Zeit, dass sich was dreht - Impulspapier für ein zukunftsfähiges Sternenfels 12 Themenfelder zu Sternenfels und Diefenbach - beim NABU Sternenfels

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Zeit, dass sich ´was dreht

Impulspapier für ein zukunftsfähiges
           Sternenfels

      12 Themenfelder zu Sternenfels und Diefenbach

                    Dr. Stefan Bosch
                       Bernd Pelz
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2., überarbeitete Auflage 2021
Revision 0

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„Frisch also! Mutig ans Werk!“

                                       Friedrich Schiller

Die Autoren:

Dr. Stefan Bosch

Sternenfels-Diefenbach

Facharzt für Anästhesiologie

Fachbeauftragter für Ornithologie und Vogelschutz
im NABU-Landesverband Baden-Württemberg e. V.

Initiativperson in Sternenfels
des NABU-Landesverband Baden-Württemberg e. V.

Bernd Pelz

Sternenfels

IT-Produktmanager

Vorsitzender
Schwäbischer Albverein e. V., Ortsgruppe Sternenfels

Radwegepate
Landkreis Enzkreis

Kontakt:
info@impulse-sternenfels.de

                           Impulspapier für ein zukunftsfähiges Sternenfels   3
Sternenfelser Bürger können das Impulspapier als PDF-Dokument bei den Autoren kostenlos
anfordern unter folgender E-Mail-Adresse:

info@impulse-sternenfels.de 

Wir freuen uns auf Ihr Interesse!

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir in diesem Dokument auf die gleichzeitige
Verwendung weiblicher und männlicher Sprachformen und verwenden das generische Maskulin.
Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beide Geschlechter.

4                           Impulspapier für ein zukunftsfähiges Sternenfels
Inhalt
Vorwort ..............................................................................................................................................7
Übersicht der zwölf Themenfelder ......................................................................................................9
Mehr Demokratie ............................................................................................................................. 12
   Möglichkeiten besserer Information und Kommunikation ............................................................. 16
   Verantwortung für den demokratischen Nachwuchs ..................................................................... 19
Wohnbau- und Gewerbeentwicklung ................................................................................................ 20
   Das gute Erreichte wertschätzen ................................................................................................... 20
   Nachhaltige Entwicklungsplanung statt blindem Wachstum .......................................................... 21
   Kritik an den auf Basis von § 13b BauGB geplanten Baugebieten ................................................... 23
   Kritik am Bebauungsplan „Westlich Schwannstraße“ .................................................................... 27
   Nahrungsmittel oder Flächenversiegelung?................................................................................... 28
   Überschätzte fiskalische Wirkung neuer Baugebiete ..................................................................... 30
   Appell, das große Ganze zu sehen ................................................................................................. 31
Stärkung und Ausbau der Infrastruktur ............................................................................................. 32
   Versorgung der Bürger .................................................................................................................. 32
   Mobilität ....................................................................................................................................... 35
   Digitale Netze ............................................................................................................................... 37
   Unterstützung moderner Arbeitsformen ....................................................................................... 38
Schaffung einer attraktiven Ortsmitte ............................................................................................... 40
Umwelt- und Naturschutz und Ernährungssicherung ........................................................................ 42
   Umwelt- und Naturschutz ............................................................................................................. 42
   Ernährungssicherung .................................................................................................................... 53
Klimaschutz ...................................................................................................................................... 57
   Manche Lösungen fangen im Kleinen an ....................................................................................... 57
Tourismusdorf .................................................................................................................................. 61
   Vernachlässigung touristischer Aspekte ........................................................................................ 62
   Ideen zur Förderung des Tourismus .............................................................................................. 62
   Notwendige Einschränkungen ....................................................................................................... 69
Digitalisierung ................................................................................................................................... 71
Vereinsförderung .............................................................................................................................. 73
Kultur ............................................................................................................................................... 77
Öffentliche Ordnung ......................................................................................................................... 78
Ortsbestimmung ............................................................................................................................... 80
Nachwort .......................................................................................................................................... 81

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Korrekturen
Da wo Menschen arbeiten, können Fehler nie ganz ausgeschlossen werden. Uns liegt sehr an der
Korrektur von Fehlern. Sollten sich in unserem Werk Fehler eingeschlichen haben, werden diese
berichtigt und die Korrekturen hier transparent und nachvollziehbar aufgeführt.

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Vorwort
Die Gemeinde Sternenfels mit ihren beiden Ortsteilen Sternenfels und Diefenbach war bis vor 12
Jahren eine landes- und bundesweit ländliche Mustergemeinde mit hoher kommunaler
Innovationskraft. Angefangen mit kleineren Preisen im Kreisumfeld über mehrere Gold-
Auszeichnungen im Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ auf Landes- und Bundesebene bis
hin zur Teilnahme an der Expo 2000 in Hannover. Kommunale Bürgeraktionen wurden ausgezeichnet
und das Anfang der 2000er Jahre mit großem Mehrwert für die Bürger entwickelte
Dienstleistungszentrum KOMM-IN hatte Strahlkraft bis weit über die Orts- und Landesgrenzen
hinaus. Neubaugebiete wurden mit Bedacht entwickelt und auf eine Art und Weise realisiert, die bis
heute nichts an Attraktivität verloren hat.

Alle fünf Jahre treten Parteien und Organisationen zur Gemeinderatswahl an und versprechen ihren
Wählern allerhand Maßnahmen zur Entwicklung der Kommune und eine transparente Bürgerpolitik.
Versprochen wurde viel in den letzten beiden Gemeinderatswahlen: Von der Stabilisierung der
Nahversorgung über eine nachhaltige Gestaltung der Sternenfelser Ortsmitte bis hin zur Entwicklung
eines Tourismuskonzeptes, Bürgerbeteiligung, Hochwasserschutz, einem besseren ÖPNV und dem
Erhalt der Kulturlandschaft. Auch die beiden gewählten Kandidaten der Bürgermeisterwahlen in 2014
und 2015 versprachen vieles und insbesondere auch die gute Information und die Mitsprache und
Mitwirkung der Bevölkerung.

In den letzten 10 Jahren ist durch eigenen Antrieb der Gemeinde nichts Wesentliches mehr für eine
gute und nachhaltige Entwicklung entstanden. Leitplanken für eine nachhaltige und behutsame
Weiterentwicklung der Kommune wurden nicht erarbeitet. Wichtige Themen, wie z. B. die neue
Ortsmitte in Sternenfels, standen immer wieder einmal erfolglos auf der Agenda. Der so elementare
Hochwasserschutz für Diefenbach wurde nicht substanziell verbessert. Die Nahversorgung hat in
dieser Zeit sehr gelitten, sind doch viele Einkaufsgeschäfte verschwunden. Der notwendige
nachhaltige Umwelt-, Natur- und Artenschutz hat keine Lobby.

Zudem sorgt die bisherige mangelhafte Kommunikation, sowohl von Seiten der Gemeindeverwaltung
als auch von Seiten der Gemeinderatsfraktionen, nicht für ein gesteigertes Vertrauen in der
Bevölkerung. Auch entsteht der Eindruck, die großen Visionen, der Kompass für das große Ganze,
scheint verloren gegangen zu sein.

Politik ist ein schwieriges Metier, insbesondere auch auf kommunaler Ebene. Allen Akteuren, die sich
ernsthaft und mit Herzblut einbringen, gilt großer Dank und Anerkennung.

