Wasser jenseits des DAX - Daseinsvorsorge und Wettbewerb. Wo liegt die Zukunft kommunaler Unternehmen im Wasserbereich?
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Wasser jenseits des DAX Daseinsvorsorge und Wettbewerb. Wo liegt die Zukunft kommunaler Unternehmen im Wasserbereich?
Inhaltsverzeichnis Daseinsvorsorge und Wettbewerb – Kann man sich gegen Wo liegt die Zukunft kommunaler Unternehmen die Privatisierungsideologie im Wasserbereich? 3 zur Wehr setzen? Wie Wasserwerker, Bürgerinnen und Bürger, Vorwort des Autors 4 Städtetag und andere seit 2000 den Widerstand gegen eine Kommerzwasserwirtschaft Wasser dem Shareholder Value organisieren 32 unterwerfen? Hier wird die Diskussion um die Privatisierung Vorschläge zur Optimierung der Wasser- und Abwasserdienstleistungen von Wasser- und Abwasserbetrieben seit den 90er Jahren rekapituliert. 5 Wie Bürgerinitiativen, Ratsmitglieder, Wasserwerker und Abwasserwerker die Ist die Privatisierung eine Lösung kommunale Wasserwirtschaft für die Abwassermisere in »jenseits des DAX« weiter verbessern Ostdeutschland? können 37 Wie die Privatiers das ostdeutsche Abwasser dilemma für ihre Zwecke nutzen wollen 9 Der Stand der Privatisierung in der deutschen Wasserwirtschaft Wer sind die Champions in der privaten Wasserwirtschaft? 11 Mit der »Anreizregulierung« zur »Konsolidierung« im Wassersektor? Wie die Flurbereinigung in der Wasserwerkelandschaft auf Umwegen kommt 13 Was droht aus Brüssel? Wie EU-Kommission und Europäischer Gerichtshof die Liberalisierung im Wassersektor über die Hintertür bewerkstelligen 17 Die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe: peinlich und teuer! Wie ein vermeintliches Vorzeigeprojekt abschreckenden Charakter entfaltet 22 Der Angriff auf die kommunalen Abwasserbetriebe Wie die Bundesländer bei der Abwasserprivatisierung bislang gescheitert sind und welche Rolle dabei die Mehrwertsteuer spielt 27
Daseinsvorsorge und Wettbewerb – Wo liegt die Zukunft kommunaler Unternehmen im Wasserbereich? Liebe Leserin, lieber Leser, kurz gehalten werden müssen. Dies bietet die Dieser Reader ist keine akademische Abhandlung Hintergrundmusik für die vielen kleinen Schritte über Chancen und Risiken von Privatisierung und zum Abbau von Staat, zur Liberalisierung der Liberalisierung im Wasser- und Abwasserbereich. Wirtschaft und zur Privatisierung öffentlichen Die berühmten Für-und-Wider-Diskurse in Wissen- Vermögens. schaft und Politik sind nach unserer Erfahrung Insbesondere die großen Energiekonzerne nämlich nur selten so ergiebig, wie sie anmuten. nutzen seit Jahren ihre steuerfreien Rückstellungs- Letztlich transportieren auch sie nur eine politische milliarden aus dem Atombereich, ihre Profile aus Haltung, die dann allerdings gern – und mit den Netzmonopolen und andere Mittel zum gutem Grund – formalrechtlich und system Kauf von Beteiligungen an kommunalen Trink- theoretisch keimfrei daherkommt. Wer zwei und Abwasserbetrieben. Hier wittern sie ein Semester Betriebswirtschaft oder Jura studiert enormes Geschäft. Die Kommunen erhalten hat, ist da schwer beeindruckt, wer sich dagegen dabei nur kurzfristige Finanzspritzen, die sie in mit den Realitäten auseinander setzten muss, der generell angespannten finanziellen Situation eher ernüchtert. gern annehmen. Sie liefern sich dabei jedoch Einer derjenigen, die seit Jahren mit hoher infolge jahrzehntelanger Verträge den Energie Kompetenz und persönlichen Engagement für multis und anderen Privaten aus, was schon eine sozial und ökologisch nachhaltige Wasser- mittelfristig über kräftige Gebührenerhöhungen versorgung streiten, ist Nikolaus Geiler. direkt die Verbraucherinnen und Verbraucher Der Freiburger Diplomingenieur ist Sprecher treffen kann. Zudem werden durch Privatisierungen des Arbeitskreises Wasser im Bundesverband die hohe Versorgungssicherheit, die Qualität der Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU). öffentlichen Wasserversorgung Bundesweit bekannt sind seine »Wasserrundbriefe«, und der flächendeckende Trinkwasserschutz die sich sehr sachkundig und erfreulich pointiert in Deutschland aufs Spiel gesetzt. mit den aktuellsten Entwicklungen im Wasser- und Die Bundestagsfraktion DIE LINKE. möchte mit Abwassersektor beschäftigen. Deshalb freuen wir dem Reader dazu ermutigen, dass Aufgaben- und uns, dass Nikolaus Geiler für die Bundestags Mandatsträger in Bund, Ländern und Kommunen fraktion DIE LINKE. seinen Reader umfassend dem Ausverkauf kommunalen Eigentums genauso aktualisiert hat, der in seiner ersten Fassung entgegentreten, wie zahlreiche Bürgerinitiativen bereits im Jahr 2002 für die damalige PDS- und Umweltverbände. Bundestagsfraktion erschien. Neben einem In diesem Sinne wünsche ich den Leserinnen Überblick über den Diskurs zur Privatisierung und Lesern viel Spaß bei der Lektüre! und Liberalisierung der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung in Politik und Wirtschaft Eva Bulling-Schröter, MdB soll erneut gezeigt werden, dass Widerstand Umweltpolitische Sprecherin gegen den Ausverkauf kommunaler Dienst der Bundestagsfraktion DIE LINKE. leistungen notwendig und möglich ist. Berlin, Januar 2007 Ideologisch werden Privatisierungswellen gern mit Pauschalangriffen gegen öffentliche Betriebe, öffentliche Verwaltungen und Eigentum in öffent- licher Hand verbrämt. Bürokratischer Zentralismus wird genauso beklagt, wie die vermeintlich generell geringe Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Und das alles ist nicht nur Handwerk von BDI und FDP. Nunmehr zwanzig Jahre Dauerbeschuss haben dazu geführt, dass solche Argumentationen heut zutage zum Mainstream gehören. Bei manchen Grünen genauso wie bei Teilen der SPD und sogar bei einigen Linken. Die Dienstleistungen des Staates werden als notwendiges Übel betrachtet, welche vor allem Kosten verursachen und deshalb
Vorwort des Autors Seit der Erstauflage dieser Broschüre im Vor allem wird das »Return of invest« aber zu Juli 2002 konnten die Versuche zu einer Lasten der Beschäftigten in den Wasser- und »Totalliberalisierung« der kommunalen Abwasserbetrieben erfolgen. Deshalb lohnt es Wasserwirtschaft erfolgreich abgewehrt sich schon heute, dafür einzutreten, dass Wasser werden. Inzwischen erfolgen die Angriffe nicht an die Börse kommt, sondern im Rathaus auf die kommunalen Wasser- und Abwasser bleibt – bei einem möglichst hohen Niveau von betriebe eher kryptisch und über verschlun- Bürgerbeteiligung! gene Umwege. Für interessierte Bürger und kommunale Mandatsträger ist die breite Nikolaus Geiler, Palette versuchter Einflussnahmen in den Freiburger Arbeitskreis Wasser Landeshauptstädten und in Berlin sowie in im Bundesverband Bürgerinitiativen Brüssel immer schwerer zu erkennen und zu Umweltschutz e.V. (BBU) überblicken. Zunehmend wird versucht, eine Liberalisierung und Privatisierung von Wasser- Januar 2007 und Abwasserdienstleistungen über die Hintertür zu erreichen. Um das Augenmerk auf diese neue Entwicklungen zu lenken, wurde die Broschüre völlig überarbeitet. Die Texte der ersten Auflage wurde zur Hälfte durch aktuelle Ausführungen und Erläuterungen ersetzt. Erhalten blieb im Wesentlichen das letzte Kapitel. Die darin enthaltenden Vorschläge, eine Optimierung kommunaler Wasser- und Abwasserbetriebe »jenseits des DAX« zu erreichen, sind auch heute noch aktuell! Weil bei vielen Menschen falsche Vorstellungen über eine miese Qualität bei privaten Wasser unternehmen im Umlauf sind, soll an dieser Stelle noch betont werden, dass sich in Deutschland viele kommunale Unternehmen bei den Privatunter nehmen nicht nur im Hinblick auf Kundenservice und Dienstleistungsorientierung eine Scheibe abschneiden können. Weil die privaten Unter nehmen in Deutschland erst am Anfang des Markteintritts stehen, können sie sich keine Fehler erlauben. Die Manager der privaten Wasser- und Abwasserdienstleister wissen, dass sie unter Beobachtung stehen und dass ihnen Misstrauen entgegenschlägt. Insofern liefern die Privatunter- nehmen im Wasser- und Abwassersektor auf allen Gebieten Spitzenleistungen ab. Zu befürchten ist allerdings, dass nach einer erfolgten Marktdurch- dringung und der Ausbildung von Oligopolen – ähnlich wie derzeit im Energiesektor – »Schluss mit Lustig« sein wird. Die jetzt investierten Vor leistungen in eine hervorragende Performance müssen irgendwann wieder erwirtschaftet werden. Langfristig wird dies auf Kosten der Versorgungs sicherheit, der Qualität und der Ökologie gehen.
