Digitale Revolution Ist Change Management mutig genug für die Zukunft? - Capgemini
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Nachhaltig Inhalt Viral Vernetzt Changeability Vorwort 3 Ziele, Vorgehensweise und Teilnehmer 5 I. Einführung 9 II. Methodik, Tools und Einstellungen im Change Management Design Thinking 19 Exkurs: Design thinking 30 III. Führung in Veränderungssituationen 33 Unsicherheit IV. Digitale Revolution – Potenziale sozialer Medien 43 Transformation Quo Vadis V. Change Management 2021 – aus Sicht der Studienteilnehmer 53 VI. Ausblick Change Management – Mutig genug für die Zukunft? 59 Literaturverzeichnis Chancen 64 Zukunft Digital Erfolg Sinn Vision Ziele Motivation Virtuelle Teams Agil
Welt im Wandel – 10 Jahre Capgemini Consulting Change Studie Vor nahezu 10 Jahren veröffentlichte Capgemini Consul- §§ Wie können wir unsere Kunden bei dem Weg in das ting die erste Studie zum Change Management. Diese Enterprise 2.0 begleiten? zehn Jahre können – zumindest im Rückblick – problem- §§ Und welche Erwartungen haben Entscheider an Change los unter das Paradigma des permanenten Wandels ge- Management? stellt werden. Seit Beginn des neuen Jahrtausend haben in Wirtschaft und Gesellschaft profunde Veränderungen Diese Leitfragen haben uns bei der Bewertung der aktuel- stattgefunden. Als Ikone dieses Wandels mag ein Unter- len Studienergebnisse bewegt. Mit der vorliegenden Studie nehmen wie Apple gelten, das in diesem Zeitraum einen „Change Management 2012“ von Capgemini Consulting neuen Markt geschaffen und die über Jahrzehnte gewach- bieten wir eine weitere Momentaufnahme zur Entwick- senen Machtverhältnisse in der Computerindustrie neu lung von Change Management, basierend auf qualitativen definiert hat. Digitalisierung und mobiles Internet haben und quantitativen Daten in großen deutschen, österreichi- Unternehmen durchlässiger gemacht, Netzwerke und schen und schweizerischen Organisationen. Communities ins Zentrum von Innovation gerückt und neue, hocheffektive Liefer- und Kommunikationswege zu Zusätzlich haben wir den Ergebnissen in diesem Jahr ein Kunden eröffnet. Mit dem Siegeszug sozialer Medien ist Kapitel vorangestellt, das die großen Veränderungsbewe- die Transformation hin zu neuen Organisationsmodellen, gungen skizziert und aufzeigt, welche Anforderungen sich zum Enterprise 2.0, geebnet. daraus für ein zukunftsfähiges Change Management ergeben. Täglich erscheinen neue Artikel, mehr oder weniger ge- wichtige Wortmeldungen, die das, was temporeich an Mit der fünften Studie haben wir – ganz im Geiste des Neuem geschieht, einordnen, weiterdenken und bewerten. neuen vernetzten Arbeitens – selbst einen Paradigmen- Bei aller Meinungsvielfalt scheint es auch Einigkeit zu wechsel vollzogen. Die Studie wurde von einem Berater- geben. Einigkeit darüber, dass wir Zeitzeugen eines fun- team entworfen, durchgeführt und geschrieben. damentalen Wandels sind. Von der Erfindung des Buch- drucks bis hin zur industriellen Revolution werden Ver- Darüber hinaus haben wir die Umfrage selbst komplett gleiche herangezogen, die uns helfen sollen, Umfang und online gestellt und soziale Netzwerke genutzt, um Teil- Potenzial einzuordnen. nehmer zu gewinnen. Mit rund 150 Teilnehmern mehr- heitlich aus dem deutschsprachigen Raum können wir Wenn also Change Management nur im Ansatz hält, was also auch dieses Mal wieder eine solide Rückmeldung zum der Name verspricht, ist diese Disziplin aktueller denn je Stand von Change Management geben. und für Unternehmen jedweder Größe von strategischer Bedeutung. Und genau das bestätigt unsere Studie. Change Wir freuen uns, wenn diese Studie einen inspirierenden Management hat sich in den vergangenen 10 Jahren von einer Beitrag zum Polylog darüber ist, wie Veränderung erfolg- Randdisziplin ins strategische Zentrum von Unternehmen reich gelingt. Und wir freuen uns auf den Dialog mit vorgearbeitet. In vielen Organisationen ist es inzwischen gute unseren Kunden, Kollegen und allen Mitgestaltern einer Praxis, bei größeren Projekten und Veränderungsvorhaben modernen Veränderungskultur. die Change-Experten ganz selbstverständlich mit ins Boot zu holen. Imke Keicher sowie Dr. Ursula Bohn (Studienleiterin) und das Team der Capgemini Change Studie 2012: Umso wichtiger ist es, dass sich gerade jetzt die Verände- rungsprofis fragen: Torsten Anke, Claudia Crummenerl, Bettina Gerhard, §§Wie muss das Change Management der Zukunft Nadja Mergenthal aussehen, um mit diesen Veränderungen Schritt zu halten? §§ Welche neuen Wege und Chancen eröffnet die digitale Transformation für Change Management? Change Management Studie 2012 3
Ziele, Vorgehensweise und Teilnehmer Die vorliegende Studie mit Analysen §§ Dimensionen und Erfolgsfaktoren Die Datenbasis bilden 131 Online- aus 2011/12 ist eine Aktualisierung im Change Management Teilnehmer und 21 qualitative Inter- und Weiterentwicklung unserer vier §§ Digitale Transformation im Change views mit Unternehmensvertretern umfänglichen Analysen aus den Management (neu) unter anderem aus den Branchen Jahren 2003, 2005, 2008 und 2010. Chemie/Life Science, Telekommuni- Einige Aspekte wurden vertieft oder §§ Strukturen, Ressourcen und kation, High-Tech/IT, Metallindustrie, sogar erweitert, andere Themen – bei Budgets des Change Managements Beratung, Transport/Logistik und denen keine veränderten Ergebnisse §§ Nutzenmessung im Change Automotive. In den Interviews konn- zu erwarten waren – ersatzlos gestri- Management ten wir die Erkenntnisse aus der chen. Wir haben diesmal Fragen §§ Bedeutung von Change Manage- quantitativen Erhebung mit unseren nachgeschärft und aktualisiert. Viele ment Gesprächspartnern vertiefen. Dieser Fragestellungen wurden aber beibe- breite Austausch hat sehr zur Schär- halten, um über die Zeit hinweg Eckdaten: Wen haben wir fung der Erkenntnisse beigetragen. einen Vergleich vornehmen zu befragt? können. Aufgrund der offeneren Ansprache Die Studie hat eine vergleichbare der Befragungsteilnehmer im Netz ist Im Zentrum stehen diesmal folgende Vorgehensweise wie ihre Vorgänger. eine Rücklaufquote nicht mehr genau Themen: Sie basiert auf einer Befragung von zu ermitteln. Von einer Rücklaufquo- §§ Anlässe von Change Management Führungskräften und Change Ma- te um die 10 Prozent kann allerdings nagement Experten aus deutschen, durch die Rückläufe aus der direkten §§ Führung bei Veränderungsprozessen österreichischen und schweizeri- Ansprache in etwa ausgegangen §§ Bedeutung der persönlichen schen Unternehmen im Winter werden. Für einen nach wie vor recht Einstellung (neu) 2011/2012. In Deutschland wurden komplexen und langen Fragebogen §§ Maßnahmen, Modelle und hauptsächlich Manager und Exper- ist das noch immer ein sehr zufrie- Charakterisierungen des Change ten aus Großunternehmen kontak- denstellendes Ergebnis. Managements tiert, in Österreich und der Schweiz zudem auch Führungskräfte größe- rer mittelständischer Unternehmen. Abb. 01 Zwei Drittel der befragten Unternehmen haben ihren Stammsitz in Deutschland, gefolgt von Schweiz und Nordamerika Stammsitz des Unternehmens 4 7 4 1 Deutschland Österreich Schweiz 19 Sonstige Länder in Mitteleuropa UK/Irland/Skandinavien Nordamerika 63 Andere 2 Angaben in % © 2012 Capgemini Consulting Change Management Studie 2012 5
