Zentrum für Europäische Integrationsforschung Center for European Integration Studies - Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn - Zentrum ...

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Zentrum für Europäische Integrationsforschung
Center for European Integration Studies
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

                                                 Jahresbericht 2003
Inhalt

 3   Vorwort

     ZEI auf einen Blick
 5   Ziele und Aufgaben
 6   Der Internationale Beirat des ZEI

     Forschung und Beratung
 7   Forschungsgruppen im Überblick
 9   Forschungsgruppe I „Institutionen und Institutionenentwicklung“
18   Forschungsgruppe II „Europäische Mikrostrukturen, Regulierungs- und Wettbewerbspolitik“
22   Forschungsgruppe III „Makroökonomische Politik und Institutionen“
24   Forschungsgruppe IV „Europäische Arbeitsmärkte und Systeme der sozialen Sicherung“
24   Forschungsgruppe V „Europas Rolle in der Welt“

     Ausbildung
32   Der „Master of European Studies“ – Sprungbrett für eine Spitzenposition in der EU

     Weiterbildung
35   Israelische und palästinensische Experten an einem Tisch:
     die „European Summer University“ (ESU 2003)
37   Ein kleines Jubiläum: die zehnte „Transatlantic Summer-Academy“ (TASA)
37   Die „Bonn Graduate School of Economics“ –
     Doktorandenausbildung mit einem modernen Lehrprogramm
38   EU-Sommerseminar für Studenten der Internationalen Beziehungen
     und des Völkerrechts aus Zentralasien
39   „ZEI Summer School in International Macroeconomics, Money and Finance“
40   Sonstige Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen

     Zentrale Koordination
42   IWB-Geschäftsführung
42   Öffentlichkeitsarbeit, Information und Dokumentation
43   Die Bibliothek – Europäisches Dokumentationszentrum

     ZEI im Überblick
44   Organisation und Ansprechpartner (Organigramm)
45   Mitarbeiter und Fellows (nach Forschungsgruppen)

48   Ausgewählte Veranstaltungen des ZEI
51   Publikationen des ZEI
58   Kooperationspartner
61   ZEI Pressestimmen
ZEI-Jahresbericht 2003                                                                                  3

Vorwort

Prof. Dr. Christian Koenig LL.M., Direktor   Prof. Dr. Ludger Kühnhardt, Direktor der   Prof. Dr. Jürgen von Hagen, Direktor der
der Abteilung „Politische, rechtliche und    Abteilung „Europäische Wertesysteme,       Abteilung „Wirtschaftliche und soziale
institutionelle Fragen” am ZEI               Kulturen und Sprachen” am ZEI              Fragen“ am ZEI

Das Jahr 2003 war für die EU ein Jahr der Erwartung. Der Verfassungskonvent legte im Juni sei-
nen Entwurf eines Europäischen Verfassungsvertrages vor. Der Prozess der Erweiterung um
zehn neue Mitgliedstaaten schritt voran, ohne indes bereits seinen lange erwarteten Abschluss
zu finden. Der Euro wurde zunehmend stärker gegenüber dem Dollar, doch lange erwartete struk-
turelle Reformen in den wichtigsten Mitgliedstaaten der EU ließen auf sich warten.
      Das Jahr 2003 war für die EU auch ein Jahr der Kontroversen und Spannungen. Der Dis-
put über die angemessene Reaktion des Westens auf das diktatorische Regime Saddam Husseins
im Irak eskalierte hinein in eine Art „Kalten Krieg innerhalb des Westens“, der den tatsäch-
lichen Waffengang der USA und der Koalition, an der eine Reihe euro-
päischer Staaten teilnahmen, überschattete. Wo immer die transatlanti- 2003 war für die EU ein Jahr
schen Beziehungen in schlechtem Zustand sind, ist auch der Prozess der der Erwartung, der Kontroversen
                                                                            und der Enttäuschung.
europäischen Integration belastet. Diese historische Erfahrung musste
2003 erneut gemacht werden. Infolge der Dispute zum Thema Irak und
über die Politik der Bush-Administration brach ein Maß an Misstrauen unter den EU-Staaten
und Neumitgliedern in einer Weise aus, wie man es kaum mehr für möglich gehalten hätte.
      Das Jahr 2003 endete als ein Jahr der Enttäuschung und der Krise. Beim EU-Gipfeltreffen
im Dezember 2003 konnten sich die Staats- und Regierungschefs der EU nicht auf einen Kon-
sens in der Frage der künftigen Gewichtung der Stimmen im Europäischen Rat einigen – die eu-
ropäische Verfassung kam nicht zustande. Doch aus der Geschichte von Krisen im Prozess der
europäischen Integration durfte man auch die Hoffnung folgern, dass Totgesagte länger leben
und dass die EU letztlich durch Krisen sogar gestärkt werden würde. Die Erwartungen an einen
Verfassungskompromiss im Jahr 2004 blieben infolgedessen ebenso groß wie die kurzfristige Ent-
täuschung über das Scheitern des Dezember-Gipfels.
      Vor diesem Hintergrund entfaltete das Zentrum für Europäische Integrationsforschung
(ZEI) auch im Jahr 2003 seine unterdessen allseits anerkannte Arbeit. Das
„Master of European Studies“ Programm wurde als eines der besten Das „Master of European Studies“
seiner Art in Europa international akkreditiert. Die Projektarbeit der Programm des ZEI wurde als eines
Forschungsgruppen leistete weitere wichtige Beiträge zur Grundlagen- der besten seiner Art in Europa
forschung, zur Durchdringung politik- und praxisrelevanter Spezial- international akkreditiert.
fragen und zur Beratung von Institutionen und Organen in der EU.
Einzelheiten stellt dieser Jahresbericht ausführlich dar.
      Die interdisziplinär angelegte Arbeit des ZEI wurde während des Berichtszeitraumes
nachdrücklich ausgebaut. Als erstes Institut in der EU legte die interdisziplinäre Studiengrup-
pe des ZEI einen Kommentar zum Verfassungsentwurf des Europäischen Konvents vor. Die Ar-
beit wird fortgesetzt und 2004 in eine erste kommentierende Bewertung des Schluss-Doku-
mentes einmünden – erneut aus interdisziplinärer Perspektive, die Ausdruck der spezifischen Stär-
ke des ZEI ist.
      Das Zentrum für Europäische Integrationsforschung erfuhr auch im Jahr 2003 wieder die
wohlwollende Unterstützung der Verantwortlichen in der Universität Bonn, in der Bundesstadt
4                                                                                        Vorwort

                             Bonn, in der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen und in der Bundesregierung, bei wis-
                             senschaftlichen Partnern in ganz Europa und darüber hinaus. Besonders wichtig war uns
                                           wiederum der Rat des Internationalen Beirats.
   Unterstützung durch exzellente
Partner in Wissenschaft und Politik
                                                  Die Anzahl der Anfragen zur Zusammenarbeit übersteigt längst die Möglich-
                                            keiten der Ressourcen des ZEI, was wir als ein besonders ermunterndes Zeichen der
                             Anerkennung unserer Tätigkeit ansehen. Wir werden diese fortsetzen, getragen von der Kompe-
                             tenz unserer Mitarbeiter und vom Wohlwollen unserer Kooperationspartner und Förderer. Für die-
                             se Basis einer vertrauensvollen und wirksamen Arbeit sind wir besonders dankbar.

