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Denkmalpflege in Niederösterreich 20 Jahre UNESCO -Welterbe Die Wachau Band 62 – Die Wachau – 20 Jahre UNESCO -Welterbe Mitteilungen aus Niederösterreich Nr. 6 /2020 Österreichische Post AG MZ02Z032683M Amt der NÖ Landesregierung Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten Band 62 www.noe.gv.at
Vorwort Im heurigen Jahr feiert die Kulturlandschaft Wachau das 20-jährige Jubiläum der Auszeichnung als UNESCO-Welterbe. Der außergewöhnliche universelle Wert, der eine Stätte zum UNESCO-Welterbe macht, konnte in der Wachau erfolgreich bewahrt werden – ohne zugleich maßvolle, moderne Weiterentwicklungen auszuschließen. Die Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch die zahlreichen Gäste begeistert die traditionsreiche und lebendige Flusslandschaft Wachau seit jeher durch ihre Reize und Besonderheiten. Im Jahr 2000 erschien Band 26 dieser Broschürenreihe, um die Kulturlandschaft Wachau aus Anlass der Verleihung des Welterbe-Titels zu würdigen. Das diesjährige Jubiläum lässt uns nun in der vorliegenden Ausgabe auf der einen Seite zurückblicken – was wurde erreicht, wie sind die Strukturen eines UNESCO-Welterbes und wie wurde dies in der Wachau umgesetzt oder wie hat sich der für die Wachau wichtige Tourismus entwickelt? Aber natürlich wollen wir unseren Blick auch in die Zukunft und auf die Entwicklungsmöglichkeiten des UNESCO-Welterbes Wachau richten, das es für künftige Generationen zu bewahren und bedachtsam weiterzuentwickeln gilt. Die aktuellen Maßnahmen aufgrund der Covid-19-Pandemie haben es notwendig gemacht, zahlreiche Veranstaltungen anlässlich des 20-jährigen Jubiläums aus Sicherheitsgründen abzusagen. Umso schöner ist es jetzt, dass wir mit der aktuellen Broschüre dennoch nicht auf die Schätze und Schönheit der Wachau verzichten müssen. Diese Broschüre ermöglicht Ihnen nun eine informative und illustrative gedankliche Reise durch die einzigartige Flusslandschaft der Wachau und bietet damit eine dezente Anregung für den nächsten Ausflug oder Kurzurlaub. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine anregende Lektüre! Johanna Mikl-Leitner Landeshauptfrau von Niederösterreich
Editorial 20 Jahre UNESCO -Welterbe Wir können es heute kaum glauben, dass jene „edle und fruchtbare Landschaft Wachau“ der Kuenringer (nobili et fertili districtu qui Wachawe dicitur) in den 1970er Jahren begehrtes Ziel der Energieproduktion durch ein Wasserkraftwerk nahe Dürnstein war. Die Wachau Dem weitblickenden Engagement der hier lebenden Menschen für ihren Kulturraum verdanken wir, dass die Donau in der Wachau freie Fließstrecke ohne Staudamm geblieben ist. Und dadurch Jahrzehnte später zum Welterbe werden konnte. Das Tal der Donau zwischen Melk und Krems ist seit der Jungsteinzeit besiedelt. Als römische Provinz Noricum war diese 35 Kilometer lange Flusslandschaft Nordgrenze des römischen Imperiums. Siedlungen und Landwirtschaft zeugen von einer im Grunde noch immer mittelalterlichen Landschaftsform, die sich über die Jahrhunderte innerhalb der natürlichen Gegebenheiten organisch weiterentwickelt hat. Intaktheit und Zusammenspiel dieser naturräumlichen, kulturellen und kulturhistorischen Aspekte stellen heute einen unschätzbaren Wert dar. Diesen Wert für die Zukunft zu erhalten und die Weiterentwicklung welterbegerecht zu ermöglichen bedarf sorgsamen Umgangs mit diesen volatilen Ressourcen – also Erhaltung der Kulturlandschaft und vorausschauende Siedlungsentwicklung als sinnstiftende menschliche Kulturleistung, gleichbedeutend mit Eindämmung der immer rascher fortschreitenden Bodenversiegelung und Zersiedelung. Denn anders als etwa bei Einzeldenkmälern handelt es sich bei Kulturlandschaften um dynamische und komplexe Gefüge aus sehr unterschiedlichen, aber direkt voneinander abhängigen Werten. An der Schiffsanlegestelle in Krems-Stein berichtet das Welterbezentrum Wachau über eine Kulturlandschaft, die in ihrer Überschaubarkeit und gleichzeitigen Fülle an Natur und Kultur einzigartig ist: vom Tourismus über Ortsbild und Baukultur bis zur Tradition des Weinbaus auf den typischen Terrassenlandschaften, von der Bedeutung der Wachauer Marille bis zu Filmklassikern. 20 Jahre Welterbe Wachau kann uns Anlass zur Frage sein, ob wir „fortbestehen“ auch weiterhin so verstehen wollen, wie jene es taten, denen die Wachau ihren einzigartigen Zustand verdankt. Das Welterbe Wachau möge fortbestehen und nicht sich fort-entwickeln. In diesem Sinne Christian Knechtl
Die Wachau – 20 Jahre UNESCO -Welterbe Sabine Haag Sandra Schardinger Von der Natur geschaffen, vom Menschen Wachaubahn: Panoramafahrt durch das geformt. Kulturlandschaft im Kontext Weltkulturerbe. Eine bezaubernde des UNESCO-Welterbes 6 Eisenbahn entlang der Donau mit über 110-jähriger Geschichte 39 Ruth Pröckl Fort / bestehend? 10 Pamela Schmatz Das Fundament, auf dem die Wachau (an-)baut 41 Rosalinde Kleemaier -Wetl Monitoring in der Welterbe- Mella Waldstein Kulturlandschaft Wachau 13 Wachauer Bräuche 44 Sibylla Zech Auf die Welterbe-Kulturlandschaft schauen 15 Restaurierbeispiel Ingeborg Hödl Christoph Tinzl „Ich bin Weltkulturerbe!“ Ein Altar sucht seine alte Heimat. Management des Welterbes Wachau 19 Zur Heimkehr des Mauterner Altares 46 Peter Aichinger-Rosenberger Blick über die Grenzen Wachauzonen – Erfahrungen mit einem Denkmalpflege International Schutzzoneninstrument für den Erhalt der Wachauer Baukultur 22 Michael Schimek Der „Zwilling“ in Deutschland: Michael Kloos und Cristian Abrihan das Obere Mittelrheintal 48 Leitbild für das Bauen im Welterbe Wachau 26 Aktuelles aus der Denkmalpflege Martin Grüneis in Niederösterreich 52 Die Wachau 20 Jahre Denkmalpflege im Welterbe 29 Museen und Ausstellungshäuser in der Wachau 58 Pater Martin Rotheneder und Ute Griebaum Buchempfehlung 60 Das Benediktinerkloster Stift Melk Ein Erbe – ein Auftrag 34 Tag des Denkmals 2020 60 Andreas Nunzer Ausstellungsempfehlungen 61 Welterbe und Tourismus 36 Literaturhinweise 62
