Dokumentation BUND DEUTSCHER LANDSCHAFTS-ARCHITEKTEN - BDLA

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Dokumentation BUND DEUTSCHER LANDSCHAFTS-ARCHITEKTEN - BDLA
dokumentation
BUND
DEUTSCHER
LANDSCHAFTS-
ARCHITEKTEN
Dokumentation BUND DEUTSCHER LANDSCHAFTS-ARCHITEKTEN - BDLA
Bund Deutscher Landschaftsarchitekten bdla (Hrsg.)

Wir danken den Förderern des Deutschen Landschaftsarchitektur-Preises 2021
für ihre freundliche Unterstützung dieser Publikation:
We would like to thank the sponsorts of the 2021 German Landscape Architecture Award
for their kind support of this publication:

Bruns Pflanzen-Export GmbH & Co. KG
Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL)
ComputerWorks GmbH
GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V.
NürnbergMesse Group
Polytan GmbH
RINN Beton- und Naturstein GmbH & Co. KG
Runge GmbH & Co. KG.
smb Seilspielgeräte GmbH Berlin in Hoppegarten
Zeppelin Baumaschinen GmbH
Dokumentation BUND DEUTSCHER LANDSCHAFTS-ARCHITEKTEN - BDLA
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Inhalt
                                Contents

Stephan Lenzen
Vorwort Introduction                                           4

Margot Käßmann
Das Paradies bewahren                                         10
Preserving paradise

Deutscher Landschaftsarchitektur-Preis
German Landscape Architecture Award
Gesa Loschwitz-Himmel
Westpark, Augsburg                                            30

Auszeichnungen
Awards
Öffentlicher Raum als Zentrum Central Public Spaces           44
Kleiner Kiel-Kanal, Holstenfleet, Kiel

Wohnumfeld Residential Environment                            46
Park Mitte, Hamburg-Altona

Landschafts- und Umweltplanung | Landschaftserleben
Landscape and Environmental Planning | Landscape Experience   48
Baumkirchen Mitte, München

Sport, Spiel, Bewegung Play, Sports and Exercise              50
Schulen am See, Hard, Österreich

Landschaftsarchitektur im Detail Landscape Detailing          52
Natur in Wassertrüdingen
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Klimaanpassung Climate Adaptation                                         54
Klimawäldchen am Wollhausplatz, Heilbronn

Historische Anlagen Historic grounds                                      56
Stadtentwicklung Eutin 2016+

Digitale Innovation Digital Innovation                                    58
Sommerinsel – Die Landschaft aus der digitalen Matrix, Heilbronn

Atmosphärische Räume Atmospheric Spaces                                   60
Ergänzender Museumsbau am Peter-August-Böckstiegel-Haus, Werther-Arrode

Nominierungen                                                             64
Nominations

Anhang
Appendix
Über den bdla About the bdla                                              78

Jury 2021 The jury 2021                                                   79

Über die Förderer   About the sponsors                                    80

Autoren Authors                                                           86

Impressum Imprint                                                         88
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Vorwort
                                              Introduction

Vorwort
Stephan Lenzen                        Auch der 15. Deutsche Land-      seine Besteigung des Mont Ventoux am 26. April
                                      schaftsarchitektur-Preis des     1336 geht – ein Datum, das für die ästhetische
                                      bdla zeigt wieder, dass sich     Betrachtung der Natur von großer Bedeutung war
                                      die Landschaftsarchitektur       – kann stellvertretend für diese Kraft stehen. Eine
                                      dadurch auszeichnet, kom-        Stärke, die die Landschaftsarchitektur auch künftig
                 plexe Aufgaben zu bewältigen. Landschaftsarchi-       benötigt. Denn die entscheidende Zukunftsfrage
                 tekten gestalten Freiräume unter den Aspekten         angesichts des Klimawandels und des enormen
                 der Klimaanpassung und Biodiversität und schaf-       Ressourcenverbrauchs der Menschheit ist: Wie
                 fen so hervorragende und werthaltige Orte. Der        wollen wir leben? Was wollen wir hinterlassen?
                 Deutsche Landschaftsarchitektur-Preis hat sich        Diese Zukunft gestalten wir jetzt.
                 über die Jahrzehnte zu unserem wichtigsten
                 Medium der Wahrnehmung des Berufsstandes in
                 der Öffentlichkeit entwickelt. Unser Ziel muss es          Der Garten der Erde
                 nach wie vor sein, das Gewicht der Landschafts-
                 architektur innerhalb der Entwurfsprofessionen        Der den Menschen seit Jahrhunderten beglei-
                 und in der Gesellschaft weiter zu steigern. Und       tende Wunsch nach Wachstum ist obsolet, da
                 auch für die Landschaftsarchitektur selbst gibt es    wir jährlich mehr verbrauchen, als die Natur uns
                 immer wieder neue Herausforderungen: Es gilt,         geben kann. Es muss künftig um Minimalismus
                 trotz der zunehmenden Komplexität der ökologi-        und Reduktion gehen. Das ist keine modische
                 schen und technischen Aufgaben, die ästhetischen      Attitüde, sondern eine Notwendigkeit des Über-
                 Ansprüche zu bewahren. Denn letztlich liegt die       lebens. Aber auch diese reduzierte Transformation
                 Stärke und das Alleinstellungsmerkmal unserer         der Umwelt braucht unsere Kreativität, unsere
                 Profession darin, in hervorragender Weise, Öko-       Fantasie, unseren Entwurf. Es geht darum, per-
                 logie und Technik mit Kreativität und Ästhetik zu     spektivisch zu denken – etwas, dass uns aus der
                 verbinden.                                            Pflanzenverwendung bestens vertraut ist. Die heu-
                                                                       tigen Visionen und Konzepte für Städte, urbane
                                                                       und ländliche Freiräume, grün-blaue Infrastruktur,
                      Gestalterische Kraft                             Mobilitäts-Infrastruktur, Wohn- und Arbeitswelten,
                                                                       für Parks, Gärten und Plätze entscheiden mit darü-
                 Diese kreative Kraft im Entwurf zeichnet alle         ber, ob die Menschen es schaffen werden, stärker
                 ausgezeichneten Arbeiten und Projekte aus und         im Einklang mit der Umwelt zu leben.
                 verdeutlicht den starken individuellen Willen nach          Landschaftsarchitekten können zusammen
                 einer ästhetischen Lösung jeder dieser Aufga-         mit Architekten und Stadtplanern Impulsgeber für
                 benstellungen. „Dorthin gelangen wollen zwar          ein neues Denken sein. In den vergangenen Jah-
                 alle, aber, wie Ovid sagt: Wollen reicht nicht aus,   ren hat bereits ein Umdenken eingesetzt, aber ein
                 Verlangen erst führt dich zum Ziele.“ Dieses Zitat    Paradigmenwechsel, der aufgrund der Klimakrise
                 von Francesco Petrarca, in dem es eigentlich um       notwendig wäre, wurde bis jetzt nicht fokussiert