                             Prof. Dr. Christian Koenig LL.M.   Prof. Dr. Ludger Kühnhardt     Prof. Dr. Jürgen von Hagen

    Das ZEI ist gemeinsam mit
  seinem Schwesterinstitut ZEF
   (Zentrum für Entwicklungs-
      forschung) am Rand des
ehemaligen Bonner Regierungs-
        viertels untergebracht.
ZEI-Jahresbericht 2003                                                                          5

    ZEI auf einen Blick

Ziele und Aufgaben                                 Forschung und Beratung
Das Zentrum für Europäische Integrations-          Die Forschungsschwerpunkte des ZEI orien-
forschung (ZEI) wurde 1995 als selbständig         tieren sich an aktuellen und langfristigen Fra-
arbeitende Forschungseinrichtung an der            gestellungen, die sich aus dem Einigungs- und
Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität         Erweiterungsprozess in Europa ergeben. Das
Bonn gegründet.                                    Forschungsprogramm wird in abteilungs-
                                                   übergreifenden, interdisziplinären Forschungs-
ZEI beteiligt sich durch                           gruppen durchgeführt. Es ist flexibel, bedarfs-
●   richtungsweisende Forschungsarbeiten           orientiert und auf umsetzbare Ergebnisse
                                                   ausgerichtet. Die Forschungsarbeiten am ZEI
●   fundierte Politikberatung                      werden durch Arbeitssitzungen ausgewählter
●   engagierte Dialoge zwischen Wissenschaft       Experten aus dem In- und Ausland, die Stra-
    und Praxis                                     tegien und Empfehlungen zu spezifischen
●   innovative Konzepte                            Fragestellungen entwickeln, unterstützt und
    der Graduiertenausbildung und                  ergänzt.
                                                         In regelmäßig stattfindenden Vortrags-
● Weiterbildungsmöglichkeiten                      reihen, internationalen Konferenzen und
an der Lösung bisher unbewältigter Probleme        Workshops, die das ZEI initiiert und organi-
der europäischen Einigung und der Gestal-          siert, nehmen kompetente Redner aus Wis-
tung der Rolle Europas in der Welt.                senschaft, Politik, Diplomatie und Publizistik
                                                   zu europarelevanten Fragen Stellung und dis-
                                                   kutieren ihre Gedanken mit Fachleuten und
ZEI verbindet in seinen drei Abteilungen auf       der interessiertenÖffentlichkeit.
interdisziplinäre Weise
●   europarechtliche (ZEI a)                       Aus- und Weiterbildung
                                                   Das ZEI misst der Aus-, Fort- und Weiterbil-
●   wirtschaftliche und soziale (ZEI b)            dung besondere Bedeutung zu. Sein Marken-
●   kulturelle und politische Fragestellungen      zeichen ist der Master-Studiengang „European
    (ZEI c).                                       Studies“, dem 2003 von der Akkreditierungs-
                                                   agentur FIBAA das internationale Gütesiegel
      ZEI bietet Wissenschaftlern und Vertre-      verliehen wurde.
tern aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und              International rekrutierte Referenten be-
Unternehmen ein internationales Forum für          reiten in international und interdisziplinär
alle Fragen der europäischen Integration. ZEI      zusammengesetzten Trainingskursen ange-
arbeitet – vernetzt mit Partnern in aller Welt –   hende Entscheidungsträger aus Wirtschaft
mit einem Stab von derzeit 50 wissenschaft-        und Politik auf die Herausforderungen des
lichen und anderen Mitarbeitern aus dem In-        vereinten Europas vor.
und Ausland.                                             Hochmotivierten Nachwuchswissenschaft-
      ZEI arbeitet inhaltlich und organisato-      lern und renommierten Fachleuten bietet das
risch mit dem Zentrum für Entwicklungsfor-         ZEI die Möglichkeit zu Forschungsaufenthal-
schung (ZEF) zusammen. Gemeinsam bilden            ten, die der Bearbeitung spezifischer Frage-
beide Zentren das Internationale Wissen-           stellungen in einem internationalen Umfeld
schaftsforum Bonn (IWB).                           dienen sollen.
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Bei der Sitzung des Internationalen Beirats des ZEI am 10. Oktober 2003:
(v. l.) Dr. Gert Maichel, Prof. Dr. Hans-Dietrich Genscher, Prof. Dr. Wladyslaw Bartoszewski

Der internationale Beirat des ZEI

         Vorsitzender:
         Genscher,           Prof. h.c. Dr. h.c. mult. Hans-Dietrich, ehemaliger Außenminister der
                             Bundesrepublik Deutschland, Bonn
         Mitglieder:
         Bartoszewski, Prof. Dr. h.c. Wladyslaw, Polnischer Ex-Außenminister und Träger des
                       Friedenspreises des deutschen Buchhandels 1986, Warschau
         Bogdanov,           Prof. Dr. Bogdan, Gründer und Vorstandsvorsitzender der
                             New Bulgarian University, Sofia
         Borchard,           Prof. Dr. Klaus, Rektor, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
                             (ex officio), Bonn
         Delors,             Jacques, Präsident „Notre Europe“, ehemaliger Präsident der
                             Europäischen Kommission, Paris
         Inotai,             Prof. Dr. András, Direktor, Institut für Weltwirtschaft,
                             Ungarische Akademie der Wissenschaften, Budapest
         Issing,             Prof. Dr. Otmar, Mitglied des Direktoriums der Europäischen
                             Zentralbank, Frankfurt
         Maichel,            Dr. jur. Gert, Vorstandsvorsitzender der RWE Power AG und
                             Vorstandsmitglied der Multi Energy RWE AG, Essen
         Malinvaud,          Prof. Dr. Edmond, Centre de Recherche en Economie et Statistique,
                             INSEE. Mitglied der Académie des Sciences, früherer Generaldirektor
                             des französischen nationalen Statistikamts INSEE,
                             Ehrendoktor der Universität Bonn, Paris
         Masterson,          Prof. Dr. Patrick, ehemaliger Präsident des European University
                             Institute, Florenz
         Meckel,             Prof. Dr. Miriam, Staatssekretärin für Europa, Internationales und
                             Medien beim Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen,
                             Düsseldorf
         von Ploetz,         Dr. Hans-Friedrich, Deutscher Botschafter in Russland, Moskau
         Portes,             Prof. Dr. Richard, Präsident, Center for European Economic Policy
                             Research (CEPR), London
ZEI-Jahresbericht 2003                                                                                            7

  Forschung und Beratung

Die Forschungs- und Beratungstätigkeit am                         Die Mitarbeiter der ZEI-Forschungs-
ZEI wird in interdisziplinären Forschungs-                  gruppen treffen sich regelmäßig. Sie leisten
gruppen geleistet, die sich besonderen Schwer-              einen wertvollen Beitrag im Sinne eines in-
punktthemen widmen.                                         tensiven Dialogs mit Politik und Praxis zu ge-
      In diesen arbeiten Wissenschaftler und                sellschaftlich relevanten Fragestellungen.
„fellows“ aus den drei Abteilungen des ZEI,                 Unterstützt wird ihre Arbeit durch Foren und
die sich mit gemeinsamen oder ähnlichen                     Arbeitsgruppen. Vorträge und Diskussionen
Fragestellungen befassen. Auf diese Weise                   sowie hochkarätig mit internationalen Exper-
wird die multi- und interdisziplinäre Zu-                   ten besetzte Fachtagungen – vom ZEI durch-
sammenarbeit zu zentralen Fragen des euro-                  geführt – sorgen zudem für eine weiterfüh-
päischen Integrationsprozesses gefördert.                   rende Beschäftigung mit spezifischen Fragen.

Forschungsgruppen im Überblick
Im Zusammenhang mit dem Fortschreiten                       gen des Regierens und der wirtschaftlichen
dieses Prozesses und zur Optimierung der                    und rechtlichen Entwicklung in der erweiter-
Konzentration auf die Kernkompetenzen des                   ten EU. Die offenen Fragen der künftigen
Instituts, sind die Forschungsgruppen zu Be-                nachbarschaftlichen Beziehungen der EU fin-
ginn des Jahres 2003 neu geordnet worden:                   den ihre angemessene Bearbeitung im Rah-
Während die unmittelbare Bearbeitung des                    men der Forschungsgruppe „Europas Rolle in
EU-Erweiterungsprozesses als (einstweilen)                  der Welt“. Das interdisziplinäre Potential des
abgeschlossen betrachtet werden kann, be-                   ZEI wurde durch die Etablierung eines neuen
schäftigt sich das ZEI, auch im Licht der an-               Forschungsprojektes zum europäischen Ver-
stehenden institutionellen und konstitutio-                 fassungsprozess gestärkt.
nellen Weichenstellungen, vorrangig mit Fra-

Eröffnungsansprache von Rektor Professor Dr. Klaus Borchard anlässlich des ZEI-Europaforums am 15. Oktober 2003
im Festsaal der Universität Bonn.
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Am ZEI arbeiteten ab dem Jahr 2003 fünf
Forschungsgruppen zu folgenden Themen:

I „Institutionen und                               III „Makroökonomische Politik
Institutionenentwicklung“                          und Institutionen“
In dieser Forschungsgruppe werden die The-         Im Mittelpunkt der Arbeiten dieser For-
menkreise Fiskalischer Föderalismus, Regie-        schungsgruppe steht die Beschäftigung mit
ren in der erweiterten EU, Wirtschaftspolitische   der Frage nach der Gestaltung der Fiskalpoli-
Institutionen sowie Verfassung und europäi-        tik der Mitgliedsländer in der Währungs-
sche Identität aufgegriffen und wissenschaftlich   union. Die Auseinandersetzung erfolgt zum
abgehandelt. Gerade der letztere hat wegen         Teil im Rahmen von Studien über die Fiskal-
der Aktualität der Verfassungsgebung der           politik der EU in den vergangenen Jahren
Union hohe Priorität in dieser Forschungs-         bzw. über fiskalische Regeln. Zudem widmet
gruppe genossen.                                   sich die Forschungsgruppe kritisch der euro-
                                                   päischen Geldpolitik.
II „Europäische Mikrostrukturen,
Regulierungs- und Wettbewerbs-                     IV „Europäische Arbeitsmärkte und
politik“                                           Systeme der sozialen Sicherung“
Diese Forschungsgruppe ist in fünf Projekt-        Die Arbeit dieser Gruppe konzentriert sich
gruppen gegliedert, die sich jeweils mit sek-      auf Fragestellungen, die das Thema Arbeits-
torspezifischen Fragestellungen der Marktge-       markt, seine Institutionen und Probleme be-
staltung und der Marktprozesse im Rahmen           treffen. Untersucht wird in diesem Zu-
der europäischen Integration befassen. Im          sammenhang der Einfluss der unterschied-
einzelnen arbeiten die Forschungsprojekt-          lichen Strukturen in den EU-Ländern auf die
gruppen auf den Gebieten des europäischen          Arbeitsmarktsituation. Dazu gehört auch die
Telekommunikationsrechts, der Regulierung          vertiefte Auseinandersetzung mit der Frage,
europäischer Gesundheitsmärkte sowie des           ob eine gesamteuropäische Beschäftigungs-
europäischen Pharma-, Energie-, Wettbe-            strategie der Heterogenität der Arbeitslosig-
werbs- und Vergaberechts. Ein besonderes           keit gerecht wird.
Augenmerk richtet sich dabei stets auf aktuel-
le Entwicklungen und Probleme sowie auf            V „Europas Rolle in der Welt“
den intensiven Austausch zwischen Wissen-          In dieser Forschungsgruppe sind in der
schaft, Politik und Praxis.                        Hauptsache die folgenden Themenkreise in-
                                                   tegriert: Neue Nachbarn, Dialog der Kulturen,
                                                   Globalisierung des Regionalismus sowie Ge-
                                                   meinsame Außen- und Sicherheitspolitik
                                                   (GASP) der EU. Die beiden ersten bean-
                                                   spruchten vor allem im Rahmen der bevorste-
                                                   henden Osterweiterung eine erhöhte Befas-
                                                   sungsmarge im ZEI. Die kriegerische Ausein-
                                                   andersetzung im Irak und die Probleme des
                                                   internationalen Terrorismus lenkten den
                                                   Blick aber auch besonders auf die GASP.
ZEI-Jahresbericht 2003                                                                     9

 Forschungsgruppe I:
„Institutionen und Institutionenentwicklung“

Verfassung und                                   mannigfaltigen Probleme einer europäischen
europäische Identität                            Verfassungsordnung behilflich sind. Zugleich
                                                 garantierte die multinationale Zusammenset-
Mitarbeit des ZEI am European Policy             zung von EPIN, dass das gegenseitige Ver-
Institutes Network                               ständnis für jeweilige nationale Interessen
Um bei der historischen Weichenstellung, die     und Debatten in den Herkunftsländern aller
mit dem Europäischen Verfassungskonvent          EPIN-Mitglieder geweckt wurde. Aus diesem
eingeläutet wurde, nicht nur beobachtend,        Grund traf sich das Netzwerk Praktiker und Experten aus ganz
sondern auch aktiv mitwirken zu können, hat      nicht nur in Brüssel, sondern Europa lieferten instruktive Analysen
sich das ZEI, vertreten durch Prof. Dr. Ludger   auch in den Heimatländern zum aktuellen Stand der Konvents-
Kühnhardt, Dr. Marcus Höreth und Dr. Hubert      aller an EPIN beteiligten beratungen.
Iral, an der Gründung des „European Policy       „think tanks“. Das Netzwerk
Institutes Network“ (EPIN) beteiligt, eines      wird durch das PRINCE-Programm der Euro-
großangelegten Netzwerkes von europaweit         päischen Kommission bei der Finanzierung
tätigen EU-Forschungsinstituten.                 dieser Veranstaltungen unterstützt.
      Die regelmäßig in Brüssel stattfindenden         Am 13. und 14. Mai fand im Rahmen
EPIN-meetings zu Themen rund um den              von EPIN am ZEI die Konferenz „Prospect
Konvent, an denen immer auch zwei Kon-           for a European Constitution – Prospects for
ventsmitglieder zu Gast sind, dienten nicht      more Legitimacy?“ statt, die von Dr. Marcus
nur dazu, Informationen aus erster Hand zu er-   Höreth und Dr. Hubert Iral geleitet und von
langen, sondern auch politikberatend Einfluss    der Europäischen Kommission unterstützt
zu nehmen. Die Vorteile dieses „network of       wurde. Die Schlüsselfrage lautete: Wird die
excellence“ lagen für alle Beteiligten auf der   zukünftige Europäische Verfassung die drän-
Hand: Renommierte Experten aus ganz Euro-        genden Legitimationsprobleme der Union lö-
pa sind bezüglich der Entwicklungen im Kon-      sen können? Wird sie zu mehr Demokratie
vent immer auf dem aktuellsten Stand gewesen     und Handlungsfähigkeit führen? Praktiker
und pflegten durch die Zusammenkünfte in         und Experten aus ganz Europa lieferten in-
Brüssel ihre Beziehungen zu den europäi-         struktive Analysen zum aktuellen Stand der
schen Entscheidungsträgern. Diese wiederum       Konventsberatungen. Während sich Nikolaus
konnten regelmäßig auf die Expertise der         Meyer-Landrut, Sprecher des Konvents, und
Wissenschaftler zurückgreifen, die ihnen bei     Walpurga Speckbacher, Kabinettchefin des
der Suche nach tragfähigen Lösungen für die      Konventspräsidenten Giscard d’Estaing, na-

                                                                                               Bei der ZEI / EPIN-Konferenz
                                                                                               „Prospects for a European
                                                                                               Constitution“ am 13. und
                                                                                               14. Mai in Bonn:
                                                                                               (v. l.) Dr. Marcus Höreth (ZEI),
                                                                                               Dr. Kirsty Hughes (CEPS),
                                                                                               Dr. Hubert Iral (ZEI),
                                                                                               Dr. Walpurga Speckbacher (EU)
                                                                                               und Prof. Dr. Carlos Closa
                                                                                               (University of Zaragoza)
10                                        Forschungsgruppe I: „Institutionen und Institutionenentwicklung“

