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Zentrum für Europäische Integrationsforschung Center for European Integration Studies Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Jahresbericht 2003
Inhalt 3 Vorwort ZEI auf einen Blick 5 Ziele und Aufgaben 6 Der Internationale Beirat des ZEI Forschung und Beratung 7 Forschungsgruppen im Überblick 9 Forschungsgruppe I „Institutionen und Institutionenentwicklung“ 18 Forschungsgruppe II „Europäische Mikrostrukturen, Regulierungs- und Wettbewerbspolitik“ 22 Forschungsgruppe III „Makroökonomische Politik und Institutionen“ 24 Forschungsgruppe IV „Europäische Arbeitsmärkte und Systeme der sozialen Sicherung“ 24 Forschungsgruppe V „Europas Rolle in der Welt“ Ausbildung 32 Der „Master of European Studies“ – Sprungbrett für eine Spitzenposition in der EU Weiterbildung 35 Israelische und palästinensische Experten an einem Tisch: die „European Summer University“ (ESU 2003) 37 Ein kleines Jubiläum: die zehnte „Transatlantic Summer-Academy“ (TASA) 37 Die „Bonn Graduate School of Economics“ – Doktorandenausbildung mit einem modernen Lehrprogramm 38 EU-Sommerseminar für Studenten der Internationalen Beziehungen und des Völkerrechts aus Zentralasien 39 „ZEI Summer School in International Macroeconomics, Money and Finance“ 40 Sonstige Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen Zentrale Koordination 42 IWB-Geschäftsführung 42 Öffentlichkeitsarbeit, Information und Dokumentation 43 Die Bibliothek – Europäisches Dokumentationszentrum ZEI im Überblick 44 Organisation und Ansprechpartner (Organigramm) 45 Mitarbeiter und Fellows (nach Forschungsgruppen) 48 Ausgewählte Veranstaltungen des ZEI 51 Publikationen des ZEI 58 Kooperationspartner 61 ZEI Pressestimmen
ZEI-Jahresbericht 2003 3 Vorwort Prof. Dr. Christian Koenig LL.M., Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt, Direktor der Prof. Dr. Jürgen von Hagen, Direktor der der Abteilung „Politische, rechtliche und Abteilung „Europäische Wertesysteme, Abteilung „Wirtschaftliche und soziale institutionelle Fragen” am ZEI Kulturen und Sprachen” am ZEI Fragen“ am ZEI Das Jahr 2003 war für die EU ein Jahr der Erwartung. Der Verfassungskonvent legte im Juni sei- nen Entwurf eines Europäischen Verfassungsvertrages vor. Der Prozess der Erweiterung um zehn neue Mitgliedstaaten schritt voran, ohne indes bereits seinen lange erwarteten Abschluss zu finden. Der Euro wurde zunehmend stärker gegenüber dem Dollar, doch lange erwartete struk- turelle Reformen in den wichtigsten Mitgliedstaaten der EU ließen auf sich warten. Das Jahr 2003 war für die EU auch ein Jahr der Kontroversen und Spannungen. Der Dis- put über die angemessene Reaktion des Westens auf das diktatorische Regime Saddam Husseins im Irak eskalierte hinein in eine Art „Kalten Krieg innerhalb des Westens“, der den tatsäch- lichen Waffengang der USA und der Koalition, an der eine Reihe euro- päischer Staaten teilnahmen, überschattete. Wo immer die transatlanti- 2003 war für die EU ein Jahr schen Beziehungen in schlechtem Zustand sind, ist auch der Prozess der der Erwartung, der Kontroversen und der Enttäuschung. europäischen Integration belastet. Diese historische Erfahrung musste 2003 erneut gemacht werden. Infolge der Dispute zum Thema Irak und über die Politik der Bush-Administration brach ein Maß an Misstrauen unter den EU-Staaten und Neumitgliedern in einer Weise aus, wie man es kaum mehr für möglich gehalten hätte. Das Jahr 2003 endete als ein Jahr der Enttäuschung und der Krise. Beim EU-Gipfeltreffen im Dezember 2003 konnten sich die Staats- und Regierungschefs der EU nicht auf einen Kon- sens in der Frage der künftigen Gewichtung der Stimmen im Europäischen Rat einigen – die eu- ropäische Verfassung kam nicht zustande. Doch aus der Geschichte von Krisen im Prozess der europäischen Integration durfte man auch die Hoffnung folgern, dass Totgesagte länger leben und dass die EU letztlich durch Krisen sogar gestärkt werden würde. Die Erwartungen an einen Verfassungskompromiss im Jahr 2004 blieben infolgedessen ebenso groß wie die kurzfristige Ent- täuschung über das Scheitern des Dezember-Gipfels. Vor diesem Hintergrund entfaltete das Zentrum für Europäische Integrationsforschung (ZEI) auch im Jahr 2003 seine unterdessen allseits anerkannte Arbeit. Das „Master of European Studies“ Programm wurde als eines der besten Das „Master of European Studies“ seiner Art in Europa international akkreditiert. Die Projektarbeit der Programm des ZEI wurde als eines Forschungsgruppen leistete weitere wichtige Beiträge zur Grundlagen- der besten seiner Art in Europa forschung, zur Durchdringung politik- und praxisrelevanter Spezial- international akkreditiert. fragen und zur Beratung von Institutionen und Organen in der EU. Einzelheiten stellt dieser Jahresbericht ausführlich dar. Die interdisziplinär angelegte Arbeit des ZEI wurde während des Berichtszeitraumes nachdrücklich ausgebaut. Als erstes Institut in der EU legte die interdisziplinäre Studiengrup- pe des ZEI einen Kommentar zum Verfassungsentwurf des Europäischen Konvents vor. Die Ar- beit wird fortgesetzt und 2004 in eine erste kommentierende Bewertung des Schluss-Doku- mentes einmünden – erneut aus interdisziplinärer Perspektive, die Ausdruck der spezifischen Stär- ke des ZEI ist. Das Zentrum für Europäische Integrationsforschung erfuhr auch im Jahr 2003 wieder die wohlwollende Unterstützung der Verantwortlichen in der Universität Bonn, in der Bundesstadt
4 Vorwort Bonn, in der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen und in der Bundesregierung, bei wis- senschaftlichen Partnern in ganz Europa und darüber hinaus. Besonders wichtig war uns wiederum der Rat des Internationalen Beirats. Unterstützung durch exzellente Partner in Wissenschaft und Politik Die Anzahl der Anfragen zur Zusammenarbeit übersteigt längst die Möglich- keiten der Ressourcen des ZEI, was wir als ein besonders ermunterndes Zeichen der Anerkennung unserer Tätigkeit ansehen. Wir werden diese fortsetzen, getragen von der Kompe- tenz unserer Mitarbeiter und vom Wohlwollen unserer Kooperationspartner und Förderer. Für die- se Basis einer vertrauensvollen und wirksamen Arbeit sind wir besonders dankbar. Prof. Dr. Christian Koenig LL.M. Prof. Dr. Ludger Kühnhardt Prof. Dr. Jürgen von Hagen Das ZEI ist gemeinsam mit seinem Schwesterinstitut ZEF (Zentrum für Entwicklungs- forschung) am Rand des ehemaligen Bonner Regierungs- viertels untergebracht.
