Waldzustandsbericht 2020 - NW-FVA Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt
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Vorwort Sehr geehrte Leserinnen und Leser, der Wald ist das erste Opfer der Klimakrise. Die Klimaveränderungen und daraus folgende Extremwetter wie Stürme und Trockenheit stellen eine ernste Gefährdung für unsere Wälder dar. Eine Verschlechterung des Waldzustandes mindert die Abwehrfunktionen von Waldökosystemen. Biotische und abiotische Schaderreger können sich schneller ausbreiten. Der vorliegende Waldzustandsbericht informiert über die Inhalte und Ergebnisse der erfolgten Waldzustandserhebung 2020 in Sachsen-Anhalt. Des Weiteren erläutert er allgemeinverständlich die Ursachen der Schäden und deren Auswirkungen in unseren Wäldern. Für die umfangreiche Datenerfassung, -auswertung und Darstellung der Ergebnisse möchte ich der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt hiermit meinen Dank aussprechen. Die Ergebnisse der Waldzustandserhebung zeigen für die Jahre 2018 bis 2020 die höchsten Anteile stark geschädigter und abgestorbener Bäume. Daraus resultieren erhebliche Schadholz- und Wiederaufforstungsumfänge in allen Waldbesitzarten. Das waldschutzrelevante Schadgeschehen im Bereich der rinden- und holzbrütenden Insekten sowie invasiven pilzartigen Krankheitserregern ist weiterhin auf hohem Niveau. Die Vitalitätsparameter aller Baumartengruppen belegen eine Verschlechterung des Waldzustandes. Allgemein liegt der Schwerpunkt der Schäden bei allen Bäumen im Bereich der mittelalten und alten Bestände in Abhängigkeit von der jeweiligen Standortswasserbilanz. Die Fichten beinhalten das größte Ausmaß der Schäden durch Sturm, Trockenheit und Insektenbefall. 60 Prozent der Schadholzumfänge betreffen die Fichte und etwa 23 Prozent die Kiefer. Bei der Eiche bleibt das Schadgeschehen auf dem Vorjahresniveau bestehen. Des Weiteren ist bei den Eichen im Vergleich zur Fichte und Buche kein sprunghafter Anstieg des Schadniveaus im Jahr 2020 zu verzeichnen. Größere nennenswerte Ausfälle bei den anbauwürdigen eingeführten Baumarten wie die Roteiche und Douglasie sind bisher nicht zu verzeichnen. Aufgrund der hohen Blößenumfänge in der Standortsregion Mittelgebirge (Harz) ist mit weiteren Sturmschäden aufgrund fehlender Deckungsbeziehung zu rechnen. Die Schäden in den Wäldern sind sichtbar. Folgeschäden durch mehrjährigen Trockenstress werden vermutlich auch in den kommenden Jahren noch festzustellen sein. Mit zunehmendem Trockenstress kommt es zu einer verminderten Produktivität sowie einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber weiteren abiotischen und biotischen Stressfaktoren. Gründe für den Trockenstress sind verlängerte Vegetationsperioden und eine erhöhte Verdunstungsrate bei den meisten mitteleuropäischen Baumarten. Aufgrund der Schäden vergangener Jahre steht derzeit die Wiederaufforstung der Schadflächen im Mittelpunkt des Interesses. Die entstandenen Freiflächen und Störungslöcher müssen unter Beachtung ökonomischer, ökologischer sowie sozialer Aspekte mit Baumarten auf Grundlage der Herkunftsempfehlungen des Landes Sachsen-Anhalt wiederbewaldet werden. Und zwar mit Bäumen, die sowohl mit dem herrschenden, als auch dem künftigen Klima zurechtkommen. Das bereits veröffentlichte Merkblatt „Entscheidungshilfen zur klimaangepassten Baumartenwahl im Land Sachsen-Anhalt“ bietet für alle Waldbesitzenden hierfür eine wertvolle Handreichung. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine informative Fachlektüre und verknüpfe dies mit der Bitte, alles zu tun, um unsere Wälder im Zuge der Klimakrise zu stärken sowie sich aktiv für den Klimaschutz einzusetzen. Prof. Dr. Claudia Dalbert Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt 2
Inhaltsverzeichnis Seite Vorwort 2 Inhaltsverzeichnis 3 Hauptergebnisse 4 Inge Dammann und Uwe Paar Forstliches Umweltmonitoring 6 Johannes Eichhorn, Inge Dammann und Uwe Paar WZE-Ergebnisse für alle Baumarten 8 Inge Dammann und Uwe Paar Kiefer 10 Fichte 11 Buche 12 Eiche 14 Andere Laub- und Nadelbäume 16 Witterung und Klima 18 Johannes Sutmöller Insekten und Pilze 22 Martin Rohde, Rainer Hurling, Gitta Langer, Johanna Bußkamp, Pavel Plašil und Ines Graw Entscheidungshilfen zur klimaangepassten Baumartenwahl 25 Hermann Spellmann, Johannes Sutmöller, Hans Hamkens und Ralf-Volker Nagel Samenplantagen und Mutterquartiere als Beitrag zur Biologischen Vielfalt 32 Matthias Paul, Wilfried Steiner, Samuel Schleich, Meinolf Lau, Dagmar Leisten, Matthias Moos und Carola Schmidt Stoffeinträge 36 Birte Scheler Literaturverzeichnis 39 Impressum 40 3 Foto: J. Weymar
Hauptergebnisse Waldzustandserhebung (WZE) Der Witterungsverlauf 2020 brachte keine Entlastung für die Walder in Sachsen-Anhalt. Erneut war es zu warm und zu trocken, so dass nach drei aufeinanderfolgenden Jahren mit extremer Witterung die Schäden in den Wäldern deutlich höher sind als im Zeitraum 1991-2017. Der Vitalitätszustand aller Baum artengruppen hat sich seitdem verschlechtert, insbesondere in den Fichtenbeständen sind die Schäden verheerend. Mehr als 60 % der Fichten in der Stichprobe der Waldzustandserhebung mussten seit 2017 als Schad- holz entnommen werden oder sind abgestorben. Die mittlere Kronenverlichtung der Waldbäume in Sachsen- Anhalt erreichte 2019 mit 26 % den höchsten Wert seit Be- ginn der Waldzustandserhebung. 2020 ist mit 25 % mitt- lerer Kronenverlichtung keine wesentliche Verbesserung eingetreten. Mit Sturmschäden, Trockenstress und Insektenbefall setz- te 2018 eine Entwicklung der Schäden in den Wäldern ein, die bislang nicht zum Stillstand gekommen ist. Gegenüber 2017 hat sich in allen Baumartengruppen – vor allem aber bei den Fichten – das Schadniveau erhöht. Mit einer mittle- ren Kronenverlichtung von 19 % ist der Kronenzustand der älteren Kiefern weiterhin markant besser als der von Fichte, Buche und Eiche. Der Anteil starker Schäden liegt für den Gesamtwald in Sachsen-Anhalt 2020 mit 10,1 % etwas niedriger als 2019 (12 %), überstiegt aber weit das langjährige Mittel (3,1 %). Den höchsten Anteil starker Schäden weist auch in diesem Jahr die Fichte (29,6 %) auf. Auch die Absterberate überschreitet 2020 (1,8 %) den lang- jährigen Mittelwert (0,5 %). Alle Baumarten(gruppen) wei- sen 2020 überdurchschnittliche Absterberaten auf. Die Ausfallrate (als Schadholz entnommene Bäume) beträgt in diesem Jahr 2,1 %. Bei der Fichte ist die Ausfallrate beson- Foto: M. Spielmann ders hoch (31,1 %). Die Baumartenverteilung in der WZE-Stichprobe in Sachsen- Anhalt