turgemäß eher optimistisch zu den erwarte-         stellungen wünschenswert wären, der Konvent
ten Ergebnissen äußerten, waren die EPIN-Ex-       aber dennoch einige zukunftsweisende Vor-
perten etwas skeptischer. Dennoch waren            schläge unterbreitet hat.
auch diese Experten – unter ihnen Kirsty                 Die Inhalte des Discussion Papers wurden
Hughes vom Center for European Policy Stu-         im Zuge der Regierungskonferenz zum Ver-
dies in Brüssel, Carlos Closa von der Univer-      fassungsvertrag ab Oktober 2003 weiter ent-
sität Zaragoza, Spanien, Christopher Lord von      wickelt und sukzessive an die insoweit von
der Universität in Leeds, Großbritannien,          dieser geänderten Vertragsbestandteile ange-
Marcus Höreth und Uwe Leonardy vom ZEI,            passt. Ziel war und ist es, die fertige EU-Ver-
Franz Eichinger vom Generalsekretariat des         fassung in einem Band der ZEI-Schriftenreihe
Rates der Europäischen Union – optimistisch,       im Hinblick auf ihre Strukturprinzipien zu
dass der Europäische Konvent befriedigendere       analysieren und zu bewerten.
Resultate präsentieren würde, als dies früher
gewöhnlichen EU-Regierungskonferenzen ge-          Kooperation mit der ERA
lungen ist. Diese damalige Einschätzung hat        Die Europäische Rechtsakademie (ERA) hat
sich mit Blick auf den am 20. Juni letztlich       zusammen mit dem ZEI eine hochkarätig be-
vorgelegten Verfassungsentwurf des Konvents        setzte, disziplinär gemischte Expertengruppe
bestätigt.                                         aus den Institutionen der EU (Gilles de Kerchove,
      Auf Grund seines Erfolges wurde EPIN         Alain Lamassoure, Kurt Riechenberg, Floriana
auch nach dem offiziellen Ende des Konvents        Sipala, Hans-Bernhard Weisserth), der inter-
im Juli 2003 fortgesetzt, um die europäische       nationalen Wissenschaft (Yves Gautier, Finn
Verfassungsdebatte kritisch zu begleiten. Di-      Laurssen, Alfonso Mattera, John Usher) und
verse Positionspapiere, verfasst von Prof. Dr.     den Medien (Hans-Martin Tillack) zusammen-
Ludger Kühnhardt, Dr. Höreth, Dr. Iral und         geführt, um in den Räumen der ERA in Trier
den anderen Netzwerkteilnehmern gibt es auf        die legalen und politischen Konsequenzen
der ZEI-Website zum downloaden unter               dieses neuen Verfassungsdokuments diskutie-
www.epin.org.                                      ren zu können. Für die Tagung „Der Konvent
                                                   zur Zukunft Europas: Erarbeitung einer Ver-
Das ZEI-Verfassungsseminar                         fassung für die Europäische Union“ unter
Am ZEI fand im ersten Halbjahr 2003, geleitet      Leitung von Peter Cullen und Peter Zervakis
durch Dr. Höreth, einmal im Monat ein inter-       am 10. und 11. April 2003 hatten sich die Or-
disziplinäres ZEI-Verfassungsseminar statt,        ganisatoren zum Ziel gesetzt, eine erste Be-
an dem Vertreter aller drei Abteilungen teil-      standsaufnahme der Debatten im Konvent
nahmen. Ziel dieser Veranstaltung war die          vorzunehmen und die Auswirkungen des Ver-
gemeinsame Analyse der Konventsberatun-            fassungstextes auf das EU-Rechtssystem, die
gen. Über die Annahme des Verfassungsent-          institutionelle Machtverteilung und die zen-
wurfs durch die Konferenz der europäischen
Staats- und Regierungschefs hinaus, muss das
eigentliche Ziel die Annahme und Akzeptanz
bei den Bürgerinnen und Bürgern der EU
sein. Dazu ist eine öffentliche Diskussion über
einen sich langsam herausbildenden Verfas-
sungspatriotismus auf europäischer Ebene
erforderlich. Das ZEI leistet hierzu mit seiner
Publikation „Der Verfassungsentwurf des
EU-Konvents. Bewertung und Strukturent-
scheidungen“, der als Nr. 124 der Discussion
Paper-Reihe erschienen ist, einen wichtigen
Beitrag. Der in dem Arbeitsprozess des ZEI-
Verfassungsseminars entstandene Kommen-
tar legt das Hauptaugenmerk auf die im
ersten Teil des Entwurfs enthaltenen Struk-
turentscheidungen. Ihre Bewertung versteht
sich als Beitrag zur Interpretation und Fort-
                                                   Auf dem Podium der Trierer Konferenz von ZEI und ERA:
schreibung des Verfassungsprozesses. Die           (v. l.) Wolfgang Heusel (Direktor der ERA), Prof. Dr. Ludger
Experten des ZEI stellen fest, dass zwar noch      Kühnhardt (Direktor am ZEI), Sarah Jund und Alain Lamassoure
eine Reihe von integrationsfreundlichen Klar-      (Vertreter des europäischen Parlaments im Konvent)
ZEI-Jahresbericht 2003                                                                       11

tralen Politikfelder zu erörtern. Einigkeit      „Frühwarnmechanismus“ zu installieren, um
herrschte bei allen Referenten, dass die „Kon-   künftig Krisen innerhalb der EU wie jene in
ventsmethode“ sich wegen der mehr oder we-       der Irak-Frage rechtzeitig zu entschärfen. Er
niger deliberativen Art der öffentlichen Dis-    plädierte für die doppelte Legitimierung des
kussionen im Kreis der Abgeordneten des Eu-      künftigen EU-Außenministers durch den Eu-
ropäischen Parlaments, der nationalen            ropäischen Rat und das Europäische Parlament
Parlamente und der Beauftragten der Regie-       und empfahl einen Mechanismus für künftige
rungen der Mitgliedstaaten sowie der Kom-        Verfassungsergänzungen auf Basis des Prinzips
mission und erstmals auch der Vertreter der      der qualifizierten Mehrheit im Europäischen
beitrittswilligen Länder bewährt habe.           Rat. Dadurch werde das föderale Unionsprinzip
                                                 gestärkt.
Publikation „Constituting Europe“
Die Frage nach der europäischen Identität        Neuordnung der EU-Gesetzgebung
wird zunehmend politischer. Die Arbeit des       Eine der wichtigsten Aufgaben im Bereich der
europäischen Verfassungskonvents und die         institutionellen Reformen sah der Konvent in
zunehmenden Anfragen nach einer globalen         der Neuordnung der EU-Gesetzgebung. Ge-
Rolle für die EU verknüpfen die Identitätsfra-   mäß Art. 33 S.2 Verf.Entw. ist vorgesehen, die
ge immer erkennbarer mit dem politischen         Mitentscheidung zur regulären Gesetzge-
Profil und Willen der Europäischen Union.        bungsart aufzuwerten. Dr. Hubert Iral, wis-
Wissenschaftliche Forschungen müssen daher       senschaftlicher Mitarbeiter am ZEI, analysiert
vermehrt die Erkenntnisse der Regierungsleh-     in seiner Studie „Between Forces of Inertia
re, der internationalen Beziehungen und der      and Progress: Co-decision in EU-
politischen Theorie, die nach den Traditionen    Legislation“, die als Nr. 119 der Discussion
und Ansprüchen Europas sucht, miteinander        Paper-Reihe des ZEI publiziert ist, die Kom-
verknüpfen. Diese methodische Zusammen-          petenzdivergenzen beim Mitentscheidungs-
schau kennzeichnet Band Nr. 60 der ZEI-          verfahren zwischen Rat und Europäischem
Schriftenreihe: „Constituting Europe. Identi-    Parlament, die diversen Reformvorschläge in
ty, Institution-Building And The Search For      den EU-Organen, -Institutionen, -Dienst-
A Global Role“ von Prof. Dr. Ludger Kühn-        stellen etc. und insbesondere diejenigen im
hardt, Direktor am ZEI. Er richtet sein          Rat selbst und erläutert, warum diese Ansätze
Hauptaugenmerk auf den Verlauf und die           bisher noch wenig Erfolg gezeitigt haben. Das
Perspektiven des europäischen Integrations-      mit zahlreichen statistischen Angaben ausge-
prozesses im Rahmen der fortschreitenden         stattete Werk bietet praxisorientierte Lö-
Globalisierung und plädiert für eine europäi-    sungsvorschläge.
sche Verfassung. Besondere Bedeutung misst
Kühnhardt dem europäisch-amerikanischen          Institutionelle Gestaltung
Verhältnis zu und schlägt einen neuen Atlan-     föderaler Systeme
tischen Vertrag vor, um den beachtlichen „ac-
quis atlantique“ auf eine neue Basis für die     Die Gestaltung eines sich neu herausbilden-
Bewältigung der weltweiten Herausforderun-       den Föderalismus in Europa gehört ebenso zu
gen und Chancen des 21. Jahrhunderts zu          den dringlichen Themen der aktuellen wirt-
stellen.                                         schaftspolitischen Diskussion wie die Reform
                                                 des Föderalismus in der Bundesrepublik. Im
Prof. Kühnhardt vor                              Jahr 2003 richtete die Deutsche Forschungs-
dem Bundestags-Ausschuss                         gemeinschaft ein Schwerpunktprogramm
Bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschus-    „Institutionelle Gestaltung föderaler Syste-
ses für Angelegenheiten der Europäischen         me: Theoretische und empirische Aspekte“
Union des Deutschen Bundestages am 21. Mai       ein, das von ZEI-Direktor Prof. Dr. Jürgen
2003 zum Stand des EU-Verfassungskonvents        von Hagen als Sprecher koordiniert und ge-
hat ZEI-Direktor Prof. Dr. Ludger Kühnhardt      leitet wird.
dem Deutschen Bundestag die Einsetzung einer           Am ZEI werden im Rahmen dieses
Enquete-Kommission zu den Folgen der euro-       Schwerpunktprogramms zwei Projekte bear-
päischen Verfassungsgebung für das politische    beitet: Junior Fellow Daniela Treutlein be-
System Deutschlands und zur Europafähigkeit      schäftigt sich mit der Frage, wie weit die poli-
Deutschlands empfohlen. Kühnhardt regte an,      tische Integration in Europa fortgeschritten
im Bereich der künftigen Gemeinsamen Au-         ist. Ziel ihres Projekts, das gemeinsam mit
ßen- und Sicherheitspolitik der EU einen         dem Politikwissenschaftler Prof. Dr. Thomas
12                                         Forschungsgruppe I: „Institutionen und Institutionenentwicklung“