Von der Natur geschaffen, vom Menschen geformt. Kulturlandschaft im Kontext des UNESCO-Welterbes Sabine Haag Das Symbol, das eine jede Welterbestätte als solche sich hierbei um das erste Völkerrechtsinstrument, auszeichnet und erkennbar macht, könnte schlich- das sowohl Kultur als auch Natur als Kategorien in ter und einfacher nicht sein: Ein Kreis umschließt sich vereinte. ein aufgestelltes Quadrat und geht gleichzeitig in Dass dieses gemeinsame Denken und Ver- dieses über. Dieses Welterbe-Emblem, das in den handeln von „Kultur“ und „Natur“ als ineinan- 1970er Jahren vom belgischen Künstler Michel dergreifende und gegenseitig abhängige Aspekte Olyff entworfen wurde, illustriert in seiner beste- – zumindest aus europäischer Perspektive – keine chenden Schlichtheit die Grundidee des Welterbes, Selbstverständlichkeit darstellt, zeigt ein schneller nämlich die wechselseitige Verbundenheit von Kul- Blick in die Kultur- und Ideengeschichte. Spätes- tur und Natur und die Einbettung menschlicher tens seit der Aufklärung des 18. Jahrhunderts und Kultur(en) in ihre natürliche Umwelt. der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts wur- Als die internationale Staatengemeinschaft den „Kultur“ und Natur“ gerne als dichotomes 1972 das heute weithin als „Welterbekonvention“ Gegensatzpaar gedacht und verstanden: Erstere als bekannte „Übereinkommen zum Schutz des Kul- Überwindung der Letzteren im Sinne der Nutz- tur- und Naturerbes der Welt“ (Convention Concer- barmachung und Unterwerfung der natürlichen ning the Protection of the World Cultural and Natu- Ressourcen durch menschliche Kulturleistung, ral Heritage) verabschiedete, war dieser Schritt vor Hand in Hand mit den technologischen Fortschrit- allem in zweierlei Hinsicht richtungsweisend: Zum ten des Industriellen Zeitalters. einen wurde der Schutz von Kultur- und Naturgü- tern erstmals in umfangreichem Maße auf interna- Kulturlandschaft als integratives Konzept tionale Ebene gehoben, zum anderen handelte es Mit der Welterbekonvention wurde nun nicht nur Das Welterbe-Emb- lem symbolisiert eine der Grundideen des UNESCO-Welterbes – das Ineinandergreifen von Kultur und Natur. (oben) Die Terrassierung der Talhänge für den Wein- bau ist seit dem Mittel- alter ein Merkmal der Wachau und ein deut- lich sichtbares Zeichen für die kulturelle, land- wirtschaftliche Überfor- mung der Landschaft. (rechts) 6
ein grundlegendes Rechtsdokument verabschiedet, geebnet wurde, der über das (eurozentrische) Ver- das diese beiden Komponenten in sich vereint, son- ständnis von „Kultur“ im Sinne einer „Monumen- dern auch das Rahmenwerk für ein weltumspan- talkultur“ hinausgeht. nendes Programm geschaffen, das die Bedeutung Mit der Integration der „Kulturlandschaft“ des Kultur- und Naturerbes der Welt wie nie zuvor als Kategorie für Welterbestätten in die Operati- ins öffentliche und politische Bewusstsein rückte. ven Richtlinien der Konvention während der 17. Es sollte allerdings noch 20 Jahre dauern, bis durch Sitzung des Welterbekomitees in Santa Fe (USA) die Aufnahme des Konzepts der „Kulturland- wurde diese damit auch das erste Völkerrechtsinst- schaft“ (cultural landscape) im Jahr 1992 der Brü- rument, welches Kulturlandschaften als schützens- ckenschlag zwischen den beiden Bereichen Kultur- wert erkennt und somit die völkerrechtlichen Rah- erbe und Naturerbe, zwischen Kulturgüterschutz menbedingungen für deren Schutz liefert. Damit und Naturschutz, auch wirklich vollzogen wurde. wurde ein wichtiger Schritt in Richtung eines glo- So brauchte es also auch im Welterbe, trotz seines baleren, universelleren Kulturverständnisses des innovativen Grundcharakters, eine gewisse Zeit, bis Welterbes gesetzt – ein nach wie vor aktuelles sich aus den traditionellen Auffassungen des Denk- Bestreben der UNESCO. malschutzes (im klassischen Sinne des Einzel- und Diese Entwicklung macht deutlich, dass Monumentaldenkmals) sowie des Naturschutzes auch das Welterbe in seinen Konzeptionen gewis- (in dessen Bestreben nach Verhütung menschlichen sen Veränderungen unterworfen ist. Die eigent- Einflusses auf unberührte oder weitgehend intakte liche Zielsetzung des Übereinkommens ist aller- Natur) eine integrative Herangehensweise heraus- dings seit seiner Verabschiedung vor beinahe 50 bilden konnte, in der das Konzept der ‚Landschaft‘ Jahren dieselbe: der Schutz und der Erhalt einzigar- eine wesentliche Rolle spielt. Nicht nur die Unbe- tiger Natur- und Kulturdenkmäler, außergewöhn- rührtheit der Natur, sondern auch die Auswirkun- licher Naturerscheinungen, Orte und Stätten für gen menschlichen (Kultur-)Schaffens auf die natür- diese und kommende Generationen. Seither wur- liche Umwelt wurden damit nun berücksichtigt. den 1.221 Stätten von „außergewöhnlichem uni- Dieser Schritt war nicht zuletzt auch deshalb von versellen Wert“ (Outstanding Universal Value) in großer Bedeutung, weil dadurch auf Ebene der 167 Staaten vom Welterbekomitee auf die Liste Welterbekonvention einem Kulturbegriff der Weg des UNESCO-Welterbes gesetzt – ein deutliches Der seit Jahrtausenden in der Region betrie- bene Salzabbau hat nicht nur den Ort Hall- statt, sondern eine ganze, einzigartige Kul- turlandschaft hervorge- bracht und geprägt. 7
Zeichen für den globalen Erfolg des Programmes. Umgestaltung des Geländes (wie etwa die Terras- Bei mehr als 100 dieser über 1.200 Stätten han- sierung der Talhänge), durch Siedlungstätigkeit delt es sich um ausgewiesene Kulturlandschaften. oder durch die Erschließung von Verkehrswegen Diese Kulturlandschaften stellen in ihren individu- zu Land und zu Wasser. Gekennzeichnet ist diese ellen Ausformungen die Synthese aus Naturraum Überformung vor allem durch die notwendige und menschlichem Schaffen dar und illustrieren Berücksichtigung der natürlichen Gegebenhei- damit einen wesentlichen Aspekt der menschli- ten, die erst im Laufe der fortschreitenden Indust- chen Geschichte, nämlich den Umgang des Men- rialisierung in den Hintergrund zu treten begann. schen mit seiner natürlichen Umwelt. Neben der All diese Aspekte stellen wesentliche Bestandteile Wachau sind in Österreich zwei weitere Welterbe- der Wachau dar, deren „außergewöhnlicher, uni- stätten als Kulturlandschaften gelistet: die österrei- verseller Wert“ sich insbesondere in der Erhaltung chischen und ungarischen Gebiete rund um den der ursprünglich mittelalterlichen Landschafts- Neusiedler See (Fertöd) sowie die seit prähistori- form mit ihren Weinterrassen und Obstgärten und scher Zeit besiedelte und bewirtschaftete Region geschlossenen Siedlungen sowie den vielfältigen Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut. Zeugnissen ihrer langen Besiedelungsgeschichte, die sich bis in die Jungsteinzeit zurückverfolgen Kulturlandschaften von außergewöhnlichem, uni- lässt, manifestiert. Die Intaktheit und das Zusam- versellen Wert: das Beispiel Wachau menspiel dieser naturräumlichen, kulturellen und Anders als etwa bei Einzeldenkmälern handelt es (kultur-)historischen Facetten bildeten schließlich sich bei Kulturlandschaften um dynamische und die Begründung für die Aufnahme der Wachau in komplexe Gefüge aus unterschiedlichsten, vonei- die Liste des UNESCO-Welterbes durch das Welt- nander abhängigen Aspekten, wie sich am Bespiel erbekomitee im Jahr 2000. Der Wachau wurde der Wachau leicht ablesen lässt: Das Donautal damit jene weltumspannende Bedeutung zugespro- mit seiner Topographie und Geologie sowie sei- chen, wie sie auch anderen Kulturlandschaften, wie nen unterschiedlichen natürlichen Lebensräu- etwa den ausgedehnten, jahrtausendealten Reister- men wurde über Jahrhunderte durch menschliches rassen von Honghe Hani (China) oder den heili- Kulturschaffen überformt, sei es durch landwirt- gen Stätten der australischen Aborigines um den schaftliche Nutzung und die damit verbundene Uluru (vormals Ayers Rock) oder weltberühmten Weltweit zeugen Welt- erbe-Kulturlandschaf- ten von oft jahrtau- sendealter Interaktion von Mensch und Natur – etwa die Reisterras- sen von Honghe Hani in der chinesischen Pro- vinz Yunnan 8
