Welches sind die häufigsten Störungen im Sportunterricht und wie unterscheiden sich diese von der Primarschule zur Kantonsschule?
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Bachelorarbeit im Rahmen des Bachelorstudiums an der Eidgenössischen Hochschule für Sport Magglingen EHSM Welches sind die häufigsten Störungen im Sportunterricht und wie unterscheiden sich diese von der Primarschule zur Kantonsschule? Studierender: Kobler Jonas Referentin: Steinmann Patricia Magglingen, 2020
Vorwort und Dank Zum Abschluss meines Studiums Bachelor of Science in Sports EHSM habe ich die Arbeit zum Thema «Welches sind die häufigsten Störungen im Sportunterricht und wie unterscheiden sich diesen von der Primarschule zur Kantonsschule?» erstellt. Die Arbeit basiert auf den Weisungen für schriftliche Arbeiten der EHSM. Das Thema Unterrichtsstörungen habe ich gewählt, da es mein Ziel ist Sportlehrer zu werden und an einer Schule mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Im Rahmen der Bachelorarbeit sah ich es als Chance, mir mehr Wissen über Unterrichtsstörungen anzueignen und mich so auf meinen Wunschberuf vorzubereiten. Ebenfalls arbeite ich als Campleiter bei MS Sports, wo ich verschiedene Sportcamps organisiere. In den Sportcamps bin ich oft mit Unterrichtsstörungen konfrontiert. Ich denke, ich kann in den nächsten Camps von den Erfahrungen der Bachelorarbeit profitieren und meinen Umgang mit Unterrichtsstörungen verbessern. Mein Ziel der Bachelorarbeit ist es, dass ich auf meinem weiteren Berufsweg von der vorliegenden Arbeit profitieren kann. Für die Ideen, die Unterstützung und die Hilfe bedanke ich mich bei meiner Betreuerin Patricia Steinmann, die mir jederzeit mit Rat und Tat zur Seite stand. Ein weiterer Dank geht an die beiden Klassenlehrpersonen Christof Naef und Oliver Friedrich, welche mir die Möglichkeit gaben ihren Unterricht zu beobachten und zu filmen. 2
Inhaltsverzeichnis Inhalt Vorwort und Dank ...................................................................................................................... 2 Inhaltsverzeichnis ....................................................................................................................... 3 Zusammenfassung ...................................................................................................................... 5 1. Einleitung ............................................................................................................................... 7 1.1 Hintergrund und Ausgangslage ........................................................................................ 7 1.2 Ziel und konkrete Fragestellung ....................................................................................... 8 1.2.1 Ziel ............................................................................................................................ 8 1.2.2 Konkrete Fragestellung ............................................................................................. 8 2. Methode .................................................................................................................................. 8 2.1 Untersuchungsgruppen ..................................................................................................... 8 2.2 Studiendesign.................................................................................................................... 9 2.3 Instrumente ....................................................................................................................... 9 2.4 Datenauswertung ............................................................................................................ 10 3. Hauptteil ............................................................................................................................... 11 3.1 Der Begriff Störung ........................................................................................................ 11 3.2 Ursachen von Störungen ................................................................................................. 12 3.3 Unterteilung der Störungsarten ....................................................................................... 15 Unterrichtsstörungen durch Schülerinnen und Schüler .................................................... 16 Unterrichtsstörungen durch Lehrpersonen ....................................................................... 17 4. Resultate ............................................................................................................................... 22 4.1 Häufigkeit der Unterrichtsstörungen in der Primarschule .............................................. 22 4.2 Häufigkeit der Unterrichtsstörungen in der Kantonsschule ........................................... 24 4.3 Unterschied von der Primarschule zur Kantonsschule ................................................... 26 5. Diskussion ............................................................................................................................ 27 5.1 Beantwortung der Fragestellung ..................................................................................... 27 5.2 Stärken und Schwächen .................................................................................................. 29 5.3 Ausblick .......................................................................................................................... 30 5.4 Bedeutung für die Praxis ................................................................................................ 30 6. Konklusion ........................................................................................................................... 32 3
Literaturverzeichnis .................................................................................................................. 33 Eigenständigkeits- und Urheberrechtserklärung ...................................................................... 34 Eigenständigkeitserklärung .................................................................................................. 34 Urheberrechtserklärung ........................................................................................................ 34 Anhang ..................................................................................................................................... 35 4