Abb. 02 Umsatz der Unternehmen Abb. 03 Mitarbeiter der Unternehmen Struktur der analysierten (in Mio. Euro) Unternehmen Die analysierten Unternehmen reprä- 10 14 5 sentieren die gesamte Bandbreite der 3 deutschsprachigen Wirtschaft. Fast 35 13 zwei Drittel der Befragten (63 Pro- 7 50 zent) kommen aus Unternehmen mit deutscher Muttergesellschaft. Knapp 18 ein Fünftel (19 Prozent) arbeitet in 16 9 Unternehmen mit schweizerischem 7 Headquarter bzw. in einer österrei- 13 chischen Zentrale (2 Prozent). Die verbleibenden Teilnehmer (16 Pro- < 100 1.001-5.000 < 1.000 15.001-30.000 101-250 5.001-10.000 1.001-5.000 30.001-50.000 zent) sind für Unternehmen mit 251-500 501-1.000 > 10.000 5.001-15.000 > 50.000 andernorts beheimateter Mutterge- Angaben in % © 2012 Capgemini Consulting Angaben in % © 2012 Capgemini Consulting sellschaft tätig, hier vor allem in Nordamerika (7 Prozent) (vgl. Abb.1). Abb. 04 Branche der Unternehmen Im Fokus stehen somit große mittel- ständische Unternehmen bis sehr große Konzerne. Mittlere oder gar Chemie/Pharma/Life Sciences 14.5 kleine mittelständische Unterneh- Telekommunikation 13.0 men mit einem Umsatz unter 100 Elektronik/HighTech/IT/Software 10.7 Millionen Euro bzw. weniger als Automotive 8.4 1.000 Mitarbeitern sind weniger Versicherung 6.9 stark vertreten. Die Verteilungen Banken 6.9 entlang des Umsatzes und der Mitar- beiterzahl haben sich gegenüber den Energie/Versorger 6.1 Vorstudien zugunsten der großen Dienstleistung 5.3 Unternehmen leicht verschoben (vgl. 5.3 Beratung/Consulting Abb.2&3). Über 70 Prozent der Transport/Logistik 5.3 Unternehmen haben einen Umsatz Andere 4.6 von 1.000 Mio. Euro und mehr, über Handel 3.8 50 Prozent 15.000 und mehr Metallindustrie/Maschinenbau 3.1 Mitarbeiter. Medien 2.3 Konsumgüter 2.3 Bei der Verteilung der Unternehmen nach Branchen haben wir dieses Mal Öffentliche Verwaltung 1.5 nach 15 Branchenclustern differen- 0 2 4 6 8 10 12 14 16 ziert und zwei neue Kategorien Angaben in % © 2012 Capgemini Consulting („Dienstleistung“ und „Beratung/ Consulting“) aufgenommen (vgl. Abb.4). Dieses Jahr sind die Bran- chen „Telekommunikation“ (13 Pro- zent), „Elektronik/High-Tech/IT/ Software“ (11 Prozent) sowie „Automo- tive“ (8 Prozent) stärker vertreten als in den Vorjahren. 6
Struktur der befragten charakterisiert werden. Mit ihr Unternehmen oder Forschung Ansprechpartner werden nicht die Einstellungen können auf Wunsch weitere statis- und Bewertungen von unterneh- tische Daten bei der Studienleite- Sieben Prozent der Befragten agieren mensinternen Change-Experten rin Dr. Ursula Bohn, C apgemini als Vorstand bzw. Geschäftsführer. oder externen Change-Beratern Consulting, angefragt werden Die Hälfte der Befragten gehört ent- analysiert, sondern die Einschät- (ursula.bohn@capgemini.com). weder als Direktor bzw. Hauptabtei- zungen von erfahrenen Entschei- lungsleiter der zweiten Führungsebe- dungsträgern, von Profis „an der ne an (22 Prozent) oder steht als Front“. Für Interessenten aus Abteilungsleiter/Gruppenleiter in der Verantwortung (31 Prozent). Knapp zehn Prozent der Befragten befassen Abb. 05 Funktion der Ansprechpartner im Unternehmen sich mit HR oder Change Manage- ment in leitender Funktion. Die ver- 1 3 Funktion bleibenden Antworten stammen 7 Vorstand/Geschäftsführer 5 entweder von Change Managern (17 4 Abteilungsleiter Prozent), Projektmanagern (10 Pro- Change Manager zent) oder blieben unspezifiziert (drei 10 Direktor/Hauptabteilungsleiter Prozent) (vgl. Abb.5). 31 Projektmanager/Projektleiter Leiter Change Management/ Organisationsentwicklung Bei der Analyse der organisatori- 22 Leitung HR/Personal, HR Manager schen Einbindung wird deutlich, Gruppenleiter dass zwei Drittel der Antworten aus 17 der Konzernmitte gegeben wurden (67 Prozent). Ein Viertel stammt aus einem der Unternehmensbereiche Angaben in % © 2012 Capgemini Consulting (24 Prozent) und nur sieben Prozent aus einem Beteiligungsunternehmen Abb. 06 Funktionsbereich im befragten Unternehmen (ohne Abbildung). 2 1 Mit Blick auf die funktionalen Wur- 3 zeln kommen sieben von acht ausge- Funktionsbereich 6 füllten Fragebögen von Managern in HR/Personal Querschnittsfunktionen, viele davon 9 Unternehmensentwicklung/ Organisationsentwicklung in der HR-Funktion (53 Prozent), Unternehmensleitung Unternehmens- und Organisations- 9 IT/Technologie 53 Stabsfunktion entwicklung (17 Prozent), IT/Tech- Sonstiges nologie (9 Prozent) oder sonstigen Finanzen/Controlling Stabsfunktionen (6 Prozent), Finan- 17 Produktion zen/Controlling (2 Prozent). Die übrigen Teilnehmer gehören entwe- der als Vorstand bzw. Geschäftsfüh- Angaben in % © 2012 Capgemini Consulting rer der Unternehmensleitung an (9 Prozent) oder sind im „Business“ aktiv (4 Prozent) (Abb. 6). Abb. 07 Die meisten Antworten basieren auf einer langjährigen Kenntnis der eigenen Organisation Die meisten Antworten basieren auf Im Unternehmen seit ... einer langjährigen Kenntnis der eige- < 1 Jahr 2 nen Organisation. Über die Hälfte der 1-3 Jahren 21 Befragten (55 Prozent) weisen eine 4-6 Jahren 22 Unternehmenserfahrung von sieben Jahren und mehr auf (vgl. Abb.7). 7-10 Jahren 18 > 10 Jahre 37 Damit kann die neue Studie wie 0 10 20 30 40 Angaben in % © 2012 Capgemini Consulting bereits ihre vier Vorgängerinnen auch mit Blick auf die Strukturen der Teilnehmer als repräsentativ Change Management Studie 2012 7
I. Einführung Schlüsseltrends und ihre Auswirkungen auf Change Zukunftsfähiges Change Manage- Es sind: welche Anforderungen sich aus ment muss die gesellschaftlichen §§Digitale Transformation dieser Perspektive an Change Ma- und wirtschaftlichen Herausforde- §§Fluide Organisationen nagement ergeben. rungen im Blick haben. Deshalb startet diese Change Studie mit §§Wissensgesellschaft und demogra- 1. Digitale Transformation einem Exkurs zu den wichtigsten fischer Wandel Digitale Technologien und ihre un- Megatrends. Ein globales Experten- §§Neue Balance: Produktivität und begrenzte Verfügbarkeit über das team bei Capgemini Consulting hat soziale Anforderungen mobile Internet verändern Unterneh- vier Schlüsseltrends für die Funktio- men fundamental. Sie machen opera- nen in Unternehmen identifiziert, Diese Trends sollen den Kontext tive Prozesse wie Lieferketten schnel- die sich mit dem Human Asset unserer Studie bilden. Vor allem ler, effizienter und kostengünstiger. beschäftigen. wollen wir zunächst definieren, Abb. 08 