Zeitschrift der Föderation Vinzentinischer Frauengemeinschaften - Föderation Vinzentinischer Gemeinschaften

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Zeitschrift der Föderation Vinzentinischer Frauengemeinschaften - Föderation Vinzentinischer Gemeinschaften
Nr. 3
                                       Juli | August | September 2019

Zeitschrift der Föderation
Vinzentinischer Frauengemeinschaften

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Inhalt

     Inhalt

3    VORWORT
4    GEISTLICHES WORT                              Zum Titelbild
     FÖDERATION:
5    Auf den Spuren des heiligen Vinzenz
     von Paul
9    Viele Gespräche und viel Kreativität
11   MEGVIS: Vinzentinischer Einsatz für
     die Menschenwürde
13   VINZENTINISCHE FAMILIE:
     Impressionen aus den USA (7)
14   BETRACHTUNG: Hl. Franz Regis Clet
16   BILDMEDITATION: Mit Jesus Mahl halten
18   GEBETE: Tischgebete mit Worten des
     hl. Vinzenz                                  „Geht es weiter?“
19   AUS UNSERER GESCHICHTE: Vor 150
     Jahren: Eine denkwürdige Konferenz      Dieser Weg auf der Ebenalp/Schweiz,
                                             mit Weitblick in das Appenzeller
23   AUGSBURG: Besuch im Maximilianeum
                                             Land, stellt Fragen: Wie geht es wei-
24   FULDA: Exerzitienangebote               ter? Wo geht es denn weiter? Geht es
24   GRAZ/INNSBRUCK/ZAMS: Vinzentini-        überhaupt weiter?
     sche Spiritualität für Führungskräfte   Das Leben stellt uns immer wieder
                                             vor ähnliche Fragen, wenn Wege auf
26   HILDESHEIM: Postkarte
                                             einmal nicht mehr eben und gerade-
26   MÜNCHEN: Erinnerung an die Stunde       aus verlaufen. So kann zum Beispiel
     des Todes                               eine Krankheit von jetzt auf gleich
28   PADERBORN/MANANTHAVADY: Einen           den Lebensweg verändern.
     Monat unterwegs ins Indien              Beim Versuch weiterzugehen, wird
33   STRASSBURG: Soeur Marie-Beata lacht     die Frage nach unserem Gottver-
     und dient nun im Himmel                 trauen gestellt. Wer sich auf Gottes
                                             Führung verlässt, kann den nächsten
33   WIEN: Sr. Cordula Kreinecker wieder     Schritt wagen. Ein Psalmvers ermu-
     zu Generaloberin gewählt                tigt uns: „Befiehl dem Herrn deine
34   ZAMS: Hilfsaktion für Häftlinge         Wege.“ (Ps 36,5) Dann können wir si-
35   LITERATURTIPP:                          cher sein, denn „alle Wege des Herrn
     neu denken – eins werden                sind Erbarmen.“ (Ps 24,10)
                                                                Text: Sr. Ursula Bittner
35   IMPRESSUM                                                      Foto: Heidi Bittner
36   DIE LETZTE SEITE: Kirchen laden ein

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Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser!

N    un halten Sie das heute-
     Heft 3 in Händen und
es gibt uns wieder interes-
                                Katharina Mock nimmt uns
                                mit auf ihre abwechslungs-
                                reiche Reise zu den indischen
sante Einblicke in unsere       Gemeinschaften. So lernen
Geschichte, in die Gemein-      wir die Wirkungsbereiche
schaften und deren vinzen-      unserer Mitschwestern in In-
tinisches Wirken. Schon das     dien näher kennen. Auch aus       Sr. M. Elisabeth
Titelbild mit dem steilen       Peru erfahren wir über die
Weg, der um einen Berg          Hilfsaktion für Sträflinge, an
führt und bei dem wir nicht     der Barmherzige Schwestern
sehen können, was sich da-      beteiligt sind. Die Gemein-
hinter verbirgt, weckt unser    schaft von München gibt uns
Interesse. Wir können nur       Einblick in ihre Geschichte
auf einen barmherzigen Gott     während des 2. Weltkrieges.
vertrauen, der uns auf gute     Für die 15 Schwestern, die bei
Wege führt. Im geistlichen      der Bombardierung den Tod
Wort gibt uns Sr. Elisabeth     fanden, wurde ein Gedenk-
Halbmann Einblick in den        gottesdienst gefeiert.            Wolfgang Dausch
39. Jugendtag in Untermarch-        Auf einen Besuch der be-
tal und ermutigt auch uns,      sonderen Art nehmen uns die       hat und vor 50 Jahren zum
am Guten festzuhalten.          Augsburger Schwestern mit.        Entstehen der Föderation vin-
Auch mit der Begeisterung       Im Maximilianeum erlebten         zenzinischer Gemeinschaften
und Kreativität in der Novi-    sie einen beeindruckenden         führte. Es war ein steiler
ziatsschulung und im Treffen    Tag, der ihnen Einblick in den    Weg, aber die Schwestern
der Schwestern „Unter 65“       Alltag der Politiker im Bayeri-   blieben dran, scheuten keine
werden wir angesteckt. Die      schen Landtag gewährte.           Mühe und so wurde das Ziel
MEGVIS-Tagung mit dem               In der Betrachtung über       erreicht. Die Gemeinschaf-
Thema „Vinzentinischer          das Leben der Heiligung           ten von Graz – Mitteleuropa,
Einsatz für die Menschen-       können wir Kraft und Mut          Innsbruck und Zams konnten
würde“ behandelte ein           für unser eigenes Leben           für die Führungskräfte ihrer
Herzensanliegen des hl. Vin-    schöpfen. Diesmal schildert       Einrichtungen einen Lehr-
zenz, das auch heute nichts     uns Sr. M. Karin Weber das        gang über „Vinzentinische
an Aktualität verloren hat.     Leben des hl. Franz Regis         Spiritualität“ anbieten. So lebt
P. Andreas Müller lässt uns     Clet, der es schaffte, sich an    das „Vinzentinische Erbe“
wieder teilhaben an seinen      nichts festzuklammern. Im         auch heute weiter.
„Impressionen aus den USA“      Beitrag von Dr. Susanne Kaup          Wir wünschen Ihnen viel
und nimmt uns diesmal mit       erfahren wir tiefe Einblicke in   Freude beim Lesen des heute.
auf eine beeindruckende         unsere Geschichte. Sie nimmt
Reise durch Gottes wunder-      uns mit auf den Weg, der be-      Sr. M. Elisabeth Auberger
bare Schöpfung. Auch Sr. M.     reits vor 150 Jahren begonnen     und Wolfgang Dausch

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Geistliches Wort

Liebe Schwestern, liebe interessierte                               Gott schaut auf jeden
                                                                 mit seinem barmherzigen,
Leserinnen und Leser!                                            zärtlichen, Mut-machenden,
                                                                 verstehenden, aufrichtenden
                                                                 Blick. Er kennt mich und
                                 großer Dankbarkeit auf das      weiß um mich.
                                 Geschenk dieses Festes des         Wie gut tut es mir da,
                                 Glaubens.                       mich und meine Wirklich-
                                                                 keit mit dieser zärtlichen
                                 „Haltet fest am Guten!“         Liebe Gottes zu betrachten,
                                 In diesem Wort kommt die        in der ich mich selbst an-
                                 Sehnsucht des Menschen          geschaut weiß. Wie gut tut
                                 nach dem Guten, nach            es mir da, zu mir selber JA
                                 einem sinnerfüllten Leben,      sagen zu dürfen.
                                 nach dem, was die Bibel            Wir alle leben letztlich
                                 „Leben in Fülle“ nennt, zum     vom und aus dem Guten,
                                 Ausdruck.                       d.h. von Gottes mitfühlen-
                                     Von Gott her ist es klar:   dem Herz und seiner
Schwester Elisabeth Halbmann,    Gott will das Gute für alle     sorgenden Nähe, seiner
Generaloberin in Untermarchtal   Menschen, für Dich und für      Raum schaffenden Liebe
                                 mich, für den Ausgegrenzten     und seiner Mut machenden

H    altet fest am Guten!“ –
     unter diesem Wort des
Apostels Paulus an die Ge-
                                 und den Verachteten, für
                                 Menschen in Kriegs- und
                                 Krisensituationen, für die
                                                                 und aufrichtenden Zärtlich-
                                                                 keit und bedingungslosen
                                                                 Zuwendung, von seinem JA
meinde in Rom (Röm 12,9)         Alten und die Jungen, für       zu uns.
stand in diesem Jahr der         Menschen auf der Suche             Halten wir die Sehnsucht
39. Jugendtag mit voraus-        nach Leben und Überleben –      nach dem Guten in uns
gehender Sternwallfahrt in       in der Nähe und in der Ferne.   wach. Gott kann dann unse-
unserem Mutterhaus. Wie
in jedem Jahr begleitet mich
das Thema von der Themen-
findung im Herbst bis über
den Jugendtag hinaus und
ist wie eine Begleitmelodie,
die das ganze Jahr über
mitklingt, mal leise, mal laut
und kräftig, mal ruhig, mal
bewegt und rhythmisch. Im-
mer wieder staune ich, wie
das Thema in mir und allen
Vorbereitenden „wächst“,
betet und konkrete Gestalt
annimmt. Auch in diesem
Jahr schaue ich wieder mit

