VINZENZ-BLICK - Vinzenz-Heim
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VINZENZ-BLICK NACHRICHTEN AUS DEM VINZENZ-HEIM AACHEN 02 // 2019 GESUCHT UND GEFUNDEN … HILLE IST AUTISTIN, ONYX EIN © Dietrich Hackenberg KNOPFÄUGIGER LABRADOODLE „JEDER MENSCH HAT DAS RECHT, MUSIK ZU MACHEN“: FÜNF JAHRE CHORSONANT UND PLÖTZLICH IST SIE ERWACHSEN: EINZUG IN DIE REIMSER STRASSE
2 / / V I NZE NZ-B L I CK EDITORIAL Liebe Leserinnen, liebe Leser, mit dieser Ausgabe haben wir bereits die schöne Herbstzeit Als Einrichtung ist es uns gelungen, den Weg zum Bun- begrüßt. Nun liegt die erholsame Sommer- und Urlaubszeit desteilhabegesetz vorzubereiten und zu beschreiten. Es schon eine Weile zurück, so langsam geht das Jahr 2019 zu wurden hierzu viele Informations- und Beratungsmöglichkei- Ende. Im September hat die Josefs-Gesellschaft den Jah- ten für Bewohner/-innen, Angehörige und Mitarbeiter/-innen resbericht 2018 veröffentlicht, Thema: „Mein Weg zum Ziel“. angeboten, erforderliche Unterlagen für die vielfältigen An- Im Jahre 2018 haben wir hier im Vinzenz-Heim Aachen viele träge zur Beantragung der jeweiligen Leistungen frühzeitig Wege bereitet, um Ziele verwirklichen zu können. zur Verfügung gestellt. Wir haben hiermit einen wesentlichen Im Frühjahr wurde unsere Appartementimmobilie in Her- Beitrag geleistet, die Ziele zu erreichen, die umfangreichen zogenrath für 21 Wohnungen fertiggestellt und bezogen. Neuregelungen zum Jahresanfang 2020 im Antrags- und Viele der Mieter und Leistungsberechtigten der ambulanten Refinanzierungsverfahren abzusichern. Dienste konnten somit ihr Ziel erreichen, endlich eigenständig In dieser Ausgabe finden Sie weitere Beispiele, wo wir neue zu wohnen. Wege beschreiten, um individuelle Ziele der Bewohner/-innen Wir haben viele neue Schülerinnen und Schüler für unser und Mitarbeiter/-innen, aber auch für unsere Einrichtung zu Berufskolleg mit Internatsbereich zum neuen Schuljahr erreichen. begrüßen dürfen. Neues Angebot hier: Ihr Weg zu einem Viel Spaß beim Lesen und eine schöne Herbstzeit. anerkannten Ausbildungsabschluss, staatlich geprüfte Ihre Einrichtungsleitung kaufmännische Assistenten und Assistentinnen, ein Be- rufsabschluss mit Fachhochschulreife. Unsere Schul- und Internatsangebote bieten eine gute Grundlage, schulische und berufliche Ziele zu erreichen. © Michael Jaspers In den Sommerferien nahmen viele Kinder mit und ohne Be- hinderungen unser Angebot der inklusiven Ferienwochen war und gestalteten gemeinsam ihre Freizeit. Viele junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben im August ihre Ausbildung im Vinzenz-Heim Aachen begonnen, neue Wege im Leben, sich beruflich in den unterschiedlichen Bereichen zu qualifizieren und zu arbeiten. Gudrun Jörißen Heinz-Josef Scheuvens KRÄUTERBEETE ZIEREN DIE INTERNATSBALKONE Das Projekt „Vinzenz is(s)t in Bewegung“ ist nachhaltig! Im April 2019 durften wir Herrn Gier, verbunden mit Engagement und päda- stellvertretend für die Initiatoren des gogischem Geschick, junge Menschen Aachener Firmenlaufs, präsentieren, dafür zu begeistern, warme und kalte jungen Menschen pflanzten und pfle- für welche Zwecke wir die zugeteilten Getränke und Speisen zu verfeinern gen die duftenden Kräuter, die blühend Spendengelder eingesetzt hatten. Eine und damit zu experimentieren, was ih- auch noch etwas für das Auge sind. Gruppe von Schülerinnen und Schülern nen schmeckt. So etablierten sich z. B. So zupft man sich zum Beispiel zum aus dem Internat stellte für Gäste und Kräutertees aus frischen Zutaten auf Frühstückstee ein paar Blättchen fri- Herrn Scheuvens aus der Einrichtungs- der täglichen Speisekarte. sche Melisse oder Minze ab und brüht leitung beeindruckend dar, wie sie mit Damit die Kräuter für jedermann, der sich selbst seine individuelle Mischung Kräutern und einfachen Zutaten sehr gerade Lust darauf hat, frisch zur zum Start in den Tag. raffinierte Getränke und kleine Gerich- Verfügung stehen, wurden in einem Eine tolle Idee, natürliche Aromen zu te herstellen kann. Frau Lilia Friesen, nächsten Schritt große Pflanzkästen genießen und jungen Menschen Alter- © Heike Lachmann Mitarbeiterin im IBK, gelang es, durch für die Balkone angeschafft. Sie wur- nativen zu zuckerhaltigen Energiege- ihr eigenes Knowhow über die Ver- den so ausgewählt, dass sie auch für tränken aufzuzeigen! wendung von Kräutern in der Küche, Rollstuhlnutzer gut erreichbar sind. Die Iris Feggeler
V I N ZENZ - B L I CK // 3 © Carolin Cremer-Kruff ACHT JAHRZEHNTE VINZENZ-HEIM Kaum jemand kennt die Aachener Einrichtung so gut wie die 90-jährige Christine Schiffmann Man merkt, dass ihr das Sprechen erklärt Schiffmann. Doch der Abschieds- schweren Jahren nicht. In der Nach- nach einiger Zeit schwerer fällt, doch schmerz wurde etwas gelindert. Denn kriegszeit, ab 1949, wechselte sie in ihr Verstand ist glasklar. Die Erinne- kaum war sie angekommen, traf sie auf den Erwachsenenwohnbereich, wo sie rung hellwach. Christine Schiffmann Maria, ein Mädchen aus ihrer Nachbar- bis heute lebt. Sie hat erlebt, wie das ist eine Ausnahmeerscheinung im Vin- schaft, das nun auch im Vinzenz-Heim Vinzenz-Heim gewachsen ist, wie neue zenz-Heim, eine Zeitzeugin, wie es sie lebte. „Maria schrie vor Freude, als sie Gebäude entstanden sind und auch nur noch wenige gibt. Mit elf Jahren kam mich sah. Es war schön, jemanden hier wie die pädagogische Arbeit sich ver- sie dorthin. Dieses Jahr feierte sie am zu haben, den man kannte. Bis zu ihrem ändert hat. Damalige und heutige Zei- 11. Juli ihren 90. Geburtstag. 