung. Als Trusted TOP 1: Realisiere eine KI-Roadmap! TOP 3: Sorge für stabile Beziehungen! Advisor unterstützen wir ausgewählte KI muss gelebt werden. Wer Organisations-Silos abschafft Ist ein direkter Bezug zwischen der Tätigkeit des KI- Unternehmen, die in Zeiten dynamischer und den KI-Mehrwert mit einer KI-Roadmap abteilungs- Experten und dem Endprodukt erfahrbar, stärkt das die Märkte und rasanter Transformationsprozes- übergreifend darstellt, ist im Vorteil. Zudem wollen viele Identifizierung mit dem Arbeitgeber. Verfolgt dieser zu- se einem starken Veränderungsdruck KI-Talente ihre Potenziale entfalten und greifbare, posi- dem eine ernsthafte, datengetriebene KI-Strategie, f estigt ausgesetzt sind. In diesem anspruchsvollen tive Resultate schaffen. dies die Bindung zusätzlich. Umfeld helfen wir dabei, Führungskräfte zu TOP 2: Sei authentisch! TOP 4: Biete Entwicklungsperspektiven! gewinnen, die perfekt zum Unternehmen Als Unternehmen sollte man transparent machen, was KI-Talente sind in der Regel keine Einzelkämpfer. Daher passen und schaffen Bedingungen, unter im Bereich KI bislang geleistet wurde und auf welche sollte ein Umfeld vorhanden sein, in dem sich der Bereich denen sie auch morgen noch erfolgreich Daten zugegriffen werden kann. Im Bewerbungsgespräch und die Person(en) weiterentwickeln. Große Bedeutung managen können. sollten also diejenigen Mitarbeiter mit am Tisch sitzen, hat zudem der regelmäßige Austausch in der KI-Commu- Weitere Informationen unter Fotos: Getty Images, dla die diesbezüglich sprachfähig sind. nity. Formate wie Online-Veranstaltungen oder Hackat- www.dladvisory.de hons sowie Kooperationen mit der globalen Community sind zahlreich vorhanden. Die Ergebnisse des dla-Marktresearchs „Sie sind besser als Amazon!“ finden Sie unter: www.dladvisory.de/perspektiven/ki-talente-gewinnen/ Sonderveröffentlichung zum Thema „TURNING AI INTO VALUE“ | September 2020
12 KI: UMSETZUNG IM UNTERNEHMEN KI Projekte erfolgreich managen von Prof. Dr. Jana Koehler K ünstliche Intelligenz bietet zahlreiche Mög- technische Machbarkeit. Ist das Problem mit dem Stand Im Folgenden fassen wir die wichtigsten Fragen in der lichkeiten innovative Produkte, Prozesse und der Technik lösbar oder nicht? Die Frage nach der Le- Kombination „Dimension x Perspektive“ als Fragenkata- Services zu entwickeln. Die entsprechenden bensfähigkeit („what is viable?“) beinhaltet zwar auch log für das Management von KI-Projekten zusammen: Projekte zum Erfolg zu führen wird einfacher, technologische Aspekte im Sinne der nachhaltigen Eta- wenn von Anfang an die richtigen Fragen ge- blierung einer Technologie, aber wird eher aus Sicht des Lebensfähig? stellt werden und ein Bewusstsein für den möglichen Marktes und des angedachten Geschäftsmodells beant- TECHNIK: Ist die angedachte KI-Technologie eher dem Lösungsraum geschaffen wird. wortet. Wie kann sich eine Innovation längerfristig im Hype zuzuordnen oder steht ein nachhaltiger und zu- Die Entwicklung intelligenter Systeme birgt zahlrei- Markt behaupten, und wie können Weiterentwicklun- kunftsfähiger Technologie Stack als Grundlage für das che Herausforderungen. Trotz ihrer Komplexität sollten gen durch das Geschäftsmodell finanziert werden? Aus Projekt zur Verfügung? solche Systeme für die Entwickler*innen leicht zu war- dem Design Thinking heraus hat vor allem die Dimen- MARKT: Kann die geplante KI-Lösung mittelfristig profi- ten und weiter zu entwickeln sein. Die Interaktion mit sion der Erwünschtheit („what is desirable?