Wasserstoff und Brennstoffzellen - Stand der Entwicklungen im Überblick - FVEE
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b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 7 Wasserstoff und Brennstoffzellen Stand der Entwicklungen im Überblick • Wasserstoff und Brennstoffzellen – Ein Systemüberblick • Netzmanagement und Integration von Brennstoffzellen • Internationale Entwicklungen der Wasserstofftechnologie • Regenerativer Wasserstoff – Erzeugung, Nutzung und Syntheserohstoff • Wasserstoffnutzung – Ökobilanzen, Kosten und Endenergiestrukturen 7
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 8 Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen FVS Themen 2004 Wasserstoff und Brennstoffzellen – ein Systemüberblick Dr. Gerd Eisenbeiß Wasserstoff – ein wichtiges von Strom oder jedenfalls hochwertiger Ener- gie. Aber es ging auch schon um die Frage, FZ Jülich Thema im ForschungsVerbund energie@fz-juelich.de welcher Kraftstoff denn eines Tages dem Ver- Sonnenenergie kehr zur Verfügung stehen würde, wenn die natürlich vorkommenden Kohlenwasserstoffe Prof. Dr. Der FVS • ForschungsVerbund Sonnenenergie wie Erdöl und Erdgas nicht mehr oder nur Jürgen Schmid wurde vor 14 Jahren auf Initiative der Bundes- extrem teuer zu haben sein würden. ISET regierung gegründet. Sein prioritäres Ziel war jschmid@iset.uni-kassel.de es, die erneuerbaren Energien zu erforschen und energiewirtschaftlich nutzbar zu machen. Der solare Brüter „Energiewirtschaftlich” bedeutete dabei soviel wie „in großem Maßstab”, d. h. die Gründer Die Wasserstoff-Idee ist schon relativ alt. wollten nicht nur Nischen besetzen, sondern Prof. Justi in Göttingen der 30er Jahre oder erneuerbare Energien zu einem wesentlichen der AEG-Ingenieur Dahlberg aus den 70er Jah- Pfeiler unserer Energieversorgung machen – ren des letzten Jahrhunderts dürfen hier zitiert unserer Energieversorgung in Deutschland und werden. Insbesondere Dahlberg entwickelte der Energieversorgung überall in der Welt. Die- die Vision vom solaren Wasserstoff, der aus ses Ziel eint uns im ForschungsVerbund nach dem Sand der Sahara mit Hilfe der dortigen wie vor und wir sind stolz auf das zwischenzeit- Solarenergie Europa versorgen sollte. Er sprach lich Erreichte und unseren Beitrag dabei. damals vom „solaren Brüter”, weil Solarenergie den Sand der Wüste zu Silizium reduzieren Die Wasserstoff-Idee war schon bei der Grün- sollte und dieses Silizium wiederum als photo- dung ein Teil der Vision, obwohl wir sicher zu voltaische Zellen den Strom für die Silizium- jeder Zeit zu den Realisten gehörten, die sich Reduktion und die Wasserstoff-Produktion über die Länge des Weges bis zum Erfolg klar liefern sollte (Abb. 1). waren. Diese Fragen bestimmten die mitunter auch kontroverse Diskussion: Das HYSOLAR- Projekt • Brauchen Solar- und Windgeneratoren als stark intermittierend produzierende Strom- Mitte der 80er Jahre hatte das Forschungs- quellen Wasserstoff als Zwischenspeicher ministerium diese Idee aufgegriffen, nachdem zur Netzstabilisierung? der Reaktorunfall in Tschernobyl die Solarener- gieforschung wieder in den Vordergrund poli- • Wird die Stromversorgung der Menschheit tischen Interesses gerückt hatte. In einem spek- intersaisonale Stromspeicher brauchen, takulären politischen Ansatz, zu dessen Vätern die Batterien überlegen sind? u.a. der damalige badenwürttembergische Ministerpräsident Lothar Späth und Prof. Bloss • Ist ein indirekter interkontinentaler aus Stuttgart sowie Prof. Winter aus dem DLR • Stromtransport durch Wasserstoff-Pipelines Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt trotz der zweimaligen Umwandlung gehörten, wurde das sogenannte HYSOLAR- günstiger als Hochspannungs-Gleichstrom- Projekt ins Leben gerufen und ab 1986 gemein- Übertragung? sam von BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung), dem Bundesland Baden-Würt- Es ging also insbesondere um die Probleme temberg und dem Königreich Saudi-Arabien ge- intermittierender Stromquellen, intersaisonaler fördert. Die Projektleitung lag beim DLR, einem 8 Speicherung und interkontinentalen Transports der vier Gründungsmitglieder des FVS 1990.
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 9 Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen FVS Themen 2004 Hauptzweck des Projektes war es, heraus zu Die solare Brüteridee der 70er Jahre finden, ob das Zusammenschalten von photo- voltaischen Generatoren und Elektrolyse auf einfache Weise technisch beherrscht werden kann. Dazu musste ein Elektrolyseur entwickelt werden, der auch bei den allnächtlichen Unter- brechungen Wasserstoff mit gutem Wirkungs- grad produzieren konnte. Außerdem wurden verschiedene andere Technologien der Wasser- stoff-Erzeugung und Anwendung vor allem in den Universitäten Stuttgart, Riyad und Jeddah erforscht. Brennstoffzellen als Energie- wandler von Wasserstoff zu Strom spielten erst ganz am Ende des HYSOLAR-Projektes eine Rolle. Wasserstoff und Brennstoffzellen im FVS Im DLR kamen auch Fragestellungen aus Welt- Abbildung 1 raumanwendungen (autonome Versorgung zeigt ein Solarkraft- Neben dem DLR haben auch andere Mitglie- von Weltraumplattformen) hinzu, während das werk in Kalifornien, der des FVS auf dem Gebiet solaren Wasser- Forschungszentrum Jülich vor allem seine beim das heute auf thermi- stoffs gearbeitet, zum Beispiel das Forschungs- Hochtemperatur-Reaktor erworbene Kompetenz schem Wege Strom zentrum Jülich, wo Solarzellen auf dem Dach für Hochtemperaturwerkstoffe nutzen konnte. produziert. In Zukunft der Bibliothek den Strom für einen selbst ent- könnten solche Kraft- wickelten Elektrolyseur liefern. Für das ZSW • Die sich für Brennstoffzellen-Entwicklung en- werke auch Elektro- Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff- gagierenden Forschungsinstitute des FVS lösten lyse-Wasserstoff Forschung war die HYSOLAR -Kooperation von sich dabei ein Stück von der solaren Mission, bereitstellen. In den DLR und der Universität Stuttgart eine der Grün- denn die jetzt zu entwickelnden Systeme müssen 70er Jahren stellte dungswurzeln und das Fraunhofer ISE • Institut sich zunächst in der „Erdgas-Welt” von heute man sich solche für Solare Energiesysteme in Freiburg hat früh- bewähren. Eine Entwicklung ist dabei die Hoch- Anlagen als Photo- zeitig kleine, dezentrale Solar-Wasserstoffsys- temperatur - Brennstoffzelle, weil sie eine mehr voltaikkraftwerke vor, teme entwickelt, z. B. für das berühmte erste oder weniger interne Reformierung des Brenn- deren Strom teilweise energieautarke Haus in Freiburg. gases erlaubt, um den am Elektrolyten erfor- unmittelbar zur Her- derlichen Wasserstoff bereit zu stellen. Dabei stellung von Silizium In den frühen 90er Jahren wurde deutlich, wandten sich DLR und FZ Jülich der SOFC 1 und Solarzellen ge- dass