79 Jahre Tod vor einigen Jahren waren wir immer ten sind nicht vergleichbar – das betont Vinzenz-Heim – da hat man viel erlebt, in derselben Wohngruppe“, erinnert sich sie immer wieder. In der Wohngruppe viel mitbekommen. Nicht nur einen Welt- Christine Schiffmann. E4 im Ägidius-Fog-Haus lebt sie seit krieg sowie andere politische und gesell- Harte Anfangsjahre vielen Jahren in einem eigenen Zim- schaftliche Ereignisse, sondern auch die Die 90-Jährige blickt zurück auf ihre mer. Erinnerungsstücke und Fotos von Entwicklung des Vinzenz-Heims selbst ersten Jahre in Aachen. Mit fünf ande- Verwandten schmücken den Raum. von einer durch Ordensschwestern ge- ren Kindern lebte sie in einer Gruppe. „Mittlerweile bin ich gerne allein und ge- leiteten Einrichtung, die im Volksmund Die Ordensschwestern, die damals nieße die Ruhe in meinen eigenen vier „Krüppel-Heim“ genannt wurde, hin zu noch das Vinzenz-Heim leiteten, führten Wänden“, gesteht sie. Wenn möglich, einer modernen Einrichtung mit päda- ein strenges Regiment. Freizeitaktivitä- nimmt sie noch an kleineren Ausflügen gogischen Standards für Menschen mit ten gab es wenige, teilweise mussten teil. An den Gemeinschaftsaktivitäten verschiedenen Behinderungen. die Bewohner sich an den Arbeiten in der Gruppe sowieso. Früher hat sie Großes Wiedersehen im Heim beteiligen, Mitspracherecht viel gestickt. Unvergesslich war ihr 90. Ihren ersten Tag im Vinzenz-Heim wird und Teilhabe – Werte, die heute nor- Geburtstag. Eigentlich mag sie nicht so sie nie vergessen. Elf Jahre war sie jung, mal sind – gab es so gut wie gar nicht. viel „Tamtam“, wie sie verrät. Doch die als ihre Eltern sie dorthin brachten. Zuvor In der Schule herrschte – wie damals Schifffahrt mit Einrichtungsleiter Heinz war sie in einer anderen Einrichtung. Die üblich – die Prügelstrafe. Das hinderte Josef Scheuvens auf dem Rursee, zu Trennung von den Eltern war alles ande- die junge Christine jedoch nicht dar- der er sie einlud, war schon etwas Be- re als einfach. Vorwürfe macht sie ihren an, ihre Meinung zu sagen. „Ich habe sonderes. Eltern aber im Nachhinein nicht. „Aufge- immer schon gesagt, wenn mir etwas Viele Bewohner hat Christine Schiffmann wachsen bin ich auf dem Land, es hätte nicht passt oder wenn ich etwas als un- kommen und gehen sehen. Doch trotz nicht funktioniert, wenn ich zu Hause gerecht empfunden habe“, erinnert sie ihres hohen Alters wirkt sie wie ein Fels geblieben wäre. Ich wollte einfach unter sich schmunzelnd zurück. Bei den Or- in der Brandung, ruhig und unerschüt- meinesgleichen sein. Und Unterstützung densschwestern war sie dafür bekannt. terlich sitzt sie in ihrem Rollstuhl. Ihr Ge- wie heute gab es damals für Menschen Eine Schifffahrt zum „Runden“ heimrezept? „Ich war immer zufrieden mit Behinderung nicht. Hier in Aachen Auch die Zeit des Zweiten Weltkriegs mit dem, was ich hatte“, erklärt sie und konnte ich zumindest eine Schule besu- verbrachte sie im Vinzenz-Heim. Viel ergänzt nach kurzem Innehalten: „Und chen, das war zu Hause nicht möglich“, mitbekommen hat sie von diesen ich habe nie Langeweile. Ich beschäfti- ge mich immer.“ Und ihr klarer Verstand hat sie auch nicht verlassen. Das ist ihr wichtig. „Wenn es so bleibt, kann ich © Carolin Cremer-Kruff gerne auch noch 100 Jahre werden“, scherzt sie mit schelmischem Blick. Carolin Cremer-Kruff
4 / / V I NZE NZ-B L I CK PIERO MELE AUS DEM ÄGIDIUS-FOG-HAUS WIRD DEUTSCHER STAATSBÜRGER Feierliche Einbürgerungsfeier im Krönungssaal des Aachener Rathauses © Heike Lachmann Mit sechs Jahren ist der aus Italien stam- höherem Arbeitsaufwand seitens der mende junge Mann Piero Mele 1982 in gesetzlichen Betreuung bei Behörden- den Kinder- und Jugendbereich des gängen, so dass die Idee entstand, dass Vinzenz-Heims eingezogen. Als junger Piero die doppelte Staatsbürgerschaft Erwachsener wechselte er dann in das beantragen könnte. gerungsfeier ins Rathaus eingeladen. Ägidius-Fog-Haus auf dem Stammge- Damit wurde 2018 der längst überfälli- Für diese Gelegenheit hat er sich richtig lände, wo er nun seit vielen Jahren in ge Schritt der Einbürgerung von Piero rausgeputzt: neues Hemd, Hose und der Wohngruppe E1 lebt. Seine italieni- endlich umgesetzt. Überraschender- eine schöne Weste, so dass er richtig sche Staatsbürgerschaft hatte der junge weise erfolgte die Umsetzung sehr „schnieke“ aussah. Die Feier war für Mann mit dem wohlklingenden Namen schnell, dank der bereits vorhandenen den neuen deutschen Staatsbürger mit Piero Mele nie aufgegeben. Dies führte Erfahrung der gesetzlichen Betreuung italienischen Wurzeln eher langweilig. immer wieder zu Schwierigkeiten und mit den Behörden. Die vielen Redner sprachen lang und für Im Frühjahr dieses Jahres war es dann Piero Mele nicht barrierefrei. Begeistert soweit, und wir konnten den deutschen hat ihn dafür der Chor, der zwischen den Personalausweis für Piero abholen. Reden immer wieder Auftritte hatte und Jetzt hat er die doppelte Staatsbür- Piero Mele mitgehen ließ. © Heike Lachmann gerschaft! Am 15. Juni 2019 wurde er Doppelte Staatsbürgerschaft, eine tolle mit der großen Gruppe weiterer neuer Möglichkeit seine Identität nicht aufzu- deutscher Bürger dann von Oberbür- geben und vieles zu vereinfachen! germeister Marcel Philipp zur Einbür- Thomas Schwartz EIN SCHUTZKONZEPT FÜR DAS VINZENZ-HEIM Der Schutz der Bewohner/-innen vor Was uns aber noch fehlt, ist eine ein- Es werden im Oktober und Novem- sexuellem Missbrauch und sexuellen richtungsbezogene „Analyse des ei- ber Befragungen durchgeführt, um Grenzverletzungen ist im Vinzenz-Heim genen Arbeitsfeldes“ = Risikoana- herauszufinden, wo und wie ggf. Be- die gemeinsame Aufgabe aller Mitar- lyse. Dies werden wir in den nächsten wohner/-innen einem Risiko der sexu- beitenden und Leitungsverantwortli- Wochen nachholen. Ein Arbeitskreis ellen Gewalt ausgesetzt sind. Befragt chen. Das meinen wir, wenn wir von „Risikoanalyse“ wurde beauftragt, eine werden „Leistungsberechtigte“ und „Prävention“ sprechen. Risikoanalyse in allen Bereichen des Mitarbeitende aus allen Betreuungsbe- Das Vinzenz-Heim muss sicherstellen, Vinzenz-Heims bis Jahresende durch- reichen (stationär und ambulant). Dabei dass alles dafür getan wird, dass se- zuführen. geht es um „Stichproben“. xuelle Grenzverletzungen verhindert Wie wird denn die „Risikoanalyse“ um- Die Befragungen finden in allen Ab- werden. Auch ist es notwendig, dass gesetzt? teilungen an einem Tag statt, erst mit bei einem Verdacht auf sexuelle Ge- den Bewohner/-innen und dann mit walt schnell gehandelt wird. Wie das den Mitarbeitenden. Moderiert werden geschehen muss, ist klar beschrieben alle Befragungen durch die Kolleginnen im internen „Handlungs- und Infor- des Psychologisch-Heilpädagogi- mationsplan bei (sexualisierter) Ge- schen Dienstes (PHD) und die/den walt / bei Kindeswohlgefährdung“. sexualpädagogische/n Multiplika- Die nebenstehende Grafik des Erz- tor/-in des Bereiches. bistums Köln macht deutlich, dass Zum Jahresende wird unser wir im Vinzenz-Heim in den letzten „Institutionelles Schutzkonzept“ Jahren schon sehr viel dafür getan dann vollständig sein. haben, dass ein gutes „Schutzkon- Horst Thelen zept“ besteht. Zu fast allen Themen haben wir uns qualitativ gut aufge- stellt und Standards für unsere Ar- Institutionelles Schutzkonzept der beit entwickelt. Prävention im Erzbistum Köln
