Dringend gesucht: Lehrkräfte in NRW - nds-zeitschrift.de
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9-2017 Im Gespräch mit Yvonne Gebauer Kontroverse: Lesen durch Schreiben Plakate im kooperativen Unterricht GEW-aktiv 2017 in Gelsenkirchen Digitalisierung und Datenschutz DIE ZEITSCHRIFT DER BILDUNGSGEWERKSCHAFT A 13 für alle: Gerechtigkeit kostet. Dringend gesucht: Lehrkräfte in NRW. 69. Jahrgang September 2017 ISSN 0720-9673 K 5141
GEW-aktiv 2017 in Gelsenkirchen Wandel is‘ immer „Wandel ist immer eine Herausforderung“, weiß nicht nur Jahren entwickelt hat“, so Landesvorsitzende Dorothea Eva Caspers von der jungen GEW NRW. Die rund 250 Schäfer (Foto unten mittig). Staatssekretär Mathias Richter Teilnehmer*innen der Tagung GEW-aktiv am 8. und 9. war in Vertretung von Schulministerin Yvonne Gebauer September 2017 waren sich einig: Ein Wandel in der Bil- zur GEW-aktiv gekommen (Foto oben links). Auch Frank dungs- und Personalpolitik hin zu mehr Investitionen muss Baranowski, Oberbürgermeister der Stadt (Foto links), und Josef Hülsdünker, DGB-Regionsgeschäftsführer Emscher- der Weg sein, den die neue Landesregierung einschlägt. Lippe, waren am Freitag zu Gast im Hans-Sachs-Haus. Änderungen müssen her unter anderem bei der Steuerung Viele Themen in den Workshops am Samstag standen der Inklusion, der personellen Ausstattung und der Bezah- ebenfalls ganz im Zeichen des Wandels: Digitalisierung, lung der Beschäftigten. „Wir wünschen uns als GEW auch, neue Strukturen der Gewerkschaftsarbeit und moderne dass nicht alles zurückgedreht wird, was sich in den letzten Aktionsformen. Text: krü, Fotos: Haifischbaby
nds 9-2017 3 Glückliche Lehrer*innen gegen den Lehrkräftemangel Wenn ich erzähle, dass ich zum Glück im Lehrer*innenberuf forsche, begegnen mir viele – egal ob Lehrer*innen oder Vertreter*innen anderer Berufsstände – mit einem süffisanten Lächeln im Gesicht und stellen sogleich die unvermeidbare Rückfrage: „Glück im Lehrer*innenberuf – gibt’s das?!“ Es scheint, dass sowohl in der gesellschaftlichen Wahrnehmung als auch in der medialen Berichterstattung ein negativ geprägtes Bild von Lehrer*innen überwiegt. Untersuchungen von Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Sigrid Blömeke zum „Lehrerbild in Printmedien“ haben Kathi V. Wachnowski, ergeben, dass Lehrkräften dabei vor allem Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten in den Bereichen der Vermittlung, Erziehung sowie Selbstorganisation und -motivation abgesprochen wissenschaftliche Mit- werden. Darüber hinaus werfen ihnen Medienberichte zu ihrem Arbeitsumfang und ihrer Arbeits- arbeiterin in der AG Schul- belastung vor, sich zu wenig einzusetzen, auf ihre Privilegien zu pochen und über eine schlechte forschung des Instituts für psychische Gesamtkonstitution zu verfügen. Auch in der Forschung zu Professionalität und Ge- Erziehungswissenschaft und sundheit von Lehrer*innen dominieren defizitorientierte Arbeiten deutlich. Zahlreiche Studien zu der Professional School of Belastung und Burn-out versuchen, krankmachende Arbeitsbedingungen als Risikofaktoren für Education der Ruhr-Univer die Lehrer*innengesundheit zu identifizieren. sität Bochum Wir brauchen einen Perspektivenwechsel! www.glueck-im-lehrerberuf.de Öffentliche und private Anbieter*innen von Lehrer*innenfortbildungen setzen bereits eine ressourcenorientierte Brille auf. Projekte wie „Gute gesunde Schule“ oder das Schulfach „Glück“ beschäftigen sich damit, was die Gesundheit und das Wohlbefinden erhält und steigert. Die Forschung geht hier erste Schritte. Grundsätzlich steht fest: Ein ausgeprägtes Wohlbefinden hat positive Konsequenzen für jede*n Einzelnen und die eigene Berufstätigkeit. Wer sich wohlfühlt, hat ein geringeres Risiko an Depressionen zu erkranken und ist gesünder, identifiziert sich stärker mit der*dem Arbeitgeber*in und ist engagierter im Beruf. Ressourcenorientierte Ansätze zur Erforschung des Wohlbefindens speziell von Lehrer*innen sind jedoch rar gesät. Zudem sind die Definitionen von Lehrer*innenwohlbefinden sowie die methodischen Forschungszugänge höchst divers und deshalb kaum vergleichbar. Ob formelle Aspekte wie Geschlecht, Alter oder die Schulform einen Einfluss auf das Wohlbefinden haben, ist bislang umstritten. Gezeigt werden konnten allerdings unter anderem positive Effekte der Identifikation mit dem Lehrer*innenberuf sowie mit der eigenen Schule, des Interesses für die eigenen Unterrichtsfächer und für das Unterrichten selbst sowie der Beziehungsqualität im Kollegium. Die Studie „Glück im Lehrerberuf“ – durchgeführt von der AG Schulforschung des erziehungswissenschaftlichen Instituts an der Ruhr-Universität Bochum – analysiert derzeit weitere Gesichtspunkte in Hinblick auf das Wohlbefinden von Lehrer*innen, beispielsweise das Zusammenspiel persönlicher Eigenschaften von Lehrer*innen und Eigenschaften der Schule sowie Aspekte der Arbeitsorganisation. Glück gegen Lehrkräftemangel? Doch wie hilft Glück im Lehrer*innenberuf gegen den aktuellen Lehrkräftemangel? Die Antwort hängt mit zwei einander ergänzenden Mechanismen zusammen: Ziel muss es einerseits sein, neue geeignete und engagierte Kolleg*innen für den Beruf zu rekrutieren. Voraussetzung dafür ist, dass der Beruf attraktiv ist – ja, sogar Spaß macht – und dass wir selbst als Lehrer*innen, die wir unseren Beruf lieben, jungen Leuten als positive Rollenbilder zur Verfügung stehen. Andererseits gilt es, die Begeisterung und Zufriedenheit älterer Kolleg*innen in ihrem Beruf zu erhalten und sogar noch zu befeuern. Schule kann es sich nicht leisten, deren Erfahrung frühzeitig in den Ruhestand zu entlassen! //
4 INHALT THEMA BILDUNG 16 8 Dringend gesucht: Lehrkräfte in NRW. Im Gespräch mit NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer Ehrgeizige Ziele Lehrkräftemangel in NRW Seite 8 Schulen am Limit Seite 16 Erstes Pressegespräch der neuen NRW-Ministerin für Schule und Bildung Lehrkräftemangel bundesweit Hohe Erwartungen Die Mangelverwaltung beenden! Seite 10 Seite 18 Kontroverse um „Lesen durch Schreiben“ Was tun gegen Lehrkräftemangel? Mehr Welle als Wasser im Glas Anreizsysteme statt Zwangsmaßnahmen Seite 11 Seite 20 Kooperativen Unterricht mit Medien gestalten Seiteneinsteiger*innen machen Schule Plakat statt Medienfeuerwerk Potenziale nutzen – professionell qualifizieren Seite 12 Seite 22 Digitalisierung Prognose der Schüler*innenzahl in NRW Neue Herausforderungen für Schulen und Schulaufsicht NRW erwartet einen Boom Seite 14 Seite 23
nds 9-2017 5 ARBEITSPL ATZ IMMER IM HEFT Nachrichten Seite 6 Leserbriefe Seite 15 Buchtipps Seite 30 Jubilare Seite 31 GEW-Kino Seite 32 Weiterbildung Seite 33 Infothek Seite 34 Termine Seite 38 Impressum Seite 39 26 GEW-aktiv 2017 in Gelsenkirchen: Im Gespräch mit Oberbürgermeister Frank Baranowski Mit Bildung zur Zukunftsstadt Seite 24 Bring Your Own Device und Datenschutz Klare Regeln statt digitaler Biotope Seite 26 Was der Finanzminister für A 13 und EG 13 einplanen muss Gerechtigkeit kostet. Seite 28