Zusammenfassung Einleitung Keine Lehrperson und keine Unterrichtslektion ist von Störungen verschont, daher ist es für Lehrpersonen wichtig, im Bereich Unterrichtstörungen ein Grundwissen zu haben. Es gibt in diesem Bereich ein breites Band an Literatur welche zum Beispiel beschreibt, welche Störungen auftreten können, wie man richtig darauf reagiert oder was die Gründe für Störungen sind. Mit dieser Arbeit möchte ich herausfinden, welche Störungen in der Primarschule und der Kantonsschule am häufigsten Vorkommen und wie sich diese in den beiden Altersstufen unterscheiden. Ziel und konkrete Fragestellung Ziel der Arbeit ist es, herauszufinden welche Störungen im Sportunterricht am häufigsten vorkommen, dabei werden Kantonsschule und Primarschule separat betrachtet. Zusätzlich werden die Daten miteinander verglichen, um so Unterschiede der beiden Altersstufen feststellen zu können. Es wurden dabei folgende Fragestellungen definiert. Welche Störungen kommen im Sportunterricht am häufigsten vor? Unterscheiden sich die Unterrichtsstörungen im Vergleich zwischen der Primarschule und der Kantonsschule? Methode Um die Fragestellung beantworten zu können, wurde bei einer Kantonsschulklasse, sowie bei einer Primarschulklasse der Sportunterricht besucht. Die jeweilige Doppellektionen wurden dabei mit einer Kamera gefilmt. Auf Basis der Literatur wurde eine Grafik (siehe Abbildung 3) zur Einteilung der Störungen gemacht. Durch die Auswertung der Videosequenzen konnten die Störungen in die Grafik eingeteilt werden. Dadurch wurde ersichtlich, bei welcher Stufe, welche Störungen am häufigsten vorkommen. Diese konnten danach miteinander verglichen werden. Zusätzlich wurden den Lehrpersonen einige Fragen gestellt, um die Untersuchungen zu präzisieren. Hauptteil Um einen Überblick über Störungen zu erhalten, wird im Kapitel 3 der Begriff Störung, die Ursachen und die Unterteilung dieser beschrieben. Darauf aufgebaut wurde die Grafik zur Einteilung der Störungen erstellt. Die Beschreibungen helfen, die Grafik zu verstehen und die Einteilung der Störungen nachvollziehen zu können. 5
Resultate Die Unterrichtsstörungen wurden mit Hilfe einer Grafik eingeteilt. Bei der Primarschule wurden 93 Prozent der Störungen, als Störungen durch Schülerinnen und Schüler gewertet. Von den Störungen durch Schüler/innen waren 69 Prozent nicht aggressiv aktive, 15 Prozent nicht aggressiv passive und 16 Prozent aggressiv direkte Störungen. Aggressiv indirekte Störungen konnten keine festgestellt werden. Bei der Kantonsschule hatten die Störungen durch die Lehrperson einen Anteil von 12 Prozent. Bei den 88 Prozent durch die Schüler/innen waren 57 Prozent nicht aggressiv passive und 43 Prozent nicht aggressiv aktive Störungen. Aggressive Störungen kamen bei der Kantonsschule keine vor. Diskussion und Konklusion Die Fragestellungen konnten anhand der Resultate beantwortet werden. Es wurde festgestellt, dass gesamthaft die nicht aggressive Störung am häufigsten vorkam. Vor allem in der Primarschule waren diese Störungen mit 69 Prozent sehr häufig. In der Kantonsschule wurde, die nicht aggressiv passive Störung mit 57 Prozent am meisten beobachtet, es waren aber auch die aktiven Störungen sehr häufig. Es konnten verschiedene Unterschiede der beiden Altersklassen erkannt werden, so gab es in der Kantonsschule keine Störung, die dem Bereich aggressive Störung zugeordnet werden konnte, während in der Primarschule einige aggressiv direkte Störungen vorkamen. Auch die Häufigkeit der nicht aggressiven passiven und aktiven Störungen unterscheiden sich bei den Altersstufen. 6
1. Einleitung 1.1 Hintergrund und Ausgangslage Ob gross oder klein, Primarschule oder Kantonsschule, Mädchen oder Knaben, Störungen kommen praktisch in jeder Sportlektion vor. Unterrichtsstörungen gehören zum Sportunterricht dazu. Auch wenn eine Sportlektion noch so gut geplant und angeleitet wird, ist sie von Störungen nicht befreit (Steinmann, 2016). Für Lehrpersonen ist es daher wichtig, Unterrichtsstörungen zu kennen und auf diese reagieren zu können, um einen guten Unterricht zu gewährleisten. Es gibt eine Vielzahl von Literatur, welche sich mit dem Bereich Unterrichtsstörungen befasst. So gibt es bereits Einteilungen für die Arten von Störungen, Gründe für Störungen, Störungen aus Lehrer-/ Schülersicht, Umgang mit Störungen, usw. Bei den Arten der Störungen gibt es verschiedene Unterteilungen, so werden beispielsweise Störungen nach deren Stärke und Handlungsdruck (Steinmann, 2016), nach Art der Störung (Lohmann, 2020) oder nach der Ursache (Wettstein & Scherzinger, 2019) unterschieden. Die Arbeit soll eine Übersicht zeigen, welche Störungen im Sportunterricht häufig vorkommen. Es gibt bereits Studien die Störungen im Unterricht analysierten. Bei einer Studie von Ummel, Wettstein & Thommen (2009) wurde der Unterricht auf Störungen von Lehrpersonen und Schülerinnen und Schüler untersucht, dabei handelt es sich aber nicht um Sportunterricht, sondern um Unterricht im Klassenzimmer. Weniger bekannt ist, wie sich die Unterrichtsstörungen in den verschiedenen Stufen unterscheiden. Die Arbeit dient dazu herauszufinden, welche Störungen im Sportunterricht vorkommen und ob es Unterschiede zwischen den Altersgruppen Primarschule und Kantonsschule gibt. 7
1.2 Ziel und konkrete Fragestellung 1.2.1 Ziel Ziel der Arbeit ist es herauszufinden, welche Störungen im Sportunterricht häufig vorkommen und ob sich diese im Vergleich von der Primarschule zur Kantonsschule unterscheiden. 1.2.2 Konkrete Fragestellung a) Welche Störungen kommen im Sportunterricht am häufigsten vor? b) Unterscheiden sich die Unterrichtsstörungen im Vergleich von der Primarschule zur Kantonsschule? 2. Methode 2.1 Untersuchungsgruppen Es wurden zwei Schulklassen für die Untersuchung ausgewählt. Eine 3. Klasse der Primarschule Rüthi SG und die 3. Klasse der Kantonsschule Sargans SG. Die Untersuchung wurde mit männlichen und weiblichen Personen durchgeführt. Bei der Primarklasse wurden 19 Schülerinnen und Schüler, 11 Knaben und 8 Mädchen mit Jahrgang 2011/12 beobachtet. Bei der Kantonsschulklasse wurden 20 Personen, 11 Knaben und 9 Mädchen mit Jahrgang 2003- 2005 beobachtet. Die beiden Schulklassen waren durchschnittliche Klassen, die weder sehr positiv noch sehr negativ auffallen, wie es auf Anfrage bei den Lehrpersonen hiess. Die Lektion bei der Kantonsschule wurde auf Englisch durchgeführt, dies war aber kein Problem, da alle Beteiligten dies gut verstanden. Aufgrund der Corona Pandemie mussten die Lehrpersonen und bei der Kantonsschule auch die Teilnehmenden eine Schutzmaske tragen. Zuerst wurden die Lehrpersonen angefragt ob die Untersuchung bei ihrer Klasse gemacht werden darf. Nachdem die Untersuchung von den Lehrpersonen akzeptiert wurde, musste einen Bewilligung der jeweiligen Schulleitung eingeholt werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sowie die Erziehungsberechtigten wurden vorgängig schriftlich über die Untersuchung informiert. Gleichzeitig wurde den Erziehungsberechtigten eine Einverständniserklärung (Anhang S.35) zugestellt, diese musste aus Gründen des Datenschutzes von den Erziehungsberechtigten unterschrieben und der Lehrperson abgegeben werden. 8