ZEI-Jahresbericht 2003 5 ZEI auf einen Blick Ziele und Aufgaben Forschung und Beratung Das Zentrum für Europäische Integrations- Die Forschungsschwerpunkte des ZEI orien- forschung (ZEI) wurde 1995 als selbständig tieren sich an aktuellen und langfristigen Fra- arbeitende Forschungseinrichtung an der gestellungen, die sich aus dem Einigungs- und Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Erweiterungsprozess in Europa ergeben. Das Bonn gegründet. Forschungsprogramm wird in abteilungs- übergreifenden, interdisziplinären Forschungs- ZEI beteiligt sich durch gruppen durchgeführt. Es ist flexibel, bedarfs- ● richtungsweisende Forschungsarbeiten orientiert und auf umsetzbare Ergebnisse ausgerichtet. Die Forschungsarbeiten am ZEI ● fundierte Politikberatung werden durch Arbeitssitzungen ausgewählter ● engagierte Dialoge zwischen Wissenschaft Experten aus dem In- und Ausland, die Stra- und Praxis tegien und Empfehlungen zu spezifischen ● innovative Konzepte Fragestellungen entwickeln, unterstützt und der Graduiertenausbildung und ergänzt. In regelmäßig stattfindenden Vortrags- ● Weiterbildungsmöglichkeiten reihen, internationalen Konferenzen und an der Lösung bisher unbewältigter Probleme Workshops, die das ZEI initiiert und organi- der europäischen Einigung und der Gestal- siert, nehmen kompetente Redner aus Wis- tung der Rolle Europas in der Welt. senschaft, Politik, Diplomatie und Publizistik zu europarelevanten Fragen Stellung und dis- kutieren ihre Gedanken mit Fachleuten und ZEI verbindet in seinen drei Abteilungen auf der interessiertenÖffentlichkeit. interdisziplinäre Weise ● europarechtliche (ZEI a) Aus- und Weiterbildung Das ZEI misst der Aus-, Fort- und Weiterbil- ● wirtschaftliche und soziale (ZEI b) dung besondere Bedeutung zu. Sein Marken- ● kulturelle und politische Fragestellungen zeichen ist der Master-Studiengang „European (ZEI c). Studies“, dem 2003 von der Akkreditierungs- agentur FIBAA das internationale Gütesiegel ZEI bietet Wissenschaftlern und Vertre- verliehen wurde. tern aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und International rekrutierte Referenten be- Unternehmen ein internationales Forum für reiten in international und interdisziplinär alle Fragen der europäischen Integration. ZEI zusammengesetzten Trainingskursen ange- arbeitet – vernetzt mit Partnern in aller Welt – hende Entscheidungsträger aus Wirtschaft mit einem Stab von derzeit 50 wissenschaft- und Politik auf die Herausforderungen des lichen und anderen Mitarbeitern aus dem In- vereinten Europas vor. und Ausland. Hochmotivierten Nachwuchswissenschaft- ZEI arbeitet inhaltlich und organisato- lern und renommierten Fachleuten bietet das risch mit dem Zentrum für Entwicklungsfor- ZEI die Möglichkeit zu Forschungsaufenthal- schung (ZEF) zusammen. Gemeinsam bilden ten, die der Bearbeitung spezifischer Frage- beide Zentren das Internationale Wissen- stellungen in einem internationalen Umfeld schaftsforum Bonn (IWB). dienen sollen.
6 Bei der Sitzung des Internationalen Beirats des ZEI am 10. Oktober 2003: (v. l.) Dr. Gert Maichel, Prof. Dr. Hans-Dietrich Genscher, Prof. Dr. Wladyslaw Bartoszewski Der internationale Beirat des ZEI Vorsitzender: Genscher, Prof. h.c. Dr. h.c. mult. Hans-Dietrich, ehemaliger Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, Bonn Mitglieder: Bartoszewski, Prof. Dr. h.c. Wladyslaw, Polnischer Ex-Außenminister und Träger des Friedenspreises des deutschen Buchhandels 1986, Warschau Bogdanov, Prof. Dr. Bogdan, Gründer und Vorstandsvorsitzender der New Bulgarian University, Sofia Borchard, Prof. Dr. Klaus, Rektor, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (ex officio), Bonn Delors, Jacques, Präsident „Notre Europe“, ehemaliger Präsident der Europäischen Kommission, Paris Inotai, Prof. Dr. András, Direktor, Institut für Weltwirtschaft, Ungarische Akademie der Wissenschaften, Budapest Issing, Prof. Dr. Otmar, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank, Frankfurt Maichel, Dr. jur. Gert, Vorstandsvorsitzender der RWE Power AG und Vorstandsmitglied der Multi Energy RWE AG, Essen Malinvaud, Prof. Dr. Edmond, Centre de Recherche en Economie et Statistique, INSEE. Mitglied der Académie des Sciences, früherer Generaldirektor des französischen nationalen Statistikamts INSEE, Ehrendoktor der Universität Bonn, Paris Masterson, Prof. Dr. Patrick, ehemaliger Präsident des European University Institute, Florenz Meckel, Prof. Dr. Miriam, Staatssekretärin für Europa, Internationales und Medien beim Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf von Ploetz, Dr. Hans-Friedrich, Deutscher Botschafter in Russland, Moskau Portes, Prof. Dr. Richard, Präsident, Center for European Economic Policy Research (CEPR), London
ZEI-Jahresbericht 2003 7 Forschung und Beratung Die Forschungs- und Beratungstätigkeit am Die Mitarbeiter der ZEI-Forschungs- ZEI wird in interdisziplinären Forschungs- gruppen treffen sich regelmäßig. Sie leisten gruppen geleistet, die sich besonderen Schwer- einen wertvollen Beitrag im Sinne eines in- punktthemen widmen. tensiven Dialogs mit Politik und Praxis zu ge- In diesen arbeiten Wissenschaftler und sellschaftlich relevanten Fragestellungen. „fellows“ aus den drei Abteilungen des ZEI, Unterstützt wird ihre Arbeit durch Foren und die sich mit gemeinsamen oder ähnlichen Arbeitsgruppen. Vorträge und Diskussionen Fragestellungen befassen. Auf diese Weise sowie hochkarätig mit internationalen Exper- wird die multi- und interdisziplinäre Zu- ten besetzte Fachtagungen – vom ZEI durch- sammenarbeit zu zentralen Fragen des euro- geführt – sorgen zudem für eine weiterfüh- päischen Integrationsprozesses gefördert. rende Beschäftigung mit spezifischen Fragen. Forschungsgruppen im Überblick Im Zusammenhang mit dem Fortschreiten gen des Regierens und der wirtschaftlichen dieses Prozesses und zur Optimierung der und rechtlichen Entwicklung in der erweiter- Konzentration auf die Kernkompetenzen des ten EU. Die offenen Fragen der künftigen Instituts, sind die Forschungsgruppen zu Be- nachbarschaftlichen Beziehungen der EU fin- ginn des Jahres 2003 neu geordnet worden: den ihre angemessene Bearbeitung im Rah- Während die unmittelbare Bearbeitung des men der Forschungsgruppe „Europas Rolle in EU-Erweiterungsprozesses als (einstweilen) der Welt“. Das interdisziplinäre Potential des abgeschlossen betrachtet werden kann, be- ZEI wurde durch die Etablierung eines neuen schäftigt sich das ZEI, auch im Licht der an- Forschungsprojektes zum europäischen Ver- stehenden institutionellen und konstitutio- fassungsprozess gestärkt. nellen Weichenstellungen, vorrangig mit Fra- Eröffnungsansprache von Rektor Professor Dr. Klaus Borchard anlässlich des ZEI-Europaforums am 15. Oktober 2003 im Festsaal der Universität Bonn.
