Geht das Beste noch besser - DAS MAGAZIN DER FRIEDHELM LOH GROUP - Rittal
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Ausgabe 01 | 2018 DAS MAGAZIN DER FRIEDHELM LOH GROUP DAS MAGAZIN DER FRIEDHELM LOH GROUP Geht das Beste noch besser ? Ausgabe 01 | 2018
EDITORIAL Perfektion mit System Liebe Leserinnen und Leser, in einer Welt, die sich unaufhaltsam verändert, bedeutet Stillstand vor allem eines: Rückschritt. Wer zukunftsfähig sein und bleiben möchte, muss mindestens mitgehen, besser noch vorangehen. Der Megatrend Digi talisierung ist nicht aufzuhalten. Er ist in vollem Gang und beeinflusst maßgeblich alle Geschäftsbereiche. Daher entscheiden im Zeitalter von Globalisierung und Digitalisierung der Wille zu Fortschritt und das Durch- setzen von Innovationen. Fortschritt und Innovation, das Streben nach Perfektion, das Setzen von Standards, all das haben wir seit der Geburtsstunde unserer Unterneh- mensgruppe 1961 immer wieder unter Beweis gestellt. Daher können Sie, unsere Kunden und Partner, von uns erwarten, dass wir auch in Zukunft vorangehen. Über 500 Millionen Euro werden wir in den nächsten Jahren in modernste Produktionstechnik investieren. Die weltweite Transformation der Rittal Werke in Richtung Industrie 4.0 ist bereits in vollem Gang. Durch den Bau eines neuen Werkes setzen wir auch bei Stahlo Zeichen. Damit wird die Produktion integraler Bestandteil einer digitalisierten Wertschöp- fungskette vom Kunden zum Kunden – mit allen Vorteilen für Sie bei Schnelligkeit, Qualität und weltweiter Verfügbarkeit. Prof. Dr. Friedhelm Loh Dieses Leistungsversprechen ist Ausdruck unseres Strebens nach Per- Inhaber und Vorstandsvorsitzender der fektion und zeigt sich in der Neuentwicklung unseres Großschranksystems Friedhelm Loh Group VX25. Ihre Anregungen und der tiefe Einblick in Ihre täglichen Herausfor- derungen waren dabei wertvolle Orientierung für uns. Der „VX25. Perfektion mit System.“ ist der erste Schaltschrank, der alle Anforderungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette des Steue- rungs- und Schaltanlagenbauers erfüllt: Er verkürzt die Durchlaufzeiten in Engineering und Montage, reduziert die Komplexität und ist ein vollwerti- ger Baustein im Megatrend Digitalisierung. Wir sind stolz und dankbar, die Premiere unserer Schaltschrankinnovation am 23. April auf der Han- nover Messe 2018 gemeinsam mit Ihnen zu feiern. Entdecken Sie die Entwicklungsgeschichte des VX25 und erfolgreiche Praxisbeispiele in der neuen be top. Ich wünsche Ihnen viele wertvolle Anregungen! Ihr Prof. Dr. Friedhelm Loh 01 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 03
Inhalt WISSEN 32 DIE PAPIERLOSE FERTIGUNG Um Fehler zu vermeiden und Zeit zu sparen, setzt der Schaltanlagenbauer H. Westermann auf Eplan Smart Wiring. 36 DIGITALISIERUNG VON GESCHÄFTSPROZESSEN Wie smarte Prozesse die Effizienz und Produktivität von Unternehmen nachhaltig verbessern können. 38 EINE GUTE ANBINDUNG Mit einer Schnittstelle auf Basis von Automation ML verbessert Eplan bei Siemens und Mitsubishi den Datenfluss – und beschleunigt so die Prozesse. TITEL 40 DEN WANDEL ERLEBEN Im ersten Cloud-Park Deutschlands, einem Gemeinschaftsprojekt von iNNOVO Cloud und Rittal, profitieren Kunden von einer flexiblen und sicheren IT-Infrastruktur. 44 FORTSCHRITT MACHEN Mit seinem neuen Werk am Standort Gera bereitet Stahlo sich auf die Zukunft vor. Von höheren Kapazitäten, einem breiteren Produktspektrum und der Prozessautoma- 14 tion profitieren auch die Kunden. PERFEKTION MIT SYSTEM Gemeinsam mit seinen Kunden hat Rittal eine einzigartige 48 Innovation erschaffen: den VX25. Der neue Großschrank SPARRINGSPARTNER DER erfüllt alle Anforderungen nach Industrie 4.0 und sorgt mit INDUSTRIE 25 angemeldeten Schutzrechten für mehr Einfachheit, LKH entwickelt sich zum Anwendungs- Schnelligkeit und einen noch größeren Kundennutzen. spezialisten mit Kunststoff-Knowhow. 50 PLUG-AND-PLAY Mit einer integrierten Lösung – bestehend aus Schaltschrank und Kühlung – be- schleunigt Rittal beim Anwender die Arbeitsprozesse in der Montage. | 04
ENGAGEMENT 68 PERFEKT ZERSETZT Mit CAE-Lösungen von Eplan verkürzt der Recyclingspezialist Eggersmann die Konstruktionsdauer seiner Maschinen. 70 IP-ADRESSE FÜRS PARADIES Für das Wohlbefinden der Besucher setzt die Wund-Gruppe in ihren Thermen auf hocheffiziente und ausfallsichere IT-Lösungen von Rittal. 54 FRÜH ÜBT SICH … Im „Haus der kleinen Forscher“ erfahren Kindergartenkinder eine frühe Förderung im MINT-Bereich. Für die Rittal Foundation ist das Projekt der Startpunkt eines ganzheitlichen Bildungskonzepts. 74 PRAXIS DEN (DATEN-)HUNGER STILLEN STANDARDS Mit einem integrierten ERP-/PLM-System steigert Cideon bei Siloking die Daten- 60 durchgängigkeit und Effizienz. 03 EDITORIAL HÖHLISCH GUT Die Firma Cave Lighting setzt Schau 06 AUGENBLICK höhlen mit Licht in Szene. Schaltschränke von Rittal schützen die Komponenten vor 12 WELTWEIT den extremen Umgebungsbedingungen. 30 MAGAZIN: ANTWORTEN AUF EINEN KLICK 52 MAGAZIN: ALLER EHREN WERT 58 MAGAZIN: AUTOMATION IM FOKUS 78 IMPRESSUM 79 SPITZENLEISTUNGEN – 64 BE TOP! EINE HÜTTE UNTER STROM Kurze Lieferzeiten, eine hohe Flexibilität und das Qualitätssiegel „Made in Ger many“: Standardisierte Komponenten von Ihre Meinung zählt Rittal sichern dem Batteriespeicherher- Haben Sie Fragen, Anregungen, Lob steller Tesvolt einen Wettbewerbsvorteil im oder Kritik zur aktuellen Ausgabe? hart umkämpften Energy-Storage-Markt. Mailen Sie einfach der Redaktion unter: betop@friedhelm-loh-group.com 01 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 05
AUGENBLICK Voller Einsatz auf hoher See Rund zwei Drittel der Erdoberfläche sind mit Wasser bedeckt. Deutlich sichtbar wird das an den drei großen Ozeanen, die welt- weit die Landfläche umschließen. Doch bis heute ist nur ein kleiner Teil der Weltmeere vom Menschen erforscht und erschlossen. Um das zu ändern, entwickelt das kanadi- sche Unternehmen Aspin Kemp and Associates Energie- und Antriebstechni- ken auch für maritime Anwendungen. Da- bei setzt das 1996 gegründete Unterneh- men aus Prince Edward Island aufgrund der umfassenden Zertifizierung auf TS 8 Schaltschränke von Rittal. Wegen der ho- hen Standardisierung und Flexibilität der Rittal Lösung profitieren insbesondere die Kunden aus dem sehr preissensiblen Öl- und Gasmarkt von niedrigen Instandhal- tungskosten, einer hohen Zuverlässigkeit sowie Energieeinsparungen und niedrigen Emissionen. www.aka-group.com | 06