Die Autoren dieses Papiers haben keine Patentrezepte, sehen aber diverse Verbesserungspotentiale
und die Notwendigkeit, Visionen für wichtige Zukunftsfragen gerade auch im Kontext des laufenden
Gemeindeentwicklungsprozesses „Sternenfels 2035“ zu entwickeln. Dieses Papier soll dazu dienen,
aus der Sicht engagierter und besorgter Bürger wichtige Zukunftsthemen anzusprechen und die
Gemeindeverwaltung und den Gemeinderat mit Impulsen zu unterstützen.

Das Impulspapier soll aber auch den interessierten Bürgern von Sternenfels zur Verfügung stehen,
denn wir sind überzeugt davon, dass dieses Papier die Leser zu weiteren wertvollen Impulsen
anregen wird. Mit Gemeinschaft und Solidarität kann man Enormes erreichen. Wir alle haben ein
gemeinsames Ziel: Ein zukunftsfähiges Sternenfels!

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8   Impulspapier für ein zukunftsfähiges Sternenfels
Übersicht der zwölf Themenfelder
Mehr Demokratie
Die Kommune als kleinste Verwaltungseinheit im Staat hat großen Einfluss auf eine gelebte
Demokratie. Versprochen wurde viel. Jedoch fand in den vergangenen Jahren weder von der
Gemeindeverwaltung noch von den Gemeinderatsfraktionen eine ausreichende Information der
Bürger statt. Die Bürger werden nicht mitgenommen und haben keinen Kanal für einen öffentlichen
Diskurs. Eine jährliche Einwohnerversammlung, eine regelmäßige Kommunikation der
Gemeinderatsfraktionen, verständliche und erläuternde amtliche Mitteilungen, online abrufbare
Sitzungsunterlagen und Gemeinderatsprotokolle, Leserbriefe im Mitteilungsblatt und eine
Beteiligung der Jugend fördern die politische Teilhabe und stärken die Demokratie auf lokaler Ebene.

Wohnbau- und Gewerbeentwicklung
Obwohl Sternenfels nur noch wenig Fläche im Außenbereich besitzt, wurde die Aufstellung einer
noch nie dagewesenen Anzahl neuer Baugebiete im Außenbereich beschlossen. Es findet ein
regelrechter Ausverkauf von Sternenfels und Diefenbach teils im Schnellverfahren statt ohne
Rücksicht auf unseren Naturraum und den wichtigen Nahrungsmittelanbau. Und das, obwohl in den
Teilorten noch zahlreiche unbebaute, aber erschlossene Bauplätze vorhanden sind und in den
Ortskernen Leerstände drohen. Gefangen in den alten Mustern des ewigen Wachstums hat man den
Blick auf das große Ganze verloren. Wir gefährden damit unseren Status als Gemeinde im Ländlichen
Raum – übrigens die einzige im ganzen Enzkreis - und gefährden damit die Bezugsmöglichkeit von
Fördergeldern, auf die andere Kommunen neidisch blicken. Zudem werden die Steuereinnahmen und
finanziellen Zuweisungen durch Neubürger überschätzt, stehen diesen doch laufend höhere
Infrastrukturausgaben entgegen. Zudem wird das in der Vergangenheit gute Erreichte nicht mehr
wertgeschätzt. Wir stehen an einem Kipp-Punkt und realisieren nicht, dass bereits innovative
Gemeinden andere Schwerpunkte setzen für eine gute und nachhaltige Dorf- und
Siedlungsentwicklung.

Stärkung und Ausbau der Infrastruktur
Die medizinische Versorgung im ländlichen Raum ist auf einem kritischen Pfad. Aktivitäten zur
weiteren Ansiedlung von Senioren sind deshalb zu hinterfragen. Zudem wird es Zeit, sich in Bezug auf
den mittlerweile nicht mehr zu übersehenden Klimawandel mit der Trickwassersicherheit zu
beschäftigen. Für die Bürger negativ ist der weitere Rückgang der örtlichen Gastronomie. Konzepte
dagegen, wie z. B. Genossenschaftsmodelle, sind zu entwickeln und in diesem Rahmen vorhandene
Förderungen zu nutzen. Die Nahversorgung könnte um einen Wochenmarkt ergänzt werden. Das
Kapitel Mobilität enthält u. a. verschiedene Ideen zur Verbesserung des ÖPNV. Die
Breitbandversorgung ist konsequent weiter voran zu treiben. Die Bereitstellung eines öffentlichen
WLANs ist nicht zielführend.

Schaffung einer attraktiven Ortsmitte
Seit 20 Jahren beschäftigt sich die Gemeinde mit der Ortsmitte in Sternenfels. Diese im wahrsten
Sinne des Wortes zentrale Angelegenheit wurde nach mehreren Anläufen immer wieder vertagt.
Dabei ist eine attraktive und funktionale Ortsmitte wichtig für Bürger und Vereine. Die Ertüchtigung
darf nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden.

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Umwelt- und Naturschutz und Ernährungssicherheit
Die Auswirkungen der Menschen auf unsere Umwelt dürfen auch auf lokaler Ebene nicht ignoriert
werden. Sternenfels war in der Vergangenheit bzgl. einer behutsamen und ökologisch orientierten
Dorfentwicklung viel weiter als heute. Hier müssen wir wieder hin. Wir müssen uns zum Naturpark
bekennen und alles daran setzen, die Artenvielfalt zu erhalten und zu fördern. Regional angebaute
hochwertige Lebensmittel werden immer wichtiger. Flächen dafür dürfen nicht bedenkenlos
versiegelt werden. Der Weg zur Stärkung der Artenvielfalt ist eine Reise, die wie jede Reise mit dem
ersten Schritt vor unserer Haustüre beginnt.

Klimaschutz
Klimaschutz fängt im Dorf an. Transparenz über die Treibhausgas-Emissionen am Ort sind wichtig.
Zahlen hierzu liegen vor, müssen jedoch eingeordnet werden. Viele Lösungen zum Klimaschutz
fangen im Kleinen an, wie z. B. die Förderung des lokalen und regionalen Fahrradverkehrs, die
Kanalisierung klimakritischer Aktivitäten und eine Earth Hour für Sternenfels.

Tourismusdorf
Wir verfügen über eine gute Ausgangslage für touristische Angebote. Touristische Aspekte sind aber
in den letzten Jahren vernachlässigt worden und so gilt es grundsätzlich, auch den Sinn und Zweck
des bestehenden, an sich geringen touristischen Engagements zu hinterfragen. Ideen zur Förderung
des Tourismus basieren auf der Pflege bestehender Einrichtungen und deren Ausbau, wie z. B.
Schlossberg-Kiosk und –Turm, Wohnmobilstellplätze, Radtransport im ÖPNV. Das Marketing sollte,
auch gemeinsam mit der Kraichgau-Stromberg-Touristik, weiterentwickelt werden. Neues Angebot
könnte eine Downhill-Strecke für Mountainbiker sein. Die Gemeinde sollte aus eigenem Antrieb
heraus bzgl. der Ausgrabungsstätte Zwerchhälde den Kontakt zu den entsprechenden
Landesbehörden suchen.

