Werkstatt oder Chemielabor? - Die Berufsbildung an der ETH - Das Magazin für die ETH-Community April 2019 - ETH Zürich

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Werkstatt oder Chemielabor? - Die Berufsbildung an der ETH - Das Magazin für die ETH-Community April 2019 - ETH Zürich
Das Magazin für die ETH-Community
                               April 2019

Werkstatt oder
Chemielabor?
Die Berufsbildung an der ETH
Werkstatt oder Chemielabor? - Die Berufsbildung an der ETH - Das Magazin für die ETH-Community April 2019 - ETH Zürich
PANORAMA

Überarbeitete Webseite

Leitfaden für
Dozierende
Die Lehre ist ein Hauptauftrag der ETH Zürich.
Um die Dozierenden bei dieser wichtigen Aufgabe

                                                                                                                                                              Foto: Alessandro Della Bella
optimal zu unterstützen, hat die ETH ihre Web-
seite «Leitfaden für Dozierende» überarbeitet
und noch übersichtlicher gestaltet. Neben einer
Zusammenstellung der verbindlichen Richtlinien
bietet die Seite auch praktische Tipps – von der
Stundenplanung über das Unterrichten bis hin
zur Leistungskontrolle.
www.ethz.ch/leitfaden-dozierende →                                              Chancengleichheit

                                                                                ETH soll hindernis-

350
Die Zahl

                                                                                frei werden
                                                                                Diversität ist einer der Erfolgsfaktoren der ETH Zürich. Um diese weiter zu
                                                                                fördern und Menschen mit physischen Einschränkungen den Zugang zu Lehre
                                                                                und Forschung an der ETH zu erleichtern, hat die Schulleitung das Projekt
                                                                                «Hindernisfreiheit an der ETH» ins Leben gerufen. In einem ersten Schritt
                                                                                identifiziert das Projektteam gemeinsam mit Betroffenen und der Behin-
                                                                                dertenkonferenz des Kantons Zürich mögliche bauliche und IT-spezifische
So viele Teilnehmende zählte das Symposium                                      Hindernisse für Geh-, Seh- und Hörbehinderte an allen ETH-Standorten.
«Doctoral Supervision» Ende Januar. Die ETH                                     Anschliessend werden Lösungsvorschläge erarbeitet. 2020 soll das Projekt
Zürich veranstaltete das Symposium, um ihre Dok-                                abgeschlossen und klar sein, wo und wie der Abbau von Hindernissen konkret
torierendenbetreuung zu reflektieren und Anregun-                               umgesetzt werden kann.
gen zu erhalten, wie diese weiterentwickelt werden                              www.ethz.ch/hindernisfrei →
könnte. Fünf Inputreferate zeigten den aktuellen
Forschungsstand auf und wie andere Institutio-
nen mit diesem Thema umgehen. In Workshops
tauschten Doktorierende und Betreuungspersonen
ihre Erfahrungen aus und diskutierten Verbes-                                   App-Tour

                                                                                Einstein auf
serungsmöglichkeiten. Die Ergebnisse fliessen
in das im November 2017 gestartete Projekt zur
Verbesserung der Doktorierendenbetreuung ein.

                                                                                der Spur
www.ethz.ch/doktoratssymposium →

                                                                                Smartphone, Kopfhörer und rund 90 Minuten Zeit
                                                                                werden benötigt, um das ETH-Hauptgebäude mit der
                                                                                ersten App-Tour auf eigene Faust zu erkunden. An neun Posten erfahren die
                                                                                Besucherinnen und Besucher mehr über den wohl populärsten ETH-Alumnus
                                                                                Albert Einstein und seine Zeit an der ETH. Die App kann kostenlos für iOS
                                                                                oder Android heruntergeladen werden und ist in Deutsch, Englisch oder mit
                                                                                einer barrierefreien Wegführung verfügbar.
                                                     Foto: Giulia Eggenberger

                                                                                www.ethz.ch/tours →
Werkstatt oder Chemielabor? - Die Berufsbildung an der ETH - Das Magazin für die ETH-Community April 2019 - ETH Zürich
ETH am WEF

Skaterbot stiehlt
allen die Show
Die ETH-Ausstellung am diesjährigen WEF in Davos widmete sich der Frage,
wie wir unseren Lebensraum künftig gestalten und welche Materialien dabei
eine Rolle spielen sollen. Die Bandbreite reichte von gedrucktem Silikon über
einen «künstlichen Baum», der CO 2 in Solarkraftstoff umwandelt, bis hin zu
leichten Fasern, die Stahlkabel ersetzen könnten. Der Star war aber zweifels-
ohne der ETH-Roboter namens Skaterbot, der eislaufen kann und mit Profis
des HC Davos über das Eis flitzte.
www.ethz.ch/eth-am-wef-2019 →
                                                                                ETH-Publikationen

                                                                                Geschäftsbericht
                                                                                erschienen
                                                                                Ab sofort ist der aktuelle Geschäftsbericht online
                                                                                verfügbar. Mit der Jahresrechnung und zahlreichen
                                                                                Berichten liefert er einen umfassenden Rückblick
                                                                                auf das Jahr 2018 der ETH Zürich. Eine Fotostrecke
                                                                                widmet sich dem Querdenken und -handeln, denn
                                                                                die ETH fördert mit verschiedenen Massnahmen
                                                                                und Projekten interdisziplinäre Zusammenarbeit,
                                                                                kritisches und unternehmerisches Denken sowie
                                                                                eigenverantwortliches Handeln von Studieren-
                                                                                den. Gedruckte Exemplare des Geschäftsberichts
                                                                                können ETH-Angehörige ab dem 23. April über
                                                                                den Büromaterialshop beziehen.
                                                                                www.ethz.ch/geschaeftsbericht →

                             F oto:                          r
                                      A ndreas Eggenber ge
                                                                                Impressum
                                                                                «life – Das Magazin für die ETH-Community» ist ein Medium
                                                                                der internen Kommunikation der ETH Zürich und wird von
                                                                                der Hochschulkommunikation (HK) vierteljährlich auf Deutsch
                                                                                und Englisch herausgegeben.
gta-Ausstellung