2.2 Studiendesign Für die Untersuchung wurde der Sportunterricht bei zwei verschiedenen Klassen gefilmt, zum einen bei einer Primarschulklasse, zum anderen bei einer Kantonsschulklasse. Von den beiden Klassen wurde je eine Doppellektion (90`) besucht und mit der Kamera festgehalten. Es wurde darauf geachtet, dass der Unterrichtsinhalt bei beiden Stufen aufbauend mit Einleitung, Hauptteil und Schluss war und nicht einfach eine Spielstunde. Dadurch konnte der Unterricht besser miteinander verglichen werden. Bei der Primarschule war das Thema der Lektion Unihockey, bei der Kantonsschule lag der Schwerpunkt auf dem Barrenturnen. Mithilfe einer selbst entwickelten Störungsartentabelle und den Videoaufnahmen wurde der Unterricht analysiert und die Unterrichtsstörungen in verschiedene Kategorien eingeteilt. Die Einteilung der Unterrichtsstörungen wurde für die beiden Klassen separat gemacht. Durch die separate Einteilung, konnten die Unterrichtsstörungen von der Primarschulklasse und der Kantonsschulklasse miteinander verglichen werden. Es wurde durch die separate Einteilung auch ersichtlich, welche Störungen in welcher Stufe am häufigsten vorkommen. Zusätzlich wurden den beiden Lehrpersonen nach der Auswertung der Daten einige Fragen zum Thema Unterrichtsstörungen gestellt (Anhang S.36). Die Antworten wurden dann mit den Resultaten der Unterrichtsbeobachtung verglichen. 2.3 Instrumente Videoaufnahme Für die Aufnahmen des Sportunterrichts wurde eine Videokamera (Camcorder Panasonic) mit Stativ (Stativ Sony) verwendet, diese wurde auf der Tribüne/ Galerie der jeweiligen Sporthalle aufgestellt. Zusätzlich wurden die Lehrperson mit einem Mikrofon (Sennheiser Wireless Mic Set) ausgestattet, damit die Anweisungen bei den Aufnahmen gut hörbar sind. Interview mit der Lehrperson Nach der Auswertung der Unterrichtsbeobachtung wurde mit der jeweiligen Lehrperson ein Interview geführt, dabei wurden einige Fragen zum Thema Unterrichtsstörungen im Sportunterricht gestellt. Die Fragen waren oft auf Basis der Resultate, so konnten die Erkenntnisse mit der Lehrperson diskutiert werden. Als Leitfaden habe ich einen Interviewbogen (Anhang S.36) zusammengestellt, welcher mir während der Interviewdurchführung eine Orientierung gab. Während des Interviews habe ich mir schriftlich Notizen gemacht, dies half mir bei der späteren Auswertung. 9
Auswertung Zur Auswertung der Störungen diente eine selbst entwickelte Störungsartentabelle (Abbildung 3). Die Störungsartentabelle wurde mit Hilfe verschiedener Literatur zusammengestellt, als Basis für die Zusammenstellung dienten die Bücher «Unterrichtsstörungen verstehen und wirksam vorbeugen» (Wettstein & Scherzinger, 2019) und «Mit Schülern klarkommen» (Lohmann, 2020). 2.4 Datenauswertung Bei der Datenauswertung wurde mit dem Programm Excel (Excel 2013, Microsoft, Remond, USA) gearbeitet. Dabei wurden die Sportlektionen mit den Videoaufnahmen analysiert und die Störungen in die jeweilige Kategorie eingeteilt. Zur Einteilung in die verschiedenen Kategorien diente eine Störungsartentabelle. Mit Hilfe der Tabelle konnten Störungen einfach der jeweiligen Kategorie zugeteilt werden. Dabei wurden vier Kategorien für Störungen von Schülerinnen und Schülern und fünf Kategorien für Störungen von Lehrpersonen gemacht. Durch die separate Einteilung der beiden Klassen im Excel, konnte einerseits herausgelesen werden welche Störungen am häufigsten im Sportunterricht vorkommen, andererseits konnten diese miteinander vergleichen und so die Unterschiede in den verschiedenen Altersklassen analysiert werden. 10
3. Hauptteil 3.1 Der Begriff Störung Unterrichtsstörungen treten in jeder Klasse auf. Für Lehrpersonen sind Unterrichtsstörungen eine grosse Belastung. Unterrichtsstörungen gehören zum Unterricht dazu. Wie kann eine Lehrperson auf Unterrichtsstörungen reagieren? All das sind Punkte, die man oft hört und die viel diskutiert werden. Doch was sind eigentlich Störungen? Störungen genau zu definieren ist sehr schwierig. Ob ein Verhalten als Störung gilt, hängt davon ab, wie eine Person dies interpretiert. So kann es sein, dass z.B. eine Lehrperson das Verhalten der Lernenden als störend empfindet, während eine andere Lehrperson das gleiche Verhalten nicht als störend interpretiert. In der Literatur gibt es viele verschiedene Definitionen für den Begriff Störungen. Bei der Definition von Ortner & Ortner (2000) beziehen sich Unterrichtsstörungen vor allem auf Schülerinnen und Schüler. Eine konkrete oder potenzielle Unterrichtsstörung umfasst alles, was dazu führt oder führen kann, den Prozess oder die Beziehungsgefüge von Unterrichtssituationen zu unterbrechen. Auf das Verhalten eines Schülers bezogen, betreffen stören des Unterrichts alle Aktionen und Reaktionen, mit denen dieser sich bewusst über schulische Normen und Regeln hinwegsetzt. Das Störverhalten richtet sich dabei gegen den Lehrer, die Mitschüler oder gegen den Unterrichtsverlauf (Ortner & Ortner, 2000, S.200). Bei dieser Definition werden viele wichtige Punkte genannt, jedoch auch einiges vernachlässigt. So sprechen die Autoren nur von Störungen durch Schülerinnen und Schüler. Störungen durch die Lehrperson oder das Umfeld werden in dieser Definition nicht erwähnt. Eine weitere Definition ist jene von Lohmann (2020). Er bezieht sich dabei nicht auf eine Person, welche für die Störung verantwortlich ist, sondern nennt Ereignisse als Beeinträchtigung des Lehr-Lernprozesses. «Unterrichtsstörungen sind Ereignisse, die den Lehr-Lernprozess beeinträchtigen, unterbrechen oder unmöglich machen, indem sie die Voraussetzungen, unter denen Lehren und Lernen erst stattfinden kann, teilweise oder ganz ausser Kraft setzen» (Lohmann, 2020, S.13). Eine weitere Definition die jener von Lohmann (2020) sehr ähnlich ist, ist diese von Wettstein & Scherzinger (2019). Eine Unterrichtsstörung ist eine Störung des Lehr-Lern-Prozesses. Wenn also das Lehren und Lernen stockt, aufhört, pervertiert, unerträglich oder inhuman wird. Zudem gehen wir davon aus, dass die Störung vom individuellen Verhalten einer Schülerin, eines 11
