VINZENZ-BLICK - Vinzenz-Heim

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VINZENZ-BLICK - Vinzenz-Heim
VINZENZ-BLICK
                        NACHRICHTEN AUS DEM VINZENZ-HEIM AACHEN   02 // 2019

                        GESUCHT UND GEFUNDEN …
                        HILLE IST AUTISTIN, ONYX EIN
© Dietrich Hackenberg

                        KNOPFÄUGIGER LABRADOODLE

                        „JEDER MENSCH HAT DAS RECHT, MUSIK
                        ZU MACHEN“: FÜNF JAHRE CHORSONANT

                        UND PLÖTZLICH IST SIE ERWACHSEN:
                        EINZUG IN DIE REIMSER STRASSE
VINZENZ-BLICK - Vinzenz-Heim
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                   EDITORIAL
                   Liebe Leserinnen, liebe Leser,
                   mit dieser Ausgabe haben wir bereits die schöne Herbstzeit        Als Einrichtung ist es uns gelungen, den Weg zum Bun-
                   begrüßt. Nun liegt die erholsame Sommer- und Urlaubszeit          desteilhabegesetz vorzubereiten und zu beschreiten. Es
                   schon eine Weile zurück, so langsam geht das Jahr 2019 zu         wurden hierzu viele Informations- und Beratungsmöglichkei-
                   Ende. Im September hat die Josefs-Gesellschaft den Jah-           ten für Bewohner/-innen, Angehörige und Mitarbeiter/-innen
                   resbericht 2018 veröffentlicht, Thema: „Mein Weg zum Ziel“.       angeboten, erforderliche Unterlagen für die vielfältigen An-
                   Im Jahre 2018 haben wir hier im Vinzenz-Heim Aachen viele         träge zur Beantragung der jeweiligen Leistungen frühzeitig
                   Wege bereitet, um Ziele verwirklichen zu können.                  zur Verfügung gestellt. Wir haben hiermit einen wesentlichen
                   Im Frühjahr wurde unsere Appartementimmobilie in Her-             Beitrag geleistet, die Ziele zu erreichen, die umfangreichen
                   zogenrath für 21 Wohnungen fertiggestellt und bezogen.            Neuregelungen zum Jahresanfang 2020 im Antrags- und
                   Viele der Mieter und Leistungsberechtigten der ambulanten         Refinanzierungsverfahren abzusichern.
                   Dienste konnten somit ihr Ziel erreichen, endlich eigenständig    In dieser Ausgabe finden Sie weitere Beispiele, wo wir neue
                   zu wohnen.                                                        Wege beschreiten, um individuelle Ziele der Bewohner/-innen
                   Wir haben viele neue Schülerinnen und Schüler für unser           und Mitarbeiter/-innen, aber auch für unsere Einrichtung zu
                   Berufskolleg mit Internatsbereich zum neuen Schuljahr             erreichen.
                   begrüßen dürfen. Neues Angebot hier: Ihr Weg zu einem             Viel Spaß beim Lesen und eine schöne Herbstzeit.
                   anerkannten Ausbildungsabschluss, staatlich geprüfte              Ihre Einrichtungsleitung
                   kaufmännische Assistenten und Assistentinnen, ein Be-
                   rufsabschluss mit Fachhochschulreife. Unsere Schul- und
                   Internatsangebote bieten eine gute Grundlage, schulische
                   und berufliche Ziele zu erreichen.

                                                                                                                                                      © Michael Jaspers
                   In den Sommerferien nahmen viele Kinder mit und ohne Be-
                   hinderungen unser Angebot der inklusiven Ferienwochen
                   war und gestalteten gemeinsam ihre Freizeit.
                   Viele junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben im August
                   ihre Ausbildung im Vinzenz-Heim Aachen begonnen, neue
                   Wege im Leben, sich beruflich in den unterschiedlichen
                   Bereichen zu qualifizieren und zu arbeiten.                                Gudrun Jörißen                  Heinz-Josef Scheuvens

                   KRÄUTERBEETE ZIEREN DIE INTERNATSBALKONE
                   Das Projekt „Vinzenz is(s)t in Bewegung“ ist nachhaltig!

                   Im April 2019 durften wir Herrn Gier,       verbunden mit Engagement und päda-
                   stellvertretend für die Initiatoren des     gogischem Geschick, junge Menschen
                   Aachener Firmenlaufs, präsentieren,         dafür zu begeistern, warme und kalte            jungen Menschen pflanzten und pfle-
                   für welche Zwecke wir die zugeteilten       Getränke und Speisen zu verfeinern              gen die duftenden Kräuter, die blühend
                   Spendengelder eingesetzt hatten. Eine       und damit zu experimentieren, was ih-           auch noch etwas für das Auge sind.
                   Gruppe von Schülerinnen und Schülern        nen schmeckt. So etablierten sich z. B.         So zupft man sich zum Beispiel zum
                   aus dem Internat stellte für Gäste und      Kräutertees aus frischen Zutaten auf            Frühstückstee ein paar Blättchen fri-
                   Herrn Scheuvens aus der Einrichtungs-       der täglichen Speisekarte.                      sche Melisse oder Minze ab und brüht
                   leitung beeindruckend dar, wie sie mit      Damit die Kräuter für jedermann, der            sich selbst seine individuelle Mischung
                   Kräutern und einfachen Zutaten sehr         gerade Lust darauf hat, frisch zur              zum Start in den Tag.
                   raffinierte Getränke und kleine Gerich-     Verfügung stehen, wurden in einem               Eine tolle Idee, natürliche Aromen zu
                   te herstellen kann. Frau Lilia Friesen,     nächsten Schritt große Pflanzkästen             genießen und jungen Menschen Alter-
© Heike Lachmann

                   Mitarbeiterin im IBK, gelang es, durch      für die Balkone angeschafft. Sie wur-           nativen zu zuckerhaltigen Energiege-
                   ihr eigenes Knowhow über die Ver-           den so ausgewählt, dass sie auch für            tränken aufzuzeigen!
                   wendung von Kräutern in der Küche,          Rollstuhlnutzer gut erreichbar sind. Die        Iris Feggeler
VINZENZ-BLICK - Vinzenz-Heim
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© Carolin Cremer-Kruff

                         ACHT JAHRZEHNTE VINZENZ-HEIM
                         Kaum jemand kennt die Aachener Einrichtung so gut wie die 90-jährige
                         Christine Schiffmann

