Wasserzins - Wasserzins regelung ab 2020 - Schweizerische ...

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Wasserzins - Wasserzins regelung ab 2020 - Schweizerische ...
1 / 2017   6. M Ä R Z 20 17
                              Sonderdruck von

wasserzins
           – Reformbedarf im neuen Marktumfeld
           – Flexibilisierung als Chance
             für alle Beteiligten
           – Wirtschaftlichkeit der
             Schweizer Wasserkraft

                    Wasserzinsregelung
                    ab 2020
Wasserzins - Wasserzins regelung ab 2020 - Schweizerische ...
I N H A LT

             inhalt.
             impressum.

             Wasserzins                                                     Impressum

                    4       Der Wasserzins – Reformbedarf
                            im neuen Marktumfeld
                            Dieser Artikel ist in der Zeitschrift «Wasser
                                                                            «Wasserzinsregelung ab 2020»
                                                                            Sonderdruck

                            Energie Luft» 108. Jahrgang, 2016, Heft 3       Herausgeber, Konzept und Redaktion
                            (Seiten 173-180), unter dem gleichen Titel      Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband (SWV),
                            erschienen. Die Originalpublikation ist         CH-5401 Baden
                            erhältlich auf www.swv.ch                       Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE),
                                                                            CH-5001 Aarau

                 14         Flexibilisierung der Wasserzinse –
                            eine Chance für alle
                            Dieser Artikel ist in der Zeitschrift
                                                                            swisselectric, CH-3001 Bern

                                                                            Auflage
                            «bulletin.ch» 108. Jahrgang, 2017, Heft 1 / 2   8000 Ex.
                            (Seiten 29-33), unter dem gleichen Titel
                            erschienen. Die Originalpublikation ist         Originalartikel / Nachdruck
                            erhältlich auf bulletin.ch                      Die im Sonderdruck zweitpublizierten Beiträge sind mit Ge-
                                                                            nehmigung der Originalzeitschriften abgedruckt. Nachdruck

                 19         Wirtschaftlichkeit der Wasserkraft
                            in der Schweiz
                            Dieser Artikel ist in der Zeitschrift
                                                                            nur mit Zustimmung der Herausgeber und nach Rücksprache
                                                                            mit den Originalzeitschriften.

                            «WasserWirtschaft» 107. Jahrgang, 2017,         Layout
                            Heft 1 (Seiten 33-38), unter dem gleichen       Somedia Production AG, Zwinglistrasse 6, CH-8750 Glarus
                            Titel erschienen. Die Originalpublikation ist   www.somedia-production.ch
                            erhältlich auf springerprofessional.de
                                                                            Druck
                                                                            Somedia Production AG, Sommeraustrasse 32, CH-7007 Chur
                                                                            www.somedia-production.ch

      2      sonderdruck wasserzins 1 / 2017
Wasserzins - Wasserzins regelung ab 2020 - Schweizerische ...
E D I TO R I A L

                                                                      Wasserkraft
                                                                      60 Prozent des in der Schweiz produzier-
                                                                      ten Stroms stammen aus Wasserkraft.
                                                                      Sie belegt in der Stromversorgung der
                                                                      Schweiz eine unangefochtene Spitzen-
                                                                      position. Und ihre Bedeutung wird in
                                                                      Zukunft weiter zunehmen, der aktuell
                                                                      schwierigen wirtschaftlichen Situation
                                                                      zum Trotz.

            Für eine Wasserkraft
            ohne Sand im Getriebe
            W
                        ir schreiben das Jahr 1916: In Europa tobt    produzenten hängen, welche die Abgabe in Tiefpreis­
                        der erste Weltkrieg, Kaiser Franz Josef I.    phasen nicht erwirtschaften können und Verluste
                        von Österreich stirbt, François Mitterrand    schreiben. Damit bricht die ursprüngliche Idee einer
            wird geboren und Zar Niklaus II. regiert in Russland.     Abgabe, die vom Konsumenten an die Standortkan­
            Und in der Schweiz ... wird der Wasserzins ins Bundes­    tone und –gemeinden bezahlt wird, in sich zusam­
            recht aufgenommen. Das Ziel: Mit einem neuen Was­         men. Und die Schweizer Wasserkraft wird übermäs­
            serrechtsgesetz die Gewinnung und Verwertung der          sig stark mit Abgaben belastet, was deren nationale
            einheimischen Wasserkraft zu fördern und der Ver­         und internationale Wettbewerbsfähigkeit untergräbt.
            teuerung des Stroms aus Wasserkraft Grenzen zu set­          Die noch bis Ende 2019 geltende Regelung mit
            zen. Das gesetzliche Wasserzinsmaximum wurde in           einem fixen Wasserzinssatz wird den heutigen regu­
            den vergangenen hundert Jahren dennoch mehrfach           latorischen und ökonomischen Gegebenheiten nicht
            nach oben angepasst. Dies insbesondere aufgrund der       mehr gerecht. Es braucht eine faire und zukunfts­
            Teuerung, zuletzt aber auch unter dem Eindruck stei­      fähige Neuregelung, die für die Standortkantone
            gender Strompreise und des vermeintlich gestiegenen       und -gemeinden wie auch für die Wasserkraftbetrei­
            Wertes der Ressource. So haben sich die Wasserzinse       ber tragbar ist. Zielführend ist eine Flexibilisierung
            allein in den letzten zwei Jahrzehnten verdoppelt und     der Wasserzinse mit einem fixen Teil für die im nati­
            sind zu einem bedeutenden Kostenfaktor für die Was­       onalen Interesse stehende Nutzung der Ressource
            serkraftproduktion geworden.                              und einem variablen, marktpreisabhängigen Teil für
               Seit 1916 hat sich die Welt verändert – auch für die   den betriebswirtschaftlichen Zusatznutzen. Nur so
            Schweizer Wasserkraft: Heute definiert die Preisbil­      stehen die Wasserzinse auch für die nächsten hun­
            dung am europäischen Strommarkt den Wert der              dert Jahre auf einer nachhaltigen Basis. Und nur so
            Ressource Wasser zur Stromproduktion. In der lan­         kann die Wasserkraft ihren entscheidenden Beitrag
            gen Geschichte des Wasserzinses ist dies ein eigentli­    an die Eigenversorgung und damit an die Versor­
            cher Paradigmenwechsel. Denn bis zur Öffnung des          gungssicherheit der Schweiz ohne Sand im Getriebe
            Endkundenmarktes im Jahre 2009 trugen alle                leisten.
            Schweizer Endverbraucher die Wasserzinse als Teil
            der Gestehungskosten der Wasserkraft solidarisch.         Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband
            Das ist seither nicht mehr möglich: Die Last bleibt       Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen
            stattdessen an den im Markt stehenden Wasserkraft­        swisselectric
Bild: KWO

                                                                                                sonderdruck wasserzins 1 / 2017    3
Wasserzins - Wasserzins regelung ab 2020 - Schweizerische ...
WA S S E R Z I N S | AU S «WA S S E R E N E R G I E LU F T» 3/ 2 0 16

           Der Wasserzins – Reform-
           bedarf im neuen Marktumfeld
           T E X T R O G E R P FA M M AT T E R , M I C H E L P I OT

