Intelligentes Unternehmen - Gehen Sie den nächsten Schritt bei Ihrer digitalen Transformation und nutzen Sie intelligente Anwendungen mit Machine...

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Intelligentes Unternehmen - Gehen Sie den nächsten Schritt bei Ihrer digitalen Transformation und nutzen Sie intelligente Anwendungen mit Machine...
UNISERV E-BOOK

Intelligentes
Unternehmen
Gehen Sie den nächsten Schritt bei Ihrer
digitalen Transformation und nutzen Sie
intelligente Anwendungen mit Machine-
          Learning-Technologie.
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EDITORIAL                  04                DIE 4. REVOLUTION          06
Das Wissen rund um KI,                       Künstliche Intelligenz ist mehr
Holger Stelz, Uniserv GmbH                   als nur ein Buzzword,
                                             Boris Hänßler, Journalist

DATENBASIS SCHAFFEN        16                DATA SCIENTIST             26
Auswählen, Trainieren, Lernen. Daten         Der Weg zum Citizen Data
als Treibstoff der Künstlichen Intelligenz   Scientist, Prof. Dr.-Ing. Peter
                                             Lehmann, HdM Stuttgart

USE CASE BANKEN            30                KI IM RECHT                40
Treffsicher mit KI: So ist die Kundenan-     Experteninterview mit Jörg-Alexander
sprache kein Vabanque-Spiel mehr             Paul von der Kanzlei Bird & Bird

USE CASE ENERGIE           45                ZUKUNFT DER KI             57
Wie Roboter und Maschinen die Ener-          2030: Keine KI? Kein
gie- und Handelsbranche umkrempeln           Business! Karl-Heinz Land,
                                             Digitaler Darwinist

EXPERTS TO WATCH          64                 LESETIPPS                   70
Diese Top-Experten müssen KI-                Wir stellen philosophische Werke als
Interessierte im Auge behalten               auch universitäre Standardlektüre vor.
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EDITORIAL

Roboter beherrschen die Welt, Maschinen verdrängen die menschliche Dominanz
und Algorithmen bedrohen die freie Entscheidungskraft. Diese dystopischen Angst-
szenarien schwingen oft mit, wenn Zukunftsforscher über den Einsatz von Künstli-
cher Intelligenz (KI) debattieren. Fakt ist: Bereits heute sind Maschinen dem Men-
schen auf einigen Gebieten überlegen. Etwa bei strategischen Entscheidungen wie
sie im Schach, der japanischen Variante Shogi oder dem chinesischen Strategiespiel
Go getroffen werden. Auch wenn es darum geht, Krankheiten zu diagnostizieren,
Manipulationen bei der Kreditkartennutzung oder dem Aktienmarkthandel zu er-
kennen, liegt KI klar vor den Möglichkeiten menschlicher Analysefähigkeit. Und
sogar in alltäglichen Dingen können Maschinen schneller und gründlicher sein als
der Mensch, etwa bei der Überprüfung von Versicherungsanträgen. Geht es jedoch
um Kreativität, soziale Fähigkeiten und Emotionen, ist der Mensch der Maschine
immer noch überlegen.

      Daten sind für Unternehmen im digitalen Zeitalter
       der absolute Wettbewerbsfaktor Nummer 1. Sie
       bedingen nicht nur langfristige Entscheidungen
      der Geschäftsführung, sondern auch tagesaktuelle
            Entscheidungen auf Abteilungsebene.

Doch egal, ob Sie sich heute mehr auf der Seite der Befürworter oder der Gegner
sehen, Künstliche Intelligenz wird für Disruption sorgen – sowohl in der Wirtschaft
als auch in unserem Alltag. Da sind wir uns bei Uniserv ganz sicher. Nun stellen Sie
sich vielleicht die Frage, warum sich Uniserv überhaupt mit dem Thema KI beschäf-
tigt? Ganz einfach: Daten sind für Unternehmen im digitalen Zeitalter der absolute
Wettbewerbsfaktor Nummer 1. Sie bedingen nicht nur langfristige Entscheidungen
der Geschäftsführung, sondern auch tagesaktuelle Entscheidungen auf Abteilungs-
ebene. Und wer könnte Daten, vor allem große Mengen davon, besser verarbeiten
als intelligente Algorithmen – oder eben die darauf basierende Künstliche Intelli-
genz? Wir als Experte für Datenmanagement sehen daher enormes Potenzial beim
Einsatz von KI in Unternehmen.

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Doch wie bei allen disruptiven Technologien gilt auch hier, zuerst entscheidende
    Zusammenhänge zu verstehen: Denn KI kann nur dann richtig, gut und zielführend
    arbeiten, wenn die zugrundeliegenden Daten von höchster Qualität sind. Stimmt
    also Ihr Datenmanagement im Unternehmen nicht, werden Entscheidungen der
    KI auf Basis fehlerhafter Daten getroffen. Und genau für diesen Zusammenhang
    zwischen Datenqualität und der Wirksamkeit von KI und Ihrem individuellen
    ­Unternehmensumfeld wollen wir Sie sensibilisieren.

    Wie KI in der Wirtschaft bereits ein- und umgesetzt wird, welche rechtlichen Kon-
    sequenzen die disruptive Technologie mit sich bringt, und ob Roboter wirklich zur
    dominierenden Spezies mutieren, erklären Ihnen vor diesem Hintergrund unsere
    Experten auf den nachfolgenden Seiten. Live und hautnah können Sie das weite
    Thema der KI mit Blick auf das Datenmanagement auf der Innovative am 14. Juni
    2018 im Radisson Blu in Frankfurt erleben. Diskutieren Sie mit uns, fordern Sie uns
    heraus, nutzen Sie dieses E-Book als Gedankenanstoß dafür.

    Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen des E-Books und bedanken uns herzlich
    bei unseren Gastautoren für den spannenden Einblick in die „Welt der Maschinen“.

 HOLGER STELZ                                                             FRANK THOMAS
Managing Director                                                         Managing Director
   CDH Solutions                                                          DQ Solutions
   Uniserv GmbH                                                           Uniserv GmbH

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     Künstliche Intelligenz ist mehr als nur ein Buzzword.
     Die Technologie wird die Arbeits- und Geschäftswelt
     womöglich weitreichender verändern als die Digita-
       lisierung. Und der Wandel hat längst begonnen.

                                                Autor: Boris Hänßler, Journalist

In dem Science-Fiction-Film „Her“1 installiert der introvertierte Theodore eine Künst-
liche Intelligenz (KI) namens Samantha auf seinem Rechner. Samantha hat eine
natürliche Stimme und kann sich mit ihm unterhalten. Sie verfügt zudem über un-
glaubliche Fähigkeiten: Sie kann innerhalb einer Sekunde Theos gesamte Festplatte
inklusive aller E-Mails durchforsten und erfährt dadurch nahe zu alles über ihn - über
seine Arbeit, die Einsamkeit, die gescheiterte Ehe. Außerdem passt sich Samantha im-
mer besser an Theos Bedürfnisse an. „Ich habe Intuition,“ sagt sie. „Ich lerne aus Er-
fahrungen.“ Über einen Kopfhörer mit ihm verbunden, hilft sie Theo durch den All-
tag, gibt im Ratschläge für zwischenmenschliche Beziehungen, und am Ende verliebt
er sich sogar in sie. Aber die Beziehung ist für beide unbefriedigend. Samantha ist
frustriert, weil sie keinen Körper hat, und Theo ist enttäuscht, weil seine KI ­parallel
ähnliche Beziehungen zu Tausenden anderer User unterhält. Am Ende verlässt ihn
Samantha.

Der Film bedient das Bild, das viele Menschen von Künstlicher Intelligenz noch im-
mer haben – eine menschlich wirkende, unheimliche Technik, die uns an Intelligenz
überlegen ist. Sie ist eigensinnig, unkontrollierbar, und sie lässt uns ratlos zurück. In
vielen anderen Filmen ist sie sogar gefährlich. Kein Wunder, dass die Öffentlichkeit
der KI teilweise mit Unverständnis, Skepsis, wenn nicht sogar Hysterie begegnet.