Schülers oder auch von der Lehrperson ausgehen kann. Also ein störendes oder sogar aggressives Verhalten einer Lehrperson oder eines Schülers respektive einer Schülerin, welches in Widerspruch zum beabsichtigten Unterrichtssetting steht und den Lehr-Lern- Prozess behindert. Dieses Verhalten kann aktiv sein, indem man etwas tut, oder passiv, indem man etwas unterlässt. Da der Unterricht ein soziales System bildet, in dem alle Mitglieder in gegenseitiger Abhängigkeit stehen und sich wechselseitig austauschen und beeinflussen, kommt auch individuellen Störungen ein sozialer Charakter zu. Zusätzlich besteht das Risiko, dass sich aus einem vorerst individuellen Störungsbeitrag durch die Reaktion des Gegenübers eine interaktionale Störung entwickelt (Wettstein & Scherzinger, 2019, S.23). Bei der Definition von Wettstein & Scherzinger (2019) werden zwei zusätzliche Punkte angesprochen. Erstens, dass eine Unterrichtsstörung nicht aktiv sein muss, sondern jemand den Unterricht auch durch passives Verhalten stören kann, indem beispielsweise geträumt oder etwas unterlassen wird. Zweitens wird erwähnt, dass bei einem individuellen Störungsbeitrag durch eine Reaktion des Gegenübers eine interaktionale Störung entwickelt werden kann. Zusammenfassend aus den drei Definitionen von Ortner & Ortner (2000), Lohmann (2020) und Wettstein & Scherzinger (2019) kann gesagt werden, dass eine Unterrichtsstörung eine Behinderung des Lehr-Lern-Prozesses ist, dabei können Störungen von Lehrpersonen, von Schülerinnen und Schülern aber auch von der Umwelt ausgehen. Sprechen wir von Störungen meinen wir meist aktive Störungen, wie z.B. dazwischenreden oder schwatzen, Störungen können jedoch auch passiv sein. Dazu gehören z.B. nicht zuhören oder Abwesenheit. 3.2 Ursachen von Störungen Da schlussendlich Lehrpersonen diejenigen sind, die Störungen interpretieren, ist es naheliegend, dass der Grund für die Störung oft den Schülerinnen und Schülern zugeschrieben wird. Unterrichtsstörungen können jedoch unterschiedliche Gründe haben und es wäre falsch, die Störungen immer den Schülerinnen und Schüler zuzuschreiben. Bei genauerem auseinandersetzen mit diesem Thema wird einem bewusst, dass die Störenden oft Schülerinnen und Schüler sind, der Grund dafür aber ganz wo anders liegt. Nolting (2017) unterscheidet drei verschiedene Gründe wodurch Störungen entstehen können. • Aufgrund der Schule als Institution • Aufgrund der Schülerinnen und Schüler (Einzelne oder als Klasse) • Aufgrund des Lehrerverhaltens 12
Aufgrund der Schule als Institution: Jede Schule hat Aufträge zu erfüllen und hat Vorgaben bei den Lerninhalten, welche bearbeitet werden müssen. Als Lehrperson ist man verpflichtet sich an den Lehrplan zu halten, auch wenn ein Thema bei einigen Schülerinnen und Schülern wenig Anklang findet. Die Absichten der Lehrpersonen/ Schule können nicht immer mit denen aller Schüler/innen übereinstimmen. Durch das teils vorgegebene Programm kann Langeweile aufkommen, was Störungen herbeirufen kann. An Schulen gibt es auch Defizite, welche störungsfördernd wirken können. So kann es z.B. sein, dass keine geeignete Sportanlage vorhanden ist, die Musikanlage nicht funktioniert, kein geeignetes Material vorhanden ist oder die Spielwiese nicht gemäht wurde. (Nolting, 2017) Aufgrund der Schülerinnen und Schüler: Wenn wir von Unterrichtsstörungen sprechen denken wir oft an Störungen durch Schülerinnen und Schüler. Es wird dabei zwischen einzelnen Störern und interpersonellen Störungen unterschieden. Das Unterrichtsstörungen in gewissem Grade tatsächlich ein individuelles Problem sind, zeigt sich darin, dass manche Schüler/innen häufiger stören und andere fast nie. Gelegentlich gibt es ausgesprochen schwierige Kinder und Jugendliche, die von allen Lehrpersonen als Problem empfunden werden und an denen sich auch zehn Therapeuten die Zähne ausbeissen würden (Nolting, 2017, S.18). Störungen können aber nicht nur durch einzelne Schüler/innen entstehen, sondern auch durch interpersonale, also zwischenmenschliche Einflüsse, die von den Mitschülern und der Lehrperson ausgehen. So werden z.B. Schüler/innen von anderen Schülern/innen und deren störendem Verhalten angesteckt und sorgen dadurch selbst für Unruhe. Auch eine ungünstige Klassenzusammensetzung kann ein Grund für Störungen im Unterricht sein. (Nolting, 2017) Aufgrund der Lehrperson: Lehrpersonen haben einen grossen Einfluss auf ihre Schülerinnen und Schüler. Durch ungünstiges Verhalten der Lehrperson können viele Störungen entstehen. So kann es sein, dass bei der Lehrperson A kaum Störungen vorkommen, während bei der Lehrperson B die gleiche Klasse den Unterricht oft stört. Gründe hierfür können z.B. schlechte Unterrichtsvorbereitung, unklare Aufträge oder wenig Abwechslung sein. (Nolting, 2017) 13
In der Kindersportbroschüre «Störungen im Sportunterricht und Training» (Steinmann, 2016) werden die Gründe für Störungen mit dem Modell Themenzentrierte Interaktion (TZI) nach Ruth Cohn veranschaulicht (siehe Abbildung 1). Dabei ist das Modell in vier Bereiche aufgeteilt. Wie in Abbildung 1 zu sehen ist, werden das ICH (die einzelnen Menschen), dass ES (das Ziel/ die Aufgabe), dass WIR (die Gruppe) und GLOBE (die äusseren Rahmenbedingungen) unterschieden. Durch alle diese Bereiche können Unterrichtsstörungen entstehen. Ziel der TZI ist es, die vier Faktoren in dynamischer Balance zu halten und so Unterrichtsstörungen zu vermeiden. (Steinmann, 2016) Abbildung 1: Themenzentrierte Interaktion (TZI) nach Ruth Cohn Bei meiner Untersuchung, dem Vergleich von Störungen in der Primarschule und der Kantonsschule, werde ich mich auf die Störungen durch Lehrpersonen und Schüler/innen konzentrieren. Daher ist es spannend, die Ursachen von Unterrichtsstörungen aus Lehrer- und Schülersicht zu erfahren. Scherzinger, Wettstein & Wyler (2017) haben eine Interviewstudie gemacht, die zeigt, welche Gründe für Unterrichtsstörungen die Lehrpersonen und die Schülerinnen und Schüler am häufigsten nennen. Aus