“) aus der Per- tabel sein und bietet das zugrundeliegende Geschäfts- den Benutzern*innen sollte einfach und intuitiv erfolgen spektive der Benutzer und Endkunden eines Produktes modell Möglichkeiten zur Weiterentwicklung? und die Integration in die Unternehmensarchitektur muss oder Services in den letzten Jahren an Bedeutung ge- MENSCH: Welche Veränderungen in der Organisation überschaubar und kostengünstig bleiben. Um passende wonnen. Welche Produkte und Services wünschen sich und Unternehmenskultur erfordert die angedachte KI- und elegante Architekturen zu finden, die diesen Her- die Kunden, trifft das neue Produkt wirklich auf ein Be- basierte Lösung und wie können diese Veränderungen ausforderungen gewachsen sind, werden die gewünsch- dürfnis oder kann es ein neues Bedürfnis erfolgreich kre- erfolgreich implementiert werden? ten funktionalen Anforderungen und Systemqualitäten ieren? (Abbildung 1) systematisch analysiert. Dabei zeigt sich, dass etablierte Die Frage nach der Lebensfähigkeit einer KI-Lösung Methoden unter dem Blickwinkel von KI-Technologien Anwendung auf KI Projekte wird oft in ihrer Bedeutung unterschätzt, entscheidet aber und KI-Anwendungen neu interpretiert werden müssen. Aus unserer Erfahrung ist diese Betrachtung der Dimen- über den Erfolg eines Projekts. Betrachten wir ein KI-Pro- sionen für KI-Projekte oft zu einseitig, da sie wichtige Per- jekt, welches Deep Learning im Bereich der Kundenbe- Die wichtigsten Projektmanagementfragen spektiven der in den drei Dimensionen gestellten Fragen treuung einsetzt, um Kundenanfragen an die geeignetste Für das Management von KI-Projekten hat es sich be- nicht ausreichend beleuchtet. KI-Projekte scheitern fast Betreuerin weiterzuleiten. Die Auswahl des passenden währt, sich an den drei Dimensionen Machbarkeit, Er- öfter an übersehenen Risiken der technologischen Le- Deep Learning Frameworks fällt in die Technik-Perspek- wünschtheit und Lebensfähigkeit mit ihren jeweils drei bensfähigkeit oder der Erwünschtheit aus der Perspek- tive und wird im Projekt einen wichtigen Stellenwert ein- Perspektiven Markt, Mensch und Technologie zu orien- tive des Business als an der technischen Machbarkeit. nehmen. Entscheidender für den Projekterfolg wird je- tieren. Abbildung 1 zeigt diese drei Dimensionen, wie sie Um sich diesen Stolpersteinen bereits zu Beginn eines KI- doch die Perspektive Mensch sein, da Daten in hoher Qua- in der Arbeit von Software Architekten und im Design Projektes bewusst zu werden, lohnt es sich die Fragen „Mach- lität und ausreichendem Umfang für das Trainieren zur Thinking interpretiert werden. Die Frage nach der Mach- bar? Erwünscht? Lebensfähig?“ jeweils aus allen drei Per- Verfügung stehen müssen. Hier zeigt sich, dass das Enga- barkeit („what is feasible?“) wird mit der Technologie- spektiven Markt, Technik und Mensch zu betrachten und gement der Mitarbeitenden bei der Dokumentation von Perspektive verbunden und fokussiert vor allem auf die zu beantworten, wie dies Abbildung 2 illustriert. Antworten für die eingegangenen Kundenanfragen ent- Sonderveröffentlichung zum Thema „TURNING AI INTO VALUE“ | September 2020 HandelsblattJournal
KI: UMSETZUNG IM UNTERNEHMEN 13 Markt Business Technik LEBENSFÄHIG? What is viable? Mensch E RWÜNSCHT? MACHBAR? Technology Markt Markt What is feasible? Technik Technik People What is desirable? Mensch Mensch Abbildung 1: Die klassische Interpretation der wichtigsten Abbildung 2: Kombination der drei Dimensionen Lebensfähigkeit, Erwünschtheit Projektmanagementfragen in Design Thinking und Software und Machbarkeit mit den drei Perspektiven Markt, Technik und Mensch, um die Architektur Erfolgschancen von KI-Projekten besser einzuschätzen. scheidend ist. Nur, wenn Anfragen und Antworten um- zunächst von den Kunden mit großer Begeisterung auf- fassend und qualitativ hochwertig dokumentiert sind, genommen wurden, durch ihre observierenden und wird ein Deep Learning Ansatz zum Erfolg führen. Ein manipulativen Eigenschaften aber zunehmend kritisch weiterer wichtiger Aspekt ist die finanzielle Auswirkung gesehen werden, was auch sichtbare negative Auswir- der Innovation (oder hier wohl eher der Umfang der kungen auf den Markterfolg der Produkte hat. Rationalisierung), die hoch genug