Wasser dem Shareholder Value unterwerfen? Wie vieles anderes Unheil auf dem Globus auch, im Sinne eines »Wettbewerbs im Markt« sprechen begann die Debatte um die Liberalisierung in der will. Das derzeitige Motto lautet: »Liberalisierung – deutschen Wasserwirtschaft mit einer Expertise nein danke! Privatisierung – ja bitte!«. der WELTBANK. Der nach Deutschland entsandte Gutachter der WELTBANK – Herr JOHN BRISCOE – Die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung hatte nämlich 1995 festgestellt, dass das Trinkwas- sind bislang eine der letzten Domänen, die sich der ser in Deutschland zwar von hoher Güte sei, sich Selbstverwirklichung des großen Geldes entzogen aber zugleich auch durch (zu) hohe Preise aus haben. Ein Umsatz von 20,5 Mrd. Euro im Jahr in zeichnen würde. Letzteres sei einem weiteren der deutschen Wasserwirtschaft (einschl. Abwas- Wirtschaftswachstum in Deutschland abträglich. serentsorgung) macht dieses Geschäftsfeld aber Zwar hatte der WELTBANK-Gutachter – wie viele zunehmend auch für die großen Energie- und andere »Preisvergleicher« vor und nach ihm – Dienstleistungskonzerne höchst attraktiv. Das Birnen mit Äpfeln verglichen. Trotzdem wurde »Verdienst« der von WELTBANK und BMWi los durch die WELTBANK-Kritik an den angeblich getretenen »Liberalisierungsdebatte« war es, zu hohen Wasserpreisen in Deutschland eine den ideologischen Boden für das Eindringen des eskalierende Debatte losgetreten, die über Privatkapitals in die bislang kommunalen Wasser- mehrere Jahre hinweg die politische aktiven und Abwasserbetriebe zu bereiten. Die eskalieren- Vertreter der deutschen Wasserwerke von ihrer de Finanznot der Kommunen, an der auch die eigentlichen Arbeit abhielt. In einem beispiellosen frühere rosa-blassgrüne Bundesregierung nicht Wanderzirkus reisten die Akteure im Wochentakt ganz unschuldig war, hat den Privatisierungs von Konferenz zu Konferenz, um sich mehr oder prozess ungemein beschleunigt. Für diejenigen, weniger tiefschürfend über die »Liberalisierung« die erst jetzt in die Diskussion um die Liberali des deutschen »Wassermarktes« zu streiten. Die sierung und Privatisierung von Wasser- und Kritik der WELTBANK am deutschen Wasserpreis Abwasserdienstleistungen einsteigen, wird in niveau war nämlich vom damaligen Bundeswirt- diesem Kapitel der bisherige Verlauf der dies schaftsministerium (BMWi) begierig aufgegriffen bezüglichen Debatte wiedergegeben. Dazu werden worden. Als probates Mittel gegen die angeblich Kommentare von Wasserwerkern zitiert, die die zu hohen Wasserpreise in Deutschland wollte man Kontroverse, die um die »Jahrtausendwende« auf im BMWi den »Wassermarkt« für den Wettbewerb ihrem Höhepunkt war, authentisch widerspiegeln. öffnen. Ferner werden Positionierungen zum »Ausschrei- bungswettbewerb« erläutert und das Eintreten der Die Initiierung eines Wettbewerbs in einem Länderwirtschaftsminister für eine Liberalisierung »liberalisierten Wassermarkt« hätte nach BMWi- des Wassersektors beschrieben. Ansicht zu einer Effizienzsteigerung bei den Wasser- und Abwasserbetrieben, zu stabilen – Wer profitiert von einer wenn nicht gar zu sinkenden – Wasserpreisen Kommerzwasserwirtschaft? sowie zu einer wünschenswerten Flurbereinigung in der Wasserwirtschaft führen sollen. Aus der Über Jahre hinweg hat sich HANNO HAMES, bis Vielzahl von über 6.000 Wasserwerken und noch 2004 Geschäftsführer der Hamburger Wasserwerke mehr Abwasserbetrieben hätten sich konkurrenz GmbH (HWW), engagiert mit den drohenden Folgen starke Wasserkonzerne herauskristallisieren sollen, einer Kommerzialisierung der deutschen und die befähigt wären, im weltweiten Wassergeschäft europäischen Wasserwirtschaft auseinander mitzumischen. Im BMWi ging man soweit, ernsthaft gesetzt. Prononciert wie kaum ein anderer Wasser- einen »Wettbewerb im Markt« un-tersuchen zu werker äußerte er sich beispielsweise in der lassen: Gemeint war damit, dass konkurrierende ZEITUNG FÜR KOMMUNALE WIRTSCHAFT (Zfk) Wasserwerke ihre jeweiligen Wässer kreuz und 7/99. In einem Zfk-Leitartikel ging HAMES unter quer durch die Leitungsnetze hätten pumpen der Überschrift »Wasserversorgung nicht zerreden können. Diese Ideen erwiesen sich aber aus – Privatisierung zwischen Interessenpolitik und hygienischen, technischen und rechtlichen Ideologie« mit den Verfechtern der Privatisierung – Gründen als derart abstrus, dass inzwischen auch in den eigenen Reihen der Wasserversorger – kaum noch jemand von einer »Liberalisierung« ins Gericht. In dem bemerkenswerten Aufsatz hieß