Eine KI wie Samantha gibt es bislang nicht, und womöglich wird es sie auch noch lan-
ge nicht geben. „Her“ zeigt allerdings indirekt den Grund, warum KI in der IT-Com-
munity inzwischen so gefragt ist: Ihre reale Stärke ist ihre Lernfähigkeit. KI-Systeme
werden für ganz bestimmte Aufgaben entwickelt, und diese meistern sie schneller
und zuverlässiger als Menschen.

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Aus diesem Grund sind wir längst von KI-Systemen umgeben, von denen viele Men-
schen profitieren – Manager, Finanzdienstleister, Wissenschaftler, Ärzte, Juristen,
Ingenieure, Konsumenten oder Patienten. KI-Systeme erfassen zum Beispiel den
Inhalt von Fachtexten und helfen Juristen, ihre Fälle zu recherchieren. Sie steuern
Industrie- und Service-Roboter sowie autonome Fahrzeuge. Sie helfen digitalen
Kameras, Gesichter zu erkennen, unterstützen Ärzte bei Diagnosen, helfen Mana-
gern bei wichtigen Geschäftsentscheidungen und bewahren Investoren am Finanz-
markt vor Fehlinvestitionen. KI hilft, das Klima vorauszusagen, bildet für Ingenieure
komplexe Systeme wie die Aerodynamik von Turbinen ab, filtert täglich Spam aus
unseren E-Mails, optimiert Suchanfragen im Internet, filtert den unendlichen Nach-
richtenstrom nach unseren Interessen. Als Sprachassistent organisiert die KI unsere
Termine und Reisen. Im E-Commerce sorgt sie dafür, dass Unternehmen Kunden maß-
geschneiderten Service anbieten können – und nahezu alle Unternehmen können
KI gewinnbringend im Kunden-Datenmanagement einsetzen. Künftig steuert die KI
zudem das Smart Home und die Industrie 4.0. Es ist nahezu unmöglich, eine Branche
zu finden, in der KI keine Rolle spielt oder spielen wird.

Aber was steckt hinter dem Begriff Künstliche Intelligenz? Ihn zu erklären, fällt selbst
Wissenschaftlern nicht leicht. Gemeint ist das Bestreben, menschliche Fähigkeiten, die
über die reine Muskelkraft hinausgehen, in Maschinen nachzubilden. Verschiede­ne

                       Definition
                               Künstliche Intelligenz ist die Lehre
                          davon, wie Computer Dinge tun können,
                                 in denen Menschen besser sind –
                                     wenigstens im Moment noch.
                                                  Elaine Rich. Informatikerin & Autorin.

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­Forscher verfolgen dafür verschiedene Ansätze. Die einen wollen ein System, das
„menschlich“ denken oder handeln kann, andere eines, das „rational“ handeln oder
denken kann, dabei aber nicht menschlich erscheinen muss. Die amerikanische Infor-
matikerin und Autorin Elaine Rich definiert KI schlicht als das Bestreben, Computer
dazu zu bringen, jene Dinge zu tun, bei denen Menschen im Moment noch besser
sind. Dabei greifen die KI-Forscher Ansätze aus Informatik, Mathematik, Ökonomie,
Linguistik, Neurowissenschaften, der System- und Kontrolltheorie, Kybernetik, Psy-
chologie und Philosophie auf.

Die Algorithmen und Theorien der Künstlichen Intelligenz sind zum Teil schon jahr-
zehntealt. In den 1950er Jahren machte sich bereits der britische Mathematiker Alan
Turing darüber Gedanken, was Intelligenz ist und ob Maschinen sie erlangen können.
Er veranschaulichte seine Idee durch folgendes Spiel: Wir sollen uns vorstellen, dass
sich auf einer Party ein Mann und eine Frau in verschiedenen Räumen einschließen
und mit den Gästen schriftlich kommunizieren. Beide versuchen, die Gäste davon zu
überzeugen, dass sie die jeweils andere Person sind. Was wäre, würden wir eine der
Personen durch eine Maschine ersetzen? Wäre es ihr möglich, die Gäste glauben zu
lassen, dass sie ein Mensch ist? Nach Turings Tod entstand auf Basis dieser Idee der
sogenannte Turing-Test, bei dem Jury-Mitglieder einige Minuten lang per Rechner
mit einem unbekannten Gegenüber chatten und dabei herausfinden sollen, ob es
sich um einen Menschen oder eine Software handelt.

Turing war aber nicht der einzige, der über künstliche Intelligenz sinnierte. 1956
kamen Forscher wie John McCarthy, Marvin Minsky, Nathaniel Rochester und Claude
Shannon am Dartmouth College in Hanover, New Hampshire, zu einer Konferenz zu-
sammen: Ihr Ziel war es, KI als Forschungsobjekt zu etablieren. So wurde der Begriff
Künstliche Intelligenz eingeführt. Zu jener Zeit hatten Informatiker längst erkannt,
dass sich Computer nicht nur zu komplexen Berechnungen eignen, sondern dass
man so gut wie alles im binären Code darstellen kann – eine 000001 kann für eine
Zahl stehen, einen Buchstaben, ein Symbol, einen Ton oder ein Pixel. Somit waren
­Computer grundsätzlich dazu in der Lage, alle Informationen aus dem realen Leben
zu erfassen und sie intelligent zu verknüpfen.

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Kognitive
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                                                                            GPUs
                              Wissens-
                              basierte
                              Systeme,
BIS 1970                   Supercomputer
                                                                              AB 2010
                                                          Lernende
                                                          Systeme,
   Heuristische                                           Agentem
    Systeme,                BIS 1990
   Mainframe

                                                       BIS 2010

  Nachdem die ersten Versuche, eine allgemeine Künstliche Intelligenz sowie neu-
  ronale Netzwerke zu schaffen, gescheitert waren, versuchten Forscher, eine KI mit
  sogenannten Expertensystemen zu realisieren. Diese frühen Systeme waren aufwän-
  dig und teuer. Dabei erstellten Experten eines Fachgebietes eine Wissensbasis sowie
  eine Reihe von Regeln, anhand derer ein Rechner Schlüsse ziehen sollte. Ein Beispiel
  stammt aus der Medizin: Der Arzt beantwortet am Rechner eine Reihe von Fragen
  und das System liefert mögliche Diagnosen. Aber die festen, mühsam zusammenge-
  stellten Regeln waren unflexibel – sobald ein Problem auftrat, das die Regeln nicht
  genau erfassen konnten, scheiterten die Expertensysteme. Sie waren unfähig, mit
  den Unsicherheiten des realen Lebens umzugehen. Forscher und Unternehmer wa-
  ren enttäuscht von der Technik – heute gilt diese Zeit als der Winter der KI.

  Ein KI-System sollte flexibel oder sogar lernfähig sein. Dazu brauchte es allerdings
  einige technische Fortschritte. Die kamen in den Folgejahren: Rechner wurden in
  den 1980ern billiger. Sie drangen in Büros und Privaträume ein, schließlich wurden
  sie vernetzt und das Internet breitete sich aus. Dann kamen mobile Geräte auf den
  Markt, in denen zusätzliche Sensoren verbaut waren. Die Datenmengen, die dabei
  anfielen, die Rechenleistung, die immens gestiegen war, sowie kostengünstige Infra-

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strukturen wie Cloud-Plattformen schufen die Voraussetzungen für einen weiteren KI-
Boom. Die Zeit war nun gekommen für das maschinelle Lernen. Die Idee dahinter ist:

     Wenn wir wegen Unsicherheiten keine fixen Regeln
     aufstellen können, dann soll die KI sich die Regeln
     selbst erarbeiten und laufend anpassen. Die KI soll
                    also aus Daten lernen.