           1. Geschichte des Wasserzinses                             Wasserkraftpotenzial zur Erzeugung         zzKanton Wallis: Bei den kantonalen
                                                                      elektrischer Energie zu verwerten»         Werken an der Rhone fliessen 100 %
           1.1 Grundlagen                                             (BWG, 2002). Das Gesetzgebungsrecht        der Wasserzinse an den Kanton. Bei
           Vor hundert Jahren ist das «Bundesge­                      wurde dem Bund übertragen, «damit er       Kraftwerken in den Seitentälern
           setz über die Nutzbarmachung der                           die Gewinnung und Verwertung der           fliessen die Einnahmen des Wasserz­
           Wasserkräfte» (Wasserrechtsgesetz,                         Wasserkräfte fördere. Der Gesetzgeber      inses zu 60 % als «besondere Wasser­
           WRG, SR 721.80) in Kraft getreten. Als                     hat daher die Aufgabe, der fiskalischen
           Grundlage diente der damalige Art.                         Belastung der Wasserwerke eine
           24bis der Bundesverfassung (heute Art.                     Grenze zu setzen» (Bundesrat, 1912).        Wie wird der Wasserzins
           76), der in der Volksabstimmung vom                        Damit wird festgelegt, dass sowohl auf      berechnet?
           25. Oktober 1908 mit über 85 % Ja-Stim­                    die Gesamtinteressen des Landes zur         Der maximal zulässige Wasserzins
           men angenommen und am 22. Dezem­                           Nutzung der einheimischen Wasser­           für ein Wasserkraftwerk ergibt sich
           ber 1908 in die Verfassung aufgenom­                       kraft als auch auf die Bedürfnisse der      aus der mittleren Bruttoleistung
           men wurde. Darin ist festgehalten, dass                    Wasserherkunftsgebiete Rücksicht zu         multipliziert mit dem Maximum des
           die Nutzbarmachung der Wasserkräfte                        nehmen und somit eine Interessenab­         Wasserzinssatzes gemäss Wasser­
           unter der Oberaufsicht des Bundes                          wägung notwendig ist.                       rechtsgesetz:
           steht und der Bund «die zur Wahrung                           In der Botschaft des Bundesrates         Wasserzins [CHF] =
           der öffentlichen Interessen und zur                        wurde vorgeschlagen, das Maximum            max. Wasserzinssatz [CHF/kWB] ×
           Sicherung der zweckmässigen Nutz­                          des Wasserzinssatzes auf 3 CHF/PS fest­     mittlere Bruttoleistung [kWB]
           barmachung der Wasserkräfte erfor­                         zusetzen, was in etwa der damaligen
           derlichen allgemeinen Vorschriften»                        Regelung des Kantons Bern entsprach         Die mittlere Bruttoleistung eines
           aufstellt. Die Regelung der Nutzbarma­                     und deutlich tiefer lag als in anderen      Wasserkraftwerks wiederum berech­
           chung der Wasserkräfte steht aber                          Kantonen. Um eine Ablehnung des             net sich aus dem nutzbaren Gefälle
           gemäss Bundesverfassung den Kanto­                         Gesetzes durch eine drohende Vermin­        und der durchschnittlich nutzbaren
           nen zu und «die Gebühren und Abga­                         derung der Einnahmen in einzelnen           Wassermenge, die von der Anlage
           ben für die Benutzung der Wasser­                          Kantonen zu vermeiden, wurde in der         gefasst und verarbeitet werden kann:
           kräfte gehören den Kantonen oder den                       am 22. Dezember 1916 in Kraft gesetzten     Mittlere Bruttoleistung [kWB] =
           nach der kantonalen Gesetzgebung                           Version des Gesetzes ein Höchstansatz       9,81 [m/s2] × 1000 [kg/m3] × mittlere
           Berechtigten».                                             von 6 CHF/PS (entsprechend 8.16 CHF/        nutzbare Wassermenge [m3/s] ×
              Mit der Botschaft vom 19. April 1912                    kW B) verankert, was verhältnismässig       mittlere nutzbare Fallhöhe [m]
           (Bundesrat, 1912) wurden die Grundla­                      hoch war. Am 1. Januar 1918 trat die
           gen des Wasserrechtsgesetzes und                           dazugehörige Verordnung über die            Die nutzbare Wassermenge ent­
           damit des Wasserzinses geschaffen, die                     Berechnung des Wasserzinses (Was­           spricht dem effektiv zufliessenden
           auch heute noch weitestgehend Bestand                      serzinsverordnung, WZV, SR 721.831) in      Wasserdargebot, das durch die Anla­
           haben. Gemäss allgemeinem Verständ­                        Kraft. Darin ist die Methodik der           ge technisch gefasst und turbiniert
           nis handelt es sich beim Wasserzins um                     Berechnung detailliert beschrieben          werden kann. Da sich dieses Wasser­
           «eine öffentliche Abgabe für das mit der                   (siehe Textbox folgende Seite).             dargebot Jahr für Jahr verändert,
           Konzession eingeräumte Sondernut­                                                                      ist der Wasserzins nicht fix, sondern
           zungsrecht an einem öffentlichen                           1.2 Föderalistische Lösung                  wird von den Behörden gemäss den
           Gewässer, nämlich für das Recht, ein                       Das Wasserrechtsgesetz des Bundes           nutzbaren Wassermengen berechnet.
                                                                      legt nur den maximalen Wasserzins­
                                                                      satz und die Berechnung des Wasser­         Weil die Berechnung des Wasser­
             Verwendete Abkürzungen                                   zinses fest. In der Ausgestaltung sind      zinses auf die Bruttoleistung und
             CHF: Schweizer Franken                                   die Kantone jedoch frei, was zu erhebli­    somit auf das Leistungspotenzial der
             Rp./kWh: Rappen pro Kilowattstunde                       chen Unterschieden in den einzelnen         Anlage abstellt, fliesst weder der Wir­
             kWB, MWB: Bruttoleistung in                              kantonalen Wasserrechtsgesetzen             kungsgrad der Anlage in die Berech­
             Kilo- bzw. Megawatt                                      führt – vor allem in Bezug auf die Ver­     nung ein noch wird berücksichtigt,
             PS: Bruttopferdekraft (1 PS = 0,74 kW)                   teilung der Einnahmen auf die Gemein­       ob die Anlage effektiv produziert
             TWh: Terawattstunden (1TWh =                             wesen. Nachfolgend werden beispiel­         oder beispielsweise wegen einer
             109 kWh)                                                 haft die Regelungen der grössten            Revision stillsteht.
                                                                      Wasserzinskantone aufgeführt:

      4    sonderdruck wasserzins 1 / 2017
Wasserzins - Wasserzins regelung ab 2020 - Schweizerische ...
AU S «WA S S E R E N E R G I E LU F T» 3/2 016 | WA S S E R Z I N S

kraftsteuer» an den Kanton und zu                        Wasserzins entspricht ab einer Brutto­                                                                                                    Eine vollständige Übersicht über die
40 % an die Gemeinden. Ein Teil der                      leistung von über 2 MW B dem bundes­                                                                                                    gesetzlichen Grundlagen in den einzel­
Gesamteinnahmen geht zweckge­                            rechtlichen Höchstansatz. Im Kanton                                                                                                     nen Kantonen findet sich in einer Stu­
bunden an gesetzlich vorgesehene                         Bern ist allerdings aktuell noch ein Vor­                                                                                               die zur Wasserkraftnutzung im Alpen­
Fonds (1) zur Finanzierung des Akti­                     stoss zur Reduktion des anwendbaren                                                                                                     raum (Wyer, 2006).
enkapitals der Forces Motrices Valai­                    Satzes hängig (vgl. dazu Abschnitt 4.1).
sanne (FMV) durch den Kanton, (2)                        Ebenfalls noch zu behandeln ist ein                                                                                                     1.3 Entwicklung der Bemessung
zum Rückkauf von Wasserkraftanla­                        Vorstoss, der den Standortgemeinden                                                                                                     Das Maximum des Wasserzinssatzes
gen durch den Kanton, und (3) zur                        einen Anteil der Wasserzinseinnah­                                                                                                      ist seit 1918 bereits sieben Mal erhöht
Korrektion und zum Unterhalt der                         men zuteilen möchte.                                                                                                                    worden (siehe Bild 1). Nachfolgend fin­
Gewässer.                                                zzKanton Uri: Im Gewässernutzungsge­                                                                                                    det sich ein historischer Überblick über
zzKanton Graubünden: Eigentümer                          setz werden die öffentlichen Kantons-                                                                                                   die in den jeweiligen Botschaften des
von Kraftwerkanlagen haben jährlich                      und Korporationsgewässer namentlich                                                                                                     Bundesrates festgehaltenen Beweg­
den Verleihungsgemeinden einen Was­                      aufgeführt. Die Wasserzinse kommen                                                                                                      gründe und Diskussionen zu den Erhö­
serzins und dem Kanton eine Wasser­                      entsprechend dieser Auflistung dem                                                                                                      hungsschritten:
werksteuer zu entrichten. Der von den                    Kanton oder den beiden Korporationen                                                                                                    zzIn der Botschaft vom 18. November
Gemeinden festgesetzte Wasserzins                        Uri und Urseren zugute, wobei der Kan­                                                                                                  1951 (Bundesrat, 1951) zur erstmaligen
darf die Hälfte des jeweiligen bundes­                   ton rund 90 % einnimmt und die Korpo­                                                                                                   Erhöhung des Maximalsatzes argu­
rechtlichen Wasserzinsmaximums                           rationen 10 %.                                                                                                                          mentierte der Bundesrat vor allem mit
nicht übersteigen. Der Kanton erhebt                     zzKanton Glarus: Gemäss kantonalem                                                                                                      der Anpassung des Satzes an die allge­
eine Wasserwerksteuer in der Höhe der                    Energiegesetz beträgt die Wasserwerk­                                                                                                   meine Teuerung. In seiner Interessen­
Hälfte des jeweiligen bundesrechtli­                     steuer, die dem Kanton zugutekommt,                                                                                                     abwägung kam er zum Schluss, dass
chen Wasserzinsmaximums. Mit                             55 % des jeweiligen bundesrechtlichen                                                                                                   die Erhöhung i) keine Erhöhung der
einem innerkantonalen Finanzaus­                         Wasserzinsmaximums. Der Rest                                                                                                            Energiepreise rechtfertigen lasse und
gleich, in den die wasserzinsberechtig­                  gehört den weiteren Wasserrechtsbe­                                                                                                     ii) keinen «ungünstigen Einfluss auf
ten Gemeinden 6 % der Wasserzinse                        sitzern, also den Gemeinden und Priva­                                                                                                  die gegenwärtig erfreuliche Entwick­
einbezahlen, werden finanzschwache                       ten. Eine weitergehende Erhöhung der                                                                                                    lung auf dem Gebiete der Nutzbarma­
Gemeinden gestärkt.                                      kantonalen Wasserwerksteuer um                                                                                                          chung brachliegender Wasserkräfte
zzKantone Tessin, Bern und Aargau:                       generell 25 % lehnte der Landrat im Jahr                                                                                                haben kann». Schliesslich brachte er
Diese Kantone erheben für die Nut­                       2009 mit Rücksicht auf die Gemein­                                                                                                      den Solidaritätsgedanken zwischen
zung der Wasserkraft direkt den jährli­                  den, welche zu etwa zwei Drittel Eigen­                                                                                                 Berg- und Mittellandkantonen auf:
chen Wasserzins, der nicht mit den                       tümerinnen der Wasserrechte auf                                                                                                         «Es entspricht daher der Billigkeit,
Gemeinden geteilt wird. Der erhobene                     ihrem Gemeindegebiet sind, ab.                                                                                                          den Bergkantonen und -gemeinden,