                         Man merkt, dass ihr das Sprechen              erklärt Schiffmann. Doch der Abschieds-    schweren Jahren nicht. In der Nach-
                         nach einiger Zeit schwerer fällt, doch        schmerz wurde etwas gelindert. Denn        kriegszeit, ab 1949, wechselte sie in
                         ihr Verstand ist glasklar. Die Erinne-        kaum war sie angekommen, traf sie auf      den Erwachsenenwohnbereich, wo sie
                         rung hellwach. Christine Schiffmann           Maria, ein Mädchen aus ihrer Nachbar-      bis heute lebt. Sie hat erlebt, wie das
                         ist eine Ausnahmeerscheinung im Vin-          schaft, das nun auch im Vinzenz-Heim       Vinzenz-Heim gewachsen ist, wie neue
                         zenz-Heim, eine Zeitzeugin, wie es sie        lebte. „Maria schrie vor Freude, als sie   Gebäude entstanden sind und auch
                         nur noch wenige gibt. Mit elf Jahren kam      mich sah. Es war schön, jemanden hier      wie die pädagogische Arbeit sich ver-
                         sie dorthin. Dieses Jahr feierte sie am       zu haben, den man kannte. Bis zu ihrem     ändert hat. Damalige und heutige Zei-
                         11. Juli ihren 90. Geburtstag. 79 Jahre       Tod vor einigen Jahren waren wir immer     ten sind nicht vergleichbar – das betont
                         Vinzenz-Heim – da hat man viel erlebt,        in derselben Wohngruppe“, erinnert sich    sie immer wieder. In der Wohngruppe
                         viel mitbekommen. Nicht nur einen Welt-       Christine Schiffmann.                      E4 im Ägidius-Fog-Haus lebt sie seit
                         krieg sowie andere politische und gesell-     Harte Anfangsjahre                         vielen Jahren in einem eigenen Zim-
                         schaftliche Ereignisse, sondern auch die      Die 90-Jährige blickt zurück auf ihre      mer. Erinnerungsstücke und Fotos von
                         Entwicklung des Vinzenz-Heims selbst          ersten Jahre in Aachen. Mit fünf ande-     Verwandten schmücken den Raum.
                         von einer durch Ordensschwestern ge-          ren Kindern lebte sie in einer Gruppe.     „Mittlerweile bin ich gerne allein und ge-
                         leiteten Einrichtung, die im Volksmund        Die Ordensschwestern, die damals           nieße die Ruhe in meinen eigenen vier
                         „Krüppel-Heim“ genannt wurde, hin zu          noch das Vinzenz-Heim leiteten, führten    Wänden“, gesteht sie. Wenn möglich,
                         einer modernen Einrichtung mit päda-          ein strenges Regiment. Freizeitaktivitä-   nimmt sie noch an kleineren Ausflügen
                         gogischen Standards für Menschen mit          ten gab es wenige, teilweise mussten       teil. An den Gemeinschaftsaktivitäten
                         verschiedenen Behinderungen.                  die Bewohner sich an den Arbeiten          in der Gruppe sowieso. Früher hat sie
                         Großes Wiedersehen                            im Heim beteiligen, Mitspracherecht        viel gestickt. Unvergesslich war ihr 90.
                         Ihren ersten Tag im Vinzenz-Heim wird         und Teilhabe – Werte, die heute nor-       Geburtstag. Eigentlich mag sie nicht so
                         sie nie vergessen. Elf Jahre war sie jung,    mal sind – gab es so gut wie gar nicht.    viel „Tamtam“, wie sie verrät. Doch die
                         als ihre Eltern sie dorthin brachten. Zuvor   In der Schule herrschte – wie damals       Schifffahrt mit Einrichtungsleiter Heinz
                         war sie in einer anderen Einrichtung. Die     üblich – die Prügelstrafe. Das hinderte    Josef Scheuvens auf dem Rursee, zu
                         Trennung von den Eltern war alles ande-       die junge Christine jedoch nicht dar-      der er sie einlud, war schon etwas Be-
                         re als einfach. Vorwürfe macht sie ihren      an, ihre Meinung zu sagen. „Ich habe       sonderes.
                         Eltern aber im Nachhinein nicht. „Aufge-      immer schon gesagt, wenn mir etwas         Viele Bewohner hat Christine Schiffmann
                         wachsen bin ich auf dem Land, es hätte        nicht passt oder wenn ich etwas als un-    kommen und gehen sehen. Doch trotz
                         nicht funktioniert, wenn ich zu Hause         gerecht empfunden habe“, erinnert sie      ihres hohen Alters wirkt sie wie ein Fels
                         geblieben wäre. Ich wollte einfach unter      sich schmunzelnd zurück. Bei den Or-       in der Brandung, ruhig und unerschüt-
                         meinesgleichen sein. Und Unterstützung        densschwestern war sie dafür bekannt.      terlich sitzt sie in ihrem Rollstuhl. Ihr Ge-
                         wie heute gab es damals für Menschen          Eine Schifffahrt zum „Runden“              heimrezept? „Ich war immer zufrieden
                         mit Behinderung nicht. Hier in Aachen         Auch die Zeit des Zweiten Weltkriegs       mit dem, was ich hatte“, erklärt sie und
                         konnte ich zumindest eine Schule besu-        verbrachte sie im Vinzenz-Heim. Viel       ergänzt nach kurzem Innehalten: „Und
                         chen, das war zu Hause nicht möglich“,        mitbekommen hat sie von diesen             ich habe nie Langeweile. Ich beschäfti-
                                                                                                                  ge mich immer.“ Und ihr klarer Verstand
                                                                                                                  hat sie auch nicht verlassen. Das ist ihr
                                                                                                                  wichtig. „Wenn es so bleibt, kann ich
© Carolin Cremer-Kruff

                                                                                                                  gerne auch noch 100 Jahre werden“,
                                                                                                                  scherzt sie mit schelmischem Blick.
                                                                                                                  Carolin Cremer-Kruff
VINZENZ-BLICK - Vinzenz-Heim
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PIERO MELE AUS DEM ÄGIDIUS-FOG-HAUS
WIRD DEUTSCHER STAATSBÜRGER
Feierliche Einbürgerungsfeier im Krönungssaal des Aachener Rathauses

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Mit sechs Jahren ist der aus Italien stam-   höherem Arbeitsaufwand seitens der
mende junge Mann Piero Mele 1982 in          gesetzlichen Betreuung bei Behörden-
den Kinder- und Jugendbereich des            gängen, so dass die Idee entstand, dass
Vinzenz-Heims eingezogen. Als junger         Piero die doppelte Staatsbürgerschaft
Erwachsener wechselte er dann in das         beantragen könnte.                        gerungsfeier ins Rathaus eingeladen.
Ägidius-Fog-Haus auf dem Stammge-            Damit wurde 2018 der längst überfälli-    Für diese Gelegenheit hat er sich richtig
lände, wo er nun seit vielen Jahren in       ge Schritt der Einbürgerung von Piero     rausgeputzt: neues Hemd, Hose und
der Wohngruppe E1 lebt. Seine italieni-      endlich umgesetzt. Überraschender-        eine schöne Weste, so dass er richtig
sche Staatsbürgerschaft hatte der junge      weise erfolgte die Umsetzung sehr         „schnieke“ aussah. Die Feier war für
Mann mit dem wohlklingenden Namen            schnell, dank der bereits vorhandenen     den neuen deutschen Staatsbürger mit
Piero Mele nie aufgegeben. Dies führte       Erfahrung der gesetzlichen Betreuung      italienischen Wurzeln eher langweilig.
immer wieder zu Schwierigkeiten und          mit den Behörden.                         Die vielen Redner sprachen lang und für
                                             Im Frühjahr dieses Jahres war es dann     Piero Mele nicht barrierefrei. Begeistert
                                             soweit, und wir konnten den deutschen     hat ihn dafür der Chor, der zwischen den
                                             Personalausweis für Piero abholen.        Reden immer wieder Auftritte hatte und
                                             Jetzt hat er die doppelte Staatsbür-      Piero Mele mitgehen ließ.
© Heike Lachmann

                                             gerschaft! Am 15. Juni 2019 wurde er      Doppelte Staatsbürgerschaft, eine tolle
                                             mit der großen Gruppe weiterer neuer      Möglichkeit seine Identität nicht aufzu-
                                             deutscher Bürger dann von Oberbür-        geben und vieles zu vereinfachen!
                                             germeister Marcel Philipp zur Einbür-     Thomas Schwartz

EIN SCHUTZKONZEPT FÜR DAS VINZENZ-HEIM
Der Schutz der Bewohner/-innen vor           Was uns aber noch fehlt, ist eine ein-    Es werden im Oktober und Novem-
sexuellem Missbrauch und sexuellen           richtungsbezogene „Analyse des ei-        ber Befragungen durchgeführt, um
Grenzverletzungen ist im Vinzenz-Heim        genen Arbeitsfeldes“ = Risikoana-         herauszufinden, wo und wie ggf. Be-
die gemeinsame Aufgabe aller Mitar-          lyse. Dies werden wir in den nächsten     wohner/-innen einem Risiko der sexu-
beitenden und Leitungsverantwortli-          Wochen nachholen. Ein Arbeitskreis        ellen Gewalt ausgesetzt sind. Befragt
chen. Das meinen wir, wenn wir von           „Risikoanalyse“ wurde beauftragt, eine    werden „Leistungsberechtigte“ und
„Prävention“ sprechen.                       Risikoanalyse in allen Bereichen des      Mitarbeitende aus allen Betreuungsbe-
Das Vinzenz-Heim muss sicherstellen,         Vinzenz-Heims bis Jahresende durch-       reichen (stationär und ambulant). Dabei
dass alles dafür getan wird, dass se-        zuführen.                                 geht es um „Stichproben“.
xuelle Grenzverletzungen verhindert          Wie wird denn die „Risikoanalyse“ um-     Die Befragungen finden in allen Ab-
werden. Auch ist es notwendig, dass          gesetzt?                                  teilungen an einem Tag statt, erst mit
bei einem Verdacht auf sexuelle Ge-                                                    den Bewohner/-innen und dann mit
walt schnell gehandelt wird. Wie das                                                   den Mitarbeitenden. Moderiert werden
geschehen muss, ist klar beschrieben                                                   alle Befragungen durch die Kolleginnen
im internen „Handlungs- und Infor-                                                           des Psychologisch-Heilpädagogi-
mationsplan bei (sexualisierter) Ge-                                                         schen Dienstes (PHD) und die/den
walt / bei Kindeswohlgefährdung“.                                                            sexualpädagogische/n Multiplika-
Die nebenstehende Grafik des Erz-                                                            tor/-in des Bereiches.
bistums Köln macht deutlich, dass                                                            Zum Jahresende wird unser
wir im Vinzenz-Heim in den letzten                                                           „Institutionelles Schutzkonzept“
Jahren schon sehr viel dafür getan                                                           dann vollständig sein.
haben, dass ein gutes „Schutzkon-                                                            Horst Thelen
zept“ besteht. Zu fast allen Themen
haben wir uns qualitativ gut aufge-
stellt und Standards für unsere Ar-
                                                                                            Institutionelles Schutzkonzept der
beit entwickelt.                                                                             Prävention im Erzbistum Köln
VINZENZ-BLICK - Vinzenz-Heim
INTERVIEW MIT ANDREAS RIESS
                                                                                                                  V I N ZENZ - B L I CK // 5