Vom Zürichberg auf
                                                                                Redaktion                         Druck
                                                                                Anna Maltsev (Leitung),           Neidhart + Schön AG
                                                                                Karin Köchle (Stv. Leitung),
                                                                                Corina Oertli, Roman Klingler,    Auflage

den Hönggerberg
                                                                                Florian Meyer, Michael Walther,   15 160 Exemplare
                                                                                Anna Focà
                                                                                                                  Kontakt
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                                                                                Werkstatt oder Chemielabor?       HG F 41, 8092 Zürich
                                                                                (Foto: Alessandro Della Bella)    Mail an die Redaktion:
«Ein Bahnhof, an dem kein Zug hält» lautete die Aufgabe für die Architektur-                                      life@hk.ethz.ch
                                                                                Gestaltung                        Weitere Informationen:
studierenden der Entwurfsklasse der Gastdozenten Alexander Brodskiy und         gestalten AG                      www.ethz.ch/life
Ekaterina Nozhova im letzten Herbst. Entstanden ist ein rund 8 Meter hoher,     Lithografie
sechseckiger Turm, gebaut aus den alten Fenstern einer Zürichberg-Villa. Bis    Küenzi + Partner

vor kurzem stand er auf dem Flachdach einer Remise an den Bahngleisen in        Korrektorat
                                                                                Linkgroup AG (deutsch),
Wollishofen – für eine gta-Ausstellung von Alexander Brodskiy kommt er nun      Lilian Dutoit (englisch)

vom 17. April bis 17. Mai auf den Campus Hönggerberg.                           Übersetzung
                                                                                Louise Killeen,
www.ausstellungen.gta.arch.ethz.ch →                                            Translations Limited

                                                                                                                         life 1 / 2019        3
Werkstatt oder Chemielabor? - Die Berufsbildung an der ETH - Das Magazin für die ETH-Community April 2019 - ETH Zürich
THEMA

Die Berufsbildung
an der ETH
Dass die ETH eine der renommiertesten Adressen für angehende Studierende
ist, ist hinlänglich bekannt. Aber wer weiss schon, dass man an unserer
Hochschule auch 15 verschiedene Berufe erlernen kann? «life» gibt einen
Einblick in die vielseitige Ausbildung von Fachkräften.

Text Karin Köchle Fotos Alessandro Della Bella

«Jetzt spanne ich das Aluminiumteil in
die Maschine.» Maximilian Bott steht an
der computergesteuerten Fräsmaschine,
schliesst die Schutztüren und startet den
Fertigungsprozess. Die Maschine be-
ginnt zu surren, Metallspäne fliegen. Wir
befinden uns in der Zentralwerkstatt des
Departements Physik auf dem Campus
Hönggerberg.
    Maximilian Bott absolviert an der
ETH Zürich eine Berufslehre als Poly-
mechaniker und steht in seinem vierten
Lehrjahr bereits kurz vor dem Abschluss.
Begonnen hat er seine Ausbildung nicht
in der Zentralwerkstatt, sondern im
Gebäude nebenan – in der ETH-eige-
nen Lehrwerkstatt. Hier erfahren nicht
nur Polymechaniker, sondern auch Kon­
strukteure, Elektronikerinnen und Phy-
siklaboranten ihre mechanische Grund-
ausbildung: Sie üben Sägen und Feilen
von Hand oder das Bohren und Fräsen
an der Maschine. Ab dem dritten Lehr-
jahr arbeiten die Lernenden eng mit For-
schungsgruppen zusammen und lernen
so unterschiedliche Fachbereiche ken-
nen. Dabei stellen sie nach Vorgabe der
Forschenden Prototypen her.
    Maximilian Bott trägt für die Herstel-
lung seines Werkstücks bereits viel              Maximilian Bott, Lernender Polymechaniker im vierten Lehrjahr, skizziert, konstruiert und fertigt
Verantwortung: Selbständig hat er den                      in der Zentralwerkstatt des Departments Physik Bauteile für die Forschung.

4      life 1 / 2019
Werkstatt oder Chemielabor? - Die Berufsbildung an der ETH - Das Magazin für die ETH-Community April 2019 - ETH Zürich
Selber Teil der Forschung sein: Sarah Eichenberger arbeitet in ihrer Fachausbildung
             zur Chemielaborantin eng mit einer Doktorandin zusammen.

               Prototyp vorgängig mittels CAD am Com-              eigenen Lehrlabors in den Bereichen Bio-
               puter konstruiert, gezeichnet sowie die             logie, Chemie, Elektronik, Informatik und
               computergesteuerte Maschine für die                 Physik verfügt sie über eine ausgezeich-
               exakte Fertigung programmiert.                      nete Infrastruktur insbesondere für die
                                                                   Ausbildung in den technischen Berufen,
               15 verschiedene Lehrberufe                          der Informatik und den Laborberufen.
               Dass man an der ETH einen Beruf erler-                  Die Infrastruktur in der Werkstatt ist
               nen kann, wissen viele nicht. «Die ETH              neben der vielseitigen Arbeit und der
               ist vor allem für ihre Studiengänge an-             internationalen Atmosphäre auch etwas,
               gesehen; dass sie auch Berufslehren                 das Maximilian Bott besonders gut ge-
               anbietet, ist wenig bekannt», bestätigt             fällt an seiner Lehre an der ETH. Der
               Marcel Wachter, einer der Ausbildner                heute 21-Jährige kam nach der Grund-
               von Maximilian Bott. Dabei ist die Be-              schule in Deutschland in die Schweiz. «Ich
               rufsbildung an unserer Hochschule sehr              war schon immer technisch interessiert
               vielseitig: Ob Elektroniker, Informatikerin,        und half damals meinem Grossvater beim
               Biologielaborant, ob Fachfrau Betriebs­             Hausbau.» Über das Berufsinformations­
               unterhalt, Interactive Media Designer               zentrum erfuhr er, dass an der ETH Po-
               oder Tierpfleger – 15 verschiedene Berufe           lymechaniker ausgebildet werden. Er
               können an der ETH erlernt werden. Mit               schnupperte ETH-Luft – und war von
               der mechanischen Lehrwerkstatt und                  Beginn an begeistert.