8 Forschung und Beratung Am ZEI arbeiteten ab dem Jahr 2003 fünf Forschungsgruppen zu folgenden Themen: I „Institutionen und III „Makroökonomische Politik Institutionenentwicklung“ und Institutionen“ In dieser Forschungsgruppe werden die The- Im Mittelpunkt der Arbeiten dieser For- menkreise Fiskalischer Föderalismus, Regie- schungsgruppe steht die Beschäftigung mit ren in der erweiterten EU, Wirtschaftspolitische der Frage nach der Gestaltung der Fiskalpoli- Institutionen sowie Verfassung und europäi- tik der Mitgliedsländer in der Währungs- sche Identität aufgegriffen und wissenschaftlich union. Die Auseinandersetzung erfolgt zum abgehandelt. Gerade der letztere hat wegen Teil im Rahmen von Studien über die Fiskal- der Aktualität der Verfassungsgebung der politik der EU in den vergangenen Jahren Union hohe Priorität in dieser Forschungs- bzw. über fiskalische Regeln. Zudem widmet gruppe genossen. sich die Forschungsgruppe kritisch der euro- päischen Geldpolitik. II „Europäische Mikrostrukturen, Regulierungs- und Wettbewerbs- IV „Europäische Arbeitsmärkte und politik“ Systeme der sozialen Sicherung“ Diese Forschungsgruppe ist in fünf Projekt- Die Arbeit dieser Gruppe konzentriert sich gruppen gegliedert, die sich jeweils mit sek- auf Fragestellungen, die das Thema Arbeits- torspezifischen Fragestellungen der Marktge- markt, seine Institutionen und Probleme be- staltung und der Marktprozesse im Rahmen treffen. Untersucht wird in diesem Zu- der europäischen Integration befassen. Im sammenhang der Einfluss der unterschied- einzelnen arbeiten die Forschungsprojekt- lichen Strukturen in den EU-Ländern auf die gruppen auf den Gebieten des europäischen Arbeitsmarktsituation. Dazu gehört auch die Telekommunikationsrechts, der Regulierung vertiefte Auseinandersetzung mit der Frage, europäischer Gesundheitsmärkte sowie des ob eine gesamteuropäische Beschäftigungs- europäischen Pharma-, Energie-, Wettbe- strategie der Heterogenität der Arbeitslosig- werbs- und Vergaberechts. Ein besonderes keit gerecht wird. Augenmerk richtet sich dabei stets auf aktuel- le Entwicklungen und Probleme sowie auf V „Europas Rolle in der Welt“ den intensiven Austausch zwischen Wissen- In dieser Forschungsgruppe sind in der schaft, Politik und Praxis. Hauptsache die folgenden Themenkreise in- tegriert: Neue Nachbarn, Dialog der Kulturen, Globalisierung des Regionalismus sowie Ge- meinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU. Die beiden ersten bean- spruchten vor allem im Rahmen der bevorste- henden Osterweiterung eine erhöhte Befas- sungsmarge im ZEI. Die kriegerische Ausein- andersetzung im Irak und die Probleme des internationalen Terrorismus lenkten den Blick aber auch besonders auf die GASP.
ZEI-Jahresbericht 2003 9 Forschungsgruppe I: „Institutionen und Institutionenentwicklung“ Verfassung und mannigfaltigen Probleme einer europäischen europäische Identität Verfassungsordnung behilflich sind. Zugleich garantierte die multinationale Zusammenset- Mitarbeit des ZEI am European Policy zung von EPIN, dass das gegenseitige Ver- Institutes Network ständnis für jeweilige nationale Interessen Um bei der historischen Weichenstellung, die und Debatten in den Herkunftsländern aller mit dem Europäischen Verfassungskonvent EPIN-Mitglieder geweckt wurde. Aus diesem eingeläutet wurde, nicht nur beobachtend, Grund traf sich das Netzwerk Praktiker und Experten aus ganz sondern auch aktiv mitwirken zu können, hat nicht nur in Brüssel, sondern Europa lieferten instruktive Analysen sich das ZEI, vertreten durch Prof. Dr. Ludger auch in den Heimatländern zum aktuellen Stand der Konvents- Kühnhardt, Dr. Marcus Höreth und Dr. Hubert aller an EPIN beteiligten beratungen. Iral, an der Gründung des „European Policy „think tanks“. Das Netzwerk Institutes Network“ (EPIN) beteiligt, eines wird durch das PRINCE-Programm der Euro- großangelegten Netzwerkes von europaweit päischen Kommission bei der Finanzierung tätigen EU-Forschungsinstituten. dieser Veranstaltungen unterstützt. Die regelmäßig in Brüssel stattfindenden Am 13. und 14. Mai fand im Rahmen EPIN-meetings zu Themen rund um den von EPIN am ZEI die Konferenz „Prospect Konvent, an denen immer auch zwei Kon- for a European Constitution – Prospects for ventsmitglieder zu Gast sind, dienten nicht more Legitimacy?“ statt, die von Dr. Marcus nur dazu, Informationen aus erster Hand zu er- Höreth und Dr. Hubert Iral geleitet und von langen, sondern auch politikberatend Einfluss der Europäischen Kommission unterstützt zu nehmen. Die Vorteile dieses „network of wurde. Die Schlüsselfrage lautete: Wird die excellence“ lagen für alle Beteiligten auf der zukünftige Europäische Verfassung die drän- Hand: Renommierte Experten aus ganz Euro- genden Legitimationsprobleme der Union lö- pa sind bezüglich der Entwicklungen im Kon- sen können? Wird sie zu mehr Demokratie vent immer auf dem aktuellsten Stand gewesen und Handlungsfähigkeit führen? Praktiker und pflegten durch die Zusammenkünfte in und Experten aus ganz Europa lieferten in- Brüssel ihre Beziehungen zu den europäi- struktive Analysen zum aktuellen Stand der schen Entscheidungsträgern. Diese wiederum Konventsberatungen. Während sich Nikolaus konnten regelmäßig auf die Expertise der Meyer-Landrut, Sprecher des Konvents, und Wissenschaftler zurückgreifen, die ihnen bei Walpurga Speckbacher, Kabinettchefin des der Suche nach tragfähigen Lösungen für die Konventspräsidenten Giscard d’Estaing, na- Bei der ZEI / EPIN-Konferenz „Prospects for a European Constitution“ am 13. und 14. Mai in Bonn: (v. l.) Dr. Marcus Höreth (ZEI), Dr. Kirsty Hughes (CEPS), Dr. Hubert Iral (ZEI), Dr. Walpurga Speckbacher (EU) und Prof. Dr. Carlos Closa (University of Zaragoza)
10 Forschungsgruppe I: „Institutionen und Institutionenentwicklung“ turgemäß eher optimistisch zu den erwarte- stellungen wünschenswert wären, der Konvent ten Ergebnissen äußerten, waren die EPIN-Ex- aber dennoch einige zukunftsweisende Vor- perten etwas skeptischer. Dennoch waren schläge unterbreitet hat. auch diese Experten – unter ihnen Kirsty Die Inhalte des Discussion Papers wurden Hughes vom Center for European Policy Stu- im Zuge der Regierungskonferenz zum Ver- dies in Brüssel, Carlos Closa von der Univer- fassungsvertrag ab Oktober 2003 weiter ent- sität Zaragoza, Spanien, Christopher Lord von wickelt und sukzessive an die insoweit von der Universität in Leeds, Großbritannien, dieser geänderten Vertragsbestandteile ange- Marcus Höreth und Uwe Leonardy vom ZEI, passt. Ziel war und ist es, die fertige EU-Ver- Franz Eichinger vom Generalsekretariat des fassung in einem Band der ZEI-Schriftenreihe Rates der Europäischen Union – optimistisch, im Hinblick auf ihre Strukturprinzipien zu dass der Europäische Konvent befriedigendere analysieren und