                   König, Speyer, konzipiert und durchgeführt          Wirtschaftspolitischer Wettbewerb
                   wird, ist die Entwicklung eines empirischen         In der wirtschaftspolitischen Debatte um die
                   Maßes für politische Integration in der EU.         institutionelle Entwicklung der EU nimmt die
                   Dieses Maß stützt sich auf den Anteil natio-        Frage des Verhältnisses der verschiedenen
                   naler Gesetzgebung, der in der Übertragung          wirtschaftspolitischen Systeme in den Mit-
                   von EU-Recht in nationales Recht besteht.           gliedsländern zueinander einen breiten Raum
                   Durch Betrachtung der Entwicklung dieses            ein. Diese Debatte hat mehrere Facetten: Ein
                   Maßes über die Zeit und den Vergleich unter-        Teil der Diskussion konzentriert sich auf die
                   schiedlicher Länder sollen Determinanten des        Frage, inwieweit die Wirtschaftspolitiken der
                   Prozesses der politischen Integration empi-         Mitgliedsländer im Wettbewerb zueinander
                   risch erfasst werden.                               stehen können oder harmonisiert und koor-
                                                                       diniert werden müssen. Ein zweiter Teil der
Ziel des ZEI-Projekts ist die Entwicklung eines empirischen            Diskussion betrachtet die Notwendigkeit ei-
     Maßes für politische Integration in der EU sowie eines            nes fiskalischen Verbunds der Mitgliedstaaten
dynamischen, makroökonomischen Modells einer Födera-                   der Währungsunion nach dem Muster des
tion und Währungsunion, mit dessen Hilfe die wohlfahrts-               deutschen Finanzausgleichs zur Sicherung
      ökonomischen Eigenschaften eines Finanzausgleichs-               von Beschäftigungsstabilität in den einzelnen
                          systems analysiert werden können.            Mitgliedsländern. Ein dritter Teil befasst sich
                                                                       mit dem Problem des Steuerwettbewerbs in
                         Junior Fellow Michael Evers befasst sich      Europa. In einem vierten Teil schließlich geht
                   in einem zweiten Projekt mit der Makro-             es um die Entwicklung der lokalen Gebiets-
                   ökonomik des Finanzausgleichs in einem              körperschaften in Europa und ihr Verhältnis zu
                   föderalen System. Ziel seiner Arbeit ist die        den übergeordneten politischen Ebenen in
                   Entwicklung eines dynamischen, makroöko-            der Union. Das ZEI führt seit 1997 ein breit an-
                   nomischen Modells einer Föderation und              gelegtes Forschungsprogramm durch, das
                   Währungsunion, mit dessen Hilfe die wohl-           Beiträge zu diesen Forschungsfragen leistet.
                   fahrtsökonomischen Eigenschaften eines                    Die Diskussion um Wettbewerb versus
                   Finanzausgleichssystems analysiert werden           Harmonisierung der wirtschaftspolitischen
                   können.                                             Ansätze und Systeme in der EU betrachtet die
                         Junior Fellow Bartolomej Gurba analy-         Frage, wie unterschiedliche Systeme z. B. der
                   siert in seinem Dissertationsprojekt die Ent-       Arbeitsmarktregulierung in den Mitgliedstaa-
                   wicklung föderaler Strukturen in Polen. Er          ten nebeneinander bestehen können. Populä-
                   zeichnet zunächst die Entwicklung Polens als        re Argumente behaupten, die europäische In-
                   föderales System während der letzten 15 Jahre       tegration führe zu Wettbewerb der Systeme
                   nach. Dabei betrachtet er insbesondere die          ähnlich dem Marktwettbewerb zwischen den
                   Frage, ob die Aufgabenteilung zwischen den          Anbietern eines Gutes. Die Analogie führt zu
                   verschiedenen Regierungsebenen den norma-           dem Schluss, dass sich das jeweils beste wirt-
                   tiven Aussagen des fiskalischen Föderalismus        schaftspolitische System bewährt.
                   entspricht. Darüber hinaus untersucht Gurba
                   die Entwicklung der Verschuldung lokaler                  Anders als auf Märkten für Güter- und
                   Gebietskörperschaften in Polen und die                    Dienstleistungen gibt es im Wettbewerb der
                   Wirksamkeit institutioneller Regeln zu ihrer              wirtschaftspolitischen Systeme keine klaren
                   Begrenzung.                                               wirtschaftlichen Anreizstrukturen und keine
                         Im Juni 2003 veranstaltete das ZEI unter            wohldefinierten Zu- und Austrittsrechte.
                   der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr.              Die Marktanalogie greift daher nicht.
                   Anke Keßler und Prof. Dr. Christoph Lülfes-
                   mann (beide Simon Fraser University, Van-                Die einfache Analogie hält jedoch nähe-
                   couver) einen zweitägigen Workshop zum              rer Überprüfung nicht stand. Anders als auf
                   Thema „Federalism and Decentralization“.            Märkten für Güter- und Dienstleistungen gibt
                   Im Mittelpunkt der Konferenz standen Fra-           es im Wettbewerb der wirtschaftspolitischen
                   gen der optimalen Aufgabenteilung in födera-        Systeme keine klaren wirtschaftlichen Anreiz-
                   len Systemen. Unter den rund 20 Teilnehmern         strukturen und keine wohldefinierten Zu-
                   waren wissenschaftliche Experten aus der            und Austrittsrechte. Die Marktanalogie greift
                   Bundesrepublik, den USA, Kanada, Großbri-           daher nicht. Prof. Dr. Martin Seidel, Senior
                   tannien und anderen Ländern.                        Fellow der Abteilung ZEI-b, hat sich in meh-
                                                                       reren Beiträgen mit dem Problem einer ange-
                                                                       messenen Wettbewerbsordnung für den Sys-
ZEI-Jahresbericht 2003                                                                         13