             110
                                                                                                                                                   01.01.1977: 27.19 CHF/kWB (20.00 CHF/PS)

             100                   Wasserzinsmaximum
                                                                                                                                                                                              01.01.1986: 54.00 CHF/kWB, in

                                                                                                                                                                                                                                                                                        01.01.2015: 110.00 CHF/kWB

                                   reduziertes Wasserzinsmaximum
                                                                                                                                                                                                3 Schritten Aufhebung der
                                                                                                       01.07.1968: 17.00 CHF/kWB (12.50 CHF/PS),

              90                   (Qualitätsstufen)
                                                                                                                                                                                                      Qualitätsstufen

              80
                                                                                                                                                                                                                                                           01.01.2011: 100.00 CHF/kWB

              70
                                                                                                                      in 3 Schritten
                                                                     (10.00 CHF/PS), in 10 Schritten
   CHF/kWB

                                                                     Einführung der Qualitätsstufen

              60
                                                                     01.01.1953: 13.60 CHF/kWB
                      01.01.1918: 8.16 CHF/kWB

              50
                                                                                                                                                                                                                              01.05.1997: 80.00 CHF/kWB

              40
                      (6.00 CHF/PS)

              30
              20
              10
               0
               1910   1920                       1930   1940   1950                      1960 1970                                                            1980                                       1990                          2000               2010                                                   2020
                                                                                            Jahr

Bild 1 Entwicklung des maximalen Wasserzinssatzes nach eidgenössischem Wasserrechtsgesetz. Das Maximum hat sich seit der Ein-
führung 1918 nominal mehr als verzehnfacht und alleine seit 1997 verdoppelt (Quelle: BFE, 2016).

                                                                                                                                                                                                                              sonderdruck wasserzins 1 / 2017                                                           5
WA S S E R Z I N S | AU S «WA S S E R E N E R G I E LU F T» 3/ 2 0 16

           die ihre Wasserkräfte zum Wohle des                 […] Die Erhöhung kommt hauptsäch­           aufgenommen. Abgeschafft wurden
           ganzen Landes zur Verfügung stellen,                lich wirtschaftlich benachteiligten         hingegen die Qualitätsstufen. Mit Be­
           zu ermöglichen, vermehrten Nutzen                   Kantonen zugute und wird zur Haupt­         zug auf die sich bereits abzeichnenden
           aus dem für die Elektrizitätswirt­                  sache von den Industriekantonen als         Liberalisierungsbestrebungen auf dem
           schaft unentbehrlichen Rohstoff zu                  Hauptabnehmer elektrischer Energie          europäischen Strommarkt hielt der
           ziehen.» Mit der Erhöhung des maxi­                 getragen.»                                  Bundesrat fest, dass er eine entspre­
           malen Wasserzinssatzes per 1. Januar                zzIn der Botschaft vom 12. November         chende «Liberalisierung der Wasser­
           1953 wurden zudem Qualitätsstufen                   1984 (Bundesrat, 1984) wurde das Soli­      zinsregelung gegenwärtig für ver­
           eingeführt, die Investitionen in den                daritätsargument noch expliziter            früht» hält, darauf «jedoch zurück­
           Bau von Speicherkraftwerken begüns­                 erwähnt: «Der Wasserzins wird letzt­        kommen will [...] wenn diesbezüglich
           tigten.                                             lich als Bestandteil des Energiepreises     Klarheit herrscht».
           zzBereits auf den 1. Juli 1968 wurde das            vom Energiekonsumenten bezahlt. Am          zzUnd schliesslich führten die bis ins
           Gesetz wieder angepasst. Im Wesentli­               meisten elektrische Energie wird in         Jahr 2008 stark angestiegenen Strom­
           chen mit dem Argument der Anpas­                    den Ballungszentren konsumiert. […]         preise erneut zu erhöhten Begehrlich­
           sung an die Teuerung der letzten 15                 So gesehen kann eine Erhöhung des           keiten der Kantone. Die Energiekom­
           Jahre (Bundesrat, 1967).                            Wasserzinsmaximums auch als Akt der         mission des Ständerates reichte deshalb
           zzIn der Botschaft von 1975 (Bundesrat,             Solidarität verstanden werden, der eine     die parlamentarische Initiative 08.445
           1975) nahm der Bundesrat dann eine                  für die Berggebiete günstigere Ein­         ein, um die Wasserzinse mit einer neu­
           umfassende Interessenabwägung vor.                  kommensverteilung bewirkt.»                 erlichen Gesetzesänderung ein weite­
           Dem Teuerungsargument hielt er ent­                 zzDie Gesetzesanpassung per 1. Mai          res Mal anzuheben (UREK-S, 2009).
           gegen, dass die betroffenen Regionen                1997 liess sich nicht mehr mit der An­      Dabei ging man von einem Anstieg
           den volkswirtschaftlichen Nutzen der                passung des Maximums an die Teue-           sowohl der Teuerung als auch des Wer­
           Wasserkraft vielfach übersehen wür­                 rung begründen. Bereits in der Bot­         tes der Ressource Wasser für die Strom­
           den und eine weitere Anhebung zu                    schaft (Bundesrat, 1995) hielt der Bun­     produktion aus – beides hat sich inzwi­
           einer Privilegierung der Gebirgskan­                desrat fest, dass der Wasserzins grund­     schen als grundlegend falsch erwiesen
           tone gegenüber den anderen Kantonen                 sätzlich eine Ausgleichsgrösse geblie­      – und legte eine zweistufige Erhöhung
           führe. Erstmals erwähnte er aber auch,              ben sei, dass die Interessenabwägung        fest.
           dass die Wasserkraftwerke zu einer                  sich aber wegen der Zunahme der zu             Mit dieser bisher letzten Gesetzesan­
           Beeinträchtigung der natürlichen                    berücksichtigenden Faktoren schwieri­       passung wurde der Wasserzinssatz für
           Schönheit der Gebirgsgegend führten.                ger gestalte. Die von den Gebirgskanto­     die Jahre 2011 bis 2014 auf 100 CHF/
           «Davon profitieren in erster Linie die              nen erstmals in der Vernehmlassung          kW B und ab 2015 auf 110 CHF/kW B
           grossen Verbrauchszentren. Man kann                 eingebrachte Idee eines Speicherzu­         erhöht. Da die geltende Gesetzgebung
           deshalb eine grosszügige Erhöhung des               schlags, die den erhöhten Ertragsmög­       bis Ende 2019 befristet ist, braucht es
           Wasserzinsmaximums als einen Akt                    lichkeiten von Speicher­k raftwer­ken       für die Zeit ab dem Jahre 2020 eine
           schweizerischer Solidarität verstehen.              Rechnung tragen sollte, wurde nicht         Neuregelung.

                          Betriebskosten                                                                Andere
                            (Personal,                                                                  Kantone
                             Material,                                                                    90
                                                        Investitions-                      Uri                              Wallis
                          Fremdleistung               bedingte Kosten                                                       160
                                                                                           25
                               usw.)                    (Zinskosten,
                               25%                    Abschreibungen)
                                                            40%                           Aargau
                                                                                            50
                               Öffentliche
                               Ausgaben
                                                                                                 Bern                   Graubünden
                              (Wasserzins,
                                                                                                  50                        120
                              Steuern usw.)
                                  35%                                                                     Tessin
                                                                                                            55

           Bild 2 Die öffentlichen Abgaben belasten ein typisches Wasser­          Bild 3 Jährliche Wasserzinseinnahmen der Standortkantone und
           kraftwerk bereits mit rund einem Drittel der Gesamtkosten; der          -gemeinden von Wasserkraftwerken in Millionen Franken nach
           Grossteil davon entfällt auf den Wasserzins (Quelle: SWV, 2016).        Kanton (Datenquelle: BFE, 2015; eigene Darstellung).