zu bewerten. Resultate präsentieren würde, als dies früher gewöhnlichen EU-Regierungskonferenzen ge- Kooperation mit der ERA lungen ist. Diese damalige Einschätzung hat Die Europäische Rechtsakademie (ERA) hat sich mit Blick auf den am 20. Juni letztlich zusammen mit dem ZEI eine hochkarätig be- vorgelegten Verfassungsentwurf des Konvents setzte, disziplinär gemischte Expertengruppe bestätigt. aus den Institutionen der EU (Gilles de Kerchove, Auf Grund seines Erfolges wurde EPIN Alain Lamassoure, Kurt Riechenberg, Floriana auch nach dem offiziellen Ende des Konvents Sipala, Hans-Bernhard Weisserth), der inter- im Juli 2003 fortgesetzt, um die europäische nationalen Wissenschaft (Yves Gautier, Finn Verfassungsdebatte kritisch zu begleiten. Di- Laurssen, Alfonso Mattera, John Usher) und verse Positionspapiere, verfasst von Prof. Dr. den Medien (Hans-Martin Tillack) zusammen- Ludger Kühnhardt, Dr. Höreth, Dr. Iral und geführt, um in den Räumen der ERA in Trier den anderen Netzwerkteilnehmern gibt es auf die legalen und politischen Konsequenzen der ZEI-Website zum downloaden unter dieses neuen Verfassungsdokuments diskutie- www.epin.org. ren zu können. Für die Tagung „Der Konvent zur Zukunft Europas: Erarbeitung einer Ver- Das ZEI-Verfassungsseminar fassung für die Europäische Union“ unter Am ZEI fand im ersten Halbjahr 2003, geleitet Leitung von Peter Cullen und Peter Zervakis durch Dr. Höreth, einmal im Monat ein inter- am 10. und 11. April 2003 hatten sich die Or- disziplinäres ZEI-Verfassungsseminar statt, ganisatoren zum Ziel gesetzt, eine erste Be- an dem Vertreter aller drei Abteilungen teil- standsaufnahme der Debatten im Konvent nahmen. Ziel dieser Veranstaltung war die vorzunehmen und die Auswirkungen des Ver- gemeinsame Analyse der Konventsberatun- fassungstextes auf das EU-Rechtssystem, die gen. Über die Annahme des Verfassungsent- institutionelle Machtverteilung und die zen- wurfs durch die Konferenz der europäischen Staats- und Regierungschefs hinaus, muss das eigentliche Ziel die Annahme und Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern der EU sein. Dazu ist eine öffentliche Diskussion über einen sich langsam herausbildenden Verfas- sungspatriotismus auf europäischer Ebene erforderlich. Das ZEI leistet hierzu mit seiner Publikation „Der Verfassungsentwurf des EU-Konvents. Bewertung und Strukturent- scheidungen“, der als Nr. 124 der Discussion Paper-Reihe erschienen ist, einen wichtigen Beitrag. Der in dem Arbeitsprozess des ZEI- Verfassungsseminars entstandene Kommen- tar legt das Hauptaugenmerk auf die im ersten Teil des Entwurfs enthaltenen Struk- turentscheidungen. Ihre Bewertung versteht sich als Beitrag zur Interpretation und Fort- Auf dem Podium der Trierer Konferenz von ZEI und ERA: schreibung des Verfassungsprozesses. Die (v. l.) Wolfgang Heusel (Direktor der ERA), Prof. Dr. Ludger Experten des ZEI stellen fest, dass zwar noch Kühnhardt (Direktor am ZEI), Sarah Jund und Alain Lamassoure eine Reihe von integrationsfreundlichen Klar- (Vertreter des europäischen Parlaments im Konvent)
ZEI-Jahresbericht 2003 11 tralen Politikfelder zu erörtern. Einigkeit „Frühwarnmechanismus“ zu installieren, um herrschte bei allen Referenten, dass die „Kon- künftig Krisen innerhalb der EU wie jene in ventsmethode“ sich wegen der mehr oder we- der Irak-Frage rechtzeitig zu entschärfen. Er niger deliberativen Art der öffentlichen Dis- plädierte für die doppelte Legitimierung des kussionen im Kreis der Abgeordneten des Eu- künftigen EU-Außenministers durch den Eu- ropäischen Parlaments, der nationalen ropäischen Rat und das Europäische Parlament Parlamente und der Beauftragten der Regie- und empfahl einen Mechanismus für künftige rungen der Mitgliedstaaten sowie der Kom- Verfassungsergänzungen auf Basis des Prinzips mission und erstmals auch der Vertreter der der qualifizierten Mehrheit im Europäischen beitrittswilligen Länder bewährt habe. Rat. Dadurch werde das föderale Unionsprinzip gestärkt. Publikation „Constituting Europe“ Die Frage nach der europäischen Identität Neuordnung der EU-Gesetzgebung wird zunehmend politischer. Die Arbeit des Eine der wichtigsten Aufgaben im Bereich der europäischen Verfassungskonvents und die institutionellen Reformen sah der Konvent in zunehmenden Anfragen nach einer globalen der Neuordnung der EU-Gesetzgebung. Ge- Rolle für die EU verknüpfen die Identitätsfra- mäß Art. 33 S.2 Verf.Entw. ist vorgesehen, die ge immer erkennbarer mit dem politischen Mitentscheidung zur regulären Gesetzge- Profil und Willen der Europäischen Union. bungsart aufzuwerten. Dr. Hubert Iral, wis- Wissenschaftliche Forschungen müssen daher senschaftlicher Mitarbeiter am ZEI, analysiert vermehrt die Erkenntnisse der Regierungsleh- in seiner Studie „Between Forces of Inertia re, der internationalen Beziehungen und der and Progress: Co-decision in EU- politischen Theorie, die nach den Traditionen Legislation“, die als Nr. 119 der Discussion und Ansprüchen Europas sucht, miteinander Paper-Reihe des ZEI publiziert ist, die Kom- verknüpfen. Diese methodische Zusammen- petenzdivergenzen beim Mitentscheidungs- schau kennzeichnet Band Nr. 60 der ZEI- verfahren zwischen Rat und Europäischem Schriftenreihe: „Constituting Europe. Identi- Parlament, die diversen Reformvorschläge in ty, Institution-Building And The Search For den EU-Organen, -Institutionen, -Dienst- A Global Role“ von Prof. Dr. Ludger Kühn- stellen etc. und insbesondere diejenigen im hardt, Direktor am ZEI. Er richtet sein Rat selbst und erläutert, warum diese Ansätze Hauptaugenmerk auf den Verlauf und die bisher noch wenig Erfolg gezeitigt haben. Das Perspektiven des europäischen Integrations- mit zahlreichen statistischen Angaben ausge- prozesses im Rahmen der fortschreitenden stattete Werk bietet praxisorientierte Lö- Globalisierung und plädiert für eine europäi- sungsvorschläge. sche Verfassung. Besondere Bedeutung misst Kühnhardt dem europäisch-amerikanischen Institutionelle Gestaltung Verhältnis zu und schlägt einen neuen Atlan- föderaler Systeme tischen Vertrag vor, um den beachtlichen „ac- quis atlantique“ auf eine neue Basis für die Die Gestaltung eines sich neu herausbilden- Bewältigung der weltweiten Herausforderun- den Föderalismus in Europa gehört ebenso zu gen und Chancen des 21. Jahrhunderts zu den dringlichen Themen der aktuellen wirt- stellen. schaftspolitischen Diskussion wie die Reform des Föderalismus in der Bundesrepublik. Im Prof. Kühnhardt vor Jahr 2003 richtete die Deutsche Forschungs- dem Bundestags-Ausschuss gemeinschaft ein Schwerpunktprogramm Bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschus- „Institutionelle Gestaltung föderaler Syste- ses für Angelegenheiten der Europäischen me: Theoretische und empirische Aspekte“ Union des Deutschen Bundestages am 21. Mai ein, das von ZEI-Direktor Prof. Dr. Jürgen 2003 zum Stand des EU-Verfassungskonvents von Hagen als Sprecher koordiniert und ge- hat ZEI-Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt leitet wird. dem Deutschen Bundestag die Einsetzung einer Am ZEI werden im Rahmen dieses Enquete-Kommission zu den Folgen der euro- Schwerpunktprogramms zwei Projekte bear- päischen Verfassungsgebung für das politische beitet: Junior Fellow Daniela Treutlein be- System Deutschlands und zur Europafähigkeit schäftigt sich mit der Frage, wie weit die poli- Deutschlands empfohlen. Kühnhardt regte an, tische Integration in Europa fortgeschritten im Bereich der künftigen Gemeinsamen Au- ist. Ziel ihres Projekts, das gemeinsam mit ßen- und Sicherheitspolitik der EU einen dem Politikwissenschaftler Prof. Dr. Thomas
