Pro POLIZEI - Polizei Niedersachsen
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pro P OLIZEI INFORMATIONEN FÜR NIEDERSACHSENS POLIZEI Heft Juli / August – 2015 www.polizei.niedersachsen.de Polizei Extrablatt von 1985 Titel Eigensicherung – das ist ein lebenslanger Prozeß Niedersachsen Strategie 2020 – Cybercrime: Aktuelles Sport EPM im Judo – Püschel Polizeieuropameisterin
Inhalt | Impressum ✘ Titel Eigensicherung – Polizeibeamter mit Messer am Kopf verletzt 4 Unberechenbar – dissoziale Personen 5 Gefahrenwahrnehmung im Polizeidienst 6 Selbstkompetenz – eine wichtige Säule der Eigensicherung 7 Gefahren beim Polizeieinsatz auf Bundesautobahnen 9 Seite 4 Eigensicherung – das ist ein lebenslanger Lernprozess 10 Lasersimulationssystem für das systemische Einsatztraining 12 ✘ Aktuell Rescuetool – Neues Einsatzmittel für die niedersächsische Polizei 13 G7-Gipfel – Einer der größten Polizeieinsätze 14 Eingerichtet – Landesarbeitsgruppe „Fachstrategie Neue Medien“ 15 Seite 16 ✘ Niedersachsen Strategie 2020 – Cybercrime: Aktuelles 16 200 Jahre Reiterstaffel – 15.000 Besucher feierten mit 18 Rund 660 Nachwuchskräfte bei Willkommensveranstaltung 19 Wanderausstellung – Jagd nach dem Bombenattentäter 20 Fährtenhündin wird Weltmeisterin 20 Seite 19 ✘ Sport DPM im Marathon – Frauen gewinnen Silber und Bronze 21 EPM im Judo – Lea Püschel Polizeieuropameisterin 22 Titelbild: Training Eigensicherung, Foto: Polizei Seite 22 Impressum proPolizei XXX. Jahrgang Herausgeber: Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, Lavesallee 6, 30169 Hannover Verantwortlich: Philipp Wedelich, Vertreterin: Nadine Bunzler Redaktion: Christian Cernak, Frank Federau, Inka Gieseler-Wehe, Sabine Hoffmann, Elena Lindert, Matthias Mendel, Sven Thielert, Doris Wollschläger Anschrift der Redaktion: Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport, Redaktion proPOLIZEI, Postfach 221, 30002 Hannover Tel. 05 11/1 20- 60 44 oder - 62 59, Fax 05 11/ 120- 65 55, E-Mail: propolizei@mi.niedersachsen.de Konzept, Layout und Satz (DTP): @ktuell Redaktionsbüro Draxler, Im Lohe 13, 29331 Lachendorf Tel. 0 51 45/98 70- 0, E-Mail: draxler@t-online.de Druck: Printmedienpartner GmbH, Böcklerstr. 13, 31789 Hameln Alle in proPOLIZEI veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht mit der Meinung des Heraus- gebers oder der Redaktion übereinstimmen. Die Redaktion behält sich vor, Leserzuschriften (gegebenenfalls in gekürzter Form) zu veröffentlichen. 2 proPolizei Heft 4/2015
Editorial Liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter! I ch kann mir gut vorstellen, dass es für viele von ihnen in den vergangenen Wochen nicht immer einfach war, zur Arbeit zu gehen. Sie mussten üble Schlagzeilen lesen und Berichte hören und sehen, über unfassbare Gewalt der Bundespolizei am Hannoverschen Hauptbahnhof, über das ver- meintliche Herschelrecht und vieles mehr. Viele von Ihnen wurden darauf angesprochen, im Dienst, vielleicht in Uniform auf der Straße, von Nachbarn oder auch von den eigenen Kindern. Ich frage mich, wie ein Polizeibeamter seiner Toch- ter oder seinem Sohn erklärt, dass er so etwas niemals machen würde, dass er das genauso fürch- terlich und abstoßend findet, was da offenbar passiert ist. Es ist mir deshalb wichtig, Ihnen allen mitzuteilen, dass ich hinter Ihnen stehe. Ich setze großes Ver- trauen in Sie alle als Angehörige, und auch in die Professionalität der Ausbildung sowie in die Or- ganisation der niedersächsischen Polizei. Sicher machen wir alle mal Fehler. Wichtig ist, zu diesen zu stehen und dadurch besser zu werden. Und wenn man merkt, dass etwas falsch läuft, erwarte ich das Maß an Zivilcourage, das es braucht, Boris Pistorius, um die Menschen, für die Sie da sind, zu schützen. Jeder, der sich für den Weg in die Polizei ent- Niedersächsischer schieden hat, wusste, dass es ein Beruf ist, der Mut erfordert. Natürlich im täglichen Einsatz, bei Minister für Inneres Entscheidungen – aber eben auch, wenn mal etwas schief geht. Dazu muss man stehen. Ich bin mir und Sport sicher, dass sie sich alle daran halten und ich habe keinen Anlass, etwas anderes zu denken. Zu der aktuellen Berichterstattung ist aus meiner Sicht zu sagen: Wir nehmen jeden Hinweis von Angehörigen der niedersächsischen Polizei sehr ernst. Im konkreten Fall sind dem niedersächsischen Innenministerium die von einem Beamten anonym gegenüber der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ geschilderten Aussagen aber nicht bekannt. Überdies sollen sie rund 15 Jahre in der Ver- gangenheit liegen. Diese oder ähnliche Vorwürfe wurden – was für den Beamten ebenso anonym möglich gewesen wäre – auch nicht gegenüber der (im MI angesiedelten) Beschwerdestelle geäußert. Auch gegenüber seinem Dienstvorgesetzten wurden die Anschuldigungen nicht offenbart. Nun ist es Sache des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens, zu klären, ob die Schilderungen noch in nach- vollziehbarer Weise offengelegt werden können. Für die Struktur und die Organisation der niedersächsischen Polizei im Jahr 2015 gilt: Die Polizei stellt sich sehr bewusst den Herausforderungen einer vielfältigen Gesellschaft. Zum Stichtag 1. Oktober 2014 waren 37 Prozent der Neueinstellungen im Polizeivollzugsdienst Frauen und 13 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund. In dieser Polizei ist kein Platz für Ausgrenzung und Misshand- lungen! Sie machen einen guten Job! Sie machen Ihre Arbeit unter harten Bedingungen, Sie erledigen Ihre Aufgaben unter höchstem Stress und unter Inkaufnahme vieler Entbehrungen. Dafür bedanke ich mich auch noch einmal ganz bewusst an dieser Stelle. Herzlichst Ihr Foto: MI Heft 4/2015 proPolizei 3