      6    sonderdruck wasserzins 1 / 2017
AU S «WA S S E R E N E R G I E LU F T» 3/2 016 | WA S S E R Z I N S

1.4 Reformversuche                        Wasserkraftwerke der Schweiz im              wobei der Wasserzins damals schon
Seit der Einführung des maximalen         Wesentlichen bereits gebaut waren und        rund die Hälfte ausmachte, gefolgt von
Wasserzinssatzes musste bei jeder         über gültige Konzessionen für eine Nut­      den Komponenten Mehrwertsteuer
Änderung um eine politische Kompro­       zungsdauer von meistens 80 Jahre ver­        (15 %), der Ertrags- und Gewinnsteuer
misslösung gerungen werden. Regel­        fügten. Eingriffe in das wohlerworbene       (12 %) sowie der Konzessionsenergie
mässig wurde die Frage angegangen,        und schützenswerte Recht der Konzes­         (5 %). Die öffentlichen Abgaben belas­
wie die Wasserzinsregelung im Rah­        sion gelten zwar als zulässig soweit sie     ten ein typisches Wasserkraftwerk
men des bestehenden Verfassungs­          verhältnismässig bleiben (vgl. dazu          heute mit durchschnittlich einem Drit­
rechts verbessert werden könnte.          auch Aeberhard, 2009). Bei der Beurtei­      tel der Gesamtkosten (vgl. Bild 2). Und
   In den 1970er-Jahren wurden in einer   lung gilt es aber, die Gesamtheit der        der Grossteil davon entfällt auf den
vom Bund eingesetzten Arbeitsgruppe       Eingriffe und Belastungen zu beachten.       Wasserzins. Er ist also ein sehr bedeu­
verschiedene Möglichkeiten aufge­         Denn neben dem Wasserzins gibt es ja         tender Kostenfaktor für die einheimi­
zeigt, wie von der Berechnung über die    noch diverse andere Leistungen, die          sche Wasserkraft.
mittlere Bruttoleistung abgewichen        dem Konzessionär im Laufe der Zeit              Ein detaillierter Vergleich mit den
werden könnte (EVED, 1979). In den        auferlegt wurden und werden. Zu nen­         Nachbarländern zeigt, dass die Schweiz
1980er-Jahren wurde eine Studien­         nen sind insbesondere Gratis- und Vor­       bei allen Wasserkraftwerkstypen mit
kommission eingesetzt, die eine prak­     zugsenergie für die Konzessionsge­           Abstand die höchste fixe Abgabenlast
tisch totalrevidierte Fassung des         meinden, Bau und Unterhalt von               aufweist (Wyer, 2006). Obschon diese
­Wasserrechtsgesetzes vorschlug (Bun­     oftmals touristisch genutzten Strassen       Untersuchung bereits einige Jahre
 desrat, 1984). In den 1990er-Jahren      und Seilbahnen sowie ständig stei­           zurückliegt, hat sich an dieser Situation
 wurden in einer Mitteilung des damali­   gende Leistungen zugunsten von               im Kern nichts geändert. Veranschauli­
 gen Bundesamts für Wasserwirtschaft      Umwelt und Hochwasserschutz.                 chen lässt sich dies am Beispiel des
 die rechtlichen Aspekte für neue Wege                                                 Grenzkraftwerks Birsfelden mit deut­
 und Möglichkeiten bei der Festlegung                                                  schem Hoheitsanteil von 39,85 %.
 des maximalen Wasserzinssatzes auf­      2. F inanzielle Bedeutung                   Gemäss dem Geschäftsbericht 2015 des
 gezeigt (BWW, 1995). Und schliesslich        der Wasserzinse                          Kraftwerks (KWB, 2016) betrug der
 wurde Anfang des neuen Jahrtausends                                                   Wasserzins auf Schweizer Seite über
 von akademischer Seite die Ablösung      2.1 K ostenfaktor für die                   CHF 4,0 Mio., der deutsche Anteil
 der bestehenden Wasserzinsregelung            Wasserkraft                             als     Wassernutzungsentgelt          in
 durch die Einführung einer reinen Res­   Gemäss Bundesverwaltung flossen im           Baden-Württemberg nur CHF 0,2 Mio.
 sourcenrente vorgeschlagen (CEPE,        Jahre 2014 bei voller Ausschöpfung des       Und obschon die Abgabe nun auch auf
 2004). Mit Ausnahme der einmal ein­      damaligen Wasserzinsmaximums                 deutscher Seite per 1. Januar 2016 mehr
 geführten und wieder abgeschafften       CHF 515 Mio. von den Wasserkraftbe­          als verdoppelt wurde (RPF, 2015), liegt
 Qualitätsstufen konnten sich die zahl­   treibern zu den Konzessionären (BFE,         sie mit umgerechnet 15 CHF/kW B wei­
 reichen Vorschläge für Systemände­       2015). Mit dem letzten Erhöhungs­            terhin um ein Vielfaches tiefer im Ver­
 rungen bisher allerdings nie durchset­   schritt auf Anfang 2015 resultieren nun      gleich zur Schweiz.
 zen.                                     also jährlich rund CHF 550 Mio. Was­
                                          serzinse. Bei einer Produktionserwar­        2.2 E innahmen für einzelne
1.5 E ntwicklung der                     tung der Wasserkraft von rund 36 TWh              Gemeinwesen
     Abgabenhöhe                          (und unter Berücksichtigung, dass            Der Wasserzins ist eine bedeutende
Der gesetzlich fixierte maximale Was­     Wasserkraftwerke unter 2 MW B einen          Einnahmequelle für die Standortkan­
serzinssatz ist seit seiner Einführung    reduzierten und solche unter 1 MW B          tone und je nach kantonaler Gesetzge­
im Jahr 1918 nominal um den Faktor        keinen Wasserzins bezahlen), liegt die       bung für die Standortgemeinden der
dreizehn erhöht und alleine seit dem      Belastung der grösseren Kraftwerke           Wasserkraftwerke. Gesamtschweize­
Jahre 1997 mehr als verdoppelt worden.    unterdessen bei rund 1,6 Rp./kWh. Das        risch entfallen über 80 % der Einnah­
Teuerungsbereinigt mit dem Landesin­      entspricht somit der Hälfte der aktuell      men auf 6 Kantone bzw. ihre Standort­
dex der Konsumentenpreise (BfS,           am Markt erzielbaren Erträge (vgl.           gemeinden (vgl. Bild 3).
2016), entspricht die Erhöhung von        Abschnitt 3.2).                                 Gut dokumentiert sind die Einnah­
ursprünglich 8.16 CHF/kW B im Jahre         Damit hat sich die fixe Abgabenlast        men für den Kanton Graubünden (AEV,
1918 auf 110 CHF/kW B im Jahre 2015 in    der Wasserkraftproduzenten in weni­          2016). So konnte der Kanton seine Ein­
realen Werten fast einer Verdreifa­       gen Jahren massiv erhöht. In einer           nahmen aus dem Wasserzins von rund
chung (der Initialwert würde zu heuti­    detaillierten Studie zur Belastung der       CHF 27 Mio. im Jahr 1988 auf heute
gen Preisen 41.1 CHF/kW B betragen).      Elektrizität durch Abgaben (BSG, 2010)       über CHF 60 Mio. steigern. Und die
Der maximale Wasserzinssatz hat sich      wurden, basierend auf einer Stich­           Gemeinden erzielten nochmals Ein­
in den vergangenen Jahrzehnten also       probe, die Belastungen nach Art und          nahmen in gleicher Höhe. In zahlrei­
komplett von der Landesteuerung ent­      Ort auf unterschiedlichen Stufen             chen Gemeinden machen die Einnah­
koppelt.                                  untersucht. Bei der Wasserkraft wur­         men durch Wasserzinse zwischen 20
  Bemerkenswert ist dabei vor allem       den total 33 Abgabearten plus die Mehr­      und 40 % der Gesamteinnahmen aus,
auch, dass der Grossteil der Erhöhun­     wertsteuer unterschieden. Ihre Belas­        in einem Fall sind es sogar über 40 %,
gen ab Mitte der 1970er-Jahre erfolgte;   tung lag im Stichjahr 2009 gemäss            was pro Einwohner im Extremfall über
zu einem Zeitpunkt also, in dem die       diesem Bericht bei 2,24 Rp./kWh,             CHF 5000 pro Jahr ausmacht.

