WeinLese Das Delinat-Magazin Nr. 57, Februar 2020 - 40 Jahre Delinat: Der lange Weg zum Weinbau der Zukunft.

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WeinLese Das Delinat-Magazin Nr. 57, Februar 2020 - 40 Jahre Delinat: Der lange Weg zum Weinbau der Zukunft.
Das Delinat-Magazin
Nr. 57, Februar 2020   WeinLese

 40 Jahre Delinat:
 Der lange Weg zum Weinbau der Zukunft.
WeinLese Das Delinat-Magazin Nr. 57, Februar 2020 - 40 Jahre Delinat: Der lange Weg zum Weinbau der Zukunft.
Bild: Hans Wüst
Honig
aus Europas
Bienen-
Paradiesen
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                               www.delinat.com/9455.31

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Sonnenblumenfeldern der Provinz Molise, in mächtigen
Edelkastanienbeständen Asturiens oder in saftig grünen
Robinienwäldern der bulgarischen Stara-Region – überall
suchen unsere zertifizierten Bioimker die besten Weiden
für ihre Bienenvölker.
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exklusives Angebot an unverfälschten, natürlichen
Biohonigsorten aus europäischen Regionen, wo sich
die Bienen noch wie im Paradies fühlen. Ein Hochgenuss
für alle Honigliebhaber. Auch als Geschenk beliebt!
WeinLese Das Delinat-Magazin Nr. 57, Februar 2020 - 40 Jahre Delinat: Der lange Weg zum Weinbau der Zukunft.
In dieser Ausgabe
«Wer keine Ideen hat, feiert Jubiläen»
					Karl Schefer, Delinat-Gründer

                                                                                          Schwerpunkt
                                                                                          40 Jahre Delinat
                                                                                          1980 begann Karl Schefer,
                                                                                          den biologischen Weinbau
                                                                                          salon­fähig zu machen. Der
                                                                                          lange und kompromisslose
                                                                                          Weg eines Schweizer
                                                                                          Familien­unternehmens.
                                                                                          Seite 6–25

                                                                                          Weinabo
                                                                                          Motivierte
                                                                                          Päcklimacher
1980 begannen Astrid und Karl Schefer, in ihrem
                                                                                          Seit einem Jahr werden die
kleinen Haus im Appenzellerland Weinpakete zu
                                                                                          DegustierService-Pakete von
schnüren und verschickten diese an ein paar Dutzend
                                                                                          der Lebenshilfe Lörrach, einer
Kunden, die sich damals für Biowein interessierten. Es
                                                                                          Institution, die sich um
war der Anfang des Schweizer Familienunternehmens
                                                                                          behinderte Menschen
Delinat. In den vergangenen 40 Jahren ist es ständig
                                                                                          kümmert, gefertigt.
gewachsen und gleichwohl ein typisches,
                                                                                          Seite 26–27
erfolgreiches Familienunternehmen geblieben.
                                                                                          Genuss
Karl Schefer ist kein Freund von Jubiläen. «Wer keine
Ideen hat, feiert Jubiläen», pflegt er zu sagen. Auch                                     Lust auf
Zurückblicken ist nicht sein Ding. Viel lieber schaut er                                  Wintergemüse
vorwärts, entwickelt neue Visionen und versucht,
                                                                                          Der Winter ist die ideale
diese mit adäquaten Projekten umzusetzen. Dabei legt
                                                                                          Jahreszeit, um neue Gemüse-
er noch immer gerne selber Hand an – im Grossen
                                                                                          rezepte auszu­probieren.
wie im Kleinen.
                                                                                          Peter Kropf verrät seine
                                                                                          Lieblingsgerichte.
Mit dem Schwerpunktthema in diesem Heft soll also
                                                                                          Seite 29–31
kein Jubiläum gefeiert werden. Vielmehr geht es
darum, einen Einblick zu geben in eine unglaubliche
                                                           Kurz & Bündig
Metamorphose, die im Weinbau möglich ist, wenn
                                                           Spannende Kurznachrichten aus der Weinwelt und von
eine verschworene Gemeinschaft gemeinsame Sache
                                                           Delinat-Weingütern. Seite 5
macht. Noch ist der biologische Weinbau weltweit
längst nicht dort, wo er sein sollte. Mit Überzeugung,     Für helle Köpfe
Ausdauer und Kreativität kann es aber gelingen, immer      Gewinnen Sie beim grossen WeinLese-Rätsel mit etwas
mehr qualitativ hochwertige Weine aus Rebbergen mit        Glück eines von fünf DegustierService-Paketen «Exklusiver
reicher Biodiversität zu erzeugen. Zum Wohle aller         Rotwein» für ein Jahr. Seite 28
Weinliebhaber und der Natur.
                                                           Eintauchen in die Weinwelt
                                                           Ein vielfältiges Kurs- und Reiseprogramm lädt auch dieses
Ich wünsche Ihnen erhellende Lektüre bei einem
                                                           Jahr zum Eintauchen in die faszinierende Delinat-
feinen Glas Delinat-Wein.
                                                           Weinwelt. Beilage in diesem Heft.

Hans Wüst, Redaktor

                                                                                      WeinLese Nr. 57, Februar 2020    3
WeinLese Das Delinat-Magazin Nr. 57, Februar 2020 - 40 Jahre Delinat: Der lange Weg zum Weinbau der Zukunft.
Buchtipps
               von Peter Kropf

Leidenschaftlich                         Handlich                                   Glücklich
Andreas Caminada, einer der              Ein Kochbüchlein, das man gerne            Das Buch des bekannten Sternekochs
bemerkenswertesten Köche Europas,        mitnimmt ins Wochenende oder               Rainer Hensen beginnt mit kurzen,
überrascht mit seinem ersten Buch.       in den Urlaub. Gegliedert in drei          reich bebilderten Gourmetgeschichten
Untertitel: «Meine einfache Küche».      Kapitel: Rezepte für jeden Tag,            zum Einstimmen aus kulinarisch
Caminada präsentiert einfache Gerichte   kleine Gerichte für den Lunch              interessanten Regionen Europas. Dann
seiner Heimat, so zubereitet und         unterwegs und umfassendere                 folgen die Rezepte, komponiert nach
präsentiert, dass sie zum Hochgenuss     Gerichte fürs Wochenende.                  dem Grundsatz «saisonal, regional,
für Auge, Nase und Gaumen werden.        Dazu gibts wertvolle Tipps: gute           bio» und unterteilt in die Kapitel «Essen
Dazwischen Geschichten zu Produkten      Eiweisslieferanten, Küchenhelfer für die   wie früher», «Kochen für und mit
und den Menschen dahinter;               Gemüsezubereitung, Zutatenkombis           Freunden», «Kochen für besondere
wunderschön bebildert: ein grosser       nach Jahreszeit. Vegane Gerichte sind      Gäste» und «Zeit zu zweit».
Wurf.                                    gekennzeichnet.

Andreas Caminada: Pure Leidenschaft      Martina Kittler: Vegetarisch               Rainer Hensen: Vom Glück beim Essen
AT-Verlag, Aarau und München             Gräfe und Unzer Verlag, München            Christian Verlag, München
ISBN 978-3-03902-028-7                   ISBN 978-3-8338-6622-7                     ISBN 978-3862446933

                                         Meine Empfehlung:

                                         «Casetta
                                            Der Valpolicella La
                                                  der Gebrüder
                                         Fasoli ist ein italienischer
                                         Klassiker schlechthin.
                                         Jahrgang für Jahrgang
                                         arbeiten die Fasolis an den
                                         Details, um diesen Wein
                                         weiter zu perfektionieren.
                                         So begeistert auch die
                                         Abfüllung 2017 – in neuem
         Valpolicella DOC 2017
                                         Kleid. »                                   Martina Korak, Önologin und
         Valpolicella La Casetta                                                    Einkäuferin bei Delinat.
         www.delinat.com/2157.17

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WeinLese Das Delinat-Magazin Nr. 57, Februar 2020 - 40 Jahre Delinat: Der lange Weg zum Weinbau der Zukunft.
Kurz & bündig