AUGENBLICK Mit viel Liebe zum Detail Saftiges Ossobuco, cremiges Risotto alla Milanese oder zartes Vitello Tonnato: In kaum einem anderen Land der Welt wird Genuss so sehr zelebriert wie in Italien. Damit die Gäste La dolce Vita nicht nur er- leben, sondern auch schmecken können, setzen viele italienische Profiköche auf Elektrogeräte von Electrolux Professional. Spülmaschinen, Herde und Dampfgarer des Unternehmens kommen zudem welt- weit in Hotels, Bars und Restaurants zum Einsatz. Bei der Elektrokonstruktion seiner Produkte in Italien setzt Electrolux Professional auf Software von Eplan. Die Folge: eine höhere Standardisierung und Automation durch die Nutzung von Makros sowie eine verbesserte Genauigkeit durch die Verwendung von digitalen Prototypen. www.professional.electrolux.com 01 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 09
AUGENBLICK Bestellt, verpackt, geliefert Der weltweite Onlinehandel befindet sich bereits seit Jahren auf konstantem Wachs- tumskurs. Allein im letzten Jahr erwirtschaf- teten die E-Commerce-Shops mehr als eine Billiarde Euro. Ob Bücher, Filme, Kleidung oder Elektrogeräte: Damit der gewünschte Artikel schnellstmöglich beim Besteller ein- trifft, muss in den Logistikzentren alles glatt- gehen. Auch deshalb setzen Onlinever- sandhändler auf Prävention statt Reaktion. So sorgen zum Beispiel Tausende von Kühlgeräten in den Logistikzentren in Chi- na, Europa und den USA für eine ausfallsi- chere Kühlung und einen störungsfreien Ablauf. Die Wartung und den Service der Geräte übernimmt Rittal. | 10
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WELTWEIT GROSSBRITANNIEN Grenzen Automation für alle Fälle gibt es Die Automatisierung von Produktionsprozessen in den Bereichen Automobil, Bahn, Luftfahrt und Verpackung ist die Spezialität von QM nur im Systems Ltd. Am Standort WORCESTER setzt das Unternehmen seit Kurzem auf CAE-Software von Eplan. Die Folge: eine beschleu- Kopf nigte Elektrokonstruktion, ein schnellerer Einkauf und verbesserte Herstellungspro- zesse in der Produktion der maßgeschneiderten Anlagen und Maschinen. Global. Energie, Mobilität, Automatisierung – mit den Produkten und Lösungen der Unternehmen aus der Friedhelm Loh Group meistern Kunden Herausfor derungen rund um die Welt. USA Voller Energie SÜDAFRIKA Seit mehr als 200 Jahren Auf Nummer nutzen Menschen Batterien als Stromquelle – so zum sicher Beispiel in Taschenlampen, Kinderspielzeug oder Compu- Ob Autoversicherung, termäusen. Um die Batterien Krankenversicherung oder während des Transports von Bildungsversicherung – für der Produktionsstätte zum jeden Einzelnen der knapp Kunden zu schützen, liefert 56 Millionen Einwohner die Koch Pac-Systeme GmbH Südafrikas haben Versiche- Blisteranlagen zur Herstellung rungskonzerne Policen im von Batterieverpackungen Angebot. Auch bei sich selbst an einen US-amerikanischen gehen die Versicherer auf Verpackungsspezialisten in Nummer sicher: Im Rechen- GEORGIA. Rittal lieferte dafür zentrum eines Konzerns TS 8 Schränke, Chiller, Busge- in SANDTON kommen TS IT häuse und Kühlgeräte. Racks von Rittal zum Einsatz. | 12
WELTWEIT INDIEN Service sichert Produktion Mit immer neuen Techno logien möchten Reifenprodu- zenten die Straßen und den Verkehr sicherer machen. Für mehr Sicherheit in der eigenen Produktion sorgen bei einem Reifenexperten im indischen MEERUT seit Kur- zem Serviceleistungen von Rittal. Die vorausschauende Wartung von Kühlgeräten und IT Racks sichert dem Kunden eine höhere Ausfall- sicherheit und Effizienz der Produktion. JAPAN SCHWEIZ Global One Durch den 14 Produktionswerke, 157 Servicestandorte, Berg 79 Länder: DMG Mori ist ein weltweit führender Hersteller Mehr als 30 Berge mit über von Werkzeugmaschinen. 4.000 Metern Höhe gibt es in Die internationale Zusam- der Schweiz. Musste Hannibal menarbeit verbessert das sie noch mühevoll überqueren, Unternehmen seit 2015 erleichtern heute Tunnel das mithilfe einer einheitlichen Vorankommen. Einer von ihnen: Engineering-Plattform. Die der BÖZBERGTUNNEL. Um neu implementierte Eplan die Sicherheit des in die Jahre CAE-Software sorgt für stan- gekommenen Tunnels zu ver- dardisierte und effizientere bessern, saniert das schweize- Prozesse. Von deutschen rische Bundesamt für Straßen Ingenieuren in BIELEFELD den 3.702 Meter langen Tunnel begonnene CAE-Projekte bis 2020. Dabei kommen auch können so zum Beispiel TS 8 Schaltschränke von Rittal problemlos im japanischen zum Einsatz. TOKIO weiterbearbeitet werden. 01 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 13
TITELSTORY | V X 25 | 14
VX25 | TITELSTORY Perfektion mit System Ein Vorhaben. Eine Studie. Ein Wettrennen. Die Entwick- lungsgeschichte des neuen Großschranks VX25 von Rittal ist außergewöhnlich. Die Mei- lensteine fünfjähriger Historie von Forschung und Entwicklung zeigen: Es ging um weit mehr als nur einen Schaltschrank. Text: Ulrich Kläsener 01 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 15
TITELSTORY | V X 25 PERSPEKTIVWECHSEL Der perfekte Schaltschrank entsteht nicht am Reißbrett oder im Labor – sondern in den Werkstätten der inter- nationalen Rittal Kundschaft. Schließlich hängt von ihren alltäglichen Herausforde- rungen ab, was ein Schalt- schrank im Zeitalter von Digitalisierung und Industrie 4.0 tatsächlich können muss. Für die Mitarbeiter von Rittal wirkte die Feldstu- die wie ein Augenöffner – am Ende nahmen sie über 150 konkrete Anforderungen an den VX25 mit ins Büro. | 16
VX25 | TITELSTORY 1 Industrie 4.0 als Treiber Rittal Werk Das Kopfkino beginnt. Wo kann man anset- zen? Evolution oder Revolution? Woran be- Herborn, misst sich das Beste? Was braucht der Schaltanlagenbau? Klar ist zu diesem Zeit- Sommer punkt, da der Begriff Industrie 4.0 erst ein Jahr durch den Markt geistert, nur: Der neue Rittal Großschrank muss zu 100 Pro- 2012 zent Industrie-4.0-fähig werden. Kein Kann, sondern ein Muss. Denn ausschließlich die Kombination aus realem Schaltschrank und seinem digitalen Zwilling erfüllt in Zukunft Geht es um den Bestseller eines alle Digitalisierungsanforderungen von On- 10.000-Mitarbeiter-Unternehmens, linekonfiguration und Engineering über ist das Thema: Chefsache. Montage bis hin zu Automatisierung und Prof. Dr. Friedhelm Loh persönlich Wartung. „Die neue Wirklichkeit“ nennt gibt im April 2012 eine klare Order Dr. Thomas Steffen die hocheffiziente Ver- aus: „Wir müssen einen neuen schmelzung realer und physischer Work- Schaltschrank für unsere Kunden flows im Produktlebenszyklus. „Vor 20 Jah- entwickeln. Den besten.“ Der Mann ren war das beim Schaltschrankbau kein auf der anderen Seite des Schreib großes Thema. Aber ohne konsistente, tischs, Dr. Thomas Steffen, weiß als durchgängige Daten oder softwarebasier- Geschäftsführer Forschung und tes Regelwissen ist auch ein Schaltschrank Entwicklung um die Tragweite nicht zukunftsfähig.