Digitalisierung
Die Inhalte des Mitteilungsblatts sollten auch auf digitalen Kanälen erreichbar sein. Deshalb sind
Gespräche mit Amtsblattverlagen zu suchen, die eine solche zeitgemäße Möglichkeit anbieten. Die
Webpräsenz der Gemeinde bedarf einer grundlegenden Erneuerung. Kommunale Dienstleistungen
werden in den nächsten Jahren verstärkt verfügbar sein. Die Gemeindeverwaltung sollte sich
frühzeitig diesem Themenkomplex annehmen, damit auch die Bürger in Sternenfels zeitnah die
Vorteile nutzen können. Bürger ohne digitalen Zugang dürfen nicht von Dienstleistungen
ausgeschlossen werden.

Vereinsförderung
Vereine sind von außerordentlicher Bedeutung für eine attraktive und gesunde Kommune. Die
Förderung der Vereine ist deshalb eine wichtige Aufgabe der Gemeinde. Die Förderung muss jedoch
nicht zwingend im monetären Bereich liegen, da Vereine i. d. R. weniger mit den finanziellen
Möglichkeiten kämpfen, sondern viel mehr gegen den Mitgliederschwund. Deshalb sind Themen wie
z. B. die bessere werbliche Möglichkeit von Vereinen im Mitteilungsblatt wichtiger oder sonstige
Unterstützungsleistungen der Gemeinde, wie z. B. infrastrukturelle Maßnahmen.

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Kultur
Durch die rege Vereinsarbeit wird bereits einiges an Kultur geboten. Neben Straßenfest und
Mandelblüte könnten weitere Veranstaltungen mit überregionaler Ausstrahlung positiv auf die
Gemeinde wirken. Wichtig hierbei sind besondere Event-Locations, die mit der Schlossberg-Wiese
verfügbar wären. Mit Mut und bei gutem Erfolg einer dort angesiedelten Kulturveranstaltung könnte
sich ggf. ein Sternenfelser Schlossberg-Sommer etablieren.

Öffentliche Ordnung
Regeln gelten einem guten auskömmlichen Miteinander. Leider werden immer wieder Regelungen
missachtet, wie das Entfernen von Hundekot oder das Wegwerfen von Kleinmüll, wie z. B.
Zigarettenkippen. Das Publizieren von Hinweisen im Mitteilungsblatt führt zu keinen Lösungen.
Bürger sollten besser z. B. im Rahmen von Aktionstagen sensibilisiert werden.

Ortsbestimmung
Das Sieben-Sterne-Profil der Gemeinde ist mittels Leitplanken gut entwickelt. Die Leitplanken
„Gründerdorf“ und „Mediendorf“ sind auf ihre heutige Berechtigung hin zu prüfen. Zeitgemäße
Leitplanken wie Klima, Nachhaltigkeit oder generell die Zukunft könnten mehr Sinn stiften. Die
wichtige Leitplanke „Bürgerdorf“ muss wieder mit Leben erfüllt werden.

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Mehr Demokratie
Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit
Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit und es muss permanent an ihr gearbeitet werden. Wer es
schafft, die Bürgerinnen und Bürger zur Mitsprache und zum Engagement zu motivieren, hat auf
jeden Fall bessere Aussichten, eine attraktive Kommune zu bleiben.1

Große Anerkennung erhielt die Gemeinde Sternenfels aufgrund ihrer gelungenen nachhaltigen
Entwicklung in den 90er und 2000er Jahren. Winfried Kretschmann, Ministerpräsident des Landes
Baden-Württemberg, stellt in seinem Grußwort im Informationsheft aus 2011 dazu die Mitwirkung
der Bürgerschaft als zentralen Punkt dar: „Das gemeinsame Anpacken, Planen und Entscheiden
bedeuten gelebte Bürgerbeteiligung“.2

Mitsprache und Engagement kann aber nur entstehen, wenn die Bürger immer wieder umfassend
und rechtzeitig über die wichtigen Themen der Kommune informiert werden. Diese
Informationskultur ist in den letzten Jahren in Sternenfels verloren gegangen. Noch nie gab es von
Seiten der Gemeindeverwaltung eine so mangelhafte Bürgerinformation, die sich über den Zeitraum
von mindestens der letzten fünf Jahre festmachen lässt. Bedeutende aktuelle Beispiele sind:

        Baugebiete „Wohnen 60+“, „Am Falltor“, „Gewerbegebiet VII. Abschnitt“
         Im Mitteilungsblatt wurde jeweils nur mit einem Satz darüber informiert, dass es einen
         Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans gab, mit Abbildung eines Lageplans.3 Eine
         weitergehende Information vorher oder nachher fand nicht statt.
        Projekt Weidemilch Diefenbach GmbH & Co. KG
         In der Sitzung am 28. Mai 2020 gab der Gemeinderat grünes Licht für das private
         kommerzielle Projekt der Weidemilch Diefenbach GmbH & Co. KG. Die einzige
         Bürgerinformation der Gemeinde zu diesem für Sternenfelser Verhältnisse riesigen Projektes
         mit über 240 Milchkühen, Stall, Silos, Gülletanks, Biogasanlage, Brunnenbohrung für
         Grundwasserförderung und evtl. später gemäß Aussage der Landwirte auch ein Wohnhaus,
         bestand lange Zeit nur aus einem einzigen Satz im Mitteilungsblatt.4 Erst im November
         wurde aufgrund zunehmender Sorgen und Fragen aus der Bevölkerung eine
         Informationsveranstaltung durchgeführt.
        Keuperabbau
         Im Mitteilungsblatt war hierzu nur ein Satz zu lesen, in dem darüber informiert wurde, dass
         die Firma Wienerberger Probeentnahmen durchführt.5 Auch hierzu keine weitergehenden
         Informationen. Der Bürger bleibt völlig im Unklaren.
        Grünkonzept
         Ein raumgreifendes Grünkonzept wurde im Januar 2020 im Gemeinderat beschlossen.6
         Weitergehende Details hierzu sind nicht bekannt. Bürger sind überrascht, dass z. B. im

1
  Andrea Dittrich-Wesbuer, Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS), Themenheft zum
Wissenschaftsjahr 2013 „Den Wandel gestalten – die demografische Chance“
2
  Informationsheft „Unser Dorf hat Zukunft“ – Auf dem Weg zur Bürgergesellschaft – Grußworte, Stand 7/2011
3
  Mitteilungsblatt Gemeinde Sternenfels Nr. 1-2/2020 vom 9. Januar 2020
4
  Mitteilungsblatt Gemeinde Sternenfels Nr. 23/2020 vom 4. Juni 2020
5
  Mitteilungsblatt Gemeinde Sternenfels Nr. 27/2020 vom 2. Juli 2020
6
  Mitteilungsblatt Gemeinde Sternenfels Nr. 7/2020 vom 13. Februar 2020

12                            Impulspapier für ein zukunftsfähiges Sternenfels
Februar 2021 plötzlich zahlreiche Straßenbegleitbäume in der Brettener Straße gefällt
        wurden.

Argumente, die die Ursachen für die mangelhafte Kommunikation aktuell in der Corona-Krise
verorten,   können       nicht   akzeptiert     werden.    Mit   den       heutigen technischen
Kommunikationsmöglichkeiten lässt sich eine solche schlechte Kommunikation nicht entschuldigen.
Vielmehr entsteht der Eindruck, dass die sparsame Information gewollt ist.