Titel * MDPV Methylendioxypyrovaleron (MDPV) ist eine psycho- trope Substanz, die als Noradrenalin-Dopamin- Wiederaufnahmehemmer wirkt. MDPV wird eine Potenz nachgesagt, die viermal stärker sein soll als Methylphenidat (Handelsname Ritalin). MDPV wird seit zirka 2008 als Designerdroge („research che- mical“) verkauft. Die Substanz wurde ursprünglich als potentieller Ritalin-Nachfolger erforscht [...] und teilweise unter der irreführenden Bezeichnung bath salt (Badesalz) als legal eingestuft, weil sie mit dem Hinweis „nicht zum Verzehr geeignet“ versehen war. Die Risiken des oft als „Zombiedroge“ be- zeichneten MDPV: Paranoia und ein häufig auf- tretender Verfolgungswahn. Daher bewaffnen sich Konsumenten oft mit Messern, Äxten, Macheten oder Schusswaffen. (Quelle: Wikipedia) Eigensicherung Polizeibeamter wurde mit einem Messer am Kopf verletzt Eigensicherung ist immer wichtig polizeilich bereits wegen diverser Delik- rigen in der linken Gesichtshälfte in un- – jedoch einen vollumfänglichen te in Erscheinung getreten. mittelbarer Nähe des Ohres. Schutz vor gewalttätigen Angrif- Der Polizist und seine Streifenkollegin Als der verletzte Beamte den Angreifer fen bedeutet sie leider nicht. Im waren gegen Mitternacht von der Tank- entwaffnen wollte, zog dieser plötzlich November 2014 wurde ein stellenmitarbeiterin gerufen worden, eine (Schreckschuss-) Waffe und drück- 59-jähriger Polizist auf einem weil der Täter im Verkaufsraum andere te ab. Glücklicherweise wurde niemand Tankstellengelände in Göttingen Kunden angepöbelt hatte. Er weigerte getroffen. brutal mit einem Messer ange- sich, das Geschäft zu verlassen. Hart- Trotz Verletzung konnte der Beamte griffen und schwer am Kopf näckig versuchte er Getränke zu bekom- zusammen mit seiner Kollegin den Mann verletzt. men, obwohl er kein Geld bei sich hatte. überwältigen und solange festhalten, bis Die inzwischen eingetroffene Polizei die über Funk alarmierte Verstärkung Der unter dem Einfluss der Designer- forderte den 29-Jährigen mehrmals auf, eintraf. Der 29-Jährige wurde zur Poli- droge Flex (MDPV*) stehende 29-jähri- das Tankstellengeschäft zu verlassen. zeiwache transportiert, wo ihm eine ge Täter wurde festgenommen. Im Mai Doch dies beeindruckte den Mann we- Blutprobe entnommen wurde. 2015 erkannte dann ein Gericht die nig. Daraufhin sollte er in Gewahrsam Die Polizei leitete ein Ermittlungsver- Schuldunfähigkeit des Göttingers zur genommen werden. fahren wegen Verdachts des versuchten Tatzeit an und verfügte seine Unterbrin- Noch bevor er durchsucht werden Totschlags, schweren Widerstands gegen gung in ein psychiatrisches Kranken- konnte, zog der 29-Jährige plötzlich ein Vollstreckungsbeamte und gefährlicher haus. Messer und stieß damit in Richtung Kopf Körperverletzung ein. In der Vergangenheit war der Mann des Polizisten. Die Klinge traf den 59-Jäh- Margret Reinecke 4 proPolizei Heft 4/2015 Foto: Polizei
Titel Unberechenbar: dissoziale Personen P olizeibeamtinnen und -beamte sind daran gewöhnt, mit Menschen um- zugehen, die alkoholisiert sind, die unter halten anders. Ihre emotionalen Reaktio- nen sind anders, in ihrer Drogeneinfluss stehen, emotional oder Impulskontrolle sind verwirrt reagieren. Gefährliche Interak- sie häufig stark über- tionen werden fast immer an der Körper- oder unterreguliert und sprache und der Wortwahl erkannt. mit zwischenmensch- Meistens gelingt es, solche Situationen lichen Beziehungen unter Kontrolle zu bringen. gehen sie stark berech- Doch was ist, wenn Menschen sich nend um. Sie zeigen ein freundlich geben, aber urplötzlich zu- Muster von Missach- stechen? Wenn sie nicht unkontrolliert tung der Rechte ande- aggressiv sind, sondern einen Plan ver- rer. folgen? Diese Abweichungen Es gibt Menschen, die keine Schuld- bestehen dauerhaft seit gefühle oder Empathie kennen, denen dem späten Kindes- Regeln nichts bedeuten und deren Han- alter, treten in allen deln nur davon abhängt, ob sie sich einen sozialen Situationen Vorteil verschaffen können. auf und dauern bis in In der psychologischen Diagnostik das Erwachsenenalter werden diese Menschen häufig in die fort. Drei bis sieben Prozent der Männer Antwort ist einfach: Im Kurzkontakt eines Kategorie „dissoziale Persönlichkeits- und ein bis zwei Prozent der Frauen der Einsatzes kann man sie nicht erkennen! störung“ eingeordnet. Menschen mit Allgemeinbevölkerung weisen Persön- Und wie geht man mit diesen Menschen dissozialen Persönlichkeitsmerkmalen lichkeitsmerkmale auf, die auf eine dis- um? Auch diese Antwort ist einfach: So- weichen in ihren inneren Erlebens- und soziale Persönlichkeitsstörung schließen lange er einen Vorteil darin hat zu koope- Verhaltensmustern deutlich von den Er- lassen. rieren, wird er es tun. Falls möglich, wartungen „normaler“ Menschen ab. Sie Wie erkennt man einen Menschen mit sollte ihm dieser Vorteil zugebilligt wer- denken anders und interpretieren Ver- dissozialer Persönlichkeitsstörung? Die den. Dissoziale Menschen erleben sich im Vergleich zu anderen stärker oder macht- Checkliste voller, Angriffe oder das Ausnutzen von Situationen werden damit gerechtfertigt. Dissoziale Persönlichkeitsstörung Also sollte die Polizei härter und kon- sequenter eingreifen, um sich vor diesen Von einer dissozialen Persönlichkeitsstörung kann dann ausgegangen werden, Menschen zu schützen? Nein! Mit zu wenn mindestens drei der folgenden sechs Eigenschaften/Verhaltensweisen vor- drastischen Maßnahmen täte man min- liegen: destens 91 Prozent der Menschen Un- 1 Die Person wirkt herzlos und zeigt sich den Gefühlen anderer gegenüber recht, bei denen es möglich ist, sie „runterzusprechen“, da sie soziale Gren- unbeteiligt. zen kennen, empathiefähig sind und tat- 2 Normen, Regeln und Verpflichtungen werden deutlich und andauernd miss- sächlich nur situativ sehr aufgeregt oder achtet. Eine verantwortungslose Haltung bestimmt das Verhalten. wütend reagieren. 3 Die Person ist unfähig, dauerhafte Beziehungen aufrecht zu erhalten. Schützen kann nur eine dauerhafte 4 Eine sehr geringe Frustrationstoleranz und eine niedrige Schwelle für Aggressivi- Wachsamkeit, gutes Training, schnelle tät/Gewalttätigkeit prägen das Verhalten. Reaktionen, ein sehr geschickter und 5 Ein Schuldbewusstsein oder die Unfähigkeit, aus negativer Erfahrung zu lernen, flexibler Umgang mit schwierigen Per- fehlen. sönlichkeiten und das Bewußtsein, dass 6 Der eigene Konflikt mit der Gesellschaft wird nicht plausibel rationalisiert. An- es Menschen gibt, die anders „ticken“. dere werden deutlich für das Scheitern verantwortlich gemacht. Gerlind Kirchhof | thi Foto: Polizei Heft 4/2015 proPolizei 5