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Geistliches Wort/Föderation

re Sehnsucht fassen und uns     wicklung, in unserer Leiden-   „Haltet fest am Guten“
zu sich ziehen, dann kann       schaft für die Armen.          Paulus geht es nicht um
Begegnung geschehen.               Der hl. Vinzenz sagt es     ein bisschen, ein zaghaftes
    Wenn wir Gott näher         einfach: „Seid gut und man     Festhalten oder eine halb-
kommen wollen, kommen           wird euch glauben.“            herzige Aktion, sondern um
wir an anderen glaubenden                                      ein tatkräftiges, herzhaftes,
Menschen nicht vorbei. Ja,      „Haltet fest am Guten“         unbeirrtes Zupacken einer
Spiritualität und Glaube        Für mich ein wunderbares       Gemeinschaft, das Leben
wachsen und blühen dort,        Wort in einer Zeit, in der     fördert, das dem Leben dient,
wo wir nicht alleine glauben.   wir wie der heilige Paulus     damit Leben gelingen kann.
    Und das ist doch das        die Macht des Bösen in             Ich wünsche uns diese
Schöne (nicht nur am Ju-        vielerlei Weisen und Ge-       Haltung der Aufmerksam-
gendtag) in unseren Kon-        stalten erleben. Für mich      keit und Ausrichtung am
venten, Gemeinschaften,         ein Mut-machendes Wort         Guten und an dem Guten.
Familien und Gruppen, in        in einer Zeit, in der unsere   Sie ist wie der „Notenschlüs-
verschiedensten Begegnun-       Gemeinschaften, unsere         sel“ für unser Beten, Han-
gen auf der Ebene unserer       Kirche, Gesellschaft und       deln und Arbeiten. Denn ich
Vinzentinischen Föderation:     Welt in großen Umbrüchen       bin von einer guten Macht
Wir sind eingeladen, im         stehen.                        gewollt und bejaht.
miteinander beten, singen,
diskutieren, austauschen,
reden und erzählen unserem
eigenen Glauben nachzu-
spüren, ihn miteinander zu
                                     Auf den SPUREN des heiligen
teilen, einander von unse-               VINZENZ VON PAUL
rem Leben zu erzählen, das
Gute zu suchen und Freude            Eindrücke von der Noviziatsschulung in Saverne
zu teilen.
    Da werden wir spüren
und erfahren, was und wer
uns trägt und hält, was uns
zusammenhält und Halt
                                A   us Wien, München,
                                    Augsburg und Unter-
                                marchtal sind am Montag,
                                                               puls zur Einstimmung auf die
                                                               kommenden Tage. Darüber
                                                               hinaus wurde Organisatori-
schenkt.                        11. Februar 2019, im Laufe     sches geklärt und der Inhalt
                                des Nachmittags alle Teil-     der Schulung vorgestellt.
„Haltet fest am Guten“          nehmerinnen der Noviziats-         Am Dienstag ging es dann
Das will unsere Gemein-         schulung gut in Saverne        los: Wir machten uns auf die
schaften prägen und moti-       angekommen. Es gab ein         Spuren des hl. Vinzenz von
vieren im wertschätzenden       freudiges Wiedersehen          Paul. Zur Einstimmung gab
Umgang miteinander und          untereinander und mit den      es zunächst eine Impulsfrage:
den Menschen, im respekt-       Schwestern im Haus der         Welcher Vinzenz von Paul
vollen Umgang mit unseren       Quelle.                        spricht mich im Moment an?
natürlichen Lebensgrund-           Am Abend begann die         Dafür wurden verschiedene
lagen, in einer Ausrichtung     Schulung mit einer „An-        Darstellungen von Vinzenz
auf eine nachhaltige Ent-       kommrunde“ und einem Im-       vor uns ausgebreitet.     ➜

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Föderation

Die Teilnehmerinnen der Noviziatsschulung

    Als erstes tauchten wir           Ereignisse und Orte bekom-       vereine gründete, haben
in die Zeitgeschichte Frank-          men und versuchten diese         wir uns dann etwas genauer
reichs ein, die Zeit, in der          der Reihe nach zu sortieren,     angeschaut. Wie war die Situ-
Vinzenz aufgewachsen ist              was uns auch fast gelungen       ation? Was ist alles passiert?
und gelebt hat. Wir haben             ist. Anschließend schauten       Welche Erkenntnisse hatte
Ende des 16. Jahrhunderts             wir uns die Biographie und       Vinzenz? Warum kehrte Vin-
mit Heinrich IV. begonnen             wichtige Eckpunkte genauer       zenz zurück nach Paris?
bis 1661, als König Ludwig            an. Zu verschiedenen Le-             Am Mittwoch ging es
XIV. herrschte. Wie war               bensstationen gab es außer-      weiter mit dem Leben und
die Situation der Kirchen             dem persönliche Reflexions-      Wirken des hl. Vinzenz ab
und des Glaubens im Land?             fragen, wie z.B.                 1617, das uns Sr. Hannah
                                                                       Altmann aufbereitet hatte.
   »Wir tauchten in die Zeit ein, in                                   Der hl. Vinzenz beginnt
                                                                       viele Werke und führt sie
      der Vinzenz gelebt hat.«                                         parallel fort. Eine zeitliche
                                                                       Trennung ist nun nicht mehr
Wie ging es den Menschen,             • K
                                         indheit & Jugend: Durch      möglich. Vinzenz, vom Feuer
Königen und Königinnen,                 wen habe ich Hilfe erhal-      der Nächstenliebe gepackt,
den Priestern und Bischöfen             ten?                           beginnt in beeindrucken-
und dem Volk? Sr. Veronika            • A
                                         usbildung & Studium:         dem Tempo und mit ganzer
Hinderhofer hat uns dies                Wo habe ich meine Be-          Hingabe sein Lebenswerk zu
bildlich und sehr verständ-             gabungen?                      gestalten. Folgende verschie-
lich erklärt. Dann waren              • P
                                         ierre de Bérulle: Wer ist    dene Werke haben wir uns
wir gefragt: Was wissen wir             für mich zu einem geist-       näher angeschaut: Galeeren-
über die Lebensgeschichte               lichen Begleiter geworden?     sträflinge (1619), Kongregati-
von Vinzenz bis 1617? Dafür           Das Jahr 1617, in dem Vin-       on der Mission (1625), Luise
haben wir Jahreszahlen,               zenz in Châtillon die Caritas-   von Marillac (1625) und die

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Föderation

Schwestern (1633), St. Lazare   diese Themen kamen wir ins              und die Betrachtung bei
(1632), Findelkinder (1637),    Gespräch.                               Vinzenz aussieht, was es für
weltweite Missionen (1643)         Bevor wir uns am Freitag             ihn bedeutet und wie er es
und verschiedene Personen,      dem Thema „Vinzenz und                  ausgeführt hat.
wie z. B. Pierre de Bérulle,    das Gebet“ gewidmet haben,                  Am Nachmittag haben
Franz von Sales, Franziska      beschäftigten wir uns mit               wir ein Skript über die
von Chantal und die Heim-       der Frage, was uns zum Wort             „vollständige Methode der
suchungsschwestern, Antoine     „GEBET“ einfällt. Dazu                  Betrachtung“ (aus „Die
Portail und die Familie de      schrieben wir ein Gedicht in            andere Seite der Medaille“)
Gondi. Zum Abschluss gab        „Rondellform“. Nach dieser              bekommen. Die Methode
es noch einige persönliche      Einstimmung haben wir uns               ist in vier Teile aufgeteilt:
Anekdoten zu Vinzenz von        angeschaut, wie das Gebet               Vorbereitung, eigentliche
Paul und einen Blick auf sein
außergewöhnliches Talent,
strategisch zu denken und
Beziehungen zu knüpfen,
damit sein Lebenswerk der
Caritas und der Mission Be-
stand für die Zukunft hat.
Das geistliche Leben
Am Donnerstag ging es mit
Sr. Katharina Labouré Ram-
mer um das geistliche Leben
des hl. Vinzenz. Zuerst
sammelten wir gemeinsam
Begriffe, die uns zum Thema
„Schwerpunkte seines geist-
lichen Lebens“ einfielen. An-
schließend haben wir zu den
Themen Demut, Einfalt und
Liebe sowie Liebe zu den
Armen, Hochachtung und
Herzlichkeit, Sanftmut und
Regeln/Gelübde verschie-
dene Texte erhalten. Unsere
Aufgabe war, diese Texte
durchzulesen und verschie-
dene Fragen zu beantworten:
Was würde der hl. Vinzenz
heute zu den Barmherzigen
Schwestern sagen? Welche
Schwerpunkte würde der hl.
Vinzenz heute setzen? Über      Mitten in Paris: Der hl. Vinzenz von Paul an einer Hauswand