“ Wie sagte schon der der größten Herausforderung seit Designer und Architekt Ludwig Mies van über 15 Jahren. „Es kann kein der Rohe: „Es ist schwerer, einen guten bedeutenderes Projekt im Hause Stuhl zu bauen als einen Wolkenkratzer.“ Rittal geben. Der Großschrank ist unsere Systemplattform, unser Kern, unsere Basis.“ Back to the Roots Ein Haken auf der langen Liste offener Fra- gen, die die Rittal Entwickler von 2012 bis 2014 zunächst auf die harte Schulbank trieb. Denn die Suche nach dem perfekten Schaltschrank leitete Dr. Steffen nicht am Reißbrett oder im Labor in die Wege. „Zu- rück zu den Wurzeln. Das war die Lösung. Bevor wir unser Team an die Entwicklung des neuen Schaltschranks ließen, mussten wir in die Werkstätten unserer Kunden, um die aktuellen Herausforderungen nochmals komplett neu aufzunehmen und zu analy- sieren.“ Rittal initiierte mit dem Münchener Institut PMO eine groß angelegte Feldstu- die. Jeweils drei Tage dokumentierten die Forscher in Schrift, Bild und Filmformat den DR. THOMAS STEFFEN Industriealltag bei zehn Unternehmen in Geschäftsführer Forschung Deutschland, bei acht in den USA und bei und Entwicklung bei Rittal sechs in China – darunter kleine, mittelstän- dische und große Unternehmen. 01 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 17
TITELSTORY | V X 25 kenntnissen der Feldstudie vertraut ge- macht, liefen aber ohne konstruktive Beschränkung völlig autark.“ Die beiden Rittal Teams wurden für gut drei Monate von allen anderen Aufgaben befreit. Räumlich, zeitlich und mental – und das in aller Konsequenz: „Telefone weg, E-Mail-Verkehr umstellen, Altprojekte über- geben – das machen jetzt andere.“ Die neuen Büros avancierten zu Inkubatoren, Keine wie man sie aus der Start-up-Szene im Kompromisse Tech-Sektor kennt. Hier wird mit heißem Herzen und kühlem Kopf Zukunft entwor- Dr. Thomas Steffen: „Die Nutzeranalyse war fen. Dr. Steffen: „Klar mussten sich die Ent- ein Augenöffner. Wir erkannten teils Pro wicklungsteams erst einmal finden, das bleme beim Kunden, die er so selbst noch kann man nicht verordnen. Dann aber ging nicht wahrgenommen hatte.“ 150 konkrete es los. Sie haben sich gegenseitig befeu- Anforderungen an den neuen Schaltschrank ert, angeheizt und motiviert. In der heißen kristallisierten sich dabei heraus, die Rittal Phase wurde bis aufs kleinste Detail alles um die Erkenntnisse des ebenfalls einge- aus den Köpfen herausgeholt, was sich in bundenen Kundenbeirats ergänzte. „Kei- 20 Jahren Schaltschrankbau an Ideen an- nen einzigen der wesentlichen Punkte gesammelt hatte. Natürlich stand immer haben wir später bei der Entwicklung auf- auch die Frage im Raum: Was machen die gegeben.“ Was wurde zum Beispiel be- anderen? Aber aus Unsicherheit entsteht rücksichtigt? „Montagevereinfachung, 25- auch viel Neues.“ Millimeter-Raster, neuer Handlungsspiel- raum bei der Anreihung, höhere Traglasten, reduzierter Zubehörumfang oder den ext- Der richtige Weg rem stabilen Bodenbereich.“ Nach der Jeweils zwei Profilentwürfe der drei Teams Usability-Studie waren auch letzte Zweifel – insgesamt entstanden über 200 – wurden an der strategischen Stoßrichtung des neu- im Oktober 2013 der Jury vorgelegt. Prof. en Großschranks ausgeräumt: Der Markt Dr. Friedhelm Loh benannte das Hauptaus- braucht einen Schaltschrank, der die wahlkriterium: „Macht es an den Funktionen Durchlaufzeiten in Engineering und Monta- und Kundenvorteilen fest – wo konnten die ge per sofort verkürzt, der im Schatten von meisten umgesetzt werden?“ Das vom Losgröße 1 die Komplexität reduziert und Rittal Team Forschung und Entwicklung ent- sich als vollwertiger Baustein in den Mega wickelte neue Profil setzte sich durch. Sehr trend Digitalisierung einfügt. zur Freude von Dr. Thomas Steffen. „Uns wurde bestätigt: Es braucht Jahre an Erfah- rung, um sehr, sehr gute Schaltschränke zu Fördern und entwickeln.“ Begeistert hat ihn die Dynamik fordern der fünfjährigen Entwicklungsgeschichte des VX25. „Das würden wir in jeder Facette Vor der konstruktiven Umsetzung der Leit- nochmals genau so angehen.“ n linie „Digitaler – einfacher – schneller“ hieß es allerdings noch kurz innehalten. „Ein genialer Schachzug“, sagt Dr. Steffen zur Eingabe Prof. Dr. Friedhelm Lohs, drei Ent- wicklungsteams gleichzeitig ins Rennen zu schicken: das Team Forschung und Ent- wicklung mit Sitz im Headquarter Herborn, das Team aus dem Werk Rittershausen und ein zusammengestelltes Team eines exter- nen Entwicklungsdienstleisters (aus Süd- deutschland), dem mit Heinrich Styppa und Hans-Jürgen Graf zwei renommierte Rittal Veteranen als Berater zur Seite gestellt wur- den. Drei Teams, die ohne jeden Kontakt untereinander mit derselben Kernaufgabe betraut waren: das perfekte Profil für den besten Schaltschrank aller Zeiten zu ent- werfen. „Sie wurden intensiv mit den Er- | 18
VX25 | TITELSTORY FÜR EIN NEUES PROFIL, das alle Kundenwünsche erfüllt, zogen sich die Entwickler drei Monate lang in ihre Büros zurück. Dabei flossen 20 Jahre Schalt- schrankwissen in sechs verschiedene Entwürfe, die einer Jury vorgelegt wurden. 01 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 19
TITELSTORY | V X 25 SCHEITERN gehörte für die Entwickler mit dazu – denn mit dem Profil steht und fällt jede Großschrankkonzeption. Ist das Profil nicht optimal, hat das Auswirkungen auf die Stabilität und Sicherheit des Schaltschranks. Deshalb fingen die Entwickler auch mal ganz von vorn an. | 20
VX25 | TITELSTORY Interview Eingetaucht ins Bermudadreieck DR. ELKE MARIA DEUBZER Leiterin des Fachinstituts PMO Usability-Engineering & Organisationsentwicklung Zugesehen. Zugehört. Dazugelernt. Rittal Ja? Ein Industrieprodukt hat im Unter- da nicht in die Falle, am wahren Leben hat vor der Entwicklung des neuen Groß- schied zum Consumer-Produkt eine Viel- und Arbeiten vorbeizuforschen? Wir ha- schranks VX25 eine einjährige Feldstu- zahl von Nutzergruppen. Beim Schalt- ben empirisch bewährte Mittel und Wege, die auf drei Kontinenten initiiert. Regie schrank sind dies Konstrukteure, Logistik- um Störfaktoren wie den Rosenthal-Effekt, führte das Fachinstitut PMO Usability- mitarbeiter, Monteure, Verdrahter, Prüfer, die selektive Wahrnehmung oder den Halo- Engineering & Organisationsentwick- Inbetriebnehmer, Instandhalter etc. Dazu Effekt zu minimieren. Das fängt bei der Klei- lung aus München. Im Interview: Insti- kommen noch die Kaufentscheidergruppen dung des Untersuchers an, geht über die tutsleiterin Dr.