6 NACHRICHTEN Ohne Seiteneinstieg geht es nicht Der Bedarf an Lehrer*innen in den Schulen in NRW kann ohne den Seiteneinstieg aktuell nicht gedeckt werden. Die Quote hat sich von 2013 bis zum Schuljahr 2017 / 2018 verdreifacht. Heute sind es bei den Diese Qualifikationen haben Einstellungen in den Schuldienst fast zehn Prozent, 2013 waren es knapp Quereinsteiger*innen drei Prozent. Eingestellt werden überwiegend Seiteneinsteiger*innen mit einem Universitäts- oder Fachhochschulabschluss. Der Anteil derjenigen, fachspezifische bisher Schulform Uni FH die mit anderer fachspezifischer Ausbildung den Weg in die Schulen fin- Ausbildung 2017 den, ist gering. Vor allem an Berufskollegs und Gesamt- beziehungsweise HS * 17 4 2 23 Sekundarschulen ist die Zahl der Seiteneinsteiger*innen hoch. Für das lau- RS 26 1 0 27 fende Schuljahr wurden 153 Seiteneinsteiger*innen an den Grundschulen GemS, Sek + GE 112 24 9 145 eingestellt. Für die notwendige berufsbegleitende Qualifizierung werden GY 12 0 0 12 Stundenkontingente zur Verfügung gestellt, die den Beitrag zur Bedarfsde- BK 154 29 0 183 ckung an der einzelnen Schule mindern. Summiert man die Anrechnung GS 79 74 0 153 der Pädagogischen Einführung und der Ordnung zur berufsbegleitenden gesamt 400 132 11 543 Ausbildung von Seiteneinsteiger*innen und der Staatsprüfung, die OBAS, *inkl. PRIMUS-Schulen, Illustration: PureSolution / shutterstock.com so ergab dies im Schuljahr 2016 / 2017 ein Stellenäquivalent von circa 200 Stellen. Mehr zum Thema Lehrkräftemangel ab Seite 16.ms Quelle: Untersuchung des MSB NRW für das Schuljahr 2017 / 2018 Digitalisierung Lehrkräfte im Schnitt 45,2 Jahre alt Der technische Fortschritt hält Das Durchschnittsalter der 157.970 hauptberuflichen Lehrkräfte an Begreifen in allen Bereichen der Hochschule allgemeinbildenden Schulen in NRW lag im Schuljahr 2016 / 2017 bei zum Eingreifen Einzug, aber insbesondere die Lehre 45,2 Jahren. Lehrer*innen waren damit durchschnittlich eineinhalb www. würde von einer flächendeckenden Jahre jünger als fünf Jahre zuvor im Schuljahr 2011 / 2012. Damals lag Junggewerkschafter*innen Nutzung der digitalen Möglich- das Durchschnittsalter bei 46,7 Jahren. Im Vergleich gab es im Schul- Nur etwa 15 Prozent der deut- keiten profitieren. Trotzdem sind jahr 2016 / 2017 insbesondere bei den unter 50-jährigen Lehrkräften schen Gewerkschaftsmitglieder viele Hochschulen in Deutschland Zuwächse: Bei den unter 35-Jährigen stieg der Anteil der Lehrkräfte an sind zwischen 16 und 30 Jahre von einem strategischen Ansatz der gesamten Lehrer*innenschaft von 18,3 auf 22,8 Prozent und in der alt – obwohl sie fast ein Viertel aller Arbeitnehmer*innen stel- weit entfernt. Vielmehr liegt es in Altersgruppe der 35- bis 49-Jährigen von 34,6 auf 39,9 Prozent. Bei den len. In einem Dossier beleuchtet der Verantwortung der Hochschul- über 49-Jährigen war hingegen ein Rückgang des Anteils von 47,1 auf das Institut der deutschen Wirt- leitungen, Strategien zu entwickeln 37,3 Prozent zu verzeichnen. Lehrerinnen waren im Schuljahr 2016 / 2017 schaft Köln die Altersstrukturen europäischer Gewerkschaften. und den Herausforderungen der mit 44,7 Jahren knapp zwei Jahre jünger als ihre männlichen Kollegen www.tinyurl.com / iwd-alters- zunehmend heterogenen Stu- mit 46,6 Jahren. Die jüngsten Lehrkräfte hatte die Gemeinschaftsschule struktur dierendenschaft gerecht zu werden. (40,5 Jahre). Die Lehrer*innen an Grundschulen waren im Schnitt 43,8 www. Mehr dazu unter www.tinyurl. Jahre, an Gymnasien 44,3 Jahre, an Gesamtschulen 45,4 Jahre, an Integration in Schule com/che-digitalisierung CHE Realschulen 47,6 und an Hauptschulen 49,4 Jahre alt.IT.NRW Der Dokumentarfilm „Welt- klasse“ begleitet Lehrkräfte und Schüler*innen in Velbert und Sozialwahl Mehr Abiturient*innen durchgefallen Wuppertal bei der Integration geflüchteter Kinder in die Schu- Bis zum 4. Oktober 2017 sind In diesem Jahr sind mehr Schüler*innen beim Abitur durchgefallen le. Zwei verschiedene Modelle die Versicherten der BARMER- als 2016. Der Anteil lag landesweit bei 4,2 Prozent. Im Vorjahr waren stehen sich gegenüber. www.tinyurl.com / film-welt- Krankenkasse aufgerufen, an der es 3,5 Prozent. Besonders hoch war der Anteil der durchgefallenen klasse Sozialwahl teilzunehmen. Der DGB Abiturient*innen an Gesamtschulen. Dort bestanden 7,9 Prozent der tritt gemeinsam mit den Gewerk- Schüler*innen die Prüfungen nicht. Ein Jahr zuvor waren es 6,4 Prozent. www. Bundeswehr im Inland schaften IG Bauen-Agrar-Umwelt An Gymnasien fielen weniger Abiturient*innen durch. Der Anteil lag In Zeiten des Terrors ist ein Ein- und Nahrung-Genuss-Gaststätten bei 3,25 Prozent. Die Durchschnittsnote lag landesweit bei 2,44 und satz der Bundeswehr im Inland mit einer eigenen Liste (Liste 6) an. weicht nur wenig vom Vorjahresdurchschnitt ab. Im Jahr 2016 lag die wahrscheinlicher geworden. Eine bezahlbare Gesundheitsversor- Durchschnittsnote bei 2,45. Der Anteil der Schüler*innen, die das Abitur Thomas Wiegold diskutiert im Auftrag der Bundeszentrale für gung und die gerechte Verteilung mit Bestnote absolvierten, verbesserte sich hingegen deutlich. Im Jahr politische Bildung die Gründe. der Kosten stehen im Mittelpunkt 2017 machten 1,88 Prozent ein Abitur mit 1,0. Im vergangenen Jahr www.tinyurl.com / bpb-bun- der Kampagne. Mehr dazu unter waren es 1,78 Prozent. In diesem Jahr wurden erstmalig Aufgaben aus deswehr www.dgb.de/sozialwahl DGB einem gemeinsamen Pool der Länder verwendet. kue
nds 9-2017 7 Mehr Personal an Hochschulen 2017 – ein friedliches Tarifjahr Die nordrhein-westfälischen Hochschulen beschäftigten im Dezember Eine Analyse der Tarifverhandlungen des Jahres 2017 zeigt: Bisher ging des vergangenen Jahres 3,7 Prozent mehr Personal als ein Jahr zuvor. es in den Tarifrunden friedlicher zu als in den vergangenen Jahren. Das Insgesamt arbeiteten an den 74 Hochschulen und acht Hochschulkliniken lag zum einen daran, dass in einigen konfliktintensiven Branchen keine 141.571 Personen, studentische Hilfskräfte ausgenommen. 80.522 Be- Tarifverhandlungen stattfanden. Zum anderen agierten die Spartenge- schäftigte waren wissenschaftlich oder künstlerisch tätig; davon hatten werkschaften besonnener als in den Vorjahren. Das Jahr 2017 gilt als das 8.243 Mitarbeiter*innen eine ausländische Staatsangehörigkeit. 