Verschärft wird diese inakzeptable Informationspolitik durch die mangelhafte Information der
gewählten Bürgervertreter in den Gemeinderatsfraktionen. Seit zwei Jahren gab es im
Mitteilungsblatt der Gemeinde keine Informationen der Fraktionen zu expliziten kommunalen
Themen. Die letzte Information stammt von der Fraktionsgemeinschaft Freie Wähler und SPD vom
28. Februar 2019 und bezog sich auf die installierte Treppe am Schnittgut-Container auf dem
Häckselplatz.7 Die letzte Information der LfSuD datiert auf den 14. Februar 2019 und geht auf den
beschlossenen Haushaltsplan 2019 ein wie ebenso die Fraktionsgemeinschaft Freie Wähler und SPD
zum gleichen Datum.8 Erwähnenswert ist, dass in dieser Stellungnahme zum Haushaltsplan die
Fraktionsgemeinschaft Freie Wähler und SPD explizit folgendes anspricht: „Deshalb sind unserer
Fraktion die Bereiche Bürgerbeteiligung und Bürgerinformation besonders wichtig. Kommunikation
und Transparenz sind Schlüsselwerte für eine gelingende Kommunalpolitik im Interesse der
Bürgerschaft“.9 Den Fraktionen ist offensichtlich der immense Wert einer guten Bürgerinformation
sehr wohl bekannt. Dennoch war lange Zeit das aber das letzte, was man von den Fraktionen seither
im Mitteilungsblatt lesen konnte. Das war, wie gesagt, vor genau zwei Jahren!

Erst Anfang Februar 2021 meldeten sich beide Gemeinderatsfraktionen im Mitteilungsblatt wieder
zur kommunalpolitischen Themen zu Wort. 10

Dieses Verhalten in der Vergangenheit ist nicht sonderlich demokratiefördernd und steht im
Widerspruch zu den Versprechungen einer jeder Bürgermeister- und Gemeinderatswahl.

Zitate aus den Wahlkampagnen zur Gemeinderatswahl 2014:

Freie Wähler Sternenfels und Diefenbach:

       „transparente Politik“
        „Bürgerschaftliches Engagement , Bürgerbeteiligung

LfSuD – Liste für Sternenfels und Diefenbach:

       „offen, bürgernah“
       „fairer und wertschätzender Umgang im gegenseitigen Austausch“
       „Transparente Bürgerpolitik“

Lediglich die SPD machte damals keine Aussagen zu einer guten Information der Bürger.

7
  Mitteilungsblatt Gemeinde Sternenfels Nr. 9/2019 vom 28. Februar 2019
8
  Mitteilungsblatt Gemeinde Sternenfels Nr. 6/2019 vom 7. Februar 2019
9
  Mitteilungsblatt Gemeinde Sternenfels Nr. 7/2019 vom 14. Februar 2019
10
   Mitteilungsblatt Gemeinde Sternenfels Nr. 5/2021 vom 4. Februar 2021

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Zitate aus den Wahlkampagnen zur Gemeinderatswahl 2019:

Freie Wähler Sternenfels und Diefenbach:

        „Bürgerdialog“
        „offene und konstruktive Kommunikation mit unseren Bürgern“

LfSuD – Liste für Sternenfels und Diefenbach:

        „… wichtig, anstehende Entscheidungen offen … zu treffen“

Auch in 2019 gab es von Seiten der SPD keine Aussagen hinsichtlich einer informellen Beteiligung der
Bürger an kommunalen Themen.

Zitate des gewählten Bürgermeisters aus dem Bürgermeisterwahlkampf 2015:

        „für ein ehrliches Miteinander … und Offenheit“
        „für Mitsprache und Mitwirkung der Bevölkerung bei kommunalen Entscheidungen“
        „Der Dialog miteinander ist der Schlüssel für gute Gemeindepolitik“

Zitate der gewählten Bürgermeisterin aus dem Bürgermeisterwahlkampf 2020:

        „Bürgernahe und transparente Gemeindepolitik“
        „ehrliche und wertschätzende Kommunikation“
        Konstruktive und zielgerichtete Zusammenarbeit mit der Bürgerschaft …“

Und in der Tat gibt es nun unter der neuen Bürgermeisterin erste Anzeichen für eine bessere
Interaktion mit den Bürgern. Im März 2021 findet die erste im Wahlkampf versprochene
Einwohnerversammlung („Bürgerversammlung“) statt. Das lässt auf eine bessere Kommunikation in
der Zukunft hoffen.

Unabdingbar für ein gutes Miteinander ist, dass die Bürger der Gemeinde Kenntnis erlangen können
über öffentliche Themen, die bearbeitet werden und über Hintergründe für Entscheidungen im
Gemeinderat. Entscheidungen müssen für die Bürgerschaft nachvollziehbar sein und es muss
erkennbar sein, dass Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen getroffen werden ohne
Einflussnahme durch Lobbyinteressen. Nur so ist Vertrauen möglich und über die Zeit die
demokratische Willensbildung.

Demokratie beginnt auf kommunaler Ebene und kann dort von den Bürgern direkt erlebt werden. Die
Kommune ist die Basis für eine gelebte und akzeptierte Demokratie und hat damit einen sehr hohen
Stellenwert für das Land, in dem wir leben. Demokratie ist mehr als nur alle paar Jahre zur Wahlurne
zu gehen und seine Stimme abzugeben. Nur gut informierten Bürgern ist es möglich, seriös ihre
Stimmen zu vergeben. Alle fünf Jahre die wichtige Kommunikation in der Wahlwerbung zu
versprechen ist zu wenig. Die Bürger ernst zu nehmen, muss wieder ernst genommen werden! Die
gute Kommunikation steht alleine in der Macht der gewählten Kandidaten, niemand hindert sie
daran. Informiert die Bürger! Versprochen ist versprochen!

Zum demokratischen Diskurs gehört eine lebendige Debatte, um die vielfältigen Interessen und
Bedürfnisse abzuwägen. Demokratie ist ein Wettstreit um die besten Lösungen für das Jetzt und die
Zukunft. Streit an sich ist nichts Schlimmes oder Schlechtes. Streit um der Sache wegen kann gut sein

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für die Sache. Einheitliche Beschlüsse im Gemeinderat, wie sie in der Vergangenheit schon von
Bürgern gefordert wurden, sind deshalb nicht zwingend notwendig. Überwiegend einstimmige
Beschlüsse, ohne Kommunikation der Entscheidungsgründe, wirken nach außen hin auf Dauer eher
irritierend und lassen Fragen nach der Ernsthaftigkeit und der Unabhängigkeit der gewählten
Bürgervertreter aufkommen. Die Vielfalt sorgt für stabile Systeme, auch in der Politik!

                        Impulspapier für ein zukunftsfähiges Sternenfels                  15
Möglichkeiten besserer Information und Kommunikation
Kommunikation auf Augenhöhe
Die Gemeindeverwaltung publiziert wöchentlich im Mitteilungsblatt ihre amtlichen Nachrichten und
wird damit den gesetzlichen Vorgaben gerecht. Diese Informationen sind oftmals in der Sprache der
Verwaltung gehalten. Die allermeisten Bürger sprechen jedoch diese fachspezifische Sprache nicht
und somit sind oftmals Informationen aus dem amtlichen Teil unverständlich. Eine bürgerfreundliche
Gemeindeverwaltung muss darauf achten auf Augenhöhe mit ihren Bürgern zu sprechen. Eine
bürgerfreundliche Gemeindeverwaltung darf sich nicht beschränken auf die gesetzlich zwingend
notwendige Information. Diese taugt in der Regel nicht dazu, die Bürger mitzunehmen. Die
Gemeindeverwaltung muss darauf achten, dass eine informelle Teilhabe der Bürger möglich ist durch
eine gute Erläuterung der Fakten, ohne in die Amtssprache zu verfallen.