Winzer des Jahres im                        schen Weinelite. Im November 2019            Tragisches
                                            wurden sie und ihre Riesling-Weine vom
Languedoc                                                                                Insektensterben
                                            Weinguide «Gault&Millau» mit neuen
                                                                                         daw. Seit der weltweit beachteten
                                            Lorbeeren überschüttet. Battenfeld-Spa-
                                                                                         «Krefelder Insektenstudie» ist bekannt,
                                            nier erhielt die höchste Auszeichnung
                                                                                         dass der Bestand an Fluginsekten selbst
                                            von 5 Trauben und steigt damit zum
                                                                                         in Naturschutzgebieten in den letzten
                                            Weltklasse-Weingut auf. Kühling-Gillot
                                                                                         30 Jahren um über 70 Prozent zurück-
                                            wurde mit 4 Trauben ausgezeichnet
                                                                                         gegangen ist. Neuste Ergebnisse einer
                                            (deutsches Spitzenweingut). Delinat
                                                                                         Studie der Technischen Universität
                                            arbeitet seit rund fünf Jahren mit Oliver
                                                                                         München mit einem internationalen
                                            Spanier und Carolin Spanier-Gillot zu-
                                                                                         Forscherteam zeigen ein noch schlim-
                                            sammen.
                                                                                         meres Bild: Alleine in den letzten neun
                                                                                         Jahren ging in den jährlich erprobten
emh. «Le Guide Hachette des Vins», der
                                            Rückhaltebecken                              Gründlandstandorten die Biomasse
älteste und meistverkaufte Weinführer
                                            überflutet                                   um 67 Prozent, die Individuenzahl um
                                                                                         78 Prozent und die Artenzahl um 34
Frankreichs, hat Delinat-Winzer Louis
                                                                                         Prozent zurück. Betroffen sind auch die
Fabre von Château Coulon zum Winzer
                                                                                         Insekten im Wald. Hier ging die Insekten-
des Jahres 2020 im Languedoc ge-
                                                                                         masse zwischen 2008 und 2017 um 41
kürt. Louis Fabre repräsentiert eine der
                                                                                         Prozent zurück, und die Artenvielfalt sank
ältesten Winzerfamilien im Languedoc
                                                                                         um 36 Prozent. Laut Studie steht das
– ihre Geschichte geht bis auf das Jahr
                                                                                         Insektensterben in direktem Zusammen-
1605 zurück. Mit der Auszeichnung zum
                                                                                         hang mit der heute praktizierten Land-
Winzer des Jahres werden vor allem
                                                                                         und Forstwirtschaft. Die an der Studie
das über 30-jährige Engagement für
                                                                                         beteiligten Wissenschaftler fordern einen
den biologischen Weinbau sowie die
                                                                                         Paradigmenwechsel in der Naturschutz-
Verdienste als Botschafter der Weine aus
                                                                                         und Landnutzungspolitik auf nationaler
dem Languedoc gewürdigt. «Wir freuen
                                                                                         und internationaler Ebene. Es besteht
uns sehr über diese Auszeichnung. Es        dar. Unermüdlich hat Winzer Carlos Laso
                                                                                         der Verdacht, dass das Insektensterben
ermuntert uns, auf dem eingeschlage-        auf seinem Weingut Pago Casa Gran im
                                                                                         verheerende Folgen für die Bodenfrucht-
nen Weg weiterzugehen», erklärt Louis       Hinterland von Valencia in den vergan-
                                                                                         barkeit und die Befruchtung von Obst-,
Fabre.                                      genen Jahren im Sinne der Permakultur
                                                                                         Gemüse- und Feldkulturen hat. Dies-
                                            viele Retentionsflächen für Regenwasser
                                                                                         bezüglich liegen aber noch zu wenig
                                            geschaffen. Im vergangenen September
Aufstieg in die Weltklasse                  wurden nach überaus heftigen Gewit-
                                                                                         konkrete Forschungsergebnisse vor.
                                            tern alle Rückhalteflächen überflutet, mit
                                            Sedimenten gefüllt und teilweise beschä-     Naturkork im Aufwind
                                            digt. Dank den Permakulturmassnahmen         mak. Korkindustrie Trier, ein deutscher
                                            konnten noch grössere Schäden durch          Veredelungsbetrieb für Naturweinkor-
                                            Überschwemmungen und Erosion ver-            ken und Sektkorken im hochwertigen
                                            hindert werden. Das Wetterphänomen           Bereich, feiert 2020 das 10-jährige Jubi-
                                            «La Gota Fría» ist an der spanischen         läum des OrganiQork. Dieser Naturkor-
                                            Ostküste bekannt; so hart wie im ver-        ken kommt ganz ohne Bleichung und
                                            gangenen Herbst traf es die Region aber      synthetische Behandlungsmittel wie Si-
                                            seit drei Jahrzehnten nicht mehr. Carlos     likon und Paraffin aus. Der ungebleichte
                                            Laso will nun noch mehr und noch             Korken wird nur mit Bienenwachs und
emh. Die beiden biodynamischen Wein-        grössere Retentionsflächen realisieren,      pflanzlichen Ölen beschichtet. Mitt-
güter Battenfeld-Spanier und Kühling-       um für solche Ereignisse besser gerüstet     lerweile umfasst diese ökologische
Gillot in Rheinhessen, die vom Ehepaar      zu sein und auch in langen Trockenpe-        Korklinie ein Drittel der Produktion von
Oliver und Carolin Spanier-Gillot geführt   rioden über genügend Wasserreserven          Korkindustrie Trier. Delinat verwendet
werden, gehören schon länger zur deut-      für seine Reben zu verfügen.                 diese Korken seit rund fünf Jahren.

                                                                                               WeinLese Nr. 57, Februar 2020       5
WeinLese Das Delinat-Magazin Nr. 57, Februar 2020 - 40 Jahre Delinat: Der lange Weg zum Weinbau der Zukunft.
40 Jahre Delinat

    Vor 40 Jahren begann Karl
    Schefer mit dem Verkauf von
                                     Metam
                                     im Wei
    Wein aus biologischem Anbau.
    Bioweine waren damals sauer,
    kaum geniessbar und stammten
    aus Rebbergen mit öder
    Monokultur. Heute gleichen die
    Delinat-Weinberge wahren
    Naturparadiesen, und die Weine
    überzeugen mit grossartiger
    Qualität. Doch das reicht dem
    Delinat-Chef nicht. Ein
    Gespräch über den langen Weg
    zum Weinbau der Zukunft.

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WeinLese Das Delinat-Magazin Nr. 57, Februar 2020 - 40 Jahre Delinat: Der lange Weg zum Weinbau der Zukunft.
nbau
                               morphose

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     Bilder:
    Bild:    Yvonne
          Marçal FontBerardi
WeinLese Das Delinat-Magazin Nr. 57, Februar 2020 - 40 Jahre Delinat: Der lange Weg zum Weinbau der Zukunft.
40 Jahre Delinat

Karl Schefer, 1980 war biologischer         tern, Hecken, Bäumen und damit in konventionellen Winzern und dem
Weinbau in Europa kein Thema, heute         einer gewissen Konkurrenz, gegen die Weinhandel den Kampf angesagt.
ist er Trend. Wie viel hat Delinat zu       sie sich zu wehren lernen. Sie werden Wie hast du die damalige Zeit in
dieser Entwicklung beigetragen?             robuster und gesünder, mit kräftigen, Erinnerung?
Karl Schefer: Delinat hat als erstes und aromatischen Trauben, aus denen guter Das war gleichermassen eine sehr harte
wohl als einziges Unternehmen Genuss Wein entsteht. Das alles schreiben die wie auch eine äusserst spannende und
und Lebensfreude mit kompromissloser Delinat-Richtlinien vor, setzen die anregende Zeit, die ich nicht missen
Qualität gepaart. «Mit gutem Gewissen Rahmen­bedingungen, bieten Lösungen möchte. Es fehlte uns an Wissen, Geld,
geniessen» war ein Spruch, mit dem wir an. Kurz: Bio geht auch in Monokultur, Infrastruktur und vor allem an Mit-
damals auf den Unterschied aufmerk- Delinat nicht.                                streitern. Weinhandel und Behörden hat-
sam gemacht haben. Zum guten Ge-                                                  ten sich geschlossen gegen uns gestellt.
wissen trug zweierlei bei: sich selbst mit Eine geniale Idee war das Weinabo      Genau genommen hatten wir nur eines:
gesundem Wein zu verwöhnen, der frei DegustierService. Wie bist du darauf         die sichere Überzeugung, dass unsere
von Schadstoffen ist. Und zweitens mit gekommen?                                  Idee richtig ist. Dass natürlich ge-
jedem Schluck etwas für die Natur zu Das war 1987, knapp sieben Jahre nach wachsener Wein besser sein muss. Be-
tun. Delinat war in den 80er-Jahren das dem Start. Zugegeben: Unsere damali- seelt von dieser Idee, haben wir die not-
einzige Unternehmen, das konsequent gen Weine waren heterogen, manchmal wendige Kraft geschöpft, die es brauchte,
auf Bio gesetzt hat, ohne                                                                    um einige Dutzend Abstürze
dabei den damals üblichen                                                                    zu überwinden. Kraft gaben
Mahnfinger zu heben. Der              «Weinhandel und                                        uns die damaligen Winzer-Pio-
Erfolg liess nicht lange auf                                                                 niere, die wie wir vom Grund-
sich warten, und damit
                                      Behörden        hatten   sich     geschlossen          gedanken überzeugt waren.
waren wir das ideale Vorbild          gegen uns gestellt.»                                   Schon 1982 trafen sich sieben
für grosse Weinfirmen. Es                                                                    charismatische Persönlich-
gibt heute so gut wie keine                                                                  keiten im appenzellischen
Weinanbieter mehr, die nicht auch Bio- echt Spitze, oft aber auch reine Speicher, wo wir in drei Tagen die ersten
weine haben. Insofern haben wir den Geschmackssache. Auch waren die Delinat-Richtlinien formuliert haben, die
Markt geöffnet und entwickelt. Wahr- Unterschiede von einem Jahrgang zum 1983 in Kraft traten. Das war die Geburts-
scheinlich wäre die Entwicklung ohne nächsten deutlich grösser als bei kon- stunde des Bioweins, weil diese Richt-
Delinat langsamer gewesen, und es ventionellen Weinen. Aus zwei Gründen: linien, anders als alle anderen, auch die
gäbe heute wohl nur einen kleinen Teil Erstens greifen naturverbundene Winzer Weinbereitung und nicht nur die Trauben-
des aktuellen Bioangebots.                  grundsätzlich nur sanft in die Wein- produktion definiert hatten. Darauf waren
                                            bereitung ein. Und zweitens waren die wir sehr stolz.
Was unterscheidet Delinat-Weine von         Techniken der natürlichen Wein-
anderen Bioweinen?                          produktion damals noch wenig ent- Wie war es möglich, über hundert
Wenn ein Winzer in der Hoffnung auf wickelt. Alle Delinat-Winzer waren Pio- Biowinzer in ganz Europa von solch
bessere Preise ein Biozertifikat anstrebt, niere, mussten alles neu erfinden – es strengen Richtlinien zu überzeugen?
dann kann er beinahe so weitermachen gab keine Rezepte. Weil wir unsere Kun- Es gab in den 80er-Jahren eine stete Ent-
wie bisher. Er muss lediglich die che- dinnen und Kunden nicht enttäuschen wicklung in «unsere Richtung». Die inno-
misch-synthetischen Pestizide durch wollten, haben wir stets empfohlen, vativsten Winzer haben natürlich auch
«biokonforme» ersetzen. Seine Denk- einen neuen Jahrgang vor dem Kauf zu rasch von Delinat gehört und sich erkun-
weise ändert er nicht: Er betreibt Mono- probieren, auch wenn der letzte gefallen digt, was es braucht, um in unser «Netz-
kultur und damit einen Dauerkampf hat. So kam die Idee wie von selbst: Die werk» aufgenommen zu werden. Noch
gegen Schädlinge und Krankheiten. De- Degustation im Abo – der DegustierSer- heute vergeht kaum eine Woche, in der
linat-Winzer tun alles, um diese Mono- vice – war geboren.                        wir nicht von neuen Winzern kontaktiert
kultur zu durchbrechen und natürliche                                             werden. Doch die wenigsten eignen sich
Kreisläufe zu fördern. Je grösser die Viel- Bereits 1983 hat Delinat eigene,      als Partner. Viele hoffen einfach auf hö-
falt, desto geringer die Probleme. Die strenge Biorichtlinien eingeführt          here Preise und Verkaufsmengen. Die
Reben leben in Nachbarschaft mit Kräu- und damit der Agrochemie, den              besten aber schauen wir genau an, und