INTERVIEW MIT ANDREAS RIESS V I N ZENZ - B L I CK // 5 ZU AKTUELLEN THEMEN IN DER FÜHRUNG EINES SOZIALUNTERNEHMENS © Dieter Bollmann Zum Januar 2020 greift die drit- J o s ef s- G e s e l l- te Reformstufe des BTHG. Ist die schaft bereits Josefs-Gesellschaft, im Speziellen das seit ca. 10 Jahren Vinzenz-Heim, dafür gut aufgestellt personenzen- oder müssen wir uns Sorgen machen? triert, was nun Die wesentlichen Änderungen finden im auch Bestandteil Bereich der besonderen Wohnformen des BTHG ist. statt. Die dann in Kraft tretende Tren- Dies bedeutet, Zur Person: 48 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, wohnhaft in nung der Leistungen ist zu begrüßen. dass unsere Leis- Sinzig. Seit Mai 2019 Geschäftsführer der Josefs-Gesellschaft Die Vorbereitungen für diesen Schritt tungen individuell gGmbH und Vorstandsmitglied des Josefs-Gesellschaft e. V. laufen in der JG bereits seit 2018, und auf die Bedürf- Vorherige Positionen: Leiter der Abteilung Rehabilitation und wir sind auf diesen Schritt inhaltlich nisse der Leis- Prokurist der Josefs-Gesellschaft gGmbH, interimistischer sehr gut vorbereitet. Mit Bedauern ist tungsnehmenden Geschäftsführer der Josefsheim gGmbh und Geschäftsführer festzustellen, dass nicht alle Rahmen- und an die uns der Heinrich-Haus gGmbH. bedingungen durch den Gesetzge- zur Verfügung ber mit einem ausreichenden Vorlauf stehenden finanziellen Ressourcen derung in den ersten Arbeitsmarkt zu geschaffen worden sind, so dass zu angepasst werden. Nicht zu vergessen integrieren. Mit Hilfe von unterstützen- Anfang nun Übergangsregelungen in sind selbstverständlich auch die Fach- der Kommunikation, der Robotik und Kraft treten. Für die Umsetzung der kompetenzen unserer Mitarbeitenden der damit einhergehenden Anpassung Trennung der Leistungen in Sozialhilfe in allen Segmenten. Auch Innovationen der Arbeitsumgebung sind Menschen und Eingliederungshilfe sind wir in un- sind für unsere Arbeit wichtig, die wir mit Behinderung nicht automatisch seren Tochtergesellschaften und damit anhand von Modellprojekten erproben, benachteiligt. Es eröffnet ihnen eher insbesondere auch im Vinzenz-Heim um dann neue Aufgaben mit kreativen neue Möglichkeiten. Zudem glaube gut gerüstet. Lösungen anzugehen. ich, dass auch unsere Bildungsein- Im Juni haben Sie das Vinzenz-Heim in Immer mehr Menschen mit Behinde- richtungen in der Josefs-Gesellschaft Aachen besucht. Sie hatten die Gele- rung wird ein Leben in einer eigenen tolle Arbeit leisten und unsere Leis- genheit, sich mit vielen Mitarbeitenden Wohnung ermöglicht, das ist politi- tungsnehmenden mit guten Voraus- auszutauschen. Was für ein Eindruck scher Wille. Gibt es hier Grenzen? setzungen auf den ersten Arbeitsmarkt ist entstanden? Uns ist wichtig, dass wir ganz im Sin- vorbereiten. Allerdings habe ich die Mein guter Eindruck hat sich während ne der Bewohner/-innen und deren Erfahrung gemacht, dass Arbeitgeber meines Besuchs gefestigt. Ich habe Bedarfe nach Wohnraum handeln. Oft oft nicht wissen, wie sie mit Menschen viele motivierte und fachlich kompe- ist es hier eine finanzielle Frage der mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt tente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Dienstleistung bzw. eine Frage des umgehen sollen. kennenlernen dürfen. Assistenzsettings, welche wir nicht Gerade hatten wir Sommerferien. Aufgrund Ihrer verschiedenen Stationen direkt beeinflussen können. Ich bin Hat man als Geschäftsführer der in der Josefs-Gesellschaft haben Sie aber der festen Überzeugung, dass Josefs-Gesellschaft mit ca. 10.000 Mit- einen großen Erfahrungsschatz gewon- wir alle Bewohner/-innen in unserem arbeitenden die Möglichkeit, dennoch zu nen. Was ist besonders wichtig, um Rahmen gut begleiten. entspannen und einmal abzuschalten? der Verantwortung gerecht zu werden, Wir erleben, dass es sehr schwer ist, (… lacht) Natürlich hat man auch als Menschen mit Behinderung ein gutes Menschen mit Behinderung (z. B. Schü- Geschäftsführer der Josefs-Gesell- und selbstbestimmtes Leben zu ermög- ler/-innen des Vinzenz-von-Paul-Berufs- schaft die Möglichkeit, abzuschalten. lichen? kollegs) in den ersten Arbeitsmarkt zu Dafür war ich gerade zwei Wochen In erster Linie sind wir ein Sozialunter- integrieren. Die Digitalisierung verstärkt mit meiner Familie in Portugal an der nehmen. Hier ist die Qualität unserer das Problem, weil viele niederschwelli- Algarve. Zeit mit meiner Familie zu ver- angebotenen Dienstleistungen wich- ge Arbeitsplätze wegfallen. Haben Sie bringen, ist mir sehr wichtig und macht tig, und dies spiegelt sich anhand eine Lösung, damit umzugehen? mir unglaublich viel Spaß. Genau dabei der hohen Nachfrage in unseren Ein- Die Digitalisierung ist in meinen Augen kann ich entspannen. richtungen wider. Wir arbeiten in der eine Chance, Menschen mit Behin- Anja Clusmann
6 / / V I NZE NZ-B L I CK UND PLÖTZLICH IST SIE ERWACHSEN UND ZIEHT AUS Einzug aus dem Elternhaus in die Wohngemeinschaft Reimser Straße des Vinzenz-Heims Unsere Tochter Luisa ist 24 Jah- wohner/-innen auschlaggebend im Ent- re alt und vor ca. vier Monaten in scheidungsprozess. Die für uns und für © Dietrich Hackenberg die AWG Reimser Straße gezogen. Luisa notwendige Sicherheit für den Le- Interview mit Luisa Spilles anläss- Seit einigen Jahren ist uns bewusst, bensalltag erhält sie durch die fachliche lich ihres Einzuges in die AWG dass unsere geistig behinderte Toch- Kompetenz und den strukturgebenden Reimser Straße in Aachen ter irgendwann ausziehen wird, um Rahmen in der Außenwohngruppe. sich von uns lösen und weiter zu ver- Warum wolltest du von zu Hause aus- selbstständigen. Im engen alltäglichen Als dann im April dieses Jahres der ziehen? Familienleben wurde deutlich, dass Umzug konkret wurde, war uns allen Ich wollte selbstständiger werden. ihre weiteren Entwicklungsmöglichkei- doch „mulmig“ zumute. Wir waren sehr Woher wusstest du, dass es diese ten im Zusammenleben mit anderen aufgeregt. Mit dem Planen und Einrich- Wohngruppe gibt? Menschen liegen werden. Seit einigen ten des Zimmers konnten sowohl wir Meine Eltern haben mir das erzählt. Jahren haben wir Kontakte zu Einrich- Eltern als auch Luisa der Aufgeregtheit Wie war der erste Besuch in der Wohn- tungen und Trägern geknüpft und uns ein wenig entgegenwirken. Auch hier gruppe? gemeinsam verschiedene Wohnformen halfen uns das Entgegenkommen und Ich war nicht aufgeregt, weil Mama und und Wohnangebote angeschaut. die individuelle Unterstützung durch die Papa dabei