-phil. Diplom-Psychologin wie technische Einkäufer, Geschäftsführer Ansprache und ausgeprägte praktische Elke Maria Deubzer. und Asset-Manager. Skills bei der Erhebung bis hin zum Zeit- raum, an dem wir vor Ort sind. Oft ist es so, Was ist Usability? Die Nutzerorientierung Das hört sich komplex an. Deswegen gilt dass die Gewöhnungsphase erst nach eines Produkts. Hier geht es um das Aus- Usability-Engineering auch als Königsweg zwei, drei Stunden vorüber ist. maß, in dem das Produkt zum Nutzer, zum Nutzer. Usability geht weit über das seinen Aufgaben und den Kontextbedin hinaus, was heute unter User Experience Ihr Institut hat drei Tiefenanalysen bei gungen passt. In dieses Bermudadreieck firmiert. Es bezieht Aufgaben und den Kon- drei Unternehmen in Deutschland tauchen wir wissenschaftlich ein. text mit ein. Dazu braucht man viel human- durchgeführt – dann war ein Rittal wissenschaftliches Wissen, denn Wissen Untersuchungsteam bei sieben Unter- Sie haben mit einem Team aus Usabili- lenkt den Blick. nehmen in Deutschland, bei sechs ty-Experten, Diplom-Psychologen und Unternehmen in China sowie bei acht Anthropologen zunächst Steuerungs- Was haben Sie denn erkannt? Ohne auf Unternehmen in den USA zu Gast. War- und Schaltanlagenbauer in Deutsch- die Einzelheiten eingehen zu wollen: Teils um? Das waren Studien zur Überprüfung land besucht – was genau haben Sie vor war es unglaublich. Selbst bei einem ver- der Befunde in anderen Märkten und Kul- Ort gemacht? Nutzer-Aufgaben-Kontext- meintlich simplen Produkt wie einem turen. Der Rittal Großschrank ist schließlich Analysen, kurz: NAK. Wir erfassen dabei Schaltschrank konnten wir mit der Studie ein internationales Produkt. Natürlich haben vor Ort die Spezifika der Nutzer, ihre Kennt- exponentielles Wissenswachstum generie- wir die Rittal Mitarbeiter – Vorentwickler, nisse, Vorlieben und Motive. In die Beob- ren. Von „Wow“ bis „Genial“ war alles an Konstrukteure und Produktmanager – vor- achtung fließen auch ihre Aufgaben und Reaktionen dabei. Das betrifft auch die Mit- her in wissenschaftlicher Methodik trainiert Handlungsziele und die spezifischen Kon- arbeiter in den Unternehmen, denen wir und angeleitet. textbedingungen und Nutzungssituationen eine Möglichkeit der Reflektion gegeben mit ein. haben. Sie beobachten sich ja nicht selbst Was kommt bei einer Nutzer-Aufgaben- und können Bedarfe manchmal gar nicht Kontext-Analyse unterm Strich raus? Konkret haben Sie also dem Schalt- erst definieren. Nach der Dokumentation und Auswertung schrankmonteur über die Schulter ge- folgt das sogenannte Requirements-Engi- schaut? Wir haben jeden, der mit dem Sie aber schon? Dafür sind qualitative For- neering und die Entwicklung des Optimie- Produkt Schaltschrank arbeitet, in den je- schungsmethoden da. rungs- und Innovationspotenzials. Wenn weiligen Unternehmen beobachtet und be- ich die Anforderungen genau kenne, hat fragt. Dokumentiert wurde schriftlich, teils Fühlten sich die „Probanden“ nicht ge- die Abteilung Forschung und Entwicklung fotografisch und filmisch. Aber das war stört von der Anwesenheit eines penibel eine belastbare Anleitung für die eigentli- nicht nur der Schaltschrankmonteur. dokumentierenden Externen? Tappt man che Entwicklungsarbeit. 01 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 21
TITELSTORY | V X 25 2 Zulieferer- werk Schopfheim, November 2015 Die Lage ist ernst. Kurz nach elf am Vormittag stehen drei Jahre Ent- wicklungsarbeit auf der Kippe. Der Testlauf zur Profilierung des Rahmenprofils droht, ein Fiasko zu werden. „Bis zur Systemlochung lief es gut“, erinnert sich Heiko Holighaus, Hauptabteilungsleiter Forschung und Entwicklung bei Rittal. „Dann aber wellte sich das Material. Die Laser schweißnaht war nicht prozesssicher zu setzen. Es war nicht sauber hin zukriegen.“ Hunderte Entwürfe für den neuen Schaltschrank VX25, ungezählte Simulationen, intensive Nutzerfor- schung, jede Menge Herzblut – alles Makulatur? 1 2 1 HEIKO HOLIGHAUS auptabteilungsleiter Forschung und H Entwicklung bei Rittal 2 FRANK HIMMELHUBER eschäftsbereichsleiter Forschung und G Entwicklung bei Rittal | 22
VX25 | TITELSTORY Hop oder top? Eine düstere Vorahnung lag in der Luft, denn ausnahmsweise ging es hier wirklich um al- les. „Mit dem Profil steht und fällt jede Groß- schrankkonzeption, es ist der technologisch anspruchsvollste Part“, erläutert Frank Him- melhuber, Geschäftsbereichsleiter Forschung und Entwicklung bei Rittal. „Das Profil ent- scheidet zu guten Teilen über den Bauraum, die Effizienz bei Engineering und Montage, die Erweiterungsmöglichkeiten, die Stabilität und damit Sicherheit, die Flexibilität in der Werkstatt des Kunden et cetera. Das bedeu- tet: Kippt das Profil, fangen wir wieder von vorn an.“ Das mussten sie unterdessen nicht. Um 180 Grad PERFEKTE SYMMETRIE für das perfekte Profil. Was optisch gut aussieht, bedeutete für die Produktion gedreht eine Herausforderung. Noch Die Rittal Entwickler gingen in Klausur und auf der Zielgeraden mussten die Schweißnähte um spielten alle denkbaren Optionen über Mona- 180 Grad versetzt werden. te hinweg durch, während sie unverdrossen weiter am Prototypen arbeiteten. Am symme- trischen Profil gab es eh nichts zu rütteln. Da musste auf der Fertigungsseite eine Lösung her – ein kleiner Geniestreich löste den Kno- ten: Die Schweißnaht wurde um genau 180 Grad versetzt. Heiko Holighaus, Hauptabtei- lungseiter Forschung und Entwicklung bei Rittal: „Dafür haben wir das Profil um 180 Grad gedreht, also innen angefangen zu pro- filieren, um dann außen zu schweißen – statt umgekehrt.“ Durchatmen. Neuer Testlauf auf der modifizierten Anlage. Und der gelang. Tatsächlich brachten auch die Prüfungen auf Stabilität und Verwindungssteifigkeit Top-Er- gebnisse. Kurz darauf schon gingen die ers- ten VX25 Musterschränke auf die Reise zur Pilotanwendung bei ausgewählten Kunden. Nur ein Schrank? „Wie im Flipper haben wir uns teils gefühlt.“ Aber: „No Pain, no Gain. Für solche Projekte wird man Entwickler.“ Frank Himmelhuber und Heiko Holighaus kennen die Höhen und Tiefen einer Produktentwicklung, die auf den ersten Blick Widersprüche wie völlige De signfreiheit kontra konstruktive Zwänge ver- einen muss. Zumal: Schlichtes drastisch zu optimieren, zählt zu den Königsdisziplinen in Forschung und Entwicklung. „Ein Schrank bleibt immer ein Schrank. Er wird nie fliegen können.“ Frank Himmelhuber: „Die Entwick- lung von hinten an zu denken und die Prozes- se beim Kunden vorab wissenschaftlich zu untersuchen, war da genau der Kick, den wir brauchten. Gleiches gilt für die drei Teams: getrennt starten, dann die Ergebnisse konso- lidieren und sich gegenseitig befruchten.“n 01 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 23