61.049 harmonischste Tarifjahr der letzten zwölf Jahre. In den acht analysierten Personen arbeiteten in der Verwaltung, in den Bibliotheken, im technischen Tarifrunden gab es nur im Einzelhandel und im öffentlichen Dienst Dienst der Hochschulen oder als Pflegekräfte an den Hochschulkliniken. Warnstreiks. Im öffentlichen Dienst der Länder fanden nach der zweiten Der Anteil der Frauen lag beim wissenschaftlichen und künstlerischen Verhandlungsrunde Warnstreiks statt. In der dritten Verhandlungsrunde Personal bei 40,1 Prozent. In den anderen Arbeitsbereichen waren einigten sich die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) und ver.di. 67,8 Prozent der Mitarbeiter*innen weiblich. Neueinstellungen im Bereich Joyce Abebrese, Referentin für Tarifpolitik der GEW NRW, bewertet das des wissenschaftlich-künstlerischen Personals führten zu einem Zuwachs Ergebnis positiv: „Trotz der relativ betrachtet wenigen Streiktage ist es uns der Beschäftigtenzahl um 4,1 Prozent gegenüber Dezember 2015. In der als GEW gelungen einen guten Abschluss zu erzielen: Mit zwei Prozent Verwaltung war im gleichen Zeitraum ein Anstieg um 3,3 Prozent zu ver- mehr für dieses und 2,35 Prozent mehr für nächstes Jahr sowie der Ein- zeichnen. Insgesamt waren 52.219 Beschäftigte des wissenschaftlichen führung einer neuen Stufe 6 mit einem Gehaltsplus von bis zu 180,- Euro und künstlerischen Personals an den Hochschulen hauptberuflich tätig. für betroffene Beschäftigte kann sich der Tarifabschluss für dieses Jahr Im Vergleich zum Vorjahr sind das 1,6 Prozent mehr. 16.383 Beschäftigte sehen lassen! Auch hinsichtlich der Lehrkräfte-Eingruppierung sind wir hatten unbefristete Arbeitsverträge; das waren 3,9 Prozent mehr als 2015. einen Schritt weiter und können durch den Abschluss des Tarifvertrags für Die Zahl der befristet Beschäftigten lag bei 35.836 und war damit um Lehrkräfte weiterhin für Verbesserungen der Eingruppierung kämpfen.“ 0,6 Prozent höher als ein Jahr zuvor. IT.NRW Am konfliktreichsten verlief die Tarifrunde im Einzelhandel. kue / iwd Foto: Haifischbaby Regierungserklärung greift zu kurz Die GEW NRW zeigt sich nach der ersten Regierungserklärung von Ministerpräsident Armin Laschet enttäuscht. Seine Ausführungen zur Schul- und Bildungspolitik markieren zwar die aktuellen Baustellen der Schulpolitik, bieten aber zu wenig konkrete Maßnahmen, um die akuten Probleme zu lösen. Die Vorsitzende der GEW NRW Dorothea Schäfer erklärte: „Eine Politik mit ‚Maß und Mitte’ wird nicht reichen, um die aktuellen Schulprobleme zu lösen. Ministerpräsident Armin Laschet beklagt die zementierte Perspektivlosigkeit vieler Kinder und findet die Lage an den Grundschulen ‚bedrückend’. Das ist ein ernstes Problem. Wenn Lehrer*innen fehlen und der Unterricht nicht stattfindet, bleibt die Bildungsgerechtigkeit auf der Strecke.“ Die geplanten Maßnahmen zur Bekämpfung des Lehrkräftemangels werden nach Auffassung der JA 13: Stick für die Schulministerin Bildungsgewerkschaft nicht ausreichen, um den Personalengpass und die Vakanzen bei den Schulleitungsstellen zu beheben. bp 16.000 Unterschriften für A 13 als Eingangsbesoldung für Lehrkräfte überreichten GEW-Kolleg*innen an NRW-Staatssekretär Mathias Richter, Mehr Kinder in Tagesbetreuung der in Vertretung für die Schulministerin zur Schuljahresauftakttagung GEW-aktiv gekommen war. Die Unterschriften waren zuvor per Online- Die Zahl der Kinder, die eine Kindertagesbetreuung bekommen, Petition gesammelt worden. Schon beim Bochumer Kongress im März 2017 hat zugenommen. Im März 2017 waren es in NRW insgesamt 631.657 hatte der heutige Ministerpräsident Armin Laschet einige Unterschriften Kinder. Das entspricht einem Zuwachs von 2,6 Prozent im Vergleich zum entgegengenommen und darauf hingewiesen, dass eine Online-Petition Vorjahr, in dem 615.487 Kinder betreut wurden. 584.838 Kinder wurden nicht in einen Ordner gehört. Die GEW NRW hatte deshalb dieses Mal in einer Kindertageseinrichtung betreut, 51.663 wurden in öffentlich einen riesigen Datenstick mitgebracht. Daran geknüpft war die Erwartung, geförderter Kindertagespflege von 14.271 Personen beaufsichtigt. Somit dass die Landesregierung ebenso flexibel auf veränderte Anforderungen stieg die Zahl der Kinder in Tagespflege um 10,3 Prozent und die Zahl reagieren soll. Unterdessen war die Forderung nach A 13 auch ein Thema der Betreuer*innen um 5,5 Prozent an. 2.650 Kinder nahmen neben im Landtag. Die Vorsitzende der GEW NRW Dorothea Schäfer begrüßte, Tagesmüttern oder -vätern zusätzlich eine Kindertageseinrichtung und dass JA 13 nun auf der politischen Agenda steht, appellierte aber an die 2.194 Kinder eine Ganztagsschule in Anspruch. Von den 631.657 Kindern Landesregierung: „Es ist nicht zu rechtfertigen, dass an Grundschulen waren 132.194 Kinder unter drei Jahre alt. Das waren 7,7 Prozent mehr und Schulen der Sekundarstufe I bei gleichwertiger Ausbildung rund unter Dreijährige als ein Jahr zuvor. 430.730 Kinder in Kindertagesbe- 500,- Euro weniger pro Monat verdient wird als an den Schulen der treuung waren drei bis unter sechs Jahre. Etwa jedes zehnte Kind war Sekundarstufe II.“ bp / Susanne Huppke älter als sechs Jahre alt. IT.NRW
8 BILDUNG Im Gespräch mit NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer Ehrgeizige Ziele Foto: Sascha Menge Seit Juni 2017 ist Yvonne Gebauer Ministerin für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen. Wie sehen ihre bildungspolitischen Visionen aus? Die nds hat mit ihr über Inklusion, die Rückkehr zu G9, den derzeitigen Lehrkräftemangel und die Erfassung des Unterrichtsausfalls gesprochen. nds: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet flächendeckendes Förderschulangebot. Deshalb Qualität muss das Tempo bestimmen. Ich möchte hat erste Änderungen bei der schulischen habe ich nach meinem Amtsantritt als Schul- die Inklusion in qualitativere Bahnen lenken und Inklusion als eine der vordringlichen Maßnah- ministerin als eine der ersten Maßnahmen die dabei die Schulen bestmöglich einbinden. Ge- men nach der Sommerpause eingeordnet. Ab Mindestgrößenverordnung für die Förderschulen genwärtig nehmen wir eine Bestandsaufnahme wann werden sogenannte Schwerpunktschu- ausgesetzt. Und ich bin froh, dass bereits einige der schulischen Inklusion vor Ort vor. Auf dieser zur Schließung vorgesehene Förderschulstand- Grundlage wird die Landesregierung dann ein len gebildet? Wie soll deren konzeptionelle orte erhalten bleiben. Auch bin ich zuversichtlich, fundiertes Konzept für die weitere Umsetzung Neuausrichtung aussehen? dass in den nächsten Jahren weitere Standorte vorlegen. Neu gestaltete Schwerpunktschulen Yvonne Gebauer: Die neue Landesregierung hinzukommen. werden dabei eine wichtige Rolle spielen. Wir ist angetreten, für Eltern Wahlmöglichkeiten zu Wir stehen zur Inklusion, müssen aber um- werden die Inklusion stärker bündeln und Res- sichern. Dafür brauchen wir auch ein möglichst steuern. Nicht die Inklusionsquote, sondern die sourcen für mehr Qualität zur Verfügung stellen.