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Föderation

Betrachtung, Abschluss und         Am Sonntag sind wir          einen Film über Katharina
Gegenstand, Zeit und Ort        gemeinsam nach Bonne            Labouré und die wunder-
der Betrachtung. Diese Aus-     Fontaine in den Gottesdienst    tätige Medaille gezeigt. Im
arbeitung haben wir gleich      gegangen. Der restliche Tag     Innenhof bei den Lazaristen
in die Tat umgesetzt. Durch     war zur freien Gestaltung.      haben wir anschließend bei
diesen Tag führte uns Sr.                                       strahlendem Sonnenschein
Hannah Altmann.                 In Paris                        unser Picknick ausgepackt.
                                Am Montag ging es früh los.     Nach unserer Stärkung ging
Die Konferenzen                 Um 5:00 Uhr haben wir uns       es in die Mutterhauskirche
Mit einem Tanz haben wir        zum Frühstück getroffen,        der Lazaristen. Danach
am Samstag unser neues          um uns danach auf den Weg       ging es weiter zu Fuß nach
Thema, „Konferenzen des         zum Bahnhof zu machen.          St. Sulpice. Natürlich haben
hl. Vinzenz“, begonnen.         Im TGV haben wir dann           wir auch einen Blick in die
Warum hat Vinzenz die           Sr. Blandine Klein getroffen,   Kathedrale Notre Dame
Konferenzen eingeführt?         die schon von Straßburg aus     geworfen. So langsam ging
Was war der Beweggrund?         im Zug saß. In Paris ange-      der Tag zur Neige und wir
Es wurden uns die Konferen-     kommen, sind wir zunächst       gingen zurück zum Bahn-
zen – die Bücher und deren      ein Stück zu Fuß durch die      hof. Völlig begeistert und
Inhalte – von Sr. Katharina     Straßen gelaufen. Auf einmal    mit vielen Eindrücken haben
Blümhuber vorgestellt. An-      meinte Sr. Blandine: „Richtet   wir um 21:50 Uhr Saverne
schließend erhielt jede den     euren Blick mal auf die an-     erreicht. Ein großes Danke-
Text einer der Konferenzen.     dere Straßenseite.“ Auf einer   schön an Sr. Blandine, unse-
Jede erarbeitete Aufbau,        Hauswand war Vinzenz von        re Reisebegleiterin in Paris!
Elemente, Inhalt und Ziel       Paul zu sehen. Zu Vinzenz‘
der Konferenz und stellte die   Zeiten stand hier St. Lazare.   Rückblick
Ergebnisse der Gruppe vor.          Auf dem Weg zur Rue du      Nach so vielen Eindrücken,
Zum Abschluss haben wir         Bac haben wir einen kleinen     Begegnungen und Impul-
eine eigene Konferenz im        Abstecher in die Kirche         sen von Paris haben wir
                                                                den nächsten Tag ruhiger
                                                                angehen lassen. Erst ge-
       »Was für eine Atmosphäre                                 gen 11 Uhr haben wir die
           in der Kapelle!«                                     vergangenen Tage reflektiert:
                                                                die Themen der Schulung,
                                                                den Parisausflug und die
Sinne von Vinzenz gehalten,     St. Laurent gemacht. Dort       persönlichen Höhepunkte.
also eine Vinzenzkonferenz      war Luise von Marillac bis      Am Nachmittag wurden wir
am 16. Februar 2019 in          1755 begraben. Unscheinbar      noch kreativ und bastelten
Saverne. Wir haben festge-      in der Seitenstraße Rue du      mit Eifer und Freude lustige
stellt, dass wir uns immer      Bac ist das Mutterhaus der      Tiere und dekorative Tür-
wieder fragen müssen, wie       „Töchter der christlichen       kränze aus Filz.
das vinzentinische Charisma     Liebe“. Was für eine Atmo-         Wir freuen uns alle auf
heute zu leben ist und wel-     sphäre in der Kapelle! Nach     ein Wiedersehen!
che Antwort wir heute geben     dem Gottesdienst haben
können.                         uns die Schwestern noch         Alexandra Leibinger, Postulantin

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                                                                        vorhandene Planung zu ver-
                                                                        ändern ist, zeigten dann die
                                                                        13 Schwestern, die sich auf
                                                                        den Weg nach Saverne ge-
                                                                        macht hatten, und vor allem
                                                                        die Schwesterngemeinschaft
                                                                        im Haus der Quelle, da der
                                                                        Wetterbericht für Samstag
                                                                        viel „Segen von oben“ ver-
                                                                        hieß. Also verlegten wir die
                                                                        Wanderung auf Freitag mit
                                                                        der Vereinbarung: „Es gibt
                                                                        mittags Picknick – unter-
                                                                        wegs oder im Haus!“ Beim
Die Teilnehmerinnen des U65-Treffens
                                                                        Aufwachen blickten wohl
                                                                        alle erwartungsvoll zum
                                                                        Himmel. Bis 8 Uhr regnete
Viele Gespräche und viel Kreativität                                    es noch leicht, dann brach
Zum zweiten Mal trafen sich U65-Schwestern in Saverne                   die Sonne hervor und wir
                                                                        konnten bei wunderbarem
                                                                        Wetter um 9 Uhr zum Pil-

W     ie im Jahr 2018 werden
      wir uns auch dieses
Jahr wieder treffen,“ schrie-
                                       ten. Angeregt durch einzelne
                                       Worte aus dem Evangelien-
                                       text, u.a. „See“, „Kohlenfeu-
                                                                        gerort „Bonne Fontaine“ bei
                                                                        Phalsbourg durch den Wald
                                                                        wandern. Vor unserem Auf-
ben Sr. Blandine und Sr. M.            er“, „am Morgen“ und „Netz“,     bruch hat uns Sr. M. Hanna
Hanna. Zum zweiten Mal                 kamen wir miteinander ins        noch einmal das Evangelium
waren Schwestern der Föde-             Gespräch und berichteten         von der Erscheinung Jesu
ration Vinzentinischer Ge-             von unseren Erfahrungen          am See von Tiberias gelesen.
meinschaften, die zur Alters-          aus dem Ordensalltag. Der
gruppe U65 (unter 65 Jahre)            erste Tag, der dem Ankom-        Bonne Fontaine
gehören, zur Begegnung in              men diente, bekam dadurch        Für diejenigen, die nicht
das „Haus der Quelle“ in               schon eine besondere Tiefe.      so gerne wandern, war es
Saverne eingeladen.                    Wünsche der Schwestern aus       ein Tag zur freien Gestal-
    Gemeinsamer Beginn                 dem ersten Jahr sollten in den   tung. Nachdem es zunächst
war die Vesper am Donners-             kommenden Tagen aufge-           1,5 km bergauf ging, die
tag, 2. Mai. Nach einem                griffen werden: verschiedene     meist schweigend und
gemütlichen Abendessen                 Angebote kreativer Art,          tiefer atmend zurückgelegt
versammelten wir uns im                Bibelarbeit, evtl. Tanzen –      wurden, ergaben sich dann
Saal um eine gestaltete Mitte.         und am Samstag wollten wir       unterwegs viele Gespräche
Das Evangelium von der Er-             wandern. Schon in der Ein-       und gute Begegnungen, die
scheinung Jesu am See von              ladung gab es den Hinweis        unser Miteinander vertieft
Tiberias sollte uns in den             „entsprechende Kleidung          haben. Das Picknick in
kommenden Tagen beglei-                und Schuhe“ mitzubringen.        „Bonne Fontaine“ konnte