Auch muss es möglich sein, dass sich Bürger zu Themen umfassend informieren oder sich zu Themen
einbringen können, auch wenn sie nicht einen Gemeinderatsposten bekleiden können oder wollen.
Lapidare Hinweise, man hätte sich ja zur Gemeinderatswahl aufstellen lassen können, sind
diesbezüglich weder zielführend noch besonders wertschätzend und motivierend.11

Einwohnerversammlung
Laut Gemeindeordnung stehen den Bürgern Einwohnerversammlungen („Bürgerversammlung“) zu.12
Weil diese Versammlungen ein elementar wichtiges Instrument in der kommunalen Demokratie sind,
zitieren wir hier den 1. Absatz des Gesetzes:

Wichtige Gemeindeangelegenheiten sollen mit den Einwohnern erörtert werden. Zu diesem Zweck
soll der Gemeinderat in der Regel einmal im Jahr, im Übrigen nach Bedarf eine
Einwohnerversammlung anberaumen. Einwohnerversammlungen können in größeren Gemeinden
und in Gemeinden mit Bezirksverfassung oder Ortschaftsverfassung auf Ortsteile, Gemeindebezirke
und Ortschaften beschränkt werden. Die Teilnahme an der Einwohnerversammlung kann auf die
Einwohner beschränkt werden. Die Einwohnerversammlung wird vom Bürgermeister unter
rechtzeitiger ortsüblicher Bekanntgabe von Zeit, Ort und Tagesordnung einberufen. Den Vorsitz führt
der Bürgermeister oder ein von ihm bestimmter Vertreter. In Ortschaften können
Einwohnerversammlungen auch vom Ortschaftsrat anberaumt werden, ….

Eine solche Versammlung hat schon seit vielen Jahren nicht mehr stattgefunden. Das ist sehr
bedauerlich und zeigt, dass man sich innerhalb einer Legislaturperiode bisher nicht mit den Bürgern
auseinandersetzen wollte und diese Auseinandersetzung scheute.

Am 17. März 2021 findet nun die erste Einwohnerversammlung nach so vielen Jahren statt. Das ist
ein wichtiges Zeichen an die Bürger.

Für ein gutes demokratisches Klima, als vertrauensbildende Maßnahme und zur Kanalisierung von
Themen, die die Bürger beschäftigen, ist eine jährliche Einwohnerversammlung anzubieten. Die
Bürgerinnen und Bürger benötigen dieses Format zur Teilhabe und zum Austausch. Durch einen
öffentlichen Diskurs entstehen wertvolle Impulse, die der Gemeinde dienlich sind.

11
     Mühlacker Tagblatt vom 22. September 2020 „Die letzten Jahre waren verlorene Jahre“
12
     Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 20a

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Regelmäßige Kommunikation der Gemeinderatsfraktionen
Das Mitteilungsblatt der Gemeinde sieht ein eigenes Kapitel vor für Informationen der
Gemeinderatsfraktionen.13 Die Fraktionen sollen diese Möglichkeit nutzen um die Bürgerinnen und
Bürger regelmäßig über aktuelle Themen, Gedanken und Hintergründe von Entscheidungen zu
informieren. Nach den Gemeinderatswahlen danken die gewählten Bürgervertreter für das
entgegengebrachte Vertrauen. Dem Eindruck, dass mit Abgabe der Stimme auch die
Einflussmöglichkeiten abgegeben wurden und der Gemeinderat in einer Art Black Box autark agiert,
kann mit einer kontinuierlichen Kommunikation über das Mitteilungsblatt entgegengewirkt werden.
In der Demokratie gibt es keine Generalvollmacht.

Der Aufwand für eine konstante Kommunikation ist nicht zu unterschätzen. Sicher ist aber auch, dass
eine gute Kommunikation von den Bürgern wertgeschätzt wird. Mit Blick auf die Versprechungen in
den vergangenen Wahlkämpfen werden letztlich die Gemeinderatsfraktionen damit auch ihren
eigenen Ansprüchen gerecht.

Veröffentlichung von Beschlussvorlagen/Sitzungsvorlagen online
Die Gemeindeordnung Baden-Württemberg schreibt vor, dass die der Tagesordnung beigefügten
Beratungsunterlagen für öffentliche Sitzungen, also die sogenannten Beschlussvorlagen oder
Sitzungsvorlagen, auf der Internetseite der Gemeinde zu veröffentlichen sind. Sichergestellt werden
muss, dass keine personenbezogenen Daten oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse unbefugt
offenbart werden. Nur wenn die Entfernung personenbezogener Daten einen erheblichen Aufwand
oder erhebliche Veränderungen der Beschlussvorlage bedeuten würde, kann im Einzelfall von der
Veröffentlichung abgesehen werden.14 Dieser Einzelfall ist in Sternenfels leider ein permanenter
Zustand. Die Beschlussvorlage können nur Besucher der Gemeinderatssitzungen einsehen. In der
Regel liegen zwei Exemplare der oftmals sehr umfangreichen Werke aus, die sich die Besucher teilen
müssen. Bis jeder Interessierte ein Werk studiert hat, dauert es. Deshalb sind Besucher gezwungen,
die Beschlussvorlage während der laufenden Sitzung zu sichten. Das ist kein guter Zustand.

Über Transparenz schreibt die Bürgermeisterin im Mitteilungsblatt, dass man „in der Politik hier vom
Öffentlichkeitsprinzip spricht. Das bedeutet, dass die Öffentlichkeit über politische Aktivitäten
informiert wird. Dazu gehört bei uns, dass die Beschlussvorlage des Gemeinderats im Vorfeld der
Sitzung an die lokale Presse gesendet wird.“15 Da fragt man sich dann schon, warum nur die Presse
diese Informationen erhält und nicht auch die Bürger, die es betrifft? Muss man denn zwingend das
Mühlacker Tagblatt oder die Pforzheimer Zeitung abonniert haben, um die erforderliche Teilhabe zu
erlangen? Was, wenn man sich eine Tageszeitung nicht leisten kann oder will? Was, wenn man
Details wie z. B. Bebauungspläne sichten möchte, die aufgestellt werden sollen? Die Presse druckt
leider keine Beschlussvorlagen ab. Man ist angewiesen auf den Journalisten, über was er wie
berichtet. Das kann wirklich nicht die Transparenz sein, die wir als Bürger erwarten können. Die
Gemeindeordnung zeigt deutlich, was der Gesetzgeber unter Transparenz versteht!

Um der Vorgabe der Gemeindeordnung gerecht zu werden, haben nahezu alle 28 Gemeinden im
Enzkreis ein Ratsinformationssystem. Neben Sternenfels haben nur die Kommunen Remchingen,
Kämpfelbach und Königsbach-Stein ein solches System nicht!