                                                                                                   sonderdruck wasserzins 1 / 2017      7
WA S S E R Z I N S | AU S «WA S S E R E N E R G I E LU F T» 3/ 2 0 16

                                       160
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 swissix in
                                                                                                                                                                                                                          Preise CH, Mittelwert Swissix Base pro MWh:                                                                                                              CHF
                                       140                                                                                                                                                                                2008: 74 EUR / 118 CHF                                                                                                                                  – 66%
                                                                                                                                                                                                                          2015: 32 EUR / 35 CHF
                                                                                                                                                                                                                          2016: 38 EUR / 40 CHF
                                       120
                                                                                                                                                                                                                          Preise D, Mittelwert Phelix Base pro MWh:                                                                                            Schweiz
                                                                                                                                                                                                                          2016: 29 EUR / 31 CHF                                                                                                                (Swissix Base
                                       100
               Preis Grundlast / MWh

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               in EUR/MWh)

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Schweiz
                                        80                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     (Swissix Base
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               in CHF/MWh)
                                        60
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Deutschland
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               (Phelix Base in
                                        40                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     EUR/MWh)

                                        20

                                         0
                                             Jan 07
                                                      Apr 07
                                                               Jul 07
                                                                        Okt 07
                                                                                 Jan 08
                                                                                          Apr 08
                                                                                                   Jul 08
                                                                                                            Okt 08
                                                                                                                     Jan 09
                                                                                                                              Apr 09
                                                                                                                                       Jul 09
                                                                                                                                                Okt 09
                                                                                                                                                         Jan 10
                                                                                                                                                                  Apr 10
                                                                                                                                                                           Jul 10
                                                                                                                                                                                    Okt 10
                                                                                                                                                                                             Jan 11
                                                                                                                                                                                                      Apr 11
                                                                                                                                                                                                               Jul 11
                                                                                                                                                                                                                        Okt 11
                                                                                                                                                                                                                                 Jan 12
                                                                                                                                                                                                                                          Apr 12
                                                                                                                                                                                                                                                   Jul 12
                                                                                                                                                                                                                                                            Okt 12
                                                                                                                                                                                                                                                                     Jan 13
                                                                                                                                                                                                                                                                              Apr 13
                                                                                                                                                                                                                                                                                       Jul 13
                                                                                                                                                                                                                                                                                                Okt 13
                                                                                                                                                                                                                                                                                                         Jan 14
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Apr 14
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Jul 14
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    Okt 14
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Jan 15
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Apr 15

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Dez 16
           Bild 4 Entwicklung des Schweizer Preises für Bandenergie in EUR/MWh (ausgezogene rote Linie) und in CHF/MWh (gestrichelte rote
           Linie) (Quelle: Avenir Suisse, 2015; ergänzt: SWV, 2017).

             Das verdeutlicht die manchmal pro­                                                                                                                       netzen, versorgten ihre Stromverbrau­                                                                                                                                  nen Stromlieferanten frei wählen
           blematische Abhängigkeit der Gemein­                                                                                                                       cher im Monopol zu kostenbasierten                                                                                                                                     kann), ist noch offen. Diese volle
           den von diesen Einnahmen und so                                                                                                                            Tarifen. In diesem System konnten die                                                                                                                                  Marktöffnung hätte plangemäss zwar
           erstaunt es nicht, dass man gerne an                                                                                                                       vollständigen Gestehungskosten der                                                                                                                                     bereits vor zwei Jahren umgesetzt wer­
           einer hohen fixen Einnahme festhalten                                                                                                                      Wasserkraftproduktion, inklusive der                                                                                                                                   den sollen, der Bundesrat will aber auf­
           will. Gerade Gemeinden in Randregio­                                                                                                                       Wasserzinse, den Endverbrauchern                                                                                                                                       grund des aktuellen Marktumfelds und
           nen können damit zum Beispiel ein Bil­                                                                                                                     weiterverrechnet werden.                                                                                                                                               des weiterhin ausstehenden bilateralen
           dungssystem unterhalten, das der Auf­                                                                                                                         Seit der Jahrtausendwende hat sich                                                                                                                                  Stromabkommens mit der Europäi­
           rechterhaltung der Attraktivität für                                                                                                                       der europäische Strommarkt im Zuge                                                                                                                                     schen Union mit der Inkraftsetzung
           Familien dient. Oder es werden mit den                                                                                                                     der Liberalisierungen aber grundle­                                                                                                                                    zuwarten (Bundesrat, 2016). Da die
           Wasserzinse auch Teile der touristi­                                                                                                                       gend gewandelt. Auch in der Schweiz                                                                                                                                    Versorger den Strom aber ebenfalls am
           schen Infrastruktur wie beispielsweise                                                                                                                     hat das Bundesparlament im Jahr 2007                                                                                                                                   Markt beschaffen können, ist bereits
           Erlebnisbäder mitfinanziert (St. Galler                                                                                                                    eine zweistufige Marktöffnung verab­                                                                                                                                   heute der Grossteil der einheimischen
           Tagblatt Online, 2016). Es stellt sich                                                                                                                     schiedet. Demnach sollte nach einer                                                                                                                                    Wasserkraftproduktion den internatio­
           aber zwangsläufig die Frage, ob es Auf­                                                                                                                    Trennung von Höchstspannungsnetz                                                                                                                                       nalen Marktbedingungen ausgesetzt.
           gabe der Stromproduzenten ist, diese                                                                                                                       und Produktion (dem sog. «Unbund­                                                                                                                                         Die Schweizer Wasserkraftproduzen­
           Dienstleistungen und Infrastrukturen                                                                                                                       ling») zuerst den grossen Verbrauchern                                                                                                                                 ten befinden sich also in einem kom­
           zu finanzieren, wenn sie ihre Kosten                                                                                                                       mit einem Jahresverbrauch von über                                                                                                                                     plett neuen Umfeld. Sie müssen sich im
           selber nicht decken können und die                                                                                                                         100 MWh und nach fünf Jahren auch                                                                                                                                      internationalen Strommarkt behaup­
           Abgaben nicht mehr im Sinne des Soli­                                                                                                                      den Haushalten sowie anderen Klein­                                                                                                                                    ten, der überdies mit Milliardensubven­
           daritätsgedankens an die Endverbrau­                                                                                                                       verbrauchern der freie Marktzugang                                                                                                                                     tionen und unterschiedlichen nationa­
           cher überwälzen können.                                                                                                                                    gewährt werden. Die erste Stufe dieser                                                                                                                                 len Abgabenpolitiken massiv verzerrt
                                                                                                                                                                      Marktöffnung wurde vom Bundesrat                                                                                                                                       ist. Im geöffneten Markt können insbe­
                                                                                                                                                                      per 1. Januar 2009 mit dem Stromver­                                                                                                                                   sondere auch die Wasserzinse nicht
           3. Heutiges und künftiges                                                                                                                                 sorgungsgesetz (StromVG) in Kraft                                                                                                                                      mehr als Teil der Gestehungskosten
               Marktumfeld                                                                                                                                            gesetzt. Seither wird das Höchstspan­                                                                                                                                  einfach im Tarifsystem den Endver­
                                                                                                                                                                      nungsnetz von der nationalen Netzge­                                                                                                                                   brauchern weiterverrechnet werden.
           3.1 Vom Monopol zum Markt                                                                                                                                  sellschaft Swissgrid betrieben, und alle                                                                                                                               Die Kosten bleiben am Produzenten
           Die meisten grossen Wasserkraftwerke                                                                                                                       grossen Verbraucher sowie Verteilnetz­                                                                                                                                 hängen, der die entsprechenden Erträge
           der Schweiz wurden im letzten Jahrhun­                                                                                                                     betreiber können ihren Strom frei am                                                                                                                                   am Markt erwirtschaften muss. Die
           dert, insbesondere zwischen 1950 und                                                                                                                       europäischen Markt beziehen. Ob und                                                                                                                                    Abgabe ist so zu einem wichtigen Kos­
           1970, gebaut. Damals stieg die Strom­                                                                                                                      wann die von der Politik angedachte                                                                                                                                    tenfaktor geworden, der die einheimi­
           nachfrage rasant an und die Elektrizi­                                                                                                                     zweite Stufe der Marktöffnung auch für                                                                                                                                 sche Wasserkraft gegenüber der natio­
           tätsgesellschaften, oftmals im Besitz                                                                                                                      kleinere Verbraucher eingeführt wird                                                                                                                                   nalen und internationalen Konkurrenz
           von Produktionsanlagen und Verteil­                                                                                                                        (und damit jeder Endverbraucher sei­                                                                                                                                   wesentlich verteuert.

     8     sonderdruck wasserzins 1 / 2017
AU S «WA S S E R E N E R G I E LU F T» 3/2 016 | WA S S E R Z I N S