temwettbewerb auseinandergesetzt. Senior          men zu wenig auf die speziellen Probleme der
Fellow Klaus Bünger arbeitet ebenfalls über       Währungsunion zugeschnitten sind. Auf-
dieses Thema.                                     grund ihrer institutionellen Gestaltung ist zu
      Junior Fellow Christian Martincus Volpe     vermuten, dass diese Prozesse weitgehend in-
betrachtet verschiedene Aspekte des wirt-         effektiv bleiben werden. Dies liegt nicht zu-
schaftspolitischen Wettbewerbs im Zusam-          letzt an der Beschränkung der Koordination
menhang mit der regionalen Integration im         auf den bloßen Austausch von Absichtserklä-
Mercosur, der Südspitze Lateinamerikas. Sei-      rungen und der mangelnden Möglichkeit zu
ne Dissertation präsentiert eine umfangreiche     bindenden Absprachen.
empirische Analyse der Effekte der Integra-
tion auf die räumliche Verteilung ökonomi-        Fiskalpolitik und Regionale Schocks
scher Aktivitäten in der Region. Er weist nach,   in der Währungsunion
dass die Integration sowohl die industrielle      Im Rahmen dieser Forschungsgruppe befas-
Spezialisierung einzelner Teilregionen als        sen sich Wirtschaftswissenschaftler auch mit
auch die räumliche Konzentration wichtiger        der Frage, ob eine Währungsunion, wie sie die
Industrien signifikant geändert hat. Diese        EU inzwischen verwirklicht hat, ein System
räumlichen Effekte implizieren, dass die Re-      von horizontalen und vertikalen Transfers
gierungen der beteiligten Länder aufgrund         nach dem Muster des deutschen Finanzaus-
der Handelsintegration in intensiverem Wett-      gleichs benötigt, um ohne größere Schwan-
bewerb um die Ansiedlung von Industrien           kungen von Beschäftigung und Output in den
stehen. Volpes Analyse weist nach, dass fiskal-   einzelnen Mitgliedstaaten mit sogenannten
politische Instrumente wie Besteuerung, Sub-      asymmetrischen Schocks, also divergierenden
ventionen und Infrastrukturvorleistungen die      zyklischen Entwicklungen umgehen zu kön-
Ergebnisse dieses Wettbewerbs signifikant be-     nen. Der amerikanische Nobelpreisträger Ro-
einflussen.                                       bert Mundell hatte schon in den 60er Jahren
                                                  die Vermutung geäußert, dass eine Wäh-
Koordination der Wirtschaftspolitik               rungsunion derartige Transfermechanismen
in der Währungsunion                              benötige; dieser Ansicht folgte u. a. der Delors-
Die EU hat zur Koordination inzwischen eine       Report von 1989.
Reihe von Mechanismen wie Wirtschaftspoli-              Ein Projekt hat die ökonomische Analyse
tische Richtlinien, Luxemburg Prozess, Car-       von Transfermechanismen in einer Wäh-
diff Prozess und Köln Prozess geschaffen, die     rungsunion zum Ziel. Gemeinsame Arbeiten
unterschiedliche Aspekte der Wirtschaftspoli-     von Prof. Ken Kletzer und Prof. Dr. Jürgen
tik abdecken. Inwieweit dies jedoch in der La-    von Hagen entwickeln makroökonomische
ge ist, die grundlegende Aufgabe zu lösen, ei-    Modelle einer Währungsunion, in deren Rah-
ne konsistente Wirtschaftspolitik zu liefern,     men sich die Mundellsche Vermutung analy-
ist umstritten. ZEI-Fellow Susanne Mund-          sieren lässt. Sie zeigen, dass diese Vermutung
schenk und ZEI-Direktor Prof. Dr. Jürgen          differenzierter zu betrachten ist, wenn man sie
von Hagen arbeiten in einem gemeinsamen           außerhalb des Mundellschen Rahmens, der
Projekt an der Analyse der wirtschaftspoliti-     von Lohn- und Preisrigiditäten gekennzeichnet
schen Aspekte dieser Frage. Ausgangspunkt         ist, analysiert. Die makroökonomischen und
ihrer Überlegungen ist die Entstehung von         die wohlfahrtsökonomischen Effekte eines Fi-
wirtschaftspolitischen „Klubgütern“ in der        nanzausgleichs hängen dann wesentlich von
Europäischen Währungsunion. Klubgüter             der ökonomischen Struktur der Währungs-
sind wirtschaftspolitische Größen wie der ge-     union und von der Ausgestaltung des Finanz-
meinsame Wechselkurs und die gemeinsame           ausgleichs ab. Diese Arbeiten zeigen, dass ein Fi-
Inflationsrate, an denen alle Teilnehmer der      nanzausgleich in der Währungsunion unter
Währungsunion gemeinschaftlich partizipie-        Umständen zu einer Verbesserung der Stabi-
ren. Diese Klubgüter erfordern eine neue          lität von Einkommen und Beschäftigung in
Definition wirtschaftspolitischer Verantwort-     den Mitgliedstaaten führen kann, dass dabei
lichkeiten in der Währungsunion.                  aber nicht zuletzt Konflikte zwischen der Fis-
      In einer Reihe gemeinsamer Arbeiten         kalpolitik und der Geldpolitik in der Wäh-
und Vorträge diskutieren Susanne Mund-            rungsunion auftreten können. Eine gemeinsa-
schenk und Prof. Dr. Jürgen von Hagen die         me Arbeit von Kletzer und von Hagen wurde
bisherigen Mechanismen und Prozesse zur           auf einer Konferenz des UN WIDER Pro-
Koordination der Wirtschaftspolitik. Sie argu-    gramms in Helsinki präsentiert und 2001 in
mentieren, dass die bestehenden Mechanis-         einem Konferenzband veröffentlicht. Dipl.
14                                        Forschungsgruppe I: „Institutionen und Institutionenentwicklung“

Volkswirt Patrick Gilles, Junior Fellow der Ab-    Institutionelles Recht
teilung ZEI-b, arbeitet diese Analysen im Rah-
men seiner Dissertation weiter aus.                Die Forschungsprojektgruppe „Institutionelles
                                                   Recht der Europäischen Union und der Euro-
Politische Ökonomie der                            päischen Gemeinschaft“ befasst sich mit den
wirtschaftlichen Transformation                    Institutionen, Verfahren und Prinzipien der
ZEI Senior Fellow Dr. Jan Fidrmuc erhielt im       europäischen Integration, dem Prozessrecht
Jahr 2003 ein Marie-Curie-Stipendium für ei-       vor dem Europäischen Gerichtshof, den poli-
nen Forschungsaufenthalt an der Freien Uni-        tischen, rechtlichen und institutionellen Inte-
versität Brüssel. Er setzte dort seine Arbeiten    grationsbedingungen für eine erfolgreiche
zur politischen Ökonomie der wirtschaft-           Osterweiterung sowie mit allgemeinen Frage-
lichen Transformation fort. Im August 2003         stellungen aus dem Bereich der EG-Grund-
veranstaltete Dr. Fidrmuc gemeinsam mit            rechte und Grundfreiheiten. Einen Schwer-
dem William Davidson Institute der Universi-       punkt bildete die Arbeit an Neuauflagen
ty of Michigan eine Konferenz zum Thema            zweier Lehrbücher. Unter Mitarbeit von Frie-
„Political Economy of Transition: Job Crea-        derike Meurer und Christiane Busch stellten
tion and Job Destruction“, die internationale      Prof. Dr. Christian Koenig und Priv.-Doz. Dr.
wissenschaftliche Experten zu Arbeitsmarkt-        Andreas Haratsch die vierte Auflage des
fragen in Transformationsländern nach Bonn         Lehrbuches „Europarecht“ fertig, die Ende
brachte.                                           April erschien. Wenig später konnte auch die
                                                   zweite Auflage der Entscheidungssammlung
Institutionenentwicklung                           „Entscheidungen des EuGH“ veröffentlicht
in der EU                                          werden, die Prof. Dr. Christian Koenig ge-
                                                   meinsam mit Prof. Dr. Matthias Pechstein
Als Ergebnis einer mehrjährigen Forschungs-        (Viadrina-Universität Frankfurt / Oder) her-
arbeit zu den Entwicklungslinien des Europä-       ausgibt.
ischen Parlaments, die teilweise in Koopera-             Ferner befasste sich die Forschungspro-
tion mit dem ZEI erfolgte, veröffentlichten Dr.    jektgruppe mit einer Reihe von Grundfragen
Andreas Maurer (Stiftung Wissenschaft und          des europäischen Einigungsprozesses: Priv.-
Politik, Berlin) und Prof. Dr. Wolfgang Wessels    Doz. Dr. Jürgen Kühling erarbeitete eine
(Köln) als Herausgeber Band Nr. 38 der ZEI-        Grundlagenstudie zum Grundrechtsschutz
Schriftenreihe mit dem Titel: „Das Europäi-        auf europäischer Ebene, die in dem von Prof.
sche Parlament nach Amsterdam und Nizza.           Dr. Armin von Bogdandy (Max-Planck-
Akteur, Arena und Alibi“.                          Institut für ausländisches öffentliches Recht
      Das Werk widmet sich der Frage, wie          und Völkerrecht, Heidelberg) herausgegebe-
gegenwärtig eine politisch-rechtliche Einord-      nen Band „Europäisches Verfassungsrecht –
nung des Europäischen Parlaments zu leisten        Theoretische und dogmatische Grundzüge“
wäre. Denn trotz der beträchtlichen Auswei-        erschien. In der Fachzeitschrift „Die öffentliche
tung seiner Befugnisse ist das Parlament nicht     Verwaltung“ wurde eine Studie von Jens-
in bekannte Typologien aus der Parlamenta-         Daniel Braun und Moira Kettner veröffent-
rismusforschung einzuordnen. Andererseits          licht, die sich kritisch mit den Rechtsschutz-
werden nach wie vor Forderungen nach einer         möglichkeiten natürlicher und juristischer
konstitutionellen Stärkung des Parlaments          Personen vor dem Europäischen Gerichtshof
gestellt, die mit der Notwendigkeit einer ver-     gegen EG-Verordnungen auseinander setzt.
besserten demokratischen Legitimation für
die verbindlichen EU-Entscheidungen be-            Expertenrat Konvent
gründet werden. Die Studie untersucht die
Aussagekraft der integrationswissenschaft-         Die Aufgabe des „Expertenrates Konvent“ be-
lichen Ansätze einer marginalen Bedeutung          stand auch im Jahr 2003 vornehmlich in der
des Parlaments, seiner gewachsenen Rolle als       Beratung der nordrhein-westfälischen Landes-
eigenständiger und schlagkräftiger Akteur im       regierung zu Fragen der Debatte um eine
institutionellen Gefüge der EU sowie seiner        Europäische Verfassung. Prof. Dr. Christian
erst in den letzten Jahren zum Vorschein tre-      Koenig, Direktor der Abteilung „Politische,
tenden Funktion als Arena, in der die wesent-      rechtliche und institutionelle Fragen“ am ZEI,
lichen sozioökonomischen Konflikte gespie-         bereits im Jahr 2001 in dieses Gremium als Ver-
gelt und in Form parteipolitischer Ausein-         treter der Europarechtswissenschaft berufen,
andersetzung manifestiert werden.                  wurde bei seiner Beratungstätigkeit auch 2003
ZEI-Jahresbericht 2003                                                                        15

von seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter          Vertreter im EU-Verfassungskonvent, der
Winfried Rasbach unterstützt. Beide entwickel-     stellvertretende Parlamentspräsident Vytenis
ten Vorschläge unter anderem zur Einführung ei-    Andriukaitis und der Staatssekretär im
nes Suspensiveffekts bei Klagen gegen Kommis-      Außenministerium, Rytis Martikonis. Im
sionsentscheidungen zur Beihilfenrückabwick-       Zentrum des Interesses standen die Optionen
lung sowie zu einer Änderung des Art. 68 Abs. 2    des Verfassungskonvents und ihre möglichen
EG mit dem Ziel, auch in diesem Bereich eine       Folgen. Deutlich wurden die gewachsenen
uneingeschränkte Rechtskontrolle durch den         Sensibilitäten der kleineren Staaten und der
Europäischen Gerichtshof zu ermöglichen.           Bedarf an wissenschaftlich fundierten Argu-
     Gemeinsam mit den Kolleginnen und             menten zu den zentralen Fragestellungen des
Kollegen der ZEI-Abteilung „Wertesysteme,          Verfassungsprozesses und den Auswirkungen
Kulturen und Sprachen“ erarbeitete die For-        des Erweiterungsprozesses auf das Regieren in
schungsprojektgruppe ferner eine Bewertung         der EU.
der Strukturentscheidungen des Verfassungs-              Die politische Kultur aller Länder Ost-
entwurfes des EU-Konvents, die als ZEI Discus-     Mitteleuropas, die mittlerweile als Mitglied-
sion Paper veröffentlicht wurde (vgl. oben         staaten aufgenommen, bzw. als Kandidaten
„Verfassung und europäische Identität“).           für eine EU-Mitgliedschaft anerkannt sind,
                                                   befindet sich seit mehr als einem Jahrzehnt in
Erweiterung der                                    einer fundamentalen Transformation und Er-
Europäischen Union                                 neuerung. Neben der wirtschaftlichen und
                                                   der politischen Reform ist dies von allergröß-
In den vergangenen Jahren hat sich das ZEI         ter Bedeutung für die künftige innere Sub-
kontinuierlich und intensiv mit Fragen im          stanz der EU-Neumitglieder. Zugleich ver-
Zusammenhang mit der EU-Erweiterung be-            langt der Blick aus der derzeitigen EU, die
fasst. Zum Abschluss dieser Beratungs- und         geistig-kulturellen Entwicklungen in den EU-
Forschungsphase fand im Außenministerium           Kandidatenländern stärker als bisher in Au-
der Republik Litauen in Vilnius am 6. März         genschein zu nehmen, um die Perspektiven
2003 ein vom ZEI und dem litauischen               eines gemeinsamen Europa besser deuten zu
Außenministerium initiiertes Seminar für           können. In Band 32 der ZEI-Schriftenreihe,
führende Mitarbeiter der wichtigsten Regie-        der von Dr. Gabor Erdödy (Budapest), Senior
rungsbehörden Litauens statt, bei der es vor al-   Fellow am ZEI, herausgegeben wurde, befassen
lem um die Perspektiven des Verfassungs-           sich unter dem Titel „Transformationserfah-
bildungsprozesses ging. Neben ZEI-Direktor         rungen. Zur Entwicklung der politischen
Prof. Dr. Ludger Kühnhardt sprachen der            Kultur in den EU-Kandidatenländern“ re-
französische Botschafter in Litauen, Jean-         nommierte Wissenschaftler aus Polen, Tsche-
Bernard Harth, und die beiden litauischen          chien, der Slowakei, Estland, Lettland, Litauen,

                                                                                                      Im Festsaal der Bonner
                                                                                                      Universität: Der Präsident von
                                                                                                      Malta, Guido de Marco, hier
                                                                                                      mit ZEI-Direktor Prof. Dr.
                                                                                                      Ludger Kühnhardt und Rektor
                                                                                                      Professor Dr. Klaus Borchard,
                                                                                                      sprach über Maltas Visionen
                                                                                                      von der Zukuft des Mittel-
                                                                                                      meerraums im Vereinten
                                                                                                      Europa.
16                                         Forschungsgruppe I: „Institutionen und Institutionenentwicklung“

                      Ungarn, Slowenien, Malta, Zypern, aber auch         über vertritt das Projekt folgerichtig die Ana-
                      aus Rumänien, Bulgarien und der Türkei mit          logisierungsthese: Der EuGH wird als ein
                      den politisch-kulturellen Wandlungsprozes-          europäisches Verfassungsgericht konzeptuali-
                      sen. Sie analysieren Kernfragen der Entwick-        siert, welches prinzipiell mit Verfassungsge-
                      lung der politischen Kultur in ihrem jeweiligen     richten in anderen sich föderal organi-
                      Heimatland unter der Perspektive einer (spä-        sierenden Mehrebenensystemen vergleichbar
                      teren) EU-Zugehörigkeit.                            ist. Ziel des Forschungsprojektes ist zu zeigen,
                            Die Problematik des EU-Beitritts von          dass die Entwicklungstrends im Hinblick auf
                      Zypern steht im Mittelpunkt der erfolgreich im      politische Integration durch Rechtsprechung in
                      Rahmen des Junior Fellow-Programm des ZEI           den drei untersuchten Mehrebenensystemen
                      abgeschlossenen Dissertation von Susanne            zwar durchaus unterschiedlich weit fort-
                      Baier-Allen. Sie setzt sich mit der Hypothese       geschritten sind, gleichwohl aber funktional
                      auseinander – die von der EU mit Unter-             einem ähnlichen Entwicklungspfad folgen.
                      stützung der UNO verfolgt worden ist –, dass        Falls sich diese Hypothese bestätigt, könnten
                      die Perspektive einer EU-Mitgliedschaft für die     daraus Prognosen für die Weiterentwicklung
                      Republik Zypern katalysatorische Wirkung auf        des EuGH im Governance-System der EU ab-
                      die Lösung der Zypern-Frage haben werde. Die        geleitet werden.
                      empirischen Befunde sind freilich ernüchternd:            Mit dem Themenkreis Recht im EU-
                      Demnach hat sich zwar das Konfliktverhalten         Kontext befasst sich auch Band 52 der ZEI-
                      der beteiligten Parteien und ihr Verhältnis zur     Schriftenreihe, indem er sich einem bisher re-
                      Außenwelt verändert, dabei wurde aber die Tei-      lativ wenig beachteten Integrationsfaktor, der
                      lung der Insel im östlichen Mittelmeer eher ver-    Interdependenz von Rechtsentwicklung und
                      festigt.                                            sprachlichem Einfluss, zuwendet: „Europa:
                                                                          Sprache und Recht / La construction euro-
                      Regieren in der erweiterten EU                      péene: aspects lingiustiques et juridiques“
                                                                          vereint die deutschen und französischen Bei-
                       Die Politikwissenschaft hat dem Europäi-           träge, die Linguisten und Juristen aus Hoch-
                       schen Gerichtshof bisher nur recht wenig           schulen und EU-Institutionen anlässlich eines
                       Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei kann seine         internationalen Kolloquiums zum Ausklang
                       integrationspolitische Rolle gar nicht über-       des Jahres der Mehrsprachigkeit in Saver-
                       schätzt werden. Ein neues, von Dr. Marcus          ne / Elsaß, Dezember 2001 gehalten haben.
                       Höreth am ZEI geleitetes und von der Fritz-        Herausgegeben wurde er von den Sprachwis-
                       Thyssen-Stiftung finanziertes interdisziplinä-     senschaftlerinnen Dr. Isolde Burr (Köln) und
                       res Projekt untersucht die Rolle der EuGH-         Prof. Dr. Gertrud Gréciano (Straßburg).
                       Rechtsprechung im Prozess der politischen                Stand das Europa der Vergangenheit im
                       Integration Europas vor dem Hintergrund            Mittelpunkt historischer Analysen, so beschäf-
                       föderaler Vergleichserfahrungen mit der Ver-       tigen sich vorrangig Recht, Politik und Verwal-
                       fassungsgerichtsbarkeit in Deutschland und         tung mit dem Recht der Gegenwart und Zu-
                       den USA. Zunächst sollen die gängigen Erklä-       kunft. Aufbauend auf der Erkenntnis und Er-
                       rungsansätze für den Beitrag des EuGH bei          fahrung, dass die Mehrsprachigkeit des Rechts
                       der Entwicklung der europäischen „polity-in-       der Europäischen Gemeinschaft einen prägen-
                                         the-making“ kritisch dis-        den Bestandteil der sich ausbildenden Rechts-
   Ziel des Forschungsprojektes ist zu kutiert werden. Dabei wird         kultur bildet, stellen sich spezifische Fragestel-
 zeigen, dass die Entwicklungstrends nicht nur deutlich werden,           lungen kontrastiver Textproduktion und Text-
im Hinblick auf politische Integration dass die dominierenden             rezeption im Kontext von Sprachenrecht und
   durch Rechtsprechung in den drei politikwissenschaftlichen             Rechtssprache. In dem Sammelband werden
 untersuchten Mehrebenensystemen Ansätze ihren Gegenstand                 Sprach-, Kommunikations-, Kultur- und
  zwar durchaus unterschiedlich weit aufgrund der Vernachlässi-           Übersetzungswissenschaft als Instrument für
fortgeschritten sind, gleichwohl aber gung der normativ-recht-            die bestmögliche Entwicklung und Verwirkli-
           funktional einem ähnlichen lichen Dimension der Judi-          chung der Europaidee im Einverständnis mit
             Entwicklungspfad folgen. katur im Mehrebenensys-             dem Europabürger verstanden.
                                         tem verfehlen, sondern
                       auch die kanonisierte Betonung des „sui-ge-        Die geistigen Konturen Europas
                       neris“- Charakters des EU-Governance-Sys-
                       tems und die daraus gefolgerte Einzigartigkeit     Warum sind Fußballspiele zwischen nieder-
                       des EuGH den Blick für die Erklärungskraft         ländischen und deutschen Mannschaften im-
                       komparativer Ansätze verstellt. Demgegen-          mer etwas ganz Besonderes? In Zusam-
ZEI-Jahresbericht 2003                                                                        17