Brennstoffzellen auf Grund fortgeschritte- zu, während das ZSW an Problemen der nutzt werden könnte. ner Werkstoffwissenschaften, Fertigungs- und MCFC 2 arbeitete. Verfahrenstechniken eine neue Chance zum Erfolg bieten. Daraufhin haben sich mehrere Parallel dazu nahmen die Mitglieder des FVS Mitgliedsinstitute, auch das ISET • Institut für die Entwicklung der Membran-Brennstoffzellen Solare Energieversorgungstechniken in Kassel, auf, die – mit Wasserstoff oder direkt mit Me- den neuen Herausforderungen zugewandt. thanol betrieben – eine externe Bereitstellung Dabei wurde im FZ Jülich und beim DLR an die dieser Brennstoffe erfordern. Dabei zielt die erworbene hohe Kompetenz für Elektrochemie Entwicklungsstrategie der Forschungsgruppen angeknüpft, denn eine Brennstoffzelle ist schließ- nicht primär auf den Fahrzeugantrieb, wie ihn lich im Grundsatz eine umgekehrte Elektrolyse. die großen Konzerne der Automobilindustrie mit hohem Aufwand anstreben, sondern eher auf kleinere dezentrale Anwendungen oder gar 1 SOFC = Solid Oxid Fuel Cell eine Mikroenergietechnik, die den Ersatz von 2 MCFC = Molten Carbonate Fuel Cell Batterien in Notebooks und Kameras erlaubt. 9
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 10 Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen FVS Themen 2004 Ein wichtiges Thema des ForschungsVerbundes Allerdings geht es heute nicht allein um Klima- Sonnenenergie ist auch die systemtechnische schutz, sondern auch um die Versorgung mit Herausforderung, Brennstoffzellen ebenso Kraftstoffen für den Verkehr. Schon seit den wie Photovoltaik- und Windanlagen so ins 70er Jahren waren Energieforschung und ener- elektrische Versorgungsnetz einzubinden, dass gietechnische Innovationen auch von der Er- Versorgungssicherheit und Frequenzstabilität wartung bestimmt, insbesondere Erdöl werde gewährleistet sind. Hier liegt insbesondere eine über die nächsten Jahrzehnte knapp und sehr Stärke des ISET sowie des Fraunhofer ISE. teuer werden. Hier standen sich stets – und auch heute wieder – unterschiedliche Einschät- zungen gegenüber. Global tätige Ölfirmen weisen gerne darauf hin, dass Öl reichlich vor- Wasserstoff-Energiepolitik handen sei und die immer wieder genannten und Klimaschutz 30 Jahre Reichweite der Vorräte lediglich eine Folge marktbedingt beschränkter Aufwen- Heute ist Wasserstoff wieder ein politisches dungen für Prospektion und Exploration seien. Thema, und zwar auf der globalen Agenda von Selbst die Preisanstiege dieses Herbstes werden Staatspräsidenten. Das überraschte in Deutsch- nicht so dramatisch interpretiert, wie dies eine land; denn hierzulande galt das Thema in Poli- andere Gruppe von Fachleuten tut, nämlich als tik und Forschung nicht als aktuell. Nach den klares Zeichen, dass Ölförderung schon recht Erfahrungen mit dem Projekt HYSOLAR und dem bald zurückgehen werde. Diese Gruppe ver- Großprojekt Solar-Wasserstoff-Bayern schien den weist zusätzlich auf die steigenden Bedürfnisse Unternehmen und auch den solar engagierten insbesondere in Ostasien, die den Ölmarkt Politikern die Angelegenheit genügend klar: weiter anspannen und die Preise ansteigen wenn man wegen des notwendigen Klimaschut- lassen müssten. Beim Thema Wasserstoff geht zes Wasserstoff mittels erneuerbarer Energien es allerdings nicht um den Ersatz der Primär- gewinnen will, muss man warten, bis diese energiequelle Erdöl, sondern um den Ersatz der erneuerbaren Energien entsprechend kosten- Sekundärenergieträger Benzin, Diesel und Ke- günstig sind. rosin, von denen der Verkehr abhängt (Abb. 2). Kraftstoffe der Zukunft Abbildung 2 Biomasse Primärenergiequellen Fermentation Wind Gas für Fahrzeugkraft- Gaserzeugung Photovoltaik, stoffe: links die Methanol FTD Solarthermische Ethanol Kraftwerke konventionellen Wege BIO-Diesel Reforming vom Rohöl zu Benzin POX Elektrolyse und Diesel, halbrechts GTL DNG die erneuerbaren Ener- ÖL Kohle gien als Stromliferan- CNG Wasser- (mit CO2 - ten für Elektrolyse- Benzin stoff Abtrennung) Wasserstoff und ganz Diesel Gaserzeugung rechts Fischer-Tropsch- FTD Diesel (FTD) aus Kohle. Auto GTL = Gas-to-Liquid Kraftstoffe sind eine Alternative zu Rohöl und werden aus Erdgas hergestellt. DNG = Debutanisiertes Erdgas CNG = Druckerdgas POX = Reformierung mit einem partiellen Oxidationsverfahren 10
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 11 Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen FVS Themen 2004 Forschungsstrategie des FVS Deshalb sind Brennstoffzellen mit allen Systemaspekten ein wichtiges Thema des Zwei Fragen sind also entscheidend für die ForschungsVerbunds Sonnenenergie. Beurteilung des Wasserstoffthemas und seiner Dringlichkeit: 4. Der ForschungsVerbund Sonnenenergie erforscht mit besonderer Priorität die System- • Wie ökologisch, wirtschaftlich und zusammenhänge von Wasserstofftechniken zeitlich drängend ist die Situation der auf der Basis erneuerbarer Energien. Dabei Erdölversorgung? wird in den Arbeitsergebnissen immer wieder • Welche Kraftstoffe stehen bei Rückgang deutlich, dass regenerativer Wasserstoff erst und Verteuerung der Ölversorgung zur dann zu vertretbaren Kosten bereitgestellt Verfügung? werden kann, wenn die direkte Nutzung der erneuerbaren Energien durch konzentrierte Der ForschungsVerbund Sonnenenergie nimmt strategische Forschung deutlich verbilligt beide Fragen sehr ernst und möchte mit seinen worden ist; dies wird am Beispiel von Elektro- wissenschaftlichen Möglichkeiten an Lösungen lysewasserstoff aus regenerativem Strom mitarbeiten, die die Risiken mindern und ins- unmittelbar sichtbar. besondere die erneuerbaren Energien als kosten- günstige Energiequelle erschließen. Er hat die 5. Der ForschungsVerbund Sonnenenergie Wasserstofffrage aufgenommen und sich for- befürwortet und betreibt verfahrenstechni- schungsstrategisch mit den folgenden sechs sche Forschung zur Erzeugung regenerativer Thesen positioniert: Kraftstoffe und Wasserstoff aus Biomasse. Er weist allerdings aufgrund seiner system- 1. Der ForschungsVerbund Sonnenenergie analytischen Forschungsergebnisse darauf konzentriert seine Forschungsarbeiten auf die hin, dass die Strom- und Wärmeerzeugung volle Erschließung erneuerbarer Energiequel- aus Biomasse technisch, wirtschaftlich und len. Da aus heutiger Sicht eine sehr umfang- ökologisch vorteilhafter ist als die Erzeugung reiche Nutzung erneuerbarer Energien ihre von Biokraftstoffen. Insofern können For- Speicherung auch in Wasserstoff erforderlich schungsergebnisse im Bereich regenerativer macht, ist die Wasserstofftechnik ein Teil Kraftstoffe nur dann umgesetzt werden, seiner Arbeiten. wenn politische Rahmenbedingungen den Biomasseeinsatz auf den weniger wirtschaft- 2. Die Gewinnung von Kraftstoffen aus erneuer lichen Kraftstoffmarkt kanalisieren, wie dies baren Energien