Und von diesen gibt es eine ganze Menge: geschäftliche, private und wissenschaft­
liche­Daten. Es gibt Benutzerpräferenzen und Kaufhistorien auf Websites, die Daten
eines Weltraumteleskops, persönliche Gesundheitsdaten, Genomdaten, Fußballda-
ten, Social-Media-Daten, Daten aus Studien und Umfragen, aus der Logistik und In-
dustrie. Jede Minute werden 204 Millionen E-Mails verschickt, 95 Millionen Fotos und
Videos werden täglich auf Instagram geteilt. Auf YouTube schauen sich Nutzer jeden
Tag fast 5 Milliarden Videos an. Laut einem Artikel im Online-Magazin Fast Company
ergeben allein die Genomsequenzen von Menschen, bei denen Krebs diagnostiziert
wird, vier Exabytes an Daten. Forschungsprojekte wie das Deep Space Network oder
die Protein Datenbank sammeln Daten in ähnlichen Größenordnungen. Arbeiteten
datenorientierte Unternehmen bislang mit Terabytes, werden es bald Petabytes sein.

Die Herausforderung besteht nicht nur darin, die Daten zu verwalten, sondern zu
verstehen, wie sie miteinander verbunden sind. Es gibt versteckte Muster, die zum
Beispiel erklären, wie Konsumenten ticken. Nutzen Daten-Experten statistische Me-
thoden, um solche Muster in den Kunden-Daten zu erkennen, sprechen sie von Data
Mining. Erzeugen sie aus diesen Daten ein Model, mit dem sie zum Beispiel das Kun-
denverhalten oder den Marktwert eines Produkts voraussagen können, wenden sie
das maschinelle Lernen an. Und je mehr Kunden-Daten zur Verfügung stehen, desto
besser funktioniert dieses Model - vorausgesetzt die Daten sind von entsprechender
Qualität.

Ein einfaches Beispiel veranschaulicht, warum das so ist: Versuchen Sie einmal, die
Zahlenfolge 0, 1, 3 logisch zu ergänzen. Sie müssen wahrscheinlich raten. Versuchen

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Sie nun die erweiterte Version 0,1,3,6,10 zu ergänzen. Mit etwas Nachdenken erken-
nen Sie hier ein Muster und können die Reihe endlos voraussagen.

Aber es geht nicht nur um Zahlen. Für maschinelles Lernen gibt es immer mehr An-
wendungen. Ein Beispiel ist die Übersetzung von Texten. Es wäre eine nahezu un-
mögliche Aufgabe, eine Software zu programmieren, die alle Feinheiten einer Spra-
che enthält. Stattdessen legen die Entwickler maschineller Übersetzungssysteme eine
möglichst große Datenbasis an – in diesem Falle Millionen von Texten, die bereits
übersetzt vorliegen, zum Beispiel Protokolle der Vereinten Nationen oder der EU.
Das KI-System kann Original und Übersetzung vergleichen, indem es nach Begriffen
auf beiden Seiten sucht, die auf etwa gleicher Texthöhe vorkommen. Je häufiger dies
der Fall ist, desto wahrscheinlicher ist der Begriff eine korrekte Übersetzung. Ähnlich
funktioniert die sogenannte Gesichtserkennung: Mittels spezieller Algorithmen, die
nach Kontrasten in kleinen Pixelgruppen suchen, kann die KI auf Fotos nicht nur er-
kennen, wo ein Gesicht ist, es kann auch einzelne Personen relativ gut identifizieren
– selbst in Echtzeit mittels Kameras.

Bei besonders großen Datenmengen kommen künstliche Netzwerke zum Einsatz. Sie
sind dem Gehirn nachempfunden. Das Gehirn lernt, indem es die Verbindungen zwi-
schen Nervenzellen durch Wiederholung einer Aktivität stärkt. Dieser Prozess wird
nachgeahmt. Dabei sehen Forscher nicht, wie das Netzwerk seine Schlüsse zieht, son-
dern nur, was dabei herauskommt. Es geht ihnen auch nicht wirklich darum, das
Gehirn möglichst originalgetreu nachzubilden, sondern es als Ausgangspunkt neuer
Lernsysteme zu verwenden. Einige Forscher gehen davon aus, dass sich neuronale
Netzwerke ähnlich entwickeln wie Flugzeuge: Um Maschinen zum Fliegen zu brin-
gen, nahmen sich Erfinder einst Vögel zum Vorbild. Aber so wie sich Flugzeuge heute
von Vögeln unterscheiden, so werden sich auch neuronale Netzwerke vom mensch­
lichen Gehirn deutlich unterscheiden.

Die Geschwindigkeit, mit der maschinelles Lernen in den vergangenen Jahren vo-
ranschritt, ist bereits schwindelerregend. 1997 gelang es dem IBM-Rechner „Deep
Blue“, im Schach den Weltmeister Gary Kasparov zu besiegen. Nur zwölf Jahre später
schickte Google das erste selbstfahrende Auto auf die Straße und die IBM-Software

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„Watson“ schlug zwei menschliche Meister im US-Fernsehquiz „Jeopardy!“. 2016 re-
agierte die KI-Community schließlich erst recht enthusiastisch: Das System „Alpha-
Go“ von Google DeepMind bezwang den weltbesten Go-Spieler Lee Sedol, obwohl
in dem Brettspiel neben logischem Denken auch Intuition gefragt ist. Im Dezember
2017 eignete sich das Nachfolgeprogramm „AlphaZero“ innerhalb weniger Stunden
Schach, Go und Shogi an und übertrumpfte jede Software, die sich bis dahin an die-
sen Spielen versucht hatte.

Seitdem ist KI überall: Bei dem Fond „AI Powered Equity“ zum Beispiel wird KI ein-
gesetzt, um über Neuinvestitionen zu entscheiden. Die Software analysiert laufend
Informationen zu rund 6.000 US-börsennotierten Unternehmen: Einreichungsdoku-
mente bei Zulassungsbehörden, Nachrichtenartikel, Social-Media-Beiträge und Fi-
nanzkennzahlen. Damit findet die KI heraus, welche Aktien unterbewertet sind. Das
KI-System Watson von IBM hilft Versicherungsmaklern zu überprüfen, ob die Versi-
cherungen der Kunden abdecken, was diese wünschen, oder wo Lücken sind. Das-
selbe System wird in der Medizin genutzt: Es durchforstet Patientenakten und For-
schungsergebnisse, nimmt die Symptome aktueller Patienten auf und schlägt dem
Arzt Diagnosen vor. Im Gegensatz zu alten Expertensystemen lernt Watson ständig
durch neue Erkenntnisse hinzu. Und tatsächlich gelang es der KI, seltene Krankheiten
zu erkennen, die Ärzte übersahen.

Das US-amerikanische Unternehmen Voicera hat eine KI-Assistentin namens „Eva“
entwickelt, die zum Beispiel bei Gesprächskonferenzen Protokoll führt. Sie macht
sich Notizen und erstellt daraus nach dem Gespräch eine Zusammenfassung. Die
­Assistentin „Amy“ von x.ai, ebenfalls mit Sitz in den USA, kümmert sich derweil um
Termine. Der Nutzer muss in seiner E-Mail Amy nur in „CC“ setzen und darauf hin-
weisen, dass sie sich beim Adressaten melden soll: „Hallo, hast du morgen Zeit für ein
Treffen? Falls ja, wird sich Amy wegen der Uhrzeit melden.“ Amy liest mit und setzt
sich mit dem Konversationspartner in Verbindung, um den Termin auszuhandeln.
Antwortet dieser, „Morgen geht nicht, besser wäre übermorgen“, so kann Amy dies
ebenfalls verstehen und den Termin anpassen.

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Ein wirtschaftlich bedeutender Zweig der KI sind selbstfahrende Fahrzeuge. Fast alle
Autokonzerne, darunter Daimler und BMW, investieren in die Technik – sie planen
in den kommenden fünf Jahren die ersten Modelle auf den Markt zu bringen. Die
Deutsche Bahn testet selbstfahrende Busse, die von den Kunden künftig mit dem
Smartphone zur Haustür bestellt werden können – ganz ohne Linien und Haltestel-
len. DHL testet Roboter, die Briefträger begleiten, sowie Lieferdrohnen, die Pakete
transportieren. Laut einer Studie der Oxford Martin School können bald 80 Prozent
der Tätigkeiten in der Waren-Logistik dank KI-Lösungen automatisiert werden. Oca-
do, ein britischer Online-Supermarkt, hat in Hampshire bereits ein Warenhaus errich-
tet, das vollständig von Robotern betrieben wird.