Titel Gefahrenwahrnehmung im Polizeidienst W enn es darum geht, das eigene Leben und das Wohlergehen der Schutzbefohlenen – des Bürgers – zu si- chern, kann es nicht hinreichend sein, erst über Jahre hinweg Erfahrungen sammeln zu müssen, insbesondere dann nicht, wenn die berufliche Tätigkeit die Bewältigung lebensgefährlicher Situationen beinhaltet. Diesen Überlegungen trägt die Polizei als Organisation durch Schulungs- und Trainingsprogramme Rechnung. So haben sich in den letzten Jahren Einsatztrainings und Kommunikationstrainings etabliert, die deeskalatives Einschreitverhalten und erfolgreiche Lagebewältigungen gewähr- leisten sollen. Eigensicherung ist damit ein zentrales, wenn nicht das zentrale Element für poli- zeiliche Einsatztätigkeit. So steht die Frage im Fokus, was eigentlich polizei- liches Expertentum im täglichen Einsatz- geschäft ausmacht. In diesem Sinne be- suelle Fähigkeiten in zeitlichen, räum- zienz begleitet (perzeptuell-kognitive ginnt eine konkrete Gefahrenabwehr lichen und aufmerksamkeitsbezogenen Expertise). bereits deutlich bevor Fertigkeiten in den Leistungen zur Verfügung. Kognitiv-perzeptuelle Expertise da- aktiven oder reaktiven motorischen Hand- Diese besonderen Leistungen erlauben gegen äußert sich in objektgebundenen lungsweisen innerhalb einer Situation den Experten ein effektives und effizi- Blickbewegungen nach einer Zielentde- gefordert werden. Denn es geht sowohl entes Betrachten von einsatzbezogenen ckung, zum Beispiel einer Waffe oder um das (Vorher-) Sehen eines Umge- Szenarien. Sie können aber vom Polizis- einer der Situation nicht angemessenen bungsreizes mit Gefahrenpotenzial als ten in der Alltagsroutine nicht bezie- Bewegung. Diese Expertise scheint be- auch um den Prozess der Verarbeitung hungsweise nicht mehr verbalisiert reits in Richtung Handlungsauswahl und dieser Information bis zur Auswahl einer werden. Bevor überhaupt ein Zielobjekt Handlungsmotorik ausgerichtet zu sein. Handlung. entdeckt wird, zeigen Polizisten im Ver- Als wesentliche Schlussfolgerung kann Die Neurowissenschaften sprechen gleich zu Laien kürzere Suchzeiten und festgehalten werden, dass die (visuellen) hierbei von Active Vision, innerhalb benötigen weniger Fixationen bei ihrer informationsverarbeitenden Prozesse, die derer geklärt wird, wie spezifisches Suche. Sie durchmustern auch eine ge- das Expertenverhalten von Polizisten im Suchverhalten visuelle Wahrnehmungs- ringere Strecke in einer Einsatzsituation. Kontext des Einsatzgeschehens ausma- prozesse beeinflusst. So stehen Polizis- Ihr Suchverhalten ist also von besonderer chen, differenzierbar und sequenzierbar tinnen und Polizisten zur Bewältigung zeitlicher Effektivität gekennzeichnet sind. Expertise fördernde Maßnahmen von Einsatzlagen berufsspezifische vi- und dabei von höherer räumlicher Effi- werden damit also spezifisch für bestimm- te informationsverarbeitende Teilprozes- se und können individuell beschult wer- Literaturempfehlung: den. Körber, B. (2013). Visuelle Wahrnehmung. In: C. Lorei & J. Sohnemann (Hrsg.). Abschließend werden die Phasen eines Grundwissen Eigensicherung. Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft. S. 67-84. Arbeitsmodells skizziert, das die Mög- lichkeit eröffnet, Maßnahmen zur An- Körber, B., Schmalzl, H. P. & Hammerl, M. (2008). Analyse automatisierter Prozesse eignung und Förderung von Einsatz- und visueller Informationsverarbeitung bei der Gefahrenerkennung: Der Einfluss von Eigensicherungstätigkeit zu überprüfen. Priming und Expertise. Polizei & Wissenschaft, 1, 2-18. Dr. Bernd Körber 6 proPolizei Heft 4/2015 Foto: Polizei
Titel Sequenzen der Gefahrenwahrnehmung Präidentifikatorische Phase: Die erste Phase im visuellen Prozess motorischer Adaptationsfähigkeit angesehen (Ein- Suchprozess ist ein sogenannter bottom-up-Prozess. Es han- satztrainings, rhetorische Deeskalation). delt sich um den Zeitraum vom Erscheinen eines Szenarios Reflexive Phase: Sie dient der Handlungsüberwachung bis zum Auffinden eines einsatzrelevanten Zieles und erfor- im Sinne einer Erfolgskontrolle und ist in der Regel der dert eine perzeptuell-kognitive Schulung (bisher nicht etab- Beginn neuer perzeptueller, kognitiver und motorischer Ak- liert). tivitäten (Stressbewältigungstrainings). Identifikation: Das reine Erkennen eines Objektes/einer Perzeptuelle Flexibilität: Eine wahrnehmungsbezogene Situation mit Gefahrenpotenzial mit einer Dauer von deutlich Expertise, die unter Einsatz energetischer Ressourcen auf aufmerksamkeitsbezogene Expertenleistungen über längere unter einer Sekunde kann nicht vom Betrachter beeinflusst Zeiträume abzielt. Es handelt sich um einen strategischen werden. Anpassungsprozess der Szenenbetrachtung an die Gegeben- Postidentifikatorische Phase: Beginnt im Moment der heiten eines Szenarios unter Berücksichtigung der Aufgaben- Identifikation und erfordert eine kognitiv-perzeptuelle Ex- stellung. Perzeptuelle Flexibilität führt zu maximaler blick- pertise. Diese beinhaltet die Einbindung des nunmehr be- strategischer Effizienz (mentale Trainings zur Förderung des nennbaren Ziels in den Situationskontext. Hier greift um- Situationsbewusstseins bisher nicht etabliert). fassendes Hintergrundwissen aus den Bereichen Einsatz- Die beschriebenen Sequenzen für den polizeilichen Ein- lehre, Psychologie und Kriminologie (top-down-Prozess). satzprozess erlauben umfassende Einsatztrainings durch Performanzphase: Diese Phase beinhaltet als Reaktion auf bereits verfügbare, zielgerichtete Maßnahmen einzelner in- den wahrnehmungsbezogenen Informationsgewinn die Hand- formationsverarbeitender Schritte systematisch und bedarfs- lungsauswahl, -initiierung und schließlich deren Ausführung. orientiert im Sinne der Eigensicherung und damit der Ge- Als wesentlich für den Erwerb von Fertigkeiten wird der fahrenabwehr zu ergänzen. ◻ Selbstkompetenz – eine wichtige Säule der Eigensicherung M ein Name ist Herbert Fritzsche und ich war mehrere Jahre Poli- zeibeamter in der Polizeiinspektion bildung vor über 20 Jahren berufsbedingt mit Eingriffstechniken beschäftigte, legte ich den Fokus größtenteils auf Auf- ren Ausbildungen zum Trainer, Coach und angehenden Transaktionsanalytiker stellte ich fest, welche Bedeutung die Mitte in Hannover. Zu diesem nur zwei merksamkeit, Taktik, Eingriffstechnik Selbstkompetenz für die professionelle Quadratkilometer kleinen Revierbereich sowie Situationsbewusstsein. Die Be- Durchführung der polizeilichen Aufgabe gehörten sowohl die Betäubungsmittel-, deutung der Sozialkompetenz, nämlich besitzt. als auch die Rotlicht- und Kneipenszene. sich zu reflektieren und sein Arbeitsum- Eigensicherung findet bereits vor dem Durch meine Erfahrungen mit Gewalt in feld produktiv zu gestalten, war für mich ersten Kontakt statt. Damit meine ich diesen Brennpunkt sowie meine lang- damals noch nicht in dieser Dimension nicht die Ausrüstung, das Equipment jährigen Erfahrungen in der Selbstver- erkennbar. oder die Ausstattung, sondern unsere teidigung als Trainer und später als Durch meine Praxis und meine späte- eigene Einstellung, die wir zu uns und Lehrtrainer in der Fortbildung von den Bürgerinnen und Bürgern haben. Polizeitrainern, habe ich für mich er- Von unserem Denken und Fühlen hängt kannt, wie wichtig das Thema Selbst- häufig ab, wie wir die polizeiliche Maß- kompetenz als eine Säule der Eigensi- nahme gestalten und welchen Eindruck cherung ist. wir beim Bürger hinterlassen. Die Basis Als ich mich zu Beginn meiner Aus- hierbei wird schon in früher ▶ Kindheit Foto: privat Heft 4/2015 proPolizei 7 Tra nsa he ktion Fr it zs c sanalyt iker Herber t