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Werkstatt oder Chemielabor? - Die Berufsbildung an der ETH - Das Magazin für die ETH-Community April 2019 - ETH Zürich
THEMA

Vom Lehrlabor zur Forschung
Ähnlich ging es auch Sarah Eichenberger.
Zu ihrem Lehralltag gehören aber nicht
Werkzeugmaschinen, sondern Reagenz-
gläser, chemische Lösungen und Spek-
trometer: Sie absolviert gerade das
dritte Lehrjahr als Chemielaborantin.
Die 18-Jährige war schon immer fas-
ziniert von der Chemie. «Dass ich wäh-
rend meiner Schnupperlehre an der ETH
Acetylsalicylsäure und Paracetamol, also
Wirkstoffe für Medikamente, selbst her-
stellen durfte, hat mich sehr beeindruckt
und begeistert.» Für ihre Fachausbildung
hat sie sich denn auch für den Bereich
Synthese entschieden. Dafür arbeitet sie
in einem Forschungslabor eng mit einer
Doktorandin zusammen, die gleichzeitig
ihre Ausbildnerin ist. Die internationale
Zusammensetzung der Gruppe und der                           Rund 130 ETH-Mitarbeitende engagieren sich nebenamtlich für
direkte Kontakt zu den Wissenschaftlern                   die Berufsbildung: Ausbildner Marcel Wachter mit einem Lernenden.
gefallen der Zürcherin mit ghanaischen
Wurzeln besonders gut: «Man ist Teil der
Forschung und sieht, dass man selbst        Prozess der körperlichen und persön-            Lehre nehmen alle Lernenden an einer
etwas bewirken kann.»                       lichen Veränderung, die auch vor den            gemeinsamen Einführungswoche teil
    Ähnlich wie bei den Polymechanikern     Berufsbildnern nicht Halt macht. Umso           und können so erste Kontakte knüp-
hat sie ihre Grundausbildung in einem       wichtiger ist dabei die Unterstützung           fen. Während der ganzen Lehrzeit gibt
ETH-­eigenen Lehrlabor erfahren. Hier       durch Vorgesetzte und HR, zum Beispiel          es zudem immer wieder Arbeiten, die
lernen die angehenden Chemielaboran-        mit regelmässigen Weiterbildungen, Be-          von Lernenden unterschiedlicher Berufe
tinnen und -laboranten in überbetrieb-      ratungen, Anlaufstellen und begleiteten         ausgeführt werden, manchmal finden
lichen Kursen sicheres Arbeiten, den        Prozessen.                                      auch berufsübergreifende Projektwo-
Umgang mit Glaswaren oder das Her-              Für Berufsbildner Marcel Wachter            chen ausserhalb der ETH statt. Fach-
stellen von Lösungen.                       sind genau diese men­schlichen Aspekte          übergreifende Schulungen wie etwa
                                            Teil seiner Motivation, sich mit Herzblut       Bewerbungskurse oder Workshops zum
Mit Herzblut für die Berufsbildung          für die Berufsbildung einzusetzen. «Es          Thema Lernen runden das Angebot ab.
Sowohl das Lehrlabor Chemie als auch        ist spannend, einen jungen Menschen             Polymechaniker Maximilian Bott setzte
die Lehrwerkstatt werden von vollberuf-     zu begleiten und zu sehen, wie er sich          sich sogar ehrenamtlich für die Vernet-
lichen Berufsbildnern geleitet; insgesamt   verändert und mit der Zeit Vertrauen in         zung der Jugendlichen ein – im zweiten
zwölf Personen engagieren sich an der       sich und seine Fähigkeiten entwickelt.»         Lehrjahr präsidierte er die Lernenden-
ETH ausschliesslich für die Berufsbil-      Oft komme es auch vor, dass einem die           vereinigung an der ETH Zürich, die unter
dung. Zudem üben rund 130 Mitarbeite-       Jugendlichen durch ihre Fragen oder             anderem soziale Anlässe organisiert.
rinnen und Mitarbeiter ihre Tätigkeit in    durch andere Lösungsansätze neue Blick-
der Lehrlingsausbildung nebenamtlich        winkel eröffnen.                                Lange Tradition mit Zukunft
aus und setzen dafür 10 bis 20 Prozent                                                      Die Berufsbildung hat an unserer Hoch-
ihres Arbeitspensums ein.                   Teamgeist zählt                                 schule eine lange Tradition – sie ist im
    Indem sie Menschen ausbilden, über-     Neben einem guten Verhältnis zu ihren           Grundauftrag der ETH verankert und Teil
nehmen die Berufsbildnerinnen und           Ausbildnern sind für die Jugendlichen auch      der strategischen Zielsetzung. «Wir haben
-bildner grosse Verantwortung. Denn         der Austausch und der Zusammenhalt              in der Schweiz ein einzigartiges duales
die Lernenden befinden sich in einem        untereinander wichtig. Zu Beginn ihrer          Bildungssystem. Die ETH will dazu einen

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Werkstatt oder Chemielabor? - Die Berufsbildung an der ETH - Das Magazin für die ETH-Community April 2019 - ETH Zürich
Beitrag leisten und jungen Erwachsenen           Und nach der Lehre?                                möchte sie später studieren – ob das
den Zugang zum Arbeitsmarkt ermög-               Die ETH bildet die Berufsleute nicht für           Chemie sein wird, weiss sie allerdings
lichen – nicht nur mit einer Hochschul-          ihren Eigenbedarf aus. Es sei wichtig,             noch nicht mit Sicherheit.
bildung, sondern auch mit einer starken          dass die Absolventinnen und Absolventen                Maximilian Bott will nach seinem Ab-
Berufsbildung. Die ETH braucht das Zusam-        ausserhalb der Hochschule in anderen               schluss die Höhere Fachschule besuchen
menspiel zwischen Wissenschaft und Fach-         Branchen Erfahrungen sammeln und                   und sich zum Techniker Maschinenbau
kräften», betont HR-Leiter Lukas Vonesch.        ihr Fachwissen erweitern könnten, sagt             ausbilden lassen. «Ich stehe gerne in
    Seit über 20 Jahren bildet die ETH Be-       HR-Leiter Vonesch. Oftmals dient die               der Werkstatt, liebe aber auch den Kun-
rufsleute aus. Seither haben sich die Anzahl     Lehre dabei als Sprungbrett, und die               denkontakt. Darum könnte ich mir gut
und die Ausrichtung der verschiedenen            jungen Berufsleute entscheiden sich für            vorstellen, einmal als Projektleiter an der
Berufe stark verändert. Die Anzahl der           eine tertiäre Ausbildung, etwa an einer            Schnittstelle zwischen Konstruktionsbüro
Lehrstellen hat sich in den letzten 15 Jahren    Fachhochschule. Dass sie zu einem spä-             und Werkstatt tätig zu sein.»
fast verdoppelt und liegt heute bei rund 170.    teren Zeitpunkt eine Anstellung an der                 Viele Lehrlinge bleiben auch nach
«In den kommenden Jahren steht aber nicht        ETH fänden, sei aber durchaus möglich,             ihrer Lehre eng mit der ETH verbunden,
ein quantitatives, sondern ein qualitati-        so Vonesch.                                        zum Beispiel als Mitglied der Interessen-
ves Wachstum im Fokus», sagt Fabienne                Zukunftspläne haben auch die beiden            gemeinschaft der ehemaligen Lernenden.
Jaquet, Leiterin der Berufsbildung an der        Lernenden Sarah Eichenberger und Maxi-             Einige besuchen ihren Ausbildungsplatz
ETH. «Die Vielfalt der Berufe soll beibe-        milian Bott. Nach drei Jahren wird Sarah           auch noch Jahre später und erzählen
halten und die Ausbildungsqualität weiter        im Sommer ihren Lehrabschluss machen.              von ihrem Werdegang. Wer weiss – viel-
gesteigert werden. Daneben wollen wir            Da sie neben der Lehre die vierjährige             leicht werden auch Maximilian und Sarah
die Rahmenbedingungen für die Berufsbil-         Berufsmaturitätsschule besucht, wird               dereinst zurückkehren und berichten,
denden verbessern, die Berufslehren der          sie die Berufsmatura erst in einem Jahr            welchen beruflichen Weg sie tatsächlich
ETH bekannter machen und mehr Frauen             erlangen und bis dahin vielleicht befristet        eingeschlagen haben. 
für die technischen Berufe begeistern.»          für die ETH arbeiten. Über die Passerelle          www.ethz.ch/berufsbildung →