                                                                  4
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angegangen. Auf die Vorgaben der Politik zu war-     die Mitglieder der Jury, die in einem intensiven
ten und diese als Mindestnormen umzusetzen,          Verfahren die prämierten Arbeiten ausgewählt
reicht nicht. Wir müssen uns aktiv einbringen, um    haben. Ohne unsere Förderer, die uns zum Teil
der Verantwortung unserer Profession und der         schon über Jahre begleiten, wäre es dem bdla
gesellschaftlichen Relevanz von Landschaftsarchi-    nicht möglich, diesen Wettbewerb auszuloben,
tektur gerecht zu werden. Als Planer sind auch       zu veröffentlichen und mit der Preisverleihung
wir Teil des ressourcenverbrauchenden und mit        gemeinsam mit vielen Kolleginnen und Kollegen
einem hohen CO2-Ausstoß versehenen Sektors           feiern zu können. Und so bedanken wir uns an die-
Bau. Wir sind gefordert, eine Vorreiterrolle für     ser Stelle bei den Unternehmen Bruns-Pflanzen-
ein klimagerechtes und klimaangepasstes Erschaf-     Export GmbH & Co.KG, ComputerWorks GmbH,
fen und Bewahren von resilienten Lebensräumen        Polytan GmbH, Rinn Beton- und Naturstein GmbH
einzunehmen. Neben den ökologischen Folgen           & Co.KG, Runge GmbH & Co.KG, smb Seilspiel-
werden die sozialen Auswirkungen des Klimawan-       geräte GmbH Berlin in Hoppegarten und Zeppe-
dels immer deutlicher. Klimagerechtigkeit wird       lin Baumaschinen GmbH sowie dem Bundesver-
zur zwingendenden Aufgabe – auch in unseren          band Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau
gemäßigten Breiten. Der Qualität der Freiräume       BGL, der NürnbergMesse / GaLabau und dem
in Stadt und Land im Hinblick auf Nachhaltigkeit,    GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und
Werthaltigkeit, Ressourcenschonung und Biodi-        Immobilienunternehmen für ihre Unterstützung.
versität kommt im Kontext Bauen eine besondere       Dank dieses Zusammenspiels aller Beteiligter ist
Bedeutung zu.                                        es auch 2021 gelungen, dass der Wettbewerb
                                                     Deutscher Landschaftsarchitektur-Preis ein ganz
                                                     besonderes fachliches Ereignis geworden ist und
     Gemeinsam Stärke zeigen                         weit über unsere Fachwelt hinaus eine starke Aus-
                                                     strahlung ausübt.
Dies erfordert ein gemeinschaftliches Bekenntnis
von Planern, Kommunen, Investoren und den aus-
führenden Betrieben zum Erhalt unserer Lebens-
welten und zum Erhalt unserer Freiräume. Nicht
zuletzt die neu geschaffene Kategorie „Klimaanpas-
sung“ im Wettbewerb Deutscher Landschaftsarchi-
tektur-Preis weist auf diese Bedeutung hin. Doch
auch die Gesamtheit der Arbeiten zeigt, dass das
Thema bereits selbstverständlicher Teil der meis-
ten Projekte ist. Daran sollten wir anknüpfen und
in diesem Sinne strategisch in die Zukunft denken.
      Ein großer Dank geht an alle Kolleginnen und
Kollegen, die Arbeiten eingereicht haben, und an

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Vorwort
                                               Introduction