stellt anspruchsvollere Anfor- gegenwärtig mit der obligatorischen EU- derungen an kostensenkende Entwicklungen, Quote für Alternativkraftstoffe geschieht. als ihr Vordringen in den Strom- und Wärme markt. Auch der ForschungsVerbund Sonnen- 6. Zusammengefasst begrüßt der Forschungs- energie entwickelt regenerative Kraftstoffe, Verbund Sonnenenergie das gestiegene wobei Wasserstoff hierbei eine Option ist, Interesse von Öffentlichkeit und Politik an sowohl für die direkte Nutzung als auch als erneuerbaren Energien und Brennstoffzellen. Einsatzstoff für synthetische Kraftstoffe. Forschungspolitisch sollte die notwendige Kostensenkung bei der Nutzung erneuer- 3. Brennstoffzellen als besonders vielversprech- barer Energien allerdings höchste Priorität ende Konversionstechnologie benötigen haben. Der FVS rät, den Weg in eine regene- für die elektrochemischen Umwandlungs- rativ-orientierte Energiewirtschaft konsequent prozesse Wasserstoff. Hochtemperaturbrenn- zu verfolgen, wobei Strom und Wasserstoff stoffzellen können wegen ihres internen eine wesentliche Rolle als Endenergieträger Reformings unmittelbar auf Erdgasversor- spielen – in Verbindung mit effektiven Ener- gungssysteme zugreifen. Für Niedertempe- giewandlern, insbesondere Brennstoffzellen. ratur-Brennstoffzellensysteme ist eine Wasser- Er unterstreicht den großen Forschungs- und stoffversorgung erforderlich. Entwicklungsbedarf, der auch Wasserstoff- systeme umfasst. 11
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 12 Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen FVS Themen 2004 Mit dieser Positionierung weist der Forschungs- und erst recht in Deutschland ein prioritäres Verbund Sonnenenergie klar auf die Bedeutung Anliegen, das man anders als in den USA mittels der erneuerbaren Energien als Energiequellen Einsparungen, erneuerbaren Energien und und auf die Bedeutung von Brennstoffzellen als Kyoto-Instrumenten verfolgt, die die Volkswirt- effiziente Wandler hin. schaften aktuell finanziell belasten, auch wenn später Klimafolgekosten global vermindert wer- den. Allerdings gilt für die europäische Fahr- Internationale Perspektiven zeug-Industrie dasselbe wie für die japanische: auch europäische Hersteller müssen sich auf Niemand sollte bei der Nachahmung von Politi- dem US-Markt durchsetzen, also Fahrzeuge ken anderer Länder übersehen, dass nicht über- mit Elektro- oder Wasserstoff-Antrieb anbieten. all ein klarer Beitrag zum Klimaschutz im Vor- dergrund steht und dass andere wirtschaftsstarke Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass Staaten der Erde den Wasserstoff eher als Pro- Europa der Entwicklung der Brennstoffzellen- dukt von Kernreaktoren sehen als von Sonnen- technik hohe Priorität einräumt und auch energie. die Schlüsselfragen der Wasserstofftechnik in Forschungs- und Entwicklungsprogrammen Insbesondere die USA setzen auch langfristig aufgreift. Dabei kommt der Speicherfrage auf ihre heimischen Kohlevorräte und haben besondere Bedeutung bei, denn klar und jedenfalls im Moment keine besonderen Akzep- provokativ formuliert: tanzprobleme mit der Kernenergie. Die USA streben nicht in erster Linie Klimaschutz an, Mit elektrischem Strom kann man fast alles sondern wollen kontinentale Versorgungsunab- auch direkt machen, sauber und rückstandsfrei. hängigkeit. Fossil und nuklear erzeugter Wasser- Wasserstoff wird nur benötigt, soweit er trotz stoff soll diese Versorgungssicherheit insbeson- der Umwandlungsverluste bessere Speicherung dere für den Verkehrssektor garantieren und bietet, wie sie insbesondere im Verkehr, aber die Kraftstoffpreise niedrig halten. Für Präsident auch bei Kleingeräten sehr wünschenswert Bush ist Wasserstoff kein Mittel zum Klimaschutz, wäre. Der Verbraucher möchte in einer erdöl- sondern ein Mittel zur Autarkie, verbunden freien Zukunft sicher nicht den Beschränkungen mit dem industriepolitischen Ziel, die von der in Reichweite eines Fahrzeugs oder Nutzungs- Brennstoffzelle erwarteten Innovationen als dauer eines elektronischen Kleingerätes ausge- Marktführer zu beherrschen. setzt sein, die wir von den elektrischen Batterien kennen. Allerdings: wird er die Vorteile von Japan verfügt über keine nennenswerten fossi- Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lösungen mit den len Energiequellen. Daher zieht es alle Versor- Mehrkosten abwägen. Auch die neuen Lösun- gungsoptionen in Betracht, wobei die Diver- gen müssen also preiswert sein. sifikation der Bezugsquellen als Element der Absicherung gesehen wird. Da Akzeptanzpro- bleme der Kernenergie nicht als entscheidend Das Wasserstoffsystem betrachtet werden, könnte Wasserstoff aus und seine Forschungs- und Kernkraftwerken gewonnen werden. Zudem braucht Japans Fahrzeug-Industrie den US- Entwicklungsthemen Markt, muss also die dort verlangten Lösungen wettbewerbsfähig anbieten können. Wie den Im Folgenden seien einige wesentliche Zusam- USA dürfte es auch Japan um die Führung bei menhänge anhand von Systembildern erläutert. Brennstoffzellen als innovatives Schlüsselpro- dukt der Zukunft gehen. Wer Wasserstoff einsetzen will, muss ihn zu- nächst erzeugen. Wer dies in so großem Maß- In Europa gibt es nicht genug Kohle, um den stab tun will, dass der Verkehrssektor versorgt Strom und den Kraftstoffmarkt zu bedienen. werden kann, muss letztlich Wasser spalten, Außerdem ist man über Kernenergie sehr kontro- denn die Alternative Erdgas ist ebenso wenig 12 verser Auffassung. Klimaschutz ist auf EU-Ebene nachhaltig wie das schwindende Öl und die
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 13 Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen FVS Themen 2004 Wasserstoff-Erzeugung Abbildung 3 Nachhaltigkeitsprobleme CO2 radioaktive Abfälle keine Probleme zeigt, wie Wasserstoff durch Einsatz verschie- dener Primärenergie- quellen aus seinen Primärenergien zur fossile nukleare solare (incl. Wind, Erdwärme etc.) Stromerzeugung natürlichen Verbindun- gen gewonnen werden kann. Dabei sind die fossilen H2-Quellen wie Strom Erdgas und Erdöl (links) und Biomasse (rechts) nur beschränkt verfüg- H2 -Quellen Erdgas, Erdöl Wasser Biomasse bar. In der obersten Zeile ist vermerkt, Methanhydrate Abfälle Energiepflanzen Reformierung Elektrolyse chemische/thermische Umwandlung welche ökologischen Nachhaltigkeits- probleme diese Ener- giequelle haben. Wasserstoff Alternative energetische Biomasse bietet In der Wasserstoff-Anwendung sollten nach quantitativ nicht genug Potenzial (Abb. 3). unseren Erwartungen im ForschungsVerbund Sonnenenergie Brennstoffzellen eine überra- Mittelfristig ist es sinnvoller, Biomasse im Strom- gende Bedeutung erlangen, sowohl in Kleinan- und Wärmemarkt zur Verdrängung der dort wendungen als Batterieersatz wie auch im Ver- eingesetzten Kohlenwasserstoffe zu nutzen. kehr