In der letzten Dekade haben insbesondere die fortschreitenden technischen Möglichkeiten die Trends bestimmt Facebook populärstes Launch yammer Elektronischer Netzwerk in D Gründung skype Lohnsteuerbescheinigungen Personalausweis elektronisch übermittelt 25 Milliarden Gründung Downloads Digitale Gründung Launch iPad im App-Store XING Gründung Klout Score Transformation twitter Apple wertvollste Marke Launch iPod Gründung facebook Launch iPhone der Welt (153 Mrd. $) Google Gründung Google maps Gründung Begriff „Crowd- Gründung MINT-Initiative Wissens- weltweit größte Wikipedia online Wiki-Leaks sourcing“ geprägt gesellschaft Suchmaschine Google Street View Gesetz zu Rechten eingeführt in D des geistigen Eigentums +100.000 Gründung Wegfall zeitliche Beschränkung Umsatz Cloud Leiharbeiter InnoCentive Überlassungsdauer von Charta der Einheitliche 9,5 Mio. Dropbox geht Computing in D (ggü. 2010) Unternehmen Angestellten bei Zeitarbeits- Vielfalt ins EU-Roaming- Mobile online 1,9 Mrd. Euro ohne Grenzen firmen Leben gerufen vorschriften Computer 1. Diversity verkauft Preis (+16% verliehen Gründung Elance ggü. VJ) Work-Life-Balance EU erstellt Grünbuch Einführung Elterngeld Charta für familien- Einführung Produktivität als Schlagwort in bewusste Arbeitszeiten und soziale zu CSR (inkl. Vätermonate) Familienpflege- der Presse zeitgesetz Normen Diskussion um Corporate Governance Kodex Frauenquote Erste Great Place to Work- Rente mit 67 Niedrigste Geburtenzahl Fachkräftekonzept Demografische Frauen zur Bundeswehr Auszeichnung in D Mehr Veränderung beschlossen in D nach II. Weltkrieg gegen Fachkräfte- zugelassen Lehrstellen als und Personali- Bewerber mangel verabschiedet sierungsparadoxon Entwicklung DAX 2000 2005 2010 heute © 2012 Capgemini Consulting Change Management Studie 2012 9
Apples herausragenden Erfolg führen haben 60 Prozent der Kunden ersten Anwendungen in unserem Arbeiten Experten nicht nur auf die Innovati- Kontakt über virtuelle Plattformen. und Wirtschaften Einzug gehalten onskraft und emotionale Strahlkraft Modeschauen werden live gestreamt haben. Xing wurde 2003 gegründet, der Produkte zurück, sondern eben- und nicht nur im Online Store, son- wenige Monate später, im Februar falls auf eine komplett digitalisierte dern auch in die Retail Stores über- 2004, startete Facebook, ein Unter- Lieferkette. So wundert es nicht, dass tragen – per iPad können Kunden nehmen, das mittlerweile auf einen ausgerechnet der ehemalige COO sofort die neuen Outfits ordern. Wie Börsenwert von 50 bis 100 Milliar- Tim Cook im letzten August der Daten für Kunden und Unternehmen den Dollar geschätzt wird.2 Das Nachfolger von Steve Jobs wurde. Er morgen wertschöpfend eingesetzt Unternehmen, das zu Recht für sich war derjenige, der Apples Supply werden, beschreibt Angela Ahrendts, beanspruchen kann, Taktgeber für Chain in eine der am besten organi- seit 2006 CEO, folgendermaßen: die Digitalisierung außerhalb der sierten der Welt verwandelte – mit Wenn Sie morgens aus dem Flugzeug Unternehmen zu sein, ist Apple. Es erstaunlich kurzen Durchlaufzeiten aussteigen und es regnet, bekommen dauerte nur knapp 10 Jahre vom von der Entwicklung bis zur Sie automatisch eine Nachricht auf Launch des ersten iPod 2001 über Massenproduktion. Ihr Smartphone mit einem Hinweis das iPhone 2007 und das iPad 2010, auf den nächsten Burberry Store und um aus einem begabten, kreativen Wenn Unternehmen im Back End sein aktuelles Sortiment an Nischenplayer die wertvollste Marke digitalisieren, spüren das auch die Regenmänteln.1 der Welt zu machen.3 Kunden: Schnelligkeit, Zuverlässig- keit, komfortable Zugänge. Vor allem Digital definiert das Verhältnis zwi- Die digitale Transformation ist in aber ermöglicht „digital“ völlig neue schen Kunden und Unternehmen auf vollem Gange, 78 Prozent der Senior Interaktionserlebnisse mit Kunden. vielfältige Weise neu. Der Konsu- Executives erkennen laut einer For- Burberry, ein Traditionsunterneh- ment wird zum Mitgestalter, zum rester-Studie aus dem Jahr 2011 die men, das in den vergangenen Jahren Prosument. Ganz gleich, ob er sich Bedeutung von Social Media für den mit Digitalisierung einen beeindru- im Netz sein Produkt konfiguriert zukünftigen Geschäftserfolg. Doch ckenden Turnaround schaffte, ver- oder gleich mit an Produktinnovatio- lediglich bei 27 Prozent schafft es folgte konsequent die Strategie, in nen arbeitet, wie Lego oder Unilever, das Thema auf die Liste der strategi- allen Touchpoints, ob im Retail IBM oder Procter & Gamble das schen Top-Themen.4 Store, auf Facebook oder im Online bereits seit Jahren sehr erfolgreich Store, den Kunden vergleichbare vorleben. Darüber hinaus schaffen Fast verdoppelt hingegen hat sich die emotionale Markenerlebnisse zu soziale Netzwerke innerhalb und Nutzung von Social-Media-Seiten ermöglichen. Im Luxury-Segment außerhalb von Unternehmen Com- unter Senior Executives und Ent- munities, in denen sich Informatio- scheidern in Europa. Was allerdings nen, Meinungen oder ganz konkrete nicht davon ablenken sollte, dass 58 1 Vgl. Ahrendts 2012: 14 Hilfe bei Anwendungsproblemen per Prozent der Entscheider Social Media 2 Vgl. Knop 2012 Mausklick weiterverbreiten. Über generell nicht in einem positiven 3 Das jedenfalls haben die Marktforscher Ländergrenzen und Zeitzonen hin- Licht sehen.5 von Millward Brown ermittelt. 153,285 Milliarden Dollar ist die Marke Apple wert, weg kommunizieren Menschen, die ermittelten die britischen sich niemals physisch begegnet sind, Die digitale Transformation präsen- Marketingexperten. Damit hatte der miteinander in Videocalls, arbeiten tiert sich also als umfassende Verän- Computerkonzern den Wert seiner Marke binnen Jahresfrist um 84 Prozent an gemeinsamen Aufgaben und derungsbewegung in Wirtschaft und gesteigert und den viermaligen treiben globale Projekte voran. Sie Gesellschaft. Die Reaktionen auf die Spitzenreiter Google (111,498 Milliarden teilen Wissen auf Sharepoints, in neuen technologischen Möglichkei- Dollar) auf Platz zwei verdrängt. Vgl. Millward Brown 2011: 12 Wikis oder Foren und lernen ge- ten, allen voran auf die sozialen meinsam in Webinaren. Medien, sind gespalten, sie changie- 4 Vgl. Capgemini Consulting 2012: „Digital Transformation Review”, 35 ren zwischen Heilserwartung und 5 ibid Unsere Infografik (Abb. 8) zeigt totaler Ablehnung. In diesem Feld beeindruckend, mit welcher Ge- ergeben sich für Change Manage- schwindigkeit digitale Technologien ment völlig neue Herausforderungen und allem voran Social-Media- und Chancen. 10