Monumenten wie Schloss Versailles (Frankreich) Einzigartigkeit in unser aller Interesse sein muss. oder dem Taj Mahal (Indien) zugeschrieben wer- Das Welterbe liefert jedoch den notwendigen (völ- den. Diese Bedeutung für die gesamte Menschheit kerrechtlichen und ideellen) Rahmen für den – über regionale und nationale Grenzen hinweg – Schutz dieser Landschaft und ruft uns immer wie- ist es schließlich, welche den Bestrebungen für den der erneut ins Bewusstsein, dass es sich keineswegs nachhaltigen Schutz dieser Landschaften und Stät- um eine Selbstverständlichkeit handelt, dass diese ten im Rahmen des Übereinkommens zugrunde Einzigartigkeit nach wie vor erhalten und intakt liegt. ist. Umso wichtiger scheint es, auch nach 20 Jah- ren die Bemühungen um nachhaltigen Schutz wei- Schutz und Erhalt – eine gemeinsame Aufgabe ter voranzutreiben, auf dass wir auch in 20 Jah- Dass die Wachau in ihrer Einzigartigkeit erhalten ren auf eine einzigartige und vielfältige Wachau geblieben ist, ist nicht zuletzt auch dem Engage- werden blicken können. Dies kann allerdings nur ment und Einsatz der Zivilgesellschaft, allen voran dann gelingen, wenn es breiten Konsens über jene ihrer Einwohner*innen, zu verdanken. So wie es Werte gibt, die ihr ihren einzigartigen Charakter etwa die Bürger*inneninitiativen zur Rettung der verleihen. Die Voraussetzung für das Weiterden- historischen (Welterbe-)Altstädte in Graz und Salz- ken und Weitentwickeln dieser Kulturlandschaft burg waren, die zur Schaffung einschlägiger Alt- sind höchste Ansprüche in Hinblick auf Baukultur, stadtschutzgesetze geführt haben, war es die Ver- Architektur, soziale, wirtschaftliche und ökologi- hinderung des Donaukraftwerks bei Rossatz durch sche Nachhaltigkeit, und zwar auf allen Ebenen der eine engagierte Zivilgesellschaft, die den Grund- politischen, administrativen und zivilgesellschaftli- stein für den intensivierten Schutz der Wachau chen Verantwortlichkeiten. gelegt und letztlich zu deren Einschreibung als Welterbe geführt hat. Dieses Engagement ist auch nach 20 Jahren ein zentraler Bestandteil des erfolg- reichen Managements und Schutzes des Welterbes und seiner außergewöhnlichen universellen Werte. Es bedarf nicht erst des Welterbes, um fest- zustellen, dass der Erhalt der Wachau in ihrer Welterbe Semmering- eisenbahn: Viadukt über die Kalte Rinne mit Bahnwächterhaus 9
Fort / bestehend? Ruth Pröckl Welterbe: „Diese Hitliste der Superlative, die an die Notwendigkeit der Akzeptanz von mit dem Welt- legendären sieben Weltwunder anschließt, mobili- erbe einhergehenden Spielregeln und, zum Schutz siert Lokalstolz, ist aber zugleich mit einer univer- dieser weltweit einzigartigen Stätten, einer teilwei- salistischen Perspektive verbunden, die alle Stätten sen Aufgabe der eigenen Planungshoheit. „Der Akt als das Eigentum einer einzigen Menschheitsfamilie der Kanonisierung als Welterbe schafft einen zeit- registriert. Das lokale und nationale kulturelle Erbe lichen Ausnahmezustand gegenüber allen anderen ist in einem umfassenden Menschheitsgedächt- Bauten. Da das, was unter diesen Schutz gestellt nis aufgehoben, dessen Fortbestand – so die Selbst- wird, oft noch in Gebrauch und Teil einer sich not- verpflichtung – für eine unbestimmte Zukunft zu wendig verändernden Lebenswelt ist, sind Inter- sichern und weiterzugeben ist“, erklärte die inter- essenskonflikte zwischen Denkmalschützern und national anerkannte Kulturwissenschaftlerin Aleida Architekten, zwischen Bewahrern und Erneuerern Assmann beim Festakt anlässlich 20 Jahre Welter- vorprogrammiert“, so Aleida Assmann. bekonvention in Österreich. Auch das Welterbe Wachau kennt diese Als die ersten österreichischen Stätten Mitte Konflikte. Dennoch: Dass die Kulturlandschaft der 1990er Jahre zum Welterbe nominiert wurden, Wachau 20 Jahre nach Eintragung in die Welter- lag das Hauptaugenmerk mehr auf der damit ver- beliste in einem insgesamt so guten Erhaltungszu- bundenen Auszeichnung herausragender Kultur- stand ist, dass bis dato keine größeren Konflikte stätten und den davon erhofften, meist wirtschaft- mit dem Welterbe entstanden sind, ist nicht zuletzt lichen, Möglichkeiten. Wenig beachtet wurde die einer engen Zusammenarbeit aller für seine Bewah- rung Verantwortlichen zu verdanken und damit einer erfolgreichen Umsetzung der in Österreich praktizierten geteilten Verantwortung für das Welt- erbe. Selbst eine auf die für den Welterbeschutz UN UNESCO Welterbe wesentlichsten Rechtsmaterien beschränkte Dar- stellung zeigt deutlich die Verteilung der jeweiligen EU Strukturfonds EU Leader Projekte Kompetenzen. Der Bund vertritt die Welterbestätten als direkter Ansprechpartner des Welterbezentrums Denkmalschutz und von ICOMOS International gegenüber dem National (Bund) Umweltschutz Welterbekomitee und koordiniert die Umset- zung der Welterbekonvention und der Komitee- Naturschutz Beschlüsse auf nationaler Ebene. Der Schutz von Raumordnung Einzelobjekten und Ensembles in Welterbestät- Regional (Länder) Bauordnung ten ist im Rahmen des österreichweit geltenden Ortsbild/Stadtbildschutz Lokal (Gemeinden) Flächenwidmung Baugenehmigung Kompetenzverteilung Welterbe in Österreich 10