Titel geprägt. Durch Modell-Lernen werden bereits früh Einstellungen, Verhaltens- weisen und Ansichten von Eltern oder Bezugspersonen übernommen. Auf- grund dieser Erfahrung bildet das Kind Grundannahmen darüber, wie es selbst ist und wie andere Menschen sind. Auch die Art der Zuwendung spielt eine zent- rale Rolle für die heranwachsende Per- sönlichkeit. So wird ein Kind, welches mit Liebe erzogen wird, einen anderen Blick auf die Welt und sich selbst er- halten, als ein Kind, welches mit Gleich- gültigkeit oder Missachtung erzogen wird. Doch was hat das Modellverhalten der Eltern mit Eigensicherung zu tun? Unser Bild von der Welt und uns selbst ent- scheidet darüber, wie wir andere Perso- nen wahrnehmen und ihnen gegenüber- treten. Haben wir aufgrund unserer primären Sozialisation und unseres Umfeldes die Einstellung erlangt, dass zum Beispiel andere nicht okay sind, wird auch unser Verhalten sehr alterna- tivarm sein. Das bedeutet, wir werden uns nur dafür entscheiden können, ob wir in der gegebenen Situation Gewinner oder Verlierer sein werden. Es gibt kein „dazwischen“. Wenn der eigene Bezugsrahmen durch die Summe von elterlichen und frühkind- lichen Botschaften wie beispielsweise „Habe zu allen Misstrauen!“ geprägt ist, wie soll dann eine erfolgreiche und pro- duktive Interaktion mit dem Bürger er- folgen? Die Psychologie spricht hier von einem feindlichen Attributionsstil. Denken, Fühlen und Verhalten bilden die feste Überzeugung, dass alle Aus- dem man sich weder über- noch unter- eine Einheit. Die Art und Weise der Ein- länder nur Straftaten begehen und mit legen fühlt, anderen auch Fehler zuge- stellung einer Person oder eines Sach- Drogen handeln (Denken) und fühle ich stehen ohne sie dabei als Person abzu- verhaltes gegenüber in Verbindung mit Verachtung oder Wut (Fühlen), wie werten, Grundvoraussetzung für eine aktuellen Gefühlen, wie zum Beispiel wahrscheinlich ist dann abwertendes und erfolgreiche Interaktion. Wut oder Ärger, aber auch Freude, be- eskalationsförderndes Verhalten als Ziel muss es sein, die eigene Maßnah- stimmen das Verhalten. Konsequenz meiner negativen Einstel- me professionell am Sachverhalt orien- Sehe ich den Verkehrsteilnehmer, der lung? tiert und wertschätzend gegenüber dem im Rahmen einer Ordnungswidrigkeit Unfreundliches Verhalten und die Mitbürger durchzuführen! Insofern ist die angehalten wird, ausschließlich als pro- damit verbundene mangelnde Wertschät- Selbstkompetenz, das Wissen um seine blembereitenden Rechtsbrecher (Den- zung des von der polizeilichen Maßnah- eigene Persönlichkeit, verbunden mit ken), der mich belästigt (Fühlen), so me Betroffenen bieten wiederum häufig einem positiven Menschenbild, ein wich- werde ich nur schwer freundlich auf ihn Anlass zu Konflikten. Insofern ist ein tiger Bestandteil der Eigensicherung. eingehen können (Verhalten). Habe ich gesundes Selbstbild, ein Selbstbild in Herbert Fritzsche | igw 8 proPolizei Heft 4/2015 Grafik: Fritsche
Titel Gefahren beim Polizeieinsatz auf Bundesautobahnen Am 2. Juli starben auf der BAB 44 bei Lich- tenau eine Kollegin und ein Kollege in Aus- übung ihres Dienstes. Wir trauern G efahren lauern auf den vielbefah- nen; es gab 2.737 Leichtverletzte, 528 Erweiterung des Fortbildungskonzeptes renen Bundesautobahnen (BAB) Schwerverletzte und 45 getötete Perso- und Schulungsangebotes und Auswei- nicht nur für Verkehrsteilnehmerinnen nen. tung des einsatzbezogenen Fahrtrainings. und Verkehrsteilnehmer in ihren unter- Diese Zahlen verdeutlichen das Ge- In die Fortbildungen und Dienstunter- schiedlichen Fahrzeugen. Auch für die fahrenpotential auf den Autobahnen. richte werden auch örtliche Feuerwehren Polizistinnen und Polizisten, die am Folgerichtig und lebenswichtig ist daher und Rettungsdienste integriert. Häufig „Arbeitsplatz BAB“ ihren Dienst ver- die konsequente Auseinandersetzung mit treffen diese auch zuerst am Unfallort sehen, besteht bei den vielfältigen Ein- der Eigensicherung. Hierzu zählen neben einer BAB ein. Umso wichtiger ist dann sätzen wie unter anderem der Beseitigung einer vorausschauenden Handlungswei- eine exakte Abstimmung untereinander, von Gefahrenlagen (zum Beispiel Kant- se, einer ständigen Sensibilisierung, re- um bereits vor dem Einsatz zu wissen, hölzer auf der Fahrbahn) oder der Unfall- gelmäßiger Fortbildung und Dienstunter- nach welchen Grundsätzen und in wel- aufnahme auf dem Seitenstreifen durch richte auch innovative und optimierte cher Struktur die andere Organisation unkonzentrierte, übermüdete oder ander- Sicherungsausstattungen bei den Füh- arbeitet. weitig abgelenkte Fahrzeugführer in rungs- und Einsatzmitteln. Im Polizeikommissariat BAB Winsen- Kombination mit den gefahrenen hohen Insofern befasste sich bereits in den Luhe wurde nun ein Faltblatt „Gefahren Geschwindigkeiten des Individualver- Jahren 2009/2010 die Landesarbeits- beim Polizeieinsatz auf der Autobahn“ kehrs ein erhöhtes Gefahrenpotential. gruppe „Eigensicherung auf BABen“ mit mit Verhaltenshinweisen und Infos für Insgesamt führen 19 Autobahnen durch der Gesamtthematik. Im Resultat kam es die sichere Einsatzbewältigung auf der Niedersachsen. Darunter drei der bundes- zu vielfältigen technischen und organi- BAB erstellt. weit bedeutendsten Verkehrsadern: die A satorischen Optimierungen des „Arbeits- Das Faltblatt richtet sich an alle Polizei- 1 als Verbindung zwischen der Ostsee- platzes Autobahn“. So zum Beispiel mit beamtinnen und Polizeibeamte, die ent- küste mit dem Saarland, die A 2 als West- reflektierender Folie beklebte Streifen- weder „auf der Autobahn“ Dienst ver- Ost-Tangente und die A 7 als Nord-Süd- wagen, Ausbau der Anzahl und Inhalte sehen oder durch die geografische Lage Tangente. Alleine auf den zirka 1.371 der Anzeigentafeln von Streifenwagen, ihrer Dienststelle in die Situation kom- Kilometern der niedersächsischen men könnten, auf einer BAB oder Autobahnen kam es im Jahr 2014 zu Das Faltblatt kann heruntergeladen oder bei Wilhelm Buhr mehrspurigen Schnellstraße unter- 13.784 Verkehrsunfällen. Dabei ver- angefordert werden. Kontakt PK BAB Winsen-Luhe, PHK stützend tätig zu werden. Wilhelm Buhr, Tel.: 04171 796 -222 beziehungsweise unter unglückten insgesamt 3.310 Perso- Christian Cernak https://intra.polizei.niedersachsen.de/ps/tools/serve php?cug=1&aid=57225&develop=0&li=0&tree=0&mod=0 Foto: Polizei Heft 4/2015 proPolizei 9