                             Arbeitssicherheit, Laborunterhalt oder Herstellen von Lösungen: Im ETH-eigenen Lehrlabor
                                                   erfahren die Lernenden ihre Grundausbildung.

                                                                                                                             life 1 / 2019   7
Werkstatt oder Chemielabor? - Die Berufsbildung an der ETH - Das Magazin für die ETH-Community April 2019 - ETH Zürich
IM GESPRÄCH

«99 Prozent der ETH
begeistern mich»
Seit knapp vier Monaten ist Joël Mesot nun Präsident der ETH Zürich.
Im folgenden Gespräch zieht er eine erste Bilanz und skizziert,
welche Reformen er angehen möchte. Der gebürtige Romand verrät
auch, wo er neue Energien tankt für das anspruchsvolle Amt.
Werkstatt oder Chemielabor? - Die Berufsbildung an der ETH - Das Magazin für die ETH-Community April 2019 - ETH Zürich
Text Roman Klingler Fotos Gian Marco Castelberg

Herr Mesot, die ETH geht durch unruhige Zeiten.                   Was bringen Führungskurse, die Sie nicht
Rauben Ihnen die Negativschlagzeilen der letzten                  nur für neue Professorinnen und Professoren
Wochen den Schlaf?                                                einführen möchten, sondern letztendlich
Es ist viel im Moment, ja. Aber die Belastung spüren andere       für alle Führungsverantwortlichen an der ETH?
auch und ich erhalte viele positive Rückmeldungen von inner-      Wir möchten eine massgeschneiderte Lösung anstreben,
halb und ausserhalb der ETH, die angekündigten Reformschritte     stufen- und bedarfsgerecht. Im Kern geht es darum, im Aus-
weiterzugehen. Ziel muss sein, dass wir unsere Energien           tausch mit anderen Kolleginnen und Kollegen die eigene Rolle
möglichst bald wieder auf kreative Aktivitäten und unser Kern-    als Führungsperson zu reflektieren. Das ist nicht einfach graue
geschäft Lehre, Forschung und Wissenstransfer lenken können.      Theorie aus irgendeinem MBA-Kurs, was ich hier erzähle. Ich
Unruhige Zeiten, wie sie die ETH nun als Institution erlebt,      habe an solchen Coaching-Kursen selber teilgenommen. Wer
können auch eine Chance sein. Von Max Frisch stammt das           seine Rolle als Vorgesetzter ernst nimmt, wird von solchen
Zitat: «Eine Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur  Kursen nur profitieren können. Es führen selbstverständlich
den Beigeschmack der Katastrophe nehmen».                         nicht alle gleich, aber genau diese Mischung aus Alter, Kultur,
                                                                                         Erfahrung und Geschlecht stärkt das
Bereuen Sie Ihren Entscheid,                                                             eigene Selbstverständnis und macht vor
Präsident der ETH Zürich geworden                                                        allem Teams besser und produktiver. Und
zu sein?                                                                                 weil wir auf allen Stufen und in allen Be-
                                             «Wer nur den Erfolg kennt, sollte
Nein, überhaupt nicht. Natürlich habe ich                                                reichen kompetente Führung brauchen,
mir die ersten Monate anders vorgestellt,   sich fragen, ob er genug ehrgeizig           sollte das Kurs- bzw. Peercoaching-An-
aber 99 Prozent von dem, was ich gesehen      ist. Wichtig ist, aus den Nieder­          gebot auch nicht nur für den akademi-
habe, haben mich begeistert: Hier arbeiten lagen zu lernen und es das nächste schen Bereich sein.
so motivierte und kluge Menschen aus               Mal besser zu machen.»                    Das Projekt «Führung» ist ein zent-
aller Welt, die jeden Tag ihr Bestes für                                                 raler Teil eines ganzen Strausses von
diese Hochschule geben.                             Joël Mesot, ETH-Präsident            Massnahmen, die wir umsetzen wollen,
                                                                                         um in Zukunft Konflikte früher zu er­
Was haben Sie in der kurzen Zeit                                                         kennen und mit solchen professioneller
entdeckt, das Sie überrascht hat?                                                        umzugehen.
Ich fühle mich immer noch als Novize im ersten Lehrjahr. Und
ich habe erst ein paar Besuche machen können in Labors und        Neben dem grossen Projekt «Führung»:
Instituten, um die Menschen und ihre Arbeit kennenzulernen.       Welche anderen internen Projekte möchten
Ich habe mehr als zehn Jahre das Paul Scherrer Institut ge-       Sie in Angriff nehmen?
leitet, mit 2000 wissenschaftlichen Mitarbeitenden auch nicht     Den Frauenanteil an der ganzen ETH auf allen Stufen zu
gerade ein Kleinbetrieb. Aber ich muss sagen, der ETH-Tanker      erhöhen, ist mir persönlich ein grosses Anliegen.
ist nochmals um eine Dimension grösser und komplexer.
                                                                  Und wie wollen Sie das bewerkstelligen?
Zu den angekündigten Reformschritten gehören                      Vieles wird bereits gemacht. Die Anstrengungen der Depar-
Führungskurse. Bevor wir noch etwas näher darauf                  temente beginnen bereits mit speziellen Angeboten, um
eingehen, die Frage: Wie führen Sie selbst?                       Schülerinnen für MINT-Fächer zu begeistern. Wir setzen auf
Das müssten meine Mitarbeitenden oder meine Vorgesetzten          familienfreundliche Rahmenbedingungen, wie etwa Flexibilität
beurteilen. Ich würde meinen Führungsstil als kooperativ          bei Arbeitszeit und -ort. Für Forscherinnen bieten wir Work-
bezeichnen und sehe mich als integrierende Person, die den        shops zum Einwerben von Finanzmitteln und zur Bewerbung
Mitarbeitenden vertraut und Ihnen Gestaltungsspielraum lässt.     auf eine Professur an. Bei Berufungen gilt schon seit geraumer
Ich bin nicht jemand, der sich im Mikromanagement verliert.       Zeit die Politik, gezielt Frauen anzusprechen und auf offene
Ich bin aber angewiesen auf die Meinungen anderer, um mir         Professuren aufmerksam zu machen und wenn immer möglich,
selbst ein Bild machen zu können, bevor ich entscheide.           Frauen zu berücksichtigen. Zudem hat die Schulleitung zur