zunächst als Ersatz der Lichtmaschine und Insofern ist kritisch zu bewerten, wenn die EU dann auch im Antrieb. Allerdings sind weder bis 2010 eine Beimischung von 5,75 % Biokraft- Wasserstoff noch Brennstoffzellen in diesen stoff in Benzin und Diesel verordnet. Aber auch Anwendungen konkurrenzlos. Bei Kleinanwen- diese Strategie zur Entlastung des Kraftstoff- dungen kann auch Methanol als Energieträger marktes ist ökonomisch und ökologisch noch und eine Direkt-Methanol-Brennstoffzelle ein- günstiger als eine Biomasse-Konversion zu gesetzt werden und die herkömmliche Batterie Wasserstoff. mag auch noch ein gewisses Verbesserungs- potenzial haben. Es ist aber zu erwarten, dass Aus heutiger Sicht ist die Wasserstofferzeugung die Brennstoffzellen in diesem Kleingerätebe- durch Elektrolyse die Referenztechnologie, mit reich erste Märkte finden werden, die für das der wahrscheinlich besten Wirtschaftlichkeit. industrielle Lernen große Bedeutung haben. Ob diese Einschätzung gerechtfertigt ist, muss Hilfsstromquellen auf Brennstoffzellenbasis allerdings in Forschung und Entwicklung noch (APUs)1 werden eine zweite frühe Marktchance geklärt werden. Die Alternativen sind thermo- bieten, zumal bei beiden Frühanwendungen chemische Verfahren der Wasserspaltung bei ho- die energiewirtschaftliche Verfügbarkeit von hen Temperaturen, aber auch biologische oder kostengünstigem Wasserstoff noch keine photochemische Verfahren, deren Erforschung Rolle spielt. noch bei weitem nicht abgeschlossen ist. 1 APU = Auxillary Power Unit 13
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 14 Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen FVS Themen 2004 Autarker Betrieb im Kleinleistungsbereich Photovoltaik Abbildung 4 zeigt, wie erneuerbar lokales, autarkes elektrisches Netz Verbraucher Wind erzeugter Strom im Bedarfsfall über einen Elektrolyseur als Wasserstoff gespei- Wasser chert und über eine Elektrolyse Brennstoffzelle Brennstoffzelle ins Strom- Netz zurückgespeist kurzzeitspeicher werden kann. 2000 €/kW 2000 €/kW Wasserstoff- druckspeicher Diskutiert wird auch die Vorstellung von Elek- nehmen müssen, dass der Wasserstoff mittels trolyse-Brennstoffzellen-Systemen im Netzma- erneuerbaren Stroms gewonnen wird. Dann nagement. Ein solches Wasserstoffsystem muss nämlich wird man auf jeden Fall mit direktem aber mit anderen Lösungen, z. B. Pumpspeichern Stromeinsatz besser fahren (Abb. 5). oder Druckluftspeichern (CAES) konkurrieren, wobei Kosten und Wirkungsgrade entscheiden Brennstoffzellen müssen allerdings nicht auf werden. Andererseits muss darauf hingewiesen eine energiewirtschaftliche Wasserstoffversor- werden, dass solche Zwischenspeicher vorteil- gung warten; sie sind insbesondere in den hafterweise beide Produktgase der Elektrolyse, Hochtemperaturversionen SOFC und MCFC also Wasserstoff und Sauerstoff, am selben Ort auch mit Erdgas zu betreiben, ohne externe speichern. Über Brennstoffzellen (oder Gastur- Reformer vorzuschalten. Deshalb entwickeln wir binen und Motoren) werden sie dann wieder in im ForschungsVerbund Sonnenenergie Hoch- Strom zurück verwandelt. Solche Systeme bieten temperatur-Brennstoffzellen mit großem Auf- aber quantitativ nichts Wesentliches für weiter- wand. Sie versprechen gute Wirkungsgrade gehende Verwendungen, wie etwa im Verkehr, auf Erdgasbasis und werden noch effizienter, an. Sollte man allerdings für die Kraftstoffversor- wenn sie eines Tages mit Wasserstoff betrie- gung des Verkehrs in ganz anderen Dimensio- ben werden. nen Wasserstoff über Elektrolyse herstellen müs- sen, wäre die Netzstabilisierungsfunktion ein Membran-Brennstoffzellen niederer Betriebs- eleganter Nebeneffekt für einen entsprechend temperatur müssen in der Erdgaswelt zunächst geregelten Elektrolyseurbetrieb (Abb. 4). Reformer vorschalten, um dann den so erzeug- ten Wasserstoff nutzen zu können. Für den Auch die Vorstellung von wasserstoffversorgten Klimaschutz kann dies gleichwohl ein Vorteil Brennstoffzellen in unseren Kellern zur Heizung sein, wenn ein hoher Brennstoffzellen-Wirkungs- der Wohnräume zur Warmwasserversorgung grad die vorausgehenden Umwandlungsver- 14 muss kritisch diskutiert werden, wenn wir an- luste überkompensiert.
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 15 Dr. Gerd Eisenbeiß • Wasserstoff und Brennstoffzellen FVS Themen 2004 Vergleich: Strom- und Gastransport für Offshore-Windturbinen Offshore Windfarm Gleichrichter Wechselrichter > 100 MW h = 99,4 % h = 99,4 % 1500 €/kW 60 € /kW 60 € /kW HGÜ 2 ~ h = 97 % / 1000 km 70 €/kW / 1000 km = Gesamtwirkungsgrad: 95,8 % Kosten: 1690 € /kW Abbildung 5 zeigt am Beispiel = ~ einer Offshore Wind- stromerzeugung, dass direkter Stromeinsatz günstiger ist als ein Umweg über Wasser- Gesamtwirkungsgrad: 49 % stoff, falls nicht die Kosten: 5000 € /kW Notwendigkeit zu speichern besteht. Elektrolyse Brennstoffzelle h = 70 % h = 70 % 2000 € /kW 2000 €/kW Auslastung der Übertragungsstrecke = Auslastung Wind = 3500 Volllastbetriebsstunden. Bei Teilauslastung des Elektolyseurs sinkt die Wirtschaftlichkeit entsprechend 2 HGÜ = Hochspannungs Gleichstrom Übertragung Und in Kleingeräten dürften sich die schon Wenn die so skizzierte Entwicklungs- und erwähnten ersten Märkte aus dem großen Nut- Markteinführungsstrategie zunächst auf Erdgas- zungsvorteil solcher Systeme ergeben. Deshalb basis gelingt, ist nicht nur eine Brücke in die entwickeln wir im ForschungsVerbund Sonnen- Zukunft geschlagen, in der Wasserstoff dann energie auch diese Brennstoffzellentypen mit eine größere infrastrukturelle Rolle spielen Nachdruck und kümmern uns um die Technolo- könnte; vielmehr wäre dies ein Innovations- gien einer entsprechenden Wasserstoffbereit- schritt von größter Tragweite für den Fahr- stellung. zeug- und Motorenbau. 15
