Verbrühung an einem Kochkessel - thueringen.de
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Aus Unfällen lernen – 2018 TLV Abteilung Arbeitsschutz |Regionalinspektion Mittelthüringen Kontrollbeauftragter: R. Kornacher Vortrag: Verbrühung an einem Kochkessel Verbrühung an einem Kochkessel • Produktionsarbeiter Konservenfabrik, männlich, 34 Jahre alt • Verbrühung / Hautverbrennungen Brust, Hals, Arme • Beim Öffnen eines Kochkessels (240l / ASTA-eismann, Bj. 2017) zur Entnahme eingekochter Hülsenfrüchte, kam dem Geschädigten ein heißes Dampf-/ Wassergemisch entgegen. (Zeugenaussage: „Schwappte heißes Wasser entgegen“) • Der Verunfallte wurde mit dem Rettungshubschrauber in das UNI- Klinikum Göttingen verbracht. 15.04.2019 1
• Transportkorb / Kocheinsatz / Lochsieb • Beschickung / Entnahme mit Kran • Im Deckel Druckauslass / Entlastung • Innere Kochkesselumwandung beheizt über externen Dampfkessel • Wasserzufuhr über Wasserhahn und Einlassöffnung zum Innenraum • Wasserauslass unten 15.04.2019 2
Arbeitsanweisung / Aushang = keine Betriebsanweisung im Sinne § 12 (2) BetrSichV (i.V.m. DGUV I 211-010 – Sicherheit durch Betriebsanweisungen) ? • Abhängig vom Einkochgut vorgegebene Temperatur (z.B. Erbsen / Linsen 94 °C) für eine vorgegebene Zeit. • Wenn der Kochprozess beendet ist, wird der Kessel immer manuell durch einen Mitarbeiter abgeschaltet. • Danach soll der Kessel für mindestens 5 Minuten abkühlen. • Erst nach 5 Minuten darf / soll der Deckelspanner und Deckel geöffnet werden. 15.04.2019 4
Ausdehnungskoeffizienten bei Eventuelle Ursachen für den Druckaufbau bzw. den Erwärmung von Wasser plötzlichen Austritt von heißem Dampf/ Wasser: • verstopftes Überdruckventil im Deckel • Temperatureinstellung zu hoch, Überhitzung / ggf. defekte Temperaturüberwachung • Temperaturabhängige Wasserausdehnung • Wasserhahn nach Befüllung nicht ausreichend verschlossen • Sogwirkung des Deckels beim Öffnen • Aushang nicht beachtet: Wartezeit 5 min ( ?); Wasser unten entweichen lassen 15.04.2019 6
Unfalluntersuchung • Inaugenscheinnahme der Gegebenheiten vor Ort (im Unternehmen, am jeweiligen Kochkessel) • Befragung des Vorgesetzten, des Personalmanagements, Zeugen • Einsichtnahme in Dokumentationen (in diesem Fall Gefährdungsbeurteilung, Bedienungsanleitung des Kochkessels, Betriebsanweisungen und Unterweisungsnachweisen, Stichproben von Arbeitszeitnachweisen des Verunfallten sowie anderer Mitarbeiter), Wartungs- und Prüfprotokolle der Maschinen und Anlagen, Ersthelfernachweise, Einblick in die betriebsärztliche Vorsorgekartei • Einsichtnahme in das betriebliche Verbandbuch sowie in die Betriebsakte hinsichtlich Unfallanzeigen (hier gab es bereits ähnliche „kleinere“ nicht meldepflichtige Unfälle an den Kochkesseln) • Erstellung Fotos • Kontrolle der bereitgestellten PSA sowie weiterer Regelungen zur betrieblichen Kleiderordnung / Arbeitskleidung • Kontrolle des betrieblich bereitgestellten Verbandmaterials; z.B. betriebliche Festlegungen über die DIN EN 13157 hinaus – z.B. Kältekompressen 15.04.2019 7
Maßnahmen der Arbeitsschutzaufsichtsbehörde: Kostenpflichtige Anordnung: • Nachweis des ordnungsgemäßen, sicherheitstechnisch mängelfreien Zustandes des Kochkessels unter Berücksichtigung der nach dem Arbeitsunfall zu aktualisierenden Gefährdungsbeurteilung im Rahmen einer außerordentlichen, dokumentationspflichtigen „Sicherheitsprüfung“ im Sinne § 14 (3) BetrSichV; • Verschlüsse der Kochkesseldeckel sind so umzurüsten, dass kein sofortiges Öffnen möglich ist. • Für die Benutzung der Kochkessel ist eine Betriebsanweisung gemäß § 12 (2) BetrSichV zu erstellen, verbunden mit aktueller anlassbezogener Unterweisung 15.04.2019 8
Maßnahmen der Arbeitsschutzaufsichtsbehörde: Zusätzliches Revisionsschreiben zur Unfalluntersuchung: • zukünftig Bereitstellung und Tragepflicht von Gummischürzen • Erweiterung Erste Hilfematerial - Vorhalten von Kältekompressen • Zu enge Aufstellung der Kochkessel zueinander - andere Positionierung der Kochkessel • Ausführung der Zulaufarmatur (Befüllwasserhahn) mit Drehgriff ohne eindeutige Schließstellung - zu ersetzen durch geeignete Zulaufarmatur mit deutlicher Auf-/Zu-Kennzeichnung • Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich Arbeitszeit, Zusammenwirken mit der Gestaltung von Arbeit und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und insbesondere durch psychische Belastungen bei der Arbeit • Anpassung der erforderlichen, bereichs- und schichtbezogenen Ersthelferanzahl 15.04.2019 9
Betriebliche Maßnahmen: • Einbeziehung des Kochkesselherstellers hinsichtlich Unfallauswertung, Umrüstung und „Sicherheitsprüfung“ • Vergrößerung der Druckauslassöffnung somit „druckloser“ Kochkesselbetrieb • Überprüfung der Temperaturregler / Austausch • Umrüstung der Befüllwasserhähne als Kugelhähne mit eindeutiger Zu- und Aufstellung • Zusätzliche Deckelarretierung • Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung • Bereitstellung Gummischürzen • Bereitstellung Kältekompressen • Überarbeitung von Arbeitsanweisungen / Erarbeitung Betriebsanweisung 10 15.04.2019
Nach erfolgter Heilbehandlung (ohne Hauttransplantation) war der Arbeitnehmer nach dreimonatigem Arbeitsausfall wieder arbeitsfähig. Danke für Ihre Aufmerksamkeit! 15.04.2019 TLV – Ronny Kornacher 11
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