13
   Redaktionsstatut für das Amtliche Mitteilungsblatt der Gemeinde Sternenfels vom 27. September 2018
14
   Gemeindeordnung Baden-Württemberg § 41b, Veröffentlichung von Informationen
15
   Mitteilungsblatt Gemeinde Sternenfels Nr. 6/2021 vom 11. Februar 2021

                            Impulspapier für ein zukunftsfähiges Sternenfels                            17
In diesem Ratsinformationssystem, teils auch Ratsinformationsmanagement oder Bürgerportal
genannt, werden im Vorfeld der Gemeinderatssitzungen die Beschlussvorlagen digital veröffentlicht.
Die Bürger können sich so ein gutes Bild über die Details der anstehenden Tagesordnungspunkte
machen. Es lohnt sich, einfach mal exemplarisch auf den Websites von Knittlingen, Wurmberg,
Wimsheim oder Keltern diese vorbildlichen Möglichkeiten anzuschauen. Zu finden sind diese
Informationen in der Regel über den Link zum Gemeinderat. Wer das einmal gesehen hat, weiß was
Transparenz wirklich ist.

In Straubenhardt steht neben dem Internetauftritt der Gemeinde sogar eine Bürger-App zur
Verfügung, über die ebenso das Ratsinformationssystem genutzt werden kann.

Veröffentlichung von Gemeinderatsprotokollen online
Bürger, die sich im Nachgang eingehender mit den in den öffentlichen Gemeinderatssitzungen
besprochenen Themen und den Abstimmungen hierüber beschäftigen wollen, müssen in das Rathaus
gehen und können sich dann, während der Öffnungszeiten, die Sitzungsprotokolle vorlegen lassen.
Der Gang auf das Rathaus, möglichst vorab mit Termin, die Bitte um Einsichtnahme oder sogar die
Notwendigkeit beim Arbeitgeber hierfür Urlaub einreichen zu müssen, können hohe Hürden sein.
Selbst fühlt man sich wie ein Bittsteller und ein Stück weit wie ein Mensch, der eine ungesetzliche
Handlung durchführt. Wer schon einmal Einsicht in ein Gemeinderatsprotokoll verlangt hat, den
treffen, subjektiv empfunden, argwöhnische Blicke. Denn man fragt sich schon, warum jetzt dieser
Bürger Einblick in das Protokoll haben möchte und was dieser evtl. im Schilde führt. Ordentlich wird
dann auch der Name des Bürgers und die Uhrzeit vermerkt, wann dieser Einblick genommen hat.

Nun könnte man sagen, dass interessierte Bürger die Gemeinderatssitzungen besuchen können,
denn da findet ja schließlich die Gemeindepolitik statt. Ja in der Tat, der Besuch der Gemeinderats-
sitzungen steht jedem Bürger offen und ist auch immer wieder zu empfehlen. Indes ist es jedoch so,
dass der interessierte Bürger wohl kaum immer die Zeit findet, an den Sitzungen teilzunehmen. Da
geht es den Bürgern nicht anders als den Sitzungsteilnehmern selbst. Und sicher gibt es Bürger, die
beruflich bedingt nie Gast einer Sitzung sein können. Deshalb ist es an der Zeit, für eine gute Teilhabe
der Bürgerschaft, die Protokolle der öffentlichen Gemeinderatssitzungen online auf die Website der
Gemeinde zu stellen.

Es gibt viele Gemeinden die das praktizieren – auch im Enzkreis. Beispielhaft sei hier Wiernsheim
genannt. Über die Website der Gemeinde kann hier, drei Mausklicks entfernt, jede Niederschrift seit
dem Jahr 2008 als PDF-Dokument abgerufen werden.16

Leserbriefe
Leserbriefe sind heute nur über die überregionalen Medien Mühlacker Tagblatt und Pforzheimer
Zeitung möglich. Oftmals ist es aber nicht sinnvoll, Bürgermeinungen zu kommunalpolitischen
Themen über die Gemeindegrenzen hinaus zu tragen. Leserbriefe sind jedoch ein wichtiges
demokratisches Element zur Meinungsäußerung. Wir plädieren deshalb dafür, im Rahmen
abzusteckender Prämissen, die Veröffentlichung von Leserbriefen im gemeindlichen Mitteilungsblatt
zuzulassen und hierzu das Redaktionsstatut der Gemeinde entsprechend zu ändern. Andere
Kommunen bieten ihren Bürgern diese Möglichkeit schon viele Jahre. Auch das Urteil des

16
     www.wiernsheim.de > Rathaus > Gemeinderatseinladungen und -berichte

18                             Impulspapier für ein zukunftsfähiges Sternenfels
Bundesgerichtshofes aus 201817 verbietet den Gemeinden nicht, Leserbriefe zu veröffentlichen, da
diese keine redaktionellen Beiträge der Gemeinden sind und somit nicht die Freiheit der Presse in
Händen von nichtstaatlichen Institutionen beeinträchtigt.

Ein Beispiel eines Amtlichen Mitteilungsblattes, welches die Veröffentlichung von Leserbriefen
erlaubt, und jedem Bürger in Sternenfels vorliegt, ist die Brettener Woche.

Verantwortung für den demokratischen Nachwuchs
Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an demokratischen Prozessen
Als es um das neue Spielgerät auf dem Schlossberg ging, hat die Gemeindeverwaltung und der
Gemeinderat in bester Art und Weise gezeigt, wie Kinder an demokratischen Prozessen beteiligt
werden können: Über ein mehrstufiges Vorgehen konnten Kinder ihrer Phantasie freien Lauf lassen,
Vorschläge einbringen und sich schließlich mehrheitlich für ein Spielgerät entscheiden. Dieses im
Hinblick auf die demokratische Erziehung sehr gelungene Vorgehen zeigt, dass es Möglichkeiten gibt,
die Kinder unserer Ortschaften an demokratischen Prozessen zu beteiligen.

Darüber hinaus sieht der Gesetzgeber explizit vor, über geeignete Strukturen die Jugend generell an
politischen Prozessen zu beteiligen. Ende 2015 wurde in der Gemeindeordnung Baden-Württemberg
mit Paragraf 41a18 die Möglichkeit hierzu verankert. Auf dieser Basis sind auch in kleineren
Kommunen bereits viele Jugendgemeinderäte entstanden. Das Alter der Jugendlichen ist variabel,
meist zwischen 14 Jahren und 18 Jahren. Die Jugendlichen haben ein aktives und passives Wahlrecht.

In einem öffentlichen Diskurs mit der Jugend sollte entschieden werden, ob ein Jugendgemeinderat
für Sternenfels möglich und sinnvoll ist.

17
     BGH-Urteil vom 20. Dezember 2018, I ZR 112/17
18
     https://dejure.org/gesetze/GemO/41a.html

                              Impulspapier für ein zukunftsfähiges Sternenfels                  19
Wohnbau- und Gewerbeentwicklung
Das gute Erreichte wertschätzen
Die Gemeinde Sternenfels war in den 90er und 2000er Jahren ein gelungenes Beispiel für eine
facettenreiche nachhaltige Entwicklung. Der damalige Landrat Karl Röckinger formuliert in einem
Grußwort: „Wer mit offenen Augen durch die beiden Ortschaften geht, merkt sofort, dass hier nichts
in einer Hau-Ruck-Aktion entstanden, sondern das Ergebnis eines langen Prozesses ist, bei dem es
schon lange nicht mehr um die reine Optik, als vielmehr um eine ganzheitliche, nachhaltige
Dorfentwicklung ging.“19

In dieser Zeit entstand in der Tat ein großer Wurf für die Kommune und die Ergebnisse haben nach
wie vor einen großen Wert. Nachhaltigkeit ist hier keine platte Werbephrase, sondern durch gut
durchdachte und bedachte Entwicklungsplanung entstanden. Man schaue sich z. B. den prämierten
Entwurf des Wohngebiets Holländere an oder die gute landschaftliche Integration des
Gewerbeparks.