                                                                                                                  life 1 / 2019   9
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IM GESPRÄCH

                         «Den Frauenanteil an der ganzen ETH auf allen Stufen zu erhöhen,
                                    ist mir persönlich ein grosses Anliegen.»

                                                   Joël Mesot, ETH-Präsident

weiteren Frauenförderung grünes Licht gegeben für die            Wer nur den Erfolg kennt, sollte sich fragen, ob er genug ehr-
Einrichtung zusätzlicher Professuren bis 2024. Gewisse Fort-     geizig ist. Wichtig ist, aus den Niederlagen zu lernen und es
schritte sind bereits erkennbar: So konnte der Frauenanteil      das nächste Mal besser zu machen.
unter den 130 Berufungen zwischen 2015 und 2018 auf 23 Pro-
zent gesteigert werden. Aber wir sind natürlich noch lange       Gibt es etwas, das Sie bereuen oder rückblickend
nicht am Ziel.                                                   anders gemacht hätten?
                                                                 Ich habe mein bisheriges Leben vor allem mit Wissenschaft
Drehen wir das Rad der Zeit etwas zurück: Wie ist eigent-        verbracht und die letzten Jahre mit Managementaufgaben in
lich aus dem Schüler Mesot ein Physikstudent geworden?           der Wissenschaft. Ich bedaure manchmal, dass ich mir zu
Gab es einen Mentor oder ein Schlüsselerlebnis?                  wenig Zeit nahm für Musik und Kultur im Allgemeinen.
Wenn ich eine einzelne Person nennen müsste, war es wohl
mein Physiklehrer am Gymnasium in Genf. Er organisierte          Die beruflichen Anforderungen an einen ETH-Präsidenten
jedes Jahr Exkursionen ans CERN und ich war mehrere Male         sind sehr hoch. Wie schalten Sie nach einem strengen Tag
dabei und habe diese Riesenanlagen gesehen, mit denen man        ab bzw. wie und wo tanken Sie wieder Energie?
das Kleinste vom Kleinsten der Materie verstehen wollte. Das     Die «Ladestationen» für meine Batterien sind Familie und
hat mich fasziniert und ich wollte Physik studieren, was mich    Sport. Ich bin gerne in den Bergen, wenn es die Zeit erlaubt,
dann ja auch nach Zürich an die ETH gebracht hat.                oder auf Wanderungen in der Nähe meines Wohnorts. Einer
                                                                 meiner Lieblingsorte ist der Cheisacherturm im Jurapark.
Gibt es Ziele, die Sie persönlich nicht erreichen konnten?       Wenn ich jeweils den Blick über Jura, Alpen und Schwarzwald
Wie gehen Sie mit solchen Misserfolgen um?                       schweifen lasse, relativiert sich so manche irdische Sorge und
Ich liebäugelte mal als junger Mann damit, Skifahren zu meinem   ich kann meine Gedanken wieder gut ordnen. 
Beruf zu machen. Ich habe dann aber selber gemerkt, dass es
wohl nicht ganz reichen würde. Aber ich habe die Enttäuschung
schnell überwunden und bin heute froh, dass ich einen anderen    Ein Dossier zur Informationsveranstaltung für
Weg eingeschlagen habe. Als Wissenschaftler muss man im-         ETH-Mitarbeitende vom 15. März finden Sie unter:
mer wieder auch Rückschläge und Misserfolge einstecken.          www.ethz.ch/fuehrungsinfo →

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ÜBRIGENS

                                                                                  Integrale
                                                                                  Finanzsicht

                                                                                                    s-
                                                                                                ag
                                                                                            uftr
                                                                                         da
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                                                                                     Gr dge
                                                                                      bu

                                                                                                             get
                                                                                                          bud
                                                                                                      atz
                                                                                                   Zus

                                                                                                                   SNF-Budget

                                                                                                                                                Res
                                                                                                                                       EU-B

                                                                                                                                                   erv
                                                                                                                                        udget

                                                                                                                                                      e
refine – der Schlüssel(bund)
für mehr Spielraum
Seit Januar wickelt die ETH Zürich ihre Finanzen und Personalgeschäfte mittels einer
neuen Ressourcen- und Finanzplattform ab. Was sich damit ändert – ein Überblick.