8      WeinLese Nr. 57, Februar 2020
WeinLese Das Delinat-Magazin Nr. 57, Februar 2020 - 40 Jahre Delinat: Der lange Weg zum Weinbau der Zukunft.
Bilder: Esther Michel
 Delinat-Gründer Karl Schefer: «Am Anfang fehlte es uns an Wissen, Geld, Infrastruktur und Mitstreitern.
 Genau genommen hatten wir nur eines: die sichere Überzeugung, dass unsere Idee richtig ist.»

wenn es klappt, sind wir die besten Part-    technische Möglichkeiten, dies inner-       ser Berater holt jeden Winzer dort ab, wo
ner, die sich Winzer wünschen können.        halb kurzer Zeit umzusetzen. Etwa effizi-   er ist, und motiviert ihn zum nächsten
Sie bekommen Weiterbildung, fundierte        entere Spritzmaschinen oder neue Reb-       Schritt, begleitet ihn in schwierigen Pha-
Beratung auf allen Ebenen und einen          sorten, die gegen Mehltau resistent sind.   sen und hilft auch mal mit externen Fach-
sehr langfristigen, sicheren Absatz. Über-   Bis die neuen Sorten Ertrag haben, dauert   leuten. Wer heute 1 Delinat-Schnecke
zeugen mussten wir noch nie                                                                          hat, soll 2 erreichen können,
– wenn der eigene Antrieb                                                                            wer 2 hat, soll 3 anstreben. Die
fehlt, dann klappt es nicht.                                                                         Motivation zum Aufstieg ist
                                     «Unsere Richtlinien entwickeln                                  sehr gross.
Die Richtlinien wurden               sich ständig weiter. Das kann
über die Jahre zu                                                                                   Längst gilt das Delinat-
einem Stufenmodell
                                     manchmal ganz schön schwierig                                  Label als Massstab für
mit 1 bis 3 Schnecken                werden.»                                                       einen biologischen
entwickelt. Weshalb dieses                                                                          Weinbau, der diesen Namen
«Schneckensystem»?                                                                                  verdient. Unabhängige
Unsere Richtlinien entwickeln sich stän-     es aber mindestens fünf Jahre. Manche       Stellen wie WWF Schweiz oder
dig weiter. Das kann manchmal ganz           unserer langjährigen Partner setzen im-     Konsumentenschutz bestätigen das
schön schwierig werden, vor allem für        mer gleich alles sofort um, auch wenn es    immer wieder. In welche Richtung
grössere Betriebe. Wenn zum Beispiel         momentan schmerzt. Andere brauchen          entwickeln sich die Richtlinien weiter?
die tolerierte jährliche Kupfermenge re-     mehr Zeit. Mit dem Stufensystem kann        Es gibt zwei Hauptthemen: robuste neue
duziert wird, dann gibt es nur wenige        das hervorragend abgebildet werden. Un-     Rebsorten (PIWI), die resistent gegen

                                                                                                WeinLese Nr. 57, Februar 2020      9
WeinLese Das Delinat-Magazin Nr. 57, Februar 2020 - 40 Jahre Delinat: Der lange Weg zum Weinbau der Zukunft.
Bild: Karl Schefer
                                Karl Schefer mit Sohn Nicolas, Hündin Muscat, Tochter Arina und Ehefrau Astrid.

Krankheiten sind, und Permakultur, um        Ende April bis Mitte Mai bereits in voller    Klimawandel einstellen: Dank Perma-
den zunehmenden Wetterxtremen trot-          Blüte stehen. Noch dramatischer aber          kultur werden sie die langen Trocken-
zen zu können. Ausserdem sollen Deli-        wirken sich die Wetterextreme aus:            zeiten und die Starkregen besser über-
nat-Winzer klimaneutral werden, so viel      Starkregen werden häufiger und intensi-       stehen, und dank resistenter neuer
Energie selbst erzeugen, wie der Betrieb     ver und wechseln sich mit langen              Rebsorten wird die Widerstandskraft der
braucht. Darüber hinaus gilt es, auch die    Trockenperioden ab.                           Pflanzen noch einmal deutlich zu-
Transporte vom Weingut zum End-                                                            nehmen.
kunden energie- und klimaneutral zu ge-      Sind Delinat-Winzer gegen
stalten, Rohstoffe in Kreisläufen zu hal-    Klimawandel besser gerüstet, als              Kupfer und Schwefel zur Bekämpfung
ten. Wir entwickeln uns weiter vom           andere?                                       von Krankheiten sind ein Problem im
nachhaltigen zum regenerativen Wein-         Ja, deutlich. Schon bevor wir mit Perma-      biologischen Weinbau. Gibt es eine
bau, bei dem es nicht darum geht, kei-       kultur zu experimentieren begannen,           Lösung?
nen Schaden anzurichten, sondern             waren Delinat-Weingüter im Vorteil. Zum       Auch hier helfen die neuen resistenten
Schäden aus früheren Sünden wieder           einen erleichtert die Biodiversität mit der   Rebsorten. Sie müssen nicht mehr mit
heilen zu lassen.                            starken Durchwurzelung des Bodens das         Kupfer oder Schwefel gespritzt werden.
                                             Einsickern, was besonders bei Stark-          Zum Glück sind in den letzten zwei Jahr-
Was bedeutet der Klimawandel für             regen von grosser Hilfe ist. Es gibt weni-    zehnten in der Züchtung grosse Fort-
den Weinbau?                                 ger Erosion, und das Grundwasser wird         schritte erzielt worden, nicht nur, was die
Den Klimawandel spüren die Weinreben         «nachgefüllt». Zum andern sind Reben,         Resistenz, sondern vor allem auch, was
in allen Zonen, schon seit Jahrzehnten.      die bei Delinat-Weinbergen in Konkur-         die Qualität betrifft. Unser Ziel war schon
Im Durchschnitt findet die Ernte heute       renz zu Kräutern, Gräsern und Hecken          immer, langfristig auf Kupfer verzichten
14 Tage früher statt als 1980, im Geburts-   stehen und die nicht dauernd mit Pesti-       zu können. In den letzten 25 Jahren
jahr von Delinat. Es wird immer schwie-      ziden vor Feinden und Krankheiten ge-         konnte die durchschnittliche Menge hal-
riger, leichte Weine zu keltern, weil die    schützt werden, deutlich widerstands-         biert werden, und das wird so weiter
Trauben schon vor der Reife viel Zucker      fähiger als konventionelle Reben, die wie     gehen, bis das Mittel nicht mehr ge-
angereichert haben. Auch Frostschäden        Kranke am Tropf hangen. Mit unseren           braucht wird.
nehmen zu, weil der Frühling früher          zwei Stossrichtungen, die wir seit eini-
kommt und wärmer ist, sodass die             gen Jahren prioritär verfolgen, werden        Welche Anstrengungen unternimmt
Reben in der frostgefährlichen Zeit von      unsere Winzer sich noch besser auf den        Delinat bezüglich leichterer Wein­