es: »Was für den Energiesektor gilt, nämlich Mitarbeiter HANNO HAMES & HANS-WERNER Deregulierung, Aufhebung der Gebietsmonopole, KRÜGER erneut Stellung zur »Aktuelle(n) Marktöffnung und Wettbewerb, soll auch auf Diskussion um Wettbewerb und Privatisierung Wasser und Abwasser übertragen werden. in der Wasserversorgung« (S. 604–612): Die Befürworter versprechen mehr Effizienz, »Die aus manchen wirtschaftspolitischen Interes- stabile Preise oder gar Preissenkungen, wie sie sengruppen heraus immer wieder vorgetragenen der Verband der priva-ten Abwasserentsorger in Behauptungen, die öffentliche Wirtschaft sei in Aussicht stellt. Diese Diskussion, die sich teilweise allen ihren Teilen weniger effizient, weniger gegen die kommunale Wirtschaft insgesamt richtet, kostenorientiert, weniger gewinnbringend, ist wird von den Vertretern der Energie- und Entsor- bislang empirisch nicht untermauert worden. gungsmultis, den Banken, Beraterfirmen und ihren Der Wirksamkeit entsprechender Behauptungen medialen Helfern beherrscht. Sie findet Bekräfti- in der öffentlichen Meinungsbildung steht ihr gung aus der Politik, wo bestimmte ideologisch pseudo-empirischer Charakter allerdings nicht fixierte Positionen über Liberalisierung, Deregulie- im Weg. (...) Die deutsche Wasserversorgung hat rung und Investitionsfreiheit für Kapitaleigner keinen triftigen Grund, sich die teilweise außer den Regierungswechsel überdauert haben. Der ordentlich tendenziöse Kritik an der öffentlichen Anpassungsdruck dieser bislang einseitig und mit Wirtschaft im Kollektiv als Anlass für eine weitgehend unbewiesenen Behauptungen geführ- gemeinschaftliche Bußübung zuzurechnen.« ten Diskussion scheint überwältigend zu sein. HAMES (HWW-Chef) und KRÜGER (Leiter der Inzwischen redet in der Wasserversorgungswirt- HWW-Abt. Öffentlichkeitsarbeit) warfen der Spitze schaft kaum noch jemand über das Ob von Deregu- des Bundesverbandes der Deutschen Gas- und lierung und Privatisierung, sondern meist nur über Wasserwirtschaft (BGW) sowie den Chefs einiger das Wann und Wie. Damit läuft sie Gefahr, das in großer Wasserwerke vor, das Geschäft großer Jahrzehnten geschaffene Fundament der öffent- Strom- und Mischkonzerne zu betreiben, die lichen Wasserversorgung ohne triftigen Grund über »Eroberungsfeldzüge« dabei seien, auch zu zerreden.« den deutschen Wassermarkt aufzurollen. Diesen Im weiteren unterstrich HAMES, dass es immer Konzernen ginge es bei der Übernahme profitabler noch keinerlei empirischen Beweis dafür gebe, Wasserwerke um nichts anderes als um den dass private Wasserversorger automatisch den Shareholder Value. Letztlich sollten Wasser- kommunalen Versorgungsunternehmen überlegen und Abwasserbetriebe völlig der Logik des seien. Zum Vorwurf der mangelnden Konkurrenz Profits unterworfen werden. fähigkeit der deutschen Wasserversorgungsunter- »Es wäre naiv, bei den getätigten oder bevorstehen- nehmen auf dem Weltmarkt gab der damalige den Besitzübernahmen in der deutschen Wasser- Chef der Hamburger Wasserwerke zu bedenken: ver- und -entsorgung nach anderen Zielen zu »Es fehlt zumindest den im Kommunalbesitz suchen, etwa nach niedrigeren Wasserpreisen, befindlichen Unternehmen eine plausible Begrün- schonender Ressourcenbewirtschaftung oder dung, warum öffentliches Eigentum bzw. das Geld nachhaltiger regionalwirtschaftlicher Entwicklung.« der Wasserkunden ohne kurzfristige Ertragsaus- Die beiden HWW-Mitarbeiter beklagten die sichten im Ausland investiert werden müsste. »erschreckend einseitige und technokratische Dieses Manko ist allerdings kein Grund, Marktdiskussion«, die der deutschen Wasser die kommunalen Unternehmen zu privatisieren.« wirtschaft von außen aufgedrängt worden seien. Und zu den Perspektiven der Kommerzialisierung Allerdings habe das Ziel der Gewinnmaximierung des Wassers schrieb HAMES: »Die im Zuge einer seine zersetzende Wirkung inzwischen auch möglichen Deregulierung wahrscheinlich auftre- innerhalb der Gilde der Wasserwerker entfaltet: tenden Wettbewerbe auf regionaler und lokaler »Es wäre illusionär, in der deutschen Wasserversor- Ebene wären höchstwahrscheinlich Verdrängungs- gungswirtschaft nur noch gleichgerichtete Interes- wettbewerbe zur endgültigen Marktbeherrschung. sen zu sehen. Innerhalb eines Jahrzehnts hat Dann gäbe es keinen Markt mehr, wo es auch zumindest bei einigen [Wasserwerkern] eine vorher keinen gab. Art Paradigmenwechsel stattgefunden. Die starke Siegen würden die kapitalkräftigen Mischkonzerne, Umweltorientierung mit der Unterstützung ratio- die sich ruinöse Wettbewerbe zunächst auf Grenz- neller Wasserverwendung, die Langzeitorientierung kostenbasis oder darunter gegenüber jedem und das Bekenntnis zur gewachsenen Struktur, kommunalen Konkurrenten leisten können.« Und wie sie noch im Grundsatzpapier der öffentlichen letztlich mahnte HAMES, dass »der Shareholder Wasserversorgung von 1985 zu finden ist, weicht Value nichts versteht, was sich nicht in Geld zunehmend einer ›Marktorientierung‹, die mehr ausdrücken lässt.« oder weniger ungeniert nur auf Absatzförderung zielt. (...) Die deutsche Wasserversorgungswirt- Gegen eine Renditeorientierung schaft sollte diese Entwicklung nicht nur um in der Wasserwirtschaft! ihrer Glaubwürdigkeit willen überdenken. Es gibt da zum Beispiel noch so etwas wie die In der Ausgabe 9/99 der Fachzeitschrift GWF- Agenda 21 und die Forderung nach Nachhaltigkeit WASSER/ABWASSER nahmen die beiden HWW- des Wirtschaftens«.