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 16 Prof. Dr. Jürgen Schmid • Netzmanagement und Integration von Brennstoffzellen FVS Themen 2004 Netzmanagement und Integration von Brennstoffzellen Prof. Dr. Auf dem Weg zu einer nachhaltigen also auch Stationäre dezentrale Jürgen Schmid ökonomischen Energiewirtschaft steht neben dem effizienten Umgang mit Energie die Ent- Energiewandlung ISET jschmid@iset.uni-kassel.de wicklung und der zunehmende Einsatz rege- nerativer Energietechnologien im Mittelpunkt, Mit Brennstoffzellen können hohe Wirkungs- Dr. Tim Meyer wie beispielsweise Photovoltaik, Windenergie, grade bei der Wandlung chemischer Energieträ- Fraunhofer ISE Wasserkraft, Solar- und Geothermie oder auch ger wie Erdgas oder Wasserstoff in elektrischen tim.meyer@ise.fraunhofer.de die Nutzung von Biomasse. Es besteht die be- Strom und Wärme erreicht werden. Dabei gründete Aussicht, dass sich mittel- bis langfristig fallen bei Wasserstoff praktisch keine Schadstoff- Dr. Ludwig Jörissen ein Umbau unserer jetzigen Energiewirtschaft, Emissionen an. Aus einzelnen Zellen lassen sich ZSW die überwiegend auf fossilen Kohlenwasserstoffen leistungsangepasst Stapel zusammensetzen, ludwig.joerissen@zsw- basiert, hin zu einer solaren Stromwirtschaft mit denen kleinste Versorgungseinheiten für bw.de vollzieht. Dabei kann sich in zunehmendem Geräte bis hin zu Systemen für die Hausversor- Maße die Brennstoffzellentechnologie insbeson- gung oder für mobile Anwendungen aufgebaut dere im Verkehr sowie in der dezentralen statio- werden können. Brennstoffzellensysteme bieten nären Strom- und Wärmeerzeugung (auf Basis daher den großen Vorteil, dass sie sich der von Erdgas) entwickeln. Parallel dazu gewinnen Versorgungsaufgabe anpassen und dezentral Brennstoffzellensysteme im niedrigen Leistungs- einsetzen lassen. bereich für netzferne und portable Anwendun- gen an Bedeutung. Letztere auch als Wegberei- Für den stationären Einsatz zur kombinierten ter von Systemen in höheren Leistungsklassen. Stromerzeugung und Wärmebereitstellung in Gebäuden wird der Erfolg der Brennstoffzellen- technik insbesondere davon abhängen, wie gut und vor allem zuverlässig sich die neuen Versorgungsaggregate in bestehende Netz- und Gebäudeinfrastrukturen integrieren lassen. Dabei gilt es die spezifischen Randbedingungen für Gebäude, Gasversorgung und Stromnetz zu Strom berücksichtigen und alle Schnittstellen über Abbildung 1 Informations-/ kostengünstige Informations- und Kommunika- Kommuni- Vernetzung der kationstechnik tionstechniken für übergeordnete Handlungs- Infrastrukturen zur strukturen des zukünftigen Energiehandels Integration von Brenn- KWK verfügbar zu machen (Abb. 1). stoffzellensystemen Brennstoffzellen in Gebäude Wärmepumpen (Quelle: Fraunhofer ISE) Integration in die Gebäude Wärme/Kälte Erdgas Gebäude Etwa ein Drittel der CO2 - Emissionen in Deutschland werden durch die Bereitstellung von Niedertemperaturwärme verursacht. Über 80 % davon ist dem Raumwärmebedarf im Wohngebäudebestand zuzuordnen. Durch ver- schiedene Entwicklungen der rationellen Ener- gienutzung lässt sich dieser deutlich senken (Abb. 2). 16
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 17 Prof. Dr. Jürgen Schmid • Netzmanagement und Integration von Brennstoffzellen FVS Themen 2004 kWh / m2 0 50 100 150 200 250 300 Bestand Wärmeschutz- -25% verordnung 1995 Energieeinspar- Abbildung 2 -25% verordnung 2002 Energiebedarf von Wohngebäuden: Niedrigenergiehaus 2002 Endenergie in kWh/m2 (Quelle: Fraunhofer ISE) Raumwärme 3-Liter Haus Warmwasser Haustechnikstrom Solar-Passivhaus Haushaltsstrom Während Niedrigenergiehäuser im Neubau mitt- Systemstrukturen und lerweile zum Standard zählen, setzen sich auch Schnittstellen weitreichende Maßnahmen wie 3-Liter- oder Passiv-Häuser hier und da durch. Eine besondere Herausforderung bei der rationellen Energienut- Verfügbare Brennstoffzellenarten lassen sich zung sind Renovierungen im Gebäudebestand. grundsätzlich durch unterschiedliche Betriebs- temperaturen von 80 bis 1000 °C unterscheiden, Der mittlere elektrische Leistungsbedarf eines wobei der elektrische Wirkungsgrad mit der durchschnittlichen Haushalts beträgt zwischen Temperatur steigt (Abb. 3). Der Betrieb mit Erd- 500 und 1000 Watt. Ein darauf ausgelegtes gas erfordert eine vorgelagerte Reformierung die Aggregat führt für Niedrigenergiehäuser unge- bei Hochtemperatur-Brennstoffzellen teilweise in fähr zu einer ausgeglichenen Energiebilanz. der Brennstoffzelle selbst abläuft. Die Komplexi- Höhere Leistungsanforderungen werden sich tät des Gasprozesses zur Gewinnung von Wasser- wirtschaftlich am günstigsten über das Strom- stoff aus Erd- oder Biogas und Beseitigung von netz bereitstellen lassen. Für eine zusätzliche systemschädigenden Bestandteilen wie beispiels- Wärmeversorgung müssen dann beispielsweise weise Schwefel nimmt mit fallenden Betriebs- zusätzliche Spitzenlastkessel installiert werden. temperaturen der Brennstoffzelle zu. Flüssig- Verdampfer Brennstoffzellen-Typen Wirkungsgrad Brennstoff SOFC Abbildung 3 Erdgas Biogas Thermisch inte- 800 °C Grundlegende grierter Reformer bis 1000 °C Zusammenhänge Schwefel- entfernung verschiedener Brenn- MCFC Thermisch inte- 650 °C stoffzellentypen und 500 °C Konversion zu grierter Reformer der erforderlichen bis 800 °C H2 and Co2 Gasprozesstechnik 300 °C Konversion zu PAFC 200 °C (Quelle: ZSW) [1] bis 500 °C H2 and Co2 CO < 5 % Steigende selektive CO PEMFC 80 °C Komplexität des Oxidation CO < 10 ppm Gasprozessors 17
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 18 Prof. Dr. Jürgen Schmid • Netzmanagement und Integration von Brennstoffzellen FVS Themen 2004 In einem kompletten Niedertemperatursystem Der Anschluss an das Stromnetz erfolgt über sind einer PEM-Brennstoffzelle ein Verdichter, ein Wechselrichter, die die Gleichspannung und Reformer, ein zum Teil zweistufiger Shiftreaktor den Gleichstrom in die üblichen Wechselgrößen sowie eine Feinreinigung zur CO-Entfernung vor- des Versorgungsnetzes umwandeln. gelagert (Abb. 4). Über einen oder mehre Wär- metauscher wird die Nutzwärme ausgekoppelt und das thermische Management realisiert. CH4 + 2H2O => 4H2 + CO2 (CO) Erdgas Erdgasverdichter Reformer Shift- Reaktor HT 9 % CO 3 % CO Abbildung 4 Systemstruktur und a) Reformer-Erwärmung Schnittstellen eines Restgas b) Kat-Brenner (therm. Nutzung) Niedertemperatur- Brennstoffzellensy- stems einschließlich Gasprozessor (Quelle: ZSW) Shiftreaktor NT CO-Feinreinigung PEM-Brennstoff- Wärme zelle H2 , CO2 elektrische < Energie 0,5 % CO Luft (O2) 0,005 % CO Integration in die Gasversorgung Großkraftwerke Wind SOT PV Wasser Kohle Gas-KW Abbildung 5 Vernetzungsoptionen Übertragungsnetz auf Strom- und Gas- ebene mit zentralen Kraftwerken und Verteilungsnetz dezentralen Einheiten wie Brennstoffzellen Nieder- spannungs- (BZ) und anderen netze Kraft-Wärme-Kopp- lungsaggregaten (Motor-Generatoren, Reformer BZ BZ Reformer BZ BZ BZ 60 % Reformer BZ µT Stirling Motor- Gen. µT Stirling Motor- Gen. Mikrogasturbinen (µT), H2-Netz Stirlingmotoren) h= 30 % Reformer 60 % 30 % 30 % 30 % 30 % (Quelle: ISET) Erdgasnetz Biogasnetz Synthetische Kraftstoffe h = Wirkungsgrad / SOT = Solarthermische Kraftwerke 18