10     WeinLese Nr. 57, Februar 2020
40 Jahre Delinat

                    flaschen, Mehrfachnutzung der               Weinkartons haben wir in diesem Jahr           ger betätigen, als Gestalter, als Erzeuger
                    Flaschen und Weintransport?                 bereits ein Mehrweg-System einführen           für eigenständigen Wein. Statt stupide
                    In der Ökobilanz des Weinkonsums trägt      können. In der Schweiz funktioniert das        auf dem Traktor zu sitzen und den Boden
                    die Produktion des Weins natürlich den      schon sehr gut, in Deutschland müssen          totzufahren, statt die Umwelt und sich
                    grössten Anteil von über 50 Prozent. In     wir besser werden.                             selbst zu vergiften. Der Weinberg kann
                    diesem Bereich schneiden Deli-                                                             zum Paradies werden.
                    nat-Weine deutlich besser ab als kon-       Deine Vision für den Weinbau der
                    ventionelle. Schon an zweiter Stelle aber   Zukunft?
                    folgt die Weinflasche. Das Herstellen       Resistente Rebsorten wachsen ohne
                                                                                                                Ich danke dir von
                    und auch das Einschmelzen von Glas          Dünger und ohne Pestizide in reicher            Herzen, Astrid
                    verbrauchen grosse Energiemengen. Wir       Biodiversität. Weinberge gleichen Natur-
                    achten daher darauf, möglichst leichte      parks, sind Refugium für seltene Arten.         Es wäre ohne die unermüdliche Hilfe mei-
                    Weinflaschen zu verwenden, sind aber        Es blüht in schönsten Farben, Schmetter-        ner Frau unmöglich gewesen, mein
                    mit dem Resultat noch nicht zufrieden.      linge tanzen, Vögel singen. Wo einst            70-Stunden-Pensum langfristig aufrecht zu
                    Oft streiten sich die Designer mit den      Warnschilder mit Totenkopf vor Pestizi-         halten. Sie hat mich nicht nur in jeder Bezie-
                    Ökologen – gestylte, schwere Flaschen       den warnten, laden Schautafeln zum              hung unterstützt, Haushalt und Familie ge-
                    sehen halt wertiger aus und vermitteln      Verweilen ein, markierte Wanderwege             managt, sondern sie war auch seit Beginn
                    Vertrauen. So gibt es auch in unserem       führen durch den «botanischen Wein-             meine wichtigste Gesprächspartnerin und
                    Sortiment einige schwere Flaschen, die      garten», der nicht nur die besten Weine         kritische Stimme bei heiklen Themen. Sie
                    mehr Ressourcen verbraucht haben als        erzeugt, sondern Erholungsort für Men-          hat mir Rückhalt und Sicherheit gegeben,
                    andere. 2020 wollen wir das Durch-          schen und Zufluchtsstätte für Insekten,         meine Kräfte mobilisiert und mich in Tief-
                    schnittsgewicht um weitere 10 Prozent       Reptilien, Vögel, Igel und alle ist, die wo-    punkten begleitet. Delinat gäbe es ohne sie
                    reduzieren, und langfristig hoffen wir,     anders keinen Lebensraum mehr finden.           nicht in der heutigen Form.
                    wie früher wieder Mehrweg-Glas-             Und der Winzer darf sich zum ersten Mal                                           Karl Schefer
                    flaschen einführen zu können. Bei den       seit einem Jahrhundert wieder als Pfle-

                     Ein Anfang ist gemacht, doch noch längst nicht überall tummeln sich Schmetterlinge im Weinberg.

                                                                                                                                                                 Bild: Marçal Font
Bild: Patrick Rey

                                                                                                                                                           11
Vinya
40 Jahre
      LaiaDelinat

                                                               2010
                                                   Inkrafttreten der neuen Delinat-
                                               Richtlinien. WWF Schweiz und Stiftung
                                              für Konsumentenschutz zeichnen sie mit
                                              dem Prädikat «sehr empfehlenswert» aus.

                                                               2011                                          2017
                                               Eröffnung des Delinat-Zentrallagers bei        Ende 2017 geht die über 20-jährige
                                                      Rhenus in Weil am Rhein.                  Ära von Sylvia und Uwe Fahs als
                                                                                             Gastgeberpaar auf Château Duvivier zu
                                                               2012                         Ende. Der Ferienbetrieb wird nach einem
                                                 Eröffnung des Weindepots in Basel.              neuen Konzept weitergeführt.
                  1980                                                                                       2018
Gründung von Delinat durch Karl Schefer                        2012
   im appenzellischen Speicher in der         Aufbau eines Kurs- und Reise­programms
                Schweiz.                      mit dem Ziel, praxis­nahen Einblick in den
                                               Weinbau nach der Delinat-Methode zu
                   1983                                     ermöglichen.
 Erste Delinat-Richtlinien für kontrolliert
         biologischen Weinbau.
                                                                                              Die Permakultur hält Einzug auf dem
                   1987                                                                       Weinbaubetrieb von Château Duvivier.
 Einführung DegustierService (Weinabo).
                                                                                                             2018
                                                                                             In Bern wird die erste Delinat-Weinbar, in
                                                                                            Zürich ein Weinshop und in Winterthur ein
                                                               2013                               Weindepot mit Bistro eröffnet.
                                                 Delinat wird in der Kategorie «Bio­
                                              diversität» mit dem Deutschen CSR-Preis                        2019
                                                  für Nachhaltigkeit ausgezeichnet.
                  1990
Kauf des Weinguts Château Duvivier in der                      2014
               Provence.                        Delinat-Gründer Karl Schefer wird mit
                                                dem renommierten Binding-Preis für
                                              Natur- und Umweltschutz ausgezeichnet.
                   1991
     Gründung von Delinat Deutschland.
                                                                                            Delinat nimmt Logistik und Weinversand
                                                               2015
                  1994                        Delinat kürt erstmals «Biodiversitätswinzer
                                                                                            wieder in die eigenen Hände, eröffnet in
Eröffnung der Ferienresidenz auf Château                                                    Grenzach-Wyhlen ein neues Zentrallager
                                              des Jahres». Es sind dies für das Jahr 2015   und führt neue Kartonrückgabe-Systeme
                Duvivier.                      Josep Maria Albet i Noya (Penedès) und                          ein.
                                                      Massimo Maggio (Sizilien).
                   1998
     Eröffnung des Weindepots St. Gallen.

                                                               2016                                          2019
                  2004                         Erik Bergmann und Lolita Roche treten           In Hamburg wird der erste Delinat-
  WWF und Konsumentenschutz-Orga­ni­           die Nachfolge von Antoine Kaufmann              Weinshop in Deutschland eröffnet
sationen der Schweiz zeichnen das Delinat-     als Winzer auf Château Duvivier in der
    Label mit dem höchsten Prädikat aus.                   Provence an.                                      2020
                                                                                                 40 Jahre Delinat: Es werden vier
                  2009                                         2017                            Jubiläumsweine angeboten, die den
     Eröffnung der Weindepots Bern und         Der DegustierService Premium wird als            Namen «vierzig» in der jeweiligen
                   Olten.                          7. Delinat-Weinabo eingeführt.                     Landessprache tragen

12        WeinLese Nr. 57, Februar 2020
Wie der Vater, so die Tochter: Arina
Schefer ist seit zwei Jahren ebenfalls
bei Delinat tätig. Als ausgebildete Öno-
login macht sie derzeit Bekanntschaft
mit den vielen Facetten des Familien-
unternehmens.

Arina, was hat dir am Önologie-
Studium besonders gefallen und wie
hilft es dir in deiner Arbeit?
Arina Schefer: Die Vielseitigkeit des Öno-