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draußen unter den Bäumen          erahnt. Es entstanden Fische,    zu erinnern, die ganz durch
stattfinden und wurde durch       Muscheln und Figuren, je         die französische „Bonne
Kuchen und Kaffee, den uns        nachdem, was die Einzelne        Cousine“ geprägt waren.
Schwester Denise mit dem          im Stein entdeckt hatte.         Die Schwestern haben es auf
Auto brachte, abgerundet.            Die gestaltete Mitte im       wunderbare Weise verstan-
Abends erzählten wir von          Saal wurde im Verlauf des        den, uns „Gaumenfreuden“
den verschiedenen Erleb-          Tages immer vielfältiger und     zu bereiten und so wurde
nissen und schauten uns           bunter durch die Ergebnisse      die Tischgemeinschaft durch
gemeinsam einen Film an.          unserer Kreativität. Unsere      Köstlichkeiten verwöhnt.
    Die Angebote kreativer        indischen Schwestern spielten        Die Tage im Haus der
Art für den kommenden Tag         uns das Evangelium vor. Wir      Quelle sind für mich zu ei-
waren vielfältig: Mandala         Zuschauerinnen waren ergrif-     ner unvergesslichen Zeit mit
gestalten, mit Aquarellfar-       fen und werden wohl einzelne     vielen Eindrücken geworden,
ben zeichnen, Texte mit           Sätze („Mach ich schon!“) bei    die nicht zuletzt durch die
Feder und Tinte schreiben,        den nächsten Betrachtungen       wunderbare Natur, das
lufttrocknende Modellier-         dieses Evangeliums noch          frische Grün der Bäume und
masse und Speckstein. Ich         im Ohr haben. Es war eine        Sträucher, das Zwitschern der
wollte gerne Speckstein           große Freude zu erleben, wie     Vögel, Plätschern des kleinen
ausprobieren. Die Aussage         gestalterisch vielseitig die     Quellflusses, der in den Teich
„da steckt etwas im Stein“        Angebote aufgenommen und         mündet, die hellen Sterne in
kannte ich und wunderte           umgesetzt wurden.                der Nacht und das Rufen des
mich bisher darüber. Doch            Die Vielfalt unseres Mitei-   Kuckucks bereichert wurden.
plötzlich selbst zu entdecken,    nanders zeigte sich ebenso in        Unser diesjähriges Tref-
„da steckt diese Figur – dieses   der Gestaltung der gemeinsa-     fen in Saverne war durch das
Gesicht im Stein“, löste ein      men Gebetszeiten und Tisch-      Evangelium von der Er-
tiefes Erstaunen, ja Ergriffen-   gebete, die es auf Koreanisch,   scheinung Jesu am See von
sein aus und die Frage: „Wie      Indisch, Schwäbisch, Nord-       Tiberias geprägt. Wenn es im
                                                                   kommenden Jahr heißt: „Ich
       »Eine unvergessliche Zeit.«                                 fahre ins Haus der Quelle“,
                                                                   gibt es für mich nur eine Ant-
kann ich diese Figur heraus-      deutsch und Französisch gab.     wort: „Ich komme auch mit!“.
arbeiten, die ich doch soeben     Am Samstagabend sind wir         Dabei bin ich schon heute
erkannt habe?“ Also drehte        zur Vorabendmesse gefahren       gespannt, wer sich 2020 auf
und wendete ich den Speck-        und konnten die „Sitzhei-        den Weg ins Haus der Quelle
stein in meiner Hand, wun-        zung“ in der Kirche erleben.     nach Saverne machen und
derte mich und fragte mich        Der Pfarrer begrüßte uns auf     wer sich dann treffen wird, in
erneut „Wie soll das denn         Deutsch. Der vertraute Ver-      den Tagen vom Donnerstag,
passen? Da hab‘ ich mich          lauf der Eucharistiefeier war    30. April, bis Sonntag, den
wohl geirrt.“ Und doch: „Da       auch auf Französisch gut mit     3. Mai. Für 2019 möchte ich
steckt diese und keine andere     zu vollziehen. Das Evangeli-     einfach herzlich „Danke
Figur im Stein!“ Drehen und       um begleitete uns ja schon in    – Merci“ sagen: allen, die
wenden und gestalten. Wie         den vergangenen Tagen.           vorbereitet haben, und allen,
intensiv dieses Gestalten sein       Französisch ist das Stich-    die mitgewirkt haben. 
kann, hätte ich zuvor nicht       wort, um an die Mahlzeiten       Sr. Dr. M. Ancilla Schulz, Hildesheim

                                                10
MEGVIS

  Vinzentinischer EINSATZ für die MENSCHENWÜRDE
                Bericht über die MEGVIS-Tagung 2019 in der Osterwoche

E  s war kein leichter Stoff,
   den die Vorbereitungs-
gruppe für die MEGVIS-Ta-
                                Es gehört zu den Urerfah-
                                rungen des Menschen, „ge-
                                wollt sein zu wollen“, somit
                                                                       geordneten Zusammenleben
                                                                       darauf verlassen können,
                                                                       „dass er nicht erschlagen
gung 2019 vorgesehen hatte:     heißt lieben: Ich will, dass           wird“, also sein „bios“ gesi-
In einem blitzlichtartigen      du bist! Gott spricht diesen           chert ist. Damit ist aber noch
Streifzug durch die Jahrhun-    Wunsch aus, dennoch bleibt             lägst nicht das „gute Leben
derte sollte greifbar werden,   der Mensch frei, sich zu ent-          erreicht“ – hier greift unsere
wie sich der heilige Vinzenz    scheiden – auch gegen die              vinzentinisch inspirierte
selbst und in seinem Charis-    Verbundenheit mit Gott. Bei            Verantwortung als Christen.
ma Schwestern und Brüder        Kain und Abel setzte Prof.             Durch die Barmherzigkeit
nach ihm in unterschied-
lichsten Kontexten für die
Menschenwürde eingesetzt
haben.
    Weil dadurch eine Menge
wichtiger Input zusammen-
kam, war schon der erste
Abend eine Arbeitseinheit:
Zuerst erfolgte eine kurze
Präsentation zu den Weiter-
entwicklungen von MISEVI
Deutschland. Im September
2018 konnte Joaquin Simó
die Leitung des Referates
Bildung der spanischspra-
chigen Mission bei der DBK
übernehmen.
                                Interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer beim Treffen der Mitteleuropäischen
Kain und Abel                   Gruppe Vinzentinischer Studien (MEGVIS)
Professor Schallenberg mach-
te uns mit der Frage „Was       Schallenberg den Beginn der            wollen wir den Spalt füllen,
erwartet Abel von Kain?“        Ethik an, mit der Frage „Bin           der zwischen Gerechtigkeit
neugierig. Der Lebenstraum      ich denn der Hüter meines              und Liebe offenbleibt!
Gottes für den Menschen,        Bruders?“, die er positiv be-             Am zweiten Tag führte Sr.
in dem der Mensch sein          antwortete: Ja, es gehört zum          M. Johanna Keller, Psycho-
höchstes Gut findet, ist das    Wesen des Menschen, auf                therapeutin aus Augsburg,
Leben – nicht nur Überleben     den Anderen Acht zu geben.             durch eine anschauliche und
(bios), sondern „gutes Le-      Was ist also die Erwartung             ausführliche Erläuterung
ben“, „Leben in Fülle“ (zoe).   Abels? Er muss sich in einem           der Geschichte der Heil-und

                                                11
MEGVIS

Pflegeanstalt Irsee zum Film                                       ersten Weltkrieges im Laza-
                                 Wie gewohnt werden alle in-
„Nebel im August“ hin, der       haltlichen Beiträge ausführlich
                                                                   rettdienst eingesetzt waren.
in Form eines faktenbasier-      im MEGVIS-Heft veröffentlicht,    Dies erfolgte bei den Mün-
ten Spielfilms das Schicksal     das die Mutterhäuser zuge-        chener Schwestern „in der
von Ernst Lossa in dieser        sandt bekommen. Interessier-      Etappe“ (hinter der Front),
Einrichtung nachzeichnet.        te können es auch gern über       im Lazarettzug und im Laza-
Es wurde sehr deutlich, wie      Pater Norbert Ensch beziehen:     rettdienst in Bayern. Gestützt
komplex und vielschichtig        norbertensch@gmx.de.              durch Auszüge aus Briefen
die Rahmenbedingungen in                                           und Berichten der Schwes-
der damaligen Zeit waren            Einen zweiten Themen-          tern lieferte sie ein sehr
und wie sehr die in Irsee und   schwerpunkt bildete der            lebendiges Bild des Dienstes,
ähnlichen Einrichtungen         Vortrag von Dr. Steinke            den die Schwestern geleistet
eingesetzten Schwestern um      zum Thema „Freiheit und            haben und sich so auf ihre
eine gute und verantwortbare    Menschenwürde bei Vinzenz          Weise einsetzen konnten für
Haltung zu kämpfen hatten.      von Paul“. Indem er zentrale       die Würde der ihnen anver-
Eine Vertiefung erfolgte am     Tätigkeitsfelder des heiligen      trauten Kranken, unabhängig
Abend unter der Überschrift     Vinzenz beleuchtete – Ga-          von deren Nationalität.
„Ohnmacht aushalten?“ Sr. M.    leerensträflinge, Freikauf             Um den thematischen
Johanna beleuchtete konkret     von Sklaven – arbeitete er         Kern herum gruppierten
die Situationen der einzel-     heraus, dass der Freiheitsbe-      sich weitere interessante
nen Schwestern anhand von       griff für Vinzenz zentral war.     Informationen und Beiträge.
Aussagen, die sie im Kontext    Allerdings betrachtete er ihn      Sr. Christa Bauer aus Graz
eines Nachkriegsprozesses       schwerpunktmäßig soteriolo-        berichtete über die Feiern
zu Protokoll gegeben hatten.    gisch: Es geht um die „innere      „200 Jahre Mutterhaus der
So wurde deutlich, dass es      Freiheit“ der Kinder Gottes,       Lazaristen“ in Paris, Sr. Birgit
auch um eine Deutung des        die Christus – geworden wie        Biegel machte ihren Dienst in
Ohnmachtserlebens im Licht      ein Sklave – durch Mensch-         der ökumenischen Bahnhofs-
des Kreuzes Christi geht. Die   werdung, Tod und Aufer-            mission in Stuttgart anschau-
Darstellung der Erfahrungen     stehung aus der Sklaverei          lich erfahrbar. Zudem stellte
der NS-Zeit in Rottenmün-       der Sünde eröffnet hat. Wie        Mark Mc Greevy die „13
ster, die Sr. Marie-Luise       gewohnt bot der anregen-           Häuser-Kampagne“ vor, die
                                                                   dem Bündnis der Vinzen-
                                                                   tinischen Familie gegen die
 »Es geht um die innere Freiheit.«                                 Obdachlosigkeit entstammt.
                                                                   An verschiedenen Stellen
Metzger (Untermarchtal)         de Vortrag von Dr. Steinke         weltweit werden bereits
und Herr Birner am Folgetag     Material genug für intensive       konkrete Projekte umgesetzt,
präsentierten, unterstrichen    persönliche Reflexion und          durch die Menschen wieder
diese Aspekte und zeigten       Austausch untereinander.           ein Dach über dem Kopf
deutlich auf, wie stark der        Dr. Susanne Kaup, Archi-        bekommen. Und natürlich
politische Druck auf die Ge-    varin des Mutterhauses             durfte das „Neue aus der
meinschaften, bezeichnet als    München, gewährte einen            Vinzentinischen Welt“ nicht
„militanter Arm der katho-      Einblick in die Situation von      fehlen. 
lischen Kirche“, war.           Schwestern, die während des         Sr. Veronika Häusler, Augsburg