Titel Eigensicherung – das ist ein lebenslanger Lernprozess D ie Eigensicherung ist ein ständi- ger und integraler Bestandteil der polizeilichen Arbeit, der auch in der dung – das Polizeitrai- ning – durch- ? In dem Konzept wird zwischen dem Studium und der späteren Fortbildung unterschieden. Wie werden speziell die Vergangenheit in der Aus- und Fortbil- führen. Trai- Studierenden auf die Praxis vorberei- dung intensiv behandelt wurde. Vor rund niert werden sechs Jahren wurde an der Polizeiaka- tet? realitätsnahe demie Niedersachsen die praxisbezoge- Henne: In der Ausbildung liegt der Szenarien, ne Aus- und Fortbildung reformiert und Schwerpunkt eindeutig auf der Vermitt- die dazu die- es entstand ein landesweit standardisier- lung von Basisfertigkeiten, die wir unter nen, Fertig- tes Konzept: das Qualifizierungskonzept dem Begriff Eigensicherung kennen, so keiten, Fä- für Polizeitrainerinnen und -trainer. zum Beispiel Schusswaffeneinsatztrai- higkeiten, Dieses umzusetzen und fortzuschrei- ning, Abwehr- und Zugriffstraining, Handlungs- ben liegt in der Verantwortung des Stu- Einsatzfahrtraining, um nur einige zu POR Jörg Henne und Verhal- diengebiets (SG) 5 Polizeitraining an der nennen. Alle Übungen werden unter be- tensmuster Polizeiakademie Niedersachsen. Pro- sonderer Berücksichtigung der Eigen- bei den Studierenden zu erweitern. Sie POLIZEI-Redakteur Sven Thielert sicherung durchgeführt und dement- werden als Gruppen- und Einzeltrainings sprach mit POR Jörg Henne, dem Leiter sprechend analysier t. Im dritten durchgeführt, wie zum Beispiel das Studienabschnitt werden dann situative des SG 5. Schusswaffeneinsatz- oder Abwehr- und Trainings durchgeführt, unter anderem ? Polizeitraining ist ein wichtiges und Zugriffstraining. AMOK- und Notzugriffstrainings. lebenslanges Thema. Wie muss man sich die Aufgaben im SG 5 vorstellen ? Wie fließt das Thema Eigensicherung ? Wie ist die polizeiliche Fortbildung in die Fortbildung ein? im Hinblick auf die Eigensicherung und wie ist speziell das Thema Eigen- Henne: Bei der Umsetzung unter- nach dem Studium strukturiert? sicherung in die Ausbildung integriert? scheiden wir zwischen der Aus- und der Henne: Die Verantwortung für die Henne: Im SG 5 betrachten wir die Fortbildung. Durchführung der Fortbildung nach dem Lehrinhalte für das Polizeitraining Im Rahmen der Fortbildung bilden wir Studium liegt bei den Polizeibehörden. grundsätzlich ganzheitlich und dies auch besonders im Hinblick auf die Eigensi- alle haupt- oder nebenamtlichen Polizei- So sollte zum Beispiel jede Beamtin und cherung. Unser Ziel ist es, Polizeibeam- trainer der niedersächsischen Polizei für jeder Beamte mit Außendiensttätigkeit tinnen und -beamte bestmöglich auf den das Systemische Einsatztraining, Schuss- im Jahr an acht Stunden Abwehr- und täglichen Dienst vorzubereiten. waffeneinsatztraining, das Abwehr- und Zugriffstraining teilnehmen. Hierfür In der Ausbildung, also unserem dua- Zugriffstraining, Einsatzfahrtraining und bilden wir im SG 5 motivierte Kollegin- lem Bachelorstudiengang an der Polizei- andere Trainingsarten aus. Außerdem nen und Kollegen zu Polizeitrainern fort. akademie, verknüpfen wir die theoreti- führen wird die Erhaltungsfortbildung Nach dieser Qualifizierung in den ver- schen Lerninhalte eng mit praktischen für die hauptamtlichen Polizeitrainerin- schiedenen Übungsfeldern werden sie in Einsatztrainings. Dazu ist es notwendig, nen und Polizeitrainer durch. ihren Behörden eingesetzt, um dann vor dass sich Dozenten und Polizeitrainer Seit 2009 wurden über 1.000 Polizei- Ort das Training durchzuführen. regelmäßig austauschen und abstimmen, trainer fortgebildet, die an der Polizei- um den notwendigen Praxisbezug zu akademie und in den Behörden in den ? Um diese Aus- und Fortbildung erreichen. verschiedensten Trainingsfeldern tätig landesweit zu gewährleisten, ist eine Dafür stehen etwa 80 Trainerinnen und sind. Damit gewährleisten wir einen Vielzahl an Trainerinnen und Trainern Trainer bereit, die an den drei Studien- nahtlosen Übergang von der Aus- zur erforderlich. Wie werden diese ausge- orten Hann. Münden, Nienburg und Fortbildung, sowohl didaktisch als auch wählt und wie umfangreich ist deren Oldenburg die fachpraktische Ausbil- thematisch. Ausbildung? 10 proPolizei Heft 4/2015 Foto: Polizei
Titel Henne: Am Anfang steht die Henne: Durch eine gute Ver- Bereitschaft und Motivation, sich netzung bekommen unsere Poli- als Trainer neue Kompetenzen zu zeitrainerinnen und -trainer ak- erschließen und dieses Wissen an tuelle Geschehnisse recht schnell die Kolleginnen und Kollegen mit, so dass wir zeitnah auf neue weiter geben zu wollen. Die Ein- Gegebenheiten reagieren können stiegshürde ist dann ein standar- und dies auch tun. disiertes Polizeitrainer-Auswahl- In der Ausbildung werden die verfahren. Nach der Auswahl Inhalte jährlich angepasst, in der werden die Module der zentralen Fortbildung werden die neuen Fortbildung an der Polizeiakade- Erkenntnisse in den Erhalt- mie besucht. Die Dauer der ungsfortbildungen umgesetzt. Qualifizierung ist unterschied- Zugegeben, die polizeiliche lich und variiert zwischen fünf Lageauswertung in diesem Be- und 14 Wochen. Dabei ist auch reich könnte allerdings noch zwischen hauptamtlichen und optimiert werden. Mit dieser nebenamtlichen Polizeitrainerin- amtinnen und -beamte regelmäßig Problematik beschäftigt sich nen/ -trainern zu unterscheiden. unmittelbaren Zwang anwenden bereits eine bundesweite Expertengrup- müssen. Finden aktuelle Ereignisse pe, auf deren Arbeitsergebnisse wir ? Die polizeiliche Lageauswertung in Rückfluss in die praktische Aus- und gespannt sein dürfen. Niedersachsen zeigt, dass Polizeibe- Fortbildung? Sven Thielert | igw Grafik & Foto: Polizei Heft 4/2015 proPolizei 11
Titel Lasersimulationssystem für das systemische Einsatztraining D as Niedersächsische Innenminis- terium beschreitet neue Wege. Vor dem Hintergrund, geeignete Objekte oder Gebäude für Einsatztrainings im Land zu finden, erlangen alternative Trainingssysteme immer mehr an Be- deutung. So geriet ein neuartiges, flexib- les Lasersystem (Simulationssystem „Live Training“) der Firma SAAB aus Schweden in den Fokus. Der Konzern ist weltweit Ausstatter von portablen laser- gestützten Simulations-Trainingssyste- men für Militär- und Polizeieinheiten. In Zusammenarbeit des Niedersächsi- schen Innenministeriums mit der Zentra- len Polizeidirektion Niedersachsen wurde dieses System Ende März unter Leitung des Fortbildungsbereiches der Polizeidi- als Farbmarkierungsmunition, die Mög- das Abfeuern einer CO2-Ladung der rektion Hannover getestet. In einer Schu- lichkeit, beispielsweise durch Fenster- Softairwaffe. Dabei entsteht ein leises, le wurde während der Ferien mit Polizei- scheiben zu schießen. puffendes