ergibt für die Kiefer einen Flächenanteil von 57 %, die Ergebnisse der Waldzustandserhebung für den Gesamtwald in Sachsen-Anhalt werden daher stark durch die vergleichs- weise niedrigen Verlichtungswerte der Kiefer geprägt. Die Fichte ist mit 6 %, die Eiche mit 12 % und die Buche mit 8 % im Kollektiv der Waldzustandserhebung vertreten. Die anderen Laubbäume nehmen einen Anteil von 16 % ein, die anderen Nadelbäume sind relativ selten (1 %). Witterung und Klima Im Vegetationsjahr 2019/2020 setzte sich die Trockenheit im dritten Jahr in Folge unvermindert fort. Mit einer Mit- teltemperatur von 10,9 °C (+2,4 K) war das Jahr wiederum außergewöhnlich warm. Ein Vergleich der aktuellen Refe- renzperiode 1961-1990 mit der neuen Periode von 1991- 2020 zeigt deutlich, dass die Klimaveränderung in Sachsen- Anhalt bereits zu einer signifikanten Erwärmung geführt hat. Die Jahresmitteltemperatur ist von 8,5 °C auf 9,6 °C in den letzten dreißig Jahren angestiegen. Im Vegetationsjahr 2019/2020 fielen im Flächenmittel des Landes 532 mm Nie- derschlag. Dies entspricht nahezu dem langjährigen Nie- derschlagssoll der Klimanormalperiode 1961-1990. Damit reichten die Niederschläge jedoch nicht aus, um die Defizite der letzten Jahre auszugleichen und die tieferen Boden- schichten zu durchfeuchten. Foto: K. Dammann 4
Hauptergebnisse Insekten und Pilze Die Schäden durch Borkenkäfer an Fichte haben auch 2020 weiter stark zugenommen. Nach dem milden Winter 2019/2020 kam es früh zu Schwärmflügen des Buchdru- ckers. Ab Ende Mai waren nicht nur besonnte Bestandes- ränder, sondern auch Fichten im Bestandesinneren befallen. Insgesamt sind sehr viele Schadflächen und hohe Schad- mengen entstanden. Die Fichten hatten aufgrund des seit drei Jahren anhaltenden Wassermangels kaum Abwehrkräf- te gegen Borkenkäfer. Auch für Absterbeerscheinungen durch Pilze war die beson- dere Witterungssituation ein entscheidender auslösender Faktor. Die Buchen-Vitalitätsschwäche, die Rußrindenerkran kung des Ahorns und das Diplodia -Triebsterben der Kiefer werden in den letzten Jahren zunehmend festgestellt. Entscheidungshilfen zur klimaangepassten Baumartenwahl Die Klimaanpassung der Wälder ist derzeit die größte Her- ausforderung der Forstbetriebe. Die erarbeiteten Entschei- dungshilfen der NW-FVA zur klimaangepassten Baumarten- wahl basieren auf der so genannten Standortswasserbilanz in der Vegetationszeit (SWBVZ ) und der Nährkraftstufe. Da- Foto: M. Delpho bei wird das Trockenstressrisiko der Wälder unter zukünfti- gen Klimabedingungen des Klimaszenarios RCP8.5 anhand Samenplantagen und Mutterquartiere als der SWBVZ abgeschätzt. Beitrag zur Biologischen Vielfalt Zwischen den Baumarten gibt es hinsichtlich der Ansprüche an die Standortsbedingungen deutliche Unterschiede. Zur Samenplantagen und Mutterquartiere sind eine wichtige Potenzialabschätzung der Baumarten wurde an der NW- Quelle für die Bereitstellung von forstlichem Vermehrungs- FVA eine Zuordnungstabelle entwickelt, in der die S tellung gut. Die NW-FVA unterhält in ihren Trägerländern über der Baumarten in Mischwäldern entsprechend ihrer Was- 200 Samenplantagen mit Laub- und Nadelbäumen sowie ser- und Nährstoffansprüche nach der SWBVZ und der Nähr- Straucharten. Auf diesen Flächen wird für forstliche Zwe kraftstufe eingeordnet werden. Die erarbeiteten Bestandes- cke und für Naturschutzaufgaben höherwertiges Vermeh- zieltypen (BZT) werden über einen Webdienst der NW-FVA rungsgut produziert, das zur Erhaltung und Nachzucht von der Praxis zur Verfügung gestellt. In der Regel ergeben sich genetisch vielfältigen Waldbeständen benötigt wird. unter künftigen Klimabedingungen mehrere Optionen für In Mutterquartieren werden von der NW-FVA auf Artrein- die Wahl geeigneter BZT. Ihre Anzahl ist gegenüber heu- heit geprüfte Pappeln und heimische Weiden von gefähr- te allerdings weitaus geringer, weil ein nicht unerheblicher deten Vorkommen erhalten und vegetativ vermehrt. Teil der Waldstandorte in Sachsen-Anhalt sich bezüglich der SWBVZ schon bis zur Mitte des Jahrhunderts in Bereiche ver- Stoffeinträge schlechtert, die die Auswahl möglicher BZT stark einschrän- Aufgrund der Filterwirkung der Baumkronen für Gase und ken. Partikel (trockene Deposition) sind die Einträge luftbürtiger Nähr- und Schadstoffe im Wald höher als im Freiland. In Sachsen-Anhalt war 2019 ein weiteres sehr nieder- schlagsarmes Jahr. In den Kiefernbeständen betrug die Nie- derschlagsmenge in Klötze rund 75 % und in Nedlitz 85 % des 10-jährigen Mittels der Jahre 2009-2018. Obwohl die Niederschläge 2019 höher waren als 2018, war die Höhe der Stoffeinträge im Freiland und unter Kiefer geringer als im Vorjahr. Der Sulfatschwefeleintrag betrug 2019 nur noch zwischen 1,6 (Colbitz Kiefer) und 2,9 (Klötze Douglasie) kg je Hektar. Hier zeigt sich deutlich der Erfolg verschiedener Maßnah- men zur Luftreinhaltung. Die Stickstoffeinträge (Ammonium und Nitrat) haben auf den langjährig untersuchten Kiefernflächen in Nedlitz und Klötze ebenfalls signifikant abgenommen. Der anorgani- sche Stickstoffeintrag betrug 2019 unter Kiefer zwischen 7,1 (Colbitz) und 12,0 (Nedlitz) sowie unter Douglasie (Klötze) 13,7 kg je Hektar. Foto: M. Spielmann 5
Forstliches Umweltmonitoring Johannes Eichhorn, Inge Dammann und Uwe Paar Wie ist das Ausmaß der Schäden mit Blick auf die Verän- derungen der Wälder über die Jahre richtig einzuordnen? Worin liegen die Besonderheiten der Witterung in den ex- tremen Jahren 2018 bis 2020? Ist der Wald als Ganzes be- troffen oder unterscheiden sich Regionen? Reagieren die Baumarten gleich sensitiv? Antworten auf diese Fragen zu geben, ist eine wesentliche Aufgabe des Forstlichen Um- weltmonitorings. Das Forstliche Umweltmonitoring berät Verwaltung und Politik auf fachlicher Grundlage und erarbeitet Beiträge für Entscheidungshilfen der forstlichen Praxis. Die rechtliche Grundlage für Walderhebungen in der Forstlichen Umwelt- kontrolle stellt § 41a des Gesetzes zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundeswaldgesetz– BWaldG) dar. Dies wird konkretisiert durch die Verord- nung über Erhebungen zum Forstlichen Umweltmonitoring (ForUmV 2013) und durch das Durchführungskonzept Forst- liches Umweltmonitoring (BMEL 2016). Die Rechtsgrundla- gen sichern eine methodische Vergleichbarkeit über lange Zeiträume und über Ländergrenzen. WZE-Aufnahmeteam Foto: M. Spielmann Die Stichprobe der Waldzustandserhebung vermittelt auch Konzept ein zahlenmäßiges Bild zu dem Einfluss von Stürmen, Witte- Grundsätzlich werden im Forstlichen Umweltmonitoring