Für eine öffentliche, nachhaltige Wasserwirtschaft Generationen verantworten, wenn sie dieses plädierte einmal mehr HANNO HAMES in seinem Steuerungsinstrument zu Gunsten momentaner Aufsatz »Wasserver-sorgung zwischen Daseinsvor- finanzieller Entlastungen aus der Hand geben.« sorge und Wettbewerb« in GWF-WASSERSPECIAL Die »alten« Zitate kritischer Wasserwerker wurden 13/2000, S. 8–9. Der Chef der Hamburger Wasser- hier deshalb so ausführlich hervorgehoben, weil die werke sprach sich klar gegen die Unterwerfung der Kommentare auch noch nach sechs Jahren voll den Wasserwirtschaft unter den Shareholder Value aus. Kern der Debatte treffen. Wer die Debatte seit HAMES mahnt auch die Kleingeister in den eigenen Ende der 90er Jahre verfolgt, wundert sich, dass Reihen, entschiedener den Privatisierungstenden trotz dieser ins Schwarze treffende Kommentie- zen entgegenzutreten: rungen immer wieder aufs Neue versucht wird, »Die Antwort auf solche Tendenzen kann nicht die Wasserwirtschaft einem Wettbewerbsregime darin liegen, sich für die öffentliche Wirtschaft als zu unterwerfen. angebliches Auslaufmodell zu entschuldigen und ein Repertoire an Anpassungsformen an die neo- »Wenig zu gewinnen, aber liberalen Marktforderungen zu entwickeln.« »Es möglicherweise viel zu verlieren!« gibt keinen überzeugenden Grund«, die bisherigen Leistungen der deutschen Wasserwirtschaft »aus Kritik an Liberalisierungs- und Privatisierungs ideologischen oder Anlegerinteressen kleinzure- apologetik kam aber nicht nur aus den Reihen den«, betonte HAMES weiter. aufmüpfiger Wasserwerker und Gewerkschafter, sondern auch aus Kreisen der Wissenschaft – Der Wasserpreis beinhaltet so u.a. vom Sachverständigenrat für Umweltfragen mehr als Wasser! (SRU), der in seinem Jahresgutachten 2002 eben- falls die Risiken der Privatisierung und »Liberalisie- Im HANDELSBLATT vom 10.5.00 kontert HANNO rung« in der kommunalen Wasserwirtschaft unter- HAMES den Vorwurf, in Deutschland wären die sucht hatte. Während für den Sachverständigenrat Wasserkunden zu hohen Preisen ausgesetzt: eine echte Liberalisierung im Sinne eines »Wettbe- »Der Wasserkunde wird heute nicht nur für das werbs im Markt« ohnehin außerhalb jeder ernsthaf- Produkt Wasser zu Kasse gebeten, er bezahlt eine ten Diskussion stand, kamen die Umwelträte auch Systemleistung. Sie beinhaltet Ressourcenschutz, im Hinblick auf einen »Wettbewerb um den Markt« Gewässerschutz, wasserwirtschaftliche Raum zu äußerst kritischen Schlussfolgerungen. planung und Gestaltungsmacht der Kommunen.« Beim »Wettbewerb um den Markt« geht es darum, Anschließend karikierte HAMES das Sprechbla dass die Konzessionen für die Wasserversorgung sengeblubber der »Wasserliberalisierer«, für einen bestimmten Zeitraum ausgeschrieben die diese Errungenschaften leichtfertig aufs und an private Konzerne vergeben werden. Vor Spiel setzen würden: allem die privaten Wassermultis favorisieren diese »Floskeln wie Markt und Wettbewerb, Konkurrenz Variante des »Wettbewerbs« – in der Hoffnung, und Effizienz sind im gegebenen Zusammenhang dass sie dadurch zu langfristigen Konzessionsver- nicht mehr als argumentative Hohlkörper. Wegen trägen kommen. Dass es durch diese Betreiberver- ihres geringen spezifischen Gewichts schwimmen träge aber tatsächlich für die Endkunden zu sie allerdings leicht oben.« signifikanten Preissenkungen beim Wasserbezug Und ERHARD MÜLLER, kaufmännischer Geschäfts- kommt, zweifelte der Sachverständigenrat an führer der LANDESWASSERVERSORGUNG, einem (siehe Kasten). Ferner monierte der Sachverstän der beiden großen, in kommunalem Besitz befind- digenrat die »unseriösen« internationalen Wasser- lichen Fernwasserversorger in Baden-Württemberg, preisvergleiche, mit denen die privaten Wassermul- schrieb privatisierungswilligen Gemeinderäten tis versuchen, die kommunale Wasserwirtschaft in damals folgendes ins Stammbuch: Deutschland madig zu machen. Wieso die Deut- »Alle drei Facetten der Nachhaltigkeit, die ökolo- sche Bank die oraussage wagte, dass bei einer gische, die ökonomische und die sozialpolitische, »Wasser-Liberalisierung« die Wasserpreise um 10 bilden gleichrangige Unternehmensziele kommu- bis 15 Prozent sinken würden, blieb für den Sach- naler Wasserversorgung. Soll dies weiterhin so bleiben oder sollen stattdessen Umsatz steigerungen und Gewinnmaximierung in den Der Ausschreibungswettbewerb Mittelpunkt der Unternehmenskonzepte treten? läuft ins Leere Diese Frage wird letzten Endes von den Entschei- Zum Kostensenkungspotential durch einen dungsträgern in den Städten und Gemeinden Ausschreibungswettbewerb für Wasserversor- beantwortet. (...) Von ihnen hängt es ab, ob sie gungskonzessionen schrieb der Umweltsachver- ihren Einfluss und damit die bürgerschaftliche ständigenrat u.a.: Kontrolle über diejenige Aufgabe erhalten wollen, »Da ca. 80 Prozent der Kosten der Wasserver- die wie kaum eine andere Einfluss hat auf die sorgung als Fix-kosten anfallen, lassen sich Entwicklung der Gemeinde und auf das Wohl, umfangreiche Kostensenkungsspielräume nur insbesondere die Gesundheit ihrer Bürger. dann realisieren, wenn der Private nicht nur die Sie müssen sich gegenüber nachfolgenden
in seiner ungehemmten Marktradikalität sogar Betriebsführung, sondern möglichst weitgehen- gefordert, künftig die Wasserentnahmerechte de Investitionsaufgaben übernimmt. Zur Vermei- meistbietend zu versteigern. dung von Wettbewerbsverzerrungen bei den Folgeausschreibungen erfordert dies jedoch Gewinnerzielung an erster Stelle sehr lange Vertragslaufzeiten, so dass der bei gemischtwirtschaftlichen Unternehmen! Wettbewerbscharakter des Ausschreibungs verfahrens nahezu vollständig verloren geht. Vielerorts verkaufen derzeit die Kommunen ihre Werden dagegen im Rahmen einer reinen Stadt- oder Wasserwerke zu 49 Prozent an private Betriebsführung kürzere Vertragslaufzeiten Konzerne. Den Stadträtinnen und Stadträten wird gewählt, so resultiert zwar eine deutlich höhere dabei weisgemacht, dass die Kom-mune mit Wettbewerbsintensität, der Private hat jedoch 51 Prozent immer noch den Kurs in diesen nur Einfluss auf die variablen Kosten, und die gemischtwirtschaftlichen Gesellschaften bestim- realisierbaren Kostensenkungsspielräume sind men könne. Angesichts dieser Versprechungen entsprechend gering. Darüber hinaus ist zu ist es hilfreich, einen Beschluss der Vergabe beachten, dass Ausschreibungsverfahren gerade kammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf auf Märkten mit hohem Konzentrationsgrad vom 3. 7. 2000 (VK-12/2000-L) nachzulesen. Die extrem anfällig für Absprachen zwischen den Vergabekammer musste in einer Auseinanderset- Bietern und anderen Unregelmäßigkeiten zung entscheiden, in der es um die Gründung einer sind.