Denkmalschutzgesetzes möglich. Ein darüberhin- Überwachung der Welterbestätten und die Bericht- ausgehender Schutz von Orts- und Stadtbildern, erstattung über deren Erhaltungszustand. In der Freiräumen und der Umgebung von Ensembles, ja Wachau ist diese Tätigkeit auch Teil des laufenden mehr noch, der Kulturlandschaft als solcher, bedarf Welterbemanagements, das eine Beiziehung von einer gemeinsamen Anstrengung auf Basis der Lan- ICOMOS Austria im Fall von Projekten vorsieht, des- und Gemeindekompetenzen. Der Bund kann deren Übereinstimmung mit dem Welterbe nicht hier nur beratend und fördernd tätig werden, etwa eindeutig feststellbar ist. durch die Mitfinanzierung von Managementsyste- Ein im Rahmen von Beschlüssen des Welt- men für das Welterbe und die Teilnahme in Welt- erbe-Komitees immer häufiger gefordertes Instru- erbe-Beiräten und Kuratorien. Zu seinen Aufga- ment zur Abklärung der Auswirkung aktueller Ent- ben gehört auch die Einladung und Durchführung wicklungen auf Welterbestätten sind die bereits internationaler Beratungsmissionen von ICO- genannten Heritage Impact Assessments. Sie können MOS International und Welterbezentrum oder die und sollen von den für die Erhaltung der Welter- Beauftragung von Kulturerbe-Verträglichkeitsprü- bestätten Verantwortlichen auch unabhängig von fungen (Heritage Impact Assessment / HIA). einer konkreten Aufforderung durch die UNESCO Die Basis für die Kooperation der für das durchgeführt werden, um mögliche Konflikte bei Welterbe Kulturlandschaft Wachau verantwortlichen der Planung größerer Interventionen im histori- Gebietskörperschaften bildet seit März 2017 ein schen Bestand zu vermeiden oder für beide Sei- Managementplan, der unter Einbindung möglichst ten tragbare Kompromisse zu ermöglichen; so wie vieler Akteure erstellt wurde. Diese Zusammen- dies etwa 2016 mit dem zur Niederösterreichischen arbeit schließt auch von der öffentlichen Verwal- Landesgalerie durchgeführten Heritage Impact tung unabhängige Expertinnen und Experten ein, Assessment der Fall war. Dabei stellte nicht das HIA allen voran ICOMOS Austria, das als Nationalko- an sich die Welterbeverträglichkeit dar, sondern mitee von ICOMOS International für alle öster- erst die Überprüfung der Ergebnisse durch ICO- reichischen Welterbestätten so genannte Moni- MOS International und das Welterbezentrum und tore beauftragt. Diesen obliegt die unabhängige deren Rückmeldung in Form eines so genannten „Technical Review“. Letztgültige Entscheidungen über alle die Welterbestätten betreffenden Fragen liegen beim Welterbekomitee: 21 Staaten, die von der General- versammlung aller 193 Vertragsstaaten zur Welt- erbekonvention für je vier Jahre gewählt werden. Unterstützt wird das Welterbekomitee von sei- nem Sekretariat, dem Welterbezentrum mit Sitz im UNESCO-Hauptquartier in Paris. Dieses bereitet etwa Beschlüsse vor, nimmt Nominierungen ent- gegen und überprüft sie auf Vollständigkeit, orga- nisiert die jährlichen Komitee-Sitzungen, aber auch Beratungsmissionen. Das Welterbezentrum ist auch Adressat für alle Berichte zum Erhaltungs- zustand von Welterbestätten. Wissenschaftliche Ausblick von der Landesgalerie Niederösterreich auf Stift Göttweig 11
Grundlagen für Entscheidungen des Welterbe- Welterbestätten relativ geringe Anzahl von Welter- komitees liefern dessen offizielle Beratungsgre- bestätten in Gefahr darf jedoch nicht darüber hin- mien (Advisory Bodies) ICOMOS, IUCN und wegtäuschen, dass die Erhaltung des Welterbes ICCROM; also der Internationale Denkmalrat, in Bestand und Wertigkeit eine stetig wachsende die Weltnaturschutz-Union und das Internatio- und immer komplexere Herausforderung darstellt, nale Studienzentrum für die Erhaltung und Res- die von den jeweiligen Vertragsstaaten im Rah- taurierung von Kulturgut. Das für Kulturerbestät- men der von ihnen selbst festgelegten Regelwerke ten – und damit auch für die Wachau – zuständige umzusetzen ist; denn obwohl Welterbe eine nach- ICOMOS ist eine so genannte Nicht-Regierungs- haltige Entwicklung nicht ausschließt, erfordert Organisation (NGO), in der nur Fachleute Mit- seine Bewahrung doch besondere Sensibilität und glied werden können (aktuell rund 10.000 Perso- Rücksichtnahme. nen in 165 Staaten). In 107 Staaten, darunter auch 20 Jahre Welterbe Wachau sollten uns daher in Österreich, unterhält ICOMOS Nationalkomi- auch Anlass zur Frage sein, ob wir „fortbestehend“ tees, mit denen das internationale Sekretariat engen auch weiterhin so verstehen, wie es jene taten, Kontakt hält. Die Nationalkomitees spielen auch denen die Wachau ihren so einzigartigen Zustand eine wichtige Rolle als Ansprechpartner für ICO- verdankt, der ihr den Welterbestatus einbrachte. MOS International in allen Fragen zum Erhal- Dazu genügt vorerst vielleicht ein kurzer Blick in tungszustand der Welterbestätten. den Duden. Fort: „1) nicht mehr länger an einem Gemessen an der aktuellen Gesamtzahl Ort; weg. 2) ohne Unterbrechung, unausgesetzt von 1.121 Welterbestätten scheint die Selbstver- ablaufend, sich in die weitere Zeit erstreckend.“ pflichtung zur Erhaltung des Welterbes grund- Damit die Kulturlandschaft Wachau fortbesteht sätzlich ernst genommen zu werden. Nur zwei und sich nicht fortentwickelt. Stätten wurde bisher ihr außergewöhnlicher uni- verseller Wert und damit ihr Welterbestatus aber- kannt. 53 Stätten weltweit sind aktuell als gefähr- det eingestuft, drei davon in Europa; darunter bedauerlicherweise auch das Historische Zentrum von Wien. Die im Verhältnis zur Gesamtheit der Welterbekomitee, Sitzung 2019 Baku, Aserbaidschan 12
Monitoring in der Welterbe-Kulturlandschaft Wachau Rosalinde Kleemaier- ICOMOS, der internationale Denkmalrat, ist als kritische Projekte aus dem Gesichtspunkt des Wetl Nichtregierungsorganisation (NGO) der Erhal- UNESCO-Welterbes tung des Kulturerbes verpflichtet und wird von • Die Beratung aller Akteure in Fragen des Welt- der UNESCO als offizieller Berater (Advisory erbes (z.B. Welterbemanagement, Bürgermeister, Body) in allen Fragen des Weltkulturerbes her- Bauherrschaften, Planer) angezogen. Erster Ansprechpartner für die öster- • Bewusstseinsbildung reichischen Welterbestätten ist ICOMOS Aus- Als zentraler Ausgangspunkt dient uns tria, das österreichische Nationalkomitee. Der bei all diesen Tätigkeiten der im Zuge der Auf- wichtigste Aufgabenbereich von ICOMOS Aus- nahme in die Welterbeliste definierte außerge- tria ist in diesem Zusammenhang das gewissen- wöhnliche universelle Wert (OUV, Outstanding hafte, unabhängige und lösungsorientierte Moni- Universal Value) der Welterbestätte. Die Wachau toring der UNESCO-Welterbestätten Österreichs. wurde unter zwei Kriterien in die Welterbeliste Zu diesem Zweck wurden für alle österreichischen eingetragen: Welterbestätten Monitoring-Teams aus ausgewie- • Die Wachau ist ein herausragendes Beispiel senen Fachexperten zusammengestellt. für eine in einem Durchbruchstal gelegene Fluss- Zum umfassenden Tätigkeitsbereich dieser landschaft, wo die materiellen Zeugen ihrer lan- Monitoring-Teams gehören: gen geschichtlichen Entwicklung in einem bemer- • Die laufende Beobachtung der Entwicklung in kenswerten Ausmaß erhalten geblieben sind. den Welterbestätten • Die Architektur, die menschlichen Siedlun- Blick über Stein • Eine jährliche Berichterstattung über posi- gen und die Landwirtschaft in der Wachau illus- nach Mautern tive und negative Entwicklungen sowie trieren lebendig eine im Grunde mittelalterliche 13