rungsextremen und Insekten- und Pilzbefall. Lokale Befun- folgende Kategorien unterschieden: de wie sturmgefallene Bäume oder ein extremer Befall der Kiefer durch Pilze können von dem landesweiten Ergebnis • waldflächenrepräsentative Übersichtserhebungen auf ei- nem systematischen Stichprobenraster (Level I), abweichen. • die intensive Dauerbeobachtung ausgewählter Waldöko- systeme im Rahmen verschiedener Beobachtungspro- Waldzustandserhebung – gramme (Bodendauerbeobachtungsprogramm (BDF), Methodik und Durchführung Level II, Waldökosystemstudie Hessen (WÖSSH)) sowie Aufnahmeumfang • Experimentalflächen, z. B. Vergleichsflächen zur Boden- schutzkalkung (Level III). Die Waldzustandserhebung erfolgt auf mathematisch-sta- tistischer Grundlage. Auf einem systematisch über Sachsen- Die methodischen Instrumente der Ökosystemüberwa- Anhalt verteilten Rasternetz werden seit 1991 an jedem chung sind europaweit harmonisiert nach den Grundsätzen Erhebungspunkt 24 Stichprobenbäume begutachtet. Die des ICP Forests (2016). Waldzustandserhebung wurde im Zeitraum 1991 bis 2014 Die Waldzustandserhebung (WZE) ist Teil des Forstlichen im 4 km x 4 km-Raster durchgeführt. Ab 2015 beträgt die Umweltmonitorings in Sachsen-Anhalt. Sie liefert als Über- Rasterweite des landesweiten Stichprobennetzes 8 km x sichtserhebung Informationen zur Vitalität der Waldbäume 8 km. Für Buche, Eiche, Fichte sowie die anderen Laub-und unter dem Einfluss sich ändernder Umweltbedingungen. Nadelbäume wurde das 4 km x 4 km-Raster beibehalten, Das Stichprobenraster der Waldzustandserhebung ist dar- wenn 2014 mindestens 6 Bäume dieser Baumartengruppen auf ausgelegt, die gegenwärtige Situation des Waldes lan- am WZE-Punkt vorhanden waren. Nach einer Rasterüber- desweit repräsentativ abzubilden. Ergebnis ist das Gesamt- prüfung im Frühjahr 2020 wurden 14 weitere WZE-Punkte bild des Waldzustandes für das Bundesland. in das 8 km x 8 km-Raster integriert, so dass jetzt 188 Er- hebungspunkte zum Stichprobenkollektiv gehören, von denen in diesem Jahr 173 Erhebungspunkte in die Inven- tur einbezogen werden konnten. Dieser Aufnahmeumfang ermöglicht repräsentative Aussagen zum Waldzustand auf Landesebene sowie Zeitreihen für die Baumarten Buche, Ei- che, Fichte, Kiefer und die Gruppe der anderen Laubbäume. Für den Parameter mittlere Kronenverlichtung zeigt die Ta- belle Seite 7 die 95 %-Konfidenzintervalle (= Vertrauens- bereiche) für die Baumarten und Altersgruppen der WZE- Stichprobe 2020. Je weiter der Vertrauensbereich, desto unschärfer sind die Aussagen. Die Weite des Vertrauensbe- reiches wird im Wesentlichen beeinflusst durch die Anzahl der Stichprobenpunkte in der jeweiligen Auswerteeinheit und die Streuung der Kronenverlichtungswerte. Für relativ homogene Auswerteeinheiten mit relativ gering s treuenden Tensiometer zur Messung der Bodenfeuchte Foto: J. Weymar 6
Forstliches Umweltmonitoring Abbrechen von Kronenteilen durch Wind) gehen nicht in die Berechnung der Ergebnisse der Wald- zustandserhebung ein. Die Kronenverlichtung ist ein unspezifisches Merk- mal, aus dem nicht unmittelbar auf die Wirkung von einzelnen Stressfaktoren geschlossen werden kann. Sie ist daher geeignet, allgemeine Belas- tungsfaktoren der Wälder aufzuzeigen. Bei der Be- wertung der Ergebnisse stehen nicht die absoluten Verlichtungswerte im Vordergrund, sondern die mittel- und langfristigen Trends der Kronenent- wicklung. Zusätzlich zur Kronenverlichtung werden weitere sichtbare Merkmale an den Probebäumen wie der Vergilbungsgrad der Nadeln und Blätter, die aktuelle Fruchtbildung sowie Insekten- und Pilzbefall erfasst. Borkenkäferschäden 2020 Foto: J. Weymar Mittlere Kronenverlichtung Kronenverlichtungen (z. B. Kiefer über 60 Jahre) sind enge Konfiden- Die mittlere Kronenverlichtung ist der arithmeti- zintervalle auch bei einer geringen Stichprobenanzahl sehr viel leich- sche Mittelwert der in 5 %-Stufen erhobenen Kro- ter zu erzielen als für heterogene Auswerteeinheiten, die sowohl in nenverlichtungswerte der Einzelbäume. der Altersstruktur als auch in den Kronenverlichtungswerten ein brei- tes Spektrum umfassen (z. B. alle Baumarten über 60 Jahre). Starke Schäden Aufnahmeparameter Unter den starken Schäden werden Bäume mit Kronenverlichtungen über 60 % (inkl. abgestor- Bei der Waldzustandserhebung erfolgt eine visuelle Beurteilung bener Bäume) sowie Bäume mittlerer Verlichtung des Kronenzustandes der Waldbäume, denn Bäume reagieren auf (30-60 %), die zusätzlich Vergilbungen über 25 % Umwelteinflüsse u. a. mit Änderungen in der Belaubungsdichte und aufweisen, zusammengefasst. der Verzweigungsstruktur. Wichtigstes Merkmal ist die Kronenver- lichtung der Waldbäume, deren Grad in 5 %-Stufen für jeden Stich- Absterberate probenbaum erfasst wird. Die Kronenverlichtung wird unabhängig von den Ursachen bewertet, lediglich mechanische Schäden (z. B. das Die Absterberate ergibt sich aus den Bäumen, die zwischen der Erhebung im Vorjahr und der aktu- 95 %-Konfidenzintervalle für die Kronenverlichtung der Baumartengruppen ellen Erhebung abgestorben sind und noch am und Altersgruppen der Waldzustandserhebung 2020 in Sachsen-Anhalt. Das 95 %-Konfidenzintervall (= Vertrauensbereich) gibt den Bereich an, in dem Stichprobenpunkt stehen. Durch Windwurf, Durch- der wahre Mittelwert mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % liegt. forstung usw. ausgefallene Bäume gehen nicht in die Absterberate, sondern in die Ausfallrate ein. Baumarten- Anzahl Anzahl 95%-Konfidenz Altersgruppe Raster gruppe Bäume Plots intervall (+-) Ausfallrate Buche alle Alter 495 40 4x4 km 6,7 Das Inventurverfahren der WZE ist darauf ausge bis 60 Jahre 123 9 4x4 km 8,6 legt, die aktuelle Situation der W aldbestände unter über 60 Jahre 372 34 4x4 km 5,9 realen (Bewirtschaftungs-) Bedingungen abzubil Eiche alle Alter 762 77 4x4 km 5,0 den. Daher scheidet in jedem Jahr ein Teil der Stich bis 60 Jahre 173 20 4x4 km 6,3 probenbäume aus dem Aufnahmekollektiv aus. Der über 60 Jahre 589 65 4x4 km 4,6 Ausfallgrund wird für jeden Stichprobenbaum do- Fichte alle Alter 382 22 4x4 km 18,8 kumentiert. Gründe für den Ausfall sind u. a. Durch- bis 60 Jahre 119 5 4x4 km 9,1 forstungsmaßnahmen, methodische Gründe (z. B. über 60 Jahre 263 17 4x4 km 22,7 wenn der Stichprobenbaum nicht mehr zur Baum- Kiefer alle Alter 1090 55 8x8 km 2,8 klasse 1-3 gehört), Sturmschäden oder außerplan- bis 60 Jahre 216 15 8x8 km 4,9 mäßige Nutzung aufgrund von Insektenschäden. über 60 Jahre 874 44 8x8 km 3,0 Dort, wo an den WZE-Punkten S tichprobenbäume ausfallen, werden nach objektiven Vorgaben Ersatz andere alle Alter 901 89 4x4 km 5,9 bäume ausgewählt. Sind aufgrund großflächigen Laubbäume bis 60 Jahre 347 44 4x4 km 10,4 Ausfalls der Stichprobenbäume keine geeigneten über 60 Jahre 554 65 4x4 km 6,7 Ersatzbäume vorhanden, ruht der WZE-Punkt, bis andere alle Alter 139 14 4x4 km 5,9 eine Wiederbewaldung vorhanden ist. Nadelbäume bis 60 Jahre 99 8 4x4 km 5,6 Die im Bericht aufgeführte Ausfallrate ergibt sich über 60 Jahre 40 7 4x4 km 6,7 aus den infolge von Sturmschäden und Insekten- alle alle Alter 1920 80 8x8 km 4,5 oder Pilzbefall (insbesondere durch Borkenkäfer) aumarten B bis 60 Jahre 507 27 8x8 km 8,2 am Stichprobenpunkt liegenden bzw. entnomme- über 60 Jahre 1413 63 8x8 km 5,2 nen Bäumen. 7
