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Versorgungsforschung im internationalen Vergleich: Sind wir auf dem richtigen Weg? Reinhard Busse, Prof. Dr. med. MPH FFPH FG Management im Gesundheitswesen, Technische Universität Berlin (WHO Collaborating Centre for Health Systems Research and Management) & European Observatory on Health Systems and Policies
Gesundheitssystemforschung befasst sich mit Bedarf, Inanspruchnahme, Ressourcen, Strukturen, Prozessen, Ergebnissen und zuschreibbaren Resultaten („Outcomes“) von systemisch organisierten Ansätzen der Krankheitsverhütung, -bekämpfung oder -bewältigung – d.h. von ganzen Gesundheitssystemen, Subsystemen, Institutionen oder Programmen – und verknüpft diese Elemente analytisch-bewertend. b Gesundheitssystemforschung, die sich auf die Mikroebene – insbesondere auf Institutionen, Programme oder einzelne Gesundheitstechnologien – bezieht, wird auch als Versorgungsforschung bezeichnet. Schwartz FW/Busse R: Denken in Zusammenhängen – Gesundheitssystemforschung. In: Das Public Health Buch, 1998
Ein Wort vorweg zur schwammigen Grenze Versorgungsforschung/ Public Health (und ähnliches gilt heute für Gesundheitsökonomie) (Regionale) Gesundheitsausgaben Gesundheits- bericht- Team- erstattung work Arztein- Rauch- kommen verhalten
„Health services research (HSR) is a multidisciplinary field of inquiry, both basic and applied, that examines the use, costs, quality, accessibility, and delivery, organization, financing, and outcomes of health care services to increase knowledge and understanding of the structures, processes, and effects of health services for individuals and populations“ (Institute of Medicine 1995: 17). „The main goals of HSR are to identify the most effective ways to organise, manage, finance, and deliver high quality care …” (AHRQ 2005).
USA: 1960er Jahre • National Institutes of Health gründen HSR study section (1964) • Medicare und Medicaid-Gesetze schaffen Bedarf, sich öffentlich mit Gesundheitsleistungen zu beschäftigen (1965) • Donabedian etabliert die Trias STRUKTUR – PROZESS – ERGEBNISSE (1966) • Zeitschrift “Health Services Research” gegründet (1966) • Lebensqualitätsforschung startet: Karnofsky scale, ADL scale, Quality of Well Being Scale, SF-36, Sickness Impact Profile
USA: 1970er/1980er Jahre • Etablierung von Social Security Administration und Health Care Financing Administration; die Veterans’ Administration beginnt mit HSR (HSR&D Centers of Excellence) • Wennberg publiziert zu “small area variation” in Science (1973); es folgen Publikationen u.a. in Lancet, New England Journal of Medicine (internationaler Vergleich; Boston – New Haven) • Office for Technology Assessment setzt wichtige Impulse für HTA- Entwicklung (1995 geschlossen) • RAND Health Insurance Experiment (1983), angelegt als RCT, evaluiert die Wirkungen von Zuzahlungen
USA: 1980er Jahre • Staatlich finanzierte Agency of Health Care Policy and Research (AHCPR, heute AHRQ) initiiert; diese fördert • die Leitlinienentwicklung/ -implementierung, • Qualitätsstandards und vor allem • “Outcomes-Forschung” in Form der Medical Outcomes Study (Vergleich Managed Care vs. “Normalversorgung”) und 14 patient outcomes research teams (PORT) • Forschungsfragen: • What works and at what cost? • For which patients or subgroups of patients? When? • Why is there variation in the use of treatments? • What can be done to reduce inappropriate variation?
USA: 1980er Jahre Widerstand von • Staatlich finanzierte Agencypraktisch tätigen of Health Care Policy andÄrzten Research (AHCPR, heute AHRQ) initiiert; diese fördert (insbesondere • die Leitlinienentwicklung/ Orthopäden) -implementierung, • Qualitätsstandards und vor allem • “Outcomes-Forschung” in Form der Medical Outcomes Study (Vergleich Managed Care vs. “Normalversorgung”) und 14 patient outcomes research teams (PORT) • Forschungsfragen: • What works and at what cost? Kritik von • For which patients or subgroups of patients? When? „Methodikern“ • Why is there variation in the use of treatments? (= RCT-Hardliner) • What can be done to reduce inappropriate variation?