12 Forschungsgruppe I: „Institutionen und Institutionenentwicklung“ König, Speyer, konzipiert und durchgeführt Wirtschaftspolitischer Wettbewerb wird, ist die Entwicklung eines empirischen In der wirtschaftspolitischen Debatte um die Maßes für politische Integration in der EU. institutionelle Entwicklung der EU nimmt die Dieses Maß stützt sich auf den Anteil natio- Frage des Verhältnisses der verschiedenen naler Gesetzgebung, der in der Übertragung wirtschaftspolitischen Systeme in den Mit- von EU-Recht in nationales Recht besteht. gliedsländern zueinander einen breiten Raum Durch Betrachtung der Entwicklung dieses ein. Diese Debatte hat mehrere Facetten: Ein Maßes über die Zeit und den Vergleich unter- Teil der Diskussion konzentriert sich auf die schiedlicher Länder sollen Determinanten des Frage, inwieweit die Wirtschaftspolitiken der Prozesses der politischen Integration empi- Mitgliedsländer im Wettbewerb zueinander risch erfasst werden. stehen können oder harmonisiert und koor- diniert werden müssen. Ein zweiter Teil der Ziel des ZEI-Projekts ist die Entwicklung eines empirischen Diskussion betrachtet die Notwendigkeit ei- Maßes für politische Integration in der EU sowie eines nes fiskalischen Verbunds der Mitgliedstaaten dynamischen, makroökonomischen Modells einer Födera- der Währungsunion nach dem Muster des tion und Währungsunion, mit dessen Hilfe die wohlfahrts- deutschen Finanzausgleichs zur Sicherung ökonomischen Eigenschaften eines Finanzausgleichs- von Beschäftigungsstabilität in den einzelnen systems analysiert werden können. Mitgliedsländern. Ein dritter Teil befasst sich mit dem Problem des Steuerwettbewerbs in Junior Fellow Michael Evers befasst sich Europa. In einem vierten Teil schließlich geht in einem zweiten Projekt mit der Makro- es um die Entwicklung der lokalen Gebiets- ökonomik des Finanzausgleichs in einem körperschaften in Europa und ihr Verhältnis zu föderalen System. Ziel seiner Arbeit ist die den übergeordneten politischen Ebenen in Entwicklung eines dynamischen, makroöko- der Union. Das ZEI führt seit 1997 ein breit an- nomischen Modells einer Föderation und gelegtes Forschungsprogramm durch, das Währungsunion, mit dessen Hilfe die wohl- Beiträge zu diesen Forschungsfragen leistet. fahrtsökonomischen Eigenschaften eines Die Diskussion um Wettbewerb versus Finanzausgleichssystems analysiert werden Harmonisierung der wirtschaftspolitischen können. Ansätze und Systeme in der EU betrachtet die Junior Fellow Bartolomej Gurba analy- Frage, wie unterschiedliche Systeme z. B. der siert in seinem Dissertationsprojekt die Ent- Arbeitsmarktregulierung in den Mitgliedstaa- wicklung föderaler Strukturen in Polen. Er ten nebeneinander bestehen können. Populä- zeichnet zunächst die Entwicklung Polens als re Argumente behaupten, die europäische In- föderales System während der letzten 15 Jahre tegration führe zu Wettbewerb der Systeme nach. Dabei betrachtet er insbesondere die ähnlich dem Marktwettbewerb zwischen den Frage, ob die Aufgabenteilung zwischen den Anbietern eines Gutes. Die Analogie führt zu verschiedenen Regierungsebenen den norma- dem Schluss, dass sich das jeweils beste wirt- tiven Aussagen des fiskalischen Föderalismus schaftspolitische System bewährt. entspricht. Darüber hinaus untersucht Gurba die Entwicklung der Verschuldung lokaler Anders als auf Märkten für Güter- und Gebietskörperschaften in Polen und die Dienstleistungen gibt es im Wettbewerb der Wirksamkeit institutioneller Regeln zu ihrer wirtschaftspolitischen Systeme keine klaren Begrenzung. wirtschaftlichen Anreizstrukturen und keine Im Juni 2003 veranstaltete das ZEI unter wohldefinierten Zu- und Austrittsrechte. der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Die Marktanalogie greift daher nicht. Anke Keßler und Prof. Dr. Christoph Lülfes- mann (beide Simon Fraser University, Van- Die einfache Analogie hält jedoch nähe- couver) einen zweitägigen Workshop zum rer Überprüfung nicht stand. Anders als auf Thema „Federalism and Decentralization“. Märkten für Güter- und Dienstleistungen gibt Im Mittelpunkt der Konferenz standen Fra- es im Wettbewerb der wirtschaftspolitischen gen der optimalen Aufgabenteilung in födera- Systeme keine klaren wirtschaftlichen Anreiz- len Systemen. Unter den rund 20 Teilnehmern strukturen und keine wohldefinierten Zu- waren wissenschaftliche Experten aus der und Austrittsrechte. Die Marktanalogie greift Bundesrepublik, den USA, Kanada, Großbri- daher nicht. Prof. Dr. Martin Seidel, Senior tannien und anderen Ländern. Fellow der Abteilung ZEI-b, hat sich in meh- reren Beiträgen mit dem Problem einer ange- messenen Wettbewerbsordnung für den Sys-
ZEI-Jahresbericht 2003 13 temwettbewerb auseinandergesetzt. Senior men zu wenig auf die speziellen Probleme der Fellow Klaus Bünger arbeitet ebenfalls über Währungsunion zugeschnitten sind. Auf- dieses Thema. grund ihrer institutionellen Gestaltung ist zu Junior Fellow Christian Martincus Volpe vermuten, dass diese Prozesse weitgehend in- betrachtet verschiedene Aspekte des wirt- effektiv bleiben werden. Dies liegt nicht zu- schaftspolitischen Wettbewerbs im Zusam- letzt an der Beschränkung der Koordination menhang mit der regionalen Integration im auf den bloßen Austausch von Absichtserklä- Mercosur, der Südspitze Lateinamerikas. Sei- rungen und der mangelnden Möglichkeit zu ne Dissertation präsentiert eine umfangreiche bindenden Absprachen. empirische Analyse der Effekte der Integra- tion auf die räumliche Verteilung ökonomi- Fiskalpolitik und Regionale Schocks scher Aktivitäten in der Region. Er weist nach, in der Währungsunion dass die Integration sowohl die industrielle Im Rahmen dieser Forschungsgruppe befas- Spezialisierung einzelner Teilregionen als sen sich Wirtschaftswissenschaftler auch mit auch die räumliche Konzentration wichtiger der Frage, ob eine Währungsunion, wie sie die Industrien signifikant geändert hat. Diese EU inzwischen verwirklicht hat, ein