WZE-Ergebnisse für alle Baumarten Inge Dammann und Uwe Paar Die extremen Witterungsbedingungen der Jahre 2018 bis 2020 haben zu sichtbaren Schäden in den Wäldern Sach- sen-Anhalts geführt. Nach Sturmwurf und Borkenkäferbefall prägen umfangreiche Freiflächen und abgestorbene Fich- ten das Waldbild im Harz. Mittlere Kronenverlichtung Die Waldzustandserhebung 2020 weist als Gesamtergebnis für die Waldbäume in Sachsen-Anhalt (alle Baumarten, alle Alter) eine mittlere Kronenverlichtung von 25 % aus. Nach- dem im Vorjahr mit 26 % der höchste Wert in der Zeitreihe der Waldzustandserhebung erreicht wurde, hat sich 2020 die Situation nicht nennenswert verbessert. Am höchsten ist die mittlere Kronenverlichtung der älteren Fichten (55 %) und Buchen (44 %). Für die älteren Eichen und die Gruppe der anderen Laubbäume (alle Alter) be- trägt die mittlere Kronenverlichtung 38 bzw. 36 %. Insge- samt wird der Verlauf der mittleren Kronenverlichtung für den Gesamtwald ganz wesentlich durch die Kiefer geprägt, die als häufigste Baumart in Sachsen-Anhalt maßgeblich das Gesamtergebnis mit relativ konstanten niedrigen Ver- lichtungswerten (über 60-jährige Kiefern 2020: 19 %) beein- flusst. Anteil starker Schäden Der Anteil starker Schäden liegt im Mittel der Zeitreihe bei 3,1 %. 2020 wird dieser Mittelwert erneut deutlich über- schritten (10,1 %). Bei allen Baumartengruppen liegt der Anteil starker Schäden 2020 weit über dem langjährigen Durchschnitt. Die Spanne der starken Schäden reicht in die- sem Jahr von 3,6 % (Kiefer) bis 29,6 % (Fichte). Foto: J. Evers Mit einer Kronenverlichtung über 60 % sind im Vergleich zu Alle Baumarten einer vollbelaubten Baumkrone Begrenzungen der Versor- Mittlere mittlere Kronenverlichtung Kronenverlichtung in % in % 50 gung der Bäume mit Wasser und Energie verbunden. Das Vermögen der Bäume, sich an wechselnde Bedingungen 40 anzupassen, wird eingeschränkt. 30 27 29 alle Altersstufen 23 über 60 Jahre 25 20 21 16 10 bis 60 Jahre 0 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Anteil starker Anteil starker Schäden Schäden (inkl.(inkl. abgestorbener abgestorbener Bäume),Bäume), alle Baumarten, alle Alter in alle Baumarten, alle Alter in % % 14 12 10,1 10 8 6 4 2 0 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Foto: J. Weymar 8
WZE-Ergebnisse für alle Baumarten Absterberate Jährliche Absterberate Jährliche Absterberate (stehende (stehende Bäume),Bäume), alle Baumarten, alle Alter in % alle Baumarten, alle Alter in % Die Absterberate (alle Bäume, alle Alter) ist 2020 mit 1,8 % 5 niedriger als im Vorjahr, übersteigt das langjährige Mittel aber um das 3-fache. Im Zeitraum 1992-2017 lag die Ab- 4 sterberate in allen Jahren unter 1 %. 2020 weisen alle Baum artengruppen überdurchschnittliche Absterberaten auf. Am 3 niedrigsten ist sie bei den Kiefern (1,5 %), am höchsten bei den Fichten (11,8 %). 2 1,8 Ausfallrate 1 Die Ausfallrate ist das Ergebnis der infolge von Sturmwurf, Trockenheit, Insekten- und Pilzbefall (z. B. Borkenkäferbe- 0 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 fall) am Stichprobenpunkt liegenden oder entnommenen Bäume. Die jährlichen Ausfallraten bilden die Auswirkungen der Stürme „Kyrill“ (2007) und „Friederike“ (2018) deutlich ab. In beiden Jahren waren Sturmschäden die Hauptausfall- Jährliche Ausfallrate Jährliche Ausfallrate (als Schadholz (als Schadholz entnommene entnommene Bäume), ursache. 2019 und 2020 war dagegen Borkenkäferbefall der Bäume), alle Baumarten, alle Alter in % alle Baumarten, alle Alter in % Hauptausfallgrund. Besonders betroffen ist 2020 die Fichte 5 mit einer Ausfallrate von 31,1 %. 4 Vergilbungen 3 Vergilbungen der Nadeln und Blätter sind häufig ein In- diz für Magnesiummangel in der Nährstoffversorgung der 2,1 2 Waldbäume. Der Anteil an Bäumen mit nennenswerten Ver- gilbungen (>10 % der Nadel- bzw. Blattmasse) liegt im Erhe- 1 bungszeitraum zwischen 0,1 % und 11 %, die Vergilbungen waren überwiegend gering ausgeprägt. 2020 wurden keine 0 Vergilbungen an den Stichprobenbäumen festgestellt. 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Anteil an den Vergilbungsstufen, AnteilBaumarten, alle an den Vergilbungsstufen, alle Alter alle in %Baumarten, alle Alter in % 12 Stufe 1 (11 - 25 % der Nadel-/Blattmasse) 10 Stufe 2 (26 - 60 % der Nadel-/Blattmasse) Stufe 3 (über 60 % der Nadel-/Blattmasse) 8 6 4 2 0 0 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Fazit Seit drei Jahren haben Stürme, Borkenkäfer, Hitze- und Tro- ckenperioden umfangreiche Schäden in den Wäldern ver ursacht. Die Vitalitätsparameter aller Baumartengruppen belegen eine erhebliche Verschlechterung des Waldzu standes. Die Ergebnisse der Waldzustandserhebung zeigen 2018 bis 2020 die höchsten Anteile an stark geschädigten und abgestorbenen Bäumen. Die mit Abstand höchsten Ausfallraten sind bei der Fichte aufgetreten. S trukturelle Störungen in Form von Blößen und Freiflächen sind die Folge. Die Krise der Wälder ist noch nicht überstanden, Fol- geschäden durch den mehrjährigen Trockenstress werden vermutlich auch in den nächsten Jahren noch festzustellen sein. Foto: M. Spielmann 9