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 19 Prof. Dr. Jürgen Schmid • Netzmanagement und Integration von Brennstoffzellen FVS Themen 2004 40000 Wärme geführt: 35000 Primärenergieverbrauch (kWh/a) Brennwertkessel+Strombezug 30000 SOFC (1 kW, 29,5 %) 25000 PEM (1 kW, 28 %) Abbildung 6 PEM (2 kW, 29,5 %) Exemplarischer 20000 Systemvergleich Stirling (1 kW, 25 %) verschiedener KWK- 15000 Dampfmaschine (2 kW, 7 %) Aggregate am 10000 Beispiel eines Primärenergie geführt: Einfamilienhauses 5000 (Quelle: Fraunhofer ISE) PEM (1 kW, 28 %) 0 PEM (2 kW, 29,5 %) Integration in die Eine interessante Option sind große Reformer Gasversorgung mit höheren Wandlungsgraden (geringere Wärmeverluste), denen ein sogenanntes Mikro- Brennstoffzellen benötigen ein wasserstoffhalti- Wasserstoffnetz nachgelagert ist. Darin werden ges Gas, das in der heutigen Infrastruktur zur dann mehrere Aggregate betrieben. Der besse- Gebäudeversorgung nicht direkt verfügbar ist. re Gesamtwirkungsgrad ist aber nur gewähr- Während für Hochtemperatur-Brennstoffzellen leistet, wenn die Abwärme des Reformers weit- Methan und CO zulässig und nutzbar ist, wirkt gehend genutzt wird, z. B. als Prozesswärme in Niedertemperatur-Brennstoffzellenzellen CO oder über Absorptions-Kältemaschinen. als Katalysatorgift und Methan lässt sich darin nicht direkt nutzen. Ohne Ankopplung an Leitungsnetze lässt sich Wasserstoff vor Ort in Druckspeichern oder Aus Erdgas kann Wasserstoff durch die bereits Flüssigwasserstofftanks bereit halten. angesprochene Reformierung von Kohlenwas- serstoffen gewonnen werden. Dezentrale Refor- mer, die sich direkt am Brennstoffzellenaggre- Systemvergleich gat befinden, müssen auch thermisch in das Gesamtsystem eingekoppelt sein. Jedoch senkt Ein Vergleich verschiedener Kraft-Wärme-Kopp- der Energiebedarf für solche integrierte Kleinst- lungs-Aggregate für Einfamilienhäuser (Abb. 6) reformer den elektrischen Wirkungsgrad des belegt, dass der Primärenergieeinsatz gegen- Gesamtsystems auf etwa 30 % (Abb. 5). über dem klassischen Strombezug aus dem Damit müssen sich Brennstoffzellensysteme Netz und die Wärmebereitstellung über einen gegen andere teilweise bereits etablierte Kraft- modernen Brennwertkessel nicht unbedingt Wärme-Kopplungstechniken durchsetzen, die geringer ausfällt. Bei zu geringen elektrischen ähnliche Stromeffizienzen aufweisen [2]. Wirkungsgraden kann er sogar darüber liegen. Neben einer grundlegenden Verbesserung der Technik können hier neue primärenergiegeführ- te Regelungskonzepte Vorteile bringen. 19
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 20 Prof. Dr. Jürgen Schmid • Netzmanagement und Integration von Brennstoffzellen FVS Themen 2004 Integration in die tragen. Über Mittel- und Niederspannungs- netze gelangt der Strom schließlich in die Nie- Stromverteilungsnetze derspannungsverteilungsnetze der Verbraucher- ebene. Der Strom wird in diesem Netz im Prin- Brennstoffzellensysteme werden über den Haus- zip von oben nach unten verteilt [3]. anschluss in das öffentliche Wechselspannungs- netz (400V/230V, 50Hz) eingebunden. Moder- Dezentrale Mikrokraftwerke, die es in Form der ne Wechselrichter formen aus Gleichstrom Windenergieanlagen, Blockheizkraftwerken und durch hochfrequentes moduliertes Ein- und Photovoltaikanlagen seit einigen Jahren immer Ausschalten von Leistungstransistoren sinusför- häufiger gibt, ersetzen mehr und mehr Anteile mige Ausgangsspannungen und Ströme. Zur der Energieerzeugung konventioneller Kraftwer- Anpassung der geringen Eingangsspannungen ke. Messtechnisch werden sie daher als „nega- sind zusätzlich Transformatoren erforderlich. tive Last” registriert. Viele Energieversorungsun- Die Qualität der Netzgrößen bleibt dabei erhal- ternehmen (EVU) sehen daher in der Stromein- ten. Mit entsprechenden Regelverfahren lässt speisung eine zusätzliche Erzeugung, die das sich sogar eine Steigerung der Netzqualität bestehende ausgeklügelte System der Bereit- erreichen. stellung von Energie stören könnte. Sie argumen- tieren mit der fluktuierenden Einspeiseleistung. Eine interessante Option ist, einen kleinen elek- Da nicht einplanbar sei, wann die Sonne scheint trochemischen Speicher in das Wechselrichter- oder der Wind weht, müssten von den Netz- system zu integrieren. Zusätzliche Steuerungs- Betreibern teure Regelleistungen bereitgestellt und Regelungsfunktionen würden damit den werden. Doch mit den heute verfügbaren Inselbetrieb und so die zusätzliche Dienstlei- leistungsfähigen Wetter-Prognosesystemen, stung eines Ersatzbetriebes bei Netzausfällen die das ISET entwickelt hat, lassen sich derartige für die wichtigsten Verbraucher ermöglichen. Probleme lösen oder zumindest stark minimie- ren. Hinzu kommt, dass elektrische Stromnetze In der historisch gewachsenen Infrastruktur der heute mit Hilfe von Informationstechnologien Stromversorgung wird die in großen zentralen so gemanagt werden können, dass ihre Stabi- Kraftwerken erzeugte Energie über Hochspan- lität absolut gewährleistet bleibt. Dies wird im nungstrassen in die Verbrauchsregionen über- Folgenden beschrieben: überregional regional Energiebörse Energiehandel Netzleitstelle (Trading) EMS Abbildung 7 Anlagen Mögliche zukünftige Betreiber virtueller KW Kommunikations- EMS EMS EMS EMS EMS und Handelsstruk- turen im Bereich elektrischer Energie dezentral (Quelle: RWEnet, EUS) Netzleitstelle dezentrale Erzeuger Lastmanagement Anlagen EMS = Energiemanagement System 20
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 21 Prof. Dr. Jürgen Schmid • Netzmanagement und Integration von Brennstoffzellen FVS Themen 2004 Netzmanagement und Energiehandel Photovoltaik Hausbesitzer werden künftig verstärkt auch Er- PV-Wechselrichter zeuger von Strom sein und EVUs werden Strom von ihnen kaufen. Die Rollen, von Erzeuger und Abnehmer von Strom, Kunden und Produzen- ten werden zukünftig flexibler. Denn immer mehr Kleinstkraftwerke, wie z. B. KWK-Aggrega- Verbraucher te mit Brennstoffzellen, speisen Energie ins Netz Netzbetreiber ein. Deshalb ist es erforderlich, alle Beteiligten Energieversorger mit einem Kommunikationssystem zu verknüp- Internetanbieter fen, damit Anbieter und Nachfrager in ein Han- Brennstoffzelle delsgeschäft eintreten können und Energiebör- sen neue Freiheitsgrade gewinnen (Abb. 7). Gasnetzbetreiber Der Strompreis wird sich auch in Zukunft an Angebot und Nachfrage orientieren. In der Grundlast kostet der Strom heute 1,5 bis 3 Cent Zusammenfassung Abbildung 8 je Kilowattstunde (ohne Kosten für Verteilung Bidirektionales und Handel), während er in Kalifornien wäh- und Ausblick Energie-Management- rend der Energiekrise in Zeiten der Spitzen Interface (BEMI) als belastung auf bis zu 12 Dollar je Kilowattstunde Für den wirtschaftlichen Betrieb von stationären zukünftiger Ersatz für hochschnellte. Die Preisunterschiede können Brennstoffzellensystemen ist neben einem ho- den heutigen Haus- Verbraucher für sich nutzen. Beispielsweise hen elektrischen Wirkungsgrad ein hoher Wärme- anschlusskasten können Kühlgeräte mit guter Wärmedämmung nutzungsgrad von entscheidender Bedeutung. (Quelle: ISET) längere Zeiten zwischen den Einschaltprozessen Auch andere innovative Wandlungsaggregate des Kompressors überbrücken. Über ein neues auf der Basis von Mikrogasturbinen, Dampf- bidirektionales Energie-Management-Interface maschinen oder Stirlingmotoren haben gute (Abb. 