System räumlichen Effekte implizieren, dass die Re- von horizontalen und vertikalen Transfers gierungen der beteiligten Länder aufgrund nach dem Muster des deutschen Finanzaus- der Handelsintegration in intensiverem Wett- gleichs benötigt, um ohne größere Schwan- bewerb um die Ansiedlung von Industrien kungen von Beschäftigung und Output in den stehen. Volpes Analyse weist nach, dass fiskal- einzelnen Mitgliedstaaten mit sogenannten politische Instrumente wie Besteuerung, Sub- asymmetrischen Schocks, also divergierenden ventionen und Infrastrukturvorleistungen die zyklischen Entwicklungen umgehen zu kön- Ergebnisse dieses Wettbewerbs signifikant be- nen. Der amerikanische Nobelpreisträger Ro- einflussen. bert Mundell hatte schon in den 60er Jahren die Vermutung geäußert, dass eine Wäh- Koordination der Wirtschaftspolitik rungsunion derartige Transfermechanismen in der Währungsunion benötige; dieser Ansicht folgte u. a. der Delors- Die EU hat zur Koordination inzwischen eine Report von 1989. Reihe von Mechanismen wie Wirtschaftspoli- Ein Projekt hat die ökonomische Analyse tische Richtlinien, Luxemburg Prozess, Car- von Transfermechanismen in einer Wäh- diff Prozess und Köln Prozess geschaffen, die rungsunion zum Ziel. Gemeinsame Arbeiten unterschiedliche Aspekte der Wirtschaftspoli- von Prof. Ken Kletzer und Prof. Dr. Jürgen tik abdecken. Inwieweit dies jedoch in der La- von Hagen entwickeln makroökonomische ge ist, die grundlegende Aufgabe zu lösen, ei- Modelle einer Währungsunion, in deren Rah- ne konsistente Wirtschaftspolitik zu liefern, men sich die Mundellsche Vermutung analy- ist umstritten. ZEI-Fellow Susanne Mund- sieren lässt. Sie zeigen, dass diese Vermutung schenk und ZEI-Direktor Prof. Dr. Jürgen differenzierter zu betrachten ist, wenn man sie von Hagen arbeiten in einem gemeinsamen außerhalb des Mundellschen Rahmens, der Projekt an der Analyse der wirtschaftspoliti- von Lohn- und Preisrigiditäten gekennzeichnet schen Aspekte dieser Frage. Ausgangspunkt ist, analysiert. Die makroökonomischen und ihrer Überlegungen ist die Entstehung von die wohlfahrtsökonomischen Effekte eines Fi- wirtschaftspolitischen „Klubgütern“ in der nanzausgleichs hängen dann wesentlich von Europäischen Währungsunion. Klubgüter der ökonomischen Struktur der Währungs- sind wirtschaftspolitische Größen wie der ge- union und von der Ausgestaltung des Finanz- meinsame Wechselkurs und die gemeinsame ausgleichs ab. Diese Arbeiten zeigen, dass ein Fi- Inflationsrate, an denen alle Teilnehmer der nanzausgleich in der Währungsunion unter Währungsunion gemeinschaftlich partizipie- Umständen zu einer Verbesserung der Stabi- ren. Diese Klubgüter erfordern eine neue lität von Einkommen und Beschäftigung in Definition wirtschaftspolitischer Verantwort- den Mitgliedstaaten führen kann, dass dabei lichkeiten in der Währungsunion. aber nicht zuletzt Konflikte zwischen der Fis- In einer Reihe gemeinsamer Arbeiten kalpolitik und der Geldpolitik in der Wäh- und Vorträge diskutieren Susanne Mund- rungsunion auftreten können. Eine gemeinsa- schenk und Prof. Dr. Jürgen von Hagen die me Arbeit von Kletzer und von Hagen wurde bisherigen Mechanismen und Prozesse zur auf einer Konferenz des UN WIDER Pro- Koordination der Wirtschaftspolitik. Sie argu- gramms in Helsinki präsentiert und 2001 in mentieren, dass die bestehenden Mechanis- einem Konferenzband veröffentlicht. Dipl.
14 Forschungsgruppe I: „Institutionen und Institutionenentwicklung“ Volkswirt Patrick Gilles, Junior Fellow der Ab- Institutionelles Recht teilung ZEI-b, arbeitet diese Analysen im Rah- men seiner Dissertation weiter aus. Die Forschungsprojektgruppe „Institutionelles Recht der Europäischen Union und der Euro- Politische Ökonomie der päischen Gemeinschaft“ befasst sich mit den wirtschaftlichen Transformation Institutionen, Verfahren und Prinzipien der ZEI Senior Fellow Dr. Jan Fidrmuc erhielt im europäischen Integration, dem Prozessrecht Jahr 2003 ein Marie-Curie-Stipendium für ei- vor dem Europäischen Gerichtshof, den poli- nen Forschungsaufenthalt an der Freien Uni- tischen, rechtlichen und institutionellen Inte- versität Brüssel. Er setzte dort seine Arbeiten grationsbedingungen für eine erfolgreiche zur politischen Ökonomie der wirtschaft- Osterweiterung sowie mit allgemeinen Frage- lichen Transformation fort. Im August 2003 stellungen aus dem Bereich der EG-Grund- veranstaltete Dr. Fidrmuc gemeinsam mit rechte und Grundfreiheiten. Einen Schwer- dem William Davidson Institute der Universi- punkt bildete die Arbeit an Neuauflagen ty of Michigan eine Konferenz zum Thema zweier Lehrbücher. Unter Mitarbeit von Frie- „Political Economy of Transition: Job Crea- derike Meurer und Christiane Busch stellten tion and Job Destruction“, die internationale Prof. Dr. Christian Koenig und Priv.-Doz. Dr. wissenschaftliche Experten zu Arbeitsmarkt- Andreas Haratsch die vierte Auflage des fragen in Transformationsländern nach Bonn Lehrbuches „Europarecht“ fertig, die Ende brachte. April erschien. Wenig später konnte auch die zweite Auflage der Entscheidungssammlung Institutionenentwicklung „Entscheidungen des EuGH“ veröffentlicht in der EU werden, die Prof. Dr. Christian Koenig ge- meinsam mit Prof. Dr. Matthias Pechstein Als Ergebnis einer mehrjährigen Forschungs- (Viadrina-Universität Frankfurt / Oder) her- arbeit zu den Entwicklungslinien des Europä- ausgibt. ischen Parlaments, die teilweise in Koopera- Ferner befasste sich die Forschungspro- tion mit dem ZEI erfolgte, veröffentlichten Dr. jektgruppe mit einer Reihe von Grundfragen Andreas Maurer (Stiftung Wissenschaft und des europäischen Einigungsprozesses: Priv.- Politik, Berlin) und Prof. Dr. Wolfgang Wessels Doz. Dr. Jürgen Kühling erarbeitete eine (Köln) als Herausgeber Band Nr. 38 der ZEI- Grundlagenstudie zum Grundrechtsschutz Schriftenreihe mit dem Titel: „Das Europäi- auf europäischer Ebene, die in dem von Prof. sche Parlament nach Amsterdam und Nizza. Dr. Armin von Bogdandy (Max-Planck- Akteur, Arena und Alibi“. Institut für ausländisches öffentliches Recht Das Werk widmet sich der Frage, wie und Völkerrecht, Heidelberg) herausgegebe- gegenwärtig eine politisch-rechtliche Einord- nen Band „Europäisches Verfassungsrecht – nung des Europäischen Parlaments zu leisten Theoretische und dogmatische Grundzüge“ wäre. Denn trotz der beträchtlichen Auswei- erschien. In der Fachzeitschrift „Die öffentliche tung seiner Befugnisse ist das Parlament nicht Verwaltung“ wurde eine Studie von Jens- in bekannte Typologien aus der Parlamenta- Daniel Braun und Moira Kettner veröffent- rismusforschung einzuordnen. Andererseits licht, die sich kritisch mit den Rechtsschutz- werden nach wie vor Forderungen nach einer möglichkeiten natürlicher und juristischer konstitutionellen Stärkung des