Kiefer Kiefer Die WZE-Ergebnisse für die Kiefern zeigen eine modera- Mittlere Kronenverlichtung mittlere Kronenverlichtung in % in % te Reaktion auf das Witterungsgeschehen der letzten drei 60 Jahre. Schadensausmaß und -intensität sind bei der Kiefer 50 geringer als bei den anderen Baumarten, gleichwohl gab es auch bei der Kiefer lokal Schäden durch Sturm, Pilzbefall 40 und Trockenheit. 31 30 23 Ältere Kiefer 20 19 über 60 Jahre Die älteren Kiefern wiesen im ersten Erhebungsjahr 1991 – mitverursacht durch Insektenschäden – einen hohen Ver- 10 bis 60 Jahre 8 lichtungsgrad auf. In den Folgejahren verbesserte sich der 0 Kronenzustand erheblich und die Kiefer ist seit Mitte der 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 1990er Jahre unter den Hauptbaumarten die Baumart mit den niedrigsten Kronenverlichtungswerten. Dies gilt – trotz erhöhter Werte – auch für 2020 mit einer mittleren Kronen- Anteil starker Anteil starker Schäden Schäden (inkl. (inkl. abgestorbener abgestorbener Bäume), Bäume), verlichtung von 19 %. alle Alterin in alle Alter %% 30 Jüngere Kiefer 25 Kiefer Im Zeitraum 2005-2017 war die Benadelung der jüngeren alle Baumarten Kiefern gut. 2015 wurde der niedrigste Verlichtungswert im 20 Erhebungszeitraum festgestellt. Nach einer Zunahme der Verlichtung 2018 liegt die mittlere Kronenverlichtung der 15 jüngeren Kiefern 2019 und 2020 wieder unter 10 %. 10 Im Gegensatz zu Buche, Fichte und Eiche sind bei der Kiefer die Unterschiede im Kronenverlichtungsgrad zwischen den 5 3,6 Altersgruppen sehr viel weniger ausgeprägt. 0 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Starke Schäden Auch bei den starken Schäden heben sich die Ergebnisse der Kiefern von denen der anderen Baumarten ab. Seit 1992 Jährliche Absterberate (stehende Bäume), liegt der Anteil starker Schäden bei der Kiefer in allen Jahren alle Alter Jährliche in % Absterberate (stehende Bäume), alle Alter in % unter dem Mittelwert für alle Baumarten. Es gibt nur wenige 16 Schwankungen in der Zeitreihe, der langjährige Mittelwert 14 Kiefer beträgt 1,2 %. 2020 sind 3,6 % der Kiefern stark geschädigt. alle Baumarten 12 Absterberate 10 Die Absterberate der Kiefern liegt im Mittel der Jahre 1992- 8 2020 bei 0,3 %. In den ersten beiden Erhebungsjahren wur- 6 den erhöhte Absterberaten (bis 0,8 %) festgestellt. Bei der 4 1,5 Waldzustandserhebung 2020 ist die Absterberate der Kiefer 2 ebenfalls erhöht (1,5 %). 0 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Ausfallrate Jährlich fallen im Durchschnitt 0,7 % der Kiefern aufgrund außerplanmäßiger Nutzung (liegende bzw. entnomme- ne Bäume) aus. 2007 und 2018 führten Sturmschäden zu Jährliche Ausfallrate Jährliche Ausfallrate (als Schadholz (als Schadholz entnommene entnommene Bäume), erhöhten Ausfallraten, 2011 wurden überdurchschnittlich Bäume), alle Alter inalle % Alter in % viele Kiefern wegen Schneebruch und Insektenschäden 30 entnommen. Die Ausfallrate 2020 (0,2 %) liegt unter dem 25 Kiefer langjährigen Mittelwert. alle Baumarten 20 15 10 5 0,2 0 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Foto: J. Evers 10
Fichte Fichte Das Ausmaß der Schäden durch Sturm, Trockenheit und Bor Mittlere Kronenverlichtung mittlere Kronenverlichtung in % in % kenkäferbefall ist bei den Fichten auch 2020 außergewöhn- 60 55 lich hoch. Die Anteile starker Schäden und die Absterbe- und 50 Ausfallraten überragen die Mittelwerte der Zeitreihe um ein Vielfaches. 40 über 60 Jahre Ältere Fichte 30 Bei den älteren Fichten werden im gesamten Beobach- 20 24 tungszeitraum vergleichsweise hohe Kronenverlichtungs- werte zwischen 21 und 35 % registriert. 2019 stieg die mitt- 10 12 bis 60 Jahre 9 lere Kronenverlichtung auf 43 % an. 2020 wird ein neuer 0 Rekordwert (55 %) seit Beginn der Waldzustandserhebung 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 erreicht. Jüngere Fichte Anteil starker Anteil starker Schäden Schäden (inkl. abgestorbener (inkl. abgestorbener Bäume), Bäume), Die mittlere Kronenverlichtung der jüngeren Fichten hat alle Alter alle Alter in in % % 2020 abgenommen und entspricht jetzt den Werten vor 30 29,6 2018. Fichte 25 alle Baumarten Starke Schäden 20 Bis zum Jahr 2003 wurden bei den älteren Fichten vergleichs 15 weise niedrige Anteile starker Schäden (zwischen 0,6 und 3 %) verzeichnet, nach dem Trockenjahr 2003 stiegen die 10 Anteile an. Ab 2018 hat der Anteil stark geschädigter Fich- ten stark zugenommen. 2020 ist mehr als jede vierte Fichte 5 stark geschädigt (29,6 %). 0 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Absterberate Bis zum Jahr 2003 war die Absterberate überwiegend ge- ring, anschließend wurden infolge von Trockenstress und Jährliche Absterberate (stehende Bäume), Borkenkäferbefall bis 2007 erhöhte Absterberaten (bis alle Alter Jährliche in % Absterberate (stehende Bäume), alle Alter in % 1,3 %) ermittelt. Die durchschnittliche Absterberate (1992- 16 2020) beträgt 1,3 %. Seit 2018 zeigt sich ein grundlegend 14 Fichte anderes Bild: Im Jahr 2018 war die Absterberate mit 3,4 % 12 alle Baumarten 11,8 bereits deutlich erhöht, 2019 folgte ein Höchstwert (16 %) 10 und 2020 starben weitere 11,8 % der Fichten ab. 8 Ausfallrate 6 Der Anteil liegender bzw. entnommener Fichten liegt im 4 Mittel der Beobachtungsjahre bei jährlich 3 %. 2018 wurden 2 aufgrund der Sturmschäden 13 % der Fichten außerplanmä- 0 ßig entnommen. 2019 überwogen die Ausfälle (9 %) durch 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Borkenkäferbefall. 2020 führte die massive Ausbreitung der Borkenkäferschäden dazu, dass fast ein Drittel der Fichten (31 %) gefällt werden mussten. Jährliche Ausfallrate Jährliche Ausfallrate (als Schadholz (als Schadholz entnommene entnommene Bäume), Bäume), alle Alter inalle % Alter in % 30 31,1 Fichte 25 alle Baumarten 20 15 10 5 0 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Foto: M. Spielmann 11
Buche Buche Für die Buchen bleibt das 2019 festgestellte erhöhte Schad- Mittlere Kronenverlichtung mittlere Kronenverlichtung in % in % niveau auch 2020 bestehen. 60 50 Ältere Buche über 60 Jahre 44 Bei den älteren Buchen beträgt die mittlere Kronenverlich- 40 tung in diesem Jahr 44 %. 30 Die höchsten Kronenverlichtungswerte sind bei den älteren Buchen nach extremen Hitze- und Trockenjahren aufgetre 16 20 ten. 2019 und 2020 liegen die Werte noch höher als im bis 60 Jahre 15 Anschluss an das Trockenjahr 2003. 10 12 0 Jüngere Buche 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Bei der Buche sind die Unterschiede in der Belaubungs dichte zwischen jüngeren und älteren Beständen beson Anteil starker Anteil starker Schäden Schäden (inkl. (inkl. abgestorbener abgestorbener Bäume), Bäume), ders stark ausgeprägt. 2019 wird aber auch bei den jün- alle Alter in % alle Alter in % geren Buchen der höchste Kronenverlichtungswert im 30 Erhebungszeitraum festgestellt, 2020 hält die Phase erhöh- 25 Buche ter Verlichtung weiter an. alle Baumarten 20 Starke Schäden 15,2 15 Wie beim Verlauf der mittleren Kronenverlichtung tre- ten auch beim Anteil starker Schäden im Beobachtungs- 10 zeitraum Schwankungen auf, 2019 wurde ein Extremwert (21 %) ermittelt. 2020 ist der Anteil stark geschädigter Bu- 5 chen mit 15,2 % 3-mal so hoch wie der langjährige Mittel- 0 wert (4,9 %). 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Foto: H. Heinemann 12