nds 9-2017 9 „Nicht die Inklusionsquote, möchten. Bis wann sollen die Schulen diese „Die von der Vorgängerregierung Entscheidung treffen? Wird das neue Verfahren sondern die Qualität muss das zur Streichung vorgesehenen Auswirkungen auf andere Schulformen haben? Tempo bestimmen.“ Lehrer*innenstellen werden wir Nur wenige Themen haben Schüler*innen, Welche verbindlichen Qualitätsstandards soll Eltern und Lehrer*innen so bewegt wie die nicht streichen. Mittelfristig es zukünftig für inklusive Lerngruppen geben Debatte um G8 und G9. Wir brauchen Ruhe in streben wir eine 105-prozentige und wie sollen sie evaluiert werden? den Gymnasien und keine zerstrittene Schulland- Lehrer*innenversorgung an.“ Klar ist, dass es Standards geben wird, um schaft. Deshalb hat die Landesregierung eine guten inklusiven Unterricht zu ermöglichen. Daher werden wir im Bereich der Grundschule Leitentscheidung für G9 getroffen. Schulen, die Auch werden wir zusätzliche Ressourcen zur die weitere Öffnung für den Seiteneinstieg im bisher gute Erfahrungen gemacht haben, geben Verfügung stellen müssen. Dies ist angesichts des Fach Englisch und – pädagogisch begleitet – wir zugleich die unbürokratische Möglichkeit, bei Mangels an Lehrkräften eine Herausforderung. die Einstellung von ausgebildeten Lehrkräften G8 zu bleiben. Die Umstellung erfolgt mit dem Wir hoffen, weitere Studienplätze bereitgestellt für die Sekundarstufen I und II ermöglichen. Schuljahr 2019 / 2020 für die Jahrgangsstufen zu bekommen. Daneben müssen wir aber auch Weitere Maßnahmen wie eine zielgerichtete fünf und sechs. sonderpädagogisch qualifizieren. Um die Lehr- Werbekampagne für bestimmte Fächerkombi- kräfte stärker zu unterstützen, werden wir ebenso nationen und Lehrämter werden folgen. Mit „Die Schulen sollen ein durch- andere Berufsgruppen in die Gestaltung des der Werbekampagne wollen wir jedoch auch Inklusionsprozesses einbeziehen. Es ist unser Ziel, dachtes Konzept und klare deutlich machen, dass Lehrer*innen einen Beruf dass multiprofessionelle Unterstützung verstärkt Orientierung für die Rückkehr mit großer Verantwortung ausüben und dafür auch tatsächlich in den Schulen ankommt. zu G9 erhalten, um den unsere Wertschätzung verdienen. Umstellungsprozess bestmöglich Insbesondere in manchen Regionen bestehen Es muss nicht nur verbindliche Qualitäts- sehr schwierige Besetzungssituationen. Hier be- standards für die pädagogische Umsetzung gestalten zu können.“ nötigen wir mehr Anreizsysteme und müssen die der schulischen Inklusion geben, auch die Möglichkeiten des Sozialindexes erweitern, um Lehrkräfte im Gemeinsamen Lernen benötigen Mir ist es ein wichtiges Anliegen, dass wir uns auf diese Herausforderungen besser reagieren verbindliche Leitlinien für ihre Arbeit. Diese die Zeit für eine fundierte Vorbereitung nehmen, zu können. Die neue Landesregierung hat sich Leitlinien sind in einem langen Prozess unter dass ein sorgfältiges Gesetzgebungsverfahren insgesamt sehr ehrgeizige Ziele gesetzt. Die Beteiligung von Hauptpersonalräten erarbei- und ein umfassender Dialog mit den Beteiligten von der Vorgängerregierung zur Streichung tet worden und werden von der GEW NRW erfolgt. Die Schulen sollen ein durchdachtes vorgesehenen Lehrer*innenstellen werden wir mitgetragen. Was passiert nun mit diesen Konzept und klare Orientierung erhalten, um nicht streichen. Mittelfristig streben wir eine Leitlinien? den Umstellungsprozess bestmöglich gestal- 105-prozentige Lehrer*innenversorgung an. Nur gemeinsam mit den Lehrer*innen kann ten zu können. Selbstverständlich wollen wir Und wir wollen die Schüler*innen-Lehrer*innen- der Inklusionsprozess erfolgreich gestaltet wer- die sich bietenden Chancen auch nutzen, um Relation verbessern und Klassengrößen schritt- den. Und deshalb werde ich für berechtigte gesellschaftliche Herausforderungen wie die weise reduzieren. Anliegen selbstverständlich ein offenes Ohr Digitalisierung verstärkt einzubinden. Eine solche haben und den inhaltlichen Austausch suchen. bessere Verankerung gilt natürlich nicht nur für Dem Koalitionsvertrag entnehmen wir, dass Das gilt für die bereits angesprochenen Aspekte Gymnasien, sondern für alle Schulformen. Alle mit Hilfe einer Software eine tagesscharfe ebenso wie für weitere zentrale Fragen – etwa Schulen sollen bestmögliche Rahmenbedin- Messung des Unterrichtsausfalls erfolgen soll. verbesserte Fortbildungen zur bestmöglichen gungen erhalten. Und deshalb ist es für uns Warum soll das gründlich erarbeitete Konzept Unterstützung der Lehrkräfte. Und wir müssen auch selbstverständlich, dass die Umstellung der Bildungskonferenz bezüglich Definition zum Beispiel – auch unabhängig von der Inklu- auf G9 an Gymnasien mit zusätzlicher Unter- und Messung des Unterrichtsausfalls nur im sion – prüfen, wie wir die Lehrkräfte von büro- stützung einhergeht, aber nicht zulasten anderer Schuljahr 2017 / 2018 eingesetzt werden? kratischen Aufgaben wie etwa überbordenden Schulformen erfolgt. Das „Rollierende Verfahren“ bedeutet gegen- Dokumentationspflichten entlasten können. über früheren Stichprobenerhebungen bereits Der Lehrkräftemangel in NRW ist eklatant: eine deutliche Verbesserung. Wir benötigen aber Nicht nur an Grundschulen laufen ausge- „Wir müssen prüfen, wie wir die ein Verfahren, das den Unterrichtsausfall flä- schriebene Stellen aufgrund fehlender Bewer- chendeckend und schulscharf erfasst und zudem Lehrkräfte von bürokratischen ber*innen leer. Welche Maßnahmen möchten zusätzliches Planungs- und Steuerungswissen Aufgaben wie etwa über- Sie ergreifen, um den Lehrkräftemangel und schafft. Transparenz ist wichtig, aber natürlich bordenden Dokumentations- die regionale sehr unterschiedliche Versorgung wollen wir insbesondere mehr Kenntnisse zur der Schulen kurzfristig zu beheben? pflichten entlasten können.“ schnelleren Unterstützung der Schulen erhalten. Im Bereich der Lehrer*innenversorgung ist Dabei wird selbstverständlich darauf zu achten Die Diskussion um die Schulzeitverkürzung die Situation, die ich bei Amtsantritt vorgefun- sein, dass die Erhebungen mit vertretbarem war eines der zentralen Bildungsthemen im den habe, in der Tat besorgniserregend. Das Aufwand für Schule und Schulaufsicht durch- Landtagswahlkampf. Künftig sollen Gymna- betrifft viele Schulen, gegenwärtig besonders führbar sind. // sien selbst entscheiden, ob sie bei G8 bleiben stark Grundschulen. Die Fragen für die nds stellte Frauke Rütter.