Digital Transformation und §§Change goes digital: Täuschen wir Zukunftsforscher schnell verständigt. Change – unsere Prognosen: uns nicht, digitale Transformation Aber was bedeutet das? Im Zuge von §§Return on Investment sicherstellen: ist nicht einfach ein weiteres The- Globalisierung und umfassenden Die Investitionen, die Unterneh- ma wie beispielsweise Restruktu- Reengineering-Aktivitäten der ver- men in den kommenden Jahren rierungen oder Profitabilitätspro- gangenen 10 Jahre haben sich Unter- tätigen werden, um im Wettlauf jekte, die mit den bewährten nehmensstrukturen stark verändert. um Kostenvorteile, Geschwindig- Methoden und Prozessen des Die Trendwende von der vertikalen keit, neue Businessmodelle sowie Change Managements bewältigt zur virtuellen Integration ist längst zeitgemäße „Customer Experien- werden können. Die digitale Trans- eingeleitet und mit ihr das Aufkom- ces“ nicht den Anschluss zu formation verändert die Erwartun- men von „Extended Enterprises“. verlieren, sind immens. Der Return gen der Kunden, erhöht die Extended Enterprises präsentieren on Investment ist aber nur gesi- Schnelligkeit und etabliert neue sich als netzwerkartige Strukturen chert, wenn die Mitarbeiter die Muster der Zusammenarbeit. Es aus unternehmenseigenen Funktio- Anwendungen sinnvoll nutzen und hat sich der Begriff Change 2.0 nen, Zulieferern, Entwicklungspart- sich allmählich eine digitale Kultur geprägt, um deutlich zu machen, nern und häufig auch Kunden mit entwickelt. dass Change Management konkret vielfältigen Schnittstellen ohne direk- gefordert ist, selbst neue Wege zu ten Managementeinfluss, als „Team of Eine der Hauptaufgaben für gehen. Erfolgreiche Change-Berater Teams“. Folgende Kernstruktur kön- Change in den kommenden Jahren von morgen brauchen digitale nen wir heute bereits in Ansätzen besteht darin, Unternehmen beim Skills, Verständnis für die gerade beobachten: Stammmannschaften Weg in das Enterprise 2.0 zu entstehende Arbeitskultur, um werden kleiner, externe Spezialisten begleiten und sicherzustellen, dass optimal ausgerüstete Begleiter auf werden zur Projektarbeit hinzugeholt, die getätigten Investitionen in dem Weg ins Enterprise 2.0 zu ganze Servicebereiche IT und HR Technologien einen adäquaten sein. werden als Shared Services ausgela- Return on Investment verzeichnen. gert, Atmungsaktivität und kontinu- Das bedeutet konkret: Nutzungs- 2. Fluide Organisationen – ierlich niedrige Fixkosten werden hürden abbauen, neue Formen der Unternehmen ohne Grenzen durch befristete Mitarbeiter digital gestützten Zusammenarbeit gewährleistet. Unternehmensgrenzen werden flie- etablieren und die großen Reselling- ßender. Auf diese Aussage haben sich Aufgaben begleiten. Change Management Studie 2012 11
IBM, ein Unternehmen, das in der Prozent der Arbeitsabläufe projekt- bislang verschlossenen, globalen Vergangenheit immer wieder gezeigt wirtschaftlich organisiert sind – Pro- Talentpool zu gewinnen, Wettbe- hat, dass es radikal auf neue Trends gnose Zunahme um 20 Prozent. werbsvorteile zu sichern und die setzt, macht mit dem Projekt „Li- Innovationsgeschwindigkeit zu quid“ vor, wie sich Unternehmen Noch spielen virtuelle Mitarbeiter, wie erhöhen.9 zukünftig aufstellen, um maximale sie auf Elance, Get Freelance oder Flexibilität und optimalen Zugriff auf Crowdspring anzutreffen sind, in den Auch für die Beschäftigten ver- Ressourcen zu gewährleisten. Der Workforce-Plänen der Unternehmen schwimmen die Grenzen zwischen Konzern werde künftig Kundenpro- oder bei der Projektarbeit keine be- Arbeit und Freizeit zunehmend, dank jekte stärker extern ausschreiben. deutende Rolle. Doch der Trend ist des mobilen Internets verliert die Mit dem Know-how von Fremdfir- auch hier eindeutig. Die Projekt- und Arbeit ihren angestammten Platz im men könne man sich besser an die Freelancer-Plattform Elance beispiels- Büro und wird von unterwegs, von zu rasante technologische Entwicklung weise verzeichnet seit Gründung 1999 Hause oder gerne auch mal vom und die wechselnden Kundenbedürf- deutliche Zuwachsraten und konnte Urlaubsdomizil aus erledigt. So groß nisse anpassen, zitiert das Handels- 2011 mit 650.000 Aufträgen einen ist da der Schritt zur Aufhebung der blatt Insider.6 Solche Projekte sollen Gewinn von 156 Mio. Dollar auswei- Regelarbeitszeit wie das von der Elek- dann zukünftig auf Internetplattfor- sen. Ähnlich überzeugend ist die tronikkette Best Buy erfolgreich einge- men ausgeschrieben werden, wo sich Entwicklung von Innocentive, einer führte Modell ROWE (Results Only auch die ehemals fest angestellten globalen Plattform, die ungelöste Work Environment)10 oder zu unbe- IT-Entwickler bewerben können. Fragestellungen und Innovationsvor- grenzten Urlaubstagen, wie von Net Fazit: Nicht die Arbeit verschwindet, haben aus allen Bereichen mit poten- flix11 offiziell und bei IBM de facto wohl aber die bisherige Form des ziellen Problemlösern rund um den gelebt, gar nicht. Diese Modelle, festen Arbeitsplatzes. Insider berich- Globus verbindet. Open Innovation mögen sie auch noch singulär und ten über eine geplante Reduktion der ist mehr als eine Antwort auf ungelös- nicht auf alle Arbeitsbereiche über- deutschen Belegschaft auf 12.000 te Innovationsprobleme. Es geht vor tragbar sein, zeigen dennoch, wie sehr Stellen (von 20.000 Stellen).7 allem auch darum, Zugang zu einem die Grenzen zwischen Arbeit und Die Arbeitsmarktdaten spiegeln die- sen Trend zu hoher Flexibilität und stärkerer Ausdifferenzierung. Wäh- rend seit 1996 der Anteil der unbe- fristeten, voll sozialversicherungs- pflichtigen Arbeitsverhältnisse um 7 Prozent zurückging, stieg im gleichen Zeitraum die Zahl der „atypischen“ Arbeitsverhältnisse um 53 Prozent. Darunter fallen nicht nur Minijobber und Zeitarbeitnehmer, sondern auch hochbezahlte selbstständige Spezia- listen.8 2010 ermittelte eine Studie des IBE (Institut für Beschäftigung und Employability), dass bereits 37 6 Vgl. Koenen: 2012 7 ibid. 8 Vgl. Dettmer et al. 2010 9 Vgl. InnoCentive 2012: 5 10 www.gorowe.com/know-rowe/ what-is-rowe/ 11 Vgl. Pink 2010 12
Leben verschwimmen und wie in der machen. Hier gilt es von erfolgrei- ist tragbar. Sie kann überall geschaf- nachindustriellen Arbeitswelt Eigen- chen Ansätzen außerhalb des fen werden, schnell und billig“.14 Im verantwortung und Selbstmanage- eigenen Methodensets zu lernen, digitalen Zeitalter ist die permanente ment der Mitarbeiter deutlich zuneh- allen voran von „Design Thinking“. Verfügbarkeit von Wissen allerdings men müssen. §§Neue Strukturen erfordern neue bereits eine Selbstverständlichkeit. Führungsfähigkeiten. Netzwerke Zeitgenössische Experten stellen Unternehmen ohne Grenzen und und fluide Strukturen wollen deshalb andere Kriterien ins Zentrum Change – unsere Prognosen: anders geführt werden als traditio- von „Knowledge Work“: Neuigkeit §§Think global, act local. Verände- nelle, mit direktem Zugriff auf die und Komplexität der zu bewältigen- rungsprojekte finden zunehmend im Beteiligten. Change Management den Aufgaben sowie unterschiedlich internationalen Kontext statt. ist zunehmend gefragt, Führungs- hohe Grade an Autonomie bei Gestal- Change