TITELSTORY | V X 25 DER SCHALTSCHRANK kann zwar noch nicht fliegen – trotzdem setzt der VX25 auf dem Markt neue Maßstäbe. Denn der Schaltschrank tickt genau so, wie der Kunde denkt und handelt: in Funktionen und Prozessen. 3 Rittal Innovation Center Haiger, Herbst 2016 „Der größte Montagevorteil ist, Sie heißen Design Thinking, Open dass man individuell ausbauen Innovation oder Lead-User-Methodik. und mehrere Kombinationen Amerikanische Denkfabriken haben ausgiebig die Voraussetzungen gut zusammenstellen kann. Der erforscht, unter denen das Neue neue Schrank ist besser als der seinen Weg findet. Größter gemeinsa- TS 8, sein Vorgänger, denn er mer Nenner: Die Innovation wird nicht im stillen Kämmerlein erarbeitet, ist montagefreundlicher. Er lässt sondern im Austausch mit ausge- sich einfacher aufbauen, vor suchten Anwendern. Die Suche nach allen Dingen in der Kombination höchster Usability des neuen Groß- schranks VX25 führte auch Rittal mit dem Aufbau des Sockels.“ direkt in die Werkstatt ausgesuchter Top-Kunden. Mitglieder des Kunden- beirats haben die Entwicklung des Thomas Frink VX25 von Beginn an begleitet: als Geschäftsführer der KSV Koblenzer Sparringspartner, Impulsgeber und Steuerungs- und Verteilungsbau GmbH Pilotanwender. Ein Resümee. | 24
VX25 | TITELSTORY „Die Stärke des neuen Schranks ist, dass es Bestand- „Die größte Stärke des neuen teile gibt, die die Produktivität Schaltschranksystems ist die des Schaltanlagenherstellers Reduzierung der Komplexität. wesentlich erhöhen. Es war für Ich glaube, es war ein Schritt in mich eine tolle Erfahrung, dabei die richtige Richtung: einerseits zu sein, wenn ein neues Pro- Innovation zu treiben und dukt entsteht, und ich bin sehr andererseits die Komplexität, froh darüber, dass viele Anre- zum Beispiel von Zubehörtei- gungen, die wir als Schaltanla- len, zu reduzieren. Es war ein genhersteller gegeben haben, großer Vorteil von uns, von mit in das Produkt eingeflossen Anfang an bei der Entwick- sind. Am meisten überzeugt lung dabei zu sein, weil wir so mich, dass man mit maximal auf das Thema Usability und zwei Werkzeugen den komplet- Ausbau der Schränke Einfluss ten Schrank bearbeiten kann.“ nehmen konnten.“ Heinz-Josef Schmitz Olaf Günther Leiter Schaltanlagenproduktion und Leiter Systemlösungen bei der Siemens technische Dienste bei der AG, Digital Factory Division, Werk für Blumenbecker Gruppe Kombinationstechnik Chemnitz (WKC) „Der neue Schrank ist besser als der Vor- „Die größte Stärke des neuen gänger, weil er vielfältiger einsetzbar ist. Schrankes ist sein Zubehör: Das größte Plus ist, dass man viele Zube- Die Teile wurden reduziert und hörfunktionen aus dem Systembaukasten die Funktionalität erhöht. verbauen kann, wobei sich die Anzahl der Der größte Montagevorteil liegt Zubehörkomponenten stark reduziert hat in der Einfachheit der Teile und diese einfacher handhabbar sind.“ des Schrankes.“ Andreas Ripploh Holger Mrzyglodzik Geschäftsführer bei der Projektleiter bei der Schubs Ripploh Elektrotechnik GmbH Steuerungstechnik GmbH 01 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 25
TITELSTORY | V X 25 4 Ambiente. Wirkungsvoll drapiert in der Raummitte steht er nun da, der VX25. Ei- gentlich ja nur ein Gehäuse samt Tür und Sockel. Gutes Industriedesign, erkennbar neu, aber leider auch trivial? „Ganz und gar nicht“, lächelt Matthias Müller. Da wandert der Blick automatisch zu den druckfrischen Werbetafeln mit den neuen Features and onen des TS8 abzubilden und zusätzlich neue Funktionen und Mehrwert zu schaf- fen.“ Dass es sich beim VX25 um eine Sys- templattform handelt, unterstreicht auch wirkungsvoll der neue „automatische Po- tenzialausgleich“. Wie beim TS8 sind Dach, Rückwand, Seitenwände und Bodenbleche automatisch über ihre Befestigungsele- Rittal Werk Functions des VX25 an den Hallenwänden und wieder zurück zum neuen Schalt- schrank. Okay, das bewährte Zwei-Ebenen- mente sicher kontaktiert. Neu: Werden in diesen Flachteilen spannungsführende Rittal Komponenten wie Filterlüfter oder Haiger, Konzept ist ebenso erhalten geblieben wie die Montageplatte und alle wesentlichen Klimageräte eingebaut, kann man zukünftig auch auf die Erdungsbänder verzichten. Dezember Funktions- und Anschlussmaße. „Wir haben ganz bewusst nur da angesetzt, wo es un- seren Kunden einen Vorteil bringt. Bewähr- Ohne Werkzeug 2017 tes haben wir weitestgehend erhalten, um unseren Kunden den Umstieg zu erleich- tern.“ So steht es auch im Prospekt. Aber Gedanklich wieder im Shopfloor des Kunden deutet Müller auf die neuen Türgriffe: Dank was ist jetzt originär neu? Matthias Müller: des Snap-on-Griffsystems ist der Griff „Dass der Schaltschrank so tickt, wie der wechsel doppelt so schnell erledigt wie zu- Fester Händedruck, ein freundliches Kunde denkt und handelt: in Funktionen vor. „Einmal dranhalten, zudrücken, fertig. Wort – die Vorstellung des neuen und Prozessen, das sind die großen Hebel.“ Früher musste der Griff mit Schrauben VX25 im hell erleuchteten Rittal montiert werden.“ Früher musste übrigens Innovation Center beginnt herzlich. auch geklebt werden: konkret die Anreih- „Dann kommen Sie mal mit.“ Hört man da etwa schon eine Spur Werkstattwissen dichtung. Sie wird jetzt gesteckt. Und die neue Schraubverbindung in Anreihrichtung Werkstolz heraus? Matthias Müller, Ein Beispiel sei die neue Zugänglichkeit macht beliebige Kombinationen nach allen Gastgeber und Abteilungsleiter des VX25 von allen vier Seiten. „Die äußere Seiten noch einfacher. Zurück zur Tür: Kom- Produktmanagement Schaltschränke Montageebene lässt sich jetzt von außen plett sparen könnten sich Kunden zukünftig bei Rittal, ist guter Dinge. Der Gang bestücken, ein Riesenvorteil in der Praxis. die mechanische Bearbeitung der Tür bei durch die Hallen der 4.0-Prozesse im Das betrifft locker 40 Prozent unserer Kun- der 180-Grad-Scharnier-Montage. „Das Boh- Steuerungs- und Schaltanlagenbau den.“ Damit lässt sich ganz schnell 30 Mi- ren von acht Löchern, entgraten, lackieren: muss allerdings warten. Der Haupt- nuten Zeit gegenüber der konventionellen Rund 30 Minuten benötigte man bisher pro darsteller lässt bitten: der neue Montage einsparen. Gleiches gelte für die Tür bei der Umrüstung auf 180 Grad.“ Schon Rittal Großschrank VX25. neue Möglichkeit, Montageplatten auch die Türmontage wird zum Kinderspiel. „Sie von hinten einzubauen. Speziell beim E in- lässt sich einfach wie eine Wohnungstür aus- bau von hohen Gewichten ein Argument, und einhängen, wobei sie im geschlossenen das im Schaltanlagenbau rund um den Zustand automatisch gesichert ist.