10 BILDUNG Erstes Pressegespräch der neuen NRW-Ministerin für Schule und Bildung Hohe Erwartungen Illustration: matsabe / shutterstock.com Die Pressekonferenz zum Schuljahresauftakt am 25. August 2017, zu der Schulministerin Yvonne Gebauer eingeladen hatte, setzte zunächst räumlich das Signal für Veränderung: Sie fand nicht wie in den vergangenen Jahren im Landtag statt, sondern im Düssel- dorfer Zentrum für schulpraktische Lehrer*innenausbildung. Also ganz nah dran an der Praxis in Schule und Lehrer*innen- ausbildung? Inklusion: Vorgestellte Maßnahmen Zunächst plant die Schulministerin eine digitale gab damit der GEW NRW recht. „Um Unter- greifen zu kurz Landkarte, die alle nordrhein-westfälischen richtsausfall zu reduzieren, braucht man zehn Bei der Umsetzung der Inklusion muss es Schulen erfasst, in denen Gemeinsames Lernen bis 15 Prozent mehr Lehrkräfte.“ nach Auffassung der neuen Schulministerin stattfindet. Erhoben werden soll dabei auch, mit Bildungsgerechtigkeit: Ehrgeizige ein Umsteuern geben – so weit, so richtig. Die welchen personellen Ressourcen vor Ort jeweils Zielsetzungen jetzt anpacken! GEW NRW hat immer problematisiert, dass es gearbeitet wird. Da aber der Rechtsanspruch Auch wenn nur zwei Monate zwischen der nicht nur auf die Quote der Kinder mit sonder- bestehen bleibt, der Kindern mit Förderbedarf Bildung des Kabinetts und dieser Pressekon- pädagogischem Förderbedarf in Regelschulen den Besuch einer Regelschule ermöglicht, und ferenz lagen, war es enttäuschend, dass das ankommen kann, sondern dass die Qualität die Eltern in jedem Fall den Förderort wählen zentrale Problem unseres Bildungssystems – die der Förderung im Mittelpunkt stehen und die dürfen, wird selbst ein gezielterer Ressourcen- Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozi- Arbeitssituation der Beschäftigten deutlich einsatz in Schwerpunktschulen oder die Ein- alen Herkunft – überhaupt nicht angesprochen verbessert werden muss. Die von der Ministerin richtung von Fördergruppen an Regelschulen wurde. Kein Wort zum im Koalitionsvertrag vorgestellten Maßnahmen greifen jedoch aus die hohe Belastung und Überforderung der formulierten Ziel: „Wir wollen den Aufstieg durch Sicht der Bildungsgewerkschaft zu kurz. Lehrkräfte nicht auffangen können. Bildung möglich machen. Christdemokraten und Förderschulstandorte sollen erhalten blei- Schulzeitverkürzung und Unterrichts- Freie Demokraten eint die Überzeugung, dass ben, die personelle Ausstattung aber weiterhin versorgung: Halbherzige Lösungen alle Kinder, unabhängig von der Herkunft der nach geltender Zahl der Schüler*innen je Stelle Wie schon im Koalitionsvertrag dargestellt, Eltern, bestmöglich und individuell gefördert erfolgen. Zur Transparenz wird immerhin beitra- wird es im Schulgesetz eine Leitentscheidung werden müssen, damit jeder einen erfolgreichen gen, dass die Förderschulen eigene Stellen aus für das neunjährige Gymnasium geben. Ausnah- Lebensweg einschlagen und sich seine Wünsche dem Stellenbudget in ihr Schulkapitel erhalten. men sollen ermöglicht werden. Die GEW NRW und Träume erfüllen kann. Deshalb setzen wir Leider soll zugleich an der „Mischrelation“ für bedauert, dass es keine klare Entscheidung für uns das Ziel, beste Bedingungen für die Bildung die Förderbedarfe Lernen, Sprache, Emotionale alle Gymnasien in NRW gibt, zumal nur auf unserer Schülerinnen und Schüler in Nordrhein- und soziale Entwicklung ohne Verbesserung diese Weise eine zerstrittene Schullandschaft Westfalen zu schaffen.“ Ein großes und wichtiges festgehalten werden. Die Grundschulen sollen verhindert werden kann. Die Änderung des Schul- Ziel, das sich nur erreichen lässt, wenn Schulen ebenfalls ein eigenes Stellenbudget bekommen gesetzes soll bis zum Ende dieses Schuljahres in herausfordernden Lagen, die mehr als andere und sonderpädagogische Fachkräfte für die erfolgen und gut vorbereitet zum 1. August die Aufgaben der Inklusion und Integration Schuleingangsphase. In der Sekundarstufe I bewältigen müssen, besondere Unterstützung soll das Stellenbudget durch „pädagogisch 2019 in Kraft treten. erfahren. // affines Personal“ ergänzt werden. Staatssekre- Dramatisch waren die Angaben zur Unter- tär Mathias Richter hat sich im Rahmen der richtsversorgung: Zwar war auch in der Ver- GEW-aktiv-Tagung am 8. September 2017 in gangenheit zu Schuljahresbeginn nicht jede Gelsenkirchen klar dazu bekannt, dass diese ausgeschriebene Stelle besetzt, doch zum Start www. GEW NRW: Start ins neue Schuljahr. Keine des Schuljahres 2017 / 2018 waren nur 53 gute Bildung ohne bessere Bezahlung und Stellen nicht gedeckelt werden, sondern dem gute Arbeitsbedingungen Bedarf entsprechen sollen. Das wäre ein guter Prozent der Stellenausschreibungen erfolgreich. www.tinyurl.com/gew-nrw-neues-schuljahr Schritt und müsste im Haushalt für 2018 er- 2.139 Stellen, vor allem an Grund- und För- kennbar werden. derschulen, bleiben damit unbesetzt. Die von Im Pressegespräch deutete Yvonne Gebau- Yvonne Gebauer skizzierten Maßnahmen zur Dorothea Schäfer er vorsichtig eine Doppelzählung oder eine Bekämpfung des Lehrkräftemangels und des Vorsitzende der GEW NRW eigene Zahl der Schüler*innen je Stelle für Unterrichtsausfalls können allenfalls als Trop- das Gemeinsame Lernen an. Die Entscheidung fen auf den heißen Stein durchgehen. „Größer darüber solle aber erst 2018 oder 2019 fallen. denken!“, forderte Leo Flamm vom WDR und
nds 9-2017 11 Kontroverse um „Lesen durch Schreiben“ Mehr Welle als Wasser im Glas Die öffentliche Debatte über eine Unterrichtsmethode im Deutschunterricht lenkt gierung vorverlegte Einschulungsalter haben von den vielfältigen Herausforderungen ab, vor denen Grundschulen stehen der Förderung der Kinder eher geschadet als und für die sie dringend Unterstützung brauchen. Der Wunsch nach einfachen genutzt. Sind basale Fähigkeiten wie Körper- Lösungen darf nicht den Blick auf die komplexen Ursachen verstellen. wahrnehmung, Feinmotorik oder Lautanalyse noch nicht hinreichend entwickelt, so ist eine Medienberichten zufolge will Schulministerin Fähigkeiten wie visuelle und auditive Differen- Förderung dieser Fähigkeiten vorrangig. Dafür Yvonne Gebauer prüfen, wie Grundschulen zierung fehlen. Andere leiden unter generellen braucht es sozialpädagogische Fachkräfte an Rechtschreibung vermitteln, um anschließend Aufmerksamkeitsstörungen, verzögerter Sprach- jeder Grundschule. Was Grundschulen aktuell zu entscheiden, ob das „Schreiben nach Gehör“ entwicklung, motorischen Auffälligkeiten. Die am dringendsten