Management muss daher in kräfte dabei zu unterstützen, tung derselben.15 In der Wissensge- der Lage sein, kultur- und nationali- adäquate neue Vorgehensweisen zu sellschaft geht es daher nicht mehr tätenübergreifend zu steuern, zu entwickeln, um Steuerung und primär um den Zugriff von Wissen, lernen und zu handeln. Das Einfluss bei abnehmender hierar- sondern um seine Aktualität und die bedeutet: Zugriff auf ein globales chischer Macht und schwindender Fähigkeit der Wissensarbeiter, es Netzwerk an hochkarätigen Change- physischer Präsenz zu verwirklichen. effizient und effektiv einzusetzen, Experten, die in der Landeskultur Verbesserungen oder Innovation verhaftet sind und gleichzeitig auf §§Agile Change. Agile Organisationen damit zu schaffen. globaler Ebene agieren können. werden zunehmend auch agile Change-Architekturen benötigen. §§Von „Managing Diversity“ zu Change Management ist gut bera- „Diversity DNA”. Die große ten, sich von neuen Projektmetho- Veränderungs- und Implementie- den wie beispielsweise „Scrum“, das rungskraft, die Diversity-Strukturen in der Softwareentwicklung ent- bieten, muss sich auch Change standen ist, inspirieren zu lassen. Management konsequent zunutze 3. Wissensgesellschaft und demografischer Wandel Ein Blick auf die Bildungsstatistiken, national und international, zeigt: Wir sind längst angekommen in der Wis- 12 www.oecd.org/document/59/0,3343, sensgesellschaft. Jährlich steigt die de_34968570_35008930_45925307_1_1_1 _1,00.html Quote der Hochschulabsolventen seit 1998 in Deutschland um 0,9 Prozent. 13 Wissensarbeiter (engl. „Knowledge Worker“) ist ein Begriff, der 1957 von Peter Der Einkommensvorsprung von Drucker in seinem Buch „The Landmarks of Hochschulabsolventen gegenüber Tomorrow“ in die Literatur eingeführt wurde. Erwerbstätigen, die nur eine Berufs- Er bezeichnet in seiner ursprünglichen Bedeutung diejenigen Arbeiter, die nicht für ausbildung haben, ist signifikant und ihre körperliche Arbeit und manuellen steigt weiter, von 62 Prozent (2007) Fähigkeiten bezahlt werden, sondern für die auf 67 Prozent (2008).12 Die Investition Anwendung ihres erworbenen Wissens, vgl. Drucker 2004: xvii in Bildung lohnt sich, weil sich Wis- sen zum wichtigsten Asset unserer 14 Bilen 2010: 1 Wirtschaft entwickelt hat. 15 Beispiel für die Einteilung verschiedener Typen von Wissensarbeit: Dieter Spath (Hrsg.), Jörg Kelter, Stefan Rief, Wilhelm Vorhergesagt wurde die Ablösung Bauer, Udo-Ernst Haner, OFFICE21®- der Industriearbeit durch die Wis- STUDIE, INFORMATION WORK 2009, Über die Potenziale von Informations- und sensarbeit erstmals 1957 von Peter Kommunikationstechnologien bei Büro- Drucker.13 Sie sei „an kein Land und Wissensarbeit, Fraunhofer IAO, gebunden. Sie ist transnational. Sie Stuttgart Change Management Studie 2012 13
Die MINT-Initiative, 2008 von der Fähigkeit, zu „entlernen“ und sich deutschen Bundesregierung ins neues Wissen anzueignen, Wissen Leben gerufen, will den Zustrom von aus verschiedensten Bereichen zu Absolventen in naturwissenschaftli- verknüpfen, mit dem hohen Verände- che, ingenieurtechnische und mathe- rungstempo Schritt halten zu kön- matische Fächer steigern. Sie versteht nen, die neuen Tools aktiv zu nutzen sich damit als handfester Beitrag zur sowie eigenen Denkmustern und Standortsicherung im Wissenszeital- Glaubenssätzen auf die Spur zu ter. Aus Unternehmenssicht sind die kommen. Fachwissen kann man Qualifikationen von Absolventen lernen, Einstellungen und Verhalten allerdings nur ein Teil der Herausfor- zu verändern, ist wesentlich an- derung. Unter dem Stichwort „sin- spruchsvoller und zeitintensiver. kende Halbwertzeit von Wissen“ Deshalb empfehlen die Stockholmer wird häufig die Tatsache beschrie- Wirtschaftswissenschaftler Kjell ben, dass vor allem in technologi- Nordström und Jonas Ridderstale in schen Bereichen einmal Gelerntes ihrem Bestseller „Funky Business“ rapide an Wert verliert. Schätzungen als Rekrutierungsstrategie der Zu- gehen davon aus, dass in der IT kunft provokativ, aber angemessen: Anwendungswissen bereits nach ein „hire for attitude – train for skills“. bis zwei Jahren veraltet ist. Um die Auch Unternehmen, die diesen Rat Forderung nach lebenslangem Ler- für etwas zu extrem halten, werden nen nicht nur auf Unternehmen sich in den kommenden Jahren mehr abzuwälzen, werden mittlerweile von mit Mindset- und Verhaltensaspek- einigen Hochschulen Anstrengungen ten ihrer Mitarbeiter beschäftigen. unternommen, einen zusätzlichen Ein gutes Beispiel für diesen Trend quartären Sektor der (Hochschul-) ist Behavioral Branding. Namhafte Bildung zu etablieren, der auf Men- Unternehmen arbeiten bereits heute schen zielt, die bereits 15 bis 20 Jahre daran, die Lücke zwischen Marken- Berufstätigkeit hinter sich haben und versprechen und Mitarbeiterverhal- mindestens noch eine solche Spanne ten zu verkleinern. Das ist in Zeiten vor sich. Mit einem Bachelor 40plus zunehmender Transparenz eine könnten sie beispielsweise die berufli- Investition in die Zukunftsfitness. chen Weichen noch einmal neu stel- len oder ihr Wissen zeitgemäß halten. Der demografische Wandel, genauer Ohne Zweifel werden Unternehmen die Verschiebung im Verhältnis von ihre Aus- und Weiterbildungsanstren- jüngeren zu älteren Bevölkerungs- gungen in den kommenden Jahren gruppen, wirkt in Europa, den USA erhöhen. und China wie ein Katalysator für die Herausforderungen der Wissens- Fachwissen ist aber nur ein strategi- ökonomie an eine Erneuerung der scher Aspekt. Damit das Fachwissen Fähigkeiten und Einstellung der in den kollaborativen Strukturen des Workforce. Bereits im Jahr 2015 wird Enterprise 2.0 wirksam werden in Deutschland mehr als jeder dritte kann, muss die innere Haltung, die Erwerbsfähige älter als 50 Jahre sein. Einstellung des Mitarbeiters zu den Die Gruppe der 50- bis 64-Jährigen neuen Herausforderungen und der wird die „Mittelalten“ (d. h. die 35- Unternehmenskultur, passen. Es bis 49-Jährigen) als stärkste Gruppe geht vor allem um die Bereitschaft, der Erwerbsbevölkerung längst abge- Wissen zu teilen und nicht länger als löst haben. Die Zahl der Erwerbsfä- Machtinstrument zu nutzen, um die higen im Alter über 50 Jahre wird 14