Introduction
Stephan Lenzen   The fifteenth German Landscape Award of the            climate change and the enormous consumption
                 bdla (Association of German Landscape Archi-           of resources is: How do we want to live? What
                 tects) shows once again that landscape architec-       do we want to leave behind? We are shaping this
                 ture excels at dealing with complex tasks. Land-       future now.
                 scape architects design open spaces with climate
                 adaptation and biodiversity in mind thereby creat-
                 ing exceptional and valued places. Over decades,            The garden of the earth
                 the German Landscape Award has developed into
                 the most important medium to generate aware-           The wish for growth, which has driven people for
                 ness of our profession. It must still be our goal to   centuries, is now obsolete as we use up more
                 increase the influence of landscape architecture       resources in a year than nature can give us. Mini-
                 within the design professions and in society. And      malism and reduction must be the issues of the
                 landscape architecture itself is constantly facing     future. This is not a fashionable gesture, but a
                 new challenges. It is necessary to maintain aes-       necessity of survival. And this reduced transfor-
                 thetic aspirations despite a growing complexity        mation of the environment needs our creativity,
                 of environmental and technical tasks. After all,       our imagination, our design input. The issue is
                 the strength and unique feature of our profession      perspective thinking – an approach with which
                 lies in the outstanding manner in which ecology        we are well familiar when designing with plants.
                 and technology are combined with creativity and        Today’s visions and concepts for cities, urban and
                 aesthetics.                                            rural open spaces, green and blue infrastructure,
                                                                        mobility infrastructure, housing and work environ-
                                                                        ments, parks, gardens and squares determine
                      Creative power                                    whether people will succeed in living in closer har-
                                                                        mony with the environment.
                 This creative force in design work distinguishes            Landscape architects, together with archi-
                 all the awarded works and projects and dem-            tects and urban planners, can become instiga-
                 onstrates a strong individual desire to find an        tors of a new way of thinking. A change of rea-
                 aesthetic solution to each of the briefs. ‘We all      soning has already begun in past years, but a
                 want to get there but, as Ovid said: To wish for       paradigm shift that would be required to face
                 what you want is not enough; With ardent longing       climate change has not been addressed in a
                 you must strive for it.’ This quote by Francesco       focused way. It is not enough to wait for poli-
                 Petrarca, which really is about him climbing Mont      cies and to implement them as minimum stand-
                 Ventoux on 26 April 1336 – a truly significant         ards. We must get involved in order to live up
                 date for the aesthetic perception of nature – can      to the responsibility of our profession and the
                 be taken to vicariously stand for this strength.       societal relevance of landscape architecture. As
                 A strength that landscape architecture will also       designers, we are a part of the resource-using
                 need in the future. The key question in the face of    and high CO2-emitting construction sector. We

                                                                   6
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need to take on a pioneering role to create and        GmbH Berlin in Hoppegarten and Zeppelin Bau-
retain resilient habitats in a climate-compatible      maschinen GmbH as well as the Bundesverband
and climate-adapted way. Alongside the environ-        Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau BGL,
mental impact of climate change, its influence on      NürnbergMesse/GaLaBau and the GdW Bundes-
society is becoming increasingly clear. Climate        verband deutscher Wohnungs- und Immobilienun-
justice is an urgent task – in our moderate lati-      ternehmen for their support. Thanks to the joint
tudes too. The quality of open spaces in cities        effort of all those involved, the competition for the
and rural areas as regards sustainability, value,      German Landscape Architecture Award has once
resource conservation and biodiversity is of par-      again succeeded in becoming an exceptional pro-
ticular importance in the context of construction.     fessional event of 2021 that has a strong impact
                                                       reaching far beyond the landscape community.

     Collective strength
This calls for a joint commitment by planners,
municipalities, developers and contractors to
preserve our environment and preserve our open
spaces. Moreover, the new category ‘climate
adaptation’ of the German Landscape Architec-
ture Award is an indication of its significance. And
the bulk of work submitted shows that the topic
is taken for granted in most projects. This is what
we should build on and how we should strategi-
cally think into the future.
      A big thank you goes to all the colleagues
who submitted their work and to the members
of the jury who selected the awarded projects in
an intense process. Without our sponsors, some
of whom have supported us for years, it would
not have been possible for the bdla to hold this
competition, to publish its results and hold an
awards ceremony to celebrate this with many
colleagues. And so we take this opportunity to
thank the firms Bruns-Pflanzen-Export GmbH &
Co.KG, ComputerWorks GmbH, Polytan GmbH,
Rinn Beton- und Naturstein GmbH & Co.KG,
Runge GmbH & Co.KG, smb Seilspielgeräte