                                               12
Vinzentinische Familie

                                               Impressionen aus den USA (7)

                                                    MEDITIEREN über
                                                   Gottes SCHÖPFUNG

N    ach dem Ende des Früh-
     jahrsquartals bereite ich
mich nun auf mein For-
                                 18. Juni waren meine Eltern
                                 nach Chicago gekommen,
                                 um mich zu besuchen, was
                                                                voller Erwartungen, konn-
                                                                ten jedoch nicht ahnen wie
                                                                überwältigend die Eindrücke
schungsprojekt in Denver/        nach sechs Monaten schon       sein würden.
Colorado vor. Wie ich be-        an sich ein schönes Erlebnis       Zunächst haben wir mit
reits im letzten Vortrag be-     war. Wir sind aber zwei Tage   unserer 17-köpfigen Reise-
richtet habe, werde ich die-     später zu einer Rundreise      gruppe einen Eindruck
ses Projekt für meine Master-    aufgebrochen.                  gewinnen können, wie riesig
arbeit benutzen. Ich bin ge-                                    die USA sind. Allein der
spannt auf 20 junge Erwach-      Grandiose Naturdenkmäler       Staat Kalifornien ist von der
sene im Alter von 22 bis 30      Zunächst sind wir vier         Fläche größer als Deutsch-
Jahren, die ein ganzes Jahr      Stunden bis an die West-       land. Aus diesem Grund
einen freiwilligen sozialen      küste der USA nach Los         war der erste Tag geprägt
Dienst tun und dabei die         Angelos geflogen, wo einen     von den Eindrücken einer
Spiritualität des heiligen       Tag später unsere Rundreise    schier unendlichen Weite,
Vinzenz von Paul kennen-         beginnen sollten. Das Ziel     abwechslungsreicher Land-
lernen. Auch wenn ich im         war es, verschiedene Na-       schaft und vielen kleineren
April das Projekt in Denver      tionalparks in den Staaten     und größeren Städten. Auf
besucht habe und tief beein-     Kalifornien, Utah, Arizona     dem Programm standen Los
druckt war, bin ich nun doch     und Nevada zu besuchen.        Angeles, was mit 9 Millionen
sehr neugierig und voller        Wir alle kennen Filme und      mehr Einwohner hat als Ös-
Erwartungen für meine Zeit       Reportagen von diesen          terreich, und San Diego, der
in Denver.                       grandiosen Naturdenkmä-        südlichsten Stadt der USA
    Ich möchte Ihnen aber        lern oder Westernfilme mit     nahe der Grenze zu Mexiko.
noch von einem anderen           John Wayne und anderen             Es ist schwierig zu sagen,
Erlebnis berichten, das mich     Leinwandhelden. Wir waren      welcher der Parks, die wir
zutiefst beeindruckt hat. Am     natürlich sehr gespannt und    besucht haben, am schöns-

                                              13
Vinzent. Familie/Betrachtung

ten war. Für mich war es ein
unüberbietbares Erlebnis,
                                     Hl. Franz Regis Clet (1748–1820)
mit einem Helikopter eine
                                        Er schaffte es, sich an nichts festzuklammern
Stunde über den Grand
Canyon zu fliegen. Dieser
Canyon erstreckt sich über
eine Länge von 446 km, ist
durchschnittlich 16 km breit
                                 D    as Heil der Menschen
                                      ist ein so wertvolles Gut,
                                 dass man sich darum küm-
                                                                   Beispiel seines älteren Bru-
                                                                   ders und seiner älteren
                                                                   Schwester folgend, das Or-
und an der tiefsten Stelle       mern muss, gleich welchen         densleben. Er trat am 6. März
1,6 km tief. Ich habe noch       Preis es auch kosten mag.“        1769 in Lyon in die Kongre-
nie zuvor in meinem Leben        Dieses Wort des hl. Vinzenz       gation der Mission ein. Dort
die Erhabenheit der Schöp-       möchte ich über das Leben         wurde er am 27. März 1773
fung so sehr gespürt wie an      des hl. Franz Regis Clet CM       zum Priester geweiht und
diesem Naturwunder. Der          schreiben. Franz Regis Clet       wurde von seinen Oberen als
Mensch ist so verschwin-         ist in der Vinzentinischen        Professor für Moraltheologie
dend klein und unbedeutend       Familie kein Unbekannter;         nach Annecy gesandt, wo er
angesichts dieser Schönheit      wurde er doch am 27. Mai          15 Jahre am Priesterseminar
und der Zeitspanne, die sich     1900 durch Papst Leo selig        lehrte. Franz Regis Clet ver-
vor einem entfaltet.             und am 1. Oktober 2000            fügte über ein enzyklopädi-
    Die anderen Parks und        von Papst Johannes Paul II.       sches Wissen und war un-
Canyons waren auf ihre
Art sehr eindrucksvoll und
erhaben. Immer wieder hat
                                     »Das Heil der Menschen ist ein
die grandiose Landschaft in                wertvolles Gut.«
stillen Momenten dazu ein-
geladen, über Gottes Schöp-      heiliggesprochen. Seinen          glaublich belesen; deshalb
fung zu meditieren.              Gedenktag feiern wir jedes        wurde er in Annecy von
    Am Ende unserer Reise        Jahr am 18. Februar. Auch         seinen Mitbrüdern liebevoll
sind wir nach 3500 km von        wenn wir so lange schon           „die wandelnde Bibliothek“
San Francisco nach Chicago       seiner gedenken, tut es gut,      genannt. Er wurde 1786
zurückgeflogen, wo meine         das Leben dieses Heiligen         Rektor des Priesterseminars
Eltern noch einen Tag ge-        genauer zu betrachten.            und zwei Jahre später Direk-
blieben sind, bevor sie nach                                       tor des Seminars in Paris, wo
Deutschland gereist sind.        Die wandelnde Bibliothek          er die Novizen ausbildete.
    Liebe Schwestern, ich        Franz Regis Clet wurde am
hoffe, es geht ihnen allen       19. August 1748 als zehntes       Als Missionar nach China
gut in diesem zum Teil sehr      von fünfzehn Kindern in           Eigentlich wollte Franz Regis
heißen Sommer. Ich freue         Grenoble geboren; seine           Clet gleich nach seiner Pries-
mich, Ihnen im nächsten          Eltern gehörten zu den vor-       terweihe Missionar in China
Heute über meine Erfahrun-       nehmen Bürgern der Stadt.         werden; diese Bitte trug er
gen in Denver berichten zu       Nach dem Abschluss seines         mehrmals seinen Vorge-
können und grüße Sie alle        Studiums am Royal College,        setzten vor, aber erst 1791
von ganzem Herzen.              das von Jesuiten gegründet        erlaubten sie ihm, als Missi-
 Ihr Pater Andreas Müller, CM   worden war, wählte er, dem        onar nach China zu gehen.