3.2 S  trompreiszerfall gefährdet            der Gestehungskosten aus (vgl.                   hen bei 25–27 EUR/MWh oder umge­
      Substanz                                Abschnitt 2.1). Den Wasserkraftbetrei­           rechnet bei weiterhin tiefen 2,7 bis 3,0
Parallel zur Liberalisierung haben die        bern bleibt damit nur die Option,                Rp./kWh (vgl. Bild 5).
Marktpreise, die an den Strombörsen           Investitionen in den Unterhalt und die              Nicht zuletzt angesichts dieser düs­
­Europas gebildet werden, einen massi­        Modernisierung der Anlagen zurück­               teren Marktaussichten, hat das Bun­
 ven Preiszerfall erfahren. In der Zeit­      zustellen und auf das sicherheitsrele­           desparlament im Rahmen der Beratun­
 spanne zwischen 2008 und 2016 sind           vante Minimum zurückzufahren. Die                gen zum 1. Massnahmenpaket zur
 die in Leipzig gehandelten Strompreise       Verluste schaden dem Substanzerhalt              Energiestrategie 2050 in der Frühlings­
 wechselkursbereinigt für die Schweiz         der Wasserkraft, bescheren der öffent­           session 2016 die Einführung einer
 um rund 66 % eingebrochen (vgl.              lichen Hand als Aktionärin der Gesell­           Marktprämie beschlossen (UREK-S,
 Bild 4).                                     schaften gewaltige Wertverluste,                 2016). Wasserkraftwerke sollen maxi­
    Dieser massive Zerfall ist auf das        schwächen die Einkommensbasis der                mal 1 Rp./kWh für jenen Strom erhal­
Zusammenspiel verschiedener Fakto­            Konzessionäre sowie der Wasserkraft­             ten, den sie unter den Gestehungskos­
 ren zurückzuführen, die allesamt von         kantone und -gemeinden und gefähr­               ten am Markt verkaufen müssen. Dazu
 der Schweiz kaum beeinflusst werden          den Arbeitsplätze. Mittelfristig stellt          wird ein Netzzuschlag von 0,2 Rp./
 können. Zu nennen sind insbesondere:         diese Entwicklung die Versorgungssi­             kWh vorgesehen, was unter Berück­
 zzTiefe Öl-, Gas- und Kohlepreise            cherheit und die gesamte Energie-                sichtigung der Befreiung stromintensi­
zzPreiszerfall bei CO2-Zertifikaten           bzw. Stromstrategie der Schweiz                  ver Industrien einem jährlichen Betrag
zzStagnation der Stromnachfrage in            infrage.                                         von rund CHF 110 Mio. entspricht. Die
    Europa                                                                                     Regelung wird Linderung verschaffen,
zzMassive Subventionierung anderer            3.3 Künftige Entwicklung                        löst aber die grundlegenden Probleme
    Stromquellen                              Ein Blick in die Zukunft ist naturge­            nicht. Zudem genügt die Massnahme
zzUngünstige Euro/Franken-Wechsel­            mäss mit grossen Unsicherheiten                  angesichts der generierten Verluste
    kursentwicklung.                          behaftet. Die Unwägbarkeiten sind                nicht für die Wiederherstellung der
    Solange die europäische Energie-          aber gerade in Energiefragen sehr stark          Rentabilität der Wasserkraft, tritt frü­
und Klimapolitik nicht wirksam korri­         ausgeprägt. Zum einen, weil diese                hestens auf Anfang 2018 in Kraft und
 giert wird, ist nicht mit einer substanzi­   meistens in besonderem Masse von der             ist überdies auf fünf Jahre befristet.
 ellen Erholung der Strompreise zu            Politik beeinflusst sind und damit                  Schlecht sind die Prognosen damit
 rechnen (vgl. dazu auch Abschnitt 3.3).      schwer voraussehbar bleiben; und zum             vor allem für die Laufwasserkraftwerke,
    Für die einheimische Wasserkraft          anderen, weil die Strategien und Kon­            die knapp die Hälfte des Schweizer Was­
 sind die andauernd tiefen Preise mitt­       zepte aktuell in einer fast schon revolu­        serkraftstroms liefern. Diese produzie­
 lerweile eine existenzielle Herausfor­       tionären Umbruchphase stehen.                    ren zwar in den meisten Fällen etwas
 derung. Die Wasserkraft gehört zwar             Für die nächsten Jahre wird an den            kostengünstiger als Speicherkraft­
 zu den kostengünstigsten Technologi­         europäischen Strommärkten nicht mit              werke, sind dafür aber nicht steuerbar
 en der Stromproduktion überhaupt,            einer wesentlichen Erholung der Preise           und produzieren, unabhängig vom
 mit Gestehungskosten von – je nach           gerechnet. Zwar sind sie seit ihrem Tief         Marktpreis, nach Wasserdargebot. Die
 Standort, Ausführung und Zustand der         im Feb­r uar 2016 wieder leicht angestie­        Kraftwerke stehen zudem auch in direk­
 Anlagen sowie abhängig vom jährli­           gen, aber die aktuell gehandelten                ter Konkurrenz zu den bis anhin vor
 chen Wasserdargebot – zwischen 3 und         Preise für Bandenergie (Produkt                  allem in Deutschland mit massiven Sub­
 10 Rp./kWh. Aber der Grossteil der           «Base») für die Jahre 2017 bis 2020 ste­         ventionen zugebauten Photovoltaikan­
 Kraftwerke kann diese Kosten am
 Markt nicht mehr decken. Es fehlen Er­
 träge von durchschnittlich 2 bis 4 Rp./                40
 kWh, was zu gesamtschweizerischen
 Verlusten in der Grössenordnung von
 jährlich rund CHF 1 Mrd. führt (Piot,                  35
 2015; SWV, 2016). Die Anlagen werden
 nur deshalb nicht aus­ser Betrieb ge­
                                                        30
 setzt, weil diese sehr tiefe variable
 Kosten aufweisen und damit der
                                                Preis

 Stromverkauf einen Deckungsbeitrag                     25
 an die hohen Kapitalkosten und Abga­
 ben leistet.
    Um die Kosten kurzfristig zu sen­                   20
 ken, werden von den Betreibern die
 Betriebskosten weiter optimiert. Diese
                                                        15
 Kostensenkungsprogramme werden
 das Problem allerdings nicht lösen                     Jan 14 Apr 14   Aug 14   Dec 14   Apr 15    Aug 15      Dec 15    Apr 16   Aug 16

 können, denn die durch ein Kraftwerk
 direkt beeinflussbaren Betriebskosten        Bild 5 Entwicklung des europäischen Strompreises für Bandenergie für das Jahr 2020
 machen oftmals nur noch ein Viertel          im Zeitraum 2014 bis 2016 in EUR/MWh (Quelle: EEX am 9. August 2016).

                                                                                                             sonderdruck wasserzins 1 / 2017    9
WA S S E R Z I N S | AU S «WA S S E R E N E R G I E LU F T» 3/ 2 0 16

                                                                                                                  wicklungen der Grosshandelspreise auf
                                                                                                                  dem Strommarkt und des maximalen
                            1.8
                                         Swissix Base
                                                                                                                  Wasserzinssatzes sind seit dem Jahre
                                         Konsumentenpreisindex                                                    2009 komplett gegenläufig (vgl.
                            1.6          maximaler Wasserzinssatz                                                 Bild 6).
                                                                           serzins                                   Die Standortkantone und -gemein­
                            1.4                                        Was                                        den könnten zur kurzfristigen Entlas­
                                                                                                                  tung der einheimischen Wasserkraft­
                            1.2
                                                                                                                  produktion theoretisch per sofort oder
                                                                                                                  gar rückwirkend auf einen Teil oder die
              2006 = 100%

                            1.0
                                                                                                                  ganze Wasserzinsabgabe verzichten.
                            0.8
                                                                                                                  So hat der Regierungsrat des Kantons
                                                                                                                  Bern im Frühling 2016 auf Bestreben
                            0.6                                                                                   des Grossen Rates tatsächlich eine
                                                                      Stro
                                                                          mpr                                     Änderung des Wassernutzungsgeset­
                                                                             eis
                            0.4                                                                                   zes verabschiedet, das für die Gross­
                                                                                                                  wasserkraftwerke den rückwirkenden
                            0.2                                                                                   Verzicht auf den letzten Erhöhungs­
                                                                                                                  schritt des bundesgesetzlichen Was­
                            0.0                                                                                   serzinsmaximums per 1. Januar 2015
                                  2006   2007   2008   2009    2010   2011   2012    2013   2014   2015   2016    stipuliert und zusätzliche Entlastungs­
                                                                                                                  möglichkeiten im Einzelfall vorsieht
           Bild 6 Komplett gegenläufige Entwicklung der Preise auf dem Strommarkt (schwarz)                       (RR Kanton Bern, 2016). Das Geschäft
           und des Wasserzinssatzes (rot) bei gleichbleibender Teuerung (grün) für die Periode seit               wird im September 2016 wieder im
           2006.                                                                                                  Grossen Rat behandelt und könnte so
                                                                                                                  die Berner Wasserkraftwerke mit jähr­
                                                                                                                  lich rund CHF 3,9 Mio. entlasten. Aber
           lagen, da die Produktionsprofile von                       serkraftwerken meistens etwas teurer,       angesichts der grossen Bedeutung der
           Laufwasserkraft und Photovoltaik auf                       können aufgrund ihrer Steuerfähigkeit       Wasserzinse für die öffentlichen
           Monatsbasis sehr ähnlich verlaufen mit                     aber von kurzfristigen oder saisonalen      Finanzhaushalte (vgl. Abschnitt 2.2)
           viel Strom im Sommer und wenig im                          Preisunterschieden profitieren. Die         dürfte ein solches Vorgehen ein Einzel­
           Winter (vgl. dazu auch Piot/Beer, 2016).                   Aussichten für diese Kraftwerke sind        fall bleiben.
              Die Laufwasserkraftwerke kämpfen                        deshalb mittel- bis längerfristig besser.
           bereits heute mit negativen Preisen, die                   Zum einen, weil der Bedarf für steuer­      4.2 M ittelfristig
           an sehr sonnigen oder windigen Feier­                      bare Produktion und Regelleistung           Die Hoffnung auf eine finanzierbare
           tagen vor allem im Frühling während                        zum Ausgleich der unregelmässig ein­        Lösung, welche die internationale
           ein paar Stunden auftreten können.                         speisenden Stromquellen stark zuneh­        Wettbewerbsfähigkeit der einheimi­
           Das Phänomen geht zurück auf eine                          men wird. Und zum anderen, weil beim        schen Wasserkraft verbessert, ruht da­
           Kombination von Überproduktion aus                         politisch aufgegleisten Ausstieg aus der    mit auf der Ablösung der noch bis Ende
           Photovoltaik- und Windanlagen mit                          Kernenergie in Deutschland und in der       des Jahres 2019 geltenden gesetzlichen
           nicht zurückgefahrenen konventionel­                       Schweiz die Sicherstellung der Versor­      Regelung. Das Bundesparlament hat
           len Anlagen. In diesen Momenten wer­                       gung im Winter in den Fokus rücken          dazu in der Frühlingssession 2016 mit­
           den die Laufwasserkraftwerke – sofern                      wird.                                       tels Motion dem Bundesrat den explizi­
           sie ihre Anlagen nicht ausser Betrieb                                                                  ten Auftrag erteilt «in Zusammenar­
           nehmen können oder aus konzessions-                                                                    beit mit den Kantonen, der Energie­
           oder umweltrechtlichen Gründen nicht                       4. Handlungsbedarf zur                      wirtschaft und weiteren interessierten
           dürfen – für ihre erneuerbare Strom­                       Neuregelung                                 Kreisen die Wasserzinsregelung nach
           produktion zusätzlich bestraft. Auf                                                                    2019 unter Berücksichtigung der kon­
           Ersuchen der Betreiber wurden des­                         4.1 K
                                                                           urzfristig                            kreten Lage der Wasserkraftwerke und
           halb die vor allem bei den Grenzkraft­                     Die obigen Ausführungen zur Marktsi­        der Förderungsmechanismen der
           werken am Hochrhein bestehenden                            tuation und Ertragslage der einheimi­       Energiestrategie 2050 zügig an die
           konzessionsrechtlichen Einschränkun­                       schen Wasserkraftproduktion zeigen,         Hand zu nehmen» (UREK-N, 2016).
           gen für Wehrüberfall vorderhand gelo­                      dass der Wasserzins im aktuellen Um­           Die Ausarbeitung einer neuen Rege­
           ckert (BFE, 2014a). Die Tendenz für                        feld von den Produzenten eigentlich         lung bietet die Chance, das neue Umfeld
           negative Preise und die damit verbun­                      gar nicht mehr finanziert werden kann.      mit weitgehend liberalisierter Strom­
           denen Probleme bei der Laufwasser­                         Das liegt vor allem daran, dass die heu­    wirtschaft zu berücksichtigen. Die ein­
           kraft dürften sich in den kommenden                        tige Regelung für die Bemessung der         heimische Wasserkraft muss – so man
           Jahren aber eher noch verschärfen.                         Wasserzinse noch aus der Zeit des Mo­       sie weiter nutzen will – heute und in
              Die technisch komplexeren Spei­                         nopols stammt und keinerlei Rücksicht       Zukunft am internationalen Strom­
           cher- und Pumpspeicherkraftwerke                           auf die effektive Ertragslage der Was­      markt bestehen können. Das heisst, es
           produzieren im Vergleich zu Laufwas­                       serkraft nimmt. Im Gegenteil: die Ent­      braucht eine flexible Lösung, die für