ZU AKTUELLEN THEMEN
IN DER FÜHRUNG EINES
SOZIALUNTERNEHMENS

                                                                                                                                               © Dieter Bollmann
Zum Januar 2020 greift die drit-            J o s ef s- G e s e l l-
te Reformstufe des BTHG. Ist die            schaft       bereits
Josefs-Gesellschaft, im Speziellen das      seit ca. 10 Jahren
Vinzenz-Heim, dafür gut aufgestellt         personenzen-
oder müssen wir uns Sorgen machen?          triert, was nun
Die wesentlichen Änderungen finden im       auch Bestandteil
Bereich der besonderen Wohnformen           des BTHG ist.
statt. Die dann in Kraft tretende Tren-     Dies bedeutet,
                                                                       Zur Person: 48 Jahre, verheiratet, zwei Kinder, wohnhaft in
nung der Leistungen ist zu begrüßen.        dass unsere Leis-
                                                                       Sinzig. Seit Mai 2019 Geschäftsführer der Josefs-Gesellschaft
Die Vorbereitungen für diesen Schritt       tungen individuell
                                                                       gGmbH und Vorstandsmitglied des Josefs-Gesellschaft e. V.
laufen in der JG bereits seit 2018, und     auf die Bedürf-
                                                                       Vorherige Positionen: Leiter der Abteilung Rehabilitation und
wir sind auf diesen Schritt inhaltlich      nisse der Leis-
                                                                       Prokurist der Josefs-Gesellschaft gGmbH, interimistischer
sehr gut vorbereitet. Mit Bedauern ist      tungsnehmenden
                                                                       Geschäftsführer der Josefsheim gGmbh und Geschäftsführer
festzustellen, dass nicht alle Rahmen-      und an die uns
                                                                       der Heinrich-Haus gGmbH.
bedingungen durch den Gesetzge-             zur      Verfügung
ber mit einem ausreichenden Vorlauf         stehenden finanziellen Ressourcen               derung in den ersten Arbeitsmarkt zu
geschaffen worden sind, so dass zu          angepasst werden. Nicht zu vergessen            integrieren. Mit Hilfe von unterstützen-
Anfang nun Übergangsregelungen in           sind selbstverständlich auch die Fach-          der Kommunikation, der Robotik und
Kraft treten. Für die Umsetzung der         kompetenzen unserer Mitarbeitenden              der damit einhergehenden Anpassung
Trennung der Leistungen in Sozialhilfe      in allen Segmenten. Auch Innovationen           der Arbeitsumgebung sind Menschen
und Eingliederungshilfe sind wir in un-     sind für unsere Arbeit wichtig, die wir         mit Behinderung nicht automatisch
seren Tochtergesellschaften und damit       anhand von Modellprojekten erproben,            benachteiligt. Es eröffnet ihnen eher
insbesondere auch im Vinzenz-Heim           um dann neue Aufgaben mit kreativen             neue Möglichkeiten. Zudem glaube
gut gerüstet.                               Lösungen anzugehen.                             ich, dass auch unsere Bildungsein-
Im Juni haben Sie das Vinzenz-Heim in       Immer mehr Menschen mit Behinde-                richtungen in der Josefs-Gesellschaft
Aachen besucht. Sie hatten die Gele-        rung wird ein Leben in einer eigenen            tolle Arbeit leisten und unsere Leis-
genheit, sich mit vielen Mitarbeitenden     Wohnung ermöglicht, das ist politi-             tungsnehmenden mit guten Voraus-
auszutauschen. Was für ein Eindruck         scher Wille. Gibt es hier Grenzen?              setzungen auf den ersten Arbeitsmarkt
ist entstanden?                             Uns ist wichtig, dass wir ganz im Sin-          vorbereiten. Allerdings habe ich die
Mein guter Eindruck hat sich während        ne der Bewohner/-innen und deren                Erfahrung gemacht, dass Arbeitgeber
meines Besuchs gefestigt. Ich habe          Bedarfe nach Wohnraum handeln. Oft              oft nicht wissen, wie sie mit Menschen
viele motivierte und fachlich kompe-        ist es hier eine finanzielle Frage der          mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt
tente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter      Dienstleistung bzw. eine Frage des              umgehen sollen.
kennenlernen dürfen.                        Assistenzsettings, welche wir nicht             Gerade hatten wir Sommerferien.
Aufgrund Ihrer verschiedenen Stationen      direkt beeinflussen können. Ich bin             Hat man als Geschäftsführer der
in der Josefs-Gesellschaft haben Sie        aber der festen Überzeugung, dass               Josefs-Gesellschaft mit ca. 10.000 Mit-
einen großen Erfahrungsschatz gewon-        wir alle Bewohner/-innen in unserem             arbeitenden die Möglichkeit, dennoch zu
nen. Was ist besonders wichtig, um          Rahmen gut begleiten.                           entspannen und einmal abzuschalten?
der Verantwortung gerecht zu werden,        Wir erleben, dass es sehr schwer ist,           (… lacht) Natürlich hat man auch als
Menschen mit Behinderung ein gutes          Menschen mit Behinderung (z. B. Schü-           Geschäftsführer der Josefs-Gesell-
und selbstbestimmtes Leben zu ermög-        ler/-innen des Vinzenz-von-Paul-Berufs-         schaft die Möglichkeit, abzuschalten.
lichen?                                     kollegs) in den ersten Arbeitsmarkt zu          Dafür war ich gerade zwei Wochen
In erster Linie sind wir ein Sozialunter-   integrieren. Die Digitalisierung verstärkt      mit meiner Familie in Portugal an der
nehmen. Hier ist die Qualität unserer       das Problem, weil viele niederschwelli-         Algarve. Zeit mit meiner Familie zu ver-
angebotenen Dienstleistungen wich-          ge Arbeitsplätze wegfallen. Haben Sie           bringen, ist mir sehr wichtig und macht
tig, und dies spiegelt sich anhand          eine Lösung, damit umzugehen?                   mir unglaublich viel Spaß. Genau dabei
der hohen Nachfrage in unseren Ein-         Die Digitalisierung ist in meinen Augen         kann ich entspannen.
richtungen wider. Wir arbeiten in der       eine Chance, Menschen mit Behin-                Anja Clusmann
VINZENZ-BLICK - Vinzenz-Heim
6 / / V I NZE NZ-B L I CK

UND PLÖTZLICH IST SIE
ERWACHSEN UND ZIEHT AUS
Einzug aus dem Elternhaus in die Wohngemeinschaft Reimser Straße des
Vinzenz-Heims

Unsere Tochter Luisa ist 24 Jah-            wohner/-innen auschlaggebend im Ent-
re alt und vor ca. vier Monaten in          scheidungsprozess. Die für uns und für

                                                                                                                                  © Dietrich Hackenberg
die AWG Reimser Straße gezogen.             Luisa notwendige Sicherheit für den Le-     Interview mit Luisa Spilles anläss-
Seit einigen Jahren ist uns bewusst,        bensalltag erhält sie durch die fachliche   lich ihres Einzuges in die AWG
dass unsere geistig behinderte Toch-        Kompetenz und den strukturgebenden          Reimser Straße in Aachen
ter irgendwann ausziehen wird, um           Rahmen in der Außenwohngruppe.
sich von uns lösen und weiter zu ver-                                                   Warum wolltest du von zu Hause aus-
selbstständigen. Im engen alltäglichen      Als dann im April dieses Jahres der         ziehen?
Familienleben wurde deutlich, dass          Umzug konkret wurde, war uns allen          Ich wollte selbstständiger werden.
ihre weiteren Entwicklungsmöglichkei-       doch „mulmig“ zumute. Wir waren sehr        Woher wusstest du, dass es diese
ten im Zusammenleben mit anderen            aufgeregt. Mit dem Planen und Einrich-      Wohngruppe gibt?
Menschen liegen werden. Seit einigen        ten des Zimmers konnten sowohl wir          Meine Eltern haben mir das erzählt.
Jahren haben wir Kontakte zu Einrich-       Eltern als auch Luisa der Aufgeregtheit     Wie war der erste Besuch in der Wohn-
tungen und Trägern geknüpft und uns         ein wenig entgegenwirken. Auch hier         gruppe?
gemeinsam verschiedene Wohnformen           halfen uns das Entgegenkommen und           Ich war nicht aufgeregt, weil Mama und
und Wohnangebote angeschaut.                die individuelle Unterstützung durch die    Papa dabei waren. Wir haben Plätzchen
                                            Mitarbeitenden der AWG.                     mitgebracht. Eine Bewohnerin (Nathalie
Dann kam im Herbst letzten Jahres der                                                   Blanke) hat mir ihr Zimmer gezeigt. Es
Anruf vom Vinzenz-Heim, dass in der         Für uns als Eltern war und ist es eine      hat mir gut gefallen. Ich habe gesehen,
WG Reimser Straße ein Platz frei wird.      Herausforderung, unsere Tochter nach        dass ich viele Bewohner schon aus der
Schon nach dem ersten Besuch wa-            so langer Zeit in die Betreuung anderer     Werkstatt kenne.
ren wir begeistert und konnten uns gut      Menschen zu geben. Die ersten Wochen        Wie war der zweite Besuch?
vorstellen, dass Luisa sich dort wohl-      nach dem Umzug haben gezeigt, dass          Papa hatte die Idee, dass ich alleine
fühlen kann. Nach anfänglichem Zögern       Luisa sich besser zurechtfindet, als von    hierbleibe für zwei Stunden. Ich war
wurde ein Einzug in die WG auch für         uns erwartet. Es gibt auch Schwierigkei-    nicht aufgeregt. Eine Betreuerin hat
Luisa vorstellbar. Sie entwickelte Stolz,   ten und Heimweh in der noch andauern-       mit mir und einer Bewohnerin Waffeln
und die natürliche Angst vor der großen     den Eingewöhnungszeit. Die gilt sowohl      gebacken. Das fand ich schön, weil ich
Veränderung wurde kleiner.                  für uns Eltern als auch für Luisa.          gerne koche und backe.
                                                                                        Wie ging es dann weiter?
Die Mitarbeitenden und Bewohner/-in-        Nach den ersten vier Monaten freuen         Ich habe Mama und Papa gesagt, dass
nen luden sie schon bei den ersten          wir uns auf ihre Besuchswochenenden.        ich hier einziehen möchte. Wir haben
Besuchen herzlich ein, WG-Mitglied zu       Wir sind stolz auf Luisa, auf die Eigen-    dann neue Möbel gekauft, und ich
werden. Für einen Menschen mit einer        ständigkeit, die sie bereits jetzt zeigt,   hatte den Wunsch, dass eine Wand in
Autismusspektrumsstörung ist es sehr        und wir freuen uns über die beginnen-       meinem Zimmer rot ist. Das ist dann so
wichtig, mit all seinen Eigenheiten will-   de Loslösung, einen ganz normalen           gemacht worden. Das fand ich toll.
kommen geheißen zu werden. Auch für         Entwicklungsprozess eines jungen er-        Wie war die erste Übernachtung?
uns Eltern war die herzliche Einladung      wachsenen Menschen.                         Ich habe gut geschlafen. Am nächsten
und Aufnahme des Teams und der Be-          Eltern von Luisa Spilles                    Morgen war ich beim Frühstück überfor-
VINZENZ-BLICK - Vinzenz-Heim
V I N ZENZ - B L I CK // 7