Es gibt Software, die Musik komponiert, und Roboter, die den Stil großer Künstler
beim Malen nachahmen. Literaturwissenschaftler nutzen KI, um literarische Werke
zu analysieren. Im Gegensatz zum Menschen kann die Software hunderttausende
Texte lesen und inhaltliche oder sprachliche Bezüge ausmachen. Roboter wie „Jibo“
von der Expertin für soziale Robotik, Cynthia Breazeal, beherrschen soziale Konver-
sation und stellen sich wie Samantha in „Her“ nach und nach auf die Bedürfnisse der
Nutzer ein. Und in Videospielen sorgt KI dafür, dass Gegner intelligent und glaub-
würdig handeln. In dem Spiel „Alien Isolation“ zum Beispiel lernt der außerirdische
Gegner die Taktiken des Spielers und passt seine eigenen daran an. Der Entwickler
des Spiels war selbst überrascht darüber, was der Alien alles lernte.

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Die Firma Affectiva arbeitet daran, Emotionen von Menschen in Echtzeit zu erfas-
sen. Dies gelingt bereits mit Wut, Verachtung, Ekel, Freude, Traurigkeit und Überra-
schung. Affectiva nutzte dafür Bild- und Videodaten von sechs Millionen Menschen
aus über 80 Ländern. Auf Basis dieser KI kann sich eine Software im Büro künftig an
Mitarbeiter oder in der Schule an die Schüler anpassen. Sie bietet dann Aufgaben,
die zur Stimmung passen – komplexe, wenn jemand hochkonzentriert ist, Routine-
jobs, wenn jemand einen Durchhänger hat. Chinesische Schulen testen bereits solche
Lernanwendungen mit Unterstützung des Deutsches Forschungszentrums für Künst-
liche Intelligenz.

Diese Beispiele sind nur eine kleine Auswahl an Ansätzen. Die KI wird sich rasant wei-
ter entwickeln,. Auch werden Entwickler-Tools ständig verbessert, etwa TensorFlow,
Caffe, PyTorch oder BigDL, ebenso Cloud Plattformen mit integriertem Maschinellem
Lernen wie von Microsoft, Amazon oder IBM. Ein aufstrebendes Forschungsfeld der
KI sind digitale Twins – digitale Abbilder realer Produkte, um sich Prototypen zu er-
sparen. Nennenswert ist auch die Nutzung von Echtzeitdaten bei Vorhersagen zum
Beispiel im E-Commerce. Entsprechend wird in diesem Zusammenhang auch die Be-
deutung von Kunden-Daten und deren Qualität zunehmen. Dabei gilt:

      Je mehr Aufgaben KI übernimmt, desto besser und
       vielseitiger wird sie. KI und Robotik gelten nicht
       umsonst als vierte industrielle Revolution – nach
         Dampfkraft, Elektrizität und Digitalisierung.

Der Science-Fiction-Autor Isaac Asimov geht in seinen Romanen sogar soweit, dass
seine KI voraussehen kann, wie sich eine ganze Zivilisation über Jahrhunderte hin-
weg entwickeln wird.

Soviel wird KI womöglich nie können, aber die Erwartungen an die Technik sind be-
reits jetzt schon immens. Die Daten-Experten Ben Lorica und Roger Chen von O’Reilly
Media haben dies bei der „Artificial Intelligence Conference“ in San Francisco im

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September 2017 eindrucksvoll gezeigt: KI-Jobausschreibungen haben sich seit 2016
vervierfacht; ähnliches lässt sich über den Marktwert von KI-Unternehmen sagen.
Andrew Ng, Gründer des Deep Learning-Projekts Google Brain, hat vor wenigen Wo-
chen einen KI-Fond gegründet und im Handumdrehen 175 Millionen Dollar dafür
gesammelt – was ihm nicht schwer fiel.

Allerdings zeigen Umfragen auch, dass 54 Prozent aller Unternehmen noch keine
KI implementiert haben. Das Interesse ist groß, aber es fehlt an Fachkräften, an
Business Cases oder schlicht an Verständnis. Das könnte sich früher oder später als
Problem erweisen: Dass Maschinen dazu in der Lage sind, uns geistig immer weiter
zu entlasten und auf unsere Emotionen Rücksicht zu nehmen – das wird sich auf
alle Bereiche des Lebens auswirken. Vermutlich wird KI den Arbeitsmarkt und die
Geschäftswelt drastischer umwälzen als die Digitalisierung. Es ist kaum absehbar,
was in den kommenden Jahren auf uns zukommt. KI ist sicher mit einigen Proble-
men behaftet, etwa Datenschutz, Sicherheit, Ethik und Recht, aber auch mit immens
vielen Chancen. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, sich damit auseinanderzusetzen. Die
Wahrscheinlichkeit, dass man sonst als Unternehmen abgehängt wird, würde eine KI
wohl als sehr hoch vorhersagen.

BORIS HÄNSSLER
Jahrgang 1973, ist freier Technikjournalist in
Bonn. Er schreibt unter anderem für die Süd-
deutsche Zeitung und Technology Review über
Trends in der Informationstechnik, inbesondere
Robotik, Künstliche Intelligenz und Auto-
matisierung. Er betreibt außerdem den Blog
„Robotergesetze“ und ist Autor zweier Bücher
zur Technikgeschichte.

                                             15
A U S WÄ H L E N
                      TRAINIEREN
                         LERNEN

 WARUM QUALITATIV HOCHWERTIGE KUNDENDATEN
FÜR INTELLIGENTE MASCHINEN UND SELBSTLERNENDE
            ROBOTER NOTWENDIG SIND

                                                     Autor: Uniserv Redaktion

Sie heißen Erica, Pepper und Sophia: humanoide Roboter, die auf Künstlicher In-
telligenz (KI) basieren. Sie können sprechen, sich bewegen, mit dem Menschen in-
teragieren, Emotionen ihres Gegenübers lesen und beratend zur Seite stehen. In
Japan werden sie bereits in Supermärkten und in Altenheimen eingesetzt. Ob eher
niedlich-technisch oder erstaunlich menschlich anmutend – mit den selbstlernenden
Maschinenmenschen zeigen Forscher und Roboter-Hersteller, was mit KI heute be-
reits alles möglich ist. Doch im unternehmerischen Umfeld kommt die Künstliche
Intelligenz und vor allem ihr Teilgebiet, das Maschinelle Lernen (ML), eher still und
unaufgeregt daher. Derzeit typische Anwendungsgebiete in Unternehmen sind
etwa die maschinelle Übersetzung von Texten in andere Sprachen, die medizinische
­Diagnostik oder die vorausschauende Wartung von Anlagen.

KI KANN MEHR ALS BIG DATA

Dass das Interesse an ML in Unternehmen zunimmt, zeigt eine aktuelle Studie von
Deloitte2. So steigt die Anzahl der Firmen, die in den kommenden zwei Jahren In-
vestitionen in neue Technologien planen, am stärksten im Bereich Machine Learning
an. Mittelfristig gesehen, liegt hier das größte wirtschaftliche Potenzial wohl in der

                                          16
komplexen Datenanalyse. ML-Systeme sollen dann Fragen beantworten wie: Welche
Bedürfnisse werden meine Kunden künftig haben oder welche Produkte und Dienst-
leistungen muss ich auf welche Art und Weise verändern, um künftigen Marktbe-
dingungen gerecht zu werden? Derartige Fragestellungen kennt man zwar bereits
aus dem Bereich der Big-Data-Analysen, also der systematischen Auswertung großer
Datenmengen mittels Software.

Doch ML kann deutlich mehr leisten: Das Maschinelle Lernen zeichnet sich vor allem
durch Lernfähigkeit, Abstraktionsvermögen und autonomes Handeln aus. So sind
vielfach komplexere Auswertungen mit noch größeren Datenmengen möglich. Diese
ML-basierten Analysen erlauben es Unternehmen dann beispielsweise Vorhersagen
über das Nutzerverhalten zu treffen, Inhalte zu personalisieren, Empfehlungssyste-
me einzusetzen oder Manipulationen bei der Kreditkartennutzung oder dem Akti-
enmarkthandel zu erkennen. Lag der Fokus bei Big-Data-Analysen also bisher primär
auf Informationsgewinn und eventuell noch auf der Erstellung von Vorhersagen,
sind ML-Systeme nun in der Lage, zu abstrahieren und eigenständig Entscheidungen
zu treffen.