Sicht der Schüler/innen: Nur vereinzelt schreiben die Schüler/innen die Störungsursachen verhaltensauffälligen anderen Schüler/innen zu, welche beispielsweise laut sind, provozieren oder Aufmerksamkeit wollen. Meist wird angegeben das der Grund für die Störung bei der Lehrperson liege. So berichten die Schüler/innen von problematischen Beziehungen zur Lehrperson, vor allem mangelndes Vertrauen und fehlender gegenseitiger Respekt. Weiter nennen die Schülerinnen und Schüler eine schlechte Unterrichtsgestaltung, Unterforderung oder eine schlechte Klassenführung als Ursache für Störungen. (Scherzinger et al., 2017). Aus Sicht der Lehrperson: Lehrpersonen nennen als häufigste Ursache von Unterrichtsstörungen die Klassenzusammensetzung (Alter, Herkunft, Leistung, Klassengrösse). Als weiterer Punkt werden die sozialen Beziehungen der Schülerinnen und Schüler genannt. Die Lehrpersonen sagten, dass bei einem guten Klassenklima weniger Unterrichtsstörungen auftreten. Ebenfalls werden einzelne Schüler/innen mit 14
Verhaltensauffälligkeiten von den Lehrpersonen genannt. Die Lehrpersonen erwähnten aber auch, dass weniger Unterrichtsstörungen entstünden, wenn die Klasse von der Lehrperson gut geführt, Aufträge gut geplant und erklärt werden und der Unterricht klar und spannend sei. (Wettstein & Scherzinger, 2019) 3.3 Unterteilung der Störungsarten Es gibt unzählige Arten wie Störungen auftreten können, von leichten bis schweren Störungen, über Mobbing und Tagträumen bis zu Verspätungen und Wutausbrüchen. Eine sinnvolle Unterteilung zu machen ist daher sehr komplex. Es gibt verschiedene Arten wie Unterteilungen gemacht werden. In der J&S Kindersportbroschüre (Steinmann, 2016) werden Störungen nach der Stärke der Störung unterschieden. So werden diese wie in Abbildung 2 zu sehen in die Stufen Grün, Orange und Rot unterteilt. Als Grün werden dabei leichte Störungen bezeichnet, bei denen die Lehrperson keinen grossen Handlungsdruck hat. Es sind Störungen, die keinen grossen Einfluss auf den Unterricht haben. In der Stufe Orange werden mittelschwere Störungen eingeteilt, dies können z.B. Zwischenrufe, schwatzen, Mobbing oder Beleidigungen sein. Störungen der Stufe Orange können den Abbildung 2: Störungsmodell nach J&S Kindersport (Steinmann, 2016) Unterricht negativ beeinflussen. Die Störungen im roten Bereich werden als starke Störungen bezeichnet. Es sind Störungen, welche einen Trainingsunterbruch zur Folge haben. In den Bereich der starken Störungen werden Gewalt in der Gruppe, Unfall, Streich oder ein wetterabhängiger Abbruch eingeteilt. 15
Eine weitere Möglichkeit zur Unterteilung der Unterrichtsstörungen bietet Lohmann (2020). Er bezieht sich bei seiner Einteilung jedoch nur auf die Störungen, welche von den Schülerinnen und Schülern ausgehen. Er macht bei seiner Einteilung eine starke Vereinfachung und teilt die Störungen in vier Kategorien ein. • Verbales Störverhalten • Mangelnder Lerneifer • Motorische Unruhe • Aggressives Verhalten In die Kategorie verbales Störverhalten werden Störungen wie schwatzen, Zwischenrufe oder Beleidigungen eingeteilt. In die Kategorie mangelnder Lerneifer gehören geistige Abwesenheit, Desinteresse und Unaufmerksamkeit. Bei motorischer Unruhe werden z.B. zappeln, kippeln oder herumlaufen während Erklärungen eingeteilt. Zur letzten Kategorie dem aggressiven Verhalten gehören Wutausbrüche, Angriffe auf Personen oder Sachbeschädigungen. (Lohmann, 2020) Eine Dritte Möglichkeit zur Einteilung von Störungen zeigen Wettstein & Scherzinger (2019), dabei werden sowohl Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler wie auch die interaktionale Perspektive thematisiert. Da ich mich bei meiner Arbeit auf die Störungen durch Schülerinnen und Schüler sowie durch Lehrpersonen konzentriere, werde ich die interaktionale Perspektive nicht berücksichtigen. Unterrichtsstörungen durch Schülerinnen und Schüler Unterrichtsstörungen durch Schüler/innen können sehr vielfältig sein, Wettstein & Scherzinger (2019) unterscheiden dabei zwischen aggressiven und nicht aggressiven Störungen. Bei den nicht aggressiven Störungen wird zwischen aktiven und passiven Formen unterschieden. Als aktive Störungen werden jene Störungen bezeichnet, in denen der Schüler aktiv stört, dazu zählen schwatzen, dazwischenreden, Bälle herumwerfen, usw. Eine aktive Störung beeinflusst den Unterricht weit mehr als eine passive Störung. Passive Störungen beeinflussen den Unterricht nur leicht, sind jedoch für den individuellen Lernprozess ungünstig. Zu den passiven Störungen gehören beispielsweise Tagträumen, geistige Abwesenheit, nicht richtig zuhören oder sich unauffällig mit anderen Dingen beschäftigen. Störungen aufgrund von aggressivem Verhalten sind absichtlich ausgeführte Verhaltensweisen, die zur persönlichen Schädigung oder zur Zerstörung von Eigentum führen. Aggressive Störungen werden in direkte und indirekte Formen unterteilt. Direkte Formen sind beispielsweise, wenn jemand geschlagen, beleidigt, 16
beschimpft oder blossgestellt wird. Direkte Formen sind für Mitschüler/innen und die Lehrperson offensichtlich und erkennbar. Neben den direkten Formen gibt es bei den aggressiven Störungen auch die indirekten Formen. Diese sind für die Lehrperson schwer zu erkennen, da sie verdeckt gehalten werden. Indirekte Formen sind Handlungen, mit denen einem Mitschüler einer Mitschülerin bewusst Schaden zugeführt wird. Dies sind z.B. falsche Gerüchte verbreiten oder Gegenstände verstecken. (Wettstein & Scherzinger, 2019) Unterrichtsstörungen durch Lehrpersonen Nicht nur Schülerinnen und Schüler können den Unterricht stören, sondern auch die Lehrpersonen. Im Gegensatz zu einigen Störungen durch Schülerinnen und Schüler ist das störende Verhalten der Lehrpersonen im Normalfall ungewollt. Lehrpersonen können den Unterricht auf verschiedene Weise stören, Wettstein & Scherzinger (2019) haben folgende Punkte als Störungen durch Lehrpersonen definiert und unterteilt. • Unterrichtsvorbereitung und Pünktlichkeit Wenn der Unterricht schlecht oder gar nicht vorbereitet ist, wirkt sich dies negativ auf den Unterricht aus. Auch Unpünktlichkeit der Lehrperson, mangelnde Fachkenntnisse oder das Fehlen von Struktur und Routinen im Unterricht wirken sich auf das Ausmass der Störungen im Unterricht aus. • Gehalt des Unterrichts Die Lehrperson beeinflusst mit ihrem Unterricht das Ausmass an Störungen sehr stark. Störungen entstehen, wenn eine Lehrperson einen langweiligen Unterricht gestaltet, unklare Anweisungen gibt, lange monotone Erklärungen hält oder der Unterricht durch fehlende Abwechslung gekennzeichnet ist. Die Art wie die Lehrperson den Unterricht gestaltet, hat einen grossen Einfluss auf die Störungen im Unterricht. • Überblick und Regeln Hat eine Lehrperson den Überblick über ihre Klasse, so wirkt dies störungspräventiv. Ist dies nicht der Fall, so wirkt es sich auf das Verhalten den Schülerinnen und Schüler aus. Wenn eine Lehrperson im Unterricht keine Präsenz zeigt und schwächere Schülerinnen und Schüler nicht schützt, können Unterrichtsstörungen entstehen. Regeln sollten für alle Beteiligten klar und verständlich sein damit sie akzeptiert werden, ist dies nicht der Fall kann dies zu Störungen führen. 17