                                                                                                         dert, und ein Bewohner hat mich ange-
                                                                                                         fasst. Da habe ich um mich geschlagen.
                                                                                                         Die Betreuer haben mir dann geholfen
                                                                                                         und ich habe allen gesagt, dass ich
                                                                                                         nicht angefasst werden möchte. Die
                                                                                                         Betreuer haben mir den Kalender mit
                                                                                                         den Bildern erklärt und ich habe meine
                                                                                                         Termine dazu gemacht. Die Betreuer
                                                                                                         haben mir gezeigt, wo ich sehen kann,
                                                                                                         welcher Betreuer an welchem Tag da
                                                                                                         ist. Jetzt weiß ich schon gut Bescheid
                                                                                                         und frage, wenn ich etwas nicht weiß
                                                                                                         oder verstehe.

                                                                                 © Dietrich Hackenberg
                                                                                                         Wie geht es dir jetzt?
                                                                                                         Mir geht es gut. Alle sind nett zu mir. Ich
                                                                                                         möchte hier wohnen.
                                                                                                         Sabine Kästner und Eva Müller

„WIR SITZEN ALLE IN EINEM BOOT“
Dem Alltag entfliehen, ein Angebot unseres Trägers Josefs-Gesellschaft

Auch in diesem Jahr fand wieder die        kreativen Arbeiten getroffen. Es wurden
jährliche Auszeit der JG auf der Marien-   Collagen erstellt, Mandalas ausgemalt
burg in Bullay an der Mosel statt, unter   als auch selbst gezeichnet oder auch
dem Motto „Suche den Frieden und           getöpfert. Morgens gab es vor dem
jage ihm nach.“ (Psalm 34,15).             Frühstück immer eine Entspannungs-
                                           bewegung für die, die Lust hatten. Im
Dieses Mal haben wir vier (Josi Müllem,    Anschluss bekam man immer eine Ta-
Chantal Bittner, Annette Leffler, Jelena   geskarte mit einem schönen, motivie-                          einfach abzuschalten. Es war auch eine
Münnich) uns für das tolle Angebot ent-    renden Spruch geschenkt. An einem                             schöne Gelegenheit, um die Kolleg/-in-
schieden. Wie schon im Fortbildungs-       Abend haben wir alle zusammen gegrillt                        nen einmal von einer ganz anderen
heft aufgeführt, muss man nur einen        und am Abend vor der Abreise gab es                           Seite kennenzulernen und sich auch
geringen Eigenanteil bezahlen und sich     eine Abendmahlsfeier, bei der man sei-                        mit anderen Mitarbeitern aus der JG
hierfür keine Urlaubstage nehmen.          ne erarbeiteten Kunstwerke vorstellen                         auszutauschen. Es herrschte ein schö-
Die Lage der Marienburg ist sehr idyl-     konnte. Die Mitarbeitenden des Orga-                          nes Klima untereinander, jeder fühlte
lisch, hoch oben in den Weinbergen         nisationsteams waren alle sehr nett und                       sich direkt wohl und aufgenommen.
mit einem schönen Ausblick, umringt        haben sich mit dem Programm sehr viel                         Diese fünf Tage an der Mosel haben
von der Mosel und der Natur. Es gab        Mühe gegeben.                                                 uns sehr viel Freude bereitet, neue
viele Angebote zu dem diesjährigen         Man durfte selbst entscheiden, an wel-                        Energie geschenkt und uns motiviert.
Motto, und für jeden war etwas dabei,      chen Aktivitäten man teilnehmen wollte                        Mit frischem Wind konnten wir wieder
beispielsweise eine Kanufahrt, eine        und an welchen nicht. So konnte man                           in den Arbeitsalltag starten. Wir können
Weinprobe oder auch eine Wanderung         auch die Ruhe und Auszeit finden, die                         dieses Fortbildungsangebot nur jedem
mit anschließender Schiffsfahrt auf der    man sonst im Alltag nicht hat. Man hatte                      weiterempfehlen, der einmal aus dem
Mosel. Wir haben uns immer wieder          die Zeit um in sich zu gehen, mit an-                         Alltagsstress entfliehen möchte.
zum Singen, Meditieren, Malen oder         deren ins Gespräch zu kommen oder                             Jelena Münnich
VINZENZ-BLICK - Vinzenz-Heim
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FUSSBALL SPIELEN MIT ANDEREN MACHT FREUDE
Schon seit einiger Zeit gehen wir, drei     regelmäßig dienstags in der Sporthalle       oft 10 Mannschaften teilnehmen und
Bewohner/-innen des Vinzenz-Heimes,         der Maria-Montessori-Gesamtschule,           alle gegeneinander spielen, dauert ein
zum Fußballtraining des BSG Aachen.         Bergische Gasse in Aachen. Meistens          Turnier meistens den ganzen Tag. Bei
BSG heißt Behinderten-Sport-                sind wir so etwa zehn Mitspieler/-innen      den Turnieren schneiden wir manchmal
gemeinschaft und wir treffen uns            und wir kennen uns schon länger.             nicht ganz so gut ab, aber wir lassen
                                            Jeder spielt so gut er kann, manch ei-       den Kopf nicht hängen und trainieren
                                            ner ist schneller als der andere, aber       fleißig weiter!
                                            das ist egal. Wir spielen Fußball, weil es   Also, falls Du jetzt Lust hast, gemein-
                                            uns Spaß macht, nicht weil wir in der        sam mit uns und anderen Fußball zu
                                            Bundesliga spielen wollen.                   spielen, und Du Dich von dem Artikel
                                            Spannend finden wir, uns auf den Fuß-        angesprochen fühlst, so kannst Du
                                            ballturnieren mit anderen zu verglei-        Dich gerne bei uns melden. Wir neh-
                                            chen. Da kommen dann verschiedene            men Dich dann zu einem Probetraining
                                            Mannschaften hin, z. B. aus Stolberg,        mit!
                                            Aachen, Köln usw. Etwa einmal im             Stephan Ulhas,
                                            Monat haben wir ein Turnier, immer an        Bewohner der Jugendwohngruppe
                                            einem anderen Ort.                           des Vinzenz-Heimes
                                            Eine Mannschaft besteht meist aus
                                            sieben Spieler/-innen, ein Spiel dauert         Infos unter www.bsgaachen.de
                                            etwa 10 Minuten. Da auf einem Turnier