“ Globus einleuchtet. Stichwort hinten: 20 Millimeter mehr Einbautiefe (durch Zubehörteile) versprechen neuen Hand- lungsspielraum. Das ist wichtig, um dem Guter Stand stetig steigenden Wunsch nach höheren Der Blick auf die Uhr verrät, dass die Pro- Packungsdichten gerecht zu werden. Zur duktpräsentation schon vor 30 Minuten hät- Optimierung der Wertschöpfungskette un- te beendet sein sollen. „Aber das muss ich serer Kunden werden die Flachteile des Ihnen noch zeigen: den neuen Sockel, der VX25 mit einem „eindeutigen“ QR-Code passt überall.“ Der neue Sockel vereint alle MATTHIAS MÜLLER versehen, dadurch können die Bauteile im Funktionen vom TS Sockel und dem So- Abteilungsleiter Produktmanagement Warenwirtschaftssystem des Kunden der ckelsystem Flex-Block in einer Lösung und Schaltschränke bei Rittal jeweiligen Stücklistenposition zugeordnet kann jetzt noch viel mehr. Im Sockel ist so- werden. Jetzt lassen sich die Flachteile gar das Schrankzubehör einbaubar. Im über den kompletten Workflow tracken, den Sockel geführte Kabel können über Sys- Hinter der Tür korrekten Bearbeitungsprogrammen zuord- nen, Bearbeitungszeiten erfassen und vie- tem-Chassis einfach und effizient abgefan- gen und fixiert werden. Das spart nicht nur Eine eher unauffällige Tür in lichtem Grau les mehr. Viel einfacher in der Denke und Zeit und Geld, sondern gibt auch Sicher- trennt die Besucher vom Objekt der Begier- weniger Aufwand bei Engineering und heit. Auch das Positionieren durch die inte- de. Wäre da nicht die Security, die einen Montage – das führt Müller vor allem auf die grierte Zentrierhilfe im Eckstück oder die wachen, verbindlichen Blick auf die Akkre- reduzierte Komplexität in der Teilevielfalt Möglichkeit, den Sockel direkt von oben zu ditierung wirft, würde man meinen: Hier zurück, die Rittal mit Multifunktionsbautei- befestigen „macht Schluss mit dem Bauen geht es zum Lager. Das stimmt nur bedingt. len erzielt. „Beim VX25 ist es gelungen, mit und Basteln. Schnelle Montage, schneller Lagerhalle ja, aber eben mit Vernissage- deutlich weniger Zubehörteilen alle Funkti- Einsatz – darum geht es doch!“. n | 26
VX25 | TITELSTORY VX25. Perfektion mit System Der VX25 ist das erste Groß- schranksystem, das in der Lage ist, die technischen Anforde- rungen von Industrie 4.0 sowie die nach erhöhter Produktivität und Schnelligkeit in der Monta- ge perfekt zu erfüllen. Die Rittal Innovation ist das Ergebnis unermüdlichen Strebens nach MEHR: mehr Einfachheit, mehr Schnelligkeit, mehr Nutzen. Über 25 angemeldete Schutz- rechte bestätigen Rittal als den Innovationsführer für Schalt- schranktechnik. VX25. PERFEK MIT SYS Das neue Großschr EFFIZIENTE PROZESSE BESSERE ZUGÄNGLICHKEIT WERKZEUGLOSER EINBAU Umfassende, detailgetreue und validierte 3D- VX25 ist von allen vier Seiten zugänglich, da sich Die einfache, werkzeuglose Montage des Daten sorgen von Anfang an für hohe Planungs- die äußere Montageebene jetzt auch von außen Griffsystems reduziert die Montagezeit um sicherheit. Eine Plausibilitätsprüfung im Rittal bestücken lässt. Damit lassen sich 30 Minuten 50 Prozent. Ebenso sind Türen werkzeuglos Configuration System ermöglicht eine schnelle gegenüber konventioneller Montage einsparen. montier- und demontierbar. und fehlerfreie Produkt- und Zubehörkonfi Gleiches gilt für die neue Möglichkeit, Montage- guration. platten auch von hinten einzubauen. MEHR FUNKTIONEN REDUZIERTE KOMPLEXITÄT EINFACHER INNENAUSBAU Im Sockel ist jetzt sogar das Schrankzubehör Beim VX25 ist es gelungen, mit deutlich weniger Schnelle Montage wird möglich durch völlige einbaubar. Neben dem Einbau von Anreihla- Zubehörteilen alle Funktionen des Vorgängers Symmetrie an allen vertikalen und horizontalen schen und Kabelabfangschienen können dort TS 8 abzubilden und zusätzlich neue Funktionen Schrankseiten. Durch optionales Zubehör sind geführte Kabel über System-Chassis einfach und Mehrwert zu schaffen. Ein übergreifendes, zudem 20 Millimeter mehr Einbautiefe möglich. und effizient abgefangen und fixiert werden. durchgängiges 25-Millimeter-Maßraster in allen Auch mehrere Montageplatten lassen sich in Das spart nicht nur Zeit und Geld, sondern Ebenen und über Schrankgrenzen hinweg sorgt einen Schrank einbauen. gibt auch Sicherheit. für deutlich weniger Einzelteile – so etwa 40 Prozent weniger Chassis bzw. Schienen. 01 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 27
TITELSTORY | V X 25 | 28
VX25 | TITELSTORY „Innovation? Ein Knochenjob“ Interview. „Ab wann können wir den kaufen?“ Das erste Feedback auf den Erlkönig im Rittal Sortiment – den neuen VX25 – ist beeindruckend. Test anwender sprechen vom besten Schaltschrank, den sie jemals geliefert bekommen haben. be top lotet im Gespräch mit Prof. Dr. Friedhelm Loh, Inhaber und Vorstandsvorsitzender der Friedhelm Loh Group, die Hintergründe der jahrelangen Forschungs- und Entwicklungstätigkeit zum VX25 aus. Text: Ulrich Kläsener Sie haben gleichzeitig drei unabhängige Dafür hat Rittal beim neuen VX25 alle Der Fortschrittsgedanke ist zentraler Entwicklungsteams an die Entwicklung Register gezogen. Zuerst liefen Feld- Baustein der Rittal DNA. Jeder, der Neu- des neuen Großschranks VX25 gesetzt. studien bei Steuerungs- und Schaltan- land betritt, muss sich aber auf Unwäg- Hat sich die Maßnahme bewährt? Wenn lagenbauern rund um den Globus. Was barkeiten einstellen, oder? Jede Produkt- ich mir das Entwicklungstempo, die Eigen- bedeuten die Ergebnisse für Ihre Mit- neuentwicklung birgt Chancen und Risiken. dynamik und die Ergebnisse anschaue: arbeiter in der Entwicklung? Innovation Wer sich aber gegen das sinnvolle Neue absolut, ja. Auf Basis dieser Arbeiten konn- ist ein Knochenjob. Darüber muss man sperrt und auf Erfolgen ausruht, geht ein ten wir zahlreiche Patente anmelden. Sie sich im Klaren sein. Dafür braucht es ne- viel zu hohes, unternehmerisches Risiko wurden entweder im VX25 umgesetzt oder ben der Kompetenz der Mitarbeiter, Neu- ein. Das gilt für unsere Kunden wie für uns. liegen bereit für weitere Innovationen. gier auf Neues und den entsprechenden Liegt dem F & E-Prozess eine solide Analy- Kapazitäten – vor allem Mut, Entschlos- se und Arbeitsstruktur zugrunde, lassen Innovation ist der Inbegriff von Verände- senheit, Struktur und den festen Willen sich auch die Risiken und die Entwick- rung. Das betrifft auch die eigenen Pro- zum Erfolg. lungszeiträume minimieren. zesse der Forschung und Entwicklung (F & E). Wie gelingt es Rittal, Denk- und Inwiefern Mut? Wir brauchen Mut