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AU S «WA S S E R E N E R G I E LU F T» 3/2 016 | WA S S E R Z I N S

gute und für schlechte Zeiten taugt. Die     ten. Sie kann nicht mehr wie im Mono­       und die Abgabe zukunftsfähig zu
Wasserkraftproduzenten können selbst­        pol einfach dem Endverbraucher              gestalten. Es braucht eine flexible,
redend keine Abgaben bezahlen, welche        überwälzt werden. In Kombination mit        marktgerechte Entschädigung für die
sie weder über den Markt finanzieren         den innert weniger Jahre zusammenge­        Nutzung der Ressource Wasser. Zwar
noch weiterverrechnen können. Sind           brochenen Grosshandelspreisen führt         sind die diesbezüglichen Verhandlun­
die Strompreise hingegen hoch, sollen        dies zu massiven Verlusten bei den          gen zwischen den Betreibern der Was­
auch die Gemeinwesen entsprechend            Wasserkraftwerksbesitzern.                  serkraftwerke und den Wasserzinskan­
entschädigt werden. Der Markt ist inso­        Die Abgabe hat sich zudem im Laufe        tonen im Sommer 2016 ergebnislos
fern auch der Massstab für die Einschät­     der letzten hundert Jahre, unbesehen        beendet worden (SWV/VSE/SE, 2016).
zung des Wertes der Ressource Wasser         von der Ertragslage der Wasserkraft und     Aber die Schweiz wird nicht darum her­
für die Stromproduktion.                     gesteuert durch einen politisch moti­       umkommen, eine Regelung zu finden,
                                             vierten Ausgleich, stets nach oben ent­     welche das neue Umfeld berücksichtigt,
5. Fazit                                     wickelt und sich dabei komplett von der     damit die Wasserkraft als energiepoliti­
Der Wasserzins als Entschädigung für         Landesteuerung entkoppelt. In realen        scher Trumpf und Pfeiler der Versor­
die Nutzung der Ressource Wasser zur         Werten beträgt der Wasserzins bereits       gungssicherheit nicht gefährdet wird.
Stromproduktion hat in der Schweiz           rund das Dreifache des ursprünglichen
eine nunmehr hundertjährige Tradi­           Werts. Die heute von den Wasserkraft­       Danksagung
tion. Und die Abgabe hat im Sinne der        produzenten jährlich an die Standort­       Die Autoren danken für die Durchsicht
Entschädigung für die Beanspruchung          kantone und -gemeinden abzuliefern­         des Manuskriptes namentlich: Andreas
eines öffentlichen Gutes durchaus ihre       den rund CHF 550 Mio. sind selbstredend     Stettler, Vorsitzender der Kommission
Berechtigung.                                eine bedeutende Einnahmequelle für          Hydrosuisse im Schweizerischen
   Die heutige Regelung zur Bemes­           die begünstigten Gemeinwesen. Die           Wasserwirtschaftsverband, und Peter
sung der Wasserzinse stammt aber             Belastung von rund 1,6 Rp./kWh auf          Quadri, swisselec­tric.
noch aus der Zeit des Monopols, ist          dem Strom aus Wasserkraft entspricht
überholt und untauglich für die              aber bereits rund einem Viertel der         Literatur
Zukunft. So wird heute insbesondere          durchschnittlichen Gestehungskosten         Aeberhard, 2009: «Die Bedeutung der wohlerworbenen
                                                                                         Rechte für die Wasserkraftbetreiber», Artikel von Jörg
nicht berücksichtigt, dass die einhei­       und der Hälfte des aktuellen Marktprei­     Aeberhard in: «Wasser Energie Luft» 101. Jahrgang 2009,
mische Wasserkraft seit der Teillibera­      ses. Damit ist die Abgabe ein sehr          Heft 4, Baden.
                                                                                         AEV, 2016: «Wasserzinseinnahmen Kanton Graubünden»,
lisierung im Jahre 2009 am internatio­       bedeutender und im aktuellen Umfeld         diverse Grafiken des Amtes für Energie und Verkehr des
nalen Strommarkt bestehen muss. Das          nicht mehr tragbarer Kostenfaktor für       Kantons Graubünden (AEV), publiziert auf der Webseite:

heisst, die Abgabe ist seither für viele –   die Wasserkraft geworden.                   www.gr.ch/DE/institutionen/verwaltung/bvfd/aev/doku-
                                                                                         mentation/wasserkraft/statistiken/Seiten/default.aspx
und nach der vollständigen Marktöff­           Die gesetzlich per Anfang 2020 vor­       (abgerufen 11. August 2016).
nung für alle – Wasserkraftbetreiber         gesehene Neuregelung ist zu nutzen,         Avenir Suisse, 2015: «Energiewirtschaftliche Ideen für das
                                                                                         Geschäftsmodell Wasserkraft», Urs Meister, Avenir Suisse,
mittels Erträgen am Markt und in inter­      um dem komplett neuen Marktumfeld           Referat anlässlich der 104. SWV-Hauptversammlung vom
nationaler Konkurrenz zu erwirtschaf­        der Wasserkraft Rechnung zu tragen          3. September 2015 in Wettingen.