waren. Wir haben Plätzchen Mitarbeitenden der AWG. mitgebracht. Eine Bewohnerin (Nathalie Dann kam im Herbst letzten Jahres der Blanke) hat mir ihr Zimmer gezeigt. Es Anruf vom Vinzenz-Heim, dass in der Für uns als Eltern war und ist es eine hat mir gut gefallen. Ich habe gesehen, WG Reimser Straße ein Platz frei wird. Herausforderung, unsere Tochter nach dass ich viele Bewohner schon aus der Schon nach dem ersten Besuch wa- so langer Zeit in die Betreuung anderer Werkstatt kenne. ren wir begeistert und konnten uns gut Menschen zu geben. Die ersten Wochen Wie war der zweite Besuch? vorstellen, dass Luisa sich dort wohl- nach dem Umzug haben gezeigt, dass Papa hatte die Idee, dass ich alleine fühlen kann. Nach anfänglichem Zögern Luisa sich besser zurechtfindet, als von hierbleibe für zwei Stunden. Ich war wurde ein Einzug in die WG auch für uns erwartet. Es gibt auch Schwierigkei- nicht aufgeregt. Eine Betreuerin hat Luisa vorstellbar. Sie entwickelte Stolz, ten und Heimweh in der noch andauern- mit mir und einer Bewohnerin Waffeln und die natürliche Angst vor der großen den Eingewöhnungszeit. Die gilt sowohl gebacken. Das fand ich schön, weil ich Veränderung wurde kleiner. für uns Eltern als auch für Luisa. gerne koche und backe. Wie ging es dann weiter? Die Mitarbeitenden und Bewohner/-in- Nach den ersten vier Monaten freuen Ich habe Mama und Papa gesagt, dass nen luden sie schon bei den ersten wir uns auf ihre Besuchswochenenden. ich hier einziehen möchte. Wir haben Besuchen herzlich ein, WG-Mitglied zu Wir sind stolz auf Luisa, auf die Eigen- dann neue Möbel gekauft, und ich werden. Für einen Menschen mit einer ständigkeit, die sie bereits jetzt zeigt, hatte den Wunsch, dass eine Wand in Autismusspektrumsstörung ist es sehr und wir freuen uns über die beginnen- meinem Zimmer rot ist. Das ist dann so wichtig, mit all seinen Eigenheiten will- de Loslösung, einen ganz normalen gemacht worden. Das fand ich toll. kommen geheißen zu werden. Auch für Entwicklungsprozess eines jungen er- Wie war die erste Übernachtung? uns Eltern war die herzliche Einladung wachsenen Menschen. Ich habe gut geschlafen. Am nächsten und Aufnahme des Teams und der Be- Eltern von Luisa Spilles Morgen war ich beim Frühstück überfor-
V I N ZENZ - B L I CK // 7 dert, und ein Bewohner hat mich ange- fasst. Da habe ich um mich geschlagen. Die Betreuer haben mir dann geholfen und ich habe allen gesagt, dass ich nicht angefasst werden möchte. Die Betreuer haben mir den Kalender mit den Bildern erklärt und ich habe meine Termine dazu gemacht. Die Betreuer haben mir gezeigt, wo ich sehen kann, welcher Betreuer an welchem Tag da ist. Jetzt weiß ich schon gut Bescheid und frage, wenn ich etwas nicht weiß oder verstehe. © Dietrich Hackenberg Wie geht es dir jetzt? Mir geht es gut. Alle sind nett zu mir. Ich möchte hier wohnen. Sabine Kästner und Eva Müller „WIR SITZEN ALLE IN EINEM BOOT“ Dem Alltag entfliehen, ein Angebot unseres Trägers Josefs-Gesellschaft Auch in diesem Jahr fand wieder die kreativen Arbeiten getroffen. Es wurden jährliche Auszeit der JG auf der Marien- Collagen erstellt, Mandalas ausgemalt burg in Bullay an der Mosel statt, unter als auch selbst gezeichnet oder auch dem Motto „Suche den Frieden und getöpfert. Morgens gab es vor dem jage ihm nach.“ (Psalm 34,15). Frühstück immer eine Entspannungs- bewegung für die, die Lust hatten. Im Dieses Mal haben wir vier (Josi Müllem, Anschluss bekam man immer eine Ta- Chantal Bittner, Annette Leffler, Jelena geskarte mit einem schönen, motivie- einfach abzuschalten. Es war auch eine Münnich) uns für das tolle Angebot ent- renden Spruch geschenkt. An einem schöne Gelegenheit, um die Kolleg/-in- schieden. Wie schon im Fortbildungs- Abend haben wir alle zusammen gegrillt nen einmal von einer ganz anderen heft aufgeführt, muss man nur einen und am Abend vor der Abreise gab es Seite kennenzulernen und sich auch geringen Eigenanteil bezahlen und sich eine Abendmahlsfeier, bei der man sei- mit anderen Mitarbeitern aus der JG hierfür keine Urlaubstage nehmen. ne erarbeiteten Kunstwerke vorstellen auszutauschen. Es herrschte ein schö- Die Lage der Marienburg ist sehr idyl- konnte. Die Mitarbeitenden des Orga- nes Klima untereinander, jeder fühlte lisch, hoch oben in den Weinbergen nisationsteams waren alle sehr nett und sich direkt wohl und aufgenommen. mit einem schönen Ausblick, umringt haben sich mit dem Programm sehr viel Diese fünf Tage an der Mosel haben von der Mosel und der Natur. Es gab Mühe gegeben. uns sehr viel Freude bereitet, neue viele Angebote zu dem diesjährigen Man durfte selbst entscheiden, an wel- Energie geschenkt und uns motiviert. Motto, und für jeden war etwas dabei, chen Aktivitäten man teilnehmen wollte Mit frischem Wind konnten wir wieder beispielsweise eine Kanufahrt, eine und an welchen nicht. So konnte man in den Arbeitsalltag starten. Wir können Weinprobe oder auch eine Wanderung auch die Ruhe und Auszeit finden, die dieses Fortbildungsangebot nur jedem mit anschließender Schiffsfahrt auf der man sonst im Alltag nicht hat. Man hatte weiterempfehlen, der einmal aus dem Mosel. Wir haben uns immer wieder die Zeit um in sich zu gehen, mit an- Alltagsstress entfliehen möchte. zum Singen, Meditieren, Malen oder deren ins Gespräch zu kommen oder Jelena Münnich
8 / / V I NZE NZ-B L I CK FUSSBALL SPIELEN MIT ANDEREN MACHT FREUDE Schon seit einiger Zeit gehen wir, drei regelmäßig dienstags in der Sporthalle oft 10 Mannschaften teilnehmen und Bewohner/-innen des Vinzenz-Heimes, der Maria-Montessori-Gesamtschule, alle gegeneinander spielen, dauert ein zum Fußballtraining des BSG Aachen. Bergische Gasse in Aachen. Meistens Turnier meistens den ganzen Tag. Bei BSG heißt Behinderten-Sport- sind wir so etwa zehn Mitspieler/-innen den Turnieren schneiden wir manchmal gemeinschaft und wir treffen uns und wir kennen uns schon länger. nicht ganz so gut ab, aber wir lassen Jeder spielt so gut er kann, manch ei- den Kopf nicht hängen und trainieren ner ist schneller als der andere, aber fleißig weiter! das ist egal. Wir spielen Fußball, weil es Also, falls Du jetzt Lust hast, gemein- uns Spaß macht, nicht weil wir in der sam mit uns und anderen Fußball zu Bundesliga spielen wollen. spielen, und Du Dich von dem Artikel Spannend finden wir, uns auf den Fuß- angesprochen fühlst, so kannst Du ballturnieren mit anderen zu verglei- Dich gerne bei uns melden. Wir neh- chen. Da kommen dann verschiedene men Dich dann zu einem Probetraining Mannschaften hin, z. B. aus Stolberg, mit! Aachen, Köln usw. Etwa einmal im Stephan Ulhas, Monat haben wir ein Turnier, immer an Bewohner der Jugendwohngruppe einem anderen Ort. des Vinzenz-Heimes Eine Mannschaft besteht meist aus sieben Spieler/-innen, ein Spiel dauert Infos unter www.bsgaachen.de etwa 10 Minuten. Da auf einem Turnier EURE JOSEFINE werden, um den Methan-Ausstoß der oder im Garten des Vinzenz-Heimes Kühe zu reduzieren, sind genauso un- Blumen zu sehen. Manch einer könn- sinnig wie das „ewige Schlechte-Gewis- te jetzt sagen: „Würdest Du mit dem sen-Gerede“. Natürlich weiß man, dass Fahrrad und nicht mit dem Auto fahren, das einmalige Fliegen mit dem Flugzeug siehst Du noch mehr Blumen!