Text Florian Meyer Illustration gestalten AG

Niemand an der ETH Zürich hat den Lohn im Januar doppelt           Herkunft in ein Überlaufgefäss (Reserve) übertragen und
oder gar nicht erhalten. Das hätte auch anders laufen können.      später verwenden. Neu können Forschende dieses Gefäss
Am 9. Januar 2019 wurde – vier Jahre nach dem Start des Pro-       auch vorübergehend überziehen, zum Beispiel um Projekte
jektes «refine» – das ETH-Informations- und Support-Portal         vorzufinanzieren. «Das ist eine Liberalisierung, die den unter-
ETHIS auf die neueste SAP-Software S/4 HANA umgestellt.            nehmerischen Handlungsspielraum für Lehre und Forschung
Bereits am ersten Tag wurden mehr als 1200 Kundenrechnun-          deutlich erhöht. Massgeblich für die finanzielle Steuerung ist
gen verarbeitet. Die Umstellung verlief fast pannenfrei – dank     künftig die integrale Sicht auf alle zur Verfügung stehenden
der Arbeit des ETH-übergreifenden Projektteams.                    Budgets.» Diese Sicht ist möglich, weil man die Budgetinfor-
    Die Benutzeroberfläche ist fast dieselbe wie zuvor, und wie    mationen neu – wie die Schlüssel eines Bundes – zusammen
bisher können ETH-Angehörige auf der Plattform ihre Geschäfts-     herausziehen kann.
prozesse abwickeln – und doch ändern einige Grundsätze, wie
die ETH Zürich intern ihre Finanzen steuert.                       Einfache Information zu komplexen Projekten
    Seit die ETH im Jahr 2000 die Autonomie erlangte, bewirt-      Die Liberalisierung gilt allerdings nicht für serviceorientierte
schaftet sie ihre Mittel eigenständig. Dafür richtete sie ein      Einheiten wie Plattformen, Schulleitungsstäbe und Abteilungen.
eigenes System mit Fonds ein. Seither ist die Hochschule um        Sie geben unausgeschöpfte Budgets weiterhin zurück. Damit
rund 40 Prozent auf über 500 Professuren gewachsen, und            berücksichtigt das neue Steuerungsmodell die unterschied-
der Anteil der Drittmittel nimmt stetig zu. Zugleich steigen die   lichen Aufträge in Wissenschaft und Administration.
Anforderungen an die Transparenz der Mittelverwendung.                 Kooperationsprojekte und Mischfinanzierungen werden für
                                                                   die ETH wichtiger, etwa bei Drittmittelprojekten oder bei der
Herkunft des Geldes nicht mehr zentral                             Initiative «ETH+». Finanzinformationen muss man in solchen
Zuletzt gab es fast 10 000 Fonds, die unter anderem der Tren-      Fällen nicht mehr manuell zusammenführen, sondern sie sind
nung der Mittel nach Herkunft dienten (Bund, Drittmittel,          «all in one» aus ETHIS abrufbar.
interne Finanzierungen). «Diese Komplexität war zunehmend              Noch ist die Umstellung nicht abgeschlossen, zum Beispiel
schwierig zu steuern», sagt Robert Perich, Vizepräsident für       werden die neuen Finanz- und Personalreports schrittweise
Finanzen und Controlling. «Mit dem neuen System gehen wir          ausgebaut: «Erst nach dem Durchlauf eines vollständigen
über zu einer ganzheitlicheren Mittelbewirtschaftung, bei der      Geschäftszyklus im ersten Quartal 2020 gehen wir wieder in
die Herkunft des Geldes keine leitende Rolle mehr spielt.»         den Routinebetrieb über. Dann ist das Projekt ‹refine› abge-
    Zugleich, sagt Perich, werde der zeitliche Spielraum für die   schlossen», sagt Perich. 
Mittelverwendung akademischer Einheiten erhöht: Eine Pro-          www.ethz.ch/refine →
fessur kann unausgeschöpfte, zweckbefreite Budgets jeder

                                                                                                                                life 1 / 2019    11
EINBLICK

Von Goldketten
und Patenten
Die ETH-Alumni-Vereinigung feiert dieses Jahr ihr 150-jähriges Bestehen.
Ein Blick zurück auf ihr Engagement, ihre grössten Erfolge und die Entwicklung
der einstigen Gesellschaft ehemaliger Polytechniker.

Text Corina Oertli Fotos zVg / Adriana Hefti

Wenn die Rektorin Sarah Springman am
traditionellen ETH-Tag mit ihrer goldenen
Amtskette die Haupthalle betritt, hat sie
diesen glänzenden Auftritt auch unserer
Alumni-Vereinigung zu verdanken. Die
goldene Kette ist nämlich ein Geschenk
der damaligen Gesellschaft ehemaliger
Studierender des eidgenössischen Poly-
technikums, kurz GEP, zum ETH-Tag 1966.
Dies, nachdem der ehemalige ETH-Rektor
Walter Traupel in den Jahren zuvor stets
von seinen Rektorenkollegen gehänselt
wurde, weil er bei öffentlichen Auftritten
als einziger Rektor keine Kette trug.
    Als die GEP der ETH dieses wichtige        An der Generalversammlung 1986 in Winterthur wird die Beziehung zwischen GEP und ETH diskutiert.
Geschenk überreicht, gibt es die Gesell-
schaft bereits seit fast hundert Jahren.
Die Idee einer Absolventen-Vereinigung         GEP krempelt Schulsystem um                       Dass die GEP aber auch in ihrem ersten
entsteht im Herbst 1868, 13 Jahre nach         Die Gesellschaft möchte sich für ihre Alma        Ziel, der Unterstützung unserer Hoch-
der Gründung des eidgenössischen Poly­         Mater engagieren, die Beziehungen unter           schule, erfolgreich ist, beweist sie in den
technikums. Im Frühling 1869 setzt sie         den ehemaligen Polytechnikern pflegen             1870er-Jahren. Obwohl das Polytechni-
der Bauingenieur Andreas Harlacher mit         und diese in ihren beruflichen Interes-           kum seine Absolventinnen und Absol-
den Ingenieurabsolventen Heinrich Paur         sen unterstützen. Letztere Ziele erreicht         venten mit einer soliden technischen
und August Waldner in die Tat um.              sie mit dem regelmässigen Versand von             Bildung ausrüstet, schaffen es diese nur
    Erfolgreich mobilisieren sie eine Reihe    Adressverzeichnissen und Vereinsmel-              selten in höhere berufliche Stellungen.
ehemaliger Polytechniker, und so findet        dungen sowie einem Stellenvermittlungs-           Die GEP ist überzeugt, dass dies am Man-
an einem Sonntag im Sommer 1869 in             dienst. Den grössten Beitrag leisten jedoch       gel allgemeiner Bildung der Alumni liegt.
Zürich die Gründungsversammlung der            die meist zweitägigen Generalversamm-                 1875 stellt der ETH-Alumnus Jean
GEP statt. Die Statuten werden verab-          lungen, bei welchen neben dem Geschäft-           Meyer deshalb in der Generalversamm-
schiedet und Harlacher zum ersten Prä-         lichen auch Zeit für Exkur­sionen, Feste          lung einen Antrag zur Reorganisation
sidenten ernannt.                              und Beziehungspflege bleibt.                      des Polytechnikums. Er fordert unter

12     life 1 / 2019
anderem die Erhöhung des Eintrittsalters
von 17 auf 18 Jahre und die Aufhebung
des Vorkurses, der Nicht-Maturanden in
einer «Schnellbleiche» die prüfungsfreie
Aufnahme an die Hochschule ermög-
licht. Gleichzeitig verlangt er den Ausbau
der Kantonsschulen, damit die künftigen
Studierenden besser auf das Studium
am Polytechnikum vorbereitet werden.
     Nach zweijährigen internen Verhand-
lungen wendet sich die GEP in einer Pe-
tition an den Bundesrat. Dieser kommt
den wichtigsten Forderungen 1881 nach,
und Jean Meyer wird mit zwei weiteren
ETH-Absolventen in den Schulrat gewählt.