Buche Absterberate Im Vergleich zu den anderen Hauptbaumarten weisen die Buchen zwischen 1992 und 2019 die niedrigste Absterbera- te auf. In 22 von 28 Jahren ist keine Buche im Stichproben- kollektiv abgestorben. 2020 beträgt die Absterberate 2 %. Gerade weil in den letzten Jahrzehnten kaum Buchen abge- storben sind, sind die diesjährigen Absterbeerscheinungen besonders auffällig. Ausfallrate Die durchschnittliche Ausfallrate ist bei der Buche ver- gleichsweise niedrig (0,2 %). 2020 sind 0,8 % der Buchen außerplanmäßig aus dem WZE-Kollektiv ausgeschieden. Jährliche Absterberate (stehende Bäume), Jährliche alle AlterAbsterberate in % (stehende Bäume), alle Alter in % 16 14 Buche alle Baumarten 12 10 8 6 4 2,0 2 0 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Jährliche Ausfallrate Jährliche Ausfallrate (als Schadholz (als Schadholz entnommene entnommene Bäume), alle Alter inalle Bäume), % Alter in % Foto: J. Weymar 30 Buche Fruchtbildung 25 alle Baumarten Die Ergebnisse zur Fruchtbildung im Rahmen der Waldzu- 20 standserhebung zeigen die Tendenz, dass die Buchen in kurzen Abständen und vielfach intensiv fruktifizieren. Dies 15 steht im Zusammenhang mit einer Häufung warmer Jahre sowie einer erhöhten Stickstoffversorgung der Bäume. Geht 10 man davon aus, dass eine starke Mast erreicht wird, wenn 5 0,8 ein Drittel der älteren Buchen mittel oder stark fruktifiziert, ergibt sich rechnerisch für den Beobachtungszeitraum der 0 Waldzustandserhebung 1991-2020 alle 2,1 Jahre eine starke 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Mast. Literaturrecherchen (Paar et al. 2011) hingegen erga- ben für den Zeitraum 1839-1987 Abstände zwischen zwei starken Masten für 20-Jahresintervalle zwischen 3,3 und 7,1 Jahren. Anteil mittel und stark fruktifizierender älterer Anteil mittel Buchen in und % stark fruktifizierender älterer Buchen in % 100 80 60 40 21 20 0 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Foto: J. Evers 13
Eiche Bei den Eichen ist im Gegensatz zu Fichte und Buche kein sprunghafter Anstieg der Verlichtungswerte festzustellen. Dennoch liegt das Verlichtungsniveau 2020 über den Wer- ten von vor den drei Trockensommern. Ältere Eiche Die mittlere Kronenverlichtung der älteren Eichen liegt 2020 bei 38 %. Nachdem 2016 der niedrigste Wert im Beobach- tungszeitraum festgestellt wurde, sind anschließend die Verlichtungswerte kontinuierlich angestiegen. Die Entwicklung des Kronenzustandes der Eichen wird stark durch Insekten- und Pilzbefall beeinflusst. Für die Zunahme der Verlichtung in den letzten Jahren war der Insektenbefall allerdings nicht ausschlaggebend, da nur moderate Fraß- schäden beobachtet wurden. Jüngere Eiche Die Kronenentwicklung der Eichen in der Altersstufe bis 60 Jahre zeigt einen sehr viel günstigeren Verlauf als die Entwicklung der älteren Eichen. Die mittlere Kronenverlich- tung beträgt aktuell 17 %. Starke Schäden Die Anteile starker Schäden der Eichen liegen bis 2017 über den Werten für den Gesamtwald. Im Durchschnitt der Zeit- reihe sind 6 % der Eichen als stark geschädigt eingestuft worden. Der Anteil starker Schäden variiert bei den Eichen stark und verläuft bis 2017 parallel zum Anteil der Fraßschä- den. Phasen erhöhter Anteile treten vor allem im Anschluss an mittleren und starken Insektenfraß auf. Die erhöhten Werte 2018 und 2019 sind allerdings nicht durch Insekten- fraß bedingt. Mit dem diesjährigen Anteil stark geschädigter Foto: M. Spielmann Eichen (10,9 %) wurde ein neuer Höchstwert in der Zeitreihe Eiche erreicht. Mittlere Kronenverlichtung mittlere Kronenverlichtung in % in % 60 50 40 38 über 60 Jahre 31 30 20 20 17 10 bis 60 Jahre 0 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Anteil starker Anteil starker Schäden Schäden (inkl. (inkl. abgestorbener abgestorbener Bäume), Bäume), alle Alterin in alle Alter %% 30 25 Eiche alle Baumarten 20 15 10,9 10 5 0 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Foto: J. Weymar 14
Eiche Absterberate Überdurchschnittliche Absterberaten wurden bei den Ei- chen jeweils im Anschluss an Perioden mit starkem Insek- tenfraß ermittelt, am höchsten war die Absterberate 1997 (2,7 %). Im Durchschnitt sterben jährlich 0,6 % der Eichen ab. Im Jahr 2020 liegt die Absterberate – ohne Einfluss durch Insektenfraß – bei 2,1 %. Ausfallrate Auch die Ausfallrate der Eiche ist nach intensivem Insekten- fraß erhöht, im Mittel der Erhebungsjahre liegt sie bei 0,6 %. Die Witterungsextreme 2018-2020 haben zu einer modera- ten Erhöhung geführt (1,1 %). Jährliche Absterberate (stehende Bäume), alle AlterAbsterberate Jährliche in % (stehende Bäume), alle Alter in % 16 14 Eiche alle Baumarten 12 10 8 6 4 2,1 2 0 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Jährliche Ausfallrate Jährliche Ausfallrate (als Schadholz (als Schadholz entnommene entnommene Bäume), Bäume), alle Alter inalle % Alter in % 30 Eiche 25 alle Baumarten 20 15 Foto: J. Evers 10 Fraßschäden 5 1,1 Die periodische Vermehrung von Schmetterlingsraupen der so genannten Eichenfraßgesellschaft trägt maßgeblich zu 0 den Schwankungen der Belaubungsdichte der Eichen bei. 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Der Fraß an Knospen und Blättern durch die Eichenfraß- gesellschaft wurde verstärkt in den Jahren 1991-1997 be- Anteil mittlerer und starker Fraßschäden an älteren obachtet. Von 2004-2007 und von 2010-2012 folgten zwei Anteil mittlerer Eichen in % und starker Fraßschäden an älteren Eichen in % weitere Perioden mit Fraßschäden. Seit 2013 ist der Anteil 50 mittlerer und starker Fraßschäden an älteren Eichen gering. 2020 war keine ältere Eiche mittel oder stark befressen. 40 Fruchtbildung 30 Die Fruchtbildung der Eiche ist zum Zeitpunkt der Waldzu- standserhebung im Juli und August nur schwer einzuschät- 20 zen, weil die Eicheln dann noch sehr klein sind. Im Zustän- digkeitsbereich der NW-FVA wurde daher für WZE-Punkte 10 mit mindestens 17 Eichen im Alter über 60 Jahre im 8 km x 0 8 km-Raster eine zusätzliche Erfassung in der zweiten Sep- 0 temberhälfte durchgeführt. Die Eichen an diesen Referenz- 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 punkten, bestehend aus 13 WZE-Punkten, haben 2020 zu 1991-2005: Einstufung in 4 Stufen, ab 2006: Einstufung in 5 %-Stufen, Fraßschäden >=15 % zählen zu den mittleren und starken Fraßschäden 31 % mittel und stark fruktifiziert. 15