                                           ABGRENZUNG KI & ML

              Die Abgrenzung von Machine Learning zu Künstlicher Intel-
              ligenz ist nicht einheitlich definiert, doch wird ML oft als Teil-
              gebiet der KI behandelt. Vom Maschinellen Lernen spricht
              man bei selbstlernenden Systemen. Diese Systeme werden
              mit Hilfe von Daten trainiert, lernen aus Beispielen und sind
              so in der Lage, Muster und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen.
              Praktisch passiert dies über verschiedene Algorithmen.

                                             17
A U S WÄ H L E N T R A I N I E R E N L E R N E N

KI IST AM ANFANG „DUMM“

Machine-Learning-Systeme sind also prädestiniert, um aus Massendaten sinnvolle
Antworten auf unternehmerische Fragestellungen zu liefern. Heutige ML-Systeme
generieren aus Massendaten (Big Data) Informationen, die Unternehmen einen
Mehrwert bieten, sogenannte Smart Data. Sie sammeln, ordnen, strukturieren und
analysieren große Datenbestände und leiten daraus sinnvolle und verständliche In-
formationen für den Menschen ab. Bei Smart Data verlagert sich der Fokus von der
reinen Menge an Daten auf ihre Qualität und ihren Kontext. So geht es etwa nicht
mehr lediglich um die Frage, warum ist mein Kunde ein Kunde – sondern darum:
Wird er auch noch künftig Kunde bei mir sein?

        Ein Algorithmus bezeichnet eine systematische,
     logische Regel oder Vorgehensweise, die zur Lösung
      eines vorliegenden Problems führt – Werner Stangl,
         österreichischer Psychologe und Schriftsteller.

Doch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz hat einen Haken. Machine-Learning-Sys-
teme sind ganz platt formuliert erst einmal „dumm“. Sie müssen ihr Abstraktionsver-
mögen erlernen. Dies lässt sich vergleichen mit dem Lernprozess eines Menschen auf
dem Weg vom Kind zum Erwachsenen. Während der Mensch bei diesem Lernprozess
Reize seiner Umwelt nutzt, lernt das ML-System hingegen auf Basis von Daten und
Algorithmen. Statt mit Reizen wird das ML-System also mit Datenmengen gefüttert
und trainiert.

Erst nach Abschluss dieser Lernphase kann das System verallgemeinern und auch
unbekannte Daten beurteilen, also abstrahieren. Im Vergleich dazu wäre ein Mensch
dann in der Lage, seine Erkenntnisse über einzelne Objekte oder Situationen so zu
verallgemeinern, dass er diese Erfahrungen auf ähnliche Situationen und Objekte
übertragen kann. Oder anders ausgedrückt: Wenn sich ein Mensch einen aufgefal-
teten Papierwürfel zusammengefaltet als Würfel vorstellen kann, ist er in der Lage,
zu abstrahieren.

                                        18
KI macht große Datenmengen zu etwas Sinnvollem - von Big Data zu Smart Data.
Beim Lernprozess der intelligenten Maschine müssen jedoch einige Aspekte beachtet
werden. So kommt es vor allem bei der Datenmenge, die dem ML-System sowohl
zum Lernen als auch zur Verarbeitung zur Verfügung gestellt werden, auf folgende
Faktoren an: Datensicherheit, Datenschutz und Datenqualität.

Die ersten zwei Aspekte sind sicherlich einleuchtend und oft durch behördliche Re-
gularien festgesetzt, doch warum ist die Datenqualität so wichtig?

Ganz einfach: Sind die Daten, mit denen ML-Systeme gefüttert beziehungsweise
trainiert werden, mangelhaft, sprich veraltet, falsch oder mehrdeutig, lernt auch
das System falsch. Infolgedessen würde es falsche Zusammenhänge erkennen, irr-
tümliche Prognosen erstellen und sogar falsche Entscheidungen treffen. Möchten
Unternehmensentscheider beispielsweise, dass das ML-System Fragen beantwortet
wie: Was macht den Kauf eines Produktes aus und welche Kundensegmente gibt es,
braucht das ML-System die richtigen Kundendaten. Daher ist es erfolgskritisch, dass
die zugrundliegende Datenbasis für das ML-System absolut fehlerfrei ist. Potenzielle

                                 Richtige Aussagen
                                    & Prognosen
              Erfolgreiche                              Umfassende
               Lernphase                                  Kunden-
            der Algorithmen                              erlebnisse

                        SOLIDE DATENBASIS

                                         19
A U S WÄ H L E N T R A I N I E R E N L E R N E N

Fehlerquellen können etwa Nullwerte, Ausreißer, Dubletten, falsche Schreibweisen,
mehrere Sprachen oder falsche Bezeichner sein. Je korrekter also eine Datenbasis ist,
umso besser wird der Algorithmus des ML-Systems daraus seine Schlüsse ziehen.n

KI MUSS UNTERSCHIEDLICHE ARTEN VON DATEN
VERARBEITEN KÖNNEN

Darüber hinaus geht es beim Einsatz von Maschinellem Lernen oft darum, Daten mit
unterschiedlichen Formaten wie Bilder, Videos, Texte, Audio und Geodaten auswert-
bar und somit nutzbar zu machen. So geben gerade Daten in sozialen Netzwerken
Aufschluss über die Vorlieben, Einstellungen und Motive potenzieller Käufer. Geo-
daten können hingegen genutzt werden, um standortbasierte Dienstleistungen an-
zubieten, geografische Kunden-Cluster zu bilden oder verhaltensbasierte Tarife für
Versicherungskunden zu erstellen.

KI IST GRUNDLAGE VON GESCHÄFTSMODELLEN,
PRODUKTEN UND DIENSTLEISTUNGEN

Einige Beispiele aus der Praxis zeigen, dass derartige Daten bereits Grundlage für
KI-basierte Geschäftsmodelle bilden. So verbindet das deutsche Unternehmen „Kptn
Cook“ digitale Nutzerdaten mit Geodaten. Das Unternehmen schickt Kochinteres-
sierten per Push-Nachricht täglich drei neue Rezepte auf die zugehörige App. Die
Menü-Tagesvorschläge werden dabei direkt an das Sortiment der Lebensmittelhänd-
ler in unmittelbarer Nähe des Nutzers angepasst. Der Versicherer CosmosDirekt bie-
tet jungen Fahrern einen KI-basierten Telematik-Tarif an. Der Kfz-Tarif „Pay as you
drive“ wird anhand der Auswertung von GPS-Daten und kontinuierlich übertrage-
nen Kfz-Daten auf das individuelle Nutzungs- und Fahrverhalten zugeschnitten. Der
Fahrstil wird mit Hilfe einer App gemessen, die das eigene Fahrverhalten aufzeich-
net. Dabei wird insbesondere auf das Brems- und Beschleunigungsverhalten sowie

                                                                                        K
eine angepasste Geschwindigkeit geachtet.

Ein weiteres Anwendungsbeispiel findet sich vor allem bei der Kreditvergabe. Das
Fintech Kreditech nutzt hierzu eine KI-Software, die binnen kürzester Zeit die ent-

                                         20
sprechenden Zahlungsprognosen erstellt. Dafür werden mit Zustimmung des Kre-
 ditsuchenden dessen Online-Verhalten und andere persönliche Daten ausgewertet.
 Machine-Learning-basierte Algorithmen lernen über Mustererkennung die Wahr-
 scheinlichkeiten von Nicht-Rückzahlungen.

 Der Finanzdienstleister Mastercard nutzt einen KI-basierten Autorisierungs- und
 Betrugserkennungsservice. Dieser lernt bei jeder Transaktion eines Kreditkartenin-
 habers dazu und ermöglicht so eine umfassendere Risikobewertung für Kartenher-
 ausgeber. So überprüft die KI zum Beispiel, wie ein spezifisches Konto über längere
 Zeiträume hinweg verwendet wird, um normales und auffälliges Konsumverhalten
 zu unterscheiden. Dafür verwendet es Kontoinformationen wie Kundenwertseg-
 mentierung, Risikoprofilbildung, Ort, Einzelhändler, Gerätedaten, Uhrzeit und Art
 des getätigten Kaufs.