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Essay

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Essay

Das Paradies bewahren
Margot Käßmann                        Welche Schnittmenge hat           Es gibt derer zwei in der Bibel. Der erste berichtet
                                      eine Theologin mit Land-          davon, dass Gott zunächst Himmel und Erde schuf,
                                      schaftsarchitekten? Ich bin       die Erde aber war Tohuwabohu – was bedeutet: öd
                                      überzeugt, mit Blick auf die      und leer. Also trennt Gott zunächst Dunkel und
                                      ethischen Herausforderun-         Licht, Wasser und Land, lässt Bäume und Kräuter
                 gen unserer Zeit müssen wir über unsere jewei-         wachsen, anschließend die Tierwelt. Es entstehen
                 ligen Horizonte hinausdenken, um Verbindungen          blühende Landschaften, Gott selbst befindet, es
                 herzustellen und somit Kräfte zu bündeln. Gerade       sei alles gut. Zuletzt wird der Mensch geschaffen
                 was die ökologische Herausforderung, die Frage         als Mann und Frau. Fruchtbar sollen sie sein, sich
                 nach Lebensräumen für die Zukunft betrifft, ist das    die Erde untertan machen und über die Tierwelt
                 ein Gebot der Stunde. Insofern ist es spannend,        herrschen. Aus dem Chaos entsteht Ordnung, eine
                 denke ich, sich auf ein Essay aus „anderer“, viel-     Ordnung allerdings, die wir heute als problema-
                 leicht fremder Perspektive einzulassen.                tisch betrachten. Zum einen, weil im alten Israel
                                                                        eine hohe Geburtenrate zwar erstrebenswert war,
                                                                        wir heute aber mit der Herausforderung von bald
                      Die Sehnsucht nach dem                            acht Milliarden Menschen auf der Erde konfron-
                      Paradies                                          tiert sind. Zum anderen, weil uns bewusst ist,
                                                                        dass der Mensch sich die Erde nicht nur untertan
                 Lassen Sie sich zunächst mitnehmen auf einen klei-     gemacht hat, sondern sie gnadenlos ausbeutet,
                 nen biblischen Diskurs. Für manche ist die Bibel       nicht nur über die Tierwelt herrscht, sondern sie
                 inzwischen eine fremde Welt. Für mich persönlich       brutal behandelt als sei sie nicht Mitgeschöpf.
                 ist sie ein Glaubensbuch. Aber darüber hinaus es ist         Nun gibt es allerdings auch die zweite Schöp-
                 auch Teil von Bildung in unserem Kulturkreis, etwas    fungsgeschichte. In ihr schafft Gott zunächst einen
                 von ihr zu wissen. Literatur, Architektur und Mu-      paradiesischen Garten. Dann wird der Mensch ge-
                 sik hierzulande lassen sich doch oft nur verstehen,    schaffen, und weiter heißt es: „Er setzte ihn in den
                 wenn ich eine Ahnung von der Bibel habe. Höhe-         Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.“
                 punkt war für mich eine kirchenpädagogische Füh-       (1. Mose 2,15) Bebauen und Bewahren also statt
                 rung durch die Marktkirche Hannover. Ein Junge sah     Untertanmachen. Hinzu kommt die Frau, damit der
                 im Altarbild den Gekreuzigten, Blut fließt aus der     Mensch nicht allein sei, direkt aus der Rippe des
                 Wunde. Er sagte aus tiefstem Herzen: „Boah, was        ersten Menschen geschaffen. Und weil sie klug wer-
                 ist dem denn passiert?“ Wir haben versucht, ihm        den will, missachtet sie Gottes Gebot, nicht vom
                 die Geschichte in Kurzfassung zu erzählen. Aber ich    Baum der Erkenntnis zu essen. Sie reicht Adam die
                 bin durchaus aus schon gefragt worden, was die         Frucht und der hat offenbar alle Vorsicht vergessen
                 Pluszeichen auf Kirchendächern bedeuten…               und beißt zu. In der Folge werden beide aus dem
                       Wenn wir aus biblischer Perspektive über         Garten Eden vertrieben. Vom wohltemperierten Zu-
                 Natur und Landschaft nachdenken, kommt mir             stand also hinein in das Chaos der Welt. Kein Para-
                 zuallererst die Schöpfungsgeschichte in den Sinn.      dies mehr – ein Zustand, den wir noch heute täglich

                                                                 10
Die Autorin
       Dr. Margot Käßmann
           ist Pfarrerin und
           war 2009/2010
            Vorsitzende des
         Rates der Evange-
           lischen Kirche in
        Deutschland (EKD).

         The author Margot
              Käßmann is a
           pastor and from
        2009 to 2010, she
        was chairperson of
          the Council of the
                Evangelical
                  Church in
                  Germany.

                               © Julia Baumgart

spüren. So heißt es: „Da wies ihn Gott der Herr aus   noch, alles sei doch gut gelungen, so ist jetzt
dem Garten Eden, dass er die Erde bebaue, von der     nichts mehr wirklich gut. Im Zorn, so erzählt es die
er genommen war.“ (1. Mose 3,23)                      biblische Geschichte, hat Gott in mächtigen Fluten
     Nun können wir nicht die ganze Schöpfungs-       die Menschheit samt aller Kreatur ertränkt. Nur
geschichte bearbeiten, ich will aber einen inter-     Noah und seine Familie werden verschont, weil
essanten Punkt erwähnen: Im ersten Kapitel des        sie ein gottgefälliges Leben geführt haben. Noah
Mose-Buches, in der so genannten ersten Schöp-        und seine Frau, die drei Söhne Sem, Ham und
fungsgeschichte heißt es: „Siehe da, ich habe euch    Japhet samt Ehefrauen, auch sie namenlos in der
gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen auf der      Überlieferung. Vier Menschenpaare also werden
ganzen Erde und alle Bäume mit Früchten, die          gerettet. Zudem von jeder Tierart ein Paar, damit
Samen bringen zu eurer Speise.“ (1,29). Hieraus       die Kreatur Zukunft hat.
ziehen christliche Vegetarier ihre Argumentations-          Es ist eine großartige Erzählung, die auf der
grundlage. Später nach der Sintflut wird auch der     ganzen Welt bekannt ist. Wer ein Schiff mit Tie-
Fleischgenuss erlaubt.                                ren darauf sieht, weiß in der Regel, worauf da
     In der Bibel folgen auf die Vertreibung aus      angespielt wird. Aber die Sinflutgeschichte ist
dem Paradies der Brudermord von Kain an Abel          nicht nur eine Erzählung von wunderbarer Ret-
und der Turmbau zu Babel. Die Menschen wer-           tung, sie ist auch grausam. Es gibt ein Bilderbuch
den missgünstig, neidisch, gewalttätig und grö-       von Peter Spier, in dem das auf großartige Weise
ßenwahnsinnig. Dachte Gott nach der Schöpfung         gezeigt wird. Mich hat das Buch besonders faszi-