menarbeit mit der Staatskanzlei des Landes          gewählte Aspekte beleuchtet, die beispielhaft
Nordrhein-Westfalen sind am ZEI Publikatio-         für bestimmte, die Länder betreffende Ent-
nen entstanden, die sich dem Umgang mit             wicklungen stehen. So werden die verschiede-
verschiedenen Mentalitäten, Kulturen und            nen Sichtweisen von Völkern
Traditionen in den Niederlanden, Belgien, Lu-       Ostmitteleuropas deutlich.
xemburg und Frankreich zuwenden. Die                      Die historische Dimension ZEI-Publikationen,
Unterschiede beginnen im Kleinen, sie tren-         greift auch Band 54 der ZEI- die sich dem Umgang
nen Nachbarn. Interkulturalität ist also eine       Schriftenreihe auf: „Mitteleuro- mit verschiedenen
Herausforderung für den Handelsreisenden            pa. Politische Kultur und euro- Mentalitäten, Kulturen
wie für den Touristen. Dr. Jacobus Delwaide         päische Einigung“; er entstand und Traditionen zuwen-
(Brüssel), Dr. Georg Michels (ZEI) und Dr.          aus einem Zusammenwirken des den
Bernd Müller (Benelux-Koordinator NRW)              ZEI mit Dr. Gabor Erdödy von
sind die Herausgeber von Band 56 der ZEI-           der Eötvös Loránd Universität,
Schriftenreihe: „Die Rheingesellschaft – Men-       Budapest. Im Zentrum der Beiträge namhafter
talitäten, Kulturen und Traditionen im Herzen       Historiker aus Ungarn, Kroatien, der Slowa-
Europas.“                                           kei, Rumänien, Osterreich und Tschechiens
      Welches historische Erbe und welche           steht die Frage nach Stellenwert und Wandel
Vorstellungen verbinden sich mit dem Begriff        der Mitteleuropaidee im Kontext des sich un-
„Europa“? Historiker aus Österreich, Polen,         ter dem Dach der EU wiedervereinenden Eu-
Tschechien, Litauen und Deutschland unter-          ropa. Es zeigt sich, dass die historisch gepräg-
suchen in dem Sammelband „Auf der Suche             te und teilweise vorbelastete Fixierung auf die
nach einem Phantom? Widerspiegelungen               eigene Region für die Donaustaaten durch die
Europas in der Geschichtswissenschaft“, her-        Perspektive der EU-Mitgliedschaft teilweise
ausgegeben von Dr. Georg Michels (ZEI), das         abgelöst worden ist. Gleichzeitig aber wird
„Europabild“ in der Geschichte und in der           auch erkennbar, dass kulturelle Prägungen
Geschichtswissenschaft Ostmitteleuropas. Dazu       und geistige Bilder über Wert und Wirkung
werden sowohl ganze Epochen im Längs-               von Mitteleuropa im Raum zwischen Alpen,
schnitt durchmessen wie auch einzelne, aus-         Adria und Schwarzem Meer nachwirken.

  Veröffentlichungen der Forschungsgruppe (Auswahl)
  Braun, J.-D. und M. Kettner: „Die Absage des EuGH an eine richterrechtliche Reform des
  EG-Rechtsschutzsystems – ,Plaumann’ auf immer und ewig?“, in: Die öffentliche
  Verwaltung (DÖV) 2003, S. 58 ff.
  Campos, Nauro F. und Jan Fidrmuc (Hg.): „Political Economy of Transition and
  Development: Institutions, Politics, and Policies“, ZEI Studies in European Economics and
  Law Vol. 5, Kluwer: Boston, Dordrecht, New York, London 2003
  Fidrmuc, Jan: „Economic Reform, Democracy and Growth during Post-communist
  Transition“, in: European Journal of Political Economy 19 (3), September 2003,
  S. 583 – 604
  von Hagen, Jürgen und Susanne Mundschenk: „Fiscal and Monetary Policy Coordination
  in EMU“, in: Journal of International Finance and Economics 8, 2003, S. 279 – 95
  Höreth, Marcus: „When Dreams Come True? The Role of Powerful Regions in Future
  Europe“ (ZEI-Discussion Paper C 121/2003)
  Iral, Hubert: „Between Forces of Inertia and Progress: Co-decision in EU Legislation“
  (ZEI Discussion Paper C 119/2003)
  Koenig, Ch., J.-D. Braun und R. Pfromm: „Beihilfenrechtliche Probleme des EG-
  Emissionsrechtehandels“, in: Zeitschrift für Wettbewerbsrecht (ZWeR) 2003, S. 152 ff.
  Koenig, Ch., J. Kühling und W. Rasbach: „Versorgungssicherheit im Wettbewerb –
  Ein Vergleich der gemeinschaftsrechtlichen, französischen und deutschen
  Energierechtsordnung“, in: Zeitschrift für neues Energierecht (ZNER) 2003, S. 3 ff.
  Kühnhardt, Ludger: „Constituting Europe, Identity, Institution-building and search for a
  global role“, Baden-Baden, Nomos Verlag 2003 (ZEI-Schriftenreihe, Bd. 60)
  Molander, Per (Hg.): „Fiscal Federalism in Unitary States“, ZEI Studies in European
  Economics and Law, Vol. 6, Kluwer: Boston, Dordrecht, New York, London 2003
  ZEI (Hg.): „Der Verfassungsentwurf des EU-Konvents“ (ZEI Discussion Paper C124/2003)
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