 Der Versicherer Ergo experimentiert bereits im Kundenservice mit KI. Ziel ist ein in-
 telligenter Chatbot, der einfache Kundenanfragen selbstständig bearbeitet, etwa
 von der Adress- und Namensänderung bis zur Steuerbescheinigung. Derlei Kunden-
 kontakte machen etwa ein Fünftel aller Anfragen bei Ergo aus. Außerdem soll der
 selbstlernende Chatbot künftig in der Lage sein, einfache Kundenanfragen richtig zu
 verstehen und konkrete Antwortvorschläge zu unterbreiten.

                42%                                            33%
  der Konsumenten trauen                        der Konsumenten glauben,
  KI-Technologien zu, den                         dass KI mindestens den
      Kundenservice zu                           gleichen Service wie ein

KI als Chance
        verbessern.                              echter Mitarbeiter bieten
                                                           kann.3

                                          21
A U S WÄ H L E N T R A I N I E R E N L E R N E N

WOHER BEKOMMT EINE KI IHRE DATEN?

Damit Unternehmen derartige KI-basierte Produkte und Dienstleistungen überhaupt
anbieten können, benötigt das ML-System eine umfassende und korrekte, also voll-
ständige 360-Grad-Sicht auf Kunden. Wie sonst sollte das System mögliches Konsu-
mentenverhalten oder Produkttrends vorhersagen können? Diese Rundumsicht muss
neben Kundenstammdaten vor allem das Nutzungsverhalten umfassen, den Verbrau-
cher beschreibende Attribute, Selbstangaben, Demografie sowie Kundencharakte-
ristiken und Kundeninteraktionsdaten. Aber auch Vorlieben und die Spuren, die der
Kunde im Internet und den sozialen Medien hinterlässt, sind nicht zu vernachlässi-
gen. Im Einzelnen setzen sich diese Bewegungsdaten zusammen aus:

+     Kunden-Verhaltensdaten
                                 (Bestellungen,    Transaktionen,     Zahlungshistorie,
      ­Verweildauer etc.),
+     den Kunden beschreibende Daten (Attribute, Selbstangaben, Demografie etc.),
+     Kundencharakteristiken (Meinungen, Vorlieben, Bedürfnisse, Wünsche etc.),
 +   Kunden-Interaktionsdaten (Angebote, Ergebnisse, Kontext, Click Streams, N
                                                                               ­ otizen
      etc.).

Gerade die Einbindung von Bewegungsdaten ist immens wichtig, um eine umfas-
sende Sicht zu erhalten, weil diese Daten entscheidende Informationen zur Un-
ternehmenssteuerung liefern. Außerdem nutzen gerade KI-basierte Systeme im
Kundenservice, wie etwa Chatbots, Chat-Verläufe, E-Mail-Verkehr, Kalenderdaten,
Social-Media-Kommentare, Bilder, Tweets und Signale von Internet-of-Things-Ge-
räten wie Kamerabilder oder Sensordaten. Je besser Kunden dem ML-System also
bekannt sind, desto aufschlussreichere und vor allem verlässlichere Prognosen sind
möglich und desto unterschiedlichere Fragestellungen lassen sich beantworten.

GROUND TRUTH IST FUNDAMENT FÜR ML-SYSTEME

Unternehmen verfügen zwar sogar bereits häufig über einen Großteil der genann-
ten Profildaten ihrer Kunden, können diese aber nur schwer zusammenführen. Denn
Stammdaten und Bewegungsdaten von Kunden liegen naturgemäß in mehreren

                                            22
23
A U S WÄ H L E N T R A I N I E R E N L E R N E N

­Unternehmenssystemen verteilt – seien es etwa CRM-Systeme, Ticketing, ERP-Lösun-
gen oder Call-Center-Anwendungen. So nutzen 63 Prozent der Unternehmen4 meh-
rere abteilungsbezogene Lösungen zur Verwaltung ihrer Kundendaten. Damit ist es
ihnen kaum möglich, die in den unterschiedlichen Systemen verwalteten Kundenda-
ten zentral für das ML-System verfügbar zu machen. Um diese Zentralität zu errei-
chen, benötigen Unternehmen den sogenannten „Ground Truth“, eine Lösungs- und
Prozessmethodik, die ein verlässliches Gesamtbild aller Kundendaten und damit der
Wirklichkeit gibt. Der Ground Truth umfasst dabei alle kundenbezogenen Stamm-
und Bewegungsdaten – und führt diese aus allen verfügbaren Systemen zusammen:

+   den verfügbaren Kundenstammdaten aus verschiedenen Quellen (dem Golden Record)
+   in Kombination mit kundenbezogenen Interaktions- und Transaktionsdaten
+   zur wirklichen 360-Grad-Sicht auf jeden einzelnen Kunden (Golden Profile).

KI WIRD INDIVIDUALISIERUNG VORANTREIBEN

Der Durchbruch von Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen steht unmittel-
bar bevor, prognostiziert der Branchenverband BITKOM. Er geht davon aus, dass sich
der globale Umsatz mit Hardware, Software und Services rund um Machine Learning
bis zum Jahr 2020 mit voraussichtlich 21,2 Milliarden Euro mehr als verfünffacht5. Ne-
ben der Automatisierung von Kundenprozessen, setzen Unternehmen ML vor allem
für die Kundensegmentierung und für Kundenabwanderungs-Prognosen ein. Ihr Ziel
ist es, individuell auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kunden reagieren und damit
Produkte individuell gestalten, sprich personalisieren zu können. Und der Aspekt der
Individualisierung in der Kundenansprache und Betreuung ist laut einer Umfrage
von Uniserv enorm wichtig6. So vertraut mehr als jeder zweite Konsument einem
Unternehmen viel eher, wenn es in der Lage ist, auf Basis seiner persönlichen Da-
ten zugeschnittene Angebote zu erstellen oder Produkte individuell zu gestalten. 59
Prozent der deutschen Verbraucher würden so eher kaufen, 61 Prozent bleiben dem
Unternehmen eher treu. Und dann bleibt es sogar fast egal, ob sie von „echten“ Mit-
arbeitern oder Maschinenpersonal7 wie Erica, Pepper oder Sophia beraten werden.

                                          24
I‘m a

Golden Record
Ich enthalte die konsolidierten und quali-
tätsgesicherten Kunden- und Interessen-
ten-Stammdaten. Ich bin die Mutter aller
Datensätze und ermögliche es, dass der
korrekte Datensatz für jeden Kunden un-
ternehmensweit und in allen Systemen der
Organisation als 360-Grad-Sicht verfügbar ist.

                                                                                   I‘m a

                                   Golden Profile
                                                   Ich baue auf dem Golden Record auf und
                                                   enthalte zusätzlich die Transaktions- und
                                                    Interaktions-Daten. Ich verfüge darüber
                                             hinaus über Verknüpfungen zu allen Stamm-
                                              datenquellen, in denen die in ihm erfassten
                                              Kundenmerkmale verwendet werden. So ist
                                             gewährleistet, dass bei einer Änderung eines
                                                 Attributs in einer Datenquelle diese Ände-
                                             rung auch in allen anderen Quellen, die die-
                                             ses Attribut verwenden, synchronisiert wird.

                                              25
CITIZEN DATA SCIENTIST

           Expertise

COMPUTER      BUSINESS           STATISTICS
 SCIENCE   UNDERSTANDING

                 26
D E R W E G Z U M C I T I Z E N D ATA S C I E N T I S T

PROF. DR.-ING. PETER LEHMANN
lehrt Business Intelligence im Studiengang
Wirtschaftsinformatik und digitale Medien an der
Hochschule der Medien Stuttgart und ist Direktor
des Instituts für Business Intelligence (IBI). Sein
Spezialgebiete sind heterogene Architekturen im
Umfeld Data Warehouse und Big Data sowie die
Aufbereitung von Daten für Predictive Analytics
und Data-Mining-Verfahren.