• Umgang mit Schülerinnen und Schülern Hat eine Lehrperson eine gute Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern, so beugt dies Störungen im Unterricht vor. Ein guter Umgang entsteht, wenn eine gegenseitige Wertschätzung vorhanden ist und die Lehrperson alle Schüler/innen gleichbehandelt. Wenn eine Lehrperson jedoch ungeduldig, missmutig oder uninteressiert wirkt, Schüler/innen bevorzugt oder benachteiligt so wirkt sich dies auf das Unterrichtsklima aus und kann zu Störungen führen. • Umgang mit Unterrichtsstörungen Durch richtiges Handeln kann die Lehrperson viele Störungen ohne grosse Einwirkungen auf den Unterricht beheben. Reagiert eine Lehrperson jedoch falsch auf eine Störung so kann es sein, dass sich diese verschlimmert oder die Situation gar eskaliert. (Wettstein & Scherzinger, 2019) Zusammengefasst haben die beiden Störungsarteneinteilungen von Lohmann (2020) und Wettstein & Scherzinger (2019), was den Bereich der Schülerinnen und Schüler betrifft, einige Parallelen. So ist der Bereich verbales Störverhalten mit dem Bereich aktive Störungen sehr ähnlich oder der Bereich mangelnder Lerneifer kann mit passiven Störungen gleichgesetzt werden. Einzig bei Wettstein & Scherzinger (2019) wird genau auf die Störungen durch Lehrpersonen eingegangen, was ein sehr wichtiger Punkt ist. 18
Um meine Fragestellung beantworten zu können und um herauszufinden, welche Störungen am häufigsten in der Primarschule und der Kantonsschule vorkommen, habe ich eine Grafik (Abbildung 3) zur Störungsarteneinteilung gemacht, diese basiert auf den oben beschriebenen Theorien von Lohmann (2020) und Wettstein & Scherzinger (2019). Bei der Grafik wurden die Störungen, welche im Unterricht vorkommen können, in verschiedene Formen eingeteilt. Dabei wurde zwischen Störungen von Lehrpersonen und Störungen durch Schülerinnen und Schüler unterschieden. Alles was die Lehrpersonen betrifft, ist dabei mit Rechtecken gekennzeichnet. Die Störungen durch Lehrpersonen wurden in fünf Bereiche aufgeteilt. In diese Bereiche können alle Störungen, welche von den Lehrpersonen ausgehen, eingeteilt werden. Der obere Teil der Grafik bezieht sich auf Störungen aufgrund des Verhaltens von Schülerinnen und Schüler. Der Abschnitt, welcher die Schülerinnen und Schüler betrifft, ist mit kreisförmigen Ebenen gekennzeichnet. Die Störungen, welche die Schülerinnen und Schüler betreffen, wurden unterteilt in aggressive Störungen und nicht aggressive Störungen. Für eine optimale Einteilung wurden diese nochmals unterteilt in aggressiv direkte Störungen und aggressiv indirekte Störungen. Auch bei den nicht aggressiven Störungen wurde nochmals eine Unterteilung gemacht, in nicht aggressiv aktive Störungen/ verbales Störverhalten und nicht aggressiv passive Störungen/ mangelnder Lerneifer. Durch diese Aufteilung können alle Unterrichtsstörungen von Schülerinnen und Schülern einer Kategorie zugeordnet werden. Zusätzlich wurden bei der Grafik einige Beispiele für die jeweiligen Bereiche der Schülerinnen und Schüler aufgezeigt. Die orange gefärbten Bereiche zeigten die Kategorien, in welche die Störungen der Unterrichtsbeobachtungen eingeteilt werden. Dabei gibt es bei den Störungen der Lehrpersonen fünf, bei denen der Schülerinnen und Schüler vier Kategorien, in welche die Unterrichtsstörungen eingeteilt werden können. Beispiel: Ein/e Schüler/in schlägt eine/n Mitschüler/in, wir haben also eine Störung. Da die Störung durch ein/e Schüler/in gemacht wurde, wird es in den kreisförmigen Bereich der Schüler/innen eingeteilt. Schlagen gehört in den Bereich der aggressiven Störungen. Es gilt jetzt noch zu unterscheiden ob es eine direkte Form, also offensichtlich ist oder ob es sich um eine indirekte Form, eine versteckte Handlung handelt. Da Schlagen offensichtlich ist, wird dies der Kategorie aggressiv direkte Störung zugeordnet. 19
Bewusst wurden nicht zu viele Kategorien gemacht und versucht, die Einteilung möglichst einfach zu gestalten. Trotzdem musste darauf geachtet werden, dass alle Störungen einer Kategorie zugeordnet werden können. Dadurch das die Kategorien sehr einfach und klar sind, können die Störungen gut eingeteilt werden. Da nur wenige Kategorien gemacht wurden, kann klar gesagt werden, welche Kategorie, also welche Störungen am häufigsten in der Primarschule oder der Kantonsschule vorkommen. Ebenfalls hilft die klare Einteilung, um die beiden Altersklassen miteinander zu vergleichen. 20
beschimpfen direkte Form/ aggressives Verh. beleidigen schlagen aggressive Störung falsche Gerüchte indirekte Form Sachen verstecken Schüler/innen schwatzen aktive Störung/ verbales Störv. Zwischenrufe laut sein nicht aggressive Störung Störung Abwesenheit passive Störung/ mangelnder Lerne. Tagträumen Unterrichtsvorbereitung und Pünktlichkeit Gehalt des Unterrichts Lehrperson Überblick und Regeln Umgang mit Schüler/innen Umgang mit Unterrichtsstörungen Abbildung 3: Grafik zur Einteilung der Störungsarten 21