I N KÜ R Z E   Zusammenfassung

Der Wasserzins ist das Entgelt, das die Schweizer Wasser-         wesen eingegangen, das komplett neue Marktumfeld mit
kraftwerke für die Nutzung der Ressource Wasser zu ent-           den daraus resultierenden wirtschaftlichen Herausforde-
richten haben. Die Abgabe wurde im Jahre 1916 im «Bun-            rungen für die Wasserkraft beschrieben und schliesslich
desgesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte» auf           der Reformbedarf abgeleitet.
nationaler Ebene verankert und auf Anfang des Jahres 1918           Das Fazit der Analyse: Die starre Regelung für die Be-
eingeführt. Seither wurde der Wasserzinssatz mittels Ge-          messung der Wasserzinse, die noch aus der Zeit des Mono-
setzesanpassungen bereits sieben Mal erhöht und hat sich          pols stammt, ist untauglich für die Zukunft. Will man die
in realen Werten fast verdreifacht. Damit fliessen heute          Konkurrenzfähigkeit der einheimischen Wasserkraft im
jährlich rund CHF 550 Mio. in die Kassen der Standortkan-         europäischen Markt nicht weiter gefährden, braucht es
tone und -gemeinden; risikolos und unabhängig von der             eine flexiblere, marktpreisabhängige Bemessung. Die Ab-
Ertragslage der Wasserkraft.                                      gabe soll dem ursprünglichen Gedanken der Entschädi-
   Das 100-jährige Jubiläum der gesetzlichen Verankerung          gung für die Beanspruchung eines öffentlichen Gutes
der Abgabe und die vorgesehene Neuregelung auf Anfang             Rechnung tragen, gleichzeitig aber für die Wasserkraftbe-
des Jahres 2020 sind Anlass für den vorliegenden Beitrag.         treiber finanzierbar bleiben. In einem liberalisierten Um-
Neben einem kurzen geschichtlichen Überblick über die             feld ist der am Markt erzielbare Ertrag der Massstab für
Entstehung und Entwicklung des Wasserzinses in den ver-           den Wert der Ressource Wasser. Die anstehende Neurege-
gangenen hundert Jahren wird auf die finanzielle Bedeu-           lung ist zu nutzen, um den Wasserzins in diesem Sinne zu-
tung der Abgabe für die Wasserkraftwerke und die Gemein-          kunftsfähig zu gestalten.

                                                                                                         sonderdruck wasserzins 1 / 2017              11
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           BFE, 2016: «Energiepolitik in Zeiten des Umbruchs», Walter    Bundesrat, 1912: «Botschaft zum Entwurfe eines Bundesge-       SWV, 2016b: «Der Wasserzins – bedeutendste Abgabe auf
           Steinmann, Bundesamt für Energie (BFE), Referat anläss-       setzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte» vom           der Wasserkraft», Faktenblatt, Schweizerischer Wasserwirt-
           lich der Power­tage vom 1. Juni 2016 in Zürich.               19. April 1912, Bern.                                          schaftsverband (SWV), publiziert auf www.swv.ch, Baden.
           BFE, 2014a: «Rentabilität der bestehenden Wasserkraft –       BWG, 2002: «Der Wasserzins – die wichtigste Abgabe auf         SWV/VSE/SE, 2016: «Noch keine Lösung für die Neurege-
           Bericht zuhanden der UREK-N», Bundesamt für Energie           der Wasserkraftnutzung in der Schweiz», Ruedi Sigg und         lung der Wasserzinse», Medienmitteilung Schweizerischer
           (BFE), Bern.                                                  Werner Röthlisberger, Bundesamt für Wasser und Geologie        Wasserwirtschaftsverband (SWV), Verband Schweizeri-
           BFE, 2014b «Wasserkraftwerke am Hochrhein: Flexibilisie-      (BWG), Serie Wasser, Bericht Nr. 3, Biel.                      scher Elektrizitätsunternehmen (VSE) und swisselectric
           rung der Betriebsweise», Medienmitteilung Bundesamt für       BWW, 1995: «Wasserzinsmaximum», Fritz Kilchenmann, Bun-        (SE) vom 27. Juni 2016, Baden/Aarau/Bern.
           Energie (BFE) vom 9. Dezember 2014, Bern.                     desamt für Wasserwirtschaft (BWW), Mitteilung Nr. 6, Bern.     St. Galler Tagblatt, 2016: «Sorgenfalten in der Idylle»,
           BfS, 2016: «Landesindex der Konsumentenpreise (LIK)»,         CEPE, 2004: «Bedeutung der Wasserzinse in der Schweiz          Online-Beitrag von Dominic Wirth auf www.tagblatt.ch vom
           Teuerungsrechner des Bundesamtes für Statistik (BfS) auf      – und Möglichkeiten einer Flexibilisierung», Silvia Banfi et   8. April 2016, St. Gallen.
           www.bfs.admin.ch.                                             al., Centre for Energy Policy and Economics (CEPE), ETHZ.      UREK-N, 2016: «Wasserzinsregelung nach 2019», Motion
           BSG, 2010: «Finanzielle Belastung der Schweizer Elektri-      Zürich.                                                        14.3668 der Kommission für Umwelt, Raumplanung und
           zität durch Abgaben an die Gemeinwesen im Jahre 2009          EVED, 1979: «Bericht über die Möglichkeiten zur Verein-        Energie des Natio­nalrats (UREK-N), eingereicht am 26.
           (und Vergleich mit 2007)», Studie der BSG Unternehmens-       fachung der Wasserzinserhebung», Bericht einer Arbeits-        August 2014, Bern.
           beratung, 24. November 2010, St. Gallen.                      gruppe des Eidg. Volkswirtschafts- und Energiewirtschafts-     UREK-S, 2016: «Einigung bei der Wasserkraft», Medienmit-
           Bundesrat, 2016: «Bundesrat will mit voller Öffnung des       departements (EVED) vom 30. Juni 1979, Bern.                   teilung der Kommission für Umwelt, Raumplanung und
           Strommarktes zuwarten», Medienmitteilung des Bundesra-        KWB, 2016: Geschäftsbericht 2015 der Kraftwerk Birsfelden      Energie des Ständerats (UREK-S) vom 19. April 2016, Bern.
           tes vom 4. Mai 2016, Bern.                                    AG, Birsfelden.                                                UREK-S, 2009: «08.445 Parlamentarische Initia­tive Ange-
           Bundesrat, 1995: «Botschaft über die Teilrevision des Bun-    Piot, 2015: «Steigende Kosten, sinkende Prei-se – Wirt-        messene Wasserzinse», Bericht der Kommission für Um-
           desgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte»         schaftlichkeit der Wasserkraftwerke», Artikel von Michel       welt, Raumplanung und Energie des Ständerats (UREK-S),
           vom 16. August 1995, Bern.                                    Piot in: VSE-Bulletin 2/2015, Aarau.                           10. Februar 2009, Bern.
           Bundesrat, 1984: «Botschaft betreffend die Änderung des       Piot/Beer, 2016: «Wege zu einem neuen Strommarktde-            Wyer, 2006: «Die öffentlichen Abgaben der Wasserkraft-
           Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasser-            sign», Artikel von Michel Piot und Michael Beer in: VSE-Bul-   nutzung im Alpenraum», Hans Wyer, Schulthess-Verlag,
           kräfte» vom 12. November 1984, Bern.                          letin 8/2016, Aarau.                                           Zürich.
           Bundesrat, 1975: «Botschaft an die Bundesversammlung          RPF, 2015: «Erhöhung des deutschen Netznutzungsentgel-
           betreffend die Änderung des Bundesgesetzes über die           tes bei Hochrheinkraftwerken», Mitteilung des Regierungs-      Autoren
           Nutzbarmachung der Wasserkräfte» vom 19. November             präsidiums Freiburg (RPF) vom 21. Mai 2015, Freiburg i.Br.     Roger Pfammatter ist Geschäftsführer des Schweizeri-

                                                                                                                                                                                                     Bilder: SWV / Roger Pfammatter
           1975, Bern.                                                   RR Kanton Bern, 2016: «Regierungsrat will die Gross-           schen Wasserwirtschaftsverbandes (SWV).
           Bundesrat, 1967: «Botschaft betreffend die Teilrevision des   wasserkraftwerke entlasten», Medienmitteilung des              JJSWV, 5401 Baden
           Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasser-            Regierungsrates (RR) des Kantons Bern vom 11. April            JJroger.pfammatter@swv.ch
           kräfte» vom 5. Juni 1967, Bern.                               2016, Bern.
           Bundesrat, 1951: «Botschaft betreffend Teilrevision des       SWV, 2016a: «Wirtschaftlichkeit der Wasserkraft», Fakten-      Michel Piot ist Public Affairs Manager bei Swisselectric.
           Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasser-            blatt, Schweizerischer Wasserwirtschaftsverband (SWV),         JJSwisselectric, 3001 Bern
           kräfte» vom 13. November 1951, Bern.                          publiziert auf www.swv.ch, Baden.                              JJmichel.piot@swisselectric.ch

     12    sonderdruck wasserzins 1 / 2017
WA S S E R Z I N S

Sichere Versorgung
dank Schweizer
Wasserkraft
Wasserkraft als Rückgrat unserer
Stromversorgung:
Schweizer Wasserkraft trägt rund 60 % zur
einheimischen Stromproduktion bei und spielt
somit für die Umsetzbarkeit der Energiestra-
tegie 2050 eine zentrale Rolle.

Wasserkraft als regionaler Wirtschaftsmotor:
Die Wertschöpfung erfolgt in der Schweiz. Sie
wirkt der Abwanderung in Bergregionen
entgegen und sichert lokal Arbeitsplätze.

Wasserkraft als Tourismusattraktion:
Stauseen und Wasserkraftwerke bieten Erho-
lungsgebiete in einmaligen Gebirgs- und Fluss-
landschaften.

Wasserkraft als Energie der Schweiz:
Wasserkraft ist unser wichtigster einheimi-
scher Rohstoff – er ist erneuerbar, klimascho-
nend, flexibel einsetzbar und auch zukünftig
verfügbar.

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