“ Aber das in den Teneriffa-Urlaub so schädlich ist, würde ich dann kontern mit den Worten: wie ein Jahr Autofahren. Aber das soll ja “Dafür fliege ich aber nicht zwei bis drei nicht bedeuten, dass jetzt alle mit dem Mal im Jahr in Urlaub und fahre auch TACH AUCH! Segelboot übers Meer schippern müs- keinen Diesel!“ Egal wie oder was der Ich bin’s, Eure Josefine! sen, wie das unsere „Future-Freundin“ Mensch tut (radeln, Blümchen pflanzen, Der Klimawandel. Von dem Thema Greta Thunberg vormacht. Man sollte Zug fahren, bewusster einkaufen) … wird man ja ständig überrollt, egal, ob nur mal darüber nachdenken, ob jeder irgendetwas für unsere Umwelt, unser durch „Fridays-for-Future-Demos“, Rad- Flug auch notwendig ist! Klima kann jede/r machen. fahr-Aktionen, den Demos zum Braun- Und dann das Insektensterben! Anfangs Und ich hoffe inständig, dass alle Ebe- kohleabbau oder dem Insekten- und habe ich mich ja über die nicht ver- nen der Machthaber, ob Firmen wie Au- Bienensterben. Und in den Hitzetagen schmutzte Windschutzscheibe meines tohersteller oder Energieunternehmen, in diesem Sommer von 40 °C hat jede/r Autos gefreut. Es ist kein Wunder, dass wie auch alle Politiker weltweit langsam über das Klima gekümmt und die ver- es kaum noch fliegende Mitbewohner mal merken, dass es fünf nach zwölf ist. staubten Ventilatoren aus dem Keller gibt, wenn man die steinigen und recht „Erst wenn der letzte Baum gero- geholt oder nach einer Klimaanlage blumenlosen Vorgärten in unseren Städ- det, der letzte Fluss vergiftet, der verlangt. ten anguckt. Oder die Monokultur in der letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr Unbestritten ist der Klimawandel ein sehr Landwirtschaft, die immer noch mit Pes- merken, dass man Geld nicht essen ernstes Thema. Aber man muss es mit tiziden arbeitet. kann.“ (Zitat der Umweltbewegung aus den Berichten auch nicht übertreiben. Wie schön ist es, am Straßenrand hier den 1980er Jahren) So doofe Ideen, wie z. B. Vegetarierin zu und da Wiesenblumen zu entdecken Eure Josefine
V I N ZENZ - B L I CK // 9 GESUCHT UND GEFUNDEN … Hille ist Autistin, Onyx ein knopfäugiger Labradoodle, beide zusammen ein unschlagbares Team Autismus ist für Hille Dirs nur ein Wort, muss Hille schmunzeln. Diese Hart- ein Versuch, ihr Anderssein und das näckigkeit zahlte sich aus. Nachdem von rund 800.000 anderen Autisten die stolze Summe von 20.000 Euro in Deutschland zu erklären. In eine beisammen war, wurde auch schnell Schublade stecken lassen möchte sich ein passender Assistenzhund in Görlitz Hille schon mal gar nicht. Auch möchte gefunden: der Labradoodle Onxy, ein sie sich nicht auf ihrer Diagnose aus- Mix aus Labrador und Pudel. ruhen, die die heute 19-Jährige mit 15 Ein Neuanfang Jahren erhielt. „Ich glaube, für meine Vor gut einem Jahr dann ein großer Mutter war die Diagnose eine Erleichte- Schicksalsschlag für Hille: Ihre Mutter rung, weil sie immer schon gespürt hat, starb. „Das war ein Schock. Ich war dass ich anders bin. Für mich hat sich ziemlich hilflos. Meine Mutter hatte seit dem Tag jedoch nichts verändert“, vorher alles für mich gemacht. Nun sagt Hille. stand ich von jetzt auf gleich alleine © Dietrich Hackenberg In ihrem Leben dafür umso mehr. da.“ Der Wechsel in ein Internat kam Bestes Beispiel: Onyx. Ein schwarzer für die damals 18-Jährige zunächst gend ist. „Mittlerweile kann ich mir ein knopfäugiger Hund, der der jungen nicht infrage, vor allem da dies eine Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Frau seit drei Jahren als Assistenzhund Trennung von Onyx bedeutet hätte. Wenn er nicht da ist, ist mein Leben kaum einen Tag von der Seite weicht. Erst als ihre Therapeutin ihr vom Vin- ziemlich leer.“ Liebe auf den ersten Blick zenz-Heim erzählte, wo sie selbst zur Nächstes Ziel: Schulabschluss „Bevor Onyx zu mir kam, habe ich mich Entstehung der Wohngemeinschaft Auch schulisch geht es für Hille seit kaum bewegt. Durch ihn werde ich für Schüler/-innen mit Autismus bei- ihrem Einzug ins Internat des Vin- gezwungen, jeden Tag nach draußen getragen hatte, sah sie Licht am Ende zenz-von-Paul-Berufskollegs wieder zu gehen“, erklärt Hille. Da ein solcher des Tunnels. Dort erhielt sie die Chan- bergauf. Hier lernt sie mit professioneller Hund von keiner öffentlichen Stelle ce, mit ihrem vierbeinigen Freund in Hilfe Stück für Stück, sich soziale Fähig- finanziert wird, setzte Hilles Mutter die „Autismus-WG“ einzuziehen, wo keiten im öffentlichen Raum anzutrainie- damals Himmel und Hölle in Bewe- sie seitdem ein kleines Zimmer mit ren. gung, um Spenden zu sammeln. Küche bewohnt. Nur das Schulgebäude Am Vinzenz-von-Paul-Berufskolleg „Insbesondere die evangelische ist für Onyx tabu. möchte sie am liebsten den Realschul- Kirchengemeinde in meinem Heimatort Er ist Hilles bester Freund, der sie be- abschluss erzielen, den Hauptschulab- Kaldenkirchen hat uns unterstützt. Und ruhigt, der ihr Selbstvertrauen gibt, schluss hat sie bereits in der Tasche. auf jedem noch so kleinen Event in der der manchmal auch ein Schutzschild Was danach kommt? Hille weiß es Nähe hat meine Mutter ihren Stand zu der Welt da draußen ist, die für Hille noch nicht. Sie interessiert sich zwar aufgebaut, um Geld zu sammeln“, oft zu laut, zu hektisch und zu anstren- für viele Dinge, kann aber aufgrund ih- rer geringen Belastbarkeit nicht jeden Reih Beruf erlernen. Was sie sich wünscht? © M. de Dass die Gesellschaft offener mit Men- r-Kruff schen umgeht, die anders sind – zum © Carolin Creme Beispiel mit Autisten. Denn dahinter ver- birgt sich mehr als nur ein Wort … Carolin Cremer-Kruff Hille benötigt finanzielle Unterstüt- zung, um Onyx zu versorgen. Wir danken im Vorfeld für Ihre Spenden (Infos auf der Rückseite).