Geräusch, das keinerlei Ge- beamtinnen und -beamten ein situatives Der unsichtbare Lichtstrahl des Laser- hörschutzes bedarf. Einsatztraining zum Thema „Bewältigung moduls ist als Laserklasse 1 klassifiziert. An den Westen befinden sich im Ober- von Amoklagen“ durchgeführt. Ein direktes Hineinsehen in das Sende- körperbereich Sensoren, die den Laser- Die Firma SAAB stellte für die Ver- modul während einer Impulsabgabe ist strahl auffangen und diesen Treffer mit suche die Ausstattung zur Verfügung. entsprechendem Verletzungsbild als Diese bestand aus Westen und Helm- Sprachausgabe durch einen Laut- bändern mit Laserdetektoren und sprecher an der Schulter ausgeben. -transmittern, CO2-betriebenen, mit Lasermodul ausgestatteten (Softair-) Bei kritischen Verletzungen oder Waffen und akustische Signale aus- Tod wird die Waffe des Getroffenen lösenden Übungshandgranaten. blockiert, so dass ein weiteres Agie- Die Örtlichkeit wurde mit GPS ren nicht möglich ist. Ähnliches gilt beziehungsweise Funk gesteuerten bei Treffern durch die „Detonation“ Sensoren ausgestattet, um ein lü- der Übungshandgranaten. ckenloses und fast in Echtzeit simu- Dennoch, bei allen Vorteilen, die liertes Bewegungsbild der Agieren- das System bietet, zeigte es aber den auf den Auswertungsrechner zu auch einige Schwächen, die es zu projizieren. Eine anschließende modifizieren gilt, um den Anforde- Auswertung der Übung in vielen rungen an ein realitätsnahes Einsatz- Belangen ist über das System möglich. demnach unbedenklich. Dies ermöglicht training gerecht zu werden. In naher Dieses System kann an beliebigen das Trainieren ohne jeglichen Schutz, so Zukunft wird es mit anderen Herstellern Orten uneingeschränkt eingesetzt wer- dass Mimik sowie Sichtfeld und auditive lasergestützter Simulationssysteme Ge- den, ohne dass Schäden zum Beispiel an Wahrnehmung nicht gemindert oder spräche und vermutlich auch weitere Gebäuden oder Materialien entstehen. eingeschränkt werden. Tests geben. Ebenso bietet das Lasersystem, anders Ausgelöst wird der Laserstrahl durch Anja Lögering 12 proPolizei Heft 4/2015 Fotos: Polizei
Aktuell Rescuetool Neues Einsatzmittel für die niedersächsische Polizei S eit April dieses Jahres verfügt die Polizei in Niedersachsen per Erlass über ein neues Einsatzmittel: Das Res- cuetool. Dieses Rettungsmesser der Schweizer Firma „Victorinox“ wurde in fünfjähri- ger Zusammenarbeit mit Rettungs- und Sicherheitsdiensten entwickelt. Neben der Polizeidirektion Hannover haben die PD Osnabrück sowie die Abteilung 2 der Zentralen Polizeidirektion Niedersach- sen dieses Messer seit Herbst 2014 im täglichen Dienst getestet. Das Tool bietet viele Funktionen, die auch von anderen Multifunktionsmes- sern bekannt sind, wie Einhandfeststell- klinge, Schraubendreher, Kapselheber, Pinzette und ähnliches mehr. Das Augen- merk liegt bei diesem Multitool aber auf den Funktionen „Gurtschneider“, „Frontscheibensäge“ und „Scheibenzer- trümmerer“. Frontscheibe, komplett oder in Einzel- lemlos ausgetauscht werden. Das Glei- Der wellenförmige Schliff des Gurt- teilen, nach kurzer Vorbereitung mittels che gilt für den Scheibenzertrümmerer, schneiders ist sehr scharf und durch- Scheibenzertrümmerer, mit angemesse- sollte der Metalldorn nach Gebrauch trennt bei den durchgeführten Tests nem Kraftaufwand aufgesägt und ent- stumpf sein. mühelos Sicherheitsgurte verschiedens- fernt werden. Auch mit dem Zertrümmerer konnten ter Fabrikate. Die abgerundete Klingen- Nach mehrmaligem Gebrauch stumpft Seiten- sowie Heckscheiben verschiede- spitze ermöglicht ebenso das gefahrlose das Sägeblatt etwas ab. Ein Sägen ist aber ner PKW-Fabrikate mit wenigen Schlä- Auftrennen von Kleidung oder Textilien. dennoch möglich. Das Sägeblatt kann gen zerstört werden. Mit der Frontscheibensäge kann die als Ersatzteil einzeln bestellt und prob- Anja Lögering Fotos: Victorinox (1), Polizei (1) Heft 4/2015 proPolizei 13
Aktuell G7-Gipfel Einer der größten Polizeieinsätze M it dem Abschluss des zweitägi- gen G7-Gipfels auf Schloss El- mau ging am 8. Juni auch einer der Christiana Berg, ließ es sich nicht neh- men, ihre niedersächsische Bereit- schaftspolizei im Sicherheitsbereich größten Polizeieinsätze der letzten Jahr- rund um den Tagungsort zu besuchen. zehnte zu Ende. 2014 hatte sich die Nach der Besichtigung des Einsatzrau- Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auf mes um Elmau machte die Präsidentin den Tagungsort am Fuße des oberbayri- deutlich, dass es nicht zuletzt wegen der schen Wettersteingebirges festgelegt und geographischen Gegebenheiten und der damit insbesondere die bayerische Poli- Einsatzdauer für alle ein anstrengender zei vor eine Herausforderung gestellt – und kräftezehrender Einsatz werden mussten doch die geografischen Beson- würde. derheiten, der Naturschutz und taktische Für vier der Eingesetzten hatte Berg Aspekte in Einklang gebracht werden. eine besondere Überraschung im Ge- Die Kräfteplanung zeigte schnell, dass päck: Eine Beförderung nebst Urkunde der Einsatz nur mit der Unterstützung zum 1. Juni 2015. anderer Bundesländer zu bewältigen war. Letztendlich blieb die Vielzahl der Niedersachsen war sich seiner solidari- erwarteten gewaltbereiten G7-Gegner schen Verantwortung bewusst und plan- aus, sodass nur Gewitter mit Starkregen te den G7-Gipfel frühzeitig im Einsatz- und das alpine Gelände rund um Elmau kalender ein. den Verlauf des Einsatzes bestimmten. Aus allen sechs Polizeidirektionen, der Sven Thielert Polizeiakademie Niedersachsen und dem chim Herrmann, Polizeipräsident Huber- Landeskriminalamt Niedersachsen reisten Lindenau informiert sich. Aus Anlass tus Andrä sowie den Inspekteur der Konfliktmanager, Diensthundeführer, der Einsatzmaßnahmen zum G7-Gipfel Polizei Thomas Hampel. Der Folgetag Rettungssanitäter sowie weitere Spezia- am 7. und 8. Juni 2015 in Bayern statte- stand im Zeichen der BAO Werdenfels listen zu dem Großeinsatz in Bayern an. te Landespolizeidirektor Knut Lindenau und den dortigen Maßnahmen rund um Das größte Kräftekontingent stellte aber in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des die Tagungsörtlichkeit auf Schloss El- die Zentrale Polizeidirektion Niedersach- UA FEK den Verantwortlichen der baye mau. Die niedersächsische Bereitschafts- sen (ZPD) mit einem Polizeihubschrauber -rischen Polizei einen Besuch ab. polizei erhielt dabei einen besonderen sowie mit Beschäftigten des Regional- Er informierte sich zunächst im Staats- Auftrag. Sie wurde unter der Führung medizinischen Dienstes, Konfliktmana- ministerium des Innern sowie im Polizei- von Ltd. PD Michael Zorn mit der