« In diesem Zusammenhang setzen sich die gemischtwirtschaftlichen Entsorgungsgesellschaft Umwelträte auch mit dem Argument auseinan- ging: Eine nordrhein-westfälische Kommune hatte der, dass die privaten Betreiber ein großes sich einen privaten Abfallentsorger ausgesucht, Eigeninteresse an der gewissenhaften Instand- um mit diesem zusammen eine gemeinsame haltung der Anlagen hätten. Anderenfalls würden Entsorgungs-GmbH zu gründen. An dieser sie sich auf längere Sicht die eigenen wirtschaft- gemeinsamen Entsorgungs-GmbH sollte der lichen Grundlagen entziehen. Der SRU hält diese private Müllkonzern mit 49 Prozent beteiligt Argumentation für »zu kurz gegriffen«: »Für werden. Weil der Auswahl des privaten Partners einen privaten Betreiber, der – aus welchen keine öffentliche Ausschreibung vorangegangen Gründen auch immer – davon ausgeht, dass es war, hatte sich ein konkurrierender Müllkonzern im Zuge der Folgeausschreibung zu einem wegen des Verstoßes gegen EU-Vergaberichtlinien Betreiberwechsel kommt, besteht nämlich kein an die Vergabekammer gewandt. In der schrift- Anreiz, bei der Rohrnetzpflege einen entspre- lichen Begründung zu ihrer Entscheidung nahm chend langen Zeithorizont über das Vertrags- die Vergabekammer auch Stellung, inwieweit die ende hinaus zugrunde zu legen.« Kommune in einem gemischtwirtschaftlichen (Mehr zum Ausschreibungswettbewerb im Unternehmen noch »ideelle« Ziele durchsetzen Kapitel »Was droht aus Brüssel?«) könne. Es sei »völlig lebensfremd anzunehmen«, schrieb die Vergabekammer, dass die Kommune – auch bei einem Anteil von 51 Prozent – »in der verständigenrat ebenfalls weitgehend »im Dun- Gesellschaft wie in einer Dienststelle bestimmen keln«. Aber selbst wenn es so wäre, würde bei und etwa rein ideell ausgerichtetes Handeln einem (da-maligen) Jahresumsatz von 13 Mrd. DM verlangen« könne. Die Durchsetzung »ideeller« (6,5 Mrd. Euro) in der Wasserversorgung gerade Ziele in einem gemischtwirtschaftlichen einmal eine Kostenentlastung pro Einwohner und Unternehmen sei nämlich mit den Gewinn Jahr von höchstens 21 DM (10,50 Euro) resultieren. erzielungsabsichten des privaten Partners Angesichts der unkalkulierbaren Risiken einer nicht in Deckung zu bringen: Marktöffnung befürchtete der Sachverständigenrat, »Nach heute herrschender Meinung sind »dass durch eine weitere Privatisierung bzw. gerade in der personalisierten Gesellschaftsform Liberalisierung der Wasserversorgung vermutlich der GmbH neben den geschriebenen auch die nur wenig zu gewinnen, aber möglicherweise viel ungeschriebenen Minderheitenrechte, die sich zu verlieren wäre«. Ferner warnte der SRU, dass bei nach Treu und Glauben ergeben, zu beachten. der Formulierung langfristiger Konzessionsverträge Zu ihnen gehört insbesondere die Unterlassung die Kommunen von den privaten Wassermultis über jedweden gesellschaftsschädlichen Verhaltens im den Tisch gezogen werden könnten. Als Alternative Sinne der Verminderung der wirtschaftlichen zur kritisch bewerteten Privatisierung der Wasser- Ertragschance (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, werke empfahl der SRU zwecks Effizienzsteigerung 16. Auflage, § 13 Rdnr. 19 ff).« eine Kooperation der öffentlich-rechtlichen Mit der im Vordergrund stehenden Gewinner Wasserwerke. zielungsabsicht würde sich ein gemischtwirt Mit seinem privatisierungskritischen Tenor hatte schaftliches Unternehmen grundlegend der damals neubesetzte »Rat von Sachverständigen von einer kommunalen Eigengesellschaft für Umweltfragen« (SRU) eine klare Kehrtwendung unterscheiden. Die kommunale Eigengesellschaft gegenüber seinem Vorgänger vollzogen: könne den »ideellen« Zielen der Kommune nutzbar Der vorhergehende Sachverständigenrat hatte gemacht werden, »ohne dass schutzwürdige
Interessen Dritter dies verhindern könnten.« Wasserwirtschaft« zu erreichen, hatte die Wer sich also einen privaten Minderheitspartner Wirtschaftsministerkonferenz (WMK) eine seit ins Wasserwerk holt, sollte sich nicht wundern, längerem schon tätige Ad-hoc-Arbeitsgruppe wenn dieser seine »schutzwürdigen« Gewinner unter dem Vorsitz von Sachsen beauftragt, »kon- zielungsabsichten durchsetzt, selbst wenn diese kret umsetzungsfähige Vorschläge« auszuarbeiten. nicht im Einklang mit den »ideellen« Zielen der Pikant an dem damalige Beschluss der WMK war, Kommune stehen. dass sich einzig das CSU-regierte Bayern bei der propagierten »Einführung wettbewerblicher Länderwirtschaftsminister Elemente in die Wasserwirtschaft« enthalten für »Deregulierung« des »Wassermarktes« hatte – während demgegenüber selbst der damalige Berliner PDS-Wirtschaftsminister für Ungeachtet der Vorbehalte aus der Wasserwirt- den WMK-Vorstoß stimmte! Die Wirtschaftsminister schaft selbst, aus Gewerkschaftskreisen und von Hessen (CDU) und dem Saarland (CDU) sowie Umweltverbänden, aus dem Umweltbundesamt von Niedersachsen (damals SPD) verstiegen sowie aus dem zuvor genannten Umweltsachver- sich sogar zu der Forderung, dass »außerdem ständigenrat (SRU) hielten die Wirtschaftsminister sorgfältig geprüft werden« müsse, »ob die der Bundesländer weiterhin eine Deregulierung des Wasserwirtschaft (...) durch Streichung des »Wassermarktes« für erforderlich – in der sicheren § 103 GWB a.F. für den Wettbewerb geöffnet Gewissheit, damit »wettbewerbsfähige Wasser- werden sollte«. Mit der Streichung von § 103 preise und Abwassergebühren für Wirtschaft und des Gesetzes über Wettbewerbsbeschränkungen private Verbraucher« erzielen zu können. In TOP 7 sollen die bislang geschützten Versorgungsgebiete (»Neustrukturierung der Wasserwirtschaft«) listeten der Wasserversorgungsunternehmen beseitigt die Länderminister anlässlich ihrer Wirtschaftsmi- und der »Wettbewerb im Markt« forciert nisterkonferenz vom 2./3. Mai 2002 erneut all die werden. Argumente für die Deregulierung und Privatisierung der kommunalen Wasserwirtschaft auf, mit denen das Bundeswirtschaftsministerium über Die Geschichte der Auseinandersetzungen um Jahre hinweg die aquatische Selbstverwirklichung eine Liberalisierung des »Wassermarktes« kann des großen Kapitals gepredigt hatte: Vorrangig in dieser Broschüre nur auszugsweise an Hand gehöre dazu die Belastung der Abwassergebühren einiger Beispiele widergespiegelt werden. Wer mit der Mehrwertsteuer (»steuerliche Gleich an einer ausführlicheren Darstellung der Historie behandlung« von privaten und öffentlich-recht der Liberalisierungsdebatte in Deutschland und lichen Abwasserbetrieben), die Ermöglichung der in Brüssel interessiert ist, sei auf das Buch Vollprivatisierung kommunaler Abwasserbetriebe »Das 20-Milliarden-Euro-Spiel – Die Liberalisie- in den Landeswassergesetzen sowie die »Prüfung rung des Wasser- und Abwassermarktes« der Einführung einer Ausschreibungspflicht bei verwiesen. Das Buch von Nikolaus Geiler (dem der Aufgabenübertragung an Dritte«. Autor auch dieser Broschüre) hat 184 Seiten und Diese drei Wünsche der Länderwirtschaftsminister ist im Stuttgarter Schmetterling-Verlag erschie- aus dem Jahr 2002 bestimmen auch heute noch nen. Das Taschenbuch kann unter der ISBN-Nr. die Debatte um die so genannte »Modernisierung« 3-89657-577-5 zum Preis von 12,80 Euro über der kommunalen Wasserwirtschaft. Um endlich jede Buchhandlung bezogen werden. eine »verstärkte Einbeziehung Privater in die