                                                                                                                                      Bild: Karl Schefer
logie-Studiums, von der Pflanzung der
Rebe über das Wachstum, die Ernte und
die Vinifizierung der Trauben bis hin zur
Vermarktung des Weins, hat mich immer
wieder mit Begeisterung erfüllt. Auch
                                                Arina Schefer in den Weinbergen von Daniel Coulon in Châteauneuf-du-Pape.
bot das Studium neben dem Weinwissen
einen Blick über den Tellerrand. Durch
die Arbeit auf verschiedenen Weinhöfen,      Duvivier. Dieser romantische Ort war für   Als Delinat 1980 entstand, warst
unter anderem in der Provence, in Kata-      mich bereits in meiner Kindheit wie ein    du noch gar nicht auf der Welt.
lonien und im Piemont, konnte ich            zweites Zuhause. Heute bereitet es mir     Wie hast du die Entwicklung eures
Theorie mit Praxis verknüpfen. Zur Ver-      grosse Freude, den Aufenthalt für Gäste    Familienunternehmens erlebt?
ständigung mit Delinat-Winzern sind          besonders erholsam zu gestalten und        Delinat war stets ein Teil unserer Familie,
meine dort erlangten Sprachkenntnisse        die Entwicklung des Weinbaus vorwärts      unserer Identität. Ich war schon immer
von hohem Nutzen.                            zu treiben.                                stolz darauf, sagen zu können, dass
                                                                                        meine Eltern das auf die Beine gestellt
Derzeit schnupperst du in allen              Was interessiert dich mehr: Wein oder      haben. Selbstverständlich gab es neben
Bereichen und verschaffst dir so einen       Natur?                                     den Erfolgen auch Tiefschläge, die der
praxisbezogenen Einblick in die Firma.       Beides, im Einklang. Während meines        Familie zu schaffen gemacht haben. Sol-
Wie sind deine bisherigen Eindrücke?         Studiums habe ich eine Leidenschaft für    che Zeiten habe ich dennoch positiv in
Es ist unglaublich spannend, alle Be-        die Wissenschaft des Weins entwickelt.     Erinnerung, denn wir haben es immer
reiche kennenzulernen. Mit jeder neuen       Und doch musste ich mit Schrecken          geschafft, das Beste daraus zu machen
Aufgabe und durch die Unterstützung          feststellen, wie weit sich der kon-        und optimistisch zu bleiben.
unserer erfahrenen Mitarbeiter lerne ich     ventionelle Weinbau von den natür-
viel Neues und verstehe die komplexen        lichen Herstellungsverfahren entfernt      Für eine erfolgreiche Zukunft wird es
Zusammenhänge unserer                                                                             wichtig sein, neue und vor
Firma immer besser. Ver-                                                                          allem auch junge Leute für
netztes Denken ist gefragt –         «Es ist unglaublich                                          Delinat-Wein zu begeistern.
das ist spannend und mobi-
lisiert meine natürliche
                                     spannend, alle Bereiche                                      Wie schafft man das?
                                                                                                  Es ist sicher wichtig, ein
Neugier.                             kennenzulernen.»                                             Bewusstsein dafür zu schaffen,
                                                                                                  dass es besonders bei Genuss-
Was gefällt dir besonders                                                                         mitteln wie Wein wichtig ist,
gut?                                         hat. Man spricht zwar oft von Tradition,   wie diese erzeugt werden. Der nach-
Der Kontakt zu unseren Produzenten, zu       aber die Tradition des konventionellen     haltige und ökologische Anbau spiegelt
den Produkten und deren Entwicklung          Weinbaus reicht nicht weiter als 100       sich in der Qualität wieder. Begeisterung
ist unglaublich anregend. Hier kann ich      Jahre zurück. Traditioneller Weinbau       für Delinat-Wein entwickelt sich beim
das im Studium erlangte Wissen ein-          wäre ökologisch, ohne Pestizide oder       ersten Schluck. Wir haben schon immer
setzen und meine Kompetenzen ein-            sonstige chemische Spritzmittel, denn      mit unserer Produktqualität überzeugen
bringen. Zu meinen Hauptaufgaben ge-         diese wurden erst während der Chemie-      können, und ich denke, das wird auch
hört auch die Betreuung von Château          wende erschaffen.                          der Weg in die Zukunft sein.

                                                                                               WeinLese Nr. 57, Februar 2020    13
40 Jahre Delinat

Andere Wege
gehen
                                            pische Werbeversprechen in knallig-blin-
                                            kenden Bannern nicht mehr funktionie-
                                            ren.

                                            Es ist leider eine neue Marktrealität:
                                            Ohne gewisse Plattformen lassen sich
                                            Konsumenten heute kaum mehr errei-
                                            chen. Aber es gibt auch nachhaltigere
                                            Wege, seine Botschaften zu verankern.

                                            Geschichten und
                                            Gesichter
Michel Fink, Leiter Marketing
                                            Delinat ist seit Beginn von Pionier-Ge-
Am 6. Dezember 2019 hat Delinat in          schichten geprägt. Karl Schefer hat ers-
Hamburg den ersten Weinshop in              te Biorichtlinien eingeführt, als Europa
Deutschland eröffnet – ein weiterer         noch nicht einmal wusste, was «Bio»
Meilenstein in unserer Geschichte.          denn bedeutet. Mitte der 80er-Jahre         ehrlich – nun mal einfach vergorener
Während etablierte Detailhändler auf-       wurde mit einem Weinabo ein Vermark-        Traubensaft ist. (Das schreibt übrigens je-
grund des zunehmenden Drucks des            tungsmodell für ein Konsumgut ge-           mand, der Wein für die genussvollste Er-
Onlinehandels Filiale um Filiale schlies-   schaffen, das man bis dahin nur bei der     findung auf Erden hält.) Es ist auch nicht
sen, setzen wir als Versandhändler ver-     Presse kannte. In den 90er-Jahren hat       nur der Top-Kundenservice oder das fai-
stärkt auf stationäre Konzepte. Unge-       Delinat mit Weinbauforschung begon-         re Preis/Genuss-Verhältnis, das den Un-
wöhnlich. Aber doch so typisch für De-      nen, um das möglich zu machen, was          terschied macht. Es sind die Emotionen
linat.                                      bis dahin im Weinbau als unmöglich galt.    und Geschichten, die der Weinfreund
                                            Letztes Jahr haben wir als erster Ver-      damit verbindet.
Früher war das Leben als «Marketer» ein-    sandhändler in Europa ein Rückgabesys-
facher. Mit «früher» meine ich nicht nur    tem für Weinkartons eingeführt. Und
die Zeit bis in die späten 90er-Jahre, in   bald werden wir uns auch des Themas         Offline entdecken
der man mit einen ganzseitigen Inserat      Glasflaschen annehmen, einer der we-
und dem Wort «Biowein» Hunderte von         sentlichen Faktoren der Ökobilanz. Die-
                                                                                        – online zum Stamm-
Bestellungen auslösen konnte. Ich den-      se Liste könnte beliebig fortgeführt wer-   kunden werden
ke dabei gerade auch an die jüngere Ver-    den. Und sie kann ergänzt werden mit all
gangenheit, in der man seine Botschaf-      den grossen und kleinen Geschichten         In diesem Wissen hat Delinat vor allem
ten im Internet noch ohne grossen Lärm      von fleissigen Delinat-Winzern, deren       auch in jene Bereiche investiert, in de-
verbreiten und trotzdem eine breite Kon-    mutigen Ideen und Innovationen sowie        nen wir Geschichten besonders gut an
sumentenschicht erreichen konnte. Wir       ihren paradiesischen Weinbergen.            den Weinfreund bringen können. In Er-
Marketingmenschen haben eine beson-                                                     lebnisse zum Beispiel. Wir bieten heute
dere Gabe dafür, Kommunikationsplatt-       Das ist es letztlich, was Delinat von je-   150 Weinkurse in 30 Städten an und kön-
formen so lange auszupressen, bis sie       dem anderen Weinhändler unterschei-         nen dadurch jedes Jahr über 2000 Kun-
ohne massive Preisnachlässe oder uto-       det. Nicht das Produkt, das – sind wir      den nachhaltig begeistern. Noch besser

14     WeinLese Nr. 57, Februar 2020
Bild: Kerstin Bittner
 Hier werden seit Dezember 2019 Weine aus reicher Natur ausgeschenkt, lehrreiche Kurse angeboten und spannende
 Geschichten erzählt: der neu eröffnet Delinat-Weinshop mit Bistro im Stadtzentrum von Hamburg.

funktioniert das «Storytelling» natürlich   dass uns das – verbunden mit Weinkur-        unsere Tropfen allen bewussten Konsu-
im Weinberg selbst: Auf aktuell zehn        sen und Events – nun auch in Deutsch-        mentinnen und Konsumenten in Europa
Weinreisen erzählen die Winzer vor Ort      land gut gelingen kann. Der Weinshop in      zugänglich zu machen. Und damit zu be-
von ihrer Arbeit, ihren Herausforderun-     den Städthöfen Hamburg ist ein erster        weisen, dass Ökologie und Ökonomie
gen und von der Schönheit der Natur.        Versuch. Ganz im Delinat-Stil werden wir     sehr wohl im Einklang funktionieren kön-
Und sie zeigen den Besucherinnen und        auch dort die Gelegenheit nutzen, ver-       nen.
Besuchern, wie dank der Delinat-Metho-      schiedene Gastronomie-, Kurs- und An-
de endlich wieder Schmetterlinge in den     gebotsformen zu testen. Was unsere           Ich werde von Kunden oftmals gefragt,
Weinbergen fliegen. Das kann kein Inse-     Gäste begeistert, werden wir 2020 an         ob es denn wirklich nötig ist und es zu
rat und kein Online-Banner.                 unserem zweiten Standort in München          Delinat passt, immer weiter wachsen zu
                                            multiplizieren. Weitere werden folgen.       wollen. Meine Antwort ist dabei stets die-
Besonders gut können Geschichten im                                                      selbe: Der Weinverkauf ist und war nie
persönlichen Kontakt und bei einem gu-                                                   das eigentliche Unternehmensziel von
ten Glas Wein erzählt werden. In der
                                            Weinfreunde in ganz                          Delinat. Es ging immer darum, in Europa
Schweiz experimentieren wir bereits seit    Europa begeistern                            wieder blühende Naturparadiese zu
einigen Jahren mit verschiedenen La-                                                     schaffen. Und für uns Weinfreaks ist es
denformaten. Gerade weil wir in erster      Mit der Einführung der neuen Versand­        ein Glücksfall, hat sich die Familie Sche-
Linie ein Versandhändler sind, sind diese   logistik haben wir letztes Jahr auch die     fer damals entschieden, dieses Ziel mit
bisher sieben Standorte auch eine wich-     Basis für den nächsten Meilenstein ge-       dem Verkauf von Wein zu erreichen. Hat
tige Ergänzung in der Kundengewin-          legt: die Expansion in weitere EU-Länder.    man dies erst mal verstanden, beantwor-
nung geworden. Viele Weinfreunde ha-        Die weltpolitische Lage, die aktuelle Kon-   tet sich die Frage nach der Notwendig-
ben Delinat quasi im «Vorbeigehen» ent-     sumentenstimmung und die steigende           keit des Wachstums von selbst.
deckt und sich dann vom Delinat-Fieber      Nachfrage nach ökologisch hergestellten
anstecken lassen. Wir sind überzeugt,       Produkten bestärken uns mehr denn je,