Inter- gern, Technikexperten und nahezu der präsidium München über aktuelle Her- vention im unmittelbaren Sicherheits- gesamten Bereitschaftspolizei. ausforderungen, laufende Maßnahmen bereich betraut. Dies wurde einhellig als Da in der Ferienregion rund um Gar- und die Strukturen vor Ort. Dabei traf Zeichen der Wertschätzung und Vertrau- misch-Partenkirchen und Mittenwald nur Knut Lindenau auch Innenminister Joa- en auf die professionelle Einsatzabwick- begrenzte Unterbringungsmög- lung durch die niedersächsischen lichkeiten zur Verfügung standen, Kräfte gewertet. wurde europäisch gedacht: Die Lindenau bedankte sich bei den meisten niedersächsischen Kräfte Kolleginnen und Kollegen für ihren waren im österreichischen Seefeld tagelangen Einsatz im anspruchs- untergebracht und fuhren täglich vollen alpinen Gelände. Diese zu ihren Einsatzschichten ins wiederum lobten insbesondere die wenige Kilometer entfernte Wer- sehr guten Versorgungs- und Über- denfelser Land in Oberbayern. nachtungsmöglichkeiten. Die Präsidentin der ZPD, Thorsten Massinger, 14 proPolizei Heft 4/2015 Foto: Polizei Bayern
Aktuell Startschuss Eingerichtet: Landesarbeitsgruppe „Fachstrategie Neue Medien“ M it einer für die Polizei Nieder- sachsen vermutlich noch nie dagewesenen Möglichkeit der Beteili- verbindlichen Stra- tegie zur Nutzung neuer Medien, sei gung an einer Arbeitsgruppe wartete die die LAG eingerich- Auftaktveranstaltung der Landesarbeits- tet worden. „Ich bin gruppe (LAG) „Fachstrategie Neue gespannt auf die Medien“ am 4. Juni im LKA Nieder- Arbeitsergebnis- sachsen (NI) auf. Im Microblogging- se“, gab Binias dem Dienst Twitter wurde durch den feder- Kernteam mit auf führenden AG-Leiter Matthias Behnke, den Weg. Abteilungsleiter 2 des LKA NI, und Der Leiter der dessen Stellvertreterin, Imke Krysta, L AG , M a t t h i a s Leiterin des ZKD der Polizeiinspektion Behnke, verdeut- Wolfsburg/Helmstedt, der Hashtag #lag- lichte, dass der neme auf Twitter eingerichtet und den Auftrag der LAG Veranstaltungteilnehmern präsentiert. eine Fortsetzung Bei der Begrüßung der Mitglieder des und Intensivierung Kernteams der LAG beschrieb der Prä- eines bereits be- sident des LKA NI, Uwe Kolmey, den gonnenen Prozesses sei. Besonders sich „die Polizei der Normalität in sozia- Auftrag der LAG als „eine Balance spannend werde sein, inwieweit die len Netzwerken stellen muss“. zwischen der technischen Entwicklung Polizei sich der Nutzung neuer Medien Bevor die Arbeitsgruppe, die mit Ro- und dem, wie sich die Polizei zukünftig öffnen werde. bert Kahr, Kommunikationswissen- in diesem Bereich aufstellen wird“. Zur Erreichung eines möglichst hohen schaftler und Mitarbeiter der Deutschen Im Anschluss stellte Uwe Binias als Beteiligungsgrades an dem „Mammut- Hochschule der Polizei, einen ausgewie- Auftraggeber der LAG dem Kernteam auftrag“ der LAG wünscht er sich eine senen Spezialisten im Bereich Soziale die Überlegungen aus seiner Rolle und rege Nutzung des Hashtags #lagneme Medien für die externe Beratung gewin- der damit verbundenen Sichtweise als auf Twitter, insbesondere auch durch nen konnte, ans „Eingemachte“ gehen Landespolizeipräsident dar. Er ging ins- Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der konnte, stellte Christian Cernak dem besondere darauf ein, dass der Gesell- Polizei Niedersachsen, die keine Mit- Kernteam die aktuelle Situation und schaft, aber auch der Polizei, mit den glieder der LAG seien. Es soll sicher- Historie der Polizei Niedersachsen im neuen Medien eine immer höhere gestellt werden, dass sich alle Mitarbei- web 2.0 vor. Dabei wurden auch Best- Schnelllebigkeit und weiterführende terinnen und Mitarbeiter der Polizei Practice-Beispiele der Polizeien aus dem Entwicklung im Bereich der Medien- Niedersachsen mit Ideen und Anregun- In- und Ausland vorgestellt. nutzung und Kommunikation bevorste- gen an der Arbeit der LAG beteiligen Haben Sie Ideen und Anregungen an he. Dabei müsse sich eine Organisation können. die Arbeitsgruppe? Gerne können Sie wie die Polizei die Frage stellen, wie Nach der offiziellen Begrüßung und neben #lagneme auf Twitter auch die diese Instrumente am effektivsten für ersten Einblicken in die Thematik „Neue üblichen Kommunikationswege wie externe und interne Prozesse genutzt Medien“ führte Andreas Dessau aus dem Telefon und E-Mail für Kontakte mit der werden können. „Eine moderne Kom- Landespolizeipräsidium durch die Dar- LAG nutzen: LAG Fachstrategie Neue munikation wird für die Polizei unum- stellung der Ausgangssituation und mit Medien, Tel.: 0511 26262 -2007, E-Mail gänglich sein“, so Binias. Zur Herstel- Erläuterungen zum Auftrag in das Thema Lag-nm@lka.polizei.niedersachsen.de lung eines roten Fadens, einer landesweit ein. Er beschrieb dabei anschaulich, dass Chrsitian Cernak Foto: Polizei Heft 4/2015 proPolizei 15
Niedersachsen Strategie 2020 Cybercrime - Aktuelles im Rahmen der Strategie 2020 F ast 12.000 Vorgänge von Cybercri- me im engeren Sinne und damit noch einmal über zehn Prozent mehr als „Webinare“ für Sachbearbeiter IuK- Cybercrime im engeren Sinne. Seit Mai 2015 erfolgt die Grundqualifizierung Polizeidirektion werden die Veranstal- tungen gesondert konzipiert. Für das Jahr 2016 plant die Polizei- im Vorjahr wurden durch die Niedersäch- von 22 Sachbearbeiterinnen und Sach- akademie die Verlagerung von Präsenz- sischen Polizeidienststellen im Jahr 2014 bearbeitern IuK-Cybercrime im engeren fortbildungsinhalten auf „Webinare“ für bearbeitet. Darüber hinaus wurde bei rund Sinne im Rahmen eines „Webinars“ in alle Zielgruppen im Fortbildungsbereich 30.000 weiteren in Niedersachsen erfass- Zusammenarbeit mit der Hochschule Cybercrime. Dazu hat die Polizeiakade- ten Straftaten das Tatmittel Internet ein- Emden-Leer. Im Jahr 2014 fand bereits mie ein Konzept zur Schaffung der gesetzt. Gleichzeitig haben sich die An- ein erfolgreiches Pilotprojekt gemein- technischen Voraussetzungen für die forderungen an die Auswertung von sam mit der Polizeidirektion Hannover Durchführung von Web-Seminaren er- Datenträgern sowohl quantitativ als auch statt. In 21 Wochen, davon drei Präsenz- arbeitet. qualitativ deutlich erhöht. Zielrichtungen, wochen und eine zweitägige Laborphase, Beispielhafte Maßnahmen in den Tatzusammenhänge und Feststellungen werden Inhalte aus neun IuK-Spezial- Polizeibehörden. Das Themenfeld Cy- zu den agierenden Tätern lassen sich modulen, zum Beispiel zu Schadpro- bercrime-Bekämpfung wird mit der in- häufig erst im Rahmen komplexer Ana- grammen, Netzwerktechnologien, ver- zwischen noch einmal angepassten lysen und fachkundiger Ermittlungsarbeit schiedenen