1 0 / / V I NZE NZ-B L I CK IMPRESSIONEN VOM MITARBEITERFEST AUF GUT HEBSCHEID In einer sehr schönen Umgebung bei einer tollen Stimmung und bei ansprechendem Wetter haben mehr als 200 Mitarbeitende auf Gut Hebscheid unser diesjähriges Mit- arbeiterfest gefeiert. Bei anregenden Gesprächen am Lagerfeuer oder an der Theke trafen sich Mitarbeitende nach längerer Zeit wieder oder lernten sich neu kennen. Ganz Mutige schwangen in der Scheune zu guter Musik ihr Tanzbein. Neben einem sehr abwechslungsreichen und leckeren Buffet gab es auch noch eine Tombola. Drei Kolleginnen konnten sich über die Preise freuen. Das Wellness-Wochenende ging an Anne Schilling, die Städtetour an Meriam Tirai und die Heißluftballonfahrt an Diana Mandara. Es war ein rundum gelungener Abend. Einrichtungsleitung und Mitarbeitervertretung
V I N ZE N Z - B L I CK // 1 1 ZU GAST BEI FREUNDEN Freiwillige Friedensdienste im Vinzenz-Heim Seit der Jahrtausendwende arbeiten Heimatland nicht üblich waren und zum „Ich begreife den Unterschied in und leben junge Menschen aus Polen Teil noch nicht sind. der Politik meines Landes und der und Bosnien-Herzegowina in Aa- Jedoch das Herausragende an dieser in Deutschland, wenn es um die chen. Unser Kooperationspartner Pax fruchtbaren Zusammenarbeit sind die Unterstützung von Menschen mit Christi im Bistum regelmäßig über Behinderung geht. Ich finde, das ist Aachen entsendet „Meine Arbeit ist super. Ich liebe, lange Jahre blei- etwas, woran ich arbeiten kann, wenn seit mehr als 25 was ich tue, besonders die täglichen benden Kontakte ich nach Bosnien zurückkehre.“ Jahren Freiwillige Kontakte mit den Menschen … Ich der Bewohner/-in- Daniela Zec (HSO ) ins Ausland und hatte viele Probleme in der Kom- nen und Mitarbei- Sprachen, sondern auch mit sehr viel nimmt Freiwillige munikation, aber es wird immer ter/-innen zu den Engagement für das Brücken-Bauen besser.“ Roza Wyka (AWG Achterstr.) in Aachen auf. Seit Freiwilligen. Die beigetragen. September 2000 haben schon mehr gemeinsamen Erlebnisse, seien es All- Einige der ehemaligen Freiwilligen ha- als 30 junge Männer und Frauen ihren täglichkeiten oder gemeinsame Ferien- ben bis heute noch einen intensiven Dienst im Vinzenz-Heim absolviert und und Begegnungsfreizeiten, werden von Kontakt zu der AWG Achterstraße das Leben in Aachen und Deutschland beiden Seiten als und besuchen sie kennengelernt. wichtige Lern- und „In der Wohngruppe mache ich viel auch regelmäßig. Nach anfänglichen Sprach- und Verstän- Erfahrungsfelder mit Anita, mit der ich jeden Tag Andere haben digungsproblemen entwickelten sich angesehen und einen besseren Kontakt bekomme. uns auch zu ihrer alle zu Personen mit hilfreichen Händen bleiben lange in Er- Wir sind gerade beim Malen – ver- Hochzeit eingela- in der Arbeit in den Wohngruppen. Aus- innerung. Mehrere schiedene Motive, verschiedene den oder aber ma- gehend von der AWG Achterstraße wur- deutsch-polnische Figuren – bunt und frühlingshaft“ chen regelmäßig den weitere Freiwillige im Heinrich-Som- Begegnungsreisen Kasia Kaczmarek (AWG Achterstr.) Werbung, damit mer-Haus, im Ägidius-Fog-Haus E3 und in beide Länder und nach Holland zum auch in den nächsten Jahren weitere in der AWG Reimser Straße eingesetzt. gemeinsamen Segeln haben gezeigt, junge Erwachsene den Weg zu uns Für die Mitarbei- dass auch mit finden, um ähnlich gute Erfahrungen ter/-innen und Be- „Es ist immer gut zu sehen, wie die wenigen Sprach- zu machen. Wieder Leute sich freuen, wenn ich komme. kenntnissen ge- „Mit jedem Tag wohner/-innen in andere haben auch ihr Das gibt mir eine große Energie.“ bin ich näher an den Wohngruppen meinsam Theater Glück hier in Deutsch- meinen Schütz- bedeutet dies oft Dragana Savrljuga (HSO) gespielt, gesun- land gefunden oder lingen. Ich hof- Alltagsassistenz und Freizeitaktivitäten, gen und getanzt werden kann. Dazu arbeiten heute im Vin- fe, dass sie mir z. B. Spaziergänge, begleitete Einkäufe haben die Freiwilligen nicht nur durch zenz-Heim. Hier Aus- vertrauen, so und Wünsche der Bewohner möglich das Sprechen und Verstehen beider schnitte einiger Zitate wie ich ihnen.“ zu machen, die sonst unter den Tisch aus den Rundbriefen Piotr Mikolajczak fallen würden. Je nach Interesse, Vor- der Freiwilligen, die (AWG Reimser Str.) ausbildung und Zutrauen übernehmen über die Homepage sie auch Anteile in der Grundpflege von Pax Christi im Bistum Aachen der Bewohner/-innen. Die Freiwilli- zu lesen sind (www.paxchristi.de). gen lernen eine neue Sprache und Ich bedanke mich für die gute Kultur kennen und dabei oft einen Zusammenarbeit bei allen Men- neuen und anderen Umgang mit schen, die diese fruchtbaren Be- Menschen mit Einschränkun- gegnungen ermöglicht haben. gen, wie sie sonst in ihrem Lambert Esser
1 2 / / V I NZE NZ-B L I CK ZUKUNFT PERSONAL Was bringt die Zukunft und wie können wir sie meistern? Seit 2009 gilt in Deutschland die „Zu- kunft Personal“ – so lautet der wegwei- © Sean Gladwell sende Titel einer europaweiten Messe, welche sich bereits seit 20 Jahren mit den aktuellen Gegebenheiten, Trends und Zukunftsfragen im Sinne der Per- // Wie gehen wir damit um, dass wir permanent ineinander greifen und sich sonalforschung beschäftigt. nahezu eine Vollbeschäftigung in gegenseitig stark beeinflussen. In unserer Branche ist der Fachkräf- Deutschland haben, es gleichzeitig In einem sehr anregenden, intensiven temangel kein Mythos, sondern be- aber an vielen Ecken an den richti- und äußerst vielfältigen Austausch wur- reits ständiger Begleiter. Geeignete gen Fachkräften fehlt? de deutlich, dass die Bewertung über Nachwuchskräfte sind nicht einfach alle Teilnehmergruppen hinweg bei zu finden. Gute Kandidaten dann auch Viele der gängigen Erfolgsrezepte aus vielen Themen recht ähnlich verläuft. zu halten, stellt noch einmal eine ganz vergangenen Tagen greifen heute nicht Sicherlich gab es auch genügend dif- andere Herausforderung dar. Sicher- mehr oder nur noch bedingt – neue ferierende Wahrnehmungen, gerade in lich haben wir in den letzten Jahren müssen gefunden werden. So wie man Themenbereichen wie Einsatzplanung einige gute Strategien entwickeln kön- die Segel neu setzt, wenn der Wind aus oder Work-Life-Balance, die naturbe- nen, die bislang noch vieles auffangen einer anderen Richtung weht, so sind dingt schon ein hohes Maß an Indivi- konnten. Ich denke da an unsere Aus- Vorgehensweisen beweglich zu halten dualwünschen hervorrufen. bildungsoffensive, die Festschreibung und einmal getroffene Entscheidungen Dies ist eine Form, sich Fragen wie von gezielten Maßnahmen zum Qua- bei Bedarf zu justieren. den oben genannten zu nähern, eine lifikationserhalt und -ausbau oder zur Bei dieser Justierung setzen wir im andere sind basierende Infrastrukturen Stabilisierung des Durchschnittsalters, Vinzenz-Heim auf das Know-how der wie unser Intranet oder das QM-Wiki. die Stärkung des Anteils von Frauen Mitarbeitenden. Wir sehen sie als Sie bieten jede Menge Möglichkeiten, in Führungspositionen (auf 47%) oder Mitgestalter, die stolz auf ihre Arbeit die komplette Belegschaft in die Wei- auch den verstärkten