                                                                                            WeinLese Nr. 57, Februar 2020       15
Die Sicht
                                                          von aussen ...
Bild: Patrick Rey

                                                          K
                                                                arl Schefer und sein Team haben es      Seit 1998 überprüft bio.inspecta als un-
                                                                geschafft, in der ökologischen          abhängige Kontrollinstanz die Einhaltung
                                                                Weinproduktion neue Massstäbe zu        der Delinat-Richtlinien bei den Winzern
                                                          setzen. Die verlangte Begrünung der           vor Ort. Diese jährliche Kontrolle und
                                                          Weinberge, die strengen Auflagen in Be-       Zertifizierung erfolgt mehrstufig (Wein-
                                                          wässerung der Reben und auch in der           gut und Weine) durch zwei unabhängig
                                                          Vinifikation sind nur einige Beispiele, bei   voneinander arbeitende Kontrolleure
                                                          denen die Delinat-Richtlinien weit über       und wird in detaillierten Inspektionsbe-
                                                          die generellen Anforderungen an den           richten festgehalten.
                                                          Biolandbau sowie andere Bio-Richtlinien
                                                          (EU, Bio Suisse, Demeter) hinaus gehen.
                                                          Delinat ist aus meiner Sicht damit eines
                    Ueli Steiner,                         der innovativsten Unternehmen über-
                    Geschäftsführer bio.inspecta AG       haupt.

                    16    WeinLese Nr. 57, Februar 2020
40 Jahre
                                                                                                     Vinya
                                                                                                        Delinat
                                                                                                           Laia

I
  m Juni 1998 ging die Zeitschrift «Vi-      wegweisend in Erinnerung. Etwa das
  num» neue Wege. Mit grün eingefärb-        Projekt «Terre del Meridione», in dem
  tem Titel-Logo und einem 32-seitigen       das südliche Italien als ganzheitlicher
Special widmete man sich dem Biowein-        Weinkulturraum vorgestellt wurde. Oder
bau, zu jener Zeit noch eine visionäre       die Entwicklung und Lancierung des
Leistung. Basis dieses «Extras» war ein      Weins «Canta Rasim», für den der Ter­
Meeting von über 20 Winzern auf Châ-         roirgedanke auf die okzitanische Spra-
teau Duvivier, dem Biowein-Schlossgut        che, die Musik (inklusive Produktion ei-
von Delinat in der Provence. Von all den     ner CD mit Chansons und Folk), die
vielen Events, an die ich mich erinnern      Geschichte und natürlich die Küche er-
kann, war dieses Delinat-Meeting wo-         weitert wurde. Die grösste Leistung von
möglich das befruchtendste und beflü-        Delinat ist, dass man sich nicht nur als
gelndste überhaupt: Der kontrolliert bio-    Weinhändler definiert, sondern als Ak-       Thomas Vaterlaus,
logische Anbau stand damals unmittelbar      teur und Mitgestalter einer Szene. Nir-      Chefredaktor Vinum
vor dem Durchbruch, und wir waren Teil       gends wird dies so deutlich wie bei den
dieser pulsierenden Bewegung. Mit da-        tiefgreifenden Delinat-Richtlinien für den   mal am Weingut von Karin und Roland
bei war auch ein Radioreporter, der täg-     biologischen Anbau. Vor allem die Ent-       Lenz vorbei. Gleich neben dem Eingang
lich in SRF 1 über diesen Bioweingipfel      wicklung der sogenannten Hotspots            steht eine eigenartige, mehrere Meter
berichtete. «Vinum» und Radio SRF pro-       (konzentrierte Biotope inmitten der Reb-     hohe Skulptur aus Steinen, Ästen, Gras
duzierten zudem ein Booklet, in dem die      monokultur) verfolge ich mit grossem         und vielem mehr. Roland Lenz bezeich-
besten Bioweine im damaligen Markt           Interesse. Es ist faszinierend zu sehen,     net diese Hotspots als seine Insektenho-
vorgestellt wurden. Mit dieser gebündel-     wie die beteiligten Winzer diese Hot-        tels. Vor allem nützliche Schlupfwespen
ten Power haben wir der Biowein-Bewe-        spot-Idee aufgreifen und auf ihre urei-      steigen da gerne ab. Kein Wunder: Der
gung spürbaren Schub gegeben. Auch           gene Weise interpretieren. So habe ich in    «Late Check-in» ist ohne Voranmeldung
spätere Delinat-Projekte, an denen ich       Rueda mobile Hotspots auf Rädern ge-         jederzeit möglich …
beteiligt war, habe ich als innovativ und    sehen. Und im Thurgau fahre ich manch-

D
        elinat leistet ausgezeichnete Ar-    es, den Kupfergebrauch weiter zu redu-
        beit für eine nachhaltige Wein-      zieren. Die Förderung resistenter, stand-
        produktion. Besonders lobens-        ortangepasster Rebsorten ist ein wichti-
wert sind aus Sicht des WWF die              ger Schritt in diese Richtung und wird
umfassenden Födermassnahmen für die          künftiger noch wichtiger werden. Im Be-
Naturvielfalt, insbesondere dort wo sie      reich Klima strebt Delinat eine klimaneu-
weitreichender sind als von BioSuisse        trale Weinproduktion an. Die getroffenen
verlangt. So ist etwa der Anteil an Biodi-   Massnahmen, wie etwa die Förderung
versitätsförderflächen höher und zu ei-      erneuerbarer Energien, sind wichtig und
nem gewissen Anteil direkt neben oder        sollten unbedingt weiterverfolgt werden.
innerhalb der Rebkulturen angesiedelt.       Zuletzt ist noch die Produktion und Ver-
Vorgeschrieben sind auch ein gewisser        wendung von Pflanzenkohle zu nennen,
Blühanteil von Bäumen und Wildsträu-         welche nicht nur im Sinne einer Kreis-       Sofia Barth,
chern, sowie weitere Elemente, die für       laufwirtschaft die Bodenfruchtbarkeit        Abteilung Politik, WWF Schweiz
Strukturvielfalt sorgen.                     fördert, sondern auch dazu führt, dass
                                             CO2 in den Boden eingebunden wird.
Auch im Bereich Pflanzenschutzmittel
sind die Richtlinien beachtlich. Neben       Alles in allem ist der Weinbau unter dem
dem Verbot von chemisch-syntheti-            Zertifikat Delinat wegbereitend für eine
schen Pestiziden wird auch der Einsatz       nachhaltigere Landwirtschaft.
von Kupfer eingeschränkt. Wichtig wäre

                                                                                                WeinLese Nr. 57, Februar 2020   17
40 Jahre Delinat

Das meinen
Winzer
der ersten
Stunde ...                                                                                  Tobias Zimmer,
                                                                                            Weingut Hirschhof, Rheinhessen

                                                                                            E
                                                                                                  s war 1992 als wir unseren allerers-
                                                                                                  ten Weisswein – einen 91er Kerner
                                             Josep Maria Albet i Noya,                            Kabinett trocken – an Delinat lie-
                                             Bodega Albet i Noya, Penedès                   fern konnten. Mein Vater Walter hatte
                                                                                            ein Jahr zuvor Peter Hilden, damals Lei-