Ist die Privatisierung eine Lösung für die Abwassermisere in Ostdeutschland? Zunehmend verweist man auf Seiten der Befür eine dezentrale »Hardware« zu in-stallieren, die worter einer Privatisierung von Wasser- und »Software« aber zentral vorzuhalten. Dies hätte Abwasserdienstleistungen auf die vielerorts bedeutet, dass in den dünnbesiedelten Landstri- desolaten Verhältnisse bei den Wasser- und chen der Neuen Bundesländer dezentrale oder Abwasserverbänden in Ostdeutschland. Der semidezentrale Anlagen errichtet worden wären, Bundesverband der deutschen Entsorgungswirt- dass diese aber von größeren Wasser- und Ab- schaft (BDE) argumentiert, dass die öffentliche wasserverbänden mit hohem Know how und Wasserwirtschaft bewiesen hätte, dass sie diesen qualifiziertem Per-sonal zentral betreut und Herausforderungen nicht gewachsen sei. Private gesteuert worden wären. Wobei man für die Unternehmen könnten deutlich flexibler und zentralen Wasser- und Abwasserverbände ein angemessener auf den demographischen Wandel Höchstmaß an Mitsprachemöglichkeiten für die und den erforderlichen Rückbau der Ver- und »Kundinnen und Kunden« (»Partizipation«) und Entsorgungsinfrastruktur in den ostdeutschen Transparenz hätte anstreben müssen. »Schrumpfregionen« reagieren. Ein Dilemma Die ostdeutsche Rekommunalisierung: ein Fehler? Jetzt ist das Kind aber das Kind so gründlich in den Brunnen gefallen, dass sinnvolle Lösungen nur Im Nachhinein stellt sich immer mehr heraus, dass noch sehr schwierig zu realisieren sind: Die zu groß die »Zerschlagung« der früheren 15 ostdeutschen dimensionierten Anlagen sind nur dann einigerma- Wasser- und Abwasserbetriebe (VEB WAB) zu 660 ßen wirtschaftlich zu betreiben, wenn noch weitere Kleinbetrieben mit oftmals überdimensionierten Ortsteile und Ortschaften an die zentralen Netze Anlagen ein schwerer Fehler war. In vielen Fällen ange-schlossen werden, um die hohen Fixkosten hat die verständliche Freude über die Rekommuna- auf mehr Anschlussnehmerinnen und -nehmer lisierung der VEB WAB zu Strukturen geführt, die verteilen zu können. Je mehr Ortsteile oder wirtschaftlich kaum lebensfähig sind. Hinzu kam, Bürgerinnen und Bürger aus Kostengründen dass in der ersten Wiedervereinigungseuphorie das bestrebt sind, sich aus dieser »Solidargemein- westdeutsche »Abwassermodell« eins zu eins schaft« auszusklinken, desto höher verbleibt abgekupfert worden ist. Statt kreativ an gleichwohl die »Restlast« bei den Anschlussnehmerinnen preisgünstigen wie effektiven dezentralen Verfah- und -nehmer, die bereits angeschlossen ren der Abwasserreinigung zu arbeiten, wurden worden sind. zentrale Verfahren mit kilometerlangen Haupt- sammlern errichtet. Die Fehlplanungen waren auch Die Regierungen der ostdeutschen Bundes- darauf zurückzuführen, dass einige westdeutsche länder sind seit mehreren Jahren bemüht, die Ingenieurbüros wie die Raubritter über die Neuen nicht lebensfähigen Wasser- und Abwasser- Bundesländer herfielen und den ahnungslosen (zweck)verbände mit Zuschüssen von vielen Bürgermeistern viel zu teure und wenig sach Hundert Millionen Mark über die Runden zu gemäße Anlagen für die Wasserver- und retten. Die staatlichen Millionenzuschüsse sollen Abwasserentsorgung aufgeschwatzt hatten. es gleichfalls ermöglichen, die Höhe der Beiträge All diese Gründe zusammengenommen haben und Gebühren in einem einigermaßen sozial dazu geführt, dass bei der oftmals dünnen Besied- verträglichen Rahmen zu halten. lung in den ostdeutschen Bundesländern Anlagen errichtet worden sind, die wegen ihrer Größe nicht Bei der propagierten Überlegenheit der privaten wirtschaftlich zu betreiben sind und die Anschluss- Wasser- und Abwasserentsorger stellt sich die nehmerinnen und -nehmer mit unverhältnismäßig Frage, ob die kommerziell arbeitenden Wasser hohen Beiträgen und Gebühren belasten. multis die genannten Fehler hätten vermeiden Wir müssen uns jetzt mit dem Paradoxon auseinan- können. In der Regel lässt sich jedoch feststellen, dersetzen, dass die Wasser- und Abwasserverbän- dass es völlig unabhängig von privater oder de in vielen Fällen zu klein geraten sind, dass deren öffentlicher Eignerschaft zu missratenen An-lagen aber trotzdem oftmals viel zu groß Lösungen – insbesondere im Abwasserbereich – ausgelegt wurden. Sinnvoll wäre es gewesen, gekommen ist. 10
Die kommunale Infrastruktur muss Reinigungsgrad dezentraler Klein- und Hauskläran- zurückgebaut werden lagen online rund um die Uhr zu überwachen. Die Überwachung der Kleinkläranlagen sollte herstelle- Inzwischen zeichnet sich ein weiteres Handicap für runabhängig erfolgen – beispielsweise über eine die ostdeutsche Wasserwirtschaft ab. Das Ausblu- gemeinnützige Serviceagentur ohne Gewinnerzie- ten vieler Regionen infolge des Abwanderns – vor lungsabsicht. allem der jungen Menschen – führt dazu, dass die gesamte kommunale Infrastruktur zurückgebaut Nur eine herstellerunabhängige Überwachung werden muss. Davon betroffen sind auch die Netze bietet eine Garantie, dass bei der Überwachung der Wasserver- und der Abwasserentsorgung. Bei nicht geschlampt wird. Bei einer Kontrolle durch der weiterhin zurückgehenden Bevölkerungszahl die Herstellerfirma muss demgegenüber immer lassen sich diese Netze nicht mehr wirtschaftlich befürchtet werden, dass man es aus Kostenmini- betreiben – ganz abgesehen von den technischen mierungsgründen bei der Überwachung nicht so Schwierigkeiten: In den sich jetzt als zu großkalibrig genau nimmt. erweisenden Wasserversorgungsnetzen kommt Den zweiten Umbau der Siedlungswasserwirtschaft es zu stagnationsbedingten Verschlechterungen in Ostdeutschland werden die Neuen Bundesländer der Trinkwassergüte, in der Schmutzwasserkanali- ebenfalls nicht aus eigener Kraft stemmen können. sation reicht die »Schleppspannung« des immer Die Neukonzeption der Siedlungswasserwirtschaft weniger werdenden Abwassers nicht mehr aus, in Ostdeutschland könnte jedoch Vorbildcharakter um die Feststoffe zur