                             EURE JOSEFINE

                                            werden, um den Methan-Ausstoß der            oder im Garten des Vinzenz-Heimes
                                            Kühe zu reduzieren, sind genauso un-         Blumen zu sehen. Manch einer könn-
                                            sinnig wie das „ewige Schlechte-Gewis-       te jetzt sagen: „Würdest Du mit dem
                                            sen-Gerede“. Natürlich weiß man, dass        Fahrrad und nicht mit dem Auto fahren,
                                            das einmalige Fliegen mit dem Flugzeug       siehst Du noch mehr Blumen!“ Aber das
                                            in den Teneriffa-Urlaub so schädlich ist,    würde ich dann kontern mit den Worten:
                                            wie ein Jahr Autofahren. Aber das soll ja    “Dafür fliege ich aber nicht zwei bis drei
                                            nicht bedeuten, dass jetzt alle mit dem      Mal im Jahr in Urlaub und fahre auch
TACH AUCH!                                  Segelboot übers Meer schippern müs-          keinen Diesel!“ Egal wie oder was der
Ich bin’s, Eure Josefine!                   sen, wie das unsere „Future-Freundin“        Mensch tut (radeln, Blümchen pflanzen,
Der Klimawandel. Von dem Thema              Greta Thunberg vormacht. Man sollte          Zug fahren, bewusster einkaufen) …
wird man ja ständig überrollt, egal, ob     nur mal darüber nachdenken, ob jeder         irgendetwas für unsere Umwelt, unser
durch „Fridays-for-Future-Demos“, Rad-      Flug auch notwendig ist!                     Klima kann jede/r machen.
fahr-Aktionen, den Demos zum Braun-         Und dann das Insektensterben! Anfangs        Und ich hoffe inständig, dass alle Ebe-
kohleabbau oder dem Insekten- und           habe ich mich ja über die nicht ver-         nen der Machthaber, ob Firmen wie Au-
Bienensterben. Und in den Hitzetagen        schmutzte Windschutzscheibe meines           tohersteller oder Energieunternehmen,
in diesem Sommer von 40 °C hat jede/r       Autos gefreut. Es ist kein Wunder, dass      wie auch alle Politiker weltweit langsam
über das Klima gekümmt und die ver-         es kaum noch fliegende Mitbewohner           mal merken, dass es fünf nach zwölf ist.
staubten Ventilatoren aus dem Keller        gibt, wenn man die steinigen und recht       „Erst wenn der letzte Baum gero-
geholt oder nach einer Klimaanlage          blumenlosen Vorgärten in unseren Städ-       det, der letzte Fluss vergiftet, der
verlangt.                                   ten anguckt. Oder die Monokultur in der      letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr
Unbestritten ist der Klimawandel ein sehr   Landwirtschaft, die immer noch mit Pes-      merken, dass man Geld nicht essen
ernstes Thema. Aber man muss es mit         tiziden arbeitet.                            kann.“ (Zitat der Umweltbewegung aus
den Berichten auch nicht übertreiben.       Wie schön ist es, am Straßenrand hier        den 1980er Jahren)
So doofe Ideen, wie z. B. Vegetarierin zu   und da Wiesenblumen zu entdecken             Eure Josefine
VINZENZ-BLICK - Vinzenz-Heim
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GESUCHT UND GEFUNDEN …
Hille ist Autistin, Onyx ein knopfäugiger Labradoodle,
beide zusammen ein unschlagbares Team

Autismus ist für Hille Dirs nur ein Wort,   muss Hille schmunzeln. Diese Hart-
ein Versuch, ihr Anderssein und das         näckigkeit zahlte sich aus. Nachdem
von rund 800.000 anderen Autisten           die stolze Summe von 20.000 Euro
in Deutschland zu erklären. In eine         beisammen war, wurde auch schnell
Schublade stecken lassen möchte sich        ein passender Assistenzhund in Görlitz
Hille schon mal gar nicht. Auch möchte      gefunden: der Labradoodle Onxy, ein
sie sich nicht auf ihrer Diagnose aus-      Mix aus Labrador und Pudel.
ruhen, die die heute 19-Jährige mit 15      Ein Neuanfang
Jahren erhielt. „Ich glaube, für meine      Vor gut einem Jahr dann ein großer
Mutter war die Diagnose eine Erleichte-     Schicksalsschlag für Hille: Ihre Mutter
rung, weil sie immer schon gespürt hat,     starb. „Das war ein Schock. Ich war
dass ich anders bin. Für mich hat sich      ziemlich hilflos. Meine Mutter hatte
seit dem Tag jedoch nichts verändert“,      vorher alles für mich gemacht. Nun
sagt Hille.                                 stand ich von jetzt auf gleich alleine          © Dietrich Hackenberg
In ihrem Leben dafür umso mehr.             da.“ Der Wechsel in ein Internat kam
Bestes Beispiel: Onyx. Ein schwarzer        für die damals 18-Jährige zunächst             gend ist. „Mittlerweile kann ich mir ein
knopfäugiger Hund, der der jungen           nicht infrage, vor allem da dies eine          Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen.
Frau seit drei Jahren als Assistenzhund     Trennung von Onyx bedeutet hätte.              Wenn er nicht da ist, ist mein Leben
kaum einen Tag von der Seite weicht.        Erst als ihre Therapeutin ihr vom Vin-         ziemlich leer.“
Liebe auf den ersten Blick                  zenz-Heim erzählte, wo sie selbst zur          Nächstes Ziel: Schulabschluss
„Bevor Onyx zu mir kam, habe ich mich       Entstehung der Wohngemeinschaft                Auch schulisch geht es für Hille seit
kaum bewegt. Durch ihn werde ich            für Schüler/-innen mit Autismus bei-           ihrem Einzug ins Internat des Vin-
gezwungen, jeden Tag nach draußen           getragen hatte, sah sie Licht am Ende          zenz-von-Paul-Berufskollegs wieder
zu gehen“, erklärt Hille. Da ein solcher    des Tunnels. Dort erhielt sie die Chan-        bergauf. Hier lernt sie mit professioneller
Hund von keiner öffentlichen Stelle         ce, mit ihrem vierbeinigen Freund in           Hilfe Stück für Stück, sich soziale Fähig-
finanziert wird, setzte Hilles Mutter       die „Autismus-WG“ einzuziehen, wo              keiten im öffentlichen Raum anzutrainie-
damals Himmel und Hölle in Bewe-            sie seitdem ein kleines Zimmer mit             ren.
gung, um Spenden zu sammeln.                Küche bewohnt. Nur das Schulgebäude            Am Vinzenz-von-Paul-Berufskolleg
„Insbesondere       die    evangelische     ist für Onyx tabu.                             möchte sie am liebsten den Realschul-
Kirchengemeinde in meinem Heimatort         Er ist Hilles bester Freund, der sie be-       abschluss erzielen, den Hauptschulab-
Kaldenkirchen hat uns unterstützt. Und      ruhigt, der ihr Selbstvertrauen gibt,          schluss hat sie bereits in der Tasche.
auf jedem noch so kleinen Event in der      der manchmal auch ein Schutzschild             Was danach kommt? Hille weiß es
Nähe hat meine Mutter ihren Stand           zu der Welt da draußen ist, die für Hille      noch nicht. Sie interessiert sich zwar
aufgebaut, um Geld zu sammeln“,             oft zu laut, zu hektisch und zu anstren-       für viele Dinge, kann aber aufgrund ih-
                                                                                           rer geringen Belastbarkeit nicht jeden
                          Reih

                                                                                           Beruf erlernen. Was sie sich wünscht?
                           © M. de

                                                                                           Dass die Gesellschaft offener mit Men-
                                                                             r-Kruff

                                                                                           schen umgeht, die anders sind – zum
                                                                         © Carolin Creme

                                                                                           Beispiel mit Autisten. Denn dahinter ver-
                                                                                           birgt sich mehr als nur ein Wort …
                                                                                           Carolin Cremer-Kruff

                                                                                           Hille benötigt finanzielle Unterstüt-
                                                                                           zung, um Onyx zu versorgen.
                                                                                           Wir danken im Vorfeld für Ihre Spenden
                                                                                           (Infos auf der Rückseite).
VINZENZ-BLICK - Vinzenz-Heim
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IMPRESSIONEN VOM MITARBEITERFEST AUF GUT HEBSCHEID

                              In einer sehr schönen Umgebung bei einer tollen Stimmung und bei ansprechendem
                               Wetter haben mehr als 200 Mitarbeitende auf Gut Hebscheid unser diesjähriges Mit-
                               arbeiterfest gefeiert. Bei anregenden Gesprächen am Lagerfeuer oder an der Theke
                                trafen sich Mitarbeitende nach längerer Zeit wieder oder lernten sich neu kennen.
                                 Ganz Mutige schwangen in der Scheune zu guter Musik ihr Tanzbein.
                                Neben einem sehr abwechslungsreichen und leckeren Buffet gab es auch noch
                                 eine Tombola. Drei Kolleginnen konnten sich über die Preise freuen.
                                 Das Wellness-Wochenende ging an Anne Schilling, die Städtetour an Meriam Tirai
                                  und die Heißluftballonfahrt an Diana Mandara. Es war ein rundum gelungener
                                  Abend.
                                   Einrichtungsleitung und Mitarbeitervertretung
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ZU GAST BEI FREUNDEN
Freiwillige Friedensdienste im Vinzenz-Heim