Andere Laub- und Nadelbäume In Sachsen-Anhalt werden bei der Waldzustandserhebung als landesweite flächendeckende Stichprobeninventur 28 Baumarten erfasst. Neben den Hauptbaumarten Kiefer, Fichte, Buche und Eiche kommt in den Wäldern eine Viel- zahl von anderen Baumarten vor, die insgesamt 17 % der Stichprobenbäume der Waldzustandserhebung in Sachsen- Anhalt ausmachen. Jede Baumart für sich genommen ist allerdings zahlenmäßig so gering vertreten, dass allenfalls Trendaussagen zur Kronenentwicklung möglich sind. Bei den Ergebnissen der Waldzustandserhebung werden sie daher in den Gruppen andere Laubbäume und andere Na- delbäume zusammengefasst. Das Vorkommen der anderen Nadelbäume ist mit 1 % so gering, dass auf eine Darstellung der Ergebnisse verzichtet wird. Zu den anderen Laubbäu- men gehören u. a. Esche, Ahorn, Linde und Hainbuche. Am häufigsten ist die Birke, gefolgt von der Erle. Mittlere Kronenverlichtung Bereits im Jahr 2018 waren Trockenstresssymptome bei den anderen Laubbäumen offensichtlich und die mittlere Kronenverlichtung angestiegen. 2019 und 2020 ist der Ver- lichtungsgrad weiterhin hoch (2020: 36 %). Bei den anderen Laubbäumen weisen die Werte für die Altersgruppen im Be- obachtungszeitraum kaum Differenzen auf. Starke Schäden Für die anderen Laubbäume (alle Alter) liegt der Anteil star- ker Schäden im Mittel der Jahre 1991-2020 bei 5,9 % und damit fast doppelt so hoch wie der langjährige Durchschnitt für alle Baumarten (3,1 %). Seit 2018 sind starke Schäden bei den anderen Laubbäumen häufig (2020: 18,8 %). Hainbuche Foto: T. Friedhoff Andere Laubbäume, alle Alter Mittlere Kronenverlichtung mittlere Kronenverlichtung in % in % 60 50 andere Laubbäume, alle Altersstufen 40 36 30 20 21 10 0 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Anteil starker Anteil starker Schäden Schäden (inkl. abgestorbener (inkl. abgestorbener Bäume), Bäume), alle Alterin in alle Alter %% 30 25 andere Laubbäume alle Baumarten 20 18,8 15 10 5 0 1991 1995 2000 2005 2010 2015 2020 Erle Foto: J. Weymar 16
Andere Laub- und Nadelbäume Jährliche Absterberate (stehende Bäume), alle Alter Jährliche in % Absterberate (stehende Bäume), alle Alter in % 16 14 andere Laubbäume alle Baumarten 12 10 8 6 4 2,1 2 0 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Jährliche Ausfallrate Jährliche Ausfallrate (als Schadholz (als Schadholz entnommene entnommene Bäume), Bäume), alle Alter inalle % Alter in % Feldahorn Foto: T. Ullrich 30 andere Laubbäume 25 Absterberate alle Baumarten Die Absterberate der anderen Laubbäume war 2019 beson- 20 ders hoch (6 %). 2020 ist die Absterberate niedriger (2,1 %), 15 liegt aber noch über dem langjährigen Mittel (0,8 %). 10 Ausfallrate 5 Nach den Stürmen 2007 und 2018 war die Ausfallrate er- 2,5 höht. 2020 sind 2,5 % außerplanmäßig genutzt worden. 0 91-92 92-93 93-94 94-95 95-96 96-97 97-98 98-99 99-00 00-01 01-02 02-03 03-04 04-05 05-06 06-07 07-08 08-09 09-10 10-11 11-12 12-13 13-14 14-15 15-16 16-17 17-18 18-19 19-20 Birke Foto: NW-FVA 17
Witterung und Klima Johannes Sutmöller Seit 2018 haben extreme Witterungsbedingungen mit Hit- zeperioden, Trockenheit und heftigen Stürmen zu Schäden in den Wäldern geführt, wie sie seit Jahrzehnten nicht be- obachtet wurden. Für eine flächenhafte Aussage für das Land Sachsen-Anhalt werden die klimatologischen Größen Niederschlag und Temperatur anhand der Messstationen des Deutschen Wet- terdienstes (DWD) ausgewertet, indem die Messwerte mit einem kombinierten Regionalisierungsverfahren (Inverse Distance Weighting, Höhenregression) auf ein 200 m-Raster interpoliert werden. Die Mitteltemperaturen werden in Grad Celsius (°C) und die Abweichung in Kelvin (K, entspricht °C) angegeben. Im Waldzustandsbericht wird die Witterung des aktuellen Vegetationsjahres beschrieben. Das Vegeta tionsjahr umfasst die Monate Oktober des Vorjahres bis Foto: T. Ullrich einschließlich September des aktuellen Jahres. Monat sehr mild ausfiel. Die Abweichung betrug +4,6 K. Im Vegetationsjahr 2019/20 setzte sich die Trockenheit Da die Niederschlagsgebiete häufig nur abgeschwächt auf im dritten Jahr in Folge unvermindert fort. Obwohl in der Sachsen-Anhalt übergriffen, fielen mit 30 mm nur 75 % der Nichtvegetationszeit von Oktober 2019 bis April 2020 das üblichen Niederschlagsmenge. Aufgrund der hohen Tem- Niederschlagssoll erreicht wurde, konnte die Trockenheit peraturen blühten Hasel und Erle 2 bis 3 Wochen früher als der Waldböden dadurch nicht vollständig ausgeglichen im Mittel der Jahre 1961-1990. Es folgte ein extrem nieder- werden. Dies ist einerseits in der ungleichen Niederschlags- schlagsreicher und milder Februar. Mit 5,6 °C (+5,4 K) war verteilung begründet (nur in den Monaten Oktober und der Februar 2020 in Sachsen-Anhalt einer der wärmsten seit Februar fiel deutlich mehr Niederschlag als im langjährigen Messbeginn im Jahr 1881. Wiederholt wurden in den tiefe- Mittel), andererseits waren alle Monate der Nichtvegeta ren Lagen Tageshöchsttemperaturen von 15 °C bis knapp tionszeit teilweise deutlich wärmer im Vergleich zur Periode 20 °C gemessen. Zahlreiche Tiefdruckgebiete führten dazu, 1961-1990, so dass auch die Verdunstungsleistung der Wäl- dass landesweit sehr viel Niederschlag fiel. Im Mittel wurden der überdurchschnittlich hoch war. 84 mm gemessen. Dies entspricht rund dem zweieinhalb- Das Vegetationsjahr 2019/20 war mit 10,9 °C im Landesmit- fachen der üblichen Niederschlagsmenge. Zumindest die tel von Sachsen-Anhalt ähnlich warm wie die Jahre zuvor Oberböden waren zum Ende des Winters gut durchfeuch- und zählt damit ebenfalls zu den wärmsten seit Messbe- tet. Neben den hohen Niederschlagsmengen traten im ginn im Jahr 1881. Mit 532 mm Jahresniederschlag wurde Februar mehrere Sturmereignisse auf. Der Orkan „Sabine“ das langjährige Mittel von 566 mm zu 94 % erreicht. Dabei am 9. und 10. Februar sorgte auch in Sachsen-Anhalt für wurden in der Vegetationszeit rund 90 % der langjährigen zahlreiche Schäden. Frostperioden blieben während des ge- Niederschlagssumme gemessen, während in der Nichtve- samten Winters 2019/20 in Sachsen-Anhalt eine Ausnahme. getationszeit im Flächenmittel die Niederschlagsmenge Auch im März setzte sich die milde Witterung zunächst fort. dem langjährigen Mittel der Referenzperiode entsprach. Erst in der letzten Märzdekade führte eine mehrere Tage andauernde Ostwetterlage dazu, dass vielfach die tiefsten Witterungsverlauf von Oktober 2019 bis Temperaturen des Winters gemessen wurden. Trotzdem September 2020 Nach dem trockenen Sommer 2019 führten im Oktober Abweichungen von Niederschlag und T emperatur vom