Kläranlage zu spülen. für vergleichbare andere Regionen in Europa (und darüber hinaus) haben. Insofern bestehen Chan- Chancen für cen, für den Um- und Rückbau der kommunalen kreative Lösungen! Infrastruktur Beihilfen seitens der EU akquirieren zu können. Der daraus resultierende Zwang zur Anpassung der kommunalen Infrastruktur an die immer Auch hinsichtlich des Potenzials an kreativen geringer werdende Bevölkerungsstruktur bietet Ideen für einen Umbau der Siedlungswasserwirt- aber auch die Chance, über völlig neue Modelle schaft in Ostdeutschland müssen die kommunalen der Siedlungswasserwirtschaft nachzudenken. Betriebe und die öffentlich-rechtlichen Wasser- und n Beispielsweise dezentrale und semidezentrale Abwasser(zweck)verbände aufpassen, dass ihnen Verfahren, bei denen die Nährstoffe im Abwasser die privaten Wasserver- und Abwasserentsorger nicht wie in den bisher üblichen Kläranlagen die Butter nicht vom Brot nehmen. Der Bundes kostenaufwendig »eliminiert« werden, sondern verband der deutschen Entsorgungswirtschaft wieder als Chemierohstoff oder Dünger genutzt (BDE) schreibt sich schon jetzt auf seine Fahnen, werden können. dass er die gigantische Anforderungen beim n Beispielsweise Membranverfahren, mit denen Infrastrukturum- und -rückbau in Ostdeutschland das Abwasser praktisch auf Trinkwasserqualität cleverer zu lösen vermag als die kommunalen gebracht werden kann – so dass eine Keimbelas- bzw. verbandlichen Betriebe. tung des Grundwassers oder der »Vorfluter« vermieden würde. Darüber hinaus kann dieses Die LINKSPARTEI hätte als bisherige »Regional hochwertig gereinigte Abwasser als Brauchwasser partei Ost« hier die Chance, sich bundesweit als im Kreislauf gefahren werden. vorantreibende Kraft zu profilieren. Als politische n Der Pferdefuß von dezentralen Kleinkläranlagen Bewegung, die die spezifischen Herausforderungen war bislang, dass Wartung und Kontrolle mehr an die ostdeutsche Wasserwirtschaft annimmt, die schlecht als recht gewährleistet waren. Die Folge: Probleme und Anforderungen frühzeitig bewusst Viele Anlagen »vergammelten« und zeichneten sich macht, sich an der Erarbeitung sinnvoller Lösungen durch lausig schlechte Wirkungsgrade aus. Sen- beteiligt und diese politisch und partizipativ soren und Internet werden es künftig erlauben, den umsetzt. 11
Der Stand der Privatisierung in der deutschen Wasserwirtschaft In diesem Kapitel wird ein kurzer Überblick darüber AG teilweise einen Riegel vorgeschoben (siehe gegeben, wer die privaten Champions in der Wasser- beispielsweise das Scheitern der THÜGA in Ulm). versorgung in Deutsch-land sind. Bis auf wenige Neben dem E.ON-Konzern (über die THÜGA) ist ein Ausnahmefälle in den ostdeutschen Bundesländern wichtiger Player (bis vor kurzem auch im außereu- wurden bislang »nur« Teilprivatisierungen oder ropäischen »Wassermarkt«) der RWE-Konzern. Über Betriebsführungen durchgeführt. Die privaten seine im Herbst 2006 im Verkauf befindliche Unternehmen übernehmen dabei das operative Tochter THAMES WATER war RWE (via American Geschäft, die strategische Führung soll bei den Works) vor allem im US-amerikanischen Wasserge- Kommunen bleiben. Eine weitgehende Marktdurch- schäft engagiert, daneben auch in einigen Schwel- dringung ist den privaten Unternehmen trotz des len- und Entwicklungsländern. Auch nachdem sich vorsichtigen Herantastens bislang nicht gelungen. RWE durch den Verkauf von THAMES WATER vom Schätzungsweise 80 Prozent der deutschen außereuropäischen Wassergeschäft verabschiedet Bevölkerung werden weiterhin von kommunalen hat, sieht man in der Essener RWE-Zentrale das Wasserwerken mit Trinkwasser versorgt. Engagement im europäischen Wasser-»Markt« Die hoheitliche Abwasserentsorgung ist praktisch weiterhin als zum »Kerngeschäft« zugehörig an. noch vollständig in kommunaler Hand. Neben der Beteiligung an den Berliner Wasser- Betrieben (siehe das Kapitel über die Teilprivatisie- Hoheitliches Abwasser und rung der Berliner Wasser-Betriebe) sind das wich- privates Trinkwasser tigste Standbein von RWE WATER die Rheinisch- Westfälischen Wasserwerke in Mühlheim/Ruhr mit Der § 18 a (2a) des Wasserhaushaltsgesetzes etwa einer Million »Kunden«. (WHG) und entsprechender Länderparagraphen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und in Baden-Württem In Ostdeutschland gehören die Tochterunterneh- berg ermöglichen zwar prinzipiell die Übertragung men der beiden großen französischen Wasserkon- der Abwasserbeseitigungspflicht auf Private. zerne (SUEZ, VEOLIA) zu den führenden privaten Die dafür notwendigen Verordnungen sind aber Wasserversorgern. Eine der ersten relevanten bislang nirgends erlassen worden. Und nur einige »Wasser-Privatisierungen« in Ostdeutschland wenige Gemeinden und Zweckverbände haben von erfolgte kurz nach der »Wende« in Rostock, wo der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich bei der sich EURAWASSER (ein Tochterunternehmen von Erledigung ihrer Beseitigungspflicht privater Firmen SUEZ) in die Wasserver- und Abwasserentsorgung zu bedienen. Im Gegensatz dazu konnte die zen eingekauft hatte. VEOLIA ist insbesondere in trale Wasserversorgung seit ihrer Entstehungs Sachsen und Sachsen-Anhalt über Töchter und geschichte privat ausgeführt werden (siehe aber Enkelinnen im »Wassermarkt« engagiert. Nach Sonderregelungen in Bayern). eigenen Angaben versorgt die VEOLIA WASSER GmbH insbesondere in Sachsen-Anhalt über 400 Größter privater Wasserversorger in Deutschland Kommunen mit Wasser und/oder entsorgt dort das war – bis zur vor drei Jahren erfolgten »Rekommu- Abwasser. Hälftig ist VEOLIA neben dem RWE- nalisierung« – die GELSENWASSER AG (zuvor eine Konzern an einer 49,9-Prozent-Beteiligung an den Tochter des E.ON-Konzerns mit dem Schwerpunkt Berliner Wasser-Betrieben involviert. in NRW). Verschiedene Tochterunternehmen von großen Energiekonzernen haben sich auf den In Baden-Württemberg fungiert der EnBW-Energie- Aufkauf von Minderheitsbeteiligungen an Stadtwer- konzern als Hecht im Karpfenteich. An der EnBW ist ken spezialisiert (siehe beispielsweise Freiburg). mit inzwischen fast 50 Prozent des Aktienkapitals In erster Linie ist hier die THÜGA zu nennen – über der französische Atomstromkonzern EdF beteiligt. die RUHRGAS AG ebenfalls dem E.ON-Konzern Die staatliche EdF steht derzeit ebenfalls vor einer zugehörig. Da die Stadtwerke vielerorts die (heftig umstrittenen) Teilprivatisierung. Die EnBW Trinkwasserversorgung betreiben, ist die THÜGA beherrscht beispielsweise den »Wassermarkt« in indirekt einer der größten Wasserkonzerne in Stuttgart. Darüber hinaus hat sich die EnBW in über Deutschland. Zwischenzeitlich hat das Kartellamt 30 Stadtwerken in Baden-Württemberg (aber auch (wegen der Bildung von vertikal strukturierten darüber hinaus) eingekauft. Energieoligopolen) weiteren Aufkäufen der THÜGA 12