USA: 1990er/2000er Jahre • Durch mehrere Berichte des “Institute of Medicine” (IOM) erreicht Versorgungsforschung die klinische Medizin und die Öffentlichkeit (Qualität, Unter-/ Über-/ Fehlversorgung) • HSR in Forschung und Praxis gründet mit AcademyHealth eine einheitliche Plattform (mit jährlichen Kongessen von 2000-3000 Teilnehmern) • HSR gilt (zusammen mit Public Health) neben biomedizinischer Grundlagenforschung und klinischer Forschung als dritte Säule der medizinischen Forschung • “Comparative Effectiveness Research” wird durch $1,1 Mrd.- Förderung im Konjunkturprogramm zum Modewort (2009)
USA: Entwicklungen seit 2010 • “Patient Protection and Affordable Care Act” (2010) fördert Versorgungsforschung und Evidenzgenerierung, vor allem durch die Gründung und Finanzierung von Koordinationsstellen, insb.: • Patient-Centered Outcomes Research Institute (PCORI): das Institut gilt als der größte öffentliche Geldgeber für Comparative Effectiveness Research und hat das Mandat, die Qualität und Relevanz verfügbarer (klinischer) Evidenz zu steigern um Patienten, Ärzten, Krankenversicherer und Entscheidungsträgern zu helfen und die relevanten Methoden weiterzuentwickeln • Das Center for Medicare and Medicaid Innovation (CMMI oder CMS Innovation Center) wurde etabliert, um neue Modelle der Vergütung und Leistungserbringung zu identifizieren/zu entwickeln, zu testen und zu verbreiten – mit dem Ziel, Kosten einzugrenzen und Qualität zu optimieren • Neue(re) buzzwords: Implementation Science, Community Engagement, web- and mobile-based, big data • Politische Diskussion über die Weiterfinanzierung von AHRQ und PCORI (schon vor 2016) sowie die Rolle von Evidenz (Ära der Fehlinformation)
USA: PCORI PCORI pilotiert seit 2013 die Initiative PCORnet, die basierend auf einem „distributed research network“- Modell Patienten, Kliniker, Krankenhäuser und Krankenversicherer verbindet, mit dem Ziel, (Versorgungs)forschung zu beschleunigen um Patientenoutcomes zu optimieren
USA: CMMI
Zwei wesentliche Probleme für Versorgungsforschung (nachdem ja nun Fördergelder zur Verfügung stehen und etliche methodische Überlegungen publiziert worden sind) 2. Wie wird „die Änderung“ 1. Was müsste eigentlich an vom Gesundheitssystem unserer Versorgung verändert übernommen („scaling-up“)? (verbessert) werden?
Ganz schwierig ist es mit dem „scaling-up“ (aber Kanada versucht es wenigstens)
… und so sieht die Bestandaufnahme in Kanada aus (am OECD-Mittelwert orientiert)
Zurück nach Europa … (Hand auf Herz, haben Sie davon schon gehört?) 16
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Und was machen unsere Nachbarn? 18
In NL gibt es ein (nationales) Institut für Versorgungsforschung
NL: “Performance Report” bisher alle 2 Jahre ...
... mit klarer Gliederung basierend auf übergeordneten Zielen ... 21
... auch wenn (noch) nicht für alle Domänen Daten zur Verfügung stehen doppelter Auftrag an Versorgungsforschung: Daten zu schaffen/ Indikatoren zu testen + Versorgung zu evaluieren
Ähnlich in Belgien: alle drei Jahre, beinhaltet internationale und und interne Vergleiche 23
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Großbritannien • Beginn Anfang 1990er, getrieben vom Wunsch, NHS-Reformen zu analysieren und Evidenz-basiert zu betreiben: “HSR is defined as any research underpinning improvements in the way health services are organised, planned and delivered, including health technology assessment and public policy research” (NHS Confed. 2005). • Vorteil: EbM-Kultur – d.h. kritischer Umgang mit Daten – und Daten(banken) etabliert • HSR Network – heute HSR UK – vereint Forscher mit „Usern“ (NHS, Körperschaften und Institutionen) • Förderung der Versorgungsforschung: gut entwickeltes „Service Delivery and Organisation“-Programm des National Institute for Health Research (NIHR) & Stiftungen (insb. Health Foundation)
Ein notwendigerweise unvollständiges Fazit • Deutschland bei Versorgungsforschung zwar spät gestartet, aber schnell gewachsen, insb. bzgl. Infrastruktur (DNVF) und Förderung (Innovationsfonds); Schnittstellen zu Public Health und Gesundheitsökonomie bleiben … • Versorgungsforschung müsste sich bzgl. Gesundheits- system-Denken verbessern (vgl. NL, BE): aus Vergleich mit anderen Ländern, eigener Entwicklung und Variabilität zwischen Regionen etc. ergeben sich (prioritäre) Ziele • Öffentlich geförderte Forschung sollte sich an diesen Prioritäten orientieren doppelte Herausforderung: Daten/ Indikatoren + Versorgungsverbesserung Folien unter www.mig.tu-berlin.de
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