Seit der Jahrtausendwende arbeiten             Heimatland nicht üblich waren und zum      „Ich begreife den Unterschied in
und leben junge Menschen aus Polen             Teil noch nicht sind.                      der Politik meines Landes und der
und Bosnien-Herzegowina in Aa-                 Jedoch das Herausragende an dieser         in Deutschland, wenn es um die
chen. Unser Kooperationspartner Pax            fruchtbaren Zusammenarbeit sind die        Unterstützung von Menschen mit
Christi im Bistum                                                    regelmäßig über      Behinderung geht. Ich finde, das ist
Aachen entsendet        „Meine     Arbeit ist super.   Ich  liebe,   lange Jahre blei-    etwas, woran ich arbeiten kann, wenn
seit mehr als 25        was  ich  tue, besonders   die täglichen     benden Kontakte      ich nach Bosnien zurückkehre.“
Jahren Freiwillige
                        Kontakte    mit  den  Menschen     …   Ich   der Bewohner/-in-    Daniela Zec (HSO )
ins Ausland und
                        hatte  viele   Probleme    in der   Kom-     nen und Mitarbei-    Sprachen, sondern auch mit sehr viel
nimmt Freiwillige
                        munikation,     aber   es   wird   immer     ter/-innen zu den    Engagement für das Brücken-Bauen
                        besser.“ Roza Wyka (AWG Achterstr.)
in Aachen auf. Seit                                                  Freiwilligen. Die    beigetragen.
September 2000 haben schon mehr                gemeinsamen Erlebnisse, seien es All-      Einige der ehemaligen Freiwilligen ha-
als 30 junge Männer und Frauen ihren           täglichkeiten oder gemeinsame Ferien-      ben bis heute noch einen intensiven
Dienst im Vinzenz-Heim absolviert und          und Begegnungsfreizeiten, werden von       Kontakt zu der AWG Achterstraße
das Leben in Aachen und Deutschland            beiden Seiten als                                               und besuchen sie
kennengelernt.                                 wichtige Lern- und „In der Wohngruppe mache ich viel auch regelmäßig.
Nach anfänglichen Sprach- und Verstän-         Erfahrungsfelder mit Anita, mit der ich jeden Tag Andere                     haben
digungsproblemen entwickelten sich             angesehen und
                                                                       einen besseren Kontakt bekomme. uns auch zu ihrer
alle zu Personen mit hilfreichen Händen        bleiben lange in Er-
                                                                       Wir sind gerade beim Malen – ver- Hochzeit eingela-
in der Arbeit in den Wohngruppen. Aus-         innerung. Mehrere
                                                                       schiedene Motive, verschiedene den oder aber ma-
gehend von der AWG Achterstraße wur-           deutsch-polnische Figuren – bunt und frühlingshaft“ chen regelmäßig
den weitere Freiwillige im Heinrich-Som-       Begegnungsreisen Kasia Kaczmarek (AWG Achterstr.)               Werbung, damit
mer-Haus, im Ägidius-Fog-Haus E3 und           in beide Länder und nach Holland zum       auch in den nächsten Jahren weitere
in der AWG Reimser Straße eingesetzt.          gemeinsamen Segeln haben gezeigt,          junge Erwachsene den Weg zu uns
Für die Mitarbei-                                                     dass auch mit       finden, um ähnlich gute Erfahrungen
ter/-innen und Be-
                         „Es  ist immer   gut zu  sehen,  wie   die   wenigen Sprach-     zu machen. Wieder
                         Leute sich freuen, wenn ich komme. kenntnissen ge-                                           „Mit jedem Tag
wohner/-innen       in                                                                    andere haben auch ihr
                         Das gibt mir eine große Energie.“                                                            bin ich näher an
den Wohngruppen                                                       meinsam Theater     Glück hier in Deutsch-
                                                                                                                      meinen Schütz-
bedeutet dies oft Dragana Savrljuga (HSO)                             gespielt, gesun-    land gefunden oder
                                                                                                                      lingen. Ich hof-
Alltagsassistenz und Freizeitaktivitäten,      gen und getanzt werden kann. Dazu          arbeiten heute im Vin-
                                                                                                                      fe, dass sie mir
z.  B. Spaziergänge, begleitete Einkäufe       haben die Freiwilligen nicht nur durch     zenz-Heim. Hier Aus-
                                                                                                                      vertrauen,      so
und Wünsche der Bewohner möglich               das Sprechen und Verstehen beider          schnitte einiger Zitate
                                                                                                                      wie ich ihnen.“
zu machen, die sonst unter den Tisch                                                       aus den Rundbriefen
                                                                                                                      Piotr Mikolajczak
fallen würden. Je nach Interesse, Vor-                                                      der Freiwilligen, die
                                                                                                                      (AWG Reimser Str.)
ausbildung und Zutrauen übernehmen                                                           über die Homepage
sie auch Anteile in der Grundpflege                                                           von Pax Christi im Bistum Aachen
der Bewohner/-innen. Die Freiwilli-                                                            zu lesen sind (www.paxchristi.de).
gen lernen eine neue Sprache und                                                                Ich bedanke mich für die gute
Kultur kennen und dabei oft einen                                                                Zusammenarbeit bei allen Men-
neuen und anderen Umgang mit                                                                      schen, die diese fruchtbaren Be-
Menschen mit Einschränkun-                                                                         gegnungen ermöglicht haben.
gen, wie sie sonst in ihrem                                                                         Lambert Esser
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ZUKUNFT PERSONAL
Was bringt die Zukunft und wie können wir sie meistern?

Seit 2009 gilt in Deutschland die „Zu-
kunft Personal“ – so lautet der wegwei-

                                                                                                                               © Sean Gladwell
sende Titel einer europaweiten Messe,
welche sich bereits seit 20 Jahren mit
den aktuellen Gegebenheiten, Trends
und Zukunftsfragen im Sinne der Per-       // Wie gehen wir damit um, dass wir         permanent ineinander greifen und sich
sonalforschung beschäftigt.                   nahezu eine Vollbeschäftigung in         gegenseitig stark beeinflussen.
In unserer Branche ist der Fachkräf-          Deutschland haben, es gleichzeitig       In einem sehr anregenden, intensiven
temangel kein Mythos, sondern be-             aber an vielen Ecken an den richti-      und äußerst vielfältigen Austausch wur-
reits ständiger Begleiter. Geeignete          gen Fachkräften fehlt?                   de deutlich, dass die Bewertung über
Nachwuchskräfte sind nicht einfach                                                     alle Teilnehmergruppen hinweg bei
zu finden. Gute Kandidaten dann auch       Viele der gängigen Erfolgsrezepte aus       vielen Themen recht ähnlich verläuft.
zu halten, stellt noch einmal eine ganz    vergangenen Tagen greifen heute nicht       Sicherlich gab es auch genügend dif-
andere Herausforderung dar. Sicher-        mehr oder nur noch bedingt – neue           ferierende Wahrnehmungen, gerade in
lich haben wir in den letzten Jahren       müssen gefunden werden. So wie man          Themenbereichen wie Einsatzplanung
einige gute Strategien entwickeln kön-     die Segel neu setzt, wenn der Wind aus      oder Work-Life-Balance, die naturbe-
nen, die bislang noch vieles auffangen     einer anderen Richtung weht, so sind        dingt schon ein hohes Maß an Indivi-
konnten. Ich denke da an unsere Aus-       Vorgehensweisen beweglich zu halten         dualwünschen hervorrufen.
bildungsoffensive, die Festschreibung      und einmal getroffene Entscheidungen        Dies ist eine Form, sich Fragen wie
von gezielten Maßnahmen zum Qua-           bei Bedarf zu justieren.                    den oben genannten zu nähern, eine
lifikationserhalt und -ausbau oder zur     Bei dieser Justierung setzen wir im         andere sind basierende Infrastrukturen
Stabilisierung des Durchschnittsalters,    Vinzenz-Heim auf das Know-how der           wie unser Intranet oder das QM-Wiki.
die Stärkung des Anteils von Frauen        Mitarbeitenden. Wir sehen sie als           Sie bieten jede Menge Möglichkeiten,
in Führungspositionen (auf 47%) oder       Mitgestalter, die stolz auf ihre Arbeit     die komplette Belegschaft in die Wei-
auch den verstärkten Einsatz von Digi-     sind und sich mit dem Unternehmen           terentwicklung des strategischen wie
talisierungsprozessen.                     identifizieren. Zuletzt haben Ende Juli     operativen Geschehens aktiv einzu-
                                           Mitarbeitende aus allen Bereichen,          binden. Ein Nutzen für alle Beteiligten.
Dennoch tun sich einige drängende          MAV-Vertreter, die Einrichtungsleitung      Durch das systematische Einholen
Fragen auf:                                und verschiedene Führungskräfte im          von Meinungen und fachlichem Rat,
// Wie geht’s weiter? Wie sieht unser      Rahmen eines World-Café-Szenarios           durch die Vielfalt von Ideen und durch
   Umfeld in sechs, zwölf oder gar 24      über Zukunftsthemen rund um Mitar-          die aktive Mitarbeit entstehen Ent-
   Monaten aus?                            beiterakquise, Mitarbeitereinsatz und       scheidungen auf einer breiteren Basis.
// Wo finden wir geeignete Fachkräfte      Personalbindung diskutiert.                 Gegenseitiges, hierarchie- und abtei-
   und Unterstützer, und wie können        Im Vordergrund stand dabei der aktive       lungsübergreifendes Abstimmen und
   wir sie am besten erreichen?            Austausch über Sichtweisen (Wo sind         Konsultieren schafft dazu eine Kultur
// Wie können wir sie von unserem          wir bereits stark? Wo läuft es noch nicht   der Wertschätzung, der Transparenz,
   Auftrag, unserem Unternehmen und        rund?), Ideen & Utopien (Was sind un-       des Vertrauens und der Partnerschaft.
   der Tätigkeit überzeugen?               sere Wünsche? Was würden/könnten            Es verstärkt außerdem ein Verständ-
// Wie können wir einem Menschen           wir tun, wenn wir alle Macht und alles      nis für die Arbeit der anderen. Jeder
   erklären, dass es für seine persönli-   Geld zur Verfügung hätten?) und die         Beteiligte wird dabei gleichzeitig zum
   che Entwicklung sinnvoll und positiv    Frage, wie sich diese realisieren lassen    Berater und zum Lernenden.
   wäre, einen Job genau in unserem        könnten (Wo finden wir gemeinsame           Die Krux liegt hier oft noch in einer eher
   Unternehmen anzutreten?                 Ideen? Welche nächsten Schritte sind        zurückhaltenden, defensiven Nutzung
// Mit welchen positiven Anreizen          zu gehen?).                                 solcher Möglichkeiten. Aber vergessen
   lassen sich Mitarbeitende an das        Recht schnell wurde klar, dass die The-     wir eins nicht: Menschen machen Un-
   Vinzenz-Heim binden?                    men wie Fachkräftemangel, Einsatzpla-       ternehmen – also lassen Sie uns die
// Was bewegt die Menschen beim            nung, Work-Life-Balance, Arbeitgeber-       Zukunft gemeinsam gestalten.
   Thema Arbeit und darüber hinaus?        marke, Personalbindung und Recruiting       Achim Steinbusch
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KOLLEGEN UND KOLLEGINNEN DER ZUKUNFT
Teamtraining für die Auszubildenden ist Bestandteil der Ausbildung