                                            D
                                                     en allerersten Kontakt mit Karl        ter von Delinat Deutschland, kennenge-
                                                     Schefer hatte ich, als er auf seiner   lernt und war sofort Feuer und Flamme
                                                     Fahrradtour durch den Süden Ka-        für eine Zusammenarbeit. Wahrschein-
                                              taloniens einen Zwischenstopp bei uns         lich hätte damals keiner der beiden ge-
                                              einlegte. Wir waren 1978 wahrscheinlich       dacht, dass diese 30 Jahre andauern
                                              das erste und einzige Bioweingut Spani-       würde. Heute sind wir stolz, mit dem
                                              ens. Bioweine waren damals also noch          Riesling Terra Rossa und dem Schäumer
                                              kaum erhältlich, geschweige denn nach-        DELSECCO zwei der beliebtesten
                                              gefragt, aber dieser radelnde Schweizer       Weine für Delinat keltern zu dürfen.
hatte die verrückte Idee, einen Weinhandel ausschliesslich mit Bioweinen zu eröff-
nen. Ich war begeistert von Karls Enthusiasmus, seiner Zielstrebigkeit und Hartnä-          In all den Jahren konnten wir nicht nur
ckigkeit. Und so lieferten wir schliesslich 1983 unsere ersten Weine in die Schweiz.        viele Weinfreunde für unsere Tropfen
                                                                                            begeistern, sondern auch viele andere
Der Erfolg von Delinat hat auch uns Auftrieb gegeben. Delinat und Albet i Noya sind         Weingüter für den biologischen Anbau
quasi zusammen gross geworden. In dieser Zeit sind nicht nur viele wunderbare               motivieren. Alleine in unserer Gemeinde
Weine entstanden, sondern auch enge Freundschaften geknüpft worden. Etwa auch               Westhofen haben mittlerweile sechs
mit Pierre Basler, einem PIWI-Pionier aus der Schweiz. Gemeinsam mit ihm und De-            andere Weingüter umgestellt. Kein
linat begannen wir bereits 1999 damit, resistente Sorten anzubauen – und das ob-            Wunder: Denn wer einmal verstanden
wohl der Anbau solcher Sorten in Spanien verboten war. Was irrsinnigerweise bis             hat, welche Vorteile ein in schönster
heute der Fall ist.                                                                         Biodiversität blühender Weinberg nach
                                                                                            der Delinat-Methode hat, wird sich die
Heute werden in ganz Katalonien 20 000 Hektar Reben biologisch bewirtschaftet.              Frage stellen, warum er nicht schon im-
Die intensive Zusammenarbeit mit Delinat hat wesentlich dazu beigetragen.                   mer so angebaut hat.

18     WeinLese Nr. 57, Februar 2020
40 Jahre Delinat

Louis Fabre,                                 François Meyer,                             Natalino Fasoli,
Château Coulon, Corbières                    Domaine Eugène Meyer, Bergholtz             Azienda Fasoli Gino, Veneto

S                                            U                                           E
     eit über 20 Jahren arbeiten wir nun             nser gemeinsames Abenteuer be-            s war an einer Vinitaly-Messe vor 30
     schon mit Delinat zusammen. Da-                 gann im Jahr 2000. Delinat war            Jahren, als da ein Schweizer Betrieb
     bei pflegt Delinat eine Beziehung,              damals auf der Suche nach einem           namens Delinat eifrig nach Biowei-
die weit über das Lieferantenverhältnis      Bio-Crémant und die Qualität unserer        nen suchte. Wir hatten damals zwar be-
hinausgeht. Das zeigt sich beispielsweise    Weine hat überzeugt. Allerdings erfüllten   reits mit dem biologischen Anbau be-
besonders an den jährlichen Winzerse-        wir im Weinbau damals gerademal die         gonnen, aber ein Markt für solche Weine
minaren. Dieser länderübergreifende Er-      damals gängigen Bio-Standards. Das hat      gab es praktisch nicht. Ein Unternehmen
fahrungsaustausch ist nicht nur äusserst     sich in der Zusammenarbeit mit Delinat      kennenzulernen, das ausschliesslich Bio-
lehrreich, sondern liefert auch faszinie-    grundlegend verändert. Mit der Schaf-       wein vertrieb, kam für uns deshalb fast
rende Geschichten und Erfolgserleb-          fung von ökologischen Hotspots mit          einem Wunder gleich. In der Folge ent-
nisse von Winzer-Kollegen – und damit        dem Pflanzen von Bäumen, Sträuchern,        stand eine sehr konstruktive Zusammen-
viele Inspirationen für meine eigene Ar-     Hecken und Rosenbüschen sowie dem           arbeit, die uns erlaubte, sowohl unseren
beit. Diese Anregungen geben mir Auf-        Installieren von Nistkästen haben sich      biologischen Weinbau als auch die
trieb für meine eigene Vision: Über alle     unsere Parzellen wieder in Naturpara-       Weinqualität weiterzuentwickeln. Rasch
Weinberge ein verbundenes Ökosystem          diese verwandelt. Und auch dank der         konnten wir Delinat alle bekannten Ve-
zu schaffen, das echte biologische Viel-     standortgerechten Begrünung ist es uns      neto-Weine (Amarone, Ripasso, Soave &
falt ermöglicht, aus dem unverfälschte       gelungen, unseren Boden zu beleben          Co.) in bester Bio-Qualität liefern.
Terroir-Weine entstehen.                     und den Schwefel- und Kupfereinsatz
                                             auf ein Minimum zu reduzieren.              Ich arbeite auch nach 30 Jahren gerne
Die Delinat-Richtlinien sind sehr an-                                                    mit Delinat zusammen. Die in immer hö-
spruchsvoll und mit unserer heutigen         Noch heute ist das Elsass ein Meer von      herem Detaillierungsgrad formulierten
Struktur sind wir leider noch nicht in der   Reben in Monokultur – mit dem Pflan-        Delinat-Richtlinien helfen bei der Weiter-
Lage einen Delinat-Wein in der höchsten      zen von Bäumen und Büschen mitten           entwicklung unseres Betriebes. Auch
Stufe, also drei Schnecken, zu erzeugen.     im Weinberg gelten wir immer noch als       wenn gewisse Richtlinienpunkte so an-
Die Winzerseminare, aber auch die Er-        Exoten. Aber wir arbeiten gemeinsam         spruchsvoll sind, dass es nicht immer
kenntnisse aus der Weinbauforschung          mit Delinat weiter daran, dass unsere Art   möglich ist, in allen Bereichen das Maxi-
und die Hilfe von Delinat-Berater Daniel     des Weinbaus zur Norm wird.                 mum von drei Delinat-Schnecken zu er-
Wyss werden uns helfen, auch dieses                                                      reichen.
Ziel zu erreichen.

                                                                                                WeinLese Nr. 57, Februar 2020    19
Vinya Laia

                                    Langjährige
                                    Wegbegleiter
                                    und Mitarbeiter
                                    erinnern sich …
Bild: Archiv Delinat

                       20
40 Jahre Delinat

                                           häusern, Restaurants und bei Privaten           dukte Schefer & Co. und kauften in Reute
                                           nachgefragt. Etliche waren erstaunt,            (Appenzell) ein kleines Haus. Wir began-
                                           aber auch interessiert, sodass Karl be-         nen, die Garage mit Wein zu füllen, die
                                           gann, Weingüter zu suchen, die gute             Stube war übersät mit Kartons, mit denen
                                           biologische Weine erzeugten. Als er fün-        wir den Wein verschickten. Das Interesse
                                           dig geworden war, fuhren wir mehrmals           an unseren Bioweinen wuchs ständig,
                                           mit einem Kombi oder einem VW-Bus               gleichzeitig wurden uns von Behörden
                                           nach Frankreich und holten ein paar             und Ämtern immer mehr Steine in den
                                           hundert Flaschen. Da Karl damals noch           Weg gelegt. Wörter wie «Bio», «Natur»
                                           studierte, hatte er nicht viel Geld. Ich sel-   oder «natürlich» waren im Zusammen-
                                           ber hatte dagegen einen guten Lohn              hang mit Weinhandel nicht zugelassen,
                                           und konnte meinen Bruder finanziell un-         eine Weinhandelsbewilligung wurde uns
                                           terstützen. Als das Ganze begann, grös-         lange verweigert. Es gab unglaublich
Hans Schefer, älterer Bruder               sere Dimensionen anzunehmen, stellte            viele Widerstände, und ich staune noch
                                           sich jedoch das Problem der Finanzie-           heute, mit welch unbändigem Willen

I
  ch erinnere mich noch gut, wie alles     rung. Wir zogen von Bank zu Bank, doch          sich mein Bruder dagegen gewehrt und
  angefangen hat. Eines Tages hat mich     überall hat man uns belächelt. Wir soll-        schliesslich durchgesetzt hat. Ich selber
  mein Bruder Karl aus Frankreich, wo er   ten wiederkommen, wenn es uns gut               hatte die dafür nötigen Nerven und die
eine Ausbildung in Homöopathie             gehe, das waren ihre Sprüche. Aber es           Geduld nicht. Während ich mich lang-
machte, angerufen. Er sagte, er habe in    gab eine Ausnahme: Ein Banker aus Wil,          sam zurückgezogen habe, hat Karl das
einem Reformhaus Wein aus biologi-         dem ich einen Kopierer verkauft hatte,          Ding durchgezogen und 1983 die Delinat
schem Anbau gesehen, und fragte mich,      glaubte an unser Projekt und fragte: Wie        AG gegründet. Unglaublich, dieser Wille,
ob ich mal schauen könne, ob dafür in      viel Geld braucht ihr? 20 000? Ihr könnt        den er auch heute noch an den Tag legt.
der Schweiz Interesse bestehe. Ich war     auch 50 000 Franken haben.                      Obwohl er sich längst zur Ruhe setzen
damals als Aussendienstmitarbeiter einer                                                   könnte, lassen ihn seine Visionen nicht
Büromaschinenfirma unterwegs. So           Karl, seine Frau Astrid und ich gründeten       los, und er reisst immer noch neue Pro-
habe ich auf meinen Reisen in Reform-      schliesslich 1980 die Biologische Pro-          jekte an. Kompliment!