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Essay

niert, weil auch der Alltag auf der Arche eine Rolle     Fleischverzehr. Mir ist wie gesagt sehr bewusst,
spielt. Da ist zu sehen, wie die Tiere gefüttert         dass die Frage der Nachkommenschaft ambiva-
werden oder auch wie Noahs Frau und die Schwie-          lent ist. Die steigende Bevölkerungszahl weltweit
gertöchter Wäsche aufhängen. An so etwas hatte           bringt eine bedrohliche Situation für den ganzen
ich vorher gar nicht gedacht. Aber es gibt ein Bild,     Globus mit sich. Das ist ein großes Thema, das
auf dem die zurückgebliebene Tiere langsam aber          ich hier nicht bearbeiten möchte, aber durchaus
sicher in den Fluten versinken. Das musste ich bei       relevant ist. Denn es sind oft die Religionsgemein-
meinen Kindern immer ganz schnell überblättern.          schaften, die Frauen Zugang zu Verhütungsmitteln
So grausam: Tiere und natürlich auch Menschen            verweigern.
ertrinken.                                                     Fassen wir den kleinen theologischen Exkurs
      Wenn wir Gott nun menschlich sehen, gereut         zusammen: Auch nach der Zeit des Paradieses,
es ihn nach der biblischen Erzählung selbst, Verur-      auch nach der Sintflut gibt es Verantwortung für
sacher von so viel Leid zu sein. Denn am Ende der        das Bebauen und Bewahrung des Landes. Und
Erzählung schließt Gott einen Bund mit Noah und          eine Tierhaltung, die Respekt vor der Kreatur hat,
erklärt: „Ich will hinfort nicht mehr die Erde verflu-   ist biblisch geboten. Wir sind mit dem verantwort-
chen um der Menschen willen; denn das Dichten            lichen Umgang der Schöpfung beauftragt. Der Re-
und Trachten des menschlichen Herzens ist böse           genbogen ist Symbol dafür, dass Gott die Erde
von Jugend auf.“ (1.Mose 8,21) Gott weiß also um         nicht zerstören wird. Zu einem Bundesschluss
das Versagen der Menschen und gibt dennoch die           aber gehören zwei. Die Frage ist, ob die Menschen
bleibende Zusage: „Solange die Erde steht, soll          ihren Anteil am Bund aufrechterhalten oder versa-
nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze,          gen, indem sie die Schöpfung gnadenlos ausbeuten
Sommer und Winter, Tag und Nacht“ (1. Mose               und nicht für nachfolgende Generationen erhalten.
8,22). Und dann folgt der Bund mit Noah, der mit
dem Regenbogen besiegelt wird: „Und Gott segne-
te Noah und seine Söhne und sprach: Seid frucht-              Schöpfungsbewahrung als
bar und mehret euch und füllet die Erde. Furcht               Auftrag
und Schrecken vor euch sei über allen Tieren auf
Erden und über allen Vögeln unter dem Himmel,            In der Theologie hat das Thema Schöpfung vor
über allem, was auf dem Erdboden wimmelt, und            dem 20. Jahrhundert nur selten eine relevante
über allen Fischen im Meer; in eure Hände seien          Rolle gespielt. Der wohl bekannteste und erste
sie gegeben. Alles, was sich regt und lebt, das sei      Theologe, der Schöpfungsbewahrung im Mittelal-
eure Speise; wie das grüne Kraut habe ich’s euch         ter zu seinem Leitthema gemacht hat, war Franz
alles gegeben.“ (1. Mose 9, 1–3)                         (auch Franziskus) von Assisi, der 1182 bis 1226
      Für Judentum wie Christentum bleibt die            lebte. Er verehrte die Natur, liebte sie als Gottes
Verantwortung dieser biblischen Aussagen: Er-            Schöpfung. Sonne und Mond waren ihm Bruder
mutigung zur Nachkommenschaft, Verantwortung             und Schwester. So heißt es in seinem berühmten
für das Land und das Vieh sowie Erlaubnis zum            Sonnengesang:

                                                  12
Festungspark
    Fort Asterstein,
             Koblenz
   Entwurf | Design:
      Franz Reschke
  Landschaftsarchi-
tektur GmbH, Berlin

    © Marc Leppin

                       13
Essay

Gelobt seist du, mein Herr, mit allen deinen           In ihrem „Buch der göttlichen Werke“ geht es um
Geschöpfen,                                            die Verbundenheit des Menschen mit der Schöp-
besonders dem Herrn Bruder Sonne,                      fung, eine Wechselbeziehung aller Lebewesen
der uns den Tag schenkt und durch den du uns           wird beschrieben. Gewissenhaftes Handeln des
leuchtest.                                             Menschen ist Auftrag Gottes für Hildegard von
Und schön ist er und strahlend in großem Glanz:        Bingen. Ihr Wissen um die Heilkräfte von Kräutern
von dir, Höchster, ein Sinnbild.                       übrigens ist bis heute tragend.
                                                             Einer der ersten Theologen, der die Ehrfurcht
Gelobt seist du, mein Herr, für Schwester Mond         vor der Schöpfung in unserem Zeitalter bedacht
und die Sterne.                                        hat, war Albert Schweitzer. In einem kleinen Auf-
Am Himmel hast du sie geformt, klar und kostbar        satz beschreibt er 1963 wie sein Konzept der
und schön.                                             „Ehrfurcht vor dem Leben“ entstanden ist 1. Er
                                                       sieht den Ursprung bereits in seinem Mitleid mit
Gelobt seist du, mein Herr, für Bruder Wind,           Tieren als Kind. Später als Student beschäftigt er
für Luft und Wolken und heiteres und jegliches         sich in Straßburg mit den Gedanken von Friedrich
Wetter,                                                Nietzsche, der von einem „Übermenschen“ spricht,
durch das du deine Geschöpfe am Leben                  der sich nicht an die „Sklavenmoral“ der Liebe, son-
erhältst.                                              dern an die „Herrenmoral“ des Willens zur Macht
                                                       orientiert. Im Gegensatz dazu sieht Schweitzer
Gelobt seist du, mein Herr, für Schwester              die Texte von Tolstoi mit der bewussten Bejahung
Wasser.                                                einer ethischen Grundhaltung. „Ich bin Leben, das
Sehr nützlich ist sie und demütig und kostbar          leben will, inmitten von Leben, das leben will“, lau-
und keusch.                                            tet der zentrale Satz von Schweitzers Ethik.
                                                             Schweitzers ethische Überlegungen zeigen
Gelobt seist du, mein Herr, für Bruder Feuer,          zwar den Beginn der ökologischen Bewegung, nicht
durch den du die Nacht erhellst.                       aber das Ausmaß der Zerstörung der ökologischen
Und schön ist er und fröhlich und kraftvoll und        Grundlagen, wie wir heute sie kennen. Die Klima-
stark.                                                 katastrophe, die Zerstörung des Regenwaldes,
                                                       das Aussterben vieler Arten – in unserem All-
Gelobt seist du, mein Herr, für unsere Schwester       tag verdrängen wir ständig, wie unser Lebensstil
Mutter Erde,                                           unsere eigenen Lebensgrundlagen vernichtet.
die uns erhält und lenkt                               Manchmal aber wird uns bewusst, wie kostbar
und vielfältige Früchte hervorbringt, mit bunten       und verletzlich sie sind.
Blumen und Kräutern.                                         Am 19. Dezember 1968 startete mit Apollo
                                                       8 der erste bemannte Flug zum Mond. Als sich
Auf weiblicher Seite ist es Hildegard von Bingen       das Raumschiff der Grenze zwischen Tag und
(1098–1179), die für Schöpfungstheologie steht.        Nacht auf dem Mond näherte, lasen die drei Astro-