größere Aufwendungen und Kosten entstanden sind. Damit kann eine Eskalation von Konflikten von vornherein vermieden werden. Auf der Web- site von ICOMOS Austria (www.ICOMOS.at/ wordpress/oesterreichische-welterbestaetten) ste- hen Links für eine direkte Kontaktaufnahme mit dem für die jeweilige Welterbestätte zuständigen Monitoring-Team zur Verfügung. Ab Sommer 2020 werden auf dieser Seite auch Kurzfassungen der Jahresberichte für alle österreichischen Welter- bestätten veröffentlicht. Auf diesem Weg können sich alle Interessierten über den aktuellen Status der österreichischen Welterbestätten informieren. Eine potentielle Beeinträchtigung oder Gefährdung des außergewöhnlichen universel- len Wertes ist nicht nur bei Großprojekten zu befürchten. Zerstörung kann auch tagtäglich im Kleinen durch Landschaftsverbrauch, Zersiede- lung, Verlust von historischen Bauten und durch Blick von St. Lorenz Landschaftsform und ihre organische und harmo- unpassende Neubauten erfolgen. Beim diesjähri- nach Weißenkirchen nische Entwicklung über die Jahrhunderte. gen Symposion Dürnstein zum Thema „Erbschaf- Diesen außergewöhnlichen universellen ten: Kultur Natur Identität“ hat Ursula Baatz mit Wert gilt es für künftige Generationen zu erhal- ihrer Aussage „Tradition ist Verrat“ irritiert. Was ten und die Weiterentwicklung welterbegerecht sie damit meinte: Wenn man nur in die Zukunft zu ermöglichen. Für die Wachau bedeutet das vor blickt, verrät man das Ererbte. Hält man dage- allem die Berücksichtigung folgender Faktoren: gen nur an der Vergangenheit fest, verrät man die die Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft, Zukunft. Wir alle bewegen uns tagtäglich in die- eine organische und harmonische Siedlungsent- sem Spannungsfeld und laufen immer Gefahr, wicklung, die Eindämmung der immer rascher eine der beiden Seiten zu verraten. Besonders für fortschreitenden Zersiedelung, die Erhaltung und eine Welterbe-Kulturlandschaft mit herausra- Pflege des ortsbildprägenden historischen Baube- gender weltweiter Bedeutung ist es essenziell, die standes und, für notwendige Neubauten, die Ent- richtige Balance zwischen diesen Haltungen zu wicklung einer regionaltypischen zeitgenössischen finden – kurzum: Die Welterberegionen sollen Baukultur – damit das Markenzeichen „typisch Vorbildregionen für nachhaltige Entwicklung ent- Wachau“ weiterhin seine Gültigkeit behält. sprechend den UN-Nachhaltigkeitszielen werden. ICOMOS Austria legt Wert auf die Ent- All das stellt uns laufend vor die Herausforderung wicklung von einem reaktiven zu einem präven- zu entscheiden: tiven Monitoring. Zu diesem Zweck werden die • Was gilt es zu bewahren? bewusstseinsbildenden und beratenden Tätigkei- • Was wollen wir loslassen? ten weiter ausgebaut. Ganz wesentlich für eine • Was ist für eine gute Zukunft neu zu gestalten? lösungs- und konsensorientierte Beratung ist eine In diesem Sinne lassen Sie uns alle gemein- möglichst frühzeitige Einbindung in geplante sam dafür Sorge tragen, dass die Einzigartigkeit Projekte. Diese ermöglicht es, ein Projekt entspre- der Wachau allen bewusst ist, bewahrt bleibt und chend der völkerrechtlichen Verpflichtung des weiterentwickelt wird! UNESCO-Welterbes zu entwickeln, bevor noch 14
Auf die Welterbe-Kulturlandschaft schauen Sibylla Zech Die Wachau ist ein Juwel unter den Kulturland- nachhaltigen Weiterentwicklung und Gestaltung. schaften der Welt. Die UNESCO hat ihr das Prä- Würden die Bewirtschaftung, das Wohnen und dikat OUV (Outstanding Universal Value = außer- Arbeiten in der Wachau, also die Nutzung durch gewöhnlicher universeller Wert) verliehen und sie den Menschen, wegfallen, würde der Wald die als sogenannte „fortbestehende Landschaft“ (conti- Wachau zurückerobern, die Landwirtschaftsflä- nuing landscape) klassifiziert. Die Kulturlandschaft chen und Siedlungsgebiete würden mit der Zeit der Wachau ist von der Natur und vom Menschen zuwachsen und die Wachau würde ihre einzigartige geprägt. Wie wir heute haben Generationen vor Vielfalt verlieren. Vor allem im westlichen Teil der uns die Landschaft – den Lebensraum – verändert Wachau sind Abwanderung und Nutzungsaufgabe und werden es Generationen nach uns tun. Die schon heute ein Problem. Andernorts besteht Ent- Wachau ist kein Ausstellungsstück, das in einem wicklungs- und Nutzungsdruck. Für die Region Museum unter einen Glassturz gestellt werden und ihre Gemeinden ist es eine Herausforderung, kann, sondern eine Region, in der 27.000 Men- leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, schen leben, 580.000 Gäste pro Jahr nächtigen Beschäftigungs- und Produktionsmöglichkeiten zu und die Winzer seit über 1000 Jahren die Terrassen sichern, alten Baubestand zu erhalten bzw. diesen bewirtschaften. Die Menschen, die hier leben und zu ergänzen, ohne die charakteristischen Ortsbilder arbeiten oder zu Gast sind, entwickeln die Land- und die Schönheit der Landschaft zu gefährden. Es schaft weiter. ist daher in vielen Fällen weder möglich noch sinn- Der Wert, aber auch die Fragilität und voll, Aspekte des Schutzes und der Bewahrung der die Sensibilität der besonderen Kulturlandschaft Welterbe-Kulturlandschaft von deren Entwick- Wachau verpflichten uns zu einer maßvollen und lung zu trennen. Es braucht beides: Bewahren und Entwickeln. Was ist das richtige Maß für die Entwicklung? Wie können wir eine nachhaltige Weiterent- wicklung und Gestaltung der Kulturlandschaft Wachau erreichen? Was ist verträglich? Welche alten und neuen Qualitäten braucht die Region? Der „Managementplan Welterbe Wachau“, der 2017 von den Welterbegemeinden beschlos- sen wurde, gibt die Richtung vor. Er definiert Ziele und konkrete Maßnahmen zur Erhaltung des außergewöhnlichen universellen Wertes der Terrassenweinbauwirtschaft erfordert besondere Kenntnisse und Fertigkeiten, Spitzer Graben 15