brauchen, ist Ruhe, um den verboten werden soll. Dies scheint Teil einer Lernbedingungen unterscheiden sich von Ort zu vielen Herausforderungen gerecht werden zu bundesweiten Kampagne zu sein, die weder die Ort, von Klasse zu Klasse. Auch der Einfluss der können, die sich insbesondere aus der Vielfalt gültigen Lehrpläne, die einschlägigen wissen- häuslichen Situation der Kinder ist bedeutend: der Kinder und ihrer veränderten Lebenswelt schaftlichen Publikationen, die Veränderungen in Lesen die Eltern ihren Kindern vor? Wie ausge- ergeben. der Lebenswelt der Kinder noch die Erfahrungen prägt ist die Nutzung elektronischer Medien? Wenn Ministerin Yvonne Gebauer die Lern- in den Schulen zur Kenntnis nimmt. chancen von Kindern ernsthaft verbessern will, Grundschulen brauchen Unterstützung sollte sie die Bedingungen an den Grundschulen Pädagogische Maßnahmen wirken statt Methodenverbote verbessern und wirksame Maßnahmen gegen konzept- und kontextabhängig Wer verfolgt, wie sich Texte von Schüler*innen den Lehrkräftemangel ergreifen. Das Verbot Es fehlt ein wissenschaftlicher Beleg dafür, dass entwickeln, wird feststellen, dass sie keinesfalls einzelner Lehrmethoden hilft nicht weiter. // Jürgen Reichens in den 1970er Jahren ent- beim viel zitierten „Kauderwelsch“ stehen bleiben. wickelte Leselernmethode, die im Übrigen An den Grundschulen wird freies Schreiben viel- „Lesen durch Schreiben“ heißt, zu mehr Recht- mehr durch einen systematischen Rechtschreib- schreibschwierigkeiten führt als andere Me- unterricht ergänzt. Auch der Lehrplan Deutsch www. Frank Vollmer: NRW gegen „Schreiben thoden. Schon 2008 hat unter anderem der ist in der Kompetenzerwartung in Bezug auf nach Hören“ (Rheinische Post vom Bildungsforscher, Grundschulpädagoge und die Rechtschreibung nicht beliebig, sondern 26.07.2017) www.tinyurl.com/rp-schreiben-nach-hoeren Schriftsprachdidaktiker Hans Brügelmann sehr eindeutig. festgestellt, dass die Wirkung pädagogischer Grundschullehrkräfte reagieren mit einer www. Markus Dichmann: „Schreibenlernen kann nicht funktionieren wie Sprechenlernen“ – Maßnahmen generell konzept- und kontextab- großen Methodenvielfalt auf die unterschied- Interview mit Hans Brügelmann und hängig ist. Je nachdem, wie ein*e Lehrer*in die lichen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Kinder, Wolfgang Steinig (Deutschlandfunk vom Methode einsetzt, und je nach den Bedingungen, die mit sehr großen Entwicklungsunterschieden 02.08.2017) unter denen die Lehrkraft arbeitet, kommt es eingeschult werden. Etliche Kinder kommen www.tinyurl.com/dlf-bruegelmann-steinig also zu unterschiedlichen Ergebnissen. Wer der bereits mit Lese- und Schreibfähigkeiten in die Hans Brügelmann, Erika Brinkmann: PDF Freies Schreiben im Anfangsunterricht? Öffentlichkeit suggeriert, dass durch das Verbot Schule oder brauchen nur noch einen winzigen Eine kritische Übersicht über Befunde der einer einzigen Methode die Rechtschreibleistung Impuls. Nicht nur diesen Kindern eröffnet die Forschung ganzer Kindergenerationen verbessert werden Anlauttabelle – eine bebilderte Buchstaben- www.tinyurl.com/bruegelmann-brinkmann könne, offenbart sein Nichtwissen über die tabelle – gute Möglichkeiten. Arbeit der Grundschulen. Die Entwicklung der Rechtschreibkompetenz Grundschullehrer*innen beobachten ihre ist zudem ein Prozess, der in der Grundschule Susanne Huppke Schüler*innen genau und analysieren die viel- zwar beginnt, aber in allen Schulstufen syste- Mitglied im Leitungsteam der Fach- gruppe Grundschule der GEW NRW fältigen Ursachen für deren Schwierigkeiten matisch fortgesetzt werden muss. beim Lesen und Rechtschreiben. Manche Kin- Die Schließung der Schulkindergärten und der werden eingeschult, obwohl ihnen basale das durch die letzte schwarz-gelbe Landesre- Fotos: suze, Marion Vaorin / photocase.de Bildquelle?
12 BILDUNG Kooperativen Unterricht mit Medien gestalten Plakat statt Medienfeuerwerk Der Inhalt einer Unterrichtseinheit, festgehalten auf DIN A2 – gut gestaltete Plakate sind komplexe Reduktionsvorgänge und setzen voraus, dass die Schüler*innen sich intensiv mit dem Lerngegenstand auseinandersetzen. Gleichzeitig unter- stützen Plakate die Vermittlung von Inhalten vor größeren Gruppen besser als manch ambitioniertes Medienfeuerwerk. Doch was macht ein Plakat zu einem guten Plakat? Im Unterricht hat ein Plakat ab Größe DIN Die Schrift A2 bis hin zu großflächigen Wandgestaltungen Schönschrift ist nicht nötig, sondern große, meist die Aufgabe, Inhalte komprimiert einer deutliche Buchstaben, die einzeln klar erkennbar größeren Menschenmenge auf Distanz zu ver- sind. Normschriften oder Plakatschriften, wie mitteln. Es ist ein sehr komplexes Medium und sie beispielsweise im Einzelhandel gebraucht seine Erstellung eine anspruchsvolle Aufga- werden, sind ideal, aber ein großer Aufwand be für Schüler*innen. Ein gutes Beispiel vor für Lernende. Einfacher ist es in Druckschrift Beginn ihrer eigenen Arbeit hilft ihnen, sich zu schreiben, bei der jeder Buchstabe mög- zu orientieren, ein schlechtes Beispiel führt lichst gerade oder leicht rechtsfallend deutlich ihnen Konsequenzen vor Augen und kann so ausgeformt wird. Ein weiterer entscheidender Lernerfolge vorbereiten. Plakate scheitern in der Faktor ist die Größe der Buchstaben: Ab ei- Regel weniger am Inhalt, sondern häufig an der ner Zeichenhöhe von vier Zentimetern kann Gestaltung. Deswegen ist einer der ersten Schrit- von einer plakattauglichen Schrift gesprochen Einzelne Zeilen und Abschnitte brauchen te auf dem Weg zu qualitativ guten Plakaten, werden. Die Schrift darf gern größer sein oder ausreichend Raum. Dieser bewirkt eine bessere den Lernenden die Gestaltungsgrundlagen zu größer werden, aber nicht kleiner und auch Lesbarkeit, weil die Abschnitte besser erfasst vermitteln. Sinnvoll ist es, die gestalterischen nicht kleiner werdend. Sie sollte immer aus werden und Betrachter*innen nicht in andere Grundlagen an einfachen Themenstellungen drei Metern Abstand lesbar bleiben. Werden Zeilen hinuntergleiten oder hinaufrutschen. ohne hohen Bewertungsdruck einzuüben. Ist verschiedene Schriftgrößen benutzt, sollte die Damit dies gelingen kann, dürfen die Texte und der Lerninhalt so vorentlastet, kann sich die gleiche Schriftgröße für gleich wichtige oder die einzelnen Sätze nicht zu lang sein. Aufzäh- Lerngruppe auf den Entwicklungsprozess und gleichartige Aussagen genutzt werden. lungen, Nummerierungen und ein linksbündiger eine neue Fachlichkeit einlassen. Die Zeilenabstände sollten