2019 gab es für alle 35 Auszubildenden     nen. Trotz unserer unterschiedlichen     auch Schwächen wurden bei jedem
ein zweitägiges Teamtraining. Diese        Charaktere, Vorstellungen und Ideen      entdeckt, die zu Anerkennung und
Fortbildung zielt auf den Kompetenzer-     konnten wir immer das gemeinsame         Akzeptanz geführt haben.
werb für die Arbeit in Teams ab, denn      Ziel erreichen. Auch wenn manche
die zukünftigen Kolleginnen und Kolle-     Problemstellungen sehr herausfor-        Wir fanden, es war ein sehr schönes
gen werden immer wieder Bestandteil        dernd waren, konnten wir uns jederzeit   Azubiteamtraining. Man hatte die
von größeren oder kleinen Teams sein.      gegenseitig unterstützen. Es wurde ein   Möglichkeit, Auszubildende kennen-
Hier Schlüsselqualifikationen zu erwer-    Rahmen geboten, der es ermöglichte,      zulernen, die man vorher nicht oft ge-
ben hilft, im Alltag professioneller und   jedem zuzuhören und offen miteinander    sehen hat. Außerdem konnte man den
respektvoller miteinander umzugehen.       zu sprechen. Die Problemstellungen       Zusammenhalt spüren. Wenn man ein
Auch schon während der Ausbildung          führten dazu, über unseren „Schat-       Spiel nicht auf Anhieb geschafft hat und
wechseln die Auszubildenden aller          ten“ zu springen, wie beispielsweise     die ganze Gruppe wegen einer Person
Ausbildungsberufe immer wieder die         von anderen durch ein Netz gehoben       von vorne beginnen musste, wurde die
Abteilungen und müssen sich in neue        zu werden. Hier waren Teamgeist und      Situation mit Humor genommen und
Teams integrieren. Ziel der zweitägi-      Vertrauen unabdingbar.                   niemand wirkte genervt. Die Aufgaben
gen Schulung von Haus Hohenfried in                                                 waren sehr abwechslungsreich und
Schleiden war es, das eigene Handeln       Wir bekamen Zeit, uns während der        ließen sich sehr gut auf die Arbeit als
zu spiegeln, um das eigene Verhalten       zwei Tage auszutauschen und Er-          Heilerziehungspfleger, als auch auf die
zu überdenken und möglicherweise zu        fahrungen mitzuteilen, Probleme zu       Arbeit in anderen Abteilungen anwen-
verändern.                                 erläutern und Schwierigkeiten zu er-     den. Schön waren auch die Unterkunft
                                           örtern. Wir kamen aus verschiedenen      und die Umgebung im Grünen.
Stimmen der Auszubildenden:                Bereichen und Ausbildungsformen
Das Teamtraining gab uns die Mög-          und haben durch die Übungen Ge-          Nora Habbel, Jelena Münnich, Mandy
lichkeit, einander besser kennenzuler-     meinsamkeiten entdeckt. Stärken als      Keilhauer und Ulrike Jannausch

                    Ausbildung, Investition in die Zukunft!                         Daten/Fakten und Auszeichnungen

                2009                                      2019                                      2019
//   3 Altenpflegerinnen                   // 1 Berufspraktikant Erzieher           // Übernahmequote durchgehend
//   1 Bürokauffrau                        // 3 Berufspraktikanten Heilerzie-          bei 75 – 80%
//   1 Hauswirtschafterin                     hungspflege                           // Neun Absolventen 2019
//   3 Berufspraktikanten                  // 1 Köchin                              // Zehn neue Auszubildende 2019
    In 5 Abteilungen fand Ausbildung      // 2 Hauswirtschafterinnen               // Viermal zweistündige
     statt                                 // 2 Duale Studentinnen                     Ausbildungstreffen pro Jahr
                                           // 2 Kauffrauen für Büromanagement       // 2019: Zwei Auszubildenden- und
                                           // 1 Kauffrau im Gesundheitswesen           eine Anleiterschulungen
                                           // 23 Heilerziehungspfleger              // Jedes Jahr ein Ausbildungssom-
                                            In 17 Abteilungen findet                  merfest mit Verabschiedung und
                                              Ausbildung statt                         Begrüßung
                                                                                    // 2017 und 2018 ausgezeichnet mit
                                                                                       „Bester Ausbilder Deutschlands“
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Beide Bilder © Anja Clusmann

                               JEDER MENSCH HAT DAS RECHT, MUSIK ZU MACHEN
                               „ChorSonant“ bereichert seit fünf Jahren den Sozialraum Aachen-Burtscheid