Kulturlandschaft Wachau, die auf sechs Hand- Qualität des Welterbes sicherzustellen, bedient sich lungsfelder ausgerichtet sind: die Region Wachau einerseits eines vorbeugenden • Natur- und Landschaftsschutz Monitorings, d.h. der ständigen Beobachtung des • Ortsbild, Baukultur, nachhaltiges Zustands und des Fortschritts des Welterbes, ande- Siedlungswesen rerseits eines reaktives Controllings, das die Vorge- • Land- und Forstwirtschaft, Bewirtschaftung und hensweise im Konfliktfall festlegt. Pflege der Kulturlandschaft • Tourismus im Welterbe Das Welterbe im Auge behalten • Kunst und Kultur, Handwerk, Wissenschaft und Für die vielfältigen Aufgaben der regionalen Forschung Zusammenarbeit haben die Gemeinden eine regi- • Zusammenleben, Identität, Bewusstsein, onale Managementstelle mit einem hauptamtli- Kommunikation chen Team eingerichtet, die auch für das „Moni- Der Managementplan wurde unter intensiver toring“, d.h. die Beobachtung und Kontrolle Beteiligung von Politik und Verwaltung, Wachauer des Erhaltungszustands und der Weiterentwick- Institutionen und Vereinen sowie der Bevölkerung lung des Welterbes, sorgen soll. Für eine nachhal- in mehreren „Werkstätten“ und vielen Gesprächs- tige Entwicklung des Welterbes ist der Aufbau von runden erarbeitet. Die Basis bildeten umfassende gesichertem Wissen über den Zustand und über Vorarbeiten in der Region. Auf der Webseite der Veränderungen wesentlich. Unerwünschte Ent- Region Wachau ist er einsehbar und herunterlad- wicklungen sollen frühzeitig erkannt werden, um bar. Dieses Grundlagendokument zeigt die Beson- rechtzeitig gegensteuern zu können. Das Monito- derheit der Wachau auf, mit seiner Hilfe können ring sieht vor, Indikatoren zu unterschiedlichen die Gemeinden der Wachau, regionale und natio- inhaltlichen Aspekten zu erfassen: nale Stellen sowie Bürger*innen die Umsetzung der • Beobachtung der Veränderung der Land- Ziele der Welterbekonvention verfolgen und das nutzung durch computergestützte Analyse, Bewusstsein für „unser“ Welterbe stärken. Denn: Luftbildauswertung Alles, was im Welterbe passiert, soll dem Welterbe • Fotografische Langzeitbeobachtung, um Verän- angemessen und von besonders hoher Qualität sein derungen in der Landschaft zu erfassen, zu bewer- oder zumindest diesen Anspruch haben. Um die ten und ggf. zu bearbeiten • Auswertung von Strukturdaten, beispielsweise zur Bevölkerungsentwicklung, zu Gebäuden und Wohnungen, Wirtschaft und Arbeitsmarkt, ergänzt durch Beobachtungen der Gemeinden • Medienbeobachtung und Dokumentation von Maßnahmen zur Welterbe-Bildung im Hinblick auf Bewusstseinsbildung und Außenwirkung • Beobachtung durch Local Correspondents, d.h. Regionskenner*innen, die aus ihrer Sicht sowohl Verbesserungen als auch Probleme an das Welter- bemanagement weitermelden • Spezialthema: über die visuelle Betrachtung hin- ausgehende tiefergehende Beobachtung des bauli- chen Zustands wertvoller Gebäude in der Region Nebenarm der Donau bei Rührsdorf 16
Blick auf Weißenkirchen in der Wachau • Neue Feste und Veranstaltungsprojekte, die mit außerordentlicher Verkehrs-, Lärm- und/oder Abfallbelastung einhergehen Für die Einschätzung des Fortschritts von Projekten und Maßnahmen und der Entwicklung im Sinne der im Managementplan festgehaltenen Ziele sind Arbeitstreffen des „Management-Netz- werks“ vorgesehen. Hier kommen regionale Ins- titutionen und Vereinigungen, Verterter*innen aus Wissenschaft und Forschung sowie der Zivil- gesellschaft und die österreichische UNESCO- Kommission zusammen. Eine wesentliche fachli- che Beratungsfunktion kommt ICOMOS zu, dem internationalen Rat für Denkmalpflege. Die qua- litative Bewertung erfolgt auf Basis von Monito- ringdaten und eigenen Beobachtungen, insbeson- dere die Vor-Ort-Erfahrungen werden genutzt. Die quantitative Einschätzung der Wirkung von abgeschlossenen Projekten erfolgt in Koopera- tion mit den Expert*innen der LEADER-Region Zum Welterbe beraten und berichten Wachau-Dunkelsteinerwald. Hinzu kommen regel- Das Welterbemanagement wird von einem Welt- mäßige Berichte an die UNESCO. Gelegenheit erbebeirat, in dem Bund, Land und der Verein zur Berichterstattung über den Stand der Arbeit Welterbegemeinden Wachau vertreten sind, bera- bietet außerdem die jährliche Österreichische ten und kontrolliert. Projekte, die aufgrund ihres Welterbestättenkonferenz. Charakters oder ihrer Größenordnung das Poten- zial in sich tragen, auf die Qualität des Welterbes Wie sollen Konflikte gelöst werden? Einfluss zu nehmen, sind im Beirat zu besprechen, Die Grundhaltung für das Management des Welt- beispielsweise erbes ist, im Dialog zwischen Bevölkerung, Politik, • Infrastrukturbauten wie Straßen oder Verwaltung und Wirtschaft tragfähige Kompro- Schiffsanlegestellen misse zu suchen. Soweit möglich sollen Konflikte • Neufassungen von örtlichen Entwicklungs- in der Region selbst gelöst werden. Wird Konflikt- konzepten, Flächenwidmungsplänen und management notwendig, kommt dem Welterbema- Bebauungsplänen nagement eine zentrale Rolle zu. Es bringt allfäl- • Bauvorhaben, deren Volumen 30% der ver- lige Eingaben sowie eigene Beobachtungen in die gleichbaren Bauten im Umfeld übersteigt Sitzungen des Welterbebeirats ein, wenn dringlich • Umnutzungen denkmalgeschützter Bausubstanz auch früher. Der Beirat beschließt das weitere Vor- • Bewilligungspflichtige Kulturumwandlun- gehen. Je nach Erheblichkeit des Projekts werden gen, bei Weingartenterrassen ab einer Größe von unterschiedliche Schritte gesetzt. ½ Hektar, sonstige Kulturumwandlungen ab • Stufe 1: Dokumentation des Vorhabens ohne 1 Hektar weitere Schritte 17
Aufgabe eines HIA ist es, die Auswirkung eines Projekts, Plans oder Programms auf den außerge- wöhnlichen universellen Wert des Welterbes fest- zustellen, zu beschreiben und hinsichtlich der Ver- träglichkeit zu bewerten. Ausblick Das Welterbe zu managen, kurz gesagt sich um alle Angelegenheiten der Welterbe-Kulturlandschaft Wachau zu kümmern und diese aktiv zu gestalten, ist für eine ländlich geprägte Region mit geringer finanzieller, personeller und institutioneller Aus- stattung eine beträchtliche Aufgabe. Umso wichti- ger ist es, einerseits die Kommunikation und damit Weingut Högl. • Stufe 2: Weiterführende Gespräche mit das Interesse, Wissen und Bewusstsein zum Welt- Mit dem Staatspreis betroffenen Gemeinden, Projektwerber*innen, erbe in der Region zu stärken und andererseits Architektur 2016 aus- Anrainer*innen …; Einholen zusätzlicher durch die übergeordneten Stellen von Land und gezeichneter Neubau Informationen Bund zu unterstützen. für Produktion und • Stufe 3: Informelle Vorab-Information von Für die Welterberegion wurde mit allen Verkostung ICOMOS Österreich und/oder ggf. ICOMOS Generationen, aber insbesondere der jungen Bevöl- International kerung, ein Dialog zu Zukunftsthemen initiiert. • Stufe 4: Bei schwerwiegenden Fällen Start der Neben den Möglichkeiten zur Erhaltung traditio- entsprechenden Berichterstattungsroutine, wie von neller Praktiken (z.B. Pflege der Weinbauterrassen, den UNESCO-Richtlinien vorgesehen Erhalt von typischen Heurigen) geht es um das In begründeten Einzelfällen und bei entspre- gemeinsame Identifizieren von ökologischen, öko- chender Dimension des Vorhabens ist es notwen- nomischen, sozialen und kulturellen Zukunftspo- dig, die Beurteilung auf eine internationale Ebene tenzialen, damit junge Menschen im Welterbe zu heben. Dabei ist die Durchführung eines Heri- Wachau gute Lebensbedingungen und Perspekti- tage Impact Assessment (HIA) – einer fachlich fun- ven zur persönlichen Entwicklung finden, sowie dierten Welterbeverträglichkeitsprüfung – denkbar. um die Einbindung der Jugend für die Welterbear- beit. In der Wachau begegnen wir heute erfreulich vielen innovativen und engagierten Menschen, wel- che bewusst auf die Kulturlandschaft schauen, im kulturellen Leben aktiv sind und das Welterbe von morgen mitgestalten wollen. Traditionelle Begegnungskultur in der Wachau beim Wandern 18