zwei Zentimeter Beginn der Zeilen unterstützen die Orientierung. Der Kontrast nicht unterschreiten und gleich bleiben. Dabei Hochformatige Plakate haben Vorteile: Die Schrift, Aufbau und Visualisierungen müssen helfen feine, selbstgezogene Linien oder Papier- Zeilen sind kürzer und damit besser zu lesen. auf Distanz erkennbar sein. Die Schrift muss streifen aus DIN-A3- oder DIN-A4-Papier, die Es passen mehr Zeilen untereinander. Zudem deshalb immer in Schwarz oder Dunkelblau auf erst beschriftet und dann aufgeklebt werden. passen mehr Plakate in Augenhöhe auf eine möglichst hellem Papier gehalten werden; andere Die zweite, aufwändigere Methode ermöglicht Wandfläche. Der Nachteil: Bild und Text passen Farben sind auf Entfernung aufgrund des schlech- neben methodischen Einsatzvarianten auch nicht immer nebeneinander auf ein Plakat. teren Kontrasts nicht mehr gut lesbar. Wichtige die problemlosere Korrektur des Layouts oder Icons und Emoticons helfen den Betrach- Worte, maximal Halbsätze sollten besonders der Inhalte. ter*innen, indem sie Funktionen und Aufgaben ausgezeichnet sein, durch Unterstreichung, anschaulich machen: Die Brille steht für genaues Das Layout Umkästelung oder eine abstechende hellere Lesen, das Werkzeug für Ausprobieren, die Lupe Farbe. Gut lesbare Plakate gelingen auch auf Jedes Plakat hat eine festgelegte Gliederung: kennzeichnet eine Zoomansicht, das Ausrufezei- Tapetenresten, Makulaturpapier oder Ähnlichem. Überschrift, Hauptteil, Visualisierungen und die chen Wesentliches und das Fragezeichen weist Bunte Tonpapiere sind nur dann geeignet, wenn Namen der Lernenden. Die Überschrift ist größer auf zu Klärendes hin. Lehrende und Lernende die Farbe sehr hell ist. Bei dunklem Papier muss und deutlich erkennbar. Das Datum rechts oben können sich auf ein eigenes Zeichenrepertoire der Kontrast zwischen Untergrund und Schrift in der Ecke hilft, das Plakat zeitlich zuzuordnen. einigen, um festgelegte Inhalte kurz und ein- ebenfalls sehr stark sein. Dafür sind ausreichend Auch eine Kopfzeile kann eingefügt werden, um prägsam mit darzustellen. Abkürzungen sollten breite, deckend weiße Stifte nötig, die aber meist Plakate Klassen, Gruppen, Themen oder Daten allgemein bekannt sein. teuer und lackbasiert sind. Flüssige Kreidestifte zuzuordnen. Die Namen der Lernenden, die das sind eine Alternative, benötigen jedoch wenig Plakat erarbeitet haben, und gegebenenfalls Die Visualisierung saugfähiges Papier, sonst erscheint die Farbe ein Verfallsdatum, an dem dieses Plakat ab- Visualisierungen sollten auf Entfernung er- blass und eine Lesbarkeit auf Distanz wird nicht genommen wird, gehören in die Fußzeile. Die kennbar bleiben. Eine detailreiche Fotografie erreicht. Dicke, schwarze Filzstifte auf hellem Zusammenhänge von Inhalten oder Textteilen in Farbe ist dabei, auch wenn sie teuer auf Papier sind folglich die erste Wahl. sollten sofort erfassbar sein. DIN- A4-Format ausgedruckt wird, nicht immer
nds 9-2017 13 hilfreich. Eine schwarz-weiße Schnittdarstellung Arbeitsformen und Plakatentwürfen ist, desto hohe soziale Kompetenz von den Lernenden oder Schemazeichnung, die auf das Wesentliche stärker sollte auf die Kompetenzen der Einzelnen erfordern, werden in der Regel neue fachliche reduziert ist, ist möglicherweise besser. Sie kann geachtet werden, um ein gutes Ergebnis zu errei- Inhalte erarbeitet. Die Lernenden sollten deshalb Lerngruppen adäquat erklärt und von einem chen. In erfahrenen Arbeitsgruppen ist es eher mit bedachter Planung, spannenden Arbeitsauf- realen Objekt oder einem Film medial begleitet möglich und sinnvoll, fehlende Kompetenzen gaben und guten Materialien unterstützt werden. werden. Die Anforderungen an Farben, Kon- in den Blick zu nehmen und auszubauen. Der Ganz nach dem Motto: Think big, start small. // trast und Erkennbarkeit der Einzelteile ändern Lehrkraft obliegt die schwierige Diagnose: Auf sich nicht, Flächen hingegen können jegliche welchem Stand ist meine Lerngruppe? Was ist Marayle Küpper Farbigkeit haben. Es ist unterstützend, den mein unterrichtlicher Schwerpunkt? Welche Lehrerin für Gestaltungstechnik Lernenden die Schraffurtechnik zu zeigen. Sie Kompetenzen haben die Einzelnen? Wie lassen und Deutsch, Fachleiterin Gestal- hat den Vorteil, dass sie ordentlicher aussieht, sich die Gruppen so zusammenstellen, dass mög- tungstechnik am ZfsL Düsseldorf, Moderatorin für Kooperatives Lernen auch wenn sie zügiger ausgeführt ist. lichst alle nutzbare Plakate entwickeln können? am Green-Institut Rhein-Ruhr Der Zweck Groß denken, klein anfangen Dr. Petra Regina Moog Zweck und Gestaltung eines Plakates bedin- Ein komplexes, selbsterstelltes Medium wie Leitung der SOPHIA::Akademie Düs- seldorf, Schulentwicklungsbegleiterin gen einander. Die meisten Plakate haben die das Plakat ist eine hohe gestalterische und fach- und Schulbauberaterin, Dozentin Funktion Inhalte zu transportieren. Grundsätzlich liche Arbeitsleistung. Eingebettet in komplexe für Begabungsförderung am CCB muss der Inhalt visuell oder schriftlich darge- soziale Prozesse der Gruppenarbeit, die eine Düsseldorf stellt werden können. Da das Plakat immer ein Medium ist, das auf Reduktion angewiesen ist, muss der Inhalt reduzierbar und dem Lernstand der Lernenden entsprechend vermittelbar sein. Komplexe Vorgänge, Entwicklungen, theoretische Gedankengänge lassen sich vielleicht mit Hilfe anderer Medien (Video, Fotografie, Power-Point, CHECKBOX Illustrationen: PureSolution / shutterstock.com, designed by Freepik, Mock-up: bluemonkeylab.com Text) von Lernenden besser darstellen, wenn das Medium für sich allein sprechen soll. Manche Plakate stehen für sich allein und werden – zum Beispiel als Wandzeitung – nicht EIN GUTES PLAKAT... kommentiert. Sie brauchen mehr Text und die hat eine feste Struktur. Beziehung der Aussagen muss durch eine kom- hat Überschrift, Datum und Unterschrift. plexere Grammatik eindeutig festgelegt sein. Wird das Plakat entwickelt, um eine Präsentation berücksichtigt das Prinzip „feste Plätze zu unterstützen, kommt es in der Regel mit für feste Angaben“. weniger Text aus und die mediale Reduktion lässt die Informationshierarchie vom wird genutzt, um dem Vortragenden und den Allgemeinen zum Speziellen erkennen. Zuhörer*innen eine gemeinsame, visuelle Re- wird nur in Ausnahmefällen quer gestaltet. ferenz bereitzustellen. hat viel Weißraum. Didaktische Überlegungen Vor dem Einsatz von Plakaten im Unterricht kann von jeder Seite aus gelesen werden. ist unter anderem zu klären: Wie kann das ist in Druckschrift geschrieben. Plakat die fachliche Kompetenzentwicklung ist aus drei Metern Entfernung lesbar. unterstützen? Wie kommen die Schüler*innen und die Lehrkraft gemeinsam zu einem fachlich nutzt Farben zur Auszeichnung. und gestalterisch aussagekräftigen Medium? hat keine oder nur kurze Sätze. Was macht die Lerngruppe während und nach der Präsentation mit dem Plakat? nutzt Grafiken, Abbildungen, Zeichnungen. Kooperative Arbeitsformen wie die Aufga- verfügt über hohe Farbkontraste. benverteilung nach Numbered Heads splitten hat eine eindeutige Aussage. die Zuständigkeiten in verschiedene Rollen auf, um die Kompetenzen der einzelnen Ler- unterstützt eine Präsentation nenden zu nutzen: Schreiber*innen brauchen oder ist selbsterklärend. eine gut lesbare Schrift, Korrektor*innen eine sichere Rechtschreibung, Zeichner*innen sollten ein Händchen für gute Darstellung haben. Je unerfahrener die Lerngruppe in kooperativen