dann etwa doppelt so groß sein wie und Blended Learning, flexible Kompetenzerweiterung ohne die Zahl der 20- bis 29-jährigen, d. h. Arbeitszeitkonzepte und eine echte imaginäre Altersgrenzen. der „jungen“ Erwerbsfähigen. Die Lernkultur sind Bausteine für Hoch- §§Changeability: Weiterhin bleibt es Anhebung der Regelaltersgrenze bei leistungsunternehmen im ureigene Aufgabe von Change Ma- der Rente von 65 auf 67 ist ein erster Wissenszeitalter. nagement, die Veränderungsfähig- Schritt, diesen Umstand gesetzlich keit auf der strukturellen und indi- zu regulieren. Nach einer Prognose Wissensgesellschaft und Change – viduellen Ebene zu entwickeln. Nur des Bundesministeriums für Familie, unsere Prognosen: die breite Verankerung von Verän- Senioren, Frauen und Jugend werden §§Einstellungs- und Verhaltensände- derungsfähigkeit, vor allem auch bis 2030 5,5 Millionen Arbeitnehmer rung: Change Management wird bei Führungskräften, schafft die fehlen.16 stärker als in der Vergangenheit Voraussetzung dafür, dass Unter- gefordert sein, Einstellungs- sowie nehmen an Agilität gewinnen. Da- Die Schlüsselfrage aus Unterneh- Verhaltensveränderungen zu bei muss Changeability in Zukunft menssicht lautet: Wie können wir in ermöglichen, um nachhaltige mehr und mehr Themen wie Pers- diesem Kontext sicherstellen, dass Veränderungen zu erreichen. Dabei pektivenwechsel, Beobachtungsfä- unsere Mitarbeiter tatsächlich einen wird sich das Repertoire der Change- higkeit und Empathie, Verständnis zukunftsfähigen Mix an Capabilities Verantwortlichen, ob Change von viralen Effekten und die neues- besitzen, um die strategischen Ziele Manager oder Führungskräfte, im ten Erkenntnisse aus der Hirnfor- zu erreichen? Eines ist bei einem Blick Hinblick auf Mindset- und Verhal- schung über Motivation, Entschei- auf die Altersstruktur in Deutschland tensaspekte erweitern müssen. dungsfindung und Lernen klar: Kaum ein Unternehmen wird es §§Multigenerationale Ansätze: berücksichtigen. sich noch lange leisten können, Mitar- Zusätzlich werden zunehmend beiter 40 plus aus den Weiterentwick- Vorgehensweisen gefragt sein, die lungsaktivitäten auszuklammern. auch Altersaspekte und Generatio- 16 Prognos, „Arbeitslandschaft 2030“, im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Generationenübergreifendes Lernen nenzugehörigkeit mit berücksichti- Wirtschaft (12/2009), zitiert in www.beruf- und Mentoring, Karrieremuster an- gen wie beispielsweise generations- und-familie.de/system/cms/data/dl_data/ stelle von rein aufwärtsorientierten übergreifende Mentoring-Konzepte, a05c6dc0af76e173c8301b3b7cbb228d/ Familienbewusste__Arbeitszeiten.pdf Karrierewegen, Weiterbildungspausen Weiterbildungsangebote und Change Management Studie 2012 15
4. Neue Balance – Produktivität in Veränderungsbewegung. Das Prozent gestiegen, berichtete das und soziale Anforderungen Lewin’sche Change-Modell „Freeze Wissenschaftliche Institut der AOK. – Unfreeze – Freeze“, das einen defi- Allein mit Burn-out waren 2010 Im globalen Wettbewerb erhöht sich nierten Endzustand vorsieht, eine – hochgerechnet auf sämtliche ge- der Produktivitätsdruck. Akquisitio- deutliche Zielerreichung signalisiert setzlich versicherte Beschäftigte in nen, Merger und Divestments sorgen und damit einen neuen stabilen Zu- Deutschland – knapp 100.000 Ar- zusätzlich für anhaltend hohes Verän- stand, ist der Gleichzeitigkeit von beitnehmer krankgeschrieben.17 Der derungstempo. Seit 2003 fragen wir Veränderungsprojekten gewichen. Anteil psychischer Erkrankungen bei nach den Veränderungsanlässen und Vielfach sind Change-Vorhaben vor den Krankheitstagen hat sich nach beobachten dabei, dass unabhängig allem für Projektmitarbeiter noch gar Angaben des Bundesarbeitsministeri- davon, ob sich die Wirtschaft gerade nicht beendet, da startet bereits ein ums von 2001 bis 2010 mehr als in einer Krise befindet oder im Auf- neues Projekt. Rückgängige Gebur- verdoppelt (von 6,1 auf 13,1 Pro- schwung, konstant „Restrukturierun- tenraten und alternde Mannschaften zent).18 Die Kosten sind beachtlich, gen und Reorganisationen“ den ersten zwingen Unternehmen zusätzlich, insbesondere dann, wenn Top-Füh- Platz einnimmt. Die Veränderungsan- „mehr mit weniger Mitarbeitern“ zu rungskräfte betroffen sind, geht der lässe schwingen dynamisch im kon- erreichen. junkturellen Auf und Ab. Mal eher angetrieben von „positiven“ Auslösern Der stetige Anstieg der Arbeitsbelas- 17 www.presseportal.de/ wie Wachstumsinitiativen oder strate- tung, die sogenannte Arbeitsverdich- pm/32063/2029506/burnout-auf-dem- gischen Neuausrichtungen, vielfach vormarsch tung, schlägt sich mittlerweile deut- im Zeichen von Rightsizing und 18 Spiegel online, 30. April 2012, „Psychische lich in den Statistiken nieder. Seit Restrukturierung: Unternehmen sind Erkrankungen verursachen 54 Millionen 1999 sind die Fehltage aufgrund Fehltage“, www.spiegel.de/wirtschaft/ über die vergangenen 10 Jahre stark psychischer Erkrankungen um 80 soziales/0,1518,830519,00.html Abb. 09 Die „Top Five“ Veränderungsanlässe im Business Management schwingen im Rhythmus des konjunkturellen Auf und Ab — Keine Überraschungen in 2012 Top 5 Anlässe für Change Management im Zeitvergleich 2003 2005 2008 2010 2012 1 Externe Veränderungen 69 71 49 57 52 (z.B. neue Gesetze) Kostensenkungsprogramme/ Rightsizing 2 54 42 38 47 38 Mergers & Acquisitions/ Demerger Restrukturierung/ 3 Reorganisation 33 41 33 37 37 Veränderte Marktstrategie/ Kundenangang 4 Veränderte 31 37 32 35 37 Unternehmensstrategie Wachstumsinitiativen 5 30 30 32 25 36 Mehrfachantworten möglich; Angaben in % © 2012 Capgemini Consulting 16
Schaden schnell in die Millionen, so wichtigsten Führungseigenschaften §§Sinnfrage wird dringlicher: die Personalmanagement-Forscherin der kommenden Jahre.23 Da verwun- Gleichzeitig wird es immer Ruth Stock-Homburg von der TU dert es nicht, dass aktuell die Arbeit- schwieriger, die Sinnfrage bei Darmstadt. geberattraktivität von Unternehmen komplexen Change-Vorhaben zu des Financial-Services-Sektors gelit- ignorieren. Überall dort, wo Sinn Aber nicht allein der volkswirtschaft- ten hat.24 nicht auch für die betroffenen liche Schaden oder das spektakuläre Menschen vermittelt werden kann, Burn-out-Outing von Personen des Zeitgleich beobachten wir einen gro- wird es zunehmend schwierig, die öffentlichen Lebens bringen Themen ßen Zuwachs an Projekten und Initia- erforderlichen Mindset- und wie Work-Life-Balance und Gesund- tiven rund um den Globus, die sich Verhaltensveränderungen zu heit auf die strategische Agenda von der Lösung umfassender sozialer bewirken. Entscheidern. Auch das Werte-Set Probleme annehmen. Soziale Innova- §§Starke Belastung und zunehmen- der Generation Y zeigt eine sinkende tionen und ihre „Changemaker“, die des Veränderungstempo: Das Bereitschaft, sich für den Beruf ge- sozialen Entrepreneure, beeinflussen Ineinandergreifen verschiedener sundheitlich zu gefährden. Adäquate mit ihren Erfolgen bereits die Vorden- Change-Projekte und die damit (gelebte) Work-Life-Balance, Verein- ker der Business Schools. Stanford einhergehend. häufig hohe barkeit von Familie und Beruf, eine berichtet regelmäßig über die Projekte Arbeitsbelastung werden eine der starke Feedback-Kultur sowie die im „Stanford Social Innovation Re- größten Herausforderungen in den persönliche Weiterentwicklung im view“, und die Harvard Business kommenden Jahren bleiben. Job sind den Managern von morgen School bietet Social-Enterprise-Pro- mitunter wichtiger als finanzielle