„Ich bin Weltkulturerbe!“ Management des Welterbes Wachau Ingeborg Hödl Maßgeblich für den Erfolg des Managements einer Volksschulen der Wachaugemeinden Führungen Welterbestätte ist vor allem die Unterstützung mit der Wald- und Kräuterpädagogin Steffi Kratzer der Zivilgesellschaft. Mit einer emotionalen Ver- angeboten. In diesem Projekt, das mit Hilfe einer mittlung der besonderen Werte der Wachau soll LEADER-Förderung umgesetzt wurde, konnten Bewusstsein für die Kultur- und Naturlandschaft die SchülerInnen die außergewöhnliche Artenviel- geschaffen werden und letztendlich eine höhere falt entlang des Donaustrandes entdecken. Dies Akzeptanz der Pflichten erreicht werden, die mit ist eine Investition in die Zukunft, denn Kinder dem Welterbestatus verbunden sind. BewohnerIn- sind mit ihrer ansteckenden Begeisterung wertvolle nen sowie Gäste sollen sensibilisiert werden, dass Multiplikatoren und zukünftige BewahrerInnen die Auszeichnung UNESCO-Welterbe ein Privi- der Kulturlandschaft. leg ist, aber auch den Auftrag zum Erhalt der Kul- In der Kampagne zum 20-jährigen turlandschaft bedeutet. Zu den Herausforderungen UNESCO-Welterbejubiläum wird Kommunika- zählt dabei die ausgewogene Interessenvertretung tion und Bewusstseinsbildung großgeschrieben. aller Beteiligten, um so ein harmonisches Mitein- Im Sinne der Leitlinie „man schützt, was man ander zu gewährleisten. schätzt“ ist es ein besonderes Anliegen, der Bevöl- Als die Wachau kürzlich 25 Jahre Europäi- kerung bewusst zu machen, dass das Welterbe ein sches Naturschutzdiplom feierte, wurden für alle äußerst fragiles und nicht reproduzierbares Gut ist. Laurenz Pichler Student und Musiker aus Oberbergern Ich bin Weltkultur- Kampagne 20 Jahre erbe. Welterbe Wachau www.weltkulturerbe-wachau.at 19
jährliche Plattform mit Vorträgen, Diskussionen und Ausstellungen zum Austausch mit interessier- ten WachauerInnen sein. Heuer war dies gleich- zeitig der Auftakt zum 20-Jahr-Jubiläum der Welt- erbestätte Wachau. Zu diesem Anlass wurde das Kartenspiel des Welterbe Quartetts präsentiert, das von Studierenden der New Design Universität in St. Pölten gestaltet wurde. An der Schiffsanlegestelle in Krems-Stein befindet sich das Welterbezentrum Wachau, eine dauerhaft installierte Freiluftausstellung. Große bunte Bildtafeln, die wie Weingartenzeilen angelegt sind, berichten über wichtige Themenbereiche der Welterberegion: vom Tourismus über Ortsbild und Baukultur bis zur Tradition des Weinbaus auf den typischen Terrassenlandschaften, der Bedeutung der Wachauer Marille sowie dem legendären Film- Managementplan Stellvertretend für die vielen Menschen, die sich klassiker Mariandl. bereits engagiert für ihre Region einsetzen, wurden ausgewählte WachauerInnen in der Jubiläumsbro- Managementplan des Welterbes Wachau schüre abgebildet. Diese wird am Welterbe-Info- Oberstes Ziel und Zweck des Welterbestätten- stand verteilt, der im Sommer durch die Gemein- Managements ist die Bewahrung der Merkmale des den tourt und bei beliebten Festen der Wachauer Outstanding Universal Value (OUV, außergewöhn- Bevölkerung dabei ist. Dort können sich die Besu- licher universeller Wert), der Authentizität und cherInnen über die Einzigartigkeit der Kulturland- der Integrität einer Welterbestätte. Der OUV ist schaft informieren und in der Fotobox unter dem die Grundlage für die Verleihung des UNESCO- Motto „Ich bin Weltkulturerbe!“ bildlich verewi- Titels und somit auch Herzstück des Manage- gen. Alle Fotos der Tour sowie Bilder der beteilig- mentplans. Es gilt also, jene Attribute, welche die ten WachauerInnen sind auf der Homepage des Wachau in ihrer Einzigartigkeit so auszeichnen – Welterbemanagements Wachau zu sehen (www. wie die geschichtliche Ablesbarkeit der Architek- weltkulturerbe-wachau.at/20jahre). tur, die kleinteilige Siedlungsstruktur, die harmo- nisch gewachsene Landschaftsform und vor allem Öffentlichkeitsarbeit: zwischen Welterbezentrum, die freifließende Donau – zu erhalten. Quartett und Mariandl Mit intensiver Einbeziehung und Beteiligung Die jährlich erscheinende Regionszeitung „Ein- verschiedenster Interessensvertreter der Wachau blicke“ informiert über die LEADER-Region sowie von Bund und Land wurde der Manage- Wachau-Dunkelsteinerwald und berichtet über mentplan in einem mehrjährigen Prozess erarbeitet. aktuelle Projekte. Neben dem Newsletter, der Neu- Bei diversen Workshops und Treffen in der Region igkeiten zur Regionalentwicklung im Welterbe ent- wurden die Inhalte gemeinsam entwickelt und fest- hält, finden sich alle welterberelevanten Informati- gelegt. Ende März 2017 konnte der Plan in feier- onen auf der laufend aktualisierten Homepage. lichem Rahmen auf Stift Göttweig der Öffentlich- Ende Februar 2020 fand zum ersten Mal – in keit präsentiert und von allen BürgermeisterInnen Kooperation mit der Donau-Universität Krems der 15 Welterbegemeinden unterzeichnet werden. – das sogenannte Wachauforum statt. Wie im Der Managementplan besitzt keine Managementplan vorgesehen, soll dies eine rechtliche Verbindlichkeit, vielmehr ist er als 20