14 BILDUNG Digitalisierung Neue Herausforderungen für Schulen und Schulaufsicht Foto: Marie Maerz / photocase.de Die Digitalisierung aller Lebens- und Arbeitsbereiche stellt Schulen und Schul- systeme derzeit vor große Herausforderungen. Studien weisen für Deutschland seit Jahren sowohl in Bezug auf die schulische Nutzung digitaler Medien als auch hinsichtlich einer modernen schulischen IT-Ausstattung auf deutliche Entwicklungsbedarfe hin. Dabei sind die Situationen in den Schulen höchst unterschiedlich. Umfangreiche empirische Befunde über den durch Lehrpersonen bildet Deutschland sogar Medien in schulübergreifenden Konzepten, Stand der Integration digitaler Medien und das Schlusslicht des internationalen Vergleichs. in Curricula und in der Lehrer*innenbildung. den Kompetenzstand von Schüler*innen in Betrachtet man die aktuellen Entwicklungen, Die Einzelschulen sind ebenfalls in der Verant- Deutschland stellte erstmals die international so weisen unter anderem die Befunde des Länder- wortung, Schulentwicklungsprozesse auf den vergleichende Schulleistungsstudie Internatio- indikators „Schule digital“ auf einen Anstieg der Weg zu bringen und sind somit der Motor aller nal Computer and Information Literacy Study schulischen Nutzungshäufigkeit digitaler Medien Veränderungen. Daher gilt es, die Schulen in 2013 (ICILS) vor. In der Studie zeigte sich, dass hin. Es zeigen sich jedoch teilweise erhebliche ihren Entwicklungen zu unterstützen. Achtklässler*innen hierzulande hinsichtlich Unterschiede zwischen den Bundesländern. Ohne geeignete Rahmenbedingungen werden ihrer computer- und informationsbezogenen Zudem wird deutlich, dass Lehrpersonen zuneh- die gewünschten Prozesse aber nicht nachhal- Kompetenzen im internationalen Vergleich mend die Potenziale digitaler Medien zur Unter- tig sein. Nach wie vor stellen die technische eher mittelmäßig abschneiden. So erreichten stützung von Lernprozessen und zur Verbesserung Infrastruktur und der IT-Support viele Schulen vor besondere Herausforderungen. Trotz der etwa 30 Prozent der Jugendlichen lediglich von Lernergebnissen positiv einschätzen. Diskussionen um technische Aspekte dürfen unterste Kompetenzstufen. Diese Schüler*innen Die zentrale Aufgabe der nächsten Jahre wird die übergeordneten Leitgedanken im Zuge der verfügten nur über sehr basale Fertigkeiten im es für Schulen und die Schulaufsicht sein, hier Digitalisierung des Bildungsbereichs jedoch auch Umgang mit neuen Technologien und digitalen anzuknüpfen und die schulischen Rahmenbe- zukünftig nicht außer Acht gelassen werden. Informationen. Sie konnten allenfalls einen dingungen so zu gestalten, dass das Lernen mit Pädagogik vor Technik, Qualität vor Aktionismus. Link anklicken oder mit Hilfestellung einfache digitalen Medien tatsächlich einen Mehrwert für Inwieweit dies schon gelingt und an welchen Veränderungen an Dokumenten vornehmen. Lernprozesse und Lernergebnisse bietet, von dem Stellen zukünftig Herausforderungen bestehen, Zudem ließen sich in Deutschland deutliche alle Kinder und Jugendlichen profitieren. Wich- wird unter anderem der nächste Zyklus der Bildungsbenachteiligungen für Jugendliche aus tige Anforderungen sind in diesem Zusammen- Studie ICILS (ICILS 2018) aufzeigen können. // unteren und mittleren sozialen Lagen sowie für hang auf der Ebene der Schuladministration die Jugendliche mit Migrationshintergrund feststel- Festlegung von Zielsetzungen, die Verankerung len. Hinsichtlich der Nutzung digitaler Medien des kompetenzorientierten Lernens mit digitalen Birgit Eickelmann, Julia Gerick, Wilfried PDF Bos et al. (Hrsg.): ICILS 2013. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der Fachtagung der GEW NRW 8. Jahrgangsstufe im internationalen Schulaufsicht im Wandel Vergleich www.tinyurl.com/studie-icils-2013 Die Fachgruppe Schulaufsicht der GEW NRW lädt die Fortbildung und die Personalentwicklung sowie Wilfried Bos, Ramona Lorenz, Manuela ein zur Fachtagung „Schulaufsicht im Wandel“. Überlegungen zu einer Reform der Schulaufsicht PDF Endberg, Birgit Eickelmann, Rudolf Themen sind die Digitalisierung und die Reform werden thematisiert. Eine der Expert*innen der Fach- Kammerl, Stefan Welling (Hrsg.): Schule der Schulaufsicht. tagung ist Prof. Dr. Birgit Eickelmann. Die Tagung digital – der Länderindikator 2016. Kom- soll einen Beitrag leisten, die Gelingensbedingungen petenzen von Lehrpersonen der Sekundar- Die Situation der Schulaufsicht in NRW ist vielfältig systemischer Schulaufsicht zu beschreiben sowie Chan- stufe I im Umgang mit digitalen Medien geprägt durch ausgeweitete und nicht priorisierte cen und Risiken einer inhaltlichen und strukturellen im Bundesländervergleich Aufgabenzuweisungen, die mit mangelnder perso- www.tinyurl.com/schule-digital-laender-2016 neller Ausstattung einhergehen. Ihre Qualitäts- und Weiterentwicklung zu erörtern. Professionsstandards scheinen ungeklärt. An vorberei- Termin: 17.11.2017, 11.00–17.30 Uhr tender und tätigkeitsbegleitender Qualifizierung und Prof. Dr. Birgit Eickelmann Ort: Hotel Mercure, Massenbergstraße 19–21, Fortbildung mangelt es. Die Fachgruppe Schulaufsicht 44787 Bochum Professorin an der Universität der GEW NRW lädt daher interessierte Kolleg*innen Paderborn, Lehrstuhl für Schul- Kosten: Die Teilnahme ist kostenlos. zu ihrer Fachtagung ein. Konsequenzen der Digitali- pädagogik, unter anderem wissen- sierung der Bildung für die Arbeit der Schulaufsicht, Infos und Anmeldung: www.gew-nrw.de schaftliche Leitung der IEA-Studien ICILS 2013 und ICILS 2018
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