                                               14
Betrachtung

Er durfte für einen Mitbruder
einspringen, der in letzter          Der hl. Franz Regis Clet starb in China den Märtyrertod
Minute von seiner Sendung
zurückstehen musste. So reiste
Franz Regis Clet im Alter von
43 Jahren nach China. Ein
Mitbruder schrieb über ihn
und seine Aufgabe in China:
„Er hat alles, was Sie sich
wünschen können: Heilig-
keit, Gelehrsamkeit, Gesund-
heit und Charme.“ Nach einer
sechsmonatigen Seereise von
Frankreich nach China ver-
brachte er einige Zeit in Ma-
cao, wo er die Kultur, Sitten
und Bräuche des chinesischen
Volkes kennenlernte und von
da an auch die gebräuchliche
Kleidung übernahm.
Ankunft in Kiang-si
Im Oktober 1792 kam Franz
Regis Clet als einziger Euro-                Foto: Bildarchiv Mutterhaus Paris
päer und neuer Missionar in
Kiang-si an. Die Enkulturati-      Gott, du hast den hl. Franz Regis Clet gesandt, das Evangelium
on wurde für ihn durch seine       dem chinesischen Volk zu verkünden und seinen apostolischen
lebenslangen Schwierigkeiten       Eifer mit dem Martyrium gekrönt. Gib, dass alle, die die Würde
                                   des christlichen Glaubens empfangen haben, durch den Heiligen
mit der Sprache erschwert.
                                   Geist gefestigt werden im Bekenntnis zu dir, und mache sie fä-
Aber durch seine einfache          hig, für die Ausbreitung deines Reiches ihr Leben einzusetzen.
und gütige Art konnte er           Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn. Amen
die Herzen vieler Menschen
gewinnen und sie für das
Christentum begeistern. Auf      Jahr wurde Franz Regis Clet          einheitlichen sakramentalen
sein glaubwürdiges Zeugnis       Vorgesetzter einer internati-        und katechetischen Ansatz
konnte er auch einige junge      onalen Gruppe von vinzen-            für ihren Dienst verfolgten.
Männer für das Priester-         tinischen Missionaren, die               Ab 1805 wurde Franz
tum gewinnen. Im Jahr            über ein sehr großes Gebiet          Regis oft verfolgt. Er ertrug
1793 schloss sich Clet zwei      verstreut waren. Er selbst war       jahrelang Misshandlungen
chinesischen Mitbrüdern an,      Pfarrer in einem Gebiet von          und Angriffe, die ihn häufig
die jedoch beide innerhalb       270.000 Quadratmeilen. In            zwangen, Zuflucht in den
eines Jahres starben – einer     seiner Aufgabe als Vorgesetz-        Bergen zu suchen.
im Gefängnis und der andere      ter entwickelte er Standards,
an Erschöpfung. In diesem        damit die Missionare einen           k Weiter auf Seite 18

                                               15
Bildmeditation

Mit JESUS
    MAHL halten

         D    ie Feier des Abendmahles
              ist im christlichen Leben
          ein wichtiges Ereignis. Wir
                                          denn Jesus sagte: „Tut dies
                                          zu meinem Gedächtnis.“ (Lk,
                                          22,19)
          können es täglich mitfeiern        Mit diesem Wort öffnet
          und Jesu Nähe im heiligen       Jesus allen Menschen die
          Brot empfangen.                 Tür, damit sie immer wieder
                                          mit ihm Mahlhalten können.
                                          Vielleicht wollte uns der
  »Wir brauchen nicht als                 Künstler mit der Darstellung
Zuschauer an der Tür stehen               der beiden geöffneten Türen
                                          darauf hinweisen. Lassen wir
       zu bleiben.«                       uns einladen. Es ist Platz am
                                          Tisch. Wir brauchen nicht,
                                          wie auf dem Bild, als Zu-
             Dieses Altarbild von 1520    schauer an der Tür stehen
          in der St. Severin Kirche in    zu bleiben.
          Schwefe bei Soest zeigt uns,
          wie es damals begonnen hat               Text: Sr. Ursula Bittner
          und dass es weitergehen soll,                Foto: Heidi Bittner

                                 16
17
Betrachtung/Gebete

Ab 1811 verschärften sich                                                 ten wurde er am 18. Februar
die Verfolgungen der Chris-                                               1820 am Kreuz erdrosselt.
ten in China, denen vorge-                                                Als er tot war, holten Chris-
worfen wurde, sie hätten                                                  ten seinen Leib vom Kreuz
einen Aufstand gegen die                                                  und begruben ihn auf einem
herrschende Dynastie an-                                                  Hügel in der Nähe der Stadt
gestiftet. Im Jahr 1819 wur-                                              Ouchanfou. Einige Jahrzehn-
den Franz Regis und ein                                                   te später wurde sein Leich-
Mitbruder von einem seiner                                                nam ins Mutterhaus nach
eigenen katholischen Schul-                                               Paris gebracht, wo er nun in
meister verraten, der eine                                                St. Lazare verehrt wird.
großzügige Belohnung dafür                                                    Fast 30 Jahre wirkte Franz
erhielt. Franz Regis und                                                  Regis Clet als Missionar in
sein Mitbruder wurden zu                                                  China, wo er für das Heil der
Flüchtlingen, die nirgendwo                                               Menschen und des chinesi-
mehr sicher waren.                                                        schen Volkes seine Herzkraft
   Am 1. Januar 1820 wurde                                                und sein Leben eingesetzt
Franz Regis Clet für schuldig                                             hat. Seine Überzeugung,
befunden, das chinesische                                                 dass die frohe Botschaft Jesu
Volk durch Predigten über                                                 Christi allem Volk und jedem
Jesus Christus getäuscht und         Sich an nichts festklammern, das
                                                                          Land verkündet werden
verführt zu haben. Nach              war die Grundhaltung des hl. Franz   muss, weil nur sie dem Men-
langen Gefängnisaufenthal-           Regis Clet.                          schen Würde und Freiheit
                                                                          gibt, ließ ihn unermüdlich
                                                                          dafür tätig sein und machte
     Tischgebete mit Worten des hl. Vinzenz                               ihn glaubwürdig. Wie Paulus,
                                                                          ja wie Jesus Christus selbst,
                             Vor dem Essen                                ertrug er Schmach, Verfol-
  Gott, in der Mitte des Tages sind wir um den Tisch versammelt.          gung, Verleumdung, Schläge
  Arbeiten und Pflichten sollen unterbrochen werden, um uns mit           und schließlich den Tod.
  Speise und Trank zu stärken. Für unsere Tischgespräche empfiehlt            Auf ihn trifft zu, was
  uns der hl. Vinzenz einen Satz zum Nachdenken: „Strebe danach,          Vinzenz von Paul einmal so
  dass alles, was du sagst, von Herzen kommt.“ – Stille – Gott, segne     sagte: „Missionarischer Geist
  uns und diese Speisen und unsere Gespräche bei diesem Mahl.             ist ein Geist der Demut und
  Amen!                                                                   Einfachheit. (…) Sich an
                            Nach dem Essen                                nichts festklammern, das ist
  Gott, wir danken dir für dieses Essen und die Pause, die unserem        die Grundhaltung derer, die
  Körper gutgetan hat. Wenn es gleich wieder weitergeht zu unseren        Gott dienen und wahrhaft
  Aufgaben, begegnen wir sicher dabei überall Menschen. Der hl.           missionarisch wirken.“ 
  Vinzenz rät uns zu folgender inneren Haltung: „Ich muss einfach                       Sr. M. Karin Weber
  meine Mitmenschen lieben, denn Gottes Bild leuchtet ja in ihnen
  auf.“ – Stille – Gott, mit Dank gehen wir auseinander, um deine         Quellen: https://famvin.org/wiki/Frn-
  Liebe weiter zu tragen. Segne uns dazu: „Im Namen des Vaters...“        cis_Regis_Clet; Vinzentinische Heili-
                                                Sr. Ursula Bittner       ge und Selige auf der Homepage der
                                                                          Lazaristen in Österreich

                                                     18
Aus unserer Geschichte

                 Vor 150 JAHREN
     Eine denkwürdige Konferenz im Straßburger
      Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern