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nauten Bill Anders, Jim Lovell und Frank Borman             Als 1972 der Club of Rome seine Studie zu
Passagen aus der Schöpfungsgeschichte. Bill An-       den Grenzen des Wachstums veröffentlichte, wa-
ders begann: „Wir nähern uns nun dem lunaren          ren die Leitungsgremien des Ökumenischen Rates
Sonnenaufgang. Und für alle Menschen unten auf        der Kirchen derart schockiert, dass sie zum Ge-
der Erde hat die Besatzung der Apollo 8 eine Bot-     bet aufriefen. Seit damals wissen wir, dass das
schaft, die wir euch senden möchten: Am Anfang        ökologische System unsere Art zu leben und zu
schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war          konsumieren nicht erträgt. Es geht längst nicht
wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe.      mehr darum, sich die Erde untertan zu machen,
Der Geist Gottes schwebte über dem Wasser, und        sondern sie zu bewahren.
Gott sprach: Es werde Licht. Und es ward Licht.             1983 wurde auf der Vollversammlung des
Und Gott sah, dass das Licht gut war, und Gott        Ökumenischen Rates der Kirchen klar: Gerechtig-
teilte das Licht von der Dunkelheit.“                 keit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung sind
      Frank Borman beendet die Lesung mit den         eng miteinander verbunden. Die deutschen Kir-
Worten: „Wir schließen mit einem Gute Nacht,          chen forderten ein Konzil des Friedens angesichts
viel Glück, fröhliche Weihnachten und Gott seg-       der atomaren Bedrohung. Die südafrikanischen
ne euch alle – euch alle auf der guten Erde.“ Es      Kirchen erklärten, man dürfe die Friedensfrage
war ein besonderer Moment. Ich war damals zehn        nicht benutzen, um der Frage der Gerechtigkeit
Jahre alt, aber ich erinnere mich gut, wie bewegt     aus dem Wege zu gehen. Schließlich waren es die
alle waren. Auf einmal war die Erde von Ferne zu      Kirchen im Pazifik, die erklärten: Da ist doch ein
sehen. Ein nie vorher dagewesener Anblick. Und        Zusammenhang. Die Atomwaffentests in unserer
er zeigte einen wunderbaren, aber eben auch zer-      Region zerstören unsere Lebensgrundlagen. Und:
brechlicher Planeten. Einen Planeten, für den wir     All das sind nicht einfach nur ethische Herausfor-
Sorge tragen müssen.                                  derungen für die Kirchen der Welt. Es geht viel-
      In dieser Tradition steht der deutsche Astro-   mehr um das Kirche-Sein der Kirchen, um ihre
naut Alexander Gerst mit seiner Videobotschaft        Glaubwürdigkeit in der Verkündigung, ob sie sich
aus dem All am 19. Dezember 2018. Er bittet           diesen Themen widmen. Wenn die Kirche nicht für
seine potentiellen Enkel um Entschuldigung: „Im       die Bewahrung der Schöpfung eintritt, verleugnet
Moment sieht es so aus, als ob wir, meine Gene-       sie den Schöpfer, von dem sie in der Verkündigung
ration, euch den Planeten nicht gerade im besten      spricht.
Zustand hinterlassen werden.“ Die Menschheit
sei gerade dabei, das Klima zu kippen, Wälder zu
roden, Meere zu verschmutzen und die limitierten           Gesellschaftlicher Wandel
Ressourcen viel zu schnell zu verbrauchen. Die
Erde sei ein „zerbrechliches Raumschiff“ und er       Nach diesen biblischen und historisch-kirchlichen
hoffe, dass „wir noch die Kurve kriegen“. Dieses      Ausführungen komme ich zur Wirklichkeit heute.
Video wurde tausendfach geteilt. Aber hat es Kon-     Die Bedrohung durch den Klimawandel ist längst
sequenzen?                                            Realität. Nicht zuallererst bei uns, auch wenn wir