Parlaments Personen vor dem Europäischen Gerichtshof gestellt, die mit der Notwendigkeit einer ver- gegen EG-Verordnungen auseinander setzt. besserten demokratischen Legitimation für die verbindlichen EU-Entscheidungen be- Expertenrat Konvent gründet werden. Die Studie untersucht die Aussagekraft der integrationswissenschaft- Die Aufgabe des „Expertenrates Konvent“ be- lichen Ansätze einer marginalen Bedeutung stand auch im Jahr 2003 vornehmlich in der des Parlaments, seiner gewachsenen Rolle als Beratung der nordrhein-westfälischen Landes- eigenständiger und schlagkräftiger Akteur im regierung zu Fragen der Debatte um eine institutionellen Gefüge der EU sowie seiner Europäische Verfassung. Prof. Dr. Christian erst in den letzten Jahren zum Vorschein tre- Koenig, Direktor der Abteilung „Politische, tenden Funktion als Arena, in der die wesent- rechtliche und institutionelle Fragen“ am ZEI, lichen sozioökonomischen Konflikte gespie- bereits im Jahr 2001 in dieses Gremium als Ver- gelt und in Form parteipolitischer Ausein- treter der Europarechtswissenschaft berufen, andersetzung manifestiert werden. wurde bei seiner Beratungstätigkeit auch 2003
ZEI-Jahresbericht 2003 15 von seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Vertreter im EU-Verfassungskonvent, der Winfried Rasbach unterstützt. Beide entwickel- stellvertretende Parlamentspräsident Vytenis ten Vorschläge unter anderem zur Einführung ei- Andriukaitis und der Staatssekretär im nes Suspensiveffekts bei Klagen gegen Kommis- Außenministerium, Rytis Martikonis. Im sionsentscheidungen zur Beihilfenrückabwick- Zentrum des Interesses standen die Optionen lung sowie zu einer Änderung des Art. 68 Abs. 2 des Verfassungskonvents und ihre möglichen EG mit dem Ziel, auch in diesem Bereich eine Folgen. Deutlich wurden die gewachsenen uneingeschränkte Rechtskontrolle durch den Sensibilitäten der kleineren Staaten und der Europäischen Gerichtshof zu ermöglichen. Bedarf an wissenschaftlich fundierten Argu- Gemeinsam mit den Kolleginnen und menten zu den zentralen Fragestellungen des Kollegen der ZEI-Abteilung „Wertesysteme, Verfassungsprozesses und den Auswirkungen Kulturen und Sprachen“ erarbeitete die For- des Erweiterungsprozesses auf das Regieren in schungsprojektgruppe ferner eine Bewertung der EU. der Strukturentscheidungen des Verfassungs- Die politische Kultur aller Länder Ost- entwurfes des EU-Konvents, die als ZEI Discus- Mitteleuropas, die mittlerweile als Mitglied- sion Paper veröffentlicht wurde (vgl. oben staaten aufgenommen, bzw. als Kandidaten „Verfassung und europäische Identität“). für eine EU-Mitgliedschaft anerkannt sind, befindet sich seit mehr als einem Jahrzehnt in Erweiterung der einer fundamentalen Transformation und Er- Europäischen Union neuerung. Neben der wirtschaftlichen und der politischen Reform ist dies von allergröß- In den vergangenen Jahren hat sich das ZEI ter Bedeutung für die künftige innere Sub- kontinuierlich und intensiv mit Fragen im stanz der EU-Neumitglieder. Zugleich ver- Zusammenhang mit der EU-Erweiterung be- langt der Blick aus der derzeitigen EU, die fasst. Zum Abschluss dieser Beratungs- und geistig-kulturellen Entwicklungen in den EU- Forschungsphase fand im Außenministerium Kandidatenländern stärker als bisher in Au- der Republik Litauen in Vilnius am 6. März genschein zu nehmen, um die Perspektiven 2003 ein vom ZEI und dem litauischen eines gemeinsamen Europa besser deuten zu Außenministerium initiiertes Seminar für können. In Band 32 der ZEI-Schriftenreihe, führende Mitarbeiter der wichtigsten Regie- der von Dr. Gabor Erdödy (Budapest), Senior rungsbehörden Litauens statt, bei der es vor al- Fellow am ZEI, herausgegeben wurde, befassen lem um die Perspektiven des Verfassungs- sich unter dem Titel „Transformationserfah- bildungsprozesses ging. Neben ZEI-Direktor rungen. Zur Entwicklung der politischen Prof. Dr. Ludger Kühnhardt sprachen der Kultur in den EU-Kandidatenländern“ re- französische Botschafter in Litauen, Jean- nommierte Wissenschaftler aus Polen, Tsche- Bernard Harth, und die beiden litauischen chien, der Slowakei, Estland, Lettland, Litauen, Im Festsaal der Bonner Universität: Der Präsident von Malta, Guido de Marco, hier mit ZEI-Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt und Rektor Professor Dr. Klaus Borchard, sprach über Maltas Visionen von der Zukuft des Mittel- meerraums im Vereinten Europa.
16 Forschungsgruppe I: „Institutionen und Institutionenentwicklung“ Ungarn, Slowenien, Malta, Zypern, aber auch über vertritt das Projekt folgerichtig die Ana- aus Rumänien, Bulgarien und der Türkei mit logisierungsthese: Der EuGH wird als ein den politisch-kulturellen Wandlungsprozes- europäisches Verfassungsgericht konzeptuali- sen. Sie analysieren Kernfragen der Entwick- siert, welches prinzipiell mit Verfassungsge- lung der politischen Kultur in ihrem jeweiligen richten in anderen sich föderal organi- Heimatland unter der Perspektive einer (spä- sierenden Mehrebenensystemen vergleichbar teren) EU-Zugehörigkeit. ist. Ziel des Forschungsprojektes ist zu zeigen, Die Problematik des EU-Beitritts von dass die Entwicklungstrends im Hinblick auf Zypern steht im Mittelpunkt der erfolgreich im politische Integration durch Rechtsprechung in Rahmen des Junior Fellow-Programm des ZEI den drei untersuchten Mehrebenensystemen abgeschlossenen Dissertation von Susanne zwar durchaus unterschiedlich weit fort- Baier-Allen. Sie setzt sich mit der Hypothese geschritten sind, gleichwohl aber funktional auseinander – die von der EU mit Unter- einem ähnlichen Entwicklungspfad folgen. stützung der UNO verfolgt worden ist –, dass Falls sich diese Hypothese bestätigt, könnten die Perspektive einer EU-Mitgliedschaft für die daraus Prognosen für die Weiterentwicklung Republik Zypern katalysatorische Wirkung auf des EuGH im Governance-System der EU ab- die Lösung der Zypern-Frage haben werde. Die geleitet werden. empirischen Befunde sind freilich ernüchternd: Mit dem Themenkreis Recht im EU- Demnach hat sich zwar das Konfliktverhalten Kontext befasst sich auch Band 52 der ZEI- der beteiligten Parteien und ihr Verhältnis zur Schriftenreihe, indem er sich einem bisher re- Außenwelt verändert, dabei wurde aber die Tei- lativ wenig beachteten Integrationsfaktor, der lung der Insel im östlichen Mittelmeer eher ver- Interdependenz von Rechtsentwicklung und festigt. sprachlichem Einfluss, zuwendet: „Europa: Sprache und Recht / La construction euro- Regieren in der erweiterten EU péene: aspects lingiustiques et juridiques“ vereint die deutschen und französischen Bei- Die Politikwissenschaft hat dem Europäi- träge, die Linguisten und Juristen aus Hoch- schen Gerichtshof bisher nur recht wenig schulen und EU-Institutionen anlässlich eines Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei kann seine internationalen Kolloquiums zum Ausklang integrationspolitische Rolle gar nicht über- des Jahres der Mehrsprachigkeit in Saver- schätzt werden. Ein neues, von Dr. Marcus ne / Elsaß, Dezember 2001 gehalten haben. Höreth am ZEI geleitetes und von der Fritz- Herausgegeben wurde er von den Sprachwis- Thyssen-Stiftung finanziertes interdisziplinä- senschaftlerinnen Dr. Isolde Burr (Köln) und res Projekt untersucht die Rolle der EuGH- Prof. Dr. Gertrud Gréciano (Straßburg). Rechtsprechung im Prozess der politischen Stand das Europa der Vergangenheit im Integration Europas vor dem Hintergrund Mittelpunkt historischer Analysen, so beschäf- föderaler Vergleichserfahrungen mit der Ver- tigen sich vorrangig Recht, Politik und Verwal- fassungsgerichtsbarkeit in Deutschland und tung mit dem Recht der Gegenwart und Zu- den USA. Zunächst sollen die gängigen Erklä- kunft. Aufbauend auf der Erkenntnis und Er- rungsansätze für den Beitrag des EuGH bei fahrung, dass die Mehrsprachigkeit des Rechts der Entwicklung der europäischen „polity-in- der Europäischen Gemeinschaft einen prägen- the-making“ kritisch dis- den Bestandteil der sich ausbildenden Rechts- Ziel des Forschungsprojektes ist zu kutiert werden. Dabei wird kultur bildet, stellen sich spezifische Fragestel- zeigen, dass die Entwicklungstrends nicht nur deutlich werden, lungen kontrastiver Textproduktion und Text- im Hinblick auf politische Integration dass die dominierenden rezeption im Kontext von Sprachenrecht und durch Rechtsprechung in den drei politikwissenschaftlichen Rechtssprache. In dem Sammelband werden untersuchten Mehrebenensystemen Ansätze ihren Gegenstand Sprach-, Kommunikations-, Kultur- und zwar durchaus unterschiedlich weit aufgrund der Vernachlässi- Übersetzungswissenschaft als Instrument für fortgeschritten sind, gleichwohl aber gung der normativ-recht- die bestmögliche Entwicklung und Verwirkli- funktional einem ähnlichen lichen Dimension der Judi- chung der Europaidee im Einverständnis mit Entwicklungspfad folgen. katur im Mehrebenensys- dem Europabürger verstanden. tem verfehlen, sondern auch die kanonisierte Betonung des „sui-ge- Die geistigen Konturen Europas neris“- Charakters des EU-Governance-Sys- tems und die daraus gefolgerte Einzigartigkeit Warum sind Fußballspiele zwischen nieder- des EuGH den Blick für die Erklärungskraft ländischen und deutschen Mannschaften im- komparativer Ansätze verstellt. Demgegen- mer etwas ganz Besonderes? In Zusam-
ZEI-Jahresbericht 2003 17 menarbeit mit der Staatskanzlei des Landes gewählte Aspekte beleuchtet, die beispielhaft Nordrhein-Westfalen sind am ZEI Publikatio- für bestimmte, die Länder betreffende Ent- nen entstanden, die sich dem Umgang mit wicklungen stehen. So werden die verschiede- verschiedenen Mentalitäten, Kulturen und nen Sichtweisen von Völkern Traditionen in den Niederlanden, Belgien, Lu- Ostmitteleuropas deutlich. xemburg und Frankreich zuwenden. Die Die historische Dimension ZEI-Publikationen, Unterschiede beginnen im Kleinen, sie tren- greift auch Band 54 der ZEI- die sich dem Umgang nen Nachbarn. Interkulturalität ist also eine Schriftenreihe auf: „Mitteleuro- mit verschiedenen Herausforderung für den Handelsreisenden pa. Politische Kultur und euro- Mentalitäten, Kulturen wie für den Touristen. Dr. Jacobus Delwaide päische Einigung“; er entstand und Traditionen zuwen- (Brüssel), Dr. Georg Michels (ZEI) und Dr. aus einem Zusammenwirken des den Bernd Müller (Benelux-Koordinator NRW) ZEI mit Dr. Gabor Erdödy von sind die Herausgeber von Band 56 der ZEI- der Eötvös Loránd Universität, Schriftenreihe: „Die Rheingesellschaft – Men- Budapest. Im Zentrum der Beiträge namhafter talitäten, Kulturen und Traditionen im Herzen Historiker aus Ungarn, Kroatien, der Slowa- Europas.“ kei, Rumänien, Osterreich und Tschechiens Welches historische Erbe und welche steht die Frage nach Stellenwert und Wandel Vorstellungen verbinden sich mit dem Begriff der Mitteleuropaidee im Kontext des sich un- „Europa“? Historiker aus Österreich, Polen, ter dem Dach der EU wiedervereinenden Eu- Tschechien, Litauen und Deutschland unter- ropa. Es zeigt sich, dass die historisch gepräg- suchen in dem Sammelband „Auf der Suche te und teilweise vorbelastete Fixierung auf die nach einem Phantom? Widerspiegelungen eigene Region für die Donaustaaten durch die Europas in der Geschichtswissenschaft“, her- Perspektive der EU-Mitgliedschaft teilweise ausgegeben von Dr. Georg Michels (ZEI), das abgelöst worden ist. Gleichzeitig aber wird „Europabild“ in der Geschichte und in der auch erkennbar, dass kulturelle Prägungen Geschichtswissenschaft Ostmitteleuropas. Dazu und geistige Bilder über Wert und Wirkung werden sowohl ganze Epochen im Längs- von Mitteleuropa im Raum zwischen Alpen, schnitt durchmessen wie auch einzelne, aus- Adria und Schwarzem Meer nachwirken. Veröffentlichungen der Forschungsgruppe (Auswahl) Braun, J.-D. und M. Kettner: „Die Absage des EuGH an eine richterrechtliche Reform des EG-Rechtsschutzsystems – ,Plaumann’ auf immer und ewig?“, in: Die öffentliche Verwaltung (DÖV) 2003, S. 58 ff. Campos, Nauro F. und Jan Fidrmuc (Hg.): „Political Economy of Transition and Development: Institutions, Politics, and Policies“, ZEI Studies in European Economics and Law Vol. 5, Kluwer: Boston, Dordrecht, New York, London 2003 Fidrmuc, Jan: „Economic Reform, Democracy and Growth during Post-communist Transition“, in: European Journal of Political Economy 19 (3), September 2003, S. 583 – 604 von Hagen, Jürgen und Susanne Mundschenk: „Fiscal and Monetary Policy Coordination in EMU“, in: Journal of International Finance and Economics 8, 2003, S. 279 – 95 Höreth, Marcus: „When Dreams Come True? The Role of Powerful Regions in Future Europe“ (ZEI-Discussion Paper C 121/2003) Iral, Hubert: „Between Forces of Inertia and Progress: Co-decision in EU Legislation“ (ZEI Discussion Paper C 119/2003) Koenig, Ch., J.-D. Braun und R. Pfromm: „Beihilfenrechtliche Probleme des EG- Emissionsrechtehandels“, in: Zeitschrift für Wettbewerbsrecht (ZWeR) 2003, S. 152 ff. Koenig, Ch., J. Kühling und W. Rasbach: „Versorgungssicherheit im Wettbewerb – Ein Vergleich der gemeinschaftsrechtlichen, französischen und deutschen Energierechtsordnung“, in: Zeitschrift für neues Energierecht (ZNER) 2003, S. 3 ff. Kühnhardt, Ludger: „Constituting Europe, Identity, Institution-building and search for a global role“, Baden-Baden, Nomos Verlag 2003 (ZEI-Schriftenreihe, Bd. 60) Molander, Per (Hg.): „Fiscal Federalism in Unitary States“, ZEI Studies in European Economics and Law, Vol. 6, Kluwer: Boston, Dordrecht, New York, London 2003 ZEI (Hg.): „Der Verfassungsentwurf des EU-Konvents“ (ZEI Discussion Paper C124/2003)
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