Das Straßburger Mutterhaus Allerheiligen

E  iner Empfehlung des
   Zweiten Vatikanischen
Konzils folgend, schlossen
                                           Ein verwandtes Vorhaben
                                       hatte es bereits im Zusam-
                                       menhang des Ersten Vatika-
                                                                       und Höhepunkt der Ernst-
                                                                       haftigkeit dieses Unterfanges
                                                                       war eine Konferenz, zu der
sich – nach Erarbeitung ei-            nischen Konzils im Jahr         sich im Sommer 1869 im
ner einheitlichen Lebensord-           1869 gegeben, als die Straß-    Straßburger Mutterhaus
nung und unter Wahrung                 burger Kongregation und         die Generaloberinnen und
ihrer rechtlichen Selbst-              sechs von ihr ausgegangene      Superioren dieser sieben
ständigkeit – vor beinahe 50           Gemeinschaften die päpst-       Kongregationen zu gemein-
Jahren das Straßburger Mut-            liche Anerkennung ihrer         samer Beratung trafen.
terhaus und acht von ihm               jeweiligen rechtlichen Eigen-      Im Laufe des 19. Jahr-
direkt oder indirekt abstam-           ständigkeit sowie der neuen,    hunderts war die Anzahl der
mende Kongregationen zur               gemeinsam erstellten Kon-       Kongregationen, also der
Föderation Vinzentinischer             stitutionen zu erlangen such-   zumeist vom zuständigen
Gemeinschaften zusammen.               ten. Sichtbarer Ausdruck        Ortsbischof anerkannten

                                                    19
Aus unserer Geschichte

und im sozial-caritativen Be-
reich bzw. im Bildungssektor
tätigen geistlichen Gemein-
schaften mit einfachen Ge-
lübden, stark angestiegen.
Im Zuge der Vorbereitungen
des Ersten Vatikanischen
Konzils wurde diese über-
bordende und unübersicht-
liche Vielfalt vom Hl. Stuhl
als problematisch angesehen
und die Zweckmäßigkeit
dieser Art von kirchenrecht-
licher Anerkennung in Frage
gestellt. Andererseits waren
Gemeinschaften – wie die
Vinzentinischen Kongrega-
tionen der Straßburger Fa-
milie – oft längst in mehre-
ren Diözesen tätig, so dass
sie unter der Aufsicht meh-
rerer Bischöfe standen.
    Durch eine Zusammen-        Superior Charles Spitz
fassung von Kongregationen
über Diözesan- und Landes-      Regina Hurler und Superior   überlieferte Straßburger Re-
grenzen hinaus sowie deren      Anton Etzinger, wandten      gel befolgten, neue Konsti-
päpstliche Anerkennung          und um Auskunft über         tutionen zu erarbeiten und
nach festen Regularien sollte   Inhalt und Bestätigung der   diese gemeinsam in Rom
dieser Zersplitterung entge-    Statuten und Konstitutio-    approbieren zu lassen.
gengewirkt werden.              nen baten. Das bildete den       Mutter Angélique Arth
                                                             nahm die Anregung nicht
                                                             nur begeistert auf, sondern
         »Der Zersplitterung sollte                          lud für August 1869 die
        entgegengewirkt werden.«                             Ordensoberen von Freiburg,
                                                             Fulda, Gmünd, München
                                                             und Paderborn in das Mut-
   In diesem Zusammen-          Anlass, dass im Frühjahr     terhaus Allerheiligen ein.
hang ist es zu sehen, dass      1869 Generaloberin Regi-     Der Straßburger Superior
sich zu Anfang des Jahres       na Hurler der Straßburger    Charles Spitz, der wie die
1868 die Ordinariate von        Generaloberin Angélique      Generaloberin von einer
München und Passau auf          Arth vorschlug, zusammen     Neufassung der Konstituti-
Veranlassung des Hl. Stuhls     mit den Generaloberinnen     onen überzeugt war, er-
an die Münchner Ordens-         und Superioren all jener     stellte als Grundlage für die
oberen, Generaloberin           Mutterhäuser, die noch die   gemeinsamen Beratungen

                                                20
Aus unserer Geschichte

einen Entwurf für neue Kon-    die in Straßburg ihre Profess   Situation der Kongregation
stitutionen.                   abgelegt hatte, traf zusam-     die inhaltliche Arbeit am
    Begleitet vom Gebet in     men mit Superior Tiberius       1. August eröffnete. Nach
den Kongregationen fand        Revellio aus Gmünd im           der Lesung des Entwurfes
dann in den ersten Tagen       Königreich Württemberg          der Konstitutionen folgten in
des Monats August das ein-     ein. Aus Österreich reiste      den kommenden Tagen zehn
berufene Treffen in Straß-     im August schließlich der       arbeitsreiche Sitzungen, in
burg statt. Die Gastgeber,     Salzburger Superior Augus-      denen die Rechtstexte
Generaloberin Angélique        tin Embacher allein an, da      diskutiert wurden. In der
Arth und Superior Charles      Generaloberin Ambrosia          Schlusssitzung am 6. August
Spitz, begrüßten aus dem       Preisinger erkrankt war.        erfolgte die Annahme der
Königreich Bayern den              Die übrigen Kongrega-       gemeinsam erarbeiteten
Münchner Superior Anton        tionen, die ihren Ursprung      Konstitutionen. Zudem kam
Etzinger; Generaloberin Re-    direkt oder indirekt dem        man darin überein, dass
gina Hurler war aus gesund-    Straßburger Mutterhaus          Superior Spitz die deutsche
                                                               Textfassung ins Französische
                                                               übersetzen und den einzel-
 »Zum ersten Male waren mit der                                nen Mutterhäusern zur
                                                               Unterschrift zuleiten sollte.
Mutterkongregation sechs Tochter-                              Diese sollten in der Zwi-
  kongregationen versammelt.«                                  schenzeit die vorgeschriebe-
                                                               nen Empfehlungsschreiben
                                                               der zuständigen Bischöfe
heitlichen Gründen verhin-     verdankten, waren nicht         einholen, damit Bischof An-
dert. Aus dem badischen        eingeladen worden, da sie       dreas Räß von Straßburg die
Freiburg waren angereist die   entweder die nach dem Vor-      Akten auf seiner Reise zum
Generaloberin Gebharda         bild der Pariser Regel ver-     Vatikanischen Konzil mit
Weber, eine Professschwester   fasste und 1835 approbierte     nach Rom nehmen könne.
der Straßburger Kongrega-      Wiener Regel angenommen
tion, und der Superior         hatten oder den Kontakt zu      Ein unerfüllter Traum
Joseph Marmon. Die Fuld-       Straßburg verloren hatten.      Diese von großem Elan und
aer Generaloberin Mathilde         So waren zum ersten         Einsatz getragene Arbeit an
Stock, die im Jahr 1834 in     Male auf dieser denkwür-        der Abfassung neuer Kon-
Straßburg eingekleidet und     digen Konferenz mit der         stitutionen und die damit
für die hessische Gemein-      Straßburger Mutterkongre-       verbundene Erwartung, der
schaft ausgebildet worden      gation sechs ihrer Tochter-     päpstlichen Approbation
war, reiste zusammen mit       kongregationen zu ge-           und damit einer gemeinsa-
Superior Georg Ignaz Komp      meinsamer und einmütiger        men rechtlichen Grundlage
an. Generaloberin Hilaria      Beratung versammelt. Die        näher gekommen zu sein,
Nagl und Superior Weih-        Tagungsleitung lag bei          blieb für diese Gemeinschaf-
bischof Joseph Freusberg       Superior Spitz, der mit         ten ein unerfüllter Traum.
kamen aus Paderborn im         einem ausführlichen Referat         Bereits Ende August 1869
Königreich Preußen. Gene-      über die Geschichte, Ent-       erklärte Superior Etzinger,
raloberin Arkadia Scholl,      wicklung und gegenwärtige       dass sich die Münchner