8) kann ein Kühlschrank dann via Internet Marktchancen. (zum Beispiel aus der Steckdose über eine Power- line-Kommunikation) oder andere Kommunika- Mittelfristig werden stationäre Brennstoffzellen tionswege den aktuellen Strompreis abfragen nicht direkt mit Wasserstoff, sondern über und mit seiner Kältereserve abgleichen, um im Erdgas versorgt. Erst wenn der Strom zu über richtigen Moment zu einem attraktiven Preis zwei Dritteln aus erneuerbaren Energien kommt, Energie einzukaufen, in Kälte zu verwandeln und alle Potenziale der Anlagen- und Lastbetriebs- zu speichern. Das Potenzial allein für solche führung ausgeschöpft und andere dezentrale Maßnahmen des Demand-Side-Managements Speichertechnologien ausgeschöpft sind, wird bei Kühlsystem im Lebensmittelhandel sowie bei die Speicherung von Strom in Wasserstoff in Heizungspumpen wird in Deutschland insgesamt Betracht kommen. Denn bei diesen Umwand- auf 10 bis 15 % des Verbrauchs geschätzt. lungsprozessen gehen mit heutigen Technolo- gien fast noch 2/3 der Energie verloren. Wenn der Strombedarf steigt, ist es denkbar, dass Stromanbieter nicht ein Spitzenlastkraftwerk Welche Anteile Brennstoffzellen im Bereich der wie eine Gasturbine oder ein Pumpspeicher- stationären dezentralen Strom- und Wärmever- kraftwerk anfahren, sondern dass sie beispiels- sorgung von Ein- und Mehrfamilienhäusern, Bü- weise aus Blockheizkraftwerken in Wohnhäusern ros, Handwerksbetrieben und der Industrie errei- Strom kaufen [4]. Die dabei anfallende Wärme chen werden, hängt neben den Faktoren Wirt- kann wesentlich einfacher und kostengünstiger schaftlichkeit, Qualität und Zuverlässigkeit insbe- als Strom gespeichert und zu einem späteren sondere von der sorgfältigen und verlässlichen Zeitpunkt verfügbar gemacht werden. Integration in die Gebäudesystemtechnik ab. 21
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 22 Prof. Dr. Jürgen Schmid • Netzmanagement und Integration von Brennstoffzellen FVS Themen 2004 Eine weitere Optimierung komplexer Teilsyste- me der Gas-, Strom- und Wärmeversorgung kann die Entwicklung deutlich beschleunigen. Mit Hilfe neuer, digitaler Informationstechnik und aufgrund eines liberalisierten Marktes mit eigenständig agierenden Anbietern und Abneh- mern werden die neuen Energieerzeuger zu- künftig in das Stromnetz integriert. Das Strom- netz, welches bisher einer Einbahnstraße glich, wird zu einem Energiemarkt, auf dem bisherige Abnehmer auch zu Anbietern und bisherige Produzenten auch zu Nachfragenden werden können. Literatur [1] B.C.H. Steel, Natur 1999 [2] Vetter, M.; Wittwer, C.; Dynamic modeling and investigation of residential fuel cell cogeneration systems, 16. Internationales Kolloquium über Anwendungen der Infor- matik und der Mathematik in Architektur und Bauwesen, Bauhaus Universität Weimar, 2003 [3] Degner, T.; Engler, A.; Schmid, J.; Strauß, P.; Viotto, M.; Meyer, T.; Erge, T.; Integration Erneuerbarer Energien in Versorgungsstrukturen - Inhalte Europäi- scher Forschungsprojekte, 18. Symposium Photovoltaische Solarenergie, Staffelstein, 2003 [4] Bendel, C.; Die Rolle der Photovoltaik im Strommanagement, Die Zukunft der Photovoltaik, Dornbirn, Juni 2004 22
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 23 Dr. Hans-Joachim Neef • Internationale Entwicklungen der Wasserstofftechnologie FVS Themen 2004 Internationale Entwicklungen der Wasserstofftechnologie Warum Wasserstoff ? Motoren, Turbinen, Brennern und nicht zuletzt Dr. Hanns -Joachim Brennstoffzellen in Dienstleistungen wie Mobili- Neef Warum beschäftigen wir uns mit den Wasser- tät, Strom, Wärme umgewandelt wird. Wenn Projektträger Jülich stofftechnologien? Sie versprechen uns sichere dazu noch der Wasserstoff umweltfreundlich h.j.neef@fz-juelich.de Energieversorgung, Mobilität und andere Dienst- hergestellt wird – was das bedeutet, wird noch leistungen, ökonomische Vorteile wie Techno- zu prüfen sein – haben wir Grund zur Freude: Dr. Neef ist Co Chair des logieführerschaft, Wirtschaftswachstum, Arbeits- Die gesamte Kette von der Herstellung des IPHE (Implementation and plätze sowie einen kräftigen Beitrag zum lokalen Wasserstoffs über die Speicherung und den Liason Commitee of the und globalen Umweltschutz. All das wird oft Transport bis zum Endverbraucher ist aus glo- Intenational Partnership for unter dem Begriff der Nachhaltigkeit zusammen- baler und lokaler Sicht eine ideale Option. the Hydrogen Economy) gefasst. Hinzu kommt, dass wir im Verkehrssektor stark Deutschland hat sich schon früh mit Wasserstoff von importiertem Öl abhängig sind. Das ist bei als Energieträger und Speichermedium beschäf- 50 $ pro Barrel (im Oktober 2004) nicht nur tigt. Die elegante Option, Wasserstoff CO2-frei eine Frage der Kosten des Ölimports, sondern herzustellen, diesen zu speichern und zu ver- noch mehr eine Frage der Versorgungssicherheit. wenden, wo und wann der Verbraucher ihn be- Alle Länder, die langfristig nicht über eigenes nötigt, war und bleibt verführerisch. Wasserstoff Öl verfügen, streben danach, den Verkehrssek- eröffnet also räumliche und zeitliche Freiheits- tor unabhängig vom Öl zu machen. Das kann grade, die die Elektrizität nicht so leicht bietet. durch den Einsatz von Wasserstoff erreicht wer- den. Die sichere Energieversorgung ist wohl Ein weiterer Grund ist die umweltfreundliche die Hauptmotivation für die USA, sich intensiv Verwendung des Wasserstoffs, dort wo er in mit der Wasserstoffoption zu beschäftigen. Wasserkraft Solarthermie SOFC-Brennstoffzellen für örtliche Versorgung der Windturbienen Haushalte mit Warmwasser und Wärme Biomasse Eine Hausstrom- und Photovoltaikanlage Hauswärmeversorgung mit PEM-Brennstoffzellen Brennstoffzellen auf Schiffen H2 für den Antrieb und in Abbildung 1 Hilfskraftanlagen Darstellung einer Energieversorgung mit MCFC- oder SOFC/GUD-Kraftwerken „Wasserstoffwelt” als Anlage zur Wasserstofferzeugung H2 Energiemix aus Erdgas CO2 und erneuerbaren Versorgung der verarbeitenden Industrie mit Prozesswärme und -strom Energien Wasserstofftankstelle Erdgas Erschöpftes Salzhaltiges Grundwasser Gasvorkommen in großer Tiefe 23