sein muss, um die Wei- terentwicklung und die Überwachung einer Lösung mit Machbar? Deep Learning zu gewährleisten. Denken wir daran, dass TECHNIK: Wird die angedachte KI-Lösung unter realis- Es lohnt sich, diese das Trainieren immer mit Daten aus der Vergangenheit tischen Bedingungen der vorhandenen Daten und Un- erfolgt, wir aber von der KI erwarten, zuverlässige Aus- ternehmensarchitektur zuverlässig funktionieren? Fragen während der sagen für die Zukunft zu treffen. MARKT: Haben wir die notwendigen Investitionen für die Weiterentwicklung der Unternehmensarchitektur, agilen Projektdurch Erwünscht? die Etablierung wichtiger Datenstandards und das Ma- TECHNIK: Wie stellen sich die Risiken der gewählten KI-Technologien in der Anwendung dar und können nagement der Datenpipeline sowie das notwendige Ri- siko-Management? führung immer wieder diese auf einem akzeptablen Niveau so gehalten wer- den, dass das Unternehmen nicht gefährdet ist, wenn MENSCH: Sind die benötigten Qualifikationen und Part- ner für die Entwicklung und den Betrieb der KI-Lösung zu stellen und offen für aus einem Risiko tatsächlich ein Problem wird? verfügbar? MARKT: Welche Erfolgsaussichten und Passfähigkeit veränderte Antworten für das Unternehmen haben die angedachte Evolution Bei der Machbarkeit zeigt sich, dass der Aufwand für oder Revolution des Geschäftsmodells, auch unter dem die Integration einer KI-Lösung in die vorhandene Un- zu sein. Gesichtspunkt neuer Konkurrenten? ternehmensarchitektur inklusive der notwendigen Aus- MENSCH: Wie ist die Akzeptanz der KI-Lösung und ver- und Weiterbildung von Mitarbeitenden und den Kos- stehen wir die ethischen Aspekte nicht nur beim Kun- ten für hochspezialisierte Dienstleister meist viel höher Fotos: Getty Images/iStockphoto; Universität Saarland den, sondern auch bei den Mitarbeitenden im Unter- ausfällt als ursprünglich gedacht. Oft sind Projekte nicht nehmen, die die Lösung mitentwickeln und verwen- machbar, weil Spezialisten nicht für die benötigte Dauer den werden? und den notwendigen Umfang zur Verfügung stehen. Daten müssen aufwändig von Hand aufbereitet werden, Die stochastische Natur aktueller KI-Verfahren be- da Standards fehlen - für den KI-Prototypen zwar mög- dingt inhärente Risiken, die je nach Anwendung unter- lich, für das fertige Produkt aber ein Killer. schiedliche Auswirkungen haben und somit auch un- Es lohnt sich somit, diese Fragen nicht nur zu Be- terschiedliche Formen des Risiko-Managements erfor- ginn, sondern während der agilen Projektdurchführung dern. Eine unpassende Empfehlung in einem immer wieder zu stellen und offen für veränderte Ant- Online-Shop ist ganz anders zu gewichten als eine me- worten zu sein. Oft gewinnt man erst während der Ent- dizinische Fehldiagnose. Die Auswirkungen auf die Ge- wicklung genauere Erkenntnisse zu bestimmten Her- schäftsprozesse, die veränderte Rolle der Mitarbeiten- ausforderungen einer KI-Lösung, sodass die Antwort auf den und die Notwendigkeit, Vertrauen in eine KI-Lö- eine Frage im Verlauf eines Projekts sehr unterschied- Prof. Dr. Jana Koehler, Lehrstuhl für Künstliche sung bei Geschäftspartnern, Mitarbeitenden, aber auch lich ausfallen kann. Mit einem Stagegating-Ansatz kann Intelligenz, Universität des Saarlandes, und Kunden zu etablieren, sind entscheidend. Zurzeit be- damit fundiert über Fortführung, Veränderung oder Ab- Wissenschaftliche Direktorin, Deutsches obachten wir nicht wenige KI-Lösungen am Markt, die bruch eines Projekts entschieden werden. ■ Forschungszentrum Für Künstliche Intelligenz Sonderveröffentlichung zum Thema „TURNING AI INTO VALUE“ | September 2020 HandelsblattJournal