Business Analysten bewegen sich durch strukturierte Datenmodelle eines Data
Warehouses. Sie kennen die Datenmodelle meist gut und verstehen es, über Fron-
tend-Tools (MS Excel, Tableau, SAP BO, etc.) Abfragen auf den Datenmodellen zu
erstellen, um ihren Informationsbedarf zu decken. Die Komplexität der Datenbank-
strukturen wird durch moderne Werkzeuge verborgen, die Tools erzeugen automa-
tisch den für die Abfragen notwendigen Programmiercode und ermöglichen somit
eine gewisse Unabhängigkeit von den IT-Professionals. Business Analytsten verfügen
über gutes, bis sehr gutes Business Know-How, haben oftmals BWL, Wirtschaftswis-
senschaften oder Wirtschaftsinformatik studiert und arbeiten in den Fachbereichen
oder an der Schnittstelle zwischen Fachbereich und IT.

Nun sind seit einigen Jahren Big Data und Data Science in aller Munde. Händerin-
gend werden Data Scientists gesucht, die mit mathematischen und statistischen Ver-
fahren neue Zusammenhänge in den Daten zu entdecken helfen. „Daten sind das
neue Öl.“ Dieser in der Praxis häufig verwendete Slogan beschreibt die Bedeutung
von Daten für die fortschreitende Digitalisierung in allen Lebensbereichen. Überall
werden Daten gesammelt, bei der Nutzung des Smartphones, über die Sensorik un-
seres Fahrzeuges bis hin zur App der Kaffeemaschine, die die Kapseln automatisch
wiederbestellt. Die Daten strömen statt in die geordneten Strukturen eines Data

                                                27
D E R W E G Z U M C I T I Z E N D ATA S C I E N T I S T

Warehouse nun in einen sogenannte Data Lake. Ein Data Lake ist ein Datenspeicher,
der große Menge an Daten in ihrem ursprünglichen Format aufbewahrt, solange, bis
sie irgendwann mal gebraucht werden. Da es kein vordefiniertes Datenschema gibt,
werden viele Metadaten zu den Daten abgespeichert, bis irgendwann eine Daten-
anforderung definiert wird. Wenn sich zum Beispiel eine geschäftliche Fragestellung
ergibt, kann der Data Lake nach relevanten Daten durchsucht werden, und die da-
raus resultierende Datenmenge kann dann gezielt analysiert werden, um zu einer
Lösung des Geschäftsproblems beizutragen.

In der Fachliteratur wird häufig „Information“ als entscheidungsrelevantes bzw.
handlungsrelevantes Wissen definiert. Daten werden also zu „Information“, wenn sie
helfen, ein Problem zu lösen, bzw. eine Entscheidung herbeizuführen. Genau dazu
dient das Data Warehouse. Dort werden die Daten so strukturiert und fachlich auf-
bereitet, dass der Anwender seinen Informationsbedarf selbstständig decken kann.
Im Data Lake fehlen die Informationsstrukten zunächst und müssen von Experten
erst einmal entdeckt und aufbebreitet werden. Für die Entdeckung dieser Strukturen
und Zusammenhänge benötigt es spezielle IT-Kenntnisse, die sehr oft mathematische
und statistischen Methoden erfordern, die zudem noch in Programmiersprachen
wie R oder Python eingebettet werden müssen. Hilfstellung liefert das maschinelle
Lernen mit Methoden, die aus der Disziplin „Künstliche Intelligenz“ stammen. Dass
dazu Mathematiker, Informatiker, Naturwissenschaftler oder Techniker (MINT) mit
einem guten theoretischen Hintergrund benötigt werden, ist naheliegend.

Nicht nur, dass Absolventen eines MINT-Fachgebiets sehr schwierig zu bekommen
sind, sondern dass diese auch nur über wenig betriebswirtschaftliche Kenntnisse ver-
fügen, macht die Entdeckung neuer Zusammenhänge in den Daten des Data Lakes
zu einem großen Problem. Daher liegt es doch nahe, den gut ausgebildeten und er-
fahrenen Business Analysten mit ausgewählten Methoden aus dem Fachgebiet Data
Science auszubilden und spezialisierte Werkzeuge zu beschaffen, die diese Metho-
den mit einer möglichst einfach zu bedienenden Benutzerführung unterstützen.

Das renommierte Marktforschungsunternehmen Gartner prägte bereits 2015 in ei-
nem Artikel den Begriff des Citizen Data Scientist8. Gartner spricht dabei von einer
Konvergenz von Business Analytics und Predictive Analytics, die Organisationen­hel-

                                         28
hoch

                                                                            Superman
                                                     Citizen
                                 Business         Data Scientist
BI- & IT-KOMPETENZEN

                                 Analyst

                                                                   Data Scientist

                       eher niedrig         BWL-KOMPETENZEN                            hoch

 fen kann, die Lücke zwischen komplexen, mathematischen Analysefunktionen und
 Verfahren der Künstlichen Intelligence zu schließen. Es wird den Unternehmen somit
 auch ermöglicht, entlang des Reifegrades von Business Analytics deutliche Fortschrit-
 te zu machen. Die Konvergenz wird dazu beitragen, dass Predictive Analytics ein
 breiteres Publikum von Business-Analysten und somit Citizen Data Scientists erreicht.
 Ein Citizen Data Scientist (CDS) ist mehr als nur ein erfahrener Excel-Anwender, der
 es versteht, Pivot-Tabellen zu untersuchen. Ein CDS ist in der Lage, die betriebswirt-
 schaftliche Fragestellung auf den Data-Science-Prozess methodisch abzubilden, die
 kritische Bedeutung von Datenqualität für das maschinelle Lernen zu verstehen, ver-
 schiedene Werkzeuge zu evaluieren und zu nutzen. Er darf keine Berührungsängste
 mit einer Programmiersprache haben. Dabei geht es weniger um das Programmieren
 komplexer Anwendungen, sondern um das Skripten von kleinen Programmteilen
 und die Nutzung und Parametrisierung vorhandener Algorithmen.

 Immer mehr öffentliche Hochschulen und Unternehmen bieten Ausbildungen zum
 ­Citizen Data Scientist an. Dabei ist zu beachten, dass ein ausgewogener Mix zwischen
 Theorie und praxisnahen Anwendungsszenarien mit Hands-On-Charakter besteht. Ein
 Austausch im Team mit Business Analysten von anderen Unternehmen sollte ebenso
 selbstverständlich sein, wie die Nutzung von IT-Systemen unterschiedlicher Hersteller.

                                                       29
USE CASE BANKEN & VERSICHERER

              Treffsicher mit KI:
        So ist die Kundenansprache
         kein Vabanque-Spiel mehr
                   Autor: Uniserv Redaktion

   Der digitale Konsument             Die Zukunft der Kunden­
  erwartet von seiner Bank            segmentierung: Automa­
 personalisierte Produktemp-         tisiert, schneller und treff-
fehlungen auf Grundlage der         sicherer durch maschinelles
    eigenen Bedürfnisse.                        Lernen.

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Eine personalisierte Produktempfehlung auf der Grundlage eigener Bedürfnisse und
Ziele: Das erwartet der digitale, aufgeklärte Konsument von seiner Bank oder sei-
ner Versicherung heute. Doch derzeit sieht sich nur jedes vierte Unternehmen der
Finanzbranche in der Lage, die persönlichen Bedürfnisse ihrer Kunden voll zu un-
terstützen. Dabei verspricht vor allem das Mittel der Kundensegmentierung großes
Potenzial. Denn mit ihr lassen sich Produkte deutlich besser personalisieren und Kun-
den individueller ansprechen.

Doch an der Umsetzung von Kundensegmentierungsanalysen hapert es noch gewal-
tig. Produkte und Services werden dem Kunden zu oft nach dem Gießkannen-Prinzip
übergestülpt. Wenn überhaupt, kategorisieren Banken und Versicherungen ihre Kli-
entel oft nur nach einem Merkmal, etwa nach Unternehmensgröße oder nach Fami-
lienstand – von echter Individualisierung kann hier keine Rede sein. Und je digitaler
Kunden werden, desto zusätzlich komplexer gestaltet es sich, diese nach relevanten
Merkmalen zu kategorisieren. Denn besonders Spuren, die der Kunde im Netz hin-
terlässt und die vielfältigeren Kanäle der Kommunikation über soziale Netzwerke
und Endgeräte müssen berücksichtigt werden.