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 24 Dr. Hans-Joachim Neef • Internationale Entwicklungen der Wasserstofftechnologie FVS Themen 2004 Ob diese Beschäftigung zu einer Wasserstoff- wirtschaft führen wird, hängt aber noch von Nachhaltige Entwicklung vielen Entscheidungen ab. Was ist nötig, um noch über geplante, fortschrittliche Politikszenarien hinaus zu gehen? Wasserstoffwirtschaft Politische Anreize für eine weitergehende Reduktion von CO2 - Emissionen Abbildung 3 Es gibt also eine Menge guter Gründe, sich Politische Anreize mit Wasserstoff zu beschäftigen. Warum also Ein Portfolio an Technologien, um und Technologie- gibt es die Wasserstoffwirtschaft noch nicht? Giga-Tonnen an CO2 zu vermeiden: entwicklungen für Die Barrieren sind die hohen Kosten der Kom- • Energieeinsparung, effiziente eine nachhaltige ponenten einer Wasserstoffwirtschaft (zum Bei- Umwandlungs- und Endverbrauchs- Entwicklung spiel der Brennstoffzellen), die hohen Kosten für techniken eine Wasserstoffinfrastruktur, die von der Inter- • Erneuerbare Energien nationalen Energieagentur auf 1 bis 5 Billionen $ geschätzt wurden. Auch Kundenorientierung • CO2 Abtrennung und -Speicherung und Betriebszuverlässigkeit der Endprodukte • Wasserstofftechnologien wie zum Beispiel von Brennstoffzellen-BHKWs, Abbildung 2 Hausversorgungsanlagen, Wasserstoffbussen • Fortschrittliche Übertragungs- „Das magische und Personenkraftwagen müssen gewähr- und Verteilungstechnologien für alle Energieträger Dreieck der Nach- leistet sein. haltigkeit”: Der Kreis • ... neue Ideen und Grundlagenforschung versinnbildlicht die Die Ziele des magischen Dreiecks der Nachhal- Verbindung der ein- tigkeit – Energieversorgungssicherheit, Wirt- zelnen Nachhaltig- schaftlichkeit, Umweltschutz – sind nicht zu er- keitskriterien. reichen, wenn wir so weitermachen wie bisher. Die Wasserstofftechnologie steht dabei aller- dings nicht an allererster Stelle. Stattdessen müssen wir bei der Energieeffizienz anfangen. Dann kommen die erneuerbaren Energien, die CO2 -Abtrennung und -Speicherung, die Ökonomie Wasserstofftechnologien, die fortschrittliche wirtschaftliche Übertragungs- und Verteilungstechnologien für Entwicklung alle Energieträger, die fortschrittlichen Kernreak- toren (eine Option, die für Deutschland zurzeit nicht in Frage kommt) sowie die Fusion. Last Nachhaltigkeit but not least brauchen wir neue Ideen und Grundlagenforschung, die die Energietechno- logie beflügeln soll. Hier kommt unter anderen Versorgungs- Ökologie der Helmholtzgemeinschaft und den Mitglie- sicherheit Umweltschutz dern des FVS eine Schlüsselfunktion zu. Versorgung und Bedarf Wasserstoff lässt sich leider nicht wie Erdöl oder Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht Erdgas gewinnen, er muss hergestellt werden. ziehen, um optimale Lösungen zu erreichen. Heute wird der Wasserstoff vorwiegend aus Wir müssen ein umfangreiches Portfolio an Erdgas hergestellt. Das dabei entstehende CO2 Technologien betrachten, da keine einzelne wird in die Atmosphäre abgegeben. Es gibt Technologie uns den Königsweg aus dem aber drei Wege, den Wasserstoff CO2 - frei 24 business-as-usual Szenario verspricht. herzustellen:
b_uebersichtsv_end.qxd 13.04.2005 10:40 Uhr Seite 25 Dr. Hans-Joachim Neef • Internationale Entwicklungen der Wasserstofftechnologie FVS Themen 2004 1. erneuerbare Energien (und hier sowohl Pro 100 km verbraucht ein Auto etwa 1kg direkt als auch über die Elektrolyse) Wasserstoff, dies entspricht etwa 10.000 Litern 2. Kernenergie gasförmigen Wasserstoffs. Deshalb stellt seine 3. fossile Energieträger mit Speicherung in kleinen, insbesondere mobilen Abscheidung und Lagerung des Tanks ein Problem dar. entstehenden CO2 Da auch die energetische Betrachtung eine Natürlich würden wir alle gerne sehen, dass Rolle spielt, also die Frage, wie viel Energie wird Wasserstoff mit Hilfe der erneuerbaren Energien gebraucht, um Wasserstoff zu komprimieren in großen Mengen zu wettbewerbsfähigen Prei- oder zu verflüssigen, sind neue Verfahren der sen in den Markt kommen würde. Aber es ist zu chemischen oder physikalischen Speicherung in beachten, dass aus den erneuerbaren Energien Metallhydriden oder Nano-Strukturen die Hoff- zuerst einmal Strom hergestellt wird. Diesen nungsträger für die Zukunft. Ein echter Durch- Strom zu nutzen, muss die erste Aufgabe sein. bruch zu kommerziellen Produkten ist hier aber Ihn in Wasserstoff umzuwandeln heißt, Investi- noch nicht gelungen, hier soll und kann die tionen für die Elektrolyse zu tätigen und Ener- Grundlagenforschung, auch in internationaler gieverluste in Kauf zu nehmen. Das wird man Zusammenarbeit, hilfreiche Beiträge leisten. erst dann tun, wenn billiger Strom aus Erneuer- baren zur Verfügung steht. Es wird also in allen seriösen Szenarien angenommen, dass dies erst Brennstoffzellen in einigen Jahrzehnten der Fall sein wird. Die heute meist beachtete Technologie zur Ähnlich sieht es aus mit der Technik der CO2- Nutzung des Wasserstoffs ist die Brennstoffzelle. Abtrennung und seiner Speicherung in geologi- schen Schichten. Auch hier wird es noch Jahr- Es gibt verschiedene Typen von Brennstoffzellen. zehnte dauern, bis die Technik so weit entwickelt Allen Typen gemeinsam ist, dass sie elektroche- ist und öffentliche Akzeptanz findet, dass sie in misch aus Wasserstoff und Sauerstoff Strom und großem Maßstab eingesetzt werden kann und Wärme produzieren. Dabei muss nicht allen in den weltweiten Statistiken der CO2-Emissio- Typen der Brennstoffzelle Wasserstoff in reiner nen und deren Vermeidung zu sehen ist. Form zugeführt werden. Die auf hohem Tempe- Aus Szenarien des US-Department of Energy, raturniveau arbeitenden Zellen können den des britischen Department of Trade and Indu- Wasserstoff quasi „in-situ“ aus wasserstoffhalti- stry, des dänischen Forschungszentrums RIS∅ gen Energieträgern wie Erdgas, Methanol, Bio- und vielen anderen Untersuchungen sieht man, gas, Kohlegas etc. herstellen. Die Abb. 4 zeigt, dass die internationale Einschätzung über die wie die einzelnen Brennstoffzellentypen sich Möglichkeiten der CO2 - freien Wasserstoffher- hinsichtlich einiger Komponenten und Betriebs- stellung ziemlich einheitlich gesehen werden. daten unterscheiden. Eigentlich sollte man Vom technischen Standpunkt aus gesehen ist unter dem Thema dieses Vortrags nur über die natürlich die CO2 - freie Herstellung von Wasser- Brennstoffzellentypen sprechen, die nur mit stoff aus Kernenergie mit Hilfe der Elektrolyse reinem Wasserstoff betrieben werden können, heute schon möglich. Ob das wirtschaftlich denn nur sie sind ein integraler Teil der Wasser- Sinn macht sei dahingestellt, da wir die Option stoffwirtschaft. Oder anders ausgedrückt: Was- Kernenergie nicht im deutschen Portfolio haben. serstoff und Brennstoffzellen erschließen unab- hängig voneinander energiewirtschaftliche und Also wird der Option der Wasserstoffwirtschaft ökologische Vorteile. Sie lassen sich zu beson- am besten geholfen, wenn die Erneuerbaren ders energieeffizienten Lösungen kombinieren. ausreichend gefördert werden. Weiterhin werden für die Wasserstoffanwen- Die Speicherung von Wasserstoff ist ein wei- dung Verbrennungsmotoren, Brenner und Tur- teres Feld der Forschung. Wasserstoff ist bei binen sowohl für den Verkehr zu Land, Wasser Raumtemperatur gasförmig und beansprucht und Luft, als für stationäre Strom- und Wärme- ein großes Volumen: erzeugung entwickelt. 25
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