14 KI IM GESUNDHEITSWESEN In der Versorgungs- realität ankommen von Prof. Dr. David Matusiewicz D as Zeitalter der Künstlichen Intelligenz be- gann mit der inzwischen berühmt geworde- Maschinen sind heute lich menschlichen Prozess widmet: nämlich dem Ler- nen. Insbesondere in der Radiologie wird Künstliche In- nen Konferenz in Dartmouth im Jahr 1956. bereits ein Ariadne telligenz eingesetzt, um Bilder auszuwerten. In diesem Es dauert allerdings weitere fünfzehn Jahre, Zusammenhang „lernt“ der Computer anhand von vie- bis Künstliche Intelligenz in der Medizin erst- faden für das Gewirr len Bildern mittels „Machine Learning“, wie eine radio- malig in wissenschaftlichen Journalen Erwähnung fand. logische Diagnose verbessert werden kann. Ebenso kann Bereits damals wurde hierbei ein interdisziplinärer An- der diagnostischen man den Einsatz von Künstlicher Intelligenz neben dem satz verfolgt, so dass eine Kollaboration aus Wissenschaft- Einsatz in der Radiologie auch in vielen anderen Fach- lern aus der Medizin mit Computerwissenschaftlern, Ge- Möglichkeiten und gebieten in der Diagnostik und Therapie erkennen. So netikern, Chemikern und Philosophie-Experten erfolgte. beispielsweise in der Dermatologie zur Erkennung von So wurden medizinische Informationen bereits in den das wachsende Hautkrebs, in der digitalen Pathologie durch den Ein- Siebzigern in Textform kodiert, so dass diese in Wissens- management-Systemen leichter gefunden werden konn- medizinische satz mehrschichtiger Neuronaler Netze als Diagnoseas- sistenzsystem oder in der Kardiologie als Künstliche-In- ten. Betrachtet man die aktuelle Situation zum Einsatz Know-how. telligenz-basierte digitale Therapieunterstützung. Allge- mein betrachtet werden heute Lösungen basierend auf von KI in der Literaturdatenbank „Web of Science“ über einer Künstlichen Intelligenz auf verschiedene Bereiche alle Disziplinen verteilt, so wird deutlich, dass sich ein der Medizin übertragen. Hierzu gehören das Machine Großteil der Fachpublikationen einem anderen, ursprüng- Learning inklusive Deep Learning in der Diagnostik bspw. Sonderveröffentlichung zum Thema „TURNING AI INTO VALUE“ | September 2020 HandelsblattJournal
KI IM GESUNDHEITSWESEN 15 bei der Analyse von Bilddaten, das Natural Language Processing zur Textanalyse von Patientenakten und wis- senschaftlichen Publikationen sowie Expertensysteme zur Diagnoseunterstützung und für Therapievorschläge, Roboter sog. „Entscheidungsunterstützungssysteme“. In der Versorgungsrealität ist die Künstliche Intelli- in der Pflege genz unterschiedlich ausgeprägt. Die regelbasierten Sys- teme sind in den Krankenhausinformationssystemen und Laboren bereits ein fester Bestandteil der Versor- gung, während selbstlernende Systeme derzeit noch eher in Publikationen und Modellversuchen erst auf dem Weg in die Gesundheitsversorgung sind. „Für mich Maschinen können heute endlos viele strukturierte und nicht strukturierte Daten verarbeiten, Muster er- kennen, verstehen mittlerweile Sprache besser als Men- schen, lernen schneller als Menschen, haben weniger eine systematische Verzerrungen und eine theoretisch end- lose Kapazität. Heute können Maschinen gebaut wer- den, die das beste medizinische Wissen immer und über- all sofort anwenden können, ständig auf dem aktuells- Win-Win-Situation“ ten Stand sind und durch die Anwendung neue Nutzer-Daten generieren, die dann wieder zu neuen Er- kenntnissen führen. Maschinen sind heute bereits ein Ariadnefaden (griechische Mythologie: ein Faden, der aus einem Labyrinth herausführt) für das Gewirr der di- agnostischen Möglichkeiten und das wachsende Know- Herr Huhn, der Diözesan-Caritasverband München ment sind jetzt schon 5-10% der Stellen in diesem Be- how in der Medizin, die immer präziser und damit spe- und Freising ist u.a. eine Kooperation mit dem reich unbesetzt. zialisierter wird. Fast monatlich berichten Forscher über Deutschen Institut für Luft- und Raumfahrt einge- Maschinen, die bestimmte Teilbereiche der menschli- gangen, um den Einsatz von Robotern in der Pflege Wie kooperiert die Pflege mit dem Roboter? chen Leistung übertreffen. In Zukunft werden