zur Of- Die „kreative Ecke“ alter Tage hat dem- Gewohnheitsblockaden zu überwin- fenheit. Was heute noch innovativ ist, ist in nach ausgedient? Natürlich nicht. Wir ver- den? Zum Beispiel, indem wir uns strikt am der Regel morgen schon überholt. Mit Tun- fügen über Mitarbeiter mit außergewöhnli- gegenwärtigen und zukünftigen Kunden- nelblick, Ich-Perspektive und zu eingefah- chen Kenntnissen und Fähigkeiten. Bei der nutzen orientieren. Mit welchen Rittal Lö- renen Strukturen kommt man da nicht wei- Entwicklung des VX25 hat sich wieder ge- sungen können unsere Kunden heute und ter. Etablierte Denkmuster oder das zeigt, dass unser Know-how aus mehreren morgen noch effektiver und letztlich effizi- Königswissen im Betrieb muss in regelmä- Jahrzehnten Entwicklung und Produktion enter arbeiten? Das ist doch die alles ent- ßigen Abständen mit großer Beharrlichkeit im Schaltschrankbau Gold wert ist. Lebens- scheidende Frage. Dafür ist es notwendig, hinterfragt werden. langes Lernen ist kein leeres Schlagwort, über den Tellerrand zu blicken. sondern die Lösung. Der neue VX25 ist ein Bleiben noch Entschlossenheit und blendendes Beispiel dafür. Wir haben für Das heißt? Dass es am Anfang erst einmal Struktur. Nehmen wir Industrie 4.0. Wir die Prozessaufnahme und -analyse beim um die wahren Bedürfnisse der weltweiten müssen solche Megatrends als Marktfüh- Kunden auf wissenschaftlich fundierte Me- Kunden geht – und erst ganz am Ende um rer so treffsicher antizipieren und so kon- thoden gesetzt, externe Querdenker ins das Produkt. Natürlich ist bei der Pro- sequent im Produkt umsetzen, dass un- Team geholt und uns bei ganz anderen duktentwicklung der Transfer in die prakti- sere Lösungen für uns und unsere Branchen umgeschaut – eine wichtige Ba- sche Anwendung eine stramme Herausfor- Kunden Zukunftssicherheit bieten. Das sis für Innovationen. Das Ergebnis ist pure derung. Der wichtigste Parameter ist der schafft dann für alle einen echten Mehr- Inspiration. Erfolg unserer Kunden. wert. 01 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 29
MAGAZIN WISSEN Antworten auf einen Klick Big Data, Internet of Things und Edge-Com- Rittal. Für komplizierte Fragestellungen und puting – die aktuellen Trends verändern die besondere Einsatzszenarien bietet Rittal die Weltwirtschaft rasend schnell und nachhal- Möglichkeit der Kontaktaufnahme. Kunden tig. Auf der neuen Website IT informiert Rittal können so schnell und einfach mit den Ex- über das große Lösungsportfolio und erläu- perten in den Dialog treten. Dank „Respon- tert deren Einsatz anhand von konkreten sive Design“ ist die Website auch unterwegs Anwendungsbeispielen. „Mit unserer neuen auf mobilen Endgeräten abrufbar. Website IT und unserer Lösungskompetenz www.rittal.com/it-solutions unterstützen wir Kunden optimal bei der Ent- scheidungsfindung“, erläutert Dirk Miller, Executive Vice President Marketing bei | 30
Auszeichnung Unter einem Dach für Innovation Am 11. Dezember feierten Kunden, Lieferan- mit Kunden. Auf weiteren 480 Quadratme- Das Wirtschaftsmagazin „Brand Eins“ und ten, Politiker und Verbände den Bau einer tern Fläche können Kunden sich außerdem das Online-Portal Statista zeichneten Rittal gemeinsamen Vertriebszentrale von Rittal interaktiv über Lösungen von Rittal und kürzlich als „Innovator des Jahres 2018“ und Eplan in Italien. Im Mailänder Pioltello Eplan informieren. „Mit dem neuen Gebäu- aus. „Wir sind stolz, dass wir als innovati- bietet der 3.700 Quadratmeter große Neu- de setzen wir ein Zeichen für moderne Ge- ves Unternehmen überzeugt und so den bau neben Büros für 100 Mitarbeiter auch bäudetechnik zum Nutzen von Kunden, Sprung in die Bestenliste geschafft haben“, Platz für zahlreiche Trainings- und Bespre- Mitarbeitern und Umwelt“, betont Marco freut sich Dr. Thomas Steffen, Geschäfts- chungsräume für kurze Abstimmungswege Villa, Geschäftsführer von Rittal Italien. führer Forschung und Entwicklungen bei Rittal. Bereits zum dritten Mal stellten die beiden Wirtschaftsmedien eine Bestenliste der innovativsten Unternehmen Deutsch- lands zusammen. Rittal schaffte es erst- Impulse für den mals in das Ranking. Ausgezeichnet wer- den Unternehmen, die durch innovative Schaltschrankbau Entwicklungen einen deutlichen Wettbe- werbsvorteil gewinnen. Wie sieht die Fertigung von Schaltschrän- ken in der Zukunft aus? Dieser Frage geht das Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungsein- richtungen der Universität Stuttgart in einer starke Partner neuen Studie auf den Grund. Der größte Fit in allen Zeitfresser: die Verdrahtung. Fast 54 Stun- den und damit fast die Hälfte der Ferti- Bereichen gungszeit wird nur hierfür aufgewendet. Rittal und 18 weitere Unternehmen – darun- Um diesen und andere Arbeitsschritte im ter Siemens – haben die weltweite Nutzer Vorsprung durch Wissen bietet Rittal seinen Schaltschrankbau nachhaltig zu beschleu- organisation „MindShpere World“ gegrün- Kunden mit zahlreichen Fachseminaren nigen, untersuchten die Forscher mögliche det, um das Ökosystem des cloud-basierten, und Workshops zu Themen wie Stromver- Automatisierungs- und Digitalisierungspo- offenen IoT-Programms MindShpere weiter teilung, Rack-Security und Klima-Planung. tenziale. Die Ergebnisse gibt es exklusiv bei auszubauen. Indem die Unternehmen die In den Weiterbildungen lernen Interessen- Eplan unter www.eplan.de/study-isw/ Entwicklung und Optimierung von IoT-Lö- ten innerhalb eines Tages alle Möglichkei- sungen weiter vorantreiben, möchten sie ten der Produktanwendung kennen. Im 90 % gemeinsam neue Märkte in der digitalen Bereich IT-Klimatisierung liegt der inhaltli- Wirtschaft erschließen. „Das breite Know- che Schwerpunkt beispielsweise auf der how und Angebot aller Partner in der Rackklimatisierung sowie den Klimatisie- MindSphere World eröffnet Anwendern rungsmöglichkeiten von Serverrräumen. weltweit völlig neue Potenziale in der Digi- Das Lernziel: die Kunden sollen die Klima- talisierung“, sagte Klaus Helmrich, Mitglied komponenten am Ende des Tages optimal weniger Zeitaufwand entstehen bei der elektrischen Bestückung, wenn digitale des Vorstands der Siemens AG. Weitere auswählen und einsetzen können. Weitere Schaltschrankmodelle für eine Vorkon Informationen zum Verein unter Informationen unter fektionierung der Klemmen genutzt werden. www.mindsphereworld.com www.rittal.de/Fachseminare 01 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 31