                                            21
Aus unserer Geschichte

Gemeinschaft für die Bei-                                     Union mit der Straßburger
behaltung der bisher in der                                   Kongregation nicht mitge-
Kongregation beobachteten                                     hen und blieb bischöflichen
Regel ausgesprochen habe.                                     Rechts, während Straßburg,
Diese Entscheidung ist umso                                   Freiburg und Fulda im Jahr
verwunderlicher, da gerade                                    1883 ein entsprechendes
die Münchner Gemeinschaft                                     Gesuch in Rom einreichten.
den Anstoß zur päpstlichen                                    Mit Datum vom 26. Februar
Approbation der Konstituti-                                   1885 wurde das Dekret über
onen gegeben hatte und bis                                    die endgültige päpstliche Be-
heute eine Gemeinschaft bi-                                   stätigung der Konstitutionen
schöflichen Rechts geblieben                                  unterzeichnet; somit waren
ist. In ähnlicher ablehnender                                 nun Freiburg und Fulda
Weise äußerte sich auch die                                   Provinzialmutterhäuser von
Salzburger Kongregation,                                      Straßburg.
die sich dann im Jahr 1882      Die Münchner Generaloberin
dem Mutterhaus in Paris         Schwester Regina Hurler       Geistliche Verwandtschaft
anschloss.                                                    Auch wenn sich das Vorha-
     Die Kongregationen von     Anerkennung erfolgte. Auf-    ben der Straßburger Kon-
Straßburg, Freiburg, Fulda,     grund des Kulturkampfes       ferenz von 1869, durch die
Gmünd und Paderborn             in Preußen konnte aber erst   päpstliche Approbation der
blieben bei ihrem Vorhaben      im Jahr 1915 die Paderbor-    neuen Konstitutionen ein
und legten die Konstitu-        ner Gemeinschaft zu einer     starkes geschwisterliches
tionen in Rom vor. Doch         Genossenschaft päpstlichen    Band für die sieben betei-
wurden diese erst zwei Jahre    Rechts ernannt werden.        ligten Kongregationen zu
später, 1872, nach mehreren        Freiburg, Fulda und        erhalten, aus kirchenrechtli-
kirchenrechtlichen Über-        Gmünd blieben fest mit        chen und politischen Grün-
arbeitungen in der vierten      Straßburg verbunden, nicht    den letztlich nicht realisieren
Redaktion zur Probe appro-      zuletzt durch die gemeinsa-   ließ, zeigt sich darin den-
biert.                          men Konstitutionen. Eine      noch, dass neben dem Be-
                                engere rechtliche Verbin-     wusstsein der geistlichen
Keine Bestätigung aus Rom       dung mit der Straßburger      Verwandtschaft bereits im
Die von diesen Mutterhäu-       Kongregation, die mittler-    19. Jahrhundert der Wunsch
sern erbetene gleichzeitige     weile von Generaloberin       nach einer rechtlich engeren
Bestätigung als selbststän-     Marie-Ange Spitz und          Verbindung vorhanden war,
dige und gleichberechtigte      Superior Joseph Guerber       wie sie dann in der Födera-
Gemeinschaften wurde von        geleitet wurde, verhandelte   tion Vinzentinischer Gemein-
Rom indess nicht gewährt.       man dann im Jahre 1882 bei    schaft verwirklicht wurde. 
Daraufhin bat Paderborn für     einem Treffen der General-          Dr. Susanne Kaup, München
sich allein um die päpstliche   oberinnen und Superioren
Approbation, worauf am          dieser Mutterhäuser in        Literatur: Emil Clemens Scherer: Die
                                                              Kongregation der Barmherzigen
23. August 1872 ein päpst-      Straßburg. Aus landes-
                                                              Schwestern von Straßburg. Ein Bild
liches Belobungsschreiben       politischen Gründen konnte    ihres Werdens und Wirkens von 1734
als Vorstufe zur endgültigen    Gmünd den Schritt zur         bis zur Gegenwart, Saaralben 1930.

                                               22
Augsburg

Die Besuchergruppe im Bayerischen Landtag (Foto: Abgeordnetenbüro Johannes Hintersberger)

                            Besuch im Maximilianeum

D    er Augsburger Landtags-
     abgeordnete Johannes
Hintersberger lud im Rah-
                                      angekommen, wurden wir
                                      vom Sicherheitspersonal
                                      begrüßt; dann gingen wir
                                                                            ausschusses teilnehmen.
                                                                            Allerdings war dies aus
                                                                            Platzgründen nur für etwa
men einer Besuchsfahrt ins-           durch die Personenschleuse            die Hälfte unserer Gruppe
gesamt 10 Schwestern aus              und bekamen ein Kärtchen              möglich, die anderen
dem Augsburger Mutterhaus             zum Umhängen, das uns für             begaben sich in das Kon-
zu einem Besuch in den                alle im Haus als Besucher             ferenzzimmer; in früheren
Bayerischen Landtag ein.              auswies. Im Foyer begrüßte            Zeiten fanden hier auch die
Die Gruppe bestand aus wei-           Johannes Hintersberger                Sitzungen des Ältestenra-
teren „kirchlich sozialisier-         jeden Besucher persönlich,            tes des Landtags statt. Mit
ten Gruppierungen“: Fran-             bevor ein Fotograf ein Erin-          großem Interesse folgten
ziskanerinnen von Maria               nerungsfoto machte.                   wir den Ausführungen des
Stern, Maria-Ward-Schwes-                                                   Herrn vom Landtagsamt,
tern, Mesner des Mesner-              Von der Theorie zur Praxis            der mit uns einen Blick in
verbandes und Frauen vom              Als erster Programmpunkt              die Geschichte des Maxi-
Frauenbund. Im Bus hatte              war eine Multimediaschau              milianeums tat und in seine
Frau Klemm-Kretzler – sie             angesetzt. Dadurch bekamen            Bedeutung bis heute.
ist für das Büro von Herrn            wir Einblick in die Arbeit                Im Plenarsaal, wo wir uns
Hintersberger in Augsburg             der Parlamentarier im Baye-           hernach eingefunden und
zuständig – einige organisa-          rischen Landtag.                      die Plätze der Landtagsab-
torische Dinge geregelt und               Von der Theorie zur               geordneten eingenommen
uns auf die Sicherheitsvor-           „Praxis“ konnten wir an-              hatten, informierte uns
kehrungen im Maximilia-               schließend an einer Aus-              Johannes Hintersberger
neum hingewiesen. Dort                schusssitzung des Haushalts-          über die Sitzverteilung der

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Augsburg/Fulda

einzelnen Fraktionen, die        Runde eröffnet und zwar
Abgeordnetenarbeit und die       mit kritischen Fragen über           Exerzitienangebote
Abstimmungsmodalitäten.          die Asylpolitik. Es folgten
Eine wichtige Aufgabe fällt      weitere Wortmeldungen,               13.10.2019 bis 19.10.2019:
dem Landtagsamt zu. Es be-       welche ebenfalls manche              Religiöse Freizeit auf dem
reitet z.B. die Sitzungen vor,   politischen Entscheidungen           Sonnenhof in Kassel
legt die Tagesordnungspunk-      kritisch hinterfragten.              Thema: Staunen über
te fest und die Redezeiten           Die Rückfahrt nach               Gottes Schöpfung
der Landtagsabgeordneten.        Augsburg mit Dank an den
                                 Fahrer und Frau Klemm-               27.10.2019 bis 2.11.2019:
Mittagspause im                  Kretzler, welche die umfang-         Exerzitien im Mutterhaus
Hofgarten                        reiche Organisation von der          mit Pater Erik, Vallendar
Kurz vor 12 Uhr nahmen           Einladung über die Durch-
wir in der Landtagsgaststätte    führung bis zum Schluss              3.11.2019 bis 7.11.2019:
das Mittagessen ein. So          hervorragend gemeistert              Exerzitien im Theresien-
gestärkt, verabschiedeten        hatte, kamen wir gegen               heim mit Pater Erik,
wir uns gegen 13 Uhr vom         18.30 Uhr wieder in Augs-            Vallendar
Maximilianeum, bestiegen         burg an.
unseren Bus und fuhren               Es war ein beeindrucken-         Anmeldung für Exerzitien
bis zur Residenz. Jetzt war      der Tag, der uns manchen             bzw. Abmeldungen bitte
etwa eine Stunde Zeit, sich      Einblick in den Alltag unse-         per Mail an: a.alsheimer@
die Füße zu vertreten, im        rer Politiker im Bayerischen         mutterhaus-fd.de oder
nahegelegenen Hofgarten          Landtag gewährte.                   telefonisch unter:
sich an den zahllosen bunten                                          06 61/2 85-1 13
Stiefmütterchen zu erfreuen                   Sr. M. Silvana Suck
oder in der Theatinerkirche
Rast zu machen und in Stille
zu beten.
     Dann ging es mit dem
Bus weiter zur CSU-Landes-            Vinzentinische SPIRITUALITÄT
leitung, die im Franz-Josef-
Strauß-Haus untergebracht
                                         für FÜHRUNGSKRÄFTE
ist. Dort bekamen wir durch
Film und begleitende Worte
über die CSU einen Einblick
in die Partei, ihre Arbeit und
                                 S  eit Jänner 2018 wird von
                                    den Gemeinschaften der
                                 Barmherzigen Schwestern
                                                                    spitäler in Wien zwischen
                                                                    Sr. Katharina Laner (Klini-
                                                                    kum Schwarzach) und Sr.
Struktur.                        von Graz-Mitteleuropa,             M. Gerlinde Kätzler (Zams).
     Vor der Führung durch       Innsbruck und Zams für             Im Gespräch wurde uns
das Haus war noch eine           die Führungskräfte ihrer           klar, dass wir seit Jahren den
Diskussionsrunde angesetzt.      Einrichtungen ein Lehrgang         gleichen Traum haben: Wir
Dank mehrerer Wortmel-           über „Vinzentinische Spiri-        möchten den Führungs-
dungen gestaltete sie sich       tualität“ angeboten.               kräften unserer Einrichtun-
sehr lebhaft. So hatte gleich       Begonnen hat alles bei          gen unser vinzentinisches
Schwester M. Reinholda die       einem Treffen für Ordens-          Erbe weitergeben.

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