                               Seit fünf Jahren trifft sich eine Gruppe       men Genuss des verdienten Applauses.       Viele neue Fragen ergeben sich über das
                               von Menschen aus dem Vinzenz-Heim              Auftritte in der Nadelfabrik, ein Flash-   gemeinsame Singen und erweitern den
                               und dem Vinzenz-von-Paul-Berufs-               mob in Burtscheid sowie ein Auftritt im    Horizont aller im Chor. Gemeinsam ist
                               kolleg, von Studierenden der Sozialen          Aachener Dom waren schon dabei.            allen, dass sich nach dem Lampenfieber
                               Arbeit der Katholischen Hochschule             Neben der Freude des gemeinsa-             auf der Bühne die Glückshormone ein-
                               NRW, Aachen (KatHO) sowie Bürgerin-            men Singens ist Marion Gerards, die        stellen. „Das ist dann einfach nur noch
                               nen und Bürger aus                                               natürlich auch festes    ein geiles Gefühl“, sind sich alle einig.
                                                            „Der Chor singt, tanzt und
                               Aachen-Burtscheid,                                               Mitglied des Chores      Zwischen vielen Sängerinnen und
                                                          schauspielern kann er auch.“
                               um gemeinsam zu sin-                                             ist, noch ein anderer    Sängern ist über die Zeit eine enge
                                                               Chorleiterin Sabine Busse
                               gen. Angeleitet werden                                           Aspekt wichtig: „Ich     Verbundenheit entstanden. „Ich freue
                               sie von Chorleiterin Guiomar Marquez-          möchte das stereotype Bild von Men-        mich schon auf die nächste Chor-
                               Ranke, im letzten Jahr vertreten durch         schen erweitern. Hier werden nicht die     runde“, sagt Studentin Alesia Bakalli.
                               Sabine Busse. Die schöne Kapelle               Menschen mit Behinderung inkludiert,       Wünschen würde man sich eine noch
                               des Vinzenz-Heims wird immer don-              sondern, wenn überhaupt, die Men-          intensivere Teilnahme von Bewohne-
                               nerstags für die wöchentlichen Proben          schen ohne Behinderung“, sagt sie.         rinnen und Bewohnern aus dem Vin-
                               genutzt. Für die Studierenden läuft die        Regelmäßige Reflexionen mit ihren Stu-     zenz-Heim. „Die Studierenden können
                               Teilnahme am Chor im Rahmen eines              dierenden sind ihr daher sehr wichtig,     gerne angesprochen werden, um Inte-
                               Seminars. Das heißt, die Teilnehmen-           aber auch Gespräche mit allen Sänge-       ressierte zur Chorprobe in die Kapelle
                               den wechseln jedes Semester, manche            rinnen und Sängern vor und nach der        zu begleiten – und wieder zurück“,
                               bleiben aber auch einfach dabei. „Mei-         Chorprobe. Neue Ressourcen werden          bietet Marion Gerards an. Die neue
                               ne Frau und ich haben eine Möglichkeit         entdeckt und genutzt. Wie gelingt          Chorrunde startete am 26. September
                               gesucht, einfach zu singen“, erzählt           es, Menschen mit unterschiedlichen         um 18 Uhr in der Kapelle.
                               Reiner Nehrlich, einer der Bürger, die         Voraussetzungen beim Singen zusam-         Anja Clusmann
                               mit Begeisterung den Chor bereichern.          menzubringen? Was muss dabei be-
                                                                                                                                               STIMME EINER
                               Initiatorin des Chores ist Marion              achtet werden? Wie lerne ich ein Lied,
                                                                                                                                                  SÄNGERIN
                               Gerards, Professorin für Ästhetik              wenn ich keine Noten lesen kann?
                               und Kommunikation der KatHO. Als
                               Sozialpädagogin und promovierte                Mein Name ist Carolin Coslar, ich bin 19 Jahre alt und wohne in Jülich.
                               Musikwissenschaftlerin ist es ihr ein          Zurzeit besuche ich die Oberstufe des Vinzenz-von-Paul-Berufskollegs.
                               großes Anliegen, Menschen mit und              Von meinem 8. bis zu meinem 15. Lebensjahr habe ich in einem Kinder- und
                               ohne Behinderung das gemeinsame                Jugendchor gesungen, das hat mir sehr viel Spaß gemacht.
                               Singen zu ermöglichen, und zwar                Ich finde es super, dass in diesem Chor sowohl Studenten der KatHO als auch
                               nicht in Form einer Therapie oder ei-          Bewohner des Vinzenz-Heims mitmachen. Besonders aber gefällt mir, dass auch
                               nes Singkreises, sondern in einem              Integration eine bestimmte Rolle spielt, denn so können auch Leute, deren Alltag
                               „professionellen“ Chor. Das bedeutet           nicht gerade einfach ist, Spaß haben. Aber trotzdem wird auch ziemlich viel An-
                               eine intensive Probenphase mit einem           spruch erwartet, denn der Chor hat drei- und vierstimmige Songs in petto. Dazu
                               ästhetisch-musikalischen Anspruch              gehören deutsche, englische und hebräische Lieder.
                               (man singt natürlich mehrstimmig) und          Zum Schluss möchte ich noch betonen, dass die Leute sehr freundlich sind und
                               endet mit Auftritten und dem gemeinsa-         eine Gemeinschaft daraus geworden ist.
V I N ZE N Z - B L I CK // 1 5

ANGEKOMMEN!
Betreutes Wohnen in Kohlscheid – für Frank Malinka genau das Richtige

Die Wohnung ist picobello aufgeräumt,      als Sänger seine Bandprobe mit den
die offen stehende Balkontür lässt         Rolling Bones hat.
warme Luft hinein und im Hintergrund       Zurück in die „Heimat“
hört man das monotone Köcheln einer        1977 kam Frank Malinka als Neunjähri-
Kaffeemaschine. Ein Sommertag.             ger ins Vinzenz-Heim. Zehn Jahre später
Frank Malinka sitzt entspannt am           wechselte er in eine Außenwohngruppe.
Tisch seiner 54-Quadratmeter-Woh-          Dort lernte er Ulla Heister kennen, die
nung in Herzogenrath-Kohlscheid. Am        damals die Gruppe betreute. Sie wurde
Wochenende kommt seine Freun-              seine Betreuerin und ist es auch heute       „Natürlich bekommen Bewo-Bewoh-
din Therese zu Besuch. Seit sechs          noch. Abgesehen von der Zeit, in der         ner, wo nötig, auch Hilfestellung“, sagt
Jahren sind die beiden ein Paar. Sie       Malinka einen Abstecher nach Bigge           Heister. Sie unterstützt Malinka drei
lebt in einer Außenwohngruppe des          ins Sauerland machte, wo er von 1993         Stunden pro Woche, zum Beispiel bei
Vinzenz-Heims. Malinka hat Anfang          bis 2008 in einer anderen Einrichtung        Behördengängen oder Arztbesuchen.
dieses Jahres seine Wohnung in             lebte. Dort machte Malinka auch seine        Sie hat ihn auch bei der Bewerbung für
dem neu erbauten Appartmenthaus            erste Bewo-Erfahrung. „Nach vierzehn         die Wohnung in Kohlscheid gecoacht.
in unmittelbarer Nachbarschaft des         Jahren wollte ich aber doch wieder zu-       Ein anderer Kollege steht zwei Stun-
Wilhelm-Rombach-Hauses bezogen.            rück in die alte Heimat. Den Kontakt         den pro Woche für Freizeitaktivitäten
Nach vierjähriger Planungs- und Bau-       hierhin habe ich nie abgebrochen“,           zur Verfügung. „Darüber hinaus gibt es
zeit konnte die Josefs-Gesellschaft        erzählt der heute 50-Jährige. Er fand        aber auch eine emotionale Bindung,
gGmbH Vinzenz-Heim Aachen hier vor         eine Wohnung in der Brüggemannstra-          wir kennen uns ja schon 32 Jahre.
mehr als einem halben Jahr den drei-       ße, in unmittelbarer Nachbarschaft zu        Da hat man ein offenes Ohr für alle
stöckigen Neubau mit 21 barrierefreien     der Außenwohngruppe, wo er einmal            Lebensthemen“, erklärt Heister. Gute
Mietwohnungen eröffnen.                    gelebt hatte. Und auch Ulla Heister          Kontakte hat Malinka mittlerweile auch
Freiheit pur                               war wieder an seiner Seite. „Man hat         zu einigen anderen Bewohnern des Ap-
Frank Malinka ist glücklich, dass er       direkt gemerkt, dass Bewo genau das          partmenthauses geknüpft. „Und wenn
hier im Herzen von Kohlscheid eines        Richtige für ihn ist, dass er sein eigenes   es mir dann doch mal zu viel wird, dann
der 18 Einzelappartments ergattern         Reich braucht, einen Raum, wo er sich        gehe ich einfach zurück in meine eige-
konnte. Denn Betreutes Wohnen – kurz       auch mal zurückziehen kann“, erzählt         nen vier Wände, wo ich einfach nur für
Bewo – ist für ihn genau das Richtige,     Heister.                                     mich sein kann“, sagt Malinka.
ein „Freiheitsgefühl“. Es ist zwar nicht   Verantwortung übernehmen                     Carolin Cremer-Kruff
seine erste Bleibe dieser Art, aber hier   Gleichzeitig betont sie aber auch,
in Kohlscheid ist er endlich angekom-      dass diese Wohnform nicht für jeden
men, wie er betont. Die Wohnungen          geeignet ist. Grundvoraussetzung ist,
sind alle modern, barrierefrei, mit        dass man in der Lage ist, Verantwor-
einer Einbauküche ausgestattet und:        tung für sich selbst und sein Leben zu
Sie sind bezahlbar. Für stark geh-         übernehmen, dass man seine Woh-
behinderte Menschen wie Malinka oder       nung in Ordnung halten kann, an den
Rollstuhlfahrer stehen ein Aufzug und      Einkauf denkt. Auch hygienische
elektrische Türöffner zur Verfügung        Aspekte sind wichtig. „Wenn ein
sowie große geräumige Badezimmer.          Bewohner schon nicht freiwillig
Auch das Drumherum passt: Die wich-        duscht, wird es schwierig“,
tigsten Geschäfte sind zu Fuß oder mit     erklärt Heister. Zu guter
                                                                                                                                                Beide Bilder © Carolin Cremer-Kruff

dem Scooter erreichbar. Drei Buslinien     Letzt muss man auch
fahren in verschiedene Richtungen.         damit      klarkommen
Malinka kann zum Beispiel mit dem          können, dass man
Bus in die Neuenhofstraße zur Arbeit       gelegentlich
fahren. Oder auch zum Aachener             allein in der Woh-
Vinzenz-Heim, wo er jeden Mittwoch         nung ist.
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