Einsatz von Digi- sind und sich mit dem Unternehmen terentwicklung des strategischen wie talisierungsprozessen. identifizieren. Zuletzt haben Ende Juli operativen Geschehens aktiv einzu- Mitarbeitende aus allen Bereichen, binden. Ein Nutzen für alle Beteiligten. Dennoch tun sich einige drängende MAV-Vertreter, die Einrichtungsleitung Durch das systematische Einholen Fragen auf: und verschiedene Führungskräfte im von Meinungen und fachlichem Rat, // Wie geht’s weiter? Wie sieht unser Rahmen eines World-Café-Szenarios durch die Vielfalt von Ideen und durch Umfeld in sechs, zwölf oder gar 24 über Zukunftsthemen rund um Mitar- die aktive Mitarbeit entstehen Ent- Monaten aus? beiterakquise, Mitarbeitereinsatz und scheidungen auf einer breiteren Basis. // Wo finden wir geeignete Fachkräfte Personalbindung diskutiert. Gegenseitiges, hierarchie- und abtei- und Unterstützer, und wie können Im Vordergrund stand dabei der aktive lungsübergreifendes Abstimmen und wir sie am besten erreichen? Austausch über Sichtweisen (Wo sind Konsultieren schafft dazu eine Kultur // Wie können wir sie von unserem wir bereits stark? Wo läuft es noch nicht der Wertschätzung, der Transparenz, Auftrag, unserem Unternehmen und rund?), Ideen & Utopien (Was sind un- des Vertrauens und der Partnerschaft. der Tätigkeit überzeugen? sere Wünsche? Was würden/könnten Es verstärkt außerdem ein Verständ- // Wie können wir einem Menschen wir tun, wenn wir alle Macht und alles nis für die Arbeit der anderen. Jeder erklären, dass es für seine persönli- Geld zur Verfügung hätten?) und die Beteiligte wird dabei gleichzeitig zum che Entwicklung sinnvoll und positiv Frage, wie sich diese realisieren lassen Berater und zum Lernenden. wäre, einen Job genau in unserem könnten (Wo finden wir gemeinsame Die Krux liegt hier oft noch in einer eher Unternehmen anzutreten? Ideen? Welche nächsten Schritte sind zurückhaltenden, defensiven Nutzung // Mit welchen positiven Anreizen zu gehen?). solcher Möglichkeiten. Aber vergessen lassen sich Mitarbeitende an das Recht schnell wurde klar, dass die The- wir eins nicht: Menschen machen Un- Vinzenz-Heim binden? men wie Fachkräftemangel, Einsatzpla- ternehmen – also lassen Sie uns die // Was bewegt die Menschen beim nung, Work-Life-Balance, Arbeitgeber- Zukunft gemeinsam gestalten. Thema Arbeit und darüber hinaus? marke, Personalbindung und Recruiting Achim Steinbusch
V I N ZE N Z - B L I CK // 1 3 KOLLEGEN UND KOLLEGINNEN DER ZUKUNFT Teamtraining für die Auszubildenden ist Bestandteil der Ausbildung 2019 gab es für alle 35 Auszubildenden nen. Trotz unserer unterschiedlichen auch Schwächen wurden bei jedem ein zweitägiges Teamtraining. Diese Charaktere, Vorstellungen und Ideen entdeckt, die zu Anerkennung und Fortbildung zielt auf den Kompetenzer- konnten wir immer das gemeinsame Akzeptanz geführt haben. werb für die Arbeit in Teams ab, denn Ziel erreichen. Auch wenn manche die zukünftigen Kolleginnen und Kolle- Problemstellungen sehr herausfor- Wir fanden, es war ein sehr schönes gen werden immer wieder Bestandteil dernd waren, konnten wir uns jederzeit Azubiteamtraining. Man hatte die von größeren oder kleinen Teams sein. gegenseitig unterstützen. Es wurde ein Möglichkeit, Auszubildende kennen- Hier Schlüsselqualifikationen zu erwer- Rahmen geboten, der es ermöglichte, zulernen, die man vorher nicht oft ge- ben hilft, im Alltag professioneller und jedem zuzuhören und offen miteinander sehen hat. Außerdem konnte man den respektvoller miteinander umzugehen. zu sprechen. Die Problemstellungen Zusammenhalt spüren. Wenn man ein Auch schon während der Ausbildung führten dazu, über unseren „Schat- Spiel nicht auf Anhieb geschafft hat und wechseln die Auszubildenden aller ten“ zu springen, wie beispielsweise die ganze Gruppe wegen einer Person Ausbildungsberufe immer wieder die von anderen durch ein Netz gehoben von vorne beginnen musste, wurde die Abteilungen und müssen sich in neue zu werden. Hier waren Teamgeist und Situation mit Humor genommen und Teams integrieren. Ziel der zweitägi- Vertrauen unabdingbar. niemand wirkte genervt. Die Aufgaben gen Schulung von Haus Hohenfried in waren sehr abwechslungsreich und Schleiden war es, das eigene Handeln Wir bekamen Zeit, uns während der ließen sich sehr gut auf die Arbeit als zu spiegeln, um das eigene Verhalten zwei Tage auszutauschen und Er- Heilerziehungspfleger, als auch auf die zu überdenken und möglicherweise zu fahrungen mitzuteilen, Probleme zu Arbeit in anderen Abteilungen anwen- verändern. erläutern und Schwierigkeiten zu er- den. Schön waren auch die Unterkunft örtern. Wir kamen aus verschiedenen und die Umgebung im Grünen. Stimmen der Auszubildenden: Bereichen und Ausbildungsformen Das Teamtraining gab uns die Mög- und haben durch die Übungen Ge- Nora Habbel, Jelena Münnich, Mandy lichkeit, einander besser kennenzuler- meinsamkeiten entdeckt. Stärken als Keilhauer und Ulrike Jannausch Ausbildung, Investition in die Zukunft! Daten/Fakten und Auszeichnungen 2009 2019 2019 // 3 Altenpflegerinnen // 1 Berufspraktikant Erzieher // Übernahmequote durchgehend // 1 Bürokauffrau // 3 Berufspraktikanten Heilerzie- bei 75 – 80% // 1 Hauswirtschafterin hungspflege // Neun Absolventen 2019 // 3 Berufspraktikanten // 1 Köchin // Zehn neue Auszubildende 2019 In 5 Abteilungen fand Ausbildung // 2 Hauswirtschafterinnen // Viermal zweistündige statt // 2 Duale Studentinnen Ausbildungstreffen pro Jahr // 2 Kauffrauen für Büromanagement // 2019: Zwei Auszubildenden- und // 1 Kauffrau im Gesundheitswesen eine Anleiterschulungen // 23 Heilerziehungspfleger // Jedes Jahr ein Ausbildungssom- In 17 Abteilungen findet merfest mit Verabschiedung und Ausbildung statt Begrüßung // 2017 und 2018 ausgezeichnet mit „Bester Ausbilder Deutschlands“
1 4 / / V I NZE NZ-B L I CK Beide Bilder © Anja Clusmann JEDER MENSCH HAT DAS RECHT, MUSIK ZU MACHEN „ChorSonant“ bereichert seit fünf Jahren den Sozialraum Aachen-Burtscheid Seit fünf Jahren trifft sich eine Gruppe men Genuss des verdienten Applauses. Viele neue Fragen ergeben sich über das von Menschen aus dem Vinzenz-Heim Auftritte in der Nadelfabrik, ein Flash- gemeinsame Singen und erweitern den und dem Vinzenz-von-Paul-Berufs- mob in Burtscheid sowie ein Auftritt im Horizont aller im Chor. Gemeinsam ist kolleg, von Studierenden der Sozialen Aachener Dom waren schon dabei. allen, dass sich nach dem Lampenfieber Arbeit der Katholischen Hochschule Neben der Freude des gemeinsa- auf der Bühne die Glückshormone ein- NRW, Aachen (KatHO) sowie Bürgerin- men Singens ist Marion Gerards, die stellen. „Das ist dann einfach nur noch nen und Bürger aus natürlich auch festes ein geiles Gefühl“, sind sich alle einig. „Der Chor singt, tanzt und Aachen-Burtscheid, Mitglied des Chores Zwischen vielen Sängerinnen und schauspielern kann er auch.