Betriebssystemen, Cyber- strategischen Zielsetzung „Wir haben ergründen, wobei aber statistische Ent- profiling oder Rechtsfragen abgehandelt. qualifiziertes Personal, die Organisation wicklungen und jüngste herausragende Diese Qualifizierungsform soll zukünf- und die Technologie zur Bekämpfung Ereignisse (Hackerangriffe auf den Deut- tig fest in das Aus- und Fortbildungs- von Cybercrime“ im Rahmen der Stra- schen Bundestag und Kaspersky) in je- konzept Cybercrime integriert und ein- tegie 2020 in einen besonderen Fokus dem Fall eines deutlich machen: Ohne ein mal jährlich angeboten werden. genommen. Auch in den Polizeibehörden entsprechendes „Cyber-Knowhow“ in der Fortbildungsoffensive für Erstein- wurden bereits erste Maßnahmen in Breite und in der Tiefe werden viele De- schreiter und Sachbearbeiter Cybercrime diesem Sinne getroffen. likte zukünftig nicht mehr kompetent zu im weiteren und engeren Sinne. In allen Qualifizierungsoffensive der PD Han- ermitteln sein. Behörden sind bereits fünftägige Fort- nover. Die PD Hannover gab am 1. April Qualifizierungsoffensive der Polizei- bildungsveranstaltungen in der zweiten den Startschuss für eine behördeninterne akademie Niedersachsen. Die Polizei- Jahreshälfte 2015 terminiert, wobei je- Qualifizierungsoffensive: Betrugsermitt- akademie Niedersachsen stellt sich in weils zwei Tage für die Qualifizierung ler sowie Multiplikatoren für Erstein- enger Abstimmung mit dem Landespoli- von Ersteinschreitenden und Sachbe- schreitende aus den Polizeiinspektionen zeipräsidium durch die Qualifizierungs- arbeitern Cybercrime im weiteren Sinne hospitieren für drei Monate in der Er- offensive Cybercrime 2015 diesen Her- (Themenbereiche: Recht, Netzwerktech- mittlungseinheit Cybercrime der KFI 3, ausforderungen. Diese Offensive ergänzt nik, deliktsübergreifende Internetkom- 3.1 K. die bisherigen Fortbildungen in diesem petenz, Prävention und Cybercrime-Ta- Hier soll das Rüstzeug geschaffen Bereich und soll zum einen die Menschen tortarbeit) vorgesehen sind. werden, um auch den qualifizierten in den Polizeibehörden durch weitere Ein weiterer Tag dient der Vermittlung „Ersten Angriff“ bei DDoS-Attacken, Fortbildungsmaßnahmen vor Ort schulen. verschiedener Fachvorträge an Sachbe- Ransomware-Verseuchungen und On- Zum anderen sollen durch eine neue und arbeiter Cybercrime im engeren Sinne. line-Banking gewährleisten zu können. moderne Lernform, dem sogenannten Darüber hinaus ist für alle drei Zielgrup- Elektronische Spuren, von Internetad- „Webinar“, die Spezialisten der Cybercri- pen jeweils ein Vortrag zur strategischen ressen über Zahlungsmittel des eCom- me-Bekämpfung fortgebildet werden. Die Ausrichtung Cybercrime aus Behörden- merce bis zu den Steuerungsmerkmalen Qualifizierungsoffensive umfasst drei sicht vorgesehen. Für das Landeskrimi- in E-Mail-Adressen, sind in Ermittlungs- besondere Fortbildungsmaßnahmen: nalamt Niedersachsen und die Zentrale verfahren zu erkennen, zu sichern und 16 proPolizei Heft 4/2015
Niedersachsen zu verfolgen. Schnittstellen zum eigenen Service-Angebot bislang eine sehr posi- Ziel, den Kriminellen im digitalen Netz Ermittlungsbereich sind zu definieren tive Resonanz. nachhaltig entgegenzutreten, einen gro- und die vielfältigen Phänomene von Einrichtung einer Projektgruppe Cy- ßen Schritt näher gekommen. Zudem Cybercrime richtig einzuschätzen. bercrime in der PD Oldenburg. Bereits wird durch die regelmäßige Beratungs- Die Hospitationen bilden durch das Anfang des Jahres 2014 richtete Polizei- und Servicetätigkeit das Knowhow und persönliche Miteinander einen „Schul- präsident Johann Kühme in Reaktion auf Verständnis für das Deliktsfeld „Cyber- terschluss“ der verschiedenen Ermitt- eine deutliche Zunahme des Phänomens crime“ insgesamt in allen polizeilichen lungseinheiten und sind eine Gewähr für Cyberkriminalität in der Polizeidirektion Organisationseinheiten gestärkt. eine erfolgreiche Bekämpfung der Cy- Oldenburg bei der Polizeiinspektion Aufgrund der vielen positiven Erfah- bercrime. Oldenburg-Stadt/Ammerland als Piloten rungen und der Ermittlungserfolge der Einrichtung einer Hotline. Die für alle die Projektgruppe Cybercrime ein. Fünf Projektgruppe werden nunmehr zum 1. polizeilichen Belange ausgebildeten Personen befassen sich intensiv mit den November gleichartige Projektgruppen Generalisten am Tresen einer Polizei- neuen Herausforderungen der digitalen auch in den übrigen Inspektionen ein- wache befinden sich immer häufiger in Kriminalität und stehen einerseits als gerichtet. der Rolle von Ersteinschreitenden für Ermittler für die Bürger, andererseits als Ausblick. Die hier beschriebenen Ini- den Deliktsbereich Cybercrime. Den spezialisierte Serviceeinheit für die tiativen fußen auf bzw. stehen im Ein- damit verbundenen Herausforderungen eigenen Dienststellen zur Verfügung. klang mit den Ergebnissen der Landes- trägt die PD Hannover seit dem 1. Juni Die Projektgruppe bearbeitet einschlä- arbeitsgruppe Cybercrime aus dem Jahr auch mit der Einrichtung einer Hotline gige Strafverfahren, von der Phishing- 2014, die insbesondere die Notwendig- Rechnung, wo Hilfestellungen für Mit- Mail bis hin zu Server-Attacken. Gleich- keit einer spezialisierten Sachbearbei- arbeiterinnen und Mitarbeiter der PD zeitig recherchiert das Team im Internet, tung in eigenen Organisationseinheiten Hannover zu allen Fragen vom ersten um verfahrensrelevante Hinweise fest- Angriff bis zu Präventionshinweisen zur zustellen und beweissicher zu dokumen- auf der Ebene der ZKD als auch die Vermeidung von Folgetaten gegeben tieren. Aufgrund der hohen Spezialisie- konsequente Umsetzung von Personal- werden. r ung wird eine deutlich bessere findungs- und Qualifizierungsmaßnah- Die Unterstützung im Rahmen der Ermittlungstiefe erreicht. So konnten die men als wesentliche Ziele formuliert hat. Hotline-Betreuung leistet einen wert- Ermittler in einigen Verfahren zum Bei- Die diesbezüglich weitergehenden Über- vollen Beitrag zur Erhöhung der Hand- spiel anhand einer analysierten Phishing- legungen werden aktuell im Niedersäch- lungssicherheit im Rahmen der Anzei- Mail letztlich die persönlichen Daten von sischen Innenministerium hinsichtlich genaufnahme sowie zur Steigerung der Millionen geschädigter Bürger sichern. ihrer inhaltlichen Umsetzung geprüft. Fachkompetenz im Deliktsfeld Cyber- Durch das fachlich sehr gut ausgebil- Ulrich Jahns | Andrea Wreesmann crime. In diesem Sinne erzeugt das dete Team ist die PD Oldenburg dem Michael Herbst | Matthias Möhring | igw Foto: Polizei Heft 4/2015 proPolizei 17
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