                                             Arthur Schefer, jüngerer Bruder                 sen werden. Schon beim Einschenken
                                                                                             wurden sie wieder trübe, also Notiz:

                                            M
                                                     ir sind vor allem die ersten De-        «trübe, undefinierbare Farbe». Es ist ein
                                                     gustationen aus der Gründerzeit         Wahnsinn, was bei der Qualität von Bio-
                                                     im Familien- und Freundeskreis          weinen in den vergangenen 40 Jahren
                                             in Erinnerung geblieben. Karl hat be-           abgegangen ist.
                                             wusst keine Fachleute, sondern «Nor-
                                             malsterbliche» dazu eingeladen. Auf
                                             meinen Notizblättern fand man Wörter
                                             wie «sauer», «erdig» oder «moderig».
                                             Die ersten ungefilterten Weine mussten
                                             nach dem Transport lange liegen gelas-

                                                                                                 WeinLese Nr. 57, Februar 2020   21
40 Jahre Delinat
Bild: Archiv Delinat

                                                       Ein Bild aus den Urzeiten von Delinat: eine verschworene Gemeinschaft
                                                       beim Päcklipacken in einer Appenzeller Stube.

                       Hubert Lämmler, Verwaltungsrat             ter sein müsse als konventioneller Wein,    lichen Leistungen, die Astrid und Karl
                                                                  schwer beeindruckt. Das war zu Beginn       Schefer zugunsten dieses Modellwein-

                       M
                               it Karl Schefer verbindet mich     der 80er-Jahre eine völlig visionäre Hal-   guts bisher geleistet haben und somit
                               eine langjährige Freundschaft,     tung. Wirklich daran geglaubt, dass aus     anderen Winzern eine Inspirationsquelle
                               die vor die Zeit von Delinat zu-   dem Geschäft mit Biowein etwas werden       und vielen Delinat-Kunden unvergessli-
                       rückreicht. Ich erinnere mich noch gut     könnte, habe ich damals aber nicht.         che Ferienaufenthalte ermöglichen.
                       an eine der ersten Degustationen mit       Trotzdem habe ich Karl wo möglich un-
                       ihm im Freundeskreis. Er hatte verschie-   terstützt. So etwa beim Start von Châ-
                       dene Bioweine aus Paris mitgebracht. Es    teau Duvivier in der Provence, wo wir
                       waren aus meiner Sicht ungeniessbare       von den Franzosen als «Zürcher Spinner»
                       Weine. Als er mich fragte, was ich von     bezeichnet wurden, weil wir mit ver-
                       den Weinen halte, wollte ich ihn durch     schiedenen Versuchen den Weinbau re-
                       meine ehrliche Meinung nicht enttäu-       volutionieren wollten. Auch der damals
                       schen und sagte stattdessen: «Der          für Château Duvivier zuständige franzö-
                       Weisse ist kühler als der Rote.» Diese     sische Winzer wollte davon nichts wissen
                       Verlegenheitsantwort hat er mir noch       und sabotierte einen Versuch zur Reduk-
                       jahrelang lachend vorgehalten.             tion des Kupfereinsatzes im Rebberg.
                       Gleichwohl hat mich seine Überzeu-         Ich bin tief beeindruckt von den grossen
                       gung, dass Biowein doch nicht schlech-     Investitionen und den vielen unentgelt-

                       22     WeinLese Nr. 57, Februar 2020
40 Jahre Delinat

                                              ckelte sich daraus meine heutige Bera-           len positiven Beispielen: Daniel Coulon
                                              tertätigkeit, in der ich allen Delinat-Win-      von der Domaine Beaurenard in Châ-
                                              zern mit Rat und Tat zur Verfügung stehe,        teauneuf-du-Pape hatte in einer seiner
                                              Winzertreffen organisiere und Innovatio-         Rebparzellen Mangelerscheinungen an
                                              nen ankurble. Karl Schefer und Hans-Pe-          Kalium. Er bat mich um Hilfe. Um das
                                              ter Schmidt, der damalige Leiter des De-         Problem zu lösen, stellte ich eine Grün-
                                              linat-Instituts, wollten die Richtlinien stark   düngung aus einer Mischung von Buch-
                                              ausweiten und wirkungsvoller gestalten.          weizen, Wicken, Erbsen, Ackerbohnen,
                                              So stiegen die Anforderungen an die Bio-         Raps, Ölrettich und Dinkel zusammen
                                              diversität enorm, und es wurde das Stu-          und empfahl, den Boden für die Einsaat
                                              fenmodell mit den drei Schnecken einge-          künftig nur noch auf eine Tiefe von 7 bis
                                              führt. Die damals lancierte Idee, die Mo-        10 Zentimeter zu bearbeiten. Im Herbst
                                              nokultur der Weinberge mit ökologischen          2017 und 2018 wurde diese Mischung
Daniel Wyss, Winzerberater                    Hotspots in Form von Kräuter­inseln, Le-         eingesät. Im Sommer 2018 hat Daniel
                                              benstürmen, Insektenhotels oder Sekun-           Coulon zwar noch keine Veränderung

A
       ls Mitarbeiter der bio.inspecta habe   därkulturen aufzubrechen, taten einige           festgestellt, aber schon ein Jahr später
       ich vor rund 20 Jahren die Kon-        unserer Winzer zuerst als «Spinnerei» ab.        zeigte die neue Saatmischung deutliche
       trolle und Zertifizierung der Deli-    Heute überbieten sie sich in Sachen Kre-         Wirkung. Der Winzer ist hoch erfreut und
nat-Betriebe organisiert. 2001 wurde ich      ativität, wenn es darum geht, mit solchen        hat die Mischung im vergangen Herbst
angefragt, an der Überarbeitung der De-       Hotspots die Artenvielfalt zu fördern.           nochmals eingesät. Nun ist er guten Mu-
linat-Richtlinien mitzuarbeiten. Daraus ist   Damit alle Weingüter die Richtlinien er-         tes, das Problem definitiv gelöst zu ha-
ein Traumjob geworden. Seit 2002 bin ich      füllen können, bietet Delinat eine kos-          ben. Ähnlich positive Erfahrungen gibt es
als Delinat-Mitarbeiter für die Überarbei-    tenlose Winzerberatung an. Auf den               mit von uns initiierten Wasserretentions-
tung, Weiterentwicklung und Umsetzung         Weingütern kann ich erstaunliche Ent-            massnahmen.
der Richtlinien zuständig. Später entwi-      wicklungen feststellen. Eines von vie-

Monika Schiess, langjährige                   schon ganz schön nerven mit seinem An-
Grafikerin                                    spruch an Perfektion und mit seiner Pe-
                                              danterie.»

A
       nstelle meiner selbst lasse ich lie-      «Und sobald er was erfunden hat,
       ber Klara und Hugo sprechen, die       stellt er es gleich wieder infrage und will
       zwei steinalten, aber noch immer       es noch besser machen …»
höchst vitalen, weil nur mit Brennnessel-        «Hmmm, aber ein eigentlicher Gold-
und Baldriantee gewässerten, Zimmer-          schatz ist er dafür im Umgang mit den
linden, die ich aus dem Büro mit in Pen-      Kunden …»
sion genommen habe. Die haben                    «Ja, die dürfen einfach alles! Selbst
nämlich so einiges mitbekommen, auch          wenn einer mit noch so abenteuerlichen
über unsern Chef!                             Reklamationen dasteht, kriegt er dafür
   «Erinnerst du dich noch an das             noch eine Flasche Wein geschenkt.»
Drama, als es darum ging, einen neuen,           «Tja, darum sollten wir eben ganz viel        liebt, dass dieses mystische Ding zwi-
wiederverwendbaren Karton für den De-         Delinat-Wein kaufen, dann würde er uns           schen Schnecke und Spirale längst ein
gustierService zu entwickeln?»                vielleicht auch mit dieser rosa Kunden-          Teil seinesSelbst geworden ist.»
   «Ui, ui, ui, ja, das sollte doch dieses    brille betrachten …»                                «Auch die Weinlese, das 2006 lan-
absolut perfekte Superding werden, so            «Was denkst du, wie viele gute Ideen          cierte Kundenmagazin, erscheint nun
perfekt, dass der Chef himself bis tief in    hatte unser Capo wohl in den letzten 40          schon seit 57 Ausgaben.»
die Nacht mit dem Teppichmesser daran         Jahren so ungefähr?»                                «Was denkst du, was war wohl die
herumschnitzte, um es noch perfekter             «Hmmm, so an die 3000 sicher!»                beste Idee, die unser Chef je hatte?»
zu machen …»                                     «Und was ist davon geblieben?»                   «Nun, da bin ich mir ganz, ganz si-
   «Nun ja, so ganz schlecht war die Box         «Einiges schon. In das Delinat-Logo           cher: Die allerbeste seiner Ideen hatte er
dann doch nicht.»                             etwa, das unsere Grafikerin und ihr Team         vor exakt 40 Jahren …»
   «Stimmt, aber er kann manchmal             vor Urzeiten kreierten, hat er sich so ver-

                                                                                                      WeinLese Nr. 57, Februar 2020    23
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