4. Resultate 4.1 Häufigkeit der Unterrichtsstörungen in der Primarschule Die Unterrichtsbeobachtung in der Primarschule ergab folgende Resultate. Die Einteilung der Störungen wurden anhand der Grafik in Abbildung 3 gemacht. Zuerst wurde eine Unterteilung in Störung durch Schülerinnen und Schüler oder Störung durch die Lehrperson gemacht. Dabei waren 39 Störungen den Schülerinnen und Schülern und drei der Lehrperson zuzuschreiben (Abbildung 4). Vergleich Lehrperson/ SchülerInnen Lehrperson 7% Schüler/innen 93% Lehrperson Schüler/innen Abbildung 4: Resultate von Störungen durch Lehrperson und SchülerInnen Störungen durch Lehrperson Bei den fünf Kategorien von Störungen durch die Lehrperson konnten nur in zwei Bereichen Störungen festgestellt werden, in den Bereichen Überblick und Regeln, Umgang mit Schülerinnen und Schüler und Umgang mit Unterrichtsstörungen konnten keine Störungen erkannt werden. Es wurden insgesamt nur drei Störungen festgestellt, zwei im Bereich Gehalt des Unterrichts und eine im Bereich Unterrichtsvorbereitung und Pünktlichkeit. Die Störung beim Bereich Unterrichtsvorbereitung und Pünktlichkeit war eine Verspätung der Lehrperson aufgrund einer gerissenen Schutzmaske. Die beiden Störungen im Bereich Gehalt des Unterrichts entstanden durch Unklarheiten beim Auf- und Abbau der Posten. 22
Störungen durch Schülerinnen und Schüler Die Störungen der Schülerinnen und Schüler wurden in vier Kategorien eingeteilt. Es wurde zwischen aggressiven direkten/ indirekten Störungen und nicht aggressiven aktiven/ passiven Störungen unterschieden (Abbildung 5). Dem Bereich aggressiv indirekte Störung konnte keine Störung zugeordnet werden. Mit 27 notierten Störungen hatte der Bereich nicht aggressiv aktive Störung am meisten Fälle, dabei waren vor allem Gespräche während der Erklärung, weiterspielen wenn es hiess zuhören, klatschen während der Erklärung oder reinschwatzen die Gründe für eine aktive Störung. Weitere aktive Störungen waren auch, etwas anderes zu machen als die gewünschte Übung oder mit dem Schläger spielen, während die Lehrperson am Erklären ist. Von den nicht aggressiven passiven Störungen gab es während der Lektion sechs, träumen, anstatt die Übung zu machen, während der Erklärung mit etwas anderem beschäftigt sein oder während dem Spiel auf der Ersatzbank liegen. Neben den nicht aggressiven kamen auch aggressive Störungen vor, dies waren sechs aggressive direkte Störungen. Es konnten kleine Streitigkeiten und kleine Wutausbrüche beobachtet werden. Störungen der SchülerInnen Primarschule 15% 16% 0% 69% aggressive direkte Störung aggressive indirekte Störung nicht aggressive aktive Störung nicht aggressive passive Störung Abbildung 5: Einteilung der Störungen von SchülerInnen in der Primarschule 23
4.2 Häufigkeit der Unterrichtsstörungen in der Kantonsschule Gleich wie bei der Primarschulklasse wurde bei den Störungen zuerst unterschieden ob diese von der Lehrperson oder von den Schülerinnen und Schüler ausgeht (Abbildung 6). Drei Störungen gingen dabei von der Lehrperson aus, während 23 den Schülerinnen und Schülern zugeordnet wurden. Unterschied Lehrperson und Schüler/innen 12% 88% Lehrperson Schüler/innen Abbildung 6: Störungseinteilung aufgrund der Lehrperson oder der Schüler/innen an der Kantonsschule Störungen durch Lehrperson Es gab an der Kantonsschule drei Störungen aufgrund der Lehrperson. Eine im Bereich Unterrichtsvorbereitung und Pünktlichkeit und zwei im Bereich Gehalt des Unterrichts. Bei Unterrichtsvorbereitung und Pünktlichkeit war zu sehen, dass die Lehrperson nach einem kurzen Einstieg, während dem Erklären die Schuhe binden musste, die Aufmerksamkeit der Schüler/innen war nicht mehr bei der Lehrperson. Zwei Störungen konnten der Kategorie Gehalt des Unterrichts zugeordnet werden, dies waren unzureichende Erklärungen, was zu Verwirrung der Schülerinnen und Schüler führte. 24
Störungen durch Schülerinnen und Schüler Gleich wie bei der Primarschulklasse wurden die Störungen in vier Kategorien eingeteilt (Abbildung 7). Es gab insgesamt 23 Störungen durch Schüler/innen, dies waren alle nicht aggressive Störungen aktiv oder passiv. Den Bereichen aggressive direkte oder indirekte Störung konnte kein Verhalten zugeordnet werden. Das aggressive Störungen an der Kantonsschule sehr selten sind, bestätigte auch die Lehrperson im Interview. Störungen durch Schülerinnen und Schüler 0; 0% 10; 43% 13; 57% aggressiv direkt aggressiv indirekt nicht aggressiv aktiv nicht aggressiv passiv Abbildung 7: Unterteilung von Störungen durch Schülerinnen und Schüler Zehn Störungen wurden dem Bereich nicht aggressiv aktive Störung zugeordnet, dabei wurde vor allem herumgeblödelt, wie z.B. auf den Langbankwagen herumfahren, am Basketballkorb hängen, Bälle herumwerfen, Matten herumwerfen während der Lektion. Es konnte aber auch schwatzen während den Erklärungen beobachtet werden. Neben aktiven wurden 13 passive Störungen beobachtet, dies waren, Abwesenheit während der Erklärung, Träumen während der Erklärung und vor allem Lustlosigkeit beim Barrenturnen. 25
4.3 Unterschied von der Primarschule zur Kantonsschule In der Vergleichsgrafik (Abbildung 8) sind die prozentualen Anteile der Störungen von der jeweiligen Schulstufe zu sehen. Bei beiden Schulstufen konnten keine aggressiven indirekten Störungen erkannt werden. Aggressiv direkte Störungen wurden nur bei der Primarschule beobachtet. Unterschiede gab es bei den nicht aggressiven Störungen. Prozentual kamen in der Kantonsschule mehr nicht aggressiv passive Störungen vor als in der Primarschule. Bei den nicht aggressiven aktiven Störungen war dies genau umgekehrt, hier konnten in der Primarschule prozentual mehr Störungen beobachtet werden. Unterschied Primarschule/ Kantonsschule nicht aggressiv passiv nicht aggressiv aktiv aggressiv indirekt aggressiv direkt 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% Primarschule Kantonsschule Abbildung 8: Prozentualer Anteil der Störungen von Kantonsschule und Primarschule im Vergleich 26
5. Diskussion 5.1 Beantwortung der Fragestellung In diesem Abschnitt wird die Fragestellung aus Kapitel 1.2 beantwortet, die erhobenen Resultate aus Kapitel 4 werden dabei interpretiert und gewertet. Welche Störungen kommen im Sportunterricht am häufigsten vor? Grundsätzlich kann gesagt werden das alle Störungen von der Grafik zur Einteilung von Störungen (Abbildung 3) im Unterricht vorkommen können. Nimmt man die Primarschule und die Kantonsschule zusammen, so kann man aus den Resultaten sehen, dass Störungen von Schülerinnen und Schüler häufiger vorkommen als Störungen von Lehrpersonen. Bei beiden Stufen war zu erkennen, dass bei den Lehrpersonen die Kategorie Gehalt des Unterrichts am meisten Störungen hervorbrachte. Gesamthaft waren die Störungen durch die Lehrpersonen sehr selten. Ich denke, dies hat mit der grossen Erfahrung der Lehrpersonen und einer guten Lehrer- Schüler Beziehung zu tun. Man merkte, dass die Lehrpersonen bei den Schülern beliebt waren und dass die Lehrpersonen die Schülerinnen und Schüler respektvoll behandelten. Das ein