Doch zunehmend wächst die Gefahr, dass gute Ergebnisse im Laufe der Zeit nicht mehr
wertgeschätzt werden. Man ist zu nah an der Sache und hat keinen Blick mehr auf das große Ganze.
Es kostet Kraft, das gute Erreichte zu bewahren und im Sinne einer darauf angepassten Strategie
behutsam weiter zu entwickeln. Sichtbar ist der Beginn des Schleifens der guten Ergebnisse:

        Die städtebauliche Konzeption der Architekturwerkstatt Schänzel wurde im Hinblick auf ein
         für die Bürger in Richtung der Natur durchlässigen Gewerbepark mittlerweile verändert: Von
         drei Achsen in den westlich angrenzenden Wald wurde eine von einem Gewerbebetrieb
         überbaut und ist für die Bürger nicht mehr nutzbar.
        Die bewusst als Schutz- und Pufferzone für die Anwohner im Wohngebiet Jörgenäcker und
         für die Sicherstellung eines weiterhin guten Ortsbilds konzipierte Mischzone als Übergang
         zum Gewerbepark soll aufgegeben werden. Der Gewerbepark soll an die Wohnbebauung
         herangeführt werden.
        Den Bauvorgaben für die Wohngebiete Holländere und Jörgenäcker, die für das positive
         Gesamtbild zuträglich waren, wird in den letzten Jahren keine große Aufmerksamkeit mehr
         geschenkt. Auf Basis weitgehender Ausnahmen entstanden Häuser mit untypischen Kuben,
         untypischen weißen Fassaden und untypischen Gauben. Abweichend von den bisherigen
         Auflagen erfolgte die Verwendung von Betondachziegeln in den unterschiedlichsten
         Rottönen. In den Wohngebieten findet man heute naturfeindliche Steinwüsten und
         Schottergärten, die gemäß den Begrünungsvorgaben nicht erlaubt sind.
        Die Ausweisung von neuen Baugebieten erfolgt teils im Schnellverfahren nach § 13b BauGB.
         Das hat mit einer nachhaltigen Dorfentwicklung nichts gemein. Mitwirkungsmöglichkeiten
         der Bürger werden bewusst beschränkt und Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des
         Naturschutzes ausgehebelt.

19
  Informationsheft „Unser Dorf hat Zukunft“ – Auf dem Weg zur Bürgergesellschaft – Grußworte, Stand Juli
2011

20                             Impulspapier für ein zukunftsfähiges Sternenfels
Nachhaltige Entwicklungsplanung statt blindem Wachstum
Langfristplanung versus kurzfristige m Aktionismus
In der Gemeinderatssitzung am 28.03.2019 wurde beschlossen, gemeinsam mit der STEG
Stadtentwicklungsplanung ein langfristiges Gemeindeentwicklungskonzept 2035 zu erarbeiten.20 Die
Bürgerschaft soll in die Planung mit einbezogen werden. Dieser Beschluss für eine solche Planung ist
ausdrücklich zu befürworten, hat diese doch das Potential, an die nachhaltigen Konzepte der letzten
Jahrzehnte anzuknüpfen und die unterschiedlichsten aktuellen Aspekte zu berücksichtigen.

Die Initiierung der Konzeption sollte im Spätjahr 2019 erfolgen. Der Ausfall des Bürgermeisters im
Spätjahr führte jedoch offensichtlich dazu, dass eine Initiierung nicht zeitnah erfolgte.

Der Beauftragung der STEG Stadtentwicklungsplanung zum Trotz wurden in der letzten
Gemeinderatssitzung des Jahres 2019 am 19. Dezember Aufstellungsbeschlüsse für Neubaugebiete in
für Sternenfelser Verhältnisse unglaublicher und noch nie dagewesener Anzahl gefasst:21

          Am Falltor (Diefenbach)
          Wohnen 60+ (Sternenfels)
          Gewerbegebiet VII. Abschnitt (Sternenfels)
          Westlich Schwannstraße (Sternenfels)

Bereits am 24.10.2019 wurden die Bebauungspläne

          Rote Äcker (Sternenfels)
          Nähere Hofstatt (Sternenfels)

beschlossen.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass gemäß dem aktuellen Flächennutzungsplan22
grundsätzlich mit den Ausweisungen der Sommeräcker (1,3 ha) und der Ziegeläcker Erweiterung (0,9
ha) darüber hinaus weitere Baugebiete in der Zukunft entstehen können.

Die Frage, die sich hierbei zwangsläufig stellt, ist: Wie passt die Vielzahl an Aufstellungsbeschlüssen
und Bebauungsplänen, die allesamt in der 2. Jahreshälfte 2019 vom Gemeinderat abgesegnet
wurden, zur Beauftragung der STEG Stadtentwicklungsplanung für eine langfristige
Entwicklungsplanung, die in der 1. Jahreshälfte 2019 erfolgte?

Der Ablauf der Bürgerbeteiligung selbst im Rahmen der Gemeindeentwicklungsplanung ist ebenso
kritikwürdig. Eine im Mai 2020 groß angekündigte und nur fünf Tage später stattfindende
Auftaktveranstaltung23 wird einen Tag vorher wieder abgesagt. Als Grund wird die geringe
Anmeldezahl genannt. Obwohl die Ankündigung neben dem Mitteilungsblatt nur in der Pforzheimer
Zeitung erfolgte, nicht im Mühlacker Tagblatt, meldeten sich ca. 20 Personen an und aufgrund der
bemerkenswerten Kurzfristigkeit war davon auszugehen, dass sich noch mindestens das Doppelte an
Personen ohne Anmeldung zur Veranstaltung einfinden würde. Viel mehr Personen hätten Corona-

20
     Mitteilungsblatt Gemeinde Sternenfels Nr. 15/2019 vom 11. April 2019
21
     Mitteilungsblatt Gemeinde Sternenfels Nr. 01-02/2020 vom 9. Januar 2020
22
     Flächennutzungsplan vom 12. Mai 2010
23
     Mitteilungsblatt Gemeinde Sternenfels Nr. 21/2020 vom 21. Mai 2020

                              Impulspapier für ein zukunftsfähiges Sternenfels                      21
bedingt an der Veranstaltung sowieso nicht teilnehmen können. Alternativ entschloss sich die
Gemeindeverwaltung dann, die Informationen als Foliensatz ohne Erläuterungen auf die
Internetseite der Gemeinde zu stellen.

Im Juli dann wurde ein Fragebogen an Teile der Haushalte verteilt und für alle Bürger online
zugänglich gemacht. Die wichtige Aufforderung zur Teilnahme wurde auf dem Titelblatt des
Mitteilungsblatts in der unzumutbaren Schriftgröße 6 veröffentlicht.24 Selbst das Impressum auf der
gleichen Seite, das als Kleingedrucktes bezeichnet werden kann, hat Schriftgröße 7. Wen wundert es
hier, wenn bis zum Ende des Umfragezeitraums die Beteiligung nur bei 13 % lag und die Abfrage um
eine Woche verlängert werden musste. Immerhin sorgte diese Woche noch für eine Zunahme der
Beteiligung. Bezogen auf die Anzahl Einwohner lag diese letztlich bei 19 %. Bezogen auf die Anzahl
der Haushalte lag die Beteiligungsquote bei 46 %.25

Umfrageergebnisse der STEG Stadtentwicklungsplanung
Die Umfrage enthielt teils etwas seltsame Fragen. Was meint denn z. B. eine „sehr gute oder sehr
schlechte Lärmbelastung“? Wichtige Zukunftsthemen wie Natur-, Arten- und Landschaftsschutz
hätten mehr Raum bekommen müssen in unserem selbsternannten „Naturparkdorf“. Stattdessen
lassen die umfassenden Fragen zu Baubedarf und Industrie befürchten, dass man vor allem
Argumente für weitere Flächenversiegelung sucht.