Westwindwetterlagen zu häufigen und flächendeckenden Mittel der Klimareferenzperiode 1961-1990 (durch Niederschlägen. Mit 59 mm im Flächenmittel von Sachsen- gezogene schwarze Linie) in Sachsen-Anhalt, Monats- Anhalt war der Monat sehr nass (55 % über der mittleren werte für das Vegetationsjahr 2020 (Oktober 2019 Niederschlagsmenge), so dass in den oberen Bodenschich- bis September 2020) % ten die Trockenheit gelindert wurde. Mit einer Monatsmit- 250 Niederschlag teltemperatur von 11,2 °C war der Oktober 2 K wärmer als 200 im langjährigen Durchschnitt (Abb. rechts, Tab. Seite 19). Im 150 November setzte sich die milde Witterung fort. Die Mo- 100 natsmitteltemperatur betrug 5,6 °C (+1,2 K). Das Gegen- spiel von Hochdruckgebieten über Osteuropa und tiefem 50 Luftdruck über Westeuropa führte zu einem Wechsel aus K 0 wechselhaften und trockenen Witterungsphasen. Insge- 5 Temperatur samt fielen im Flächenmittel von Sachsen-Anhalt 40 mm 3 Niederschlag und damit 10 % weniger als im langjährigen Mittel. Der Dezember war aufgrund häufiger Südwest- 1 Wetterlagen mit 4,1 °C deutlich zu warm (+3,1 K) und mit -1 36 mm Niederschlag trockener als üblich (73 %). Im Januar -3 dominierten weiterhin Westwind-Wetterlagen, so dass der Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. Mrz. Apr. Mai Jun. Jul. Aug. Sep. Daten des Deutschen Wetterdienstes, Offenbach 18
Witterung und Klima war der März mit einer Mitteltemperatur von 5,5 °C um 2,0 K zu warm. onsbeginn ähnlich wie im Vorjahr zu ungünstigen Die Niederschlagshöhe betrug 33 mm und entsprach damit rund Startbedingungen für die Pflanzen führte. Auf- 80 % des langjährigen Mittels. Im sonnigsten April seit Beginn der grund der warmen Witterung kam es wie in den Aufzeichnungen im Jahr 1951 fielen im Flächenmittel von Sachsen- Vorjahren zu einem vorzeitigen Austrieb der Ve- Anhalt nur 8 mm Niederschlag. Dies entspricht nicht einmal 20 % der getation. Im Mai setzte sich die Trockenheit fort, üblichen Niederschlagsmenge. Die vielfach sonnige Witterung s orgte da mit 32 mm nur rund 60 % der üblichen Nieder- gepaart mit hohen Temperaturen – die Monatsmitteltemperatur lag schlagsmenge fiel. Die Mitteltemperatur betrug mit 10,2 °C um 2,6 K über der vieljährigen D urchschnittstemperatur – 12,0 °C und lag damit 0,7 K unter dem Durch- für relativ hohe Verdunstungsraten. In der Folge trockneten die Ober- schnitt der Jahre 1961-1990. Damit beendete der böden bereits im April stark aus, so dass die Trockenheit zu Vegetati- Mai eine 11-monatige Andauer zu warmer Mona- te. Die Eisheiligen machten in diesem Jahr ihrem Temperaturmittelwerte und Niederschlagssummen für das Vegetationsjahr 2019/20 (Oktober 2019 bis September 2020) sowie die langjährigen Mittel- Namen alle Ehre, da um den 10. Mai verbreitet werte der Referenzperioden 1961-1990 und 1991-2020 nochmals Frost auftrat. Der Juni war warm bei durchschnittlichen Niederschlägen. Die Monats- Temperatur (°C) Niederschlag (mm) mitteltemperatur von 18,0 °C lag um 2,1 K über 1961 – 1991 – 1961 – 1991 – dem langjährigen Mittel für Sachsen-Anhalt. Mit 2019/20 2019/20 1990 2020 1990 2020 71 mm Niederschlag im Landesmittel wurde das Oktober 11,2 9,2 9,5 59 38 44 übliche Soll leicht übertroffen. Die N iederschläge November 5,6 4,4 4,9 40 45 48 reichten jedoch nicht aus, um die Trockenheit zu Dezember 4,1 1,0 1,7 36 49 49 beenden. Der Juli zeigte ein ausgeprägtes Nord- Süd-Gefälle in Deutschland. Während der N orden Januar 4,1 -0,5 1,0 30 40 47 häufig von Tiefausläufern überquert wurde, waren Februar 5,6 0,2 1,7 84 34 35 diese in der Mitte und im Süden Deutschlands nur März 5,5 3,5 4,7 33 41 43 abgeschwächt wirksam. Folglich fielen in Sachsen- Anhalt landesweit nur knapp 80 % der vieljähri- April 10,2 7,6 9,3 8 44 32 gen Niederschlagsmenge, wobei in den südlichen Nicht- und östlichen Landesteilen das Niederschlagssoll 6,6 3,6 4,7 290 291 298 vegetationszeit teilweise noch deutlicher unterschritten wurde. Mai 12,0 12,7 13,6 32 53 56 Auch bei den Temperaturen gab es ein Nord- Juni 18,0 15,9 16,8 71 65 57 Süd-Gefälle. Im Flächenmittel lag die Tempera- Juli 18,0 17,3 18,9 43 54 73 turabweichung bei +0,7 K und einer Mitteltempe- August 20,8 17,0 18,5 54 59 59 ratur von 18,0 °C. Insbesondere in den östlichen September 15,1 13,6 14,3 52 44 50 und südlichen Regionen Sachsen-Anhalts setzte sich die Trockenheit fort. Der August begann mit Vegetationszeit 16,8 15,3 16,4 252 275 295 einer extremen Hitzewelle. Teilweise wurden an mehreren Tagen hintereinander Höchsttempera- Vegetationsjahr 10,9 8,5 9,6 532 566 593 turen von 30 °C, regional sogar 35 °C, gemessen. zu kalt* -5 K -3 K -1 K +1 K +3 K +5 K zu warm* Infolgedessen war der August mit einer Mittel- temperatur von 20,8 °C um 3,8 K wärmer als im zu nass* 175 % 150 % 125 % 75 % 50 % 25 % zu trocken* Mittel der Referenzperiode 1961-1990. Zahlreiche *Abweichung zur Periode 1961-1990 Starkniederschlagsereignisse sorgten dafür, dass im Flächenmittel das Niederschlagssoll annähernd Abweichungen von Niederschlag und Temperatur vom Mittel erreicht wurde. Zum Abschluss des Vegetations- der Abweichungen von Niederschlag Klimareferenzperiode und Temperatur 1961-1990 vom Mittel der und gleitendes 30-jähriges Klimareferenzperiode 1961-1990 und gleitendes 30jähriges Mittel in Sachsen-Anhalt, jahres 2019/20 folgte ein warmer und sonnen- Mittel in Sachsen-Anhalt, Jahreswerte für das Vegetationsjahr Jahreswerte für das Vegetationsjahr (Oktober-September) scheinreicher September (+1,5 K). Gegen Ende (Oktober-September) mm des Monats sorgte eine vermehrte Tiefdrucktätig- 900 Mittel der Klimareferenzperiode 1961–1990 Niederschlag keit für eine positive Niederschlagsbilanz. gleitendes 30jähriges Mittel 800 700 Vergleich der Klimareferenzperiode 600 1961-1990 mit 1991- 2020 500 Mit dem Jahr 2020 endet die aktuell internatio- 400 nal gültige Klimanormalperiode 1961-1990. Ab °C dem nächsten Jahr wird diese durch die neue Re- 11 Temperatur ferenzperiode 1991-2020 abgelöst. Ein Vergleich 10 der aktuellen Referenzperiode 1961-1990 mit der 9 neuen Periode von 1991-2020 für das Vegetati- onsjahr zeigt deutlich, dass die Klimaveränderung 8 in Sachsen-Anhalt bereits zu einer signifikanten 7 Erwärmung geführt hat. Die Jahresmitteltempera 6 tur ist in den letzten dreißig Jahren von 8,5 °C auf 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 9,6 °C angestiegen (Tab. links). Dies betrifft sowohl Daten des Deutschen Wetterdienstes, Offenbach Daten des Deutschen Wetterdienstes, Offenbach 19
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