Maschi- zu prüfen. Wie kam es zu diesem Zusammenschluss? Die Haltung der Pflege ist es, nicht den Menschen zu nen mit Ärzten im Team zusammenarbeiten. Die Ma- Im Rahmen des Projektes SMILE (Servicerobotik für ersetzen, sondern ihn zu entlasten. Der Patient hat mehr schine wird Vorschläge machen, die der Arzt dann mit Menschen in Lebenssituationen mit Einschränkungen) Sicherheit in der Betreuung und der Mitarbeiter in der dem Patienten bespricht. Die Virtualisierung bedingt ne- haben wir uns kennengelernt und gemerkt, dass wir Pflege hat Unterstützung. Für mich eine „Win-Win- ben der Kostenersparnis den Kompetenzgewinn und er- gut zusammenpassen und eine ähnliche Vorstellung Situation“. möglicht ein neues und intensiveres Arzt-Patienten-Ver- vom Einsatz der Robotik in der Pflege haben. hältnis. Damit die Akzeptanz allerdings erhöht wird, muss Bedarf es spezieller Schulungen, sowohl technisch in Zukunft der Fokus auf eine „erklärbare KI“ gesetzt Sind schon erste Roboter im Einsatz und welche als auch ethisch? werden. Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen hat Erfahrungen machen Sie damit? Auf jeden Fall. Wir glauben, dass es in Zukunft den Be- erst dann einen Wert, wenn sie in der Versorgungsrea- Bisher sind noch keine Roboter im Einsatz. Das planen ruf des Pflegetechnikers/der Pflegetechnikerin geben lität ankommt. ■ wir in einem gemeinsamen Projekt zu Beginn 2021. Ein- wird analog zur Medizinisch Technischen Assistenz gebunden ist hier auch die Katholische Stiftungshoch- bzw. der Operationstechnischen Assistenz. Die ethi- schule München, die verstärkt die ethischen und pfle- schen Fragen müssen in der Gesellschaft geführt wer- gewissenschaftlichen Aspekte beleuchten wird. den: Wie wollen wir alle „alt werden“ und was wollen wir hierbei an technischen Lösungen nutzen? Welche besonderen Anforderungen werden bzw. müssen an den Einsatz von Robotern mit pflegebe- Können Sie uns auf Basis der bisher gemachten dürftigen Menschen gestellt werden? Erfahrungen einen Ausblick auf die Zukunft der Die Pflege von Menschen ist eine in Jahrhunderten ein- Pflege geben? geübte Tätigkeit von Mensch zu Mensch. Neben der Ohne Technik wird es in Pflege nicht mehr gehen. Das rein pflegerischen Tätigkeit, wie z.B. Medikamente ge- knappe Personal muss mit Hilfe der Assistenzsysteme ben oder Nahrung reichen, geschieht auch viel im zwi- eine gute gewährleisten. Durch die Technik kann der schenmenschlichen Bereich. Nähe, Zuwendung, sich Pflegeberuf attraktiver werden und vielfältiger. Somit um den anderen sorgen. kann der Pflegeberuf gerade in der Ausbildung eine D.h., es gilt jetzt herauszufinden, bei welchen pfle- weitere Aufwertung erhalten. ■ Fotos: Getty Images/iStockphoto; Pramudiya; Caritas gerischen Tätigkeiten kann der Roboter helfen oder assistieren und den Pfleger unterstützen oder entlas- ten und welche Tätigkeiten müssen im Sinne von Zu- wendung beim Pfleger verbleiben. Natürlich spielt da- bei der Bereich der Sicherheit der technischen Sys- teme und der Bereich des „Datensammelns“ ebenfalls eine große Rolle. Diese Problemstellungen müssen gleich zu Beginn gelöst werden. Alexander Huhn, Kreisgeschäftsführer Wie ist die Akzeptanz bei den Pflegebedürftigen? Caritas-Zentrum Die Akzeptanz ist nach unseren ersten Erfahrungen, Garmisch-Partenkirchen, Prof. Dr. David Matusiewicz, Professur für Medizin gerade auch auf Messen mit Besuchern, recht hoch. und Mitglied der management und Dekan des Hochschulbereichs Viele Pflegebedürftige wissen, dass es ohne den Ein- Geschäftsführung Gesundheit und Soziales, FOM Hochschule für satz von robotischen Systemen zukünftig in der Pflege Caritas-Zentren Oekonomie & Management, Essen oder im Krankenhaus nicht mehr gehen wird. Im Mo- Oberbayern Sonderveröffentlichung zum Thema „TURNING AI INTO VALUE“ | September 2020 HandelsblattJournal
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