Interessant sind dann aber doch die Antworten. Auf die Frage, aus welchen Gründen ein Zuzug nach
Sternenfels erfolgte, lag die Aussage „wegen Natur und Landschaft“ auf Platz 3 von insgesamt 15
möglichen Antworten. Davor die Antworten „ich wohne seit Geburt hier“ und „familiäre Gründe“.
Auch interessant die Antworten auf die Frage, wie die zukünftige Entwicklung von Wohnbauflächen
umgesetzt werden sollen. Spitzenreiter mit 367 Stimmen ist die Antwort „Leerstände aktivieren“. Auf
Platz zwei folgt die Antwort mit 343 Stimmen „Baulücken schließen“. Alle anderen Antworten, wie z.
B. „Wohnbauflächen nur wie im Flächennutzungsplan vorgesehen“ oder „Wohnbauflächen über den
Flächennutzungsplan hinaus“ landen abgeschlagen in der Größenordnung von 85 – 90 Stimmen.

Die Mehrzahl der Bürger wollen offensichtlich eine nachhaltige Entwicklungsplanung und kein
blindes Wachstum und sind sich dem großen Wert unseres Naturraums bewusst. Wenn der
Gemeinderat einen Bebauungsplan nach dem anderen beschließt, und das sogar mittels § 13b BauGB
über den bestehenden Flächennutzungsplan hinaus, dann vertritt er augenscheinlich nicht den
Willen der Bürger!

Und dem Ganzen wird mit dem ermittelten Flächenbedarf noch die Krone aufgesetzt: Denn die STEG
hat im Rahmen der Zukunftsstrategie einen Bedarf an Neubauflächen bis zum Jahr 2035 von 1,8 ha
bis 2,7 ha ermittelt.26 Rechnet man jedoch die geplanten Flächen Wohnen 60+, Am Falltor, Rote
Äcker und Nähere Hofstatt zusammen, ergibt das eine Fläche von 6,5 ha! Nimmt man den
Maximalwert der STEG als Grundlage, wird weit über das Doppelte der benötigten Fläche
hinausgeplant.

24
   Mitteilungsblatt Gemeinde Sternenfels Nr. 27/2020 vom 2. Juli 2020
25
   www.sternenfels.org > Gemeinde Sternenfels > Zukunftsstrategie Sternenfels 2035 > Foliensatz „Vorstellung
der Umfrageergebnisse
26
   Vorstellung der STEG Umfrageergebnisse; Veranstaltung am 23.09.2020 in der Gießbachhalle; Foliensatz
„Was ist ein Gemeindeentwicklungskonzept“ unter www.sternenfels.org > Gemeinde Sternenfels >
Zukunftsstrategie Sternenfels 2035

22                             Impulspapier für ein zukunftsfähiges Sternenfels
§ 13b BauGB steht nicht für eine durchdachte langfristige Entwicklung
Die Bebauungspläne

          Am Falltor (Diefenbach)
          Wohnen 60+ (Sternenfels)
          Rote Äcker (Sternenfels)

wurden allesamt auf Basis des sehr umstrittenen § 13b BauGB (Baugesetzbuch) beschlossen. Dieser
Paragraf wurde in 2015 geschaffen und ist in seiner Wirkung und den negativen Auswirkungen sehr
umstritten und lief fristgemäß zum 31. Dezember 2019 aus. Das hat offensichtlich die Gemeinde
bewogen, zusätzlich zu den „Roten Äckern“ in Torschlusspanik noch schnell in der letzten
Gemeinderatssitzung 2019 die Aufstellungsbeschlüsse für die Bebauungspläne „Am Falltor“ und
„Wohnen 60+“ durchzuwinken.

Der § 13b BauGB ist von Anbeginn umstritten, weil er nicht dem Zweck dienend ausreichend im
Gesetz formuliert war. Aus Sicht des Gesetzgebers kann man bei Anwendung durch kleine
Kommunen wie Sternenfels durchaus von einem Missbrauch sprechen. Aus Sicht der Nutzer wird
eine Gesetzeslücke ausgenutzt.

Die Intention für den § 13b BauGB war, eine schnelle Lösung für Kommunen mit einem extrem
hohen Wohnraumdruck zu schaffen. Dies auch vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise. Von Anfang
an standen größere Städte und Großstädte im Fokus, die am Ortsrand Wohnraum in Form von
verdichtetem Wohnungsbau schaffen konnten. Nur deshalb macht der Gesetzgeber beide Augen zu
und verzichtet auf so elementare Dinge wie Flächennutzungsplan, Umweltprüfungen, Umweltbericht
und Ausgleichsmaßnahmen. Naturschutzrechtliche Regelungen werden ausgehebelt. Das Gesetz
widerspricht somit u. a. der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt und der Deutschen
Nachhaltigkeitsstrategie. In der Anwendung des Paragrafen seit Mai 2017 wurde festgestellt, dass die
Regelung zum Großteil von Kleingemeinden unter 5.000 Einwohnern in den südlichen Bundesländern
Bayern und Baden-Württemberg angewendet wurde und nicht in Ballungsgebieten. Bei den
Bebauungsformen handelt es sich größtenteils um Ein- und Zweifamilienhäuser.27

Damit steht die Anwendung des § 13b BauGB nicht für eine durchdachte und nachhaltige
Entwicklungsplanung in Sternenfels und steht dem Ziel einer langfristigen Planung durch die
beauftragte STEG Stadtentwicklungsplanung entgegen. Eine gut durchdachte langfristige
Entwicklungsplanung ist elementar. Die Baugebiete werden jedoch ohne Berücksichtigung des
geltenden Flächennutzungsplans erschlossen, der für eine langfristige und i. d. R. durchdachte
Planung steht. Es werden Fakten geschaffen und die Möglichkeiten einer seriösen
Dorfentwicklungsplanung werden vereitelt. Wohlgemerkt: Die zu begrüßende nachhaltige
Dorfentwicklungsplanung wurde bereits beauftragt! Wie geht das zusammen?

Kritik an den auf Basis von § 13b BauGB geplanten Baugebieten
Die Tatsache, dass zwei der drei Baugebiete in Bereichen entstehen, die nicht auf Basis eines
Flächennutzungsplans als Bauland vorgesehen waren, sprechen deutlich gegen eine gut durchdachte
Entwicklung. Flächennutzungspläne sind für eine langfristige Entwicklungsstrategie unabdingbar. Die
gültigen Flächennutzungspläne für Sternenfels und Diefenbach werden jedoch ignoriert. Panikartig

27
     Bundesverband Beruflicher Naturschutz e. V., Positionspapier zur Abschaffung des § 13b BauGB

                               Impulspapier für ein zukunftsfähiges Sternenfels                     23
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