Bedeutung. Daraus entwickelten sich die folgenden Handlungsfelder: • Natur- und Landschaftsschutz • Ortsbild, Baukultur, nachhaltiges Siedlungswesen • Land- und Forstwirtschaft, Bewirtschaftung und Pflege der Kulturlandschaft • Tourismus im Welterbe • Kunst & Kultur, Handwerk, Wissenschaft & Forschung • Zusammenleben, Identität, Bewusstsein, Kommunikation Natur- und Landschaftsschutz wurden in der Wachau immer schon großgeschrieben. Die Pflege und Bewirtschaftung der Kulturlandschaft ist zum Großteil dem Engagement der Wachauer Wein- Schulführungen Strategieplan mit empfehlendem Charakter zu und ObstbäuerInnen zu verdanken. Ihre Arbeit am Donauufer sehen. Er enthält Ziele und Maßnahmen, die sich gewährleistet, dass die für die Wachau so charakte- zum Beispiel mit Themen wie Ortsbild, Baukul- ristischen Terrassenhänge und Trockensteinmauern tur sowie Natur- und Landschaftsschutz beschäfti- genützt, gepflegt und somit geschützt werden. Zur gen. Kurz gesagt: Es handelt sich um Aktionen zur Erhaltung des Ortsbilds und einer nachhaltigen Erhaltung des OUV. Ein effizienter Plan stellt ein Siedlungsentwicklung werden aktuell im Projekt wirksames Werkzeug zur Steuerung von Entwick- „Leitbild Bauen in der Wachau“ Maßnahmen erar- lungsdynamiken dar, insbesondere für Welterbere- beitet und umgesetzt (vgl. Beitrag S. 26–28). Im gionen unter hohem Entwicklungsdruck. Bereich Tourismus gibt es durch die enge Zusam- menarbeit mit der Donau NÖ Tourismus GmbH Leitlinien und Handlungsfelder einen kompetenten Ansprechpartner für viele aktu- Die drei Säulen, auf denen der Managementplan ell wichtige Projekte: von der Erhaltung und Pflege der Wachau aufbaut, heißen: des Welterbesteigs bis zur Umsetzung notwendiger „Welterbe erhalten und pflegen“ – „Welt- Schritte zum Thema Wertschöpfung und Besucher- erbe schützen durch Nützen“ – „Mein Welterbe: stromlenkung am Beispiel Dürnstein. Werte schätzen lernen“. Diese Leitlinien spiegeln Worauf es wirklich ankommt? Das Vor- die dynamischen Funktionen wider, die eine fort- handene schätzen, bewahren und behutsam bestehende Kulturlandschaft ausmachen. Für die weiterdenken! Wachau heißt das vor allem: die Aufrechterhaltung des Weinbaus, die laufende Benützung und Sanie- rung der Bausubstanz, die permanente Pflege der Naturschutzflächen und generell eine Bevölkerung in der Region, die die Pflege der Kulturlandschaft mit Freude und Motivation übernimmt und sich deren Besonderheit bewusst ist. Schon vor der Implementierung des Management- plans von 2017 waren diese Themenbereiche, die für die Region festgesetzt wurden, von essentieller 21
Wachauzonen Erfahrungen mit einem Schutzzoneninstrument für den Erhalt der Wachauer Baukultur Peter Aichinger- Ein wesentliches Kriterium für die Aufnahme der und des Arbeitskreises Wachau ein differenziertes, Rosenberger Wachau in die Liste der UNESCO-Welterbestät- auf die Besonderheiten der Wachauer Orte abge- ten bildete der bedeutende historische Baubestand, stimmtes Schutzzonensystem, die Wachauzonen. der die behutsam in die Kulturlandschaft eingefüg- Grundlage für diese bilden Bebauungspläne gemäß ten Siedlungen prägt. Seinen Erhalt zu gewährleis- den Bestimmungen des Niederösterreichischen ten sowie eine sensible bauliche Weiterentwicklung Raumordnungsprogrammes (NÖ-ROG 2014), in sicherzustellen, stellt eine große Herausforderung denen ergänzend zu den allgemeinen Regelungen an alle Beteiligten dar, für deren Bewältigung die zahlreiche weitere Bestimmungen für darin ausge- sogenannten Wachauzonen einen Beitrag leisten wiesene Schutzzonen festgelegt werden können. sollen bzw. können. Um dem das Ortsbild der Welterbegemeinden prä- Wie bereits im Band 50 „Kulturlandschaf- genden Baubestand gerecht zu werden, wurde die- ten“ der Denkmalpflege in Niederösterreich darge- ser objektbezogen bewertet und im Wesentlichen legt, gaben im Jahr 2011 zahlreiche Wachauer Bür- in die vier nachstehenden Kategorien eingeteilt: germeisterInnen den Anstoß zur Entwicklung der • Kat. I – Denkmalschutz Wachauzonen. Sie wandten sich sich an die Nie- • Kat. II – erhaltenswürdig derösterreichische Baudirektion sowie die Kultur- • Kat. III – ortsbildprägend abteilung des Landes mit dem Ersuchen ein „wirk- • Kat. IV – sonstige Objekte und Bereiche der sames Instrument“ zu entwickeln, welches den Wachauzonen Erhalt der gewachsenen Ensembles, deren unzäh- Der Managementplan Welterbe Wachau lige historisch bedeutende Einzelobjekte sich ent- benennt die Wachauzonen als eine Maßnahme lang verwinkelter Gassen und Plätze reihen, ermög- zur Steuerung der baulichen Entwicklung in den licht. Eine Expertengruppe des Landes entwickelte Ortskernen bzw. der Sicherung des baukulturel- Rossatz, in der Folge gemeinsam mit Vertretern des Bun- len Erbes. Sie sollen diesem zufolge auch mittel- Villa Freininger desdenkmalamtes, Abteilung für Niederösterreich, fristig in allen Welterbegemeinden verordnet wer- den. Bislang wurden jedoch erst in den Gemeinden Rossatz-Arnsdorf (Rossatz 2014, Arnsdorf 2016), Mautern (2014), Dürnstein (2015) und Bergern im Dunkelsteinerwald (2016) Wachauzonen ver- ordnet. In Vorbereitung befinden sich diese in Spitz und Melk (Cottage-Viertel), Interesse daran bekun- deten zuletzt auch die Marktgemeinden Furth bei Göttweig und Weißenkirchen sowie die Stadt- gemeinde Krems. Seitens des Landes sowie des Bundesdenkmalamtes wurden bzw. werden diese Gemeinden – wie auch auf Anfrage vereinzelt alle anderen Welterbegemeinden – bei Bauangelegen- heiten fachlich betreut. Im Vordergrund steht dabei die Beratung der Planer- und Bauherrenschaft. 22
wichtig die Wachauzonen insbesondere für einen sorgsamen Umgang mit dem historischen Baube- stand der Kategorie II (erhaltenswürdig) sind. So wurden beispielsweise in der Gemeinde Rossatz-Arnsdorf zwei Villen in hochwertiger Qua- lität saniert. Bei der im Jahr 1910 erbauten Villa Freininger in Rossatz erfolgte eine Generalsanie- rung, wobei die Dacheindeckung erneuert, die Fas- saden instandgesetzt und neu gefasst sowie die bei- den Balkone stilgerecht erneuert wurden. Ebenfalls einer Generalsanierung unterzogen wurde die mit secessionistischem Dekor verzierte Villa Nr. 58 in Mitterarnsdorf. Um den Anforderungen der neuen Eigentümer gerecht zu werden, wurde bei dem um Mitterarnsdorf, Villa Dabei zeigt die Erfahrung: Je früher diese Beratung 1910 errichteten Objekt auch das Dachgeschoß für erfolgt, desto effizienter und friktionsfreier laufen Wohnzwecke ausgebaut. Bauverfahren ab. Zu Um- und Ausbauten bzw. Sanierungen Die unzähligen in den letzten Jahren in die- kam es auch an zahlreichen für die Wachau so typi- sen Gemeinden betreuten Bauvorhaben geben Auf- schen Winzerhöfen oder etwa auch bei der soge- schluss darüber, was die Wachauzonen im Stande nannten Adammühle in Spitz. Letztere wurde eben- sind zu leisten und was nicht. falls umfangreich saniert. Um den Anforderungen Während der Erhalt bzw. der sensible zeitgemäßen Wohnens gerecht zu werden, wurde Umgang mit Objekten der Kategorie I schon bis- unter anderem das schadhafte Dachwerk über dem lang durch den Denkmalschutz gewährleistet war rückwärtigen Wohntrakt abgetragen und in exakt und durch die Wachauzonen um den Aspekt des selber Form neu errichtet und in der Folge das Ortsbildschutzes erweitert wurde, zeigt sich, wie Dachgeschoß behutsam für Wohnzwecke ausgebaut. Spitz an der Donau, Adammühle 23
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