respektvoller Umgang und eine gute Lehrer- Schüler Beziehung Störungen vorbeugen kann, bestätigt auch das Buch «Unterrichtsstörungen verstehen und wirksam vorbeugen» von Wettstein & Scherzinger (2019, S.114). Häufiger als Störungen von Lehrpersonen kommen Störungen von Schülerinnen und Schülern vor. Hier ist klar zu erkennen, dass in beiden Schulstufen, die nicht aggressiven Störungen häufiger vorkommen als die aggressiven Störungen. Gesamthaft gesehen ist die nicht aggressive aktive Störung jene die am meisten vorkommt. Dies bestätigt auch das Buch «Mit Schülern klarkommen» Lohmann (2020, S.14). Auch die beiden Lehrpersonen gaben im Interview an, dass aus ihrer Sicht, die nicht aggressiv aktive Störung die Häufigste ist. Im Bereich Schülerstörungen muss jedoch eine Unterteilung zwischen Primarschule und Kantonsschule gemacht werden. Die nicht aggressiv aktive Störung war mit 69 Prozent in der Primarschule, die mit Abstand am häufigsten vorkommende Störung. Spannend war zu sehen, dass die nicht aggressiven aktiven Störungen vor allem während den Erklärungen und den Übungen beobachtet wurden, in dieser Zeit gab es keine aggressiven Störungen. Die aggressiven direkten Störungen kamen erst während des Spiels, da in diesem Teil des Unterrichts Emotionen im Spiel waren und alle gewinnen wollten. Dafür gab es von den sonst so häufigen nicht aggressiven aktiven Störungen während des Spiels fast keine. Mit 15 Prozent 27
machen die nicht aggressiven passiven Störungen nur einen kleinen Teil aus, sie waren auf die ganze Unterrichtszeit verteilt und beeinflussten den Unterricht kaum. Aggressiv indirekte Störungen konnten keine erkannt werden, ich kann aber nicht mit Sicherheit sagen, ob es keine gab oder ich sie nicht erkannt habe. Denn aggressive indirekte Störungen wie Gerüchte verbreiten oder Sachen verstecken sind nicht offensichtlich und daher schwierig zu erkennen (Wettstein & Scherzinger, 2019). Auf Anfrage bei den Lehrpersonen ob indirekte Störungen vorkommen, hiess es von der Primarschullehrperson «Es komme vor, oft merkt man es aber erst wenn die Schüler/innen mit dem Problem zu einem kommen». An der Kantonsschule waren die nicht aggressiven passiven Störungen am häufigsten mit 57 Prozent, vor den nicht aggressiven aktiven Störungen mit 43 Prozent. Einige der Schüler/innen waren nicht motiviert zum Barrenturnen, dadurch entstanden Abwesenheit oder herumliegen auf der Matte. Zuerst habe ich gedacht, die Ursache der Störung sei aufgrund der langen Sequenz am Barren. Da die Lehrperson jedoch aktive Pausen wie Diabolo oder Jonglieren anbot, habe ich die Störung als passive Störung den Schülern zugeteilt. Erstaunt hat mich, dass keine aggressiv direkte oder indirekte Störung während der Doppellektion zu sehen war. Die Literatur bestätigt jedoch, dass aggressive Störungen weniger vorkommen als nicht aggressive (Lohmann, 2020, S.14). Im Interview mit der Lehrperson sagte diese: Aggressive Störungen seien sehr selten an der Kantonsschule, ich denke es hat einen grossen Einfluss, dass Schülerinnen und Schüler zusammen Sport treiben. Im Vergleich zur Primarschule ist ihnen das Gewinnen in der Kantonsschule wahrscheinlich weniger wichtig, daher kommt es auch zu weniger Streitereien. Zusätzlich haben die Schülerinnen und Schüler meist einen guten Klassenzusammenhalt, was sicher auch einen Einfluss auf aggressive Störungen ob direkt oder indirekt haben kann. Zusammengefasst kann gesagt werden, dass am häufigsten die Schülerinnen und Schüler den Unterricht mit nicht aggressiven Störungen stören. Unterscheiden sich die Unterrichtsstörungen im Vergleich von der Primarschule zur Kantonsschule? Ja, es gibt Unterschiede bei den Störungen im Vergleich von der Primarschule zur Kantonsschule. Im Gegensatz zur Kantonsschule, wo keine aggressive Störung beobachtet werden konnte, wurden bei der Primarschule sechs aggressive direkte Störungen notieret. Wie oben bereits erwähnt könnte dies daran liegen, dass den Schülerinnen und Schülern in der 28
Primarschule das Gewinnen wichtiger ist als den Schülerinnen und Schülern in der Kantonsschule. Alle aggressiven Störungen entstanden in der Primarschule während dem Spiel. Ein weiterer Unterschied liegt bei den nicht aggressiven aktiven Störungen, in der Primarschule wurden fast dreimal so viel aktive Störungen notiert wie bei der Kantonsschule. Der Grund hierfür könnte am Alter liegen, die Kinder im der Primarschule störten oft unbewusst indem sie reinschwatzten oder mit dem Schläger spielten. Die Jugendliche der Kantonsschule waren in diesem Bereich disziplinierter. Die Lehrperson der Primarschule sagte im Interview dazu: Den Kindern im Primarschulalter sei oft nicht bewusst, dass sie den Unterricht stören, bis sie darauf hingewiesen werden. Sie stören nicht böswillig, sondern weil sie Freude an der Bewegung haben. Der Bewegungsdrang ist bei Kindern im Primarschulalter meist grösser als bei Jugendlichen im Kantonsschulalter, dadurch entstehen häufig nicht aggressive aktive Störungen. Auch in Bereich nicht aggressiv passive Störungen gab es Unterschiede. Die Zahl der passiven Störungen lag bei der Kantonsschule deutlich höher. Auch hier könnte der Grund beim Alter liegen, während die Primarschüler/innen noch mehr Bewegungsdrang haben und sich einfacher motivieren lassen, ist es im Kantonsschulalter schwierig jemanden der nicht gerne Sport macht zu motivieren. Passive Störungen entstanden in der Kantonsschule vor allem durch Lustlosigkeit. Bei den Störungen durch die Lehrperson konnte kein Unterschied erkannt werden. Es pflegten beide einen guten, respektvollen Umgang mit den Schülerinnen und Schülern. Zusätzlich sind beide Lehrpersonen sehr erfahren, was sich positiv auf einen störungsfreien Unterricht auswirkt (Wettstein & Scherzinger, 2019, S.71). 5.2 Stärken und Schwächen Schwächen • Untersuchungsgruppe: Da die Arbeit zeitlich im Rahmen bleiben sollte, habe ich nur je eine Klasse beobachtet. Die Untersuchungsgruppe war daher sehr klein. Bei mehr zeitlichen Ressourcen wäre es sicher sinnvoll verschiedene Klassen zu beobachten. • Objektivität: Es könnte sein, dass ein anderer Beobachter, die Störungen anders eingeteilt hätte oder weitere Störungen notiert hätte. • Die Untersuchung wurde zu Zeiten der Corona Pandemie gemacht, die Lektion der Kantonsschule war deshalb den Umständen entsprechend angepasst. So musste eine 29
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