MACHINE LEARNING GEHT ÜBER EINFACHE KUNDEN-
SEGMENTIERUNGSANSÄTZE DEUTLICH HINAUS

Mit Fortschritten bei Künstlicher Intelligenz und vor allem beim Maschinellen Lernen
können Banken und Versicherungen Kundensegmentierung heute deutlich treffsi-
cherer, schneller und automatisiert vornehmen. Die intelligenten Algorithmen sind
in der Lage, in Kundendatenmengen Zusammenhänge und Ähnlichkeiten festzustel-
len, die menschlichen Analysefähigkeiten verborgen bleiben.

Außerdem können deutlich mehr Merkmale von Kunden in Beziehung zueinander
gesetzt werden. Dies kann psychografische Kriterien wie Lebensstil und Risikobe-
reitschaft, Motive, aber auch Kundenzufriedenheit, Serviceaffinität und Bedürfnisse
umfassen.

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USE CASE BANKEN & VERSICHERER

                                  KUNDENSEGMENTIERUNG

            Bei der Kundensegmentierung werden Konsumenten nach
            verschiedenen Kriterien aufgeteilt, sprich in Clustern kate-
            gorisiert. Diese Clusterung kann nach Merkmalen wie Alter,
            Geschlecht, Familienstand, aber auch nach Kaufverhalten,
            Beratungsaffinität, Preisbereitschaft und Kaufhistorie passie-
            ren. Kundensegmente oder Kunden-Cluster erlauben es, Kon-
            sumenten zielgerichteter und individueller anzusprechen.

ONE-TO-ONE-MARKETING IST DAS ZIEL

Doch damit die KI und ihre darauf basierenden Algorithmen überhaupt treffsichere
Zusammenhänge unter den verschiedenen Kundenmerkmalen feststellen können,
sind kundenspezifische Informationen Voraussetzung. Banken und Versicherer müs-
sen sich daher grundlegend zwei Fragen stellen: Welche Informationen existieren
über meine Klientel, die ich der KI zur Verfügung stellen kann – und welche Da-
ten müssen erst noch beschafft werden? Je mehr Informationen über die eigenen
Kunden systematisch verfügbar sind, desto genauer können Finanzunternehmen
und die eingesetzte KI segmentieren. Für die mathematisch Interessierten noch der
Hinweis, dass bei der Segmentierung sogenannte Cluster-Algorithmen, vor allem der
­k-Means-Algorithmus, zum Einsatz kommen. Dieser Algorithmus ist eine der am häu-
figsten verwendeten Techniken zur Gruppierung von Objekten oder eben Kunden.

Die KI zeigt also auf, wie sich die Kundenansprache deutlich individueller gestalten
lässt. Dabei bietet sie aber noch weitaus mehr Potenzial. So würden 43 Prozent der
Finanzdienstleister sogar One-to-One-Marketing betreiben, wenn ihnen alle benöti-
gen personenbezogenen Kundendaten für die gewünschte Segmentierung vorlägen

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– so eine Umfrage des Forschungsinstituts ibi research in der Finanzbranche. Dabei
geht das One-to-One-Marketing über das reine Personalisieren hinaus und ermög-
licht eine hochindividuelle Kundenbetreuung. So meinen neun von zehn Finanz-
dienstleister, dass mit dieser Form des individuellen Marketings eine bestmögliche
Produktgestaltung realisierbar wird.

Der Begriff One-to-One-Marketing wurde bereits im Jahr 1993 geprägt. Darunter
versteht sich, eine oder mehrere Marketing-Maßnahmen individuell auf jeden Kun-
den zuzuschneiden. Ziel ist es, die Kundenansprache zu individualisieren und ange-
botene Produkte zielgenau zu gestalten. Beim One-to-One-Marketing unterstützen
statistische Verfahren. Statt einzelner Kundenmerkmale, wie Einkommen oder Alter,
werden individuelle Kundenprofile generiert, wobei die einzelne Kundenbeziehung
im Mittelpunkt steht.

HOHE KUNDENDATENQUALITÄT IST ERFOLGSFAKTOR
FÜR MASCHINELLES LERNEN

Um Kundensegmentierung jedoch erfolgsversprechend zu betreiben, ist es essen-
ziell, dass die Kundendatenbasis, die ein Finanzdienstleister dem System zur Verfü-
gung stellt, qualitativ hochwertig ist.

       Doch warum ist das so? Ganz einfach, damit die KI
     nicht falsch lernt. Denn die Grundlage jedes Machine­
      Learning-Systems sind Datenmengen – in der Regel
      zehn Prozent der Gesamtdatenbasis – anhand derer
       ML-Systeme erst einmal trainiert werden müssen.

Nach Beendigung dieser Lernphase ist das System in der Lage, zu verallgemeinern
und auch unbekannte Daten zu beurteilen. Damit das System nun nicht falsch lernt
und irrtümliche Prognosen erstellt, muss die zugrundeliegende Datenbasis absolut
fehlerfrei ist. Oder einfach gesagt: Je korrekter eine (Kunden-) Datenbasis ist, umso
besser wird ein Algorithmus daraus seine Schlüsse ziehen.

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KI KANN KUNDENEMOTIONEN ERKENNEN

Künstliche Intelligenz und Machine Learning können aber nicht nur Zusammenhän-
ge, Muster und Datenkorrelationen in Kundendaten aufzeigen. KI wird von der Fi-
nanzindustrie heute bereits in der Betrugserkennung, etwa bei Schadensfällen und
im Aktienmarkthandel, eingesetzt. Anschauliche Beispiele lassen sich auch beim
Endkunden finden – wie etwa Voice Banking, Sprachroboter, Chatbots und Virtuelle
Assistenten. Jedes fünfte Unternehmen in der Finanzbranche sammelt derzeit Er-
fahrungen mit digitalen Assistenten. Per Voice Recognition lässt sich sogar die Stim-
mung des Kunden in Echtzeit während des Gesprächs mit der Bank oder der Versiche-
rung erkennen. Versicherer setzen aktuell verstärkt auf die Prozessautomatisierung
durch KI, also auf die sogenannte Robotic Process Automation. Die Maschine soll
dabei standardisierte Routineprozesse übernehmen. Bei einfachen Aufgaben wie
Adressänderungen, Kontowechseln oder Änderungen der Zahlungsweise müssen
Mitarbeiter oft gar nicht mehr eingreifen. In der Lebensversicherung werden bran-
chenweit bisher 8,7 Prozent aller Anfragen durchgehend nur von Computersystemen
bearbeitet, im Schaden- und Unfallbereich sind es 15,7 Prozent – also bereits jede
sechste Kundenanfrage.

ROBOTIC PROCESS AUTOMATION: ZENTRALES EIN-
SATZFELD FÜR KI IN DER VERSICHERUNGSBRANCHE

Unter dem Schlagwort Software Robotics setzt der Versicherer Zurich Insurance schon
seit 2015 Systeme mit Künstlicher Intelligenz ein. Im Segment der Lebensversiche-
rungen bearbeitet der elektronische Helfer täglich rund 500 Vorgänge. Programme
legen automatisch Akten an, verwandeln eingescannte Schreiben in maschinenles-
baren Text, prüfen Rechnungen auf Plausibilität oder lösen eigenständig Zahlungen
aus. In der Schadensabteilung wird neben den Online-Schadensmeldungen auch ein
Großteil der Kfz-Glasschäden mit Software Robotics automatisiert verarbeitet. Ob-
wohl die Automatisierung bislang nur in Teilbereichen zum Einsatz kommt, werden
mit Software Robotics bereits rund 40.000 Schadensfälle pro Jahr vollautomatisch ver-
arbeitet, Tendenz steigend. Für einen typischen Schadensfall benötigt ein Mitarbeiter
52 Minuten, die lernfähige Software wickelt den Fall binnen fünf Sekunden ab.

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