Bei den meisten »Wasser-Privatisierungen« über den Angriff auf die kommunalen handelt es sich nicht um Vollprivatisierungen, Abwasserunternehmen), sondern »nur« um Teilprivatisierungen (neuhoch- n mögliche Ausschreibungspflicht von deutsch: public privat partnership (ppp); siehe Wasserversorgungskonzessionen über die EU Berlin).Das Engagement der privaten Energie- (siehe Kapitel »Was droht aus Brüssel?«), und Umweltdienstleistungskonzerne hat dazu n Finanzarmut der Kommunen, geführt, dass sich von rund 900 Stadtwerken n steigende Anforderungen an das Hygiene- nur noch etwa 500 Stadtwerke im Vollbesitz der und Qualitätsmanagement, Kommunen befinden. Wenn die Gesamtheit der n notwendiger Umbau der Wasserversorgungs rund 6.500 Wasserwerke und deren »Kunden« infrastruktur infolge des zurückgehenden Wasser- in Deutschland betrachtet wird, kann man aller- gebrauchs (»Flurbereinigung auf Grund von Über dings konstatieren, dass schätzungsweise kapazitäten« bei immer weniger ausgelasteten noch 80 Prozent der »Kunden« durch Wasserwerken), kommunale Unternehmen mit Trinkwasser n Zwangsbenchmarking (Leistungsvergleiche) versorgt werden. durch die Hintertür (ISO TC 224: Dienstleistungs- norm für Wasserversorger und Abwasserentsorger), Ein Sonderrolle spielen die umstrittenen US-Cross- n Folgen der »Anreizregulierung« bei den Gas- Border-Leasing-Geschäfte, bei denen Wasserver- und Stromnetzen für die Stadtwerke und darin sorgungs- und Abwasserentsorgungsanlagen an eingebundenen Wasserwerke (Siehe folgendes US-Trusts verleast worden sind (siehe Bodensee- Kapitel). fernwasserversorgung, Landeswasserversorgung, Leipzig usw.). Wasserinfos im Internet Welche Randbedingungen werden das Informationen zum Gewässerschutz und zur weitere Privatisierungstempo bestimmen? Wasserwirtschaft – insbesondere aber auch zur Kommerzialisierung der kommunalen Wasser- Die weiteren Perspektiven der »Wasser-Privati- wirtschaft – können auf der Homepage des sierung« werden durch folgende Punkte bestimmt: Freiburger Arbeitskreises Wasser im Bundesver- n »Modernisierung der deutschen Wasserwirt- band Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) schaft«; insbesondere Abschaffung der »steuer- angeklickt werden: www.akwasser.de lichen Ungleichbehandlung« (siehe das Kapitel 13
Mit der »Anreizregulierung« zur »Konsolidierung« im Wassersektor ? Dass die Privatisierung des Wassersektors geplanten »Anreizregulierung« könnte die in Stadt- mehr und mehr über verschlungene Wege erfolgt, werken und Regiebetrieben organisierte kommunale lässt sich am befürchteten »Durchschlagen« der Energieversorgung abgewürgt werden. Damit wird »Anreizregulierung« im Energiesektor belegen. in einem Aufwasch auch gleich die ebenfalls in Die vielerorts begrüßte Deckelung und Absenkung Stadtwerken und Regiebetrieben bewerkstelligte der Netz- und Durchleitegebühren im Gas- und kommunale Wasserversorgung eingedampft. Stromsektor wird voraussichtlich als »Nebeneffekt« Über die voraussichtlich höchst einschneidenden dazu führen, dass zahlreiche kleine und mittlere Folgen der »Anreizregulierung« für die kommunale Stadtwerke auf der Strecke bleiben werden. Versorgungswirtschaft informieren die nachfolgen Die dadurch induzierte »Konsolidierung« den Notizen. im Energiesektor wird auch den Wassersektor tangieren, da viele Stadtwerke nicht nur Strom und Gas, sondern auch Trinkwasser liefern. Gut informiert sein über die Angriffe auf Insofern steht auch eine Flurbereinigung im die kommunale Wasserwirtschaft Wassersektor zu erwarten, von der letztlich Kommerzialisierungsskeptiker sollten regelmäßig die großen Energie- und Umweltdienstleistungs die Zeitung für kommunale Wirtschaft (ZfK) konzern profitieren werden. lesen. Die ZfK berichtet nämlich monatlich über die Auseinandersetzungen um die Wasserkom- Von der »Modernisierung« der merz-Vorstöße der EU und anderer wirtschafts Wasserwirtschaft zur Flurbereinigung liberaler Kreise im speziellen und über die der Wasserwerke kommunale Wasserwirtschaft im allgemeinen. Darüber hinaus informiert die dem Verband Im März 2006 hat die Bundesregierung ihren kommunaler Unternehmen (VKU) nahe stehende Bericht zur »Modernisierungsstrategie für die Monatszeitung natürlich auch über den gesamt- deutsche Wasserwirtschaft und für ein stärkeres en Bereich der kommunalen Energiewirtschaft internationales Engagement der deutschen Wasser- (Gas, Strom usw.) Probeexemplare der Zfk wirtschaft« vorgelegt (Bundestags-Drucksache (ehemaliger Werbespruch: »Die Zeitung, die der 16/1094). Der Bericht geht zurück auf einen Stadtwerkedirektor liest«, Jahresabo: 38,65 Euro) Beschluss des Bundestages (14/7177) vom März gibt es bei der Sigillum-Verlag GmbH 2002. Damals hatte die rot-grüne Koalition die Brohler Str. 13, 50968 K ö l n Bundesregierung aufgefordert, in Kooperation Telefon: 02 21/37 70-2 07, Fax: -2 66 mit den Ländern und den Fachverbänden eine Modernisierungsstrategie für die deutsche Wasserwirtschaft zu entwerfen. Weniger in den »Anreizregulierung«: beiden BT-Drucksachen, dafür aber um so mehr Konzentrationswelle erfasst Wasserwerke! im medialen Begleitkonzert und in den Stellung nahmen aus dem Bundeswirtschaftsministerium Spätestens seit dem das Bundeswirtschafts wurde als »Modernisierung« vorwiegend eine ministerium im Jahr 2000 mit dem »EWERS- Flurbereinigung in den über 6.000 Wasser Gutachten« zum Blindflug ins aquatische Wunder- versorgungsbetrieben in Deutschland land des Neoliberalismus angesetzt hatte, ist es verstanden: Aus der Vielzahl von Wasser erklärter Wille aller Bundesregierungen und unternehmen sollten sich schlagkräftige und Bundestagsmehrheiten, eine große Flurbereinigung potente Unternehmen herauskristallisieren, im Kleinklein der kommunalen Wasserwerke und die als deutschte Champions fähig wären, auf Abwasserbetriebe anzureizen. So richtig erfolgreich dem »Weltwassermarkt« den dort agierenden war aber keiner der Bundes- und Länderwirtschafts Global Players Paroli zu bieten. minister mit diesem gebetsmühlenartig vorgetra- genen Ansinnen. Was man mit der vermeintlichen Die »Flurbereinigung« im Wassersektor scheint »Modernisierung der deutschen Wasserwirtschaft« jetzt zu kommen – aber anders als zunächst auf dem direkten Weg nicht erreichen konnte, gedacht. Über die vom Bundeswirtschafts scheint man jetzt auf indirekten Weg aber um ministerium und von der Bundesnetzagentur so erfolgreicher bewerkstelligen zu können. 14
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