“ um gemeinsam zu sin- ist, noch ein anderer Sängern ist über die Zeit eine enge Chorleiterin Sabine Busse gen. Angeleitet werden Aspekt wichtig: „Ich Verbundenheit entstanden. „Ich freue sie von Chorleiterin Guiomar Marquez- möchte das stereotype Bild von Men- mich schon auf die nächste Chor- Ranke, im letzten Jahr vertreten durch schen erweitern. Hier werden nicht die runde“, sagt Studentin Alesia Bakalli. Sabine Busse. Die schöne Kapelle Menschen mit Behinderung inkludiert, Wünschen würde man sich eine noch des Vinzenz-Heims wird immer don- sondern, wenn überhaupt, die Men- intensivere Teilnahme von Bewohne- nerstags für die wöchentlichen Proben schen ohne Behinderung“, sagt sie. rinnen und Bewohnern aus dem Vin- genutzt. Für die Studierenden läuft die Regelmäßige Reflexionen mit ihren Stu- zenz-Heim. „Die Studierenden können Teilnahme am Chor im Rahmen eines dierenden sind ihr daher sehr wichtig, gerne angesprochen werden, um Inte- Seminars. Das heißt, die Teilnehmen- aber auch Gespräche mit allen Sänge- ressierte zur Chorprobe in die Kapelle den wechseln jedes Semester, manche rinnen und Sängern vor und nach der zu begleiten – und wieder zurück“, bleiben aber auch einfach dabei. „Mei- Chorprobe. Neue Ressourcen werden bietet Marion Gerards an. Die neue ne Frau und ich haben eine Möglichkeit entdeckt und genutzt. Wie gelingt Chorrunde startete am 26. September gesucht, einfach zu singen“, erzählt es, Menschen mit unterschiedlichen um 18 Uhr in der Kapelle. Reiner Nehrlich, einer der Bürger, die Voraussetzungen beim Singen zusam- Anja Clusmann mit Begeisterung den Chor bereichern. menzubringen? Was muss dabei be- STIMME EINER Initiatorin des Chores ist Marion achtet werden? Wie lerne ich ein Lied, SÄNGERIN Gerards, Professorin für Ästhetik wenn ich keine Noten lesen kann? und Kommunikation der KatHO. Als Sozialpädagogin und promovierte Mein Name ist Carolin Coslar, ich bin 19 Jahre alt und wohne in Jülich. Musikwissenschaftlerin ist es ihr ein Zurzeit besuche ich die Oberstufe des Vinzenz-von-Paul-Berufskollegs. großes Anliegen, Menschen mit und Von meinem 8. bis zu meinem 15. Lebensjahr habe ich in einem Kinder- und ohne Behinderung das gemeinsame Jugendchor gesungen, das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Singen zu ermöglichen, und zwar Ich finde es super, dass in diesem Chor sowohl Studenten der KatHO als auch nicht in Form einer Therapie oder ei- Bewohner des Vinzenz-Heims mitmachen. Besonders aber gefällt mir, dass auch nes Singkreises, sondern in einem Integration eine bestimmte Rolle spielt, denn so können auch Leute, deren Alltag „professionellen“ Chor. Das bedeutet nicht gerade einfach ist, Spaß haben. Aber trotzdem wird auch ziemlich viel An- eine intensive Probenphase mit einem spruch erwartet, denn der Chor hat drei- und vierstimmige Songs in petto. Dazu ästhetisch-musikalischen Anspruch gehören deutsche, englische und hebräische Lieder. (man singt natürlich mehrstimmig) und Zum Schluss möchte ich noch betonen, dass die Leute sehr freundlich sind und endet mit Auftritten und dem gemeinsa- eine Gemeinschaft daraus geworden ist.
V I N ZE N Z - B L I CK // 1 5 ANGEKOMMEN! Betreutes Wohnen in Kohlscheid – für Frank Malinka genau das Richtige Die Wohnung ist picobello aufgeräumt, als Sänger seine Bandprobe mit den die offen stehende Balkontür lässt Rolling Bones hat. warme Luft hinein und im Hintergrund Zurück in die „Heimat“ hört man das monotone Köcheln einer 1977 kam Frank Malinka als Neunjähri- Kaffeemaschine. Ein Sommertag. ger ins Vinzenz-Heim. Zehn Jahre später Frank Malinka sitzt entspannt am wechselte er in eine Außenwohngruppe. Tisch seiner 54-Quadratmeter-Woh- Dort lernte er Ulla Heister kennen, die nung in Herzogenrath-Kohlscheid. Am damals die Gruppe betreute. Sie wurde Wochenende kommt seine Freun- seine Betreuerin und ist es auch heute „Natürlich bekommen Bewo-Bewoh- din Therese zu Besuch. Seit sechs noch. Abgesehen von der Zeit, in der ner, wo nötig, auch Hilfestellung“, sagt Jahren sind die beiden ein Paar. Sie Malinka einen Abstecher nach Bigge Heister. Sie unterstützt Malinka drei lebt in einer Außenwohngruppe des ins Sauerland machte, wo er von 1993 Stunden pro Woche, zum Beispiel bei Vinzenz-Heims. Malinka hat Anfang bis 2008 in einer anderen Einrichtung Behördengängen oder Arztbesuchen. dieses Jahres seine Wohnung in lebte. Dort machte Malinka auch seine Sie hat ihn auch bei der Bewerbung für dem neu erbauten Appartmenthaus erste Bewo-Erfahrung. „Nach vierzehn die Wohnung in Kohlscheid gecoacht. in unmittelbarer Nachbarschaft des Jahren wollte ich aber doch wieder zu- Ein anderer Kollege steht zwei Stun- Wilhelm-Rombach-Hauses bezogen. rück in die alte Heimat. Den Kontakt den pro Woche für Freizeitaktivitäten Nach vierjähriger Planungs- und Bau- hierhin habe ich nie abgebrochen“, zur Verfügung. „Darüber hinaus gibt es zeit konnte die Josefs-Gesellschaft erzählt der heute 50-Jährige. Er fand aber auch eine emotionale Bindung, gGmbH Vinzenz-Heim Aachen hier vor eine Wohnung in der Brüggemannstra- wir kennen uns ja schon 32 Jahre. mehr als einem halben Jahr den drei- ße, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Da hat man ein offenes Ohr für alle stöckigen Neubau mit 21 barrierefreien der Außenwohngruppe, wo er einmal Lebensthemen“, erklärt Heister. Gute Mietwohnungen eröffnen. gelebt hatte. Und auch Ulla Heister Kontakte hat Malinka mittlerweile auch Freiheit pur war wieder an seiner Seite. „Man hat zu einigen anderen Bewohnern des Ap- Frank Malinka ist glücklich, dass er direkt gemerkt, dass Bewo genau das partmenthauses geknüpft. „Und wenn hier im Herzen von Kohlscheid eines Richtige für ihn ist, dass er sein eigenes es mir dann doch mal zu viel wird, dann der 18 Einzelappartments ergattern Reich braucht, einen Raum, wo er sich gehe ich einfach zurück in meine eige- konnte. Denn Betreutes Wohnen – kurz auch mal zurückziehen kann“, erzählt nen vier Wände, wo ich einfach nur für Bewo – ist für ihn genau das Richtige, Heister. mich sein kann“, sagt Malinka. ein „Freiheitsgefühl“. Es ist zwar nicht Verantwortung übernehmen Carolin Cremer-Kruff seine erste Bleibe dieser Art, aber hier Gleichzeitig betont sie aber auch, in Kohlscheid ist er endlich angekom- dass diese Wohnform nicht für jeden men, wie er betont. Die Wohnungen geeignet ist. Grundvoraussetzung ist, sind alle modern, barrierefrei, mit dass man in der Lage ist, Verantwor- einer Einbauküche ausgestattet und: tung für sich selbst und sein Leben zu Sie sind bezahlbar. Für stark geh- übernehmen, dass man seine Woh- behinderte Menschen wie Malinka oder nung in Ordnung halten kann, an den Rollstuhlfahrer stehen ein Aufzug und Einkauf denkt. Auch hygienische elektrische Türöffner zur Verfügung Aspekte sind wichtig. „Wenn ein sowie große geräumige Badezimmer. Bewohner schon nicht freiwillig Auch das Drumherum passt: Die wich- duscht, wird es schwierig“, tigsten Geschäfte sind zu Fuß oder mit erklärt Heister. Zu guter Beide Bilder © Carolin Cremer-Kruff dem Scooter erreichbar. Drei Buslinien Letzt muss man auch fahren in verschiedene Richtungen. damit klarkommen Malinka kann zum Beispiel mit dem können, dass man Bus in die Neuenhofstraße zur Arbeit gelegentlich fahren. Oder auch zum Aachener allein in der Woh- Vinzenz-Heim, wo er jeden Mittwoch nung ist.
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