gramme an. Außerhalb der klassi- Kompensation. Außerdem im Fokus: schen Organisationen entstehen – in Vielfalt in Bezug auf die Belegschaft Stiftungen wie Naandi oder Ashoka und Arbeitsbedingungen.19 – angewandtes Change-Wissen und Fallstudien, die vor allem das stark Globale Wertschöpfungsketten erhö- vernetzte Vorgehen, die hohe Partizi- hen die Anforderungen an Unterneh- pation und die kompromisslose men noch von anderer Seite. Produk- „Purpose“-Orientierung verbindet.25 tivitätsfortschritte dürfen nicht auf Wir werden in den kommenden Kosten von Mensch und Umwelt Jahren beobachten, wie nicht nur die geschehen. Unternehmen stehen Grenzen zwischen Leben und Arbei- zunehmend in der Verantwortung, ten fließender werden, auch das die ethischen, sozialen, ökologischen Lernen zwischen Non-Profit- und und menschenrechtlichen Aspekte For-Profit-Organisationen wird dazu ihres Handelns im Blick zu haben, führen, dass das Innovationstempo das erwarten Verbraucher und andere im Change rapide zunimmt. Stakeholder.20 Die zunehmende globa- le Transparenz über die lokalen Aus- Neue Balance und Change – unsere wirkungen unternehmerischen Han- Prognosen: delns sorgt dafür, dass die reine §§Unternehmen lernen vom 19 Vgl. PwC 2011 Compliance mit lokalen Bestimmun- Non-Profit-Bereich: Unser Wissen 20 www.ruderfinnasia.com/files/csr-index- fmcg-and-auto-in-china-press-release. gen in vielen Fällen nicht mehr aus- und unser Erfahrungsschatz in pdf reicht, um den ethischen Maßstäben Bezug auf umfassende Verände- 21 ec.europa.eu/enterprise/policies/ der Verbraucher gerecht zu werden. rungen innerhalb und außerhalb sustainable-business/corporate-social- Seit Oktober 2011 fordert das auch von Unternehmen vergrößert sich responsibility/index_en.html eine neue EU-Richtlinie für CSR.21 gerade rapide, wir lernen vermehrt 22 Vgl. Barth/Graf Lambsdorff: 2009 Sozial verantwortliches Handeln und von gelungenem Change im 23 Vgl. IBM 2010, die wichtigsten Nachhaltigkeit gehören ebenfalls in Non-Profit-Bereich. Die Bedeutung Führungsskills der kommenden 3 Jahre den Wertekanon der Millenials22 und von partizipativen Strukturen wird 24 Vgl. PwC 2012 für CEOs zählen sie zu den im Change zunehmen. 25 Vgl. Schwartz 2012 Change Management Studie 2012 17
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II. Methodik, Tools und Einstellungen im Change Management Einstellungen im Change Management Nahezu alle Modelle komplexen Abb. 10 Change Management Experten sehen Veränderung eher positiv und gehen menschlichen Handelns zeigen den von einer emotionalen, intrinsischen Veränderungsmotivation aus Zusammenhang zwischen eigenen Welche der folgenden Aussagen charakterisiert Ihre Werten, Glaubenssätzen und dem persönliche Einstellung zu Change Management am ehesten? Nennungen „trifft voll und ganz zu“ und „trifft zu“ beobachtbaren Verhalten. Dabei gilt Veränderung bietet die Chance, Neues auszuprobieren 99.1 die Einstellung, also die innere Hal- Identifikation Im Prinzip ist das ganze Leben ein ständiger Veränderungsprozess 93.5 tung oder Neudeutsch der Mindset, Man muss die Herzen der Menschen berühren, damit sie sich 85.2 als Schlüssel zu unserem Tun. Des- verändern Die Bereitschaft zur Veränderung muss von innen kommen 73.8 halb soll hier unsere Reise starten. Die richtige Balance zwischen Alt und Neu ist bei Veränderungen 71.0 Genauer, mit der Frage nach den wichtig Veränderungen passieren parallel, der Übergang von Alt zu Neu 64.5 Glaubenssätzen, die unsere Studien- ist fließend Erst einmal müssen alte Gewohnheiten überwunden werden, um 63.8 teilnehmer in ihrem Change-Ansatz Veränderung zu erreichen Man muss den Menschen die Fakten vermitteln, damit sie sich 57.0 leiten, die wir erstmalig in diese Stu- verändern Veränderung gelingt nur durch gezielte Steuerung und Anleitung 51.4 die aufgenommen haben. Herausge- Veränderung gelingt nur mit Druck von außen kommen ist eine innere Landkarte 34.0 Distanzierung Veränderung ist zunächst bedrohlich von Glaubenssätzen des Wandels, 32.1 Man muss erst mit dem Alten abschließen, um etwas Neues beginnen die sich als durchweg konstruktiv zu können 20.6 Veränderungen regeln sich von selbst, man muss nur etwas und grundlegend positiv beschreiben Hilfestellung geben 12.3 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 lässt. Zusammengefasst lassen sich Angaben in % © 2012 Capgemini Consulting vier Kernaussagen ableiten: 1. Veränderung ist Normalzustand und bietet Chancen Die Studienteilnehmer identifizie- (57 Prozent Zustimmung), als rung sei nur mit Druck zu errei- ren sich nahezu einhellig mit vielmehr die Menschen emotional zu chen (34 Prozent Zustimmung). jenen Aussagen, die den konstruk- erreichen (ihre Herzen zu berühren) Lange Zeit wurden Change-Seminare tiven Charakter von Veränderung und für den Wandel zu begeistern damit eingeleitet, zu erklären, warum betonen (vgl. Abb.10): Nahezu alle (85 Prozent Zustimmung). Menschen Veränderungen nicht sehen Wandel als Chance, etwas 3. Steuerung ist erforderlich mögen, weshalb sie den Status quo Neues auszuprobieren (99 Prozent Immerhin noch gut die Hälfte der verteidigen und in Widerstand gehen. Zustimmung), und empfinden das Befragten findet außerdem, dass Die hier gemachten Aussagen etablie- ganze Leben als einzigen Verände- Veränderungen sich nicht von ren Change endgültig neutral als „Fact rungsprozess (94 Prozent Zustim- selbst regeln und ein gewisses Maß of Life“ und machen deutlich, wie mung). Nur 32 Prozent bewerten an Steuerung und Anleitung sehr Change von seinem Bedrohungs- Change als per se bedrohlich. benötigen (51 Prozent Zustim- potenzial eingebüßt hat. Man kann 2. Innere Bereitschaft und emotio- mung). Dass es dabei gemäß der darin eine Anpassungsleistung an die naler Aspekt zählen alten psychologischen Regel vielfältigen Transformationserfahrun- Drei Viertel der Befragten sind sich „endings before beginnings“ immer gen der vergangenen Jahre sehen. bewusst, dass Veränderung schwer strukturiert und sequenziell Darüber hinaus muss man allerdings von außen aufgezwungen werden zugehen muss, wird nur noch von noch einen weiteren Zusammenhang kann, wenn die innere Bereitschaft 20 Prozent der Befragten bejaht.26 herstellen, um diese Neubewertung nicht da ist (74 Prozent Zustim- 4. Druck ohne langfristigen Erfolg von Change einzuordnen: die Welt- mung). Für eine erfolgreiche Entsprechend dieser Überzeugung sicht der Millenials oder GenY. Veränderung kommt es weniger gehen die Befragten vergleichsweise darauf an, die Fakten zu vermitteln auf Distanz zur Aussage, Verände- 26 Vgl. Bridges 2009: 60–74 Change Management Studie 2012 19