WISSEN | DI G I TA LI S IE RU N G Die papierlose Fertigung Digitalisierung. Dicke Ordner mit gedruckten Schaltplänen sind seit Jahren ein typisches Bild im Schaltanlagenbau. Sind die Pläne nicht auf dem aktuellsten Stand, kommt es schnell zu Fehlern. Um das zu vermeiden und bei der Verdrahtung der Schaltschrän- ke Zeit zu sparen, testet die Schaltanlagenbau GmbH H. Westermann Eplan Smart Wiring – mit durchschlagendem Ergebnis, wie eine Analyse des Fraunhofer- Instituts zeigt. Text: Dr. Jörg Lantzsch 1 rbeitserleichterung beim Verdrahten A der Komponenten: Direkt an seinem Arbeitsplatz kann der Mitarbeiter auf die Planungsdaten zugreifen. Auf dem Tablet erkennt er alle zu verdrahtenden Verbindungen auf einen Blick. 2 Dicke Ordner beim Schaltanlagenbau? Mit Eplan Smart Wiring wird die Fertigung papierlos. 3 Vom Handwerksbetrieb zum modernen Industrieunternehmen: Das Digitalisie- rungsprojekt strukturiert die Arbeitspro- zesse neu und optimiert die Produktion. 2 | 32
D IGITA LISIER U NG | WISSEN S chaltschränke ohne gedruck- ten Schaltplan verdrahten? Das konnte sich bei der Schaltanlagenbau GmbH H. Westermannn jahrzehntelang niemand vorstellen. „Eigentlich komisch, denn ein gedruckter Schaltplan bringt natür- lich auch viele Nachteile mit sich“, weiß Heinz- Dieter Finke, Technischer Geschäftsführer bei Westermann. So etwa beim Schichtwechsel: Wie weit ist der Kollege mit der Arbeit ge- kommen? Welche Verdrahtungen fehlen? Und wie sind die handschriftlichen Anmer- kungen auf dem Schaltplan zu verstehen? Um solche Schwierigkeiten in Zukunft mög- lichst zu vermeiden, setzt das Unternehmen bei der Schaltschrankverdrahtung seit Kur- zem auf eine digitale Verdrahtungslösung. Unterstützt wird es vom Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik (Fraunhofer IEM) und dem Bundesministerium für Wirt- schaft und Energie. „Als Teil des Kompetenz- zentrums Digital in NRW stehen wir mittelstän- dischen Unternehmen bei der Digitalisierung zur Seite“, erläutert Robert Joppen, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fraunhofer IEM das Projekt bei der Schaltanlagenbau GmbH H. Westermann betreut. Im Rahmen des Kompetenzzentrums entwickeln Joppen und seine Kollegen individuelle Lösungen für die Realisierung von Industrie 4.0. Die Digita- lisierung im Schaltanlagenbau ist dabei aber 1 nur eins von insgesamt sechs sogenannten Umsetzungsprojekten. Die hier erzielten Er- folge sollen später als Vorbild für andere Unternehmen aus der Branche dienen. VOM HANDWERKSBETRIEB ZUM INDUSTRIEUNTERNEHMEN Die Schaltanlagenbau GmbH H. Wester- mann aus Minden ist ein typischer Vertreter der mittelständisch geprägten Branche. An zwei Standorten beschäftigt das 1983 ge- gründete Unternehmen rund 70 Mitarbeiter. „Wir stehen an der Schwelle vom Hand- werksbetrieb zum Industrieunternehmen“, sagt der Kaufmännische Geschäftsführer Uwe Friedrichs. Schaltanlagenbau, Auto- matisierungstechnik und Kabelkonfektionie- rung sind die wesentlichen Tätigkeitsfelder. „Mit der Erweiterung der Produktions- flächen haben wir unsere Fertigung opti- 3 miert“, erzählt Finke. „Wir haben uns neu aufgestellt und die Abläufe neu strukturiert. Das Digitalisierungsprojekt passt daher sehr gut in unsere Strategie.“ Generell bie- te die Digitalisierung nach Meinung des Geschäftsführers interessante Potenziale in diesem sich verändernden Markt. Die Ausgangsfrage bei dem Projekt lau- tete: Was bedeutet Industrie 4.0 für den 01 | 2018 | Das Magazin der Friedhelm Loh Group | be top | 33
WISSEN | DI G I TA LI S IE RU N G 25 Schaltanlagenbau? In einer Studie wurden ben wir die papierlose Fertigung als dazu zunächst verschiedene Unternehmen mögliches Projekt identifiziert“, erläutert aus der Branche befragt, um so wichtige Robert Joppen. Bisher werden die Schalt- Trends zu identifizieren. Dabei wurde die ge- pläne ausgedruckt und stehen dem Elektri- samte Prozesskette von der Projektierung ker, der die Verdrahtung vornimmt, während über Arbeitsvorbereitung, mechanische Be- seiner Arbeit zur Verfügung. Jede durchge- arbeitung, Bestückung der Komponenten, PROZENT führte Verdrahtung wird im Schaltplan ab- Verdrahtung bis hin zu Prüfung und Inbetrieb- schneller ist ein gelernter Mitarbeiter gehakt, um so den Arbeitsfortschritt zu do- nahme betrachtet. „Mit rund 50 Prozent des bei der Verdrahtung, wenn er durch Eplan kumentieren. Dieses klassische Verfahren Arbeitsaufwands stellt das Verdrahten den Smart Wiring unterstützt wird. hat mehrere Nachteile: So sind die Markie- größten Anteil am Gesamtaufwand zur Erstel- rungen teilweise sehr individuell; führt ein 16 lung eines Schaltschranks dar“, weiß Joppen. Mitarbeiter etwa die angefangene Arbeit Hier liegt somit eines der größten Potenziale eines Kollegen weiter, was beispielsweise im im Unternehmen. Diese lassen sich natürlich Schichtbetrieb häufig vorkommt, muss er nur durch eine ganzheitliche Sichtweise auf sich erst in dessen Markierungen zurecht- das Unternehmen heben.“ finden. Außerdem ist ein gedruckter Schalt- Daher hat sich das Umsetzungsprojekt plan immer nur das Abbild des Projekts zu auf diesen Teilprozess innerhalb der gesam- PROZENT einem bestimmten Zeitpunkt. Änderungen, ten Prozesskette konzentriert. Bei der Um- Zeit sparen Auszubildende bei der die nach dem Ausdruck des Schaltplans setzung des Projekts war ein Begleitkreis Verdrahtung mithilfe der Eplan Lösung. vorgenommen werden, sind darin nicht ent- beteiligt, der sich aus Vertretern der Unter- halten. Auch wenn der Elektriker die Ver- nehmen Eplan, Phoenix Contact, Rittal, drahtung anders ausführt als auf dem 19 Wago und Weidmüller zusammensetzt. Die- Schaltplan vorgesehen, dokumentiert er se lieferten fachliches Know-how für Kompo- dies nur auf der ausgedruckten Version. nenten, Software und Prozesse im Bereich Um eine durchgängige und stets aktuel- Schaltanlagenbau und brachten ihre eige- le Datenhaltung während der Verdrahtung nen Praxiserfahrungen in das Projekt ein. zu gewährleisten, sollte der Mitarbeiter auf die digitalen und damit stets aktuellen Pla- PAPIERLOS VERDRAHTET VERDRAHTUNGEN nungsdaten zugreifen können. Gleichzeitig schafften ungelernte Mitarbeiter mithilfe kann eine digitale Verdrahtungsunterstüt- Das Verdrahten der Komponenten im Schalt- der Eplan Software – ohne Eplan Smart zung eine wertvolle Arbeitserleichterung schrank ist mit viel manueller Arbeit verbun- Wiring waren es null. darstellen. „Zunächst war nicht klar, ob wir den. „Bei der Aufnahme der Istsituation ha- im Rahmen des Projekts selbst eine Tab- 4 4 J eder Draht hat seinen festen Platz: Fehler werden durch die digitale Verdrahtungslö- sung deutlich reduziert werden. 5 5 Übergaben beim Schichtwechsel werden durch Eplan Smart Wiring leichter. | 34
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