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Essay

durch heiße Sommer und Bodentrockenheit inzwi-        steller Wladimir Kaminer hat einmal in einer Kin-
schen eine Ahnung davon bekommen. Es trifft zu-       derbuchreihe die Vertreibung aus dem Paradies
allererst die armen Länder des globalen Südens,       beschrieben. Da steht Adam am Tor, blickt zurück
die aufgrund von Dürre Hunger leiden, aufgrund von    und denkt: „Naja, nur dasitzen, sich die Früchte in
Überschwemmungen in ihrer Existenz bedroht sind.      den Mund fallen lassen und Gott loben, war ja auch
      Ja, es gibt eine Umweltbewegung und Fridays     ein bisschen langweilig.“ Das hat mir sehr einge-
for Future ist eine junge, weltweit vernetzte und     leuchtet. Der Mensch braucht Herausforderungen,
wichtige Bewegung. Sie hat in den vergangenen         wir wollen gestalten. Das Paradies ist schön, mal
Jahren klar gemacht, dass es längst nicht mehr        zwei Wochen im Urlaub. Aber auf Dauer gestellt
fünf vor zwölf ist, inzwischen ist es mindestens      wollen wir es wohl eher nicht.
fünf nach zwölf. Und so gibt es seit Jahren Kli-            Wir wollen gestalten, etwas unternehmen,
maforscher, Klimakonferenzen, Klimaziele. Aber        Energie darauf verwenden, dass unsere Welt zu-
es gibt auch zum Beispiel Donald Trump, der gern      kunftsfähig ist. Und das ist wunderbar. Der Mensch
wieder Präsident der USA werden möchte und die        ist kreativ, setzt also die Schöpfungsleistung Got-
Klimakatastrophe zu einer „Erfindung der Chine-       tes fort, ist Co-Kreator. Wir können anders leben,
sen“ degradiert hat. In Brasilien lässt Präsident     das haben wir in der Coronazeit doch gelernt. Ich
Jair Bolsonaro Umweltagenturen schließen und          möchte die Krise der Pandemie nicht kleinreden.
ebnet industriellen Großprojekten im Amazonas-        Wenn überhaupt etwas Gutes daran war, dann die
Regenwald den Weg. Die weitere Abholzung der          Erfahrung: Es geht auch ohne weite Flugreisen.
Regenwälder ist offenbar nicht zu stoppen. In der     Wir können die Gegend, in der wir leben, erkun-
internationalen Politik ist durch Corona und den      den. Mit meinem Partner habe ich beispielsweise
Krieg Russlands gegen die Ukraine die Klimakrise      die „Zwanzig schönsten Wanderungen rund um
wieder völlig in den Hintergrund gerückt. 100 Mil-    Hannover“ erforscht und damit so manches, was
liarden Euro werden allein in Deutschland für die     mir unbekannt war. „Weniger ist mehr“ war viele
Aufrüstung der Bundeswehr bereitgestellt, die es      Jahre ein Slogan oder auch die Rede von einer
so für die Klimapolitik nie gegeben hat. Für nach-    „Ethik des Genug“. Vielleicht hat die Krise uns das
haltig halte ich das nicht.                           gelehrt: Es geht mit weniger. Bescheidenheit und
      Aber wir dürfen nicht defätistisch sein, den-   Demut sind in der Tat Tugenden, die das Leben
ke ich. Viele Menschen haben begriffen, dass wir      tiefer gehen lassen als das ständige „schneller,
gefordert sind, die Mitwelt zu erhalten – für uns     weiter, mehr und noch mehr“.
und die nachfolgenden Generationen. Ich denke,              Der erste Preis ist ein wunderbares Zeichen
tief in uns allen steckt eine Sehnsucht nach dem      dafür. Der Westpark in Augsburg, der der Stadt
Paradies. Ganze Urlaubskataloge werben damit,         nach dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte
zumindest auf Zeit mal das Paradies zu erleben.       zurückgegeben wurde, ist heute eine Parkland-
Wir werden das auf Erden aber nie vollkommen          schaft. Wie sehr brauchen wir solche Räume.
erreichen. Das ist auch die biblische Botschaft,      Gerade in Coronazeiten ist uns das bewusst ge-
aber eben auch sehr menschlich. Der Schrift-          worden. Für mich steht das Projekt symbolisch