Aus Studierenden werden Botschafter                                Zum 150. Geburtstag der Alumni-Vereinigung verteilt diese
Fast zeitgleich beschäftigt sich die GEP                                          Cupcakes an Studierende.
mit dem Erfindungsschutz in der Schweiz.
Dieser soll in der Verfassung verankert
werden, wofür die GEP fleissig wirbt.           die Hälfte im Ausland. Es haben sich             Die altehrwürdige Gesell­s chaft ehe­
Doch trotz aller Bemühungen scheitert           Fachgruppen und regionale Sektionen              maliger Poly­techniker wird in eine mo-
die Verfassungsänderung beim ersten             gebildet, die GEP gibt mit ihrem Bulletin        derne Alumni-Vereinigung mit aktua-
Versuch an der Urne. Die GEP investiert         und der «Schweizerischen Bauzeitung»             lisierten Statuten überführt. Ihr Kern
weiter in die Aufklärung der Bevölke-           eigene Publikationen heraus und pflegt           aber bleibt derselbe: Unter dem Motto
rung – mit Erfolg: Das Patentgesetz wird        Beziehungen zu Absolventen-Vereinigun-           «Connecting – Engaging – Inspiring»
1887 vom Volk angenommen.                       gen anderer Universitäten in Paris, Rom,         verfolgt sie noch immer die Ziele, ihre
    Sieben Jahre später feiert die Gesell-      Berlin und Graz.                                 Alma Mater in ihren Bestrebungen zu
schaft ehemaliger Polytechniker ihr                 Die Zeit nach der Jahrhundertwende           unterstützen sowie das globale Netzwerk
25-jähriges Bestehen. Neben den po-             ist geprägt von Krieg und der Furcht vor         unter den ETH-Alumni zu pflegen und
litischen Erfolgen kann die GEP auch            der Technik, sodass der Rolle der Bot-           auszubauen. «Ein weltweites Netzwerk
interne Entwicklungen verzeichnen: Die          schafter zwischen Polytechnikum und              wird im Zuge der Globalisierung immer
Mitgliederzahl ist von 185 im ersten Jahr       Gesellschaft, welche die GEP-Mitglieder          wichtiger», sagt der Präsident der Alum-
auf über 1600 angestiegen, davon lebt           innehaben, eine besondere Bedeutung              ni-Vereinigung Walter Gränicher.
                                                           zukommt. Diese Botschafter-               Die Vereinigung zählt heute über
                                                           rolle bleibt jedoch auch darüber      30 000 Mitglieder in rund 60 verschie­
                                                           hinaus bestehen und ist noch          denen nach Fachrichtungen, Wohnorten
                                                           heute zentral – auch angesichts       und Interessen gegliederten Mitglieder-
                                                           der zunehmenden Verbreitung           organisationen. Trotz diesen unterge-
                                                           von «Fake News» und der da-           ordneten Vereinigungen ist sich Walter
                                                           mit einhergehenden Skepsis            Gränicher sicher: «Die Alumni identifi-
                                                           gegenüber der Wissenschaft.           zieren sich primär mit den drei Buchsta-
                                                                                                 ben ETH.» Als stolze Stimme einer der
                                                          Vernetzen, engagieren,                 renommiertesten Hochschulen der Welt
                                                          inspirieren                            tragen sie einen wesentlichen Beitrag zur
                                                          Verändert hat sich die GEP in          Reputation der ETH Zürich bei. 
                                                          den letzten Jahren aber den-           www.alumni.ethz.ch →
    Am ETH-Tag 1966 übergibt die GEP dem ETH-Rektor       noch: Zur Jahrtausendwende
        Hans Leibundgut die goldene Amtskette.            erlebt sie einen Neuanfang.

                                                                                                                               life 1 / 2019   13
PORTRÄT

                     Mike Lyrenmann
                     Technischer Leiter des
                     Robotic Fabrication Lab (RFL)

                     «Mein Göttibub
                     sagt, ich sei
                     Erfinder»
                     Text Michael Walther Foto Florian Bachmann

                     Mike Lyrenmann wirkt im Hintergrund. Im Robotic
                     Fabrication Lab auf dem Hönggerberg sorgt
                     er zwischen Roboterarmen und Prototypen dafür,
                     dass die Architektinnen und Bauingenieure for-
                     schen und experimentieren können. Er kennt fast
                     alle persönlich.
                         Als Kind träumte Lyrenmann davon, Architekt
                     zu werden. Und lernte dann Schreiner. Er foto­
                     grafiert gerne, geht mit offenen Augen durch die
                     Welt und interessiert sich für Neues. Als sein
                     Lehrbetrieb einen Roboter geschenkt bekommt,
                     fängt er Feuer und weiss bald besser Bescheid als
                     alle anderen. Wenig später sucht ETH-Architek-
                     turprofessor Matthias Kohler einen Techniker mit
                     Roboter-Erfahrung. Lyrenmann beisst an. Parallel
                     absolviert der 37-Jährige eine zweite Lehre als
                     Informatiker.
                         Heute baut und programmiert er Werkzeuge
                     für die Labor-Roboter. Zum Beispiel Komponenten
                     des Schweiss- und Schneidekopfes, mit dem
                     der Bauroboter «In situ Fabricator» wesentliche
                     Teile des DFAB House fabriziert hat, das Ende
                     Februar eröffnet wurde.
                         «Wenn Architekten mit Robotern bauen, sind
                     sie auf handwerkliches Know-how angewiesen»,
                     sagt Lyrenmann. «Denn sie müssen bereits beim
                     Entwurf an Um­setzungs­details denken.» Lyren-
                     mann ist dafür die erste Ansprechperson.
                         Deshalb hat er trotz der Roboter keine Angst
                     um seinen Beruf: «Wenn man experimentier­
                     freudig ist, kann man künftig auch als Handwerker
                     viel mehr erleben und bewirken. Mein Göttibub
                     sagt immer, ich sei Erfinder.» 
                     www.dfabhouse.ch/de →

14   life 1 / 2019
FORUM

Susann Görlinger

                                                                                    Illustration: Kornel Stadler
Co-Leiterin Mobilitätsplattform                                                                                    VSETH-Umfrage

                                                                                                                   Wie studiert es sich
                                                                                                                   an der ETH?
Bewusst fliegen
                                                                                                                   Ein ETH-Studium ist inhaltlich an-
                                                                                                                   spruchsvoll. Das ist allgemein bekannt.
«Das geht uns nichts an!» und «Fliegen       enorme Dynamik ausgelöst: Unsere Initia­                              Was man aber kaum weiss, ist, wie es
ist für Wissenschaftler unabdingbar!» –      tive, die durch eine Doktorarbeit beglei-                             den Stu­dierenden dabei geht. Auch wir vom
als wir vor knapp zwei Jahren den ersten     tet wird, hat Pioniercharakter und wird                               VSETH nicht. Zwar vernehmen wir anek-
internen Informationsanlass zum Thema        national und international beachtet. Ich                              dotisch, dass es Studierende gibt, die mit
Flugreisen durchführten, gab es auch         habe kürzlich einen virtuellen Austausch                              seelischen Problemen kon­frontiert sind.
Widerstand.                                  von knapp 40 Hochschulen zum Thema                                    Auch über Fälle von respektlosem Ver-
     Seither hat das Projekt zur Reduktion   Flugemissionen mitorganisiert, den wir                                halten durch Dozierende oder Kommilito-
von Flugemissionen viel Unterstützung        regelmässig wiederholen werden.                                       nen wird gemunkelt. Einzelfälle? Oder gibt
erfahren. Überhaupt ist an der ETH Zürich        Unser Projekt ist nun in der Umset-                               es hier einen grösseren Hand­lungsbedarf?
ein beachtlicher Veränderungsprozess         zung. Die gewählten Massnahmen sind                                      Dem VSETH fehlt eine Datengrund­
zu beobachten. Man denkt über den Sinn       vielfältig: Manche Departemente wol-                                  lage, um die Situation der Studierenden
von Flugreisen nach, diskutiert Alterna-     len Verkehrsmittel bewusster wählen,                                  richtig einschätzen zu können und gege­
tiven, sucht nach Lösungen. Dabei zeigt      Reisen zusammenlegen, Konferenzen                                     benenfalls konkrete Massnahmen zur
sich: Auch für uns an der ETH ist es nicht   in Europa bevorzugen oder Videokonfe-                                 Verbesserung vorzuschlagen. Das wollen
einfach, beim Klimaschutz den Schritt        renzen nutzen. Vom mobilen VC-Equip-                                  wir ändern. So haben wir Ende 2017 ein
vom Wissen zum Handeln zu machen.            ment fürs Büro bis hin zur Ausrüstung                                 Projekt gestartet, dessen Herzstück eine
Wie also schaffen wir es, tatsächlich        für Sympo­sien ist vieles möglich. Einige                             Befragung aller Bachelor- und Master-
weniger zu fliegen?                          Departemente erheben eine Kohlenstoff-                                studierenden an der ETH Zürich ist.
     Reduktionen einfach «top down» zu       steuer und finanzieren damit nachhaltige                                 Diverse Expertinnen und Experten
verordnen, entspräche nicht der ETH-         Projekte. Schliesslich werden die unver-                              haben die Erhebung auf ihre Wissen-
Kultur. Die Schulleitung strebt eine breit   meidbaren Flugemissionen über das Bafu                                schaftlichkeit hin geprüft. In Absprache
getragene Haltung des bewussten Flie-        kompensiert. Kompensation ist dabei kein                              mit dem Rektorat steht uns eine Begleit­
gens an. Dazu setzt sie auf Eigenverant-     Ersatz, sondern eine Übergangslösung.                                 gruppe aus allen relevanten Bereichen
wortung und offenen Ideen-Austausch,             Dieses Engagement zeigt: Die Ange-                                der ETH bei der Umsetzung und der
um alle Einheiten zu involvieren. Die        hörigen der ETH Zürich wollen den Ziel-                               Auswertung der Ergebnisse beratend
Mobilitätsplattform führte Informations-     konflikt zwischen Internationalität und                               zur Seite.
anlässe und Workshops durch, beantwor-       Klimaschutz durch Taten entschärfen.                                     Gerade jetzt die Situation der Studie-
tete Fragen und klärte Missverständnis-      Gelingt uns das, können wir unsere                                    renden unter die Lupe zu nehmen, passt
se auf. In einem partizipativen Prozess      Glaubwürdigkeit in der Gesellschaft und                               sehr gut: Mit dem Antritt des neuen Präsi-
und im engen Austausch untereinander         Wissenschaft stärken.                                                denten herrscht eine Aufbruchstimmung
arbeiteten die Departemente und zentra-                                                                            an unserer Hochschule – die perfekte
len Organe eigene Reduktionsziele sowie                                                                                                     At­mos­phäre, um
Massnahmen aus. Das selbst gesteckte                                                                                                        allfällige Mängel
Ziel lautet, die Flugemissionen bis 2025                                                                                                    bei der Situation
im Mittel um 11 Prozent gegenüber dem                                                                                                       der Studierenden
Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2018         Susann Görlinger                                                                               gemeinsam an­
zu senken.                                                                                                                                  zugehen. Sofern
                                              Zur Person
     Dies mag wenig ehrgeizig klingen,                                                                                                      dies aufgrund
gilt aber real, das heisst ohne Anrechnung    Susann Görlinger ist Co-Leiterin                                                              der Umfrage
von Kompensationen und generellen             der Mobilitätsplattform und                                                                   angezeigt ist.
Effizienzsteigerungen der Flugzeuge.          verantwortlich für das Flugreisen-­
Und: Dieser Absenkpfad ist realistisch.       Projekt der ETH Zürich.                                              Lewin Könemann, Präsident des VSETH
Der Beteiligungsprozess hat zudem eine        www.ethz.ch/flugreisen →                                             www.wiegeths.vseth.ch →

                                                                                                                                         life 1 / 2019   15
ZUM SCHLUSS

Die Eschers von morgen
Die ETH hat zum 200. Geburtstag des Zürcher Visionärs
Alfred Escher seine geistigen Nachkommen aufgespürt:
Im Rahmen des neu lancierten «Alfred-Escher-Prei-
ses» rief sie Schülerinnen, Schüler und Studierende
dazu auf, innovative Projekte einzureichen. Am 19. Fe­
bruar – dem Vorabend von Eschers Geburtstag – haben
je fünf Finalistinnen und Finalisten in zwei Altersklas-
sen vor Publikum und Jury ihre Ideen vorgestellt. Die
Jury am meisten überzeugen konnten der Maturand
Jeremias Baur mit seiner Methode, MINT-Fächer mit
Virtual-­Reality zu unterrichten, und die ETH-Master-
studentin Silvia Lama, die Kindern mit einem Game das
Klavierspielen beibringen möchte. Neben einer Reise
in ein Gründermekka beziehungsweise einem Finan-
zierungsschub für ihr Projekt erhielten die Gewinnerin
und der Gewinner einen leicht verjüngten Alfred Escher
aus dem 3D-Drucker. (Foto: Alessandro Della Bella)
www.ethz.ch/escherpreis →
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