Der Eintritt dieser Generation der Abb. 11 Bei Veränderungsprozessen spielen aus Sicht der Befragten Emotionen zwischen 1980 und 2000 Geborenen die zentrale Rolle in den Arbeitsmarkt wird gerne und zu Recht mit einem generellen Wer- Veränderungen berühren die emotionale, politische und rationale Dimension in einer Organisation gleichzeitig. Wie schätzen Sie diese drei Dimensionen tewandel in der Arbeitsgesellschaft hinsichtlich ihrer Bedeutung im Veränderungsprozess ein? verbunden. Die neue Generation hat neue Leitwerte und stellt andere Ansprüche an das Arbeitsleben als 23% etwa noch die Baby-Boomer oder Emotion GenX vor ihr: Ständige Weiterent- 49% Politik wicklung und hohe Feedback-Fre- Ratio quenz werden ebenso erwartet wie 28% ergebnisorientiertes Arbeiten in flexiblen Strukturen. Häufiger Wech- sel der Arbeitgeber wird vorausge- setzt. Hohe Gehälter rangieren auf Angaben in % © 2012 Capgemini Consulting den Prioritätslisten nicht in den oberen Rängen. Freundschaftliche Bindungen, Flexibilität, moderne Emotionen spielen heute eine (23 Prozent gegenüber 26 Prozent in Technologie sowie soziale Anerken- Hauptrolle – in der Theorie 2010). Das ist eine nahezu identische nung ihrer Leistung und der emotio- Verteilung wie bereits 2010.29 nale Wert ihrer Arbeit sind wichtiger Ohne die Vermittlung von Fakten geworden.27 und der Vorgehensweise fehlt es an Eine starke Betonung der emotiona- Orientierung, ohne Berücksichtigung len Dimension, die sich bereits in der Mit Blick auf die Millenials und die politischer Konstellationen können Studie 2010 deutlich zeigte, erweist Ergebnisse unserer Studie können Entscheidungen nur schwer durchge- sich demnach als konstant. Emotio- wir also von einer zunehmenden setzt werden. Ohne auf die Sorgen, nale Aspekte geraten nicht nur im Change-Affinität ausgehen.28 Wird es Ängste oder Erwartungen der Mitar- Change, sondern auch in vielen deshalb leichter, Wandel zu gestal- beiter einzugehen, erreicht man die anderen Aspekten des Wirtschaftens ten? Wohl kaum, Wandel ist und Menschen nicht und die Verände- weiter ins Zentrum. Durch neue bleibt ein anspruchsvolles Vorhaben. rungsziele können kaum verankert Forschungsfelder wie die Neuroöko- Gerade bei hoher genereller Akzep- werden. Jeder, der selbst Change nomik, Fairness- oder Kooperations- tanz des Wandels braucht Change verantwortet, erlebt täglich: Politi- forschung sowie Behavioral Econo- Management sich weniger damit zu sche, rationale wie auch emotionale mics findet eine Neubewertung im beschäftigen, Veränderungsbarrieren Aspekte entscheiden über Erfolg und Wirtschaftskontext statt. Das kommt abzubauen und kann sich mehr Misserfolg einer Veränderung – und zur rechten Zeit, denn Beziehungen darauf konzentrieren, Veränderungs- sie hängen untrennbar zusammen. sind eine wichtige Währung in der fähigkeit und den Veränderungswil- In unseren Change Studien fragen len möglichst gut zu nutzen. Schnelle, wir regelmäßig nach der Wichtigkeit breite Einbindungsmöglichkeiten dieser Dimensionen, wobei insge- 27 Vgl. PwC Studie: Millenials at work, 2011; sind dann umso mehr gefragt sowie samt 100 Prozentpunkte vergeben Cisco-Gen Y Study 2011; StudiVZ ein wirksames Management der werden können (vgl. Abb.11). Jugendumfrage 2010; static.pe.studivz. net/media/de/dmexco/Generation- emotionalen Dimension – beispiels- Netzwerk2010.pdf weise, indem über Austauschprozes- Das Ergebnis: Für die Befragten ist die emotionale Dimension (49 Pro- 28 Hierbei handelt es sich um eine generelle se quer zu den Hierarchien und Aussage, die für einzelne Unternehmen/ Bereichen die Ideen der Mitarbeiter zent gegenüber 46 Prozent in 2010) Mitarbeitergruppen validiert werden muss. in den Veränderungsprozess eige- deutlich am wichtigsten. Erst mit Die jeweilige Change-Affinität ist stark einem gebührenden Abstand folgen abhängig von Alter, Persönlichkeit, bunden werden. bisherigen Change-Erfahrungen und die politische (28 Prozent) und da- Karriereverlauf. nach erst die rationale Dimension 29 Vgl. Claßen/ v. Kyaw 2010: 53 20
digitalen Ökonomie.30 Und die brau- Inwieweit spiegelt sich diese deutli- auf bewährte Methoden zurückge- chen Emotionen und Empathie. che Betonung der emotionalen As- griffen, hierzu passt auch, dass Apple mag hier als ein besonders pekte in der Praxis des Change Ma- face-to-face stärker vertraut wird als inspirierendes Beispiel dafür gelten, nagements wider? technisch unterstützter Kommuni- wie Empathiefähigkeit und emotio- kation (insb. digitale Medien) nale Anziehung Markterfolg möglich Interventionen und Werkzeuge §§Fachlich-sachlich erhält den machen.31 Der Aufstieg ist nicht allein im Change Management Vorzug vor beziehungsorientiert den innovativen Produkten oder der In einem ersten Schritt wollten wir §§Pragmatismus schlägt strategisch reibungslos funktionierenden Liefer- wissen, welche qualitativen Präferen- geplante Interventionen kette zu verdanken. Apple hat es wie zen bei der Auswahl der Change- kein anderes Unternehmen verstan- Interventionen vorherrschen. Ein Nahezu ausgeglichen sind nur zwei den, seine Produkte zu emotionali- Blick auf Abbildung 12 zeigt, dass es Gegensatzpaare: Interventionen sind sieren durch eine perfekte Mischung zum Teil deutliche Abweichungen von sowohl auf einen Unternehmensbe- zwischen High Tech und High der ausgeglichenen Mitte gibt. 2010 reich als auch auf die gesamte Orga- Touch. Apple-Fans kaufen nicht ein war das Bild noch wesentlich ausba- nisation fokussiert. Ebenso sind die Produkt, sondern einen intuitiven, lancierter. Selbst wenn wir die Streu- direktiven und partizipativen Ele- begeisternden Zugang zur virtuellen ung (zwischen 2 und 4) und unter- mente ausgewogen. Welt, Verbindung zu Gleichgesinnten schiedliche Ausprägungen je Branche und gemeinsame Erlebnisse sowie berücksichtigen, geben die Mittelwerte Top-Design. Der Zukunftsforscher eine klare Tendenz wieder: und Regierungsberater Jeremy Rifkin §§Gesteuerte Top-down-Ansätze sieht denn auch Empathie als ein 30 Vertreten beispielsweise durch die schlagen (virale) Bottom-up- Schlüsselthema der kommenden Forschungsarbeit von Ernst Fehr und Peter Verfahren Kenning Jahre.32 §§Bei der Wahl der Interventionen 31 Vgl. Millward Brown 2011: 12 und 2012: 34 wird im Change Management eher 32 Vgl. Rifkin 2010 Abb. 12 Auch wenn insgesamt eine Tendenz zur Mitte erkennbar ist, sind die eingesetzten Change Management Instrumente eher fachlich-sachlich, gesteuert und face-to-face Bitte geben Sie an, wo zwischen den folgenden Gegensatzpaaren die in Ihrem Unternehmen verwendeten Change Management Interventionen zu positionieren sind. Die in unserem Unternehmen angewandten Change Management Interventionen sind eher … 1 2 3 4 5 fachlich-sachlich 2,68 persönlich-beziehungsorientiert fokussiert 2,96 ganzheitlich innovativ 3,23 bewährt pragmatisch 2,84 strategisch gesteuert/top-down 2,06 viral/bottom-up direktiv 2,89 partizipativ technisch unterstützt 3,27 face-to-face © 2012 Capgemini Consulting Change Management Studie 2012 21
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