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für Sehnsuchtsorte, Freiräume, Bewegungsräu-           verändert. Dort wächst nicht mehr alles in Reih
me. Viele Kinder in unserem Land können nicht          und Glied, sondern auch hier gibt es Vielfalt. Das
mehr balancieren – weil sie kaum noch solche Orte      gilt inzwischen auch für Friedhöfe. Auch dort ist
haben. Bewegungsräume, freie Natur, das sind           nicht mehr alles normiert. Sondern es gibt Urnen-
auch Sozialräume. Da begegnen sich Menschen,           felder, Aschestreufelder, Bäume, unter denen wie
Junge und Alte, Arme und Reiche.                       in Friedwäldern Asche verstreut wird. Der Friedhof
      Ein paar Beispiele, was es anzupacken gilt:      kann in der Stadt neben dem Erinnerungsort auch
• Wir brauchen Fantasie! Wenn ich auf dem Tem-         Erholungsort sein.
pelhofer Feld in Berlin spazieren gehe – meine         • Baumpatenschaften gibt es bereits. Und an ei-
jüngste Tochter wohnt in unmittelbarer Nähe – bin      nigen Orten werden Obstbäume versteigert. Doch
ich oft fasziniert, was da entstanden ist. Gärten      was ist es für ein Wahnsinn, wenn Obst im Super-
aller Art. Regionen für Skater, für Radfahrer, für     markt gekauft wird, aber ungeerntet und ungeach-
Fußgänger. Tausende sind an schönen Tagen dort         tet von den Bäumen fällt.
unterwegs. Menschen in der Großstadt mit einer         • Es ist gut, wenn Felder sich verändern, wenn sich
Sehnsucht nach Frischluft. Das muss doch auch          die Landwirte von den Monokulturen verabschie-
in anderen Städten möglich sein.                       den. Ich sehe immer öfter Felder, die umgrenzt
• Eines der deprimierendsten Bilder für mich           sind beispielsweise von Sonnenblumen. Spannend
war im ersten Lockdown 2020 der Anblick von            zu sehen ist auch: Es gibt wieder mehr naturnahe
Absperrbändern rund um Kinderspielplätze in            Hecken. Und Holz wird aufeinandergelegt, damit
der Eilenriede, einem großen Waldgebiet mitten         dort Insekten nisten können – von Insektenhotels
in Hannover. Kinder brauchen Bewegung. Kinder          ganz zu schweigen.
brauchen Natur. Sie müssen balancieren können          • Diversität ist inzwischen als soziologische Ka-
auf Baumstämmen, Baumhäuser bauen, über                tegorie hoch anerkannt. Wir wollen bewusst in
Pflanzen staunen dürfen. Moos suchen, Blumen           Vielfalt miteinander leben und sehen das als Be-
pflücken, Kastanien sammeln. Am Bach spielen,          reicherung. Diese Vielfalt muss auch in unserer
mit Wasser pantschen, Steine werfen, Stöcke            Landschaft Einzug halten.
schnitzen. Das sind Bilder einer guten Kindheit in           Kurzum: Wir brauchen eine breite Bewe-
unseren Breitengraden. Ich will sie nicht idealisie-   gung für unsere Mitwelt. Es geht darum, sich als
ren. Aber Bewegung in freier Natur, Abenteuer          Teil der Schöpfung, säkular gesprochen, als Teil
im geschützten Raum, das alles gehört dazu. Das        des Ganzen zu verstehen. Der Mensch ist nicht
muss wieder möglich werden in unseren Städten.         Oberhaupt von allem, nicht Krone der Schöpfung.
Es kann nicht sein, dass Familien aufs Land ziehen     Aber er kann kreativ sein, Neues denken: Biotope
müssen, weil es an bezahlbarem Wohnraum man-           in Großstädten; Begrünung von Fassaden; Spiel-
gelt in der Stadt und das gesamte Umfeld nicht         flächen mitten in der Stadt. Wir – jeder Einzelne
kindgerecht ist.                                       von uns – müssen umdenken. Aber auch die Politik
• Wir brauchen Lernorte: Das können zum Bei-           muss es. Städte sollten nicht autogerecht, son-
spiel Schrebergärten sein – denn sie haben sich        dern menschengerecht sein.

                                                       17
Essay

      Nein, ein Paradies wird die Erde nicht. Aber     Ben-Chorin: Friede, Sohn der Freiheit. 1942, wäh-
Anklänge an den Garten Eden können wir gestal-         rend die Shoah tobte, dichtete er:
ten. Und wir können hinschauen, und neu lernen,
über das zu staunen, was die Natur schafft. In den     Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht
Gärten dieser Erde, in Landschaften, in Wäldern.       und treibt,
      Damit komme ich zu einer neutestamentli-         ist das nicht in Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?
chen Konnotation. „Schaut die Lilien auf dem Felde     Dass das Leben nicht verging, so viel Blut auch
an, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht, auch spin-    schreit,
nen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in      achtet dieses nicht gering in der trübsten Zeit.
aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen      Tausende zerstampft der Krieg, eine Welt
ist wie eine von ihnen.“ (Mt. 6, 28f.).                vergeht.
      Das ist eine Passage, die uns nach dem Ver-      Doch des Lebens Blütensieg leicht im Winde
stehen und Lernen, mit Blick auf das Engagement        weht.
und die Notwendigkeiten noch etwas ganz anderes        Freunde, dass der Mandelzweig sich in Blüten
mitgibt: Das Staunen. Ich liebe es bis heute, die      wiegt,
ersten Kastanien in der Manteltasche zu haben.         das bleibt mir ein Fingerzeig für des Lebens Sieg.
Wie glatt sie sind, wie wunderbar ihre dunkelbrau-
ne Farbe. Es berührt mich, wenn meine Enkel-           Bei Propheten Jeremia steht der Mandelbaum
kinder rufen: „Omi, schau mal, der Schmetterling!“     als Zeichen dafür, dass Gott über seine Schöp-
Oder wir zusammen Blumen sehen, ihre Schön-            fung wacht. Angesichts des Massenmordes an
heit würdigen. Solange wir noch staunen können         den europäischen Juden erscheint das Lied naiv,
in unserer hochtechnisierten Welt, haben wir die       weltfremd, als ob es das Leid ignoriere. Aber das
Ehrfurcht vor dem Leben nicht verlernt. Und nur        tut es eben nicht. Es zeigt die trotzige Hoffnung,
aus solcher Ehrfurcht kann auch der Einsatz für        dass Gott nicht abwesend ist, das Versprechen
alles Leben, alle Kreatur, sei sie menschlich, tie-    nach der Sintflut noch gilt.
risch oder pflanzlich wachsen. Und wer Ehrfurcht             Ein Mandelbäumchen vor seinem Fenster
hat, wird sich dafür einsetzen, dass erhalten wird,    wurde zum Hoffnungssymbol von Shalom Ben Cho-
was geschaffen ist.                                    rin. Denn er blüht, auch wenn auf den Hügeln rings
      Dabei birgt genau diese Natur auch Hoffnung      um Jerusalem noch Winter herrscht.
in einer Welt, in der wir gerade schockiert erleben          Es wird erzählt, dass dieses Mandelbäum-
müssen, dass Machtgier, Gewalt und Krieg immer         chen eines Tages einem Supermarktparkplatz
wieder die Oberhand gewinnen. Wir fühlen uns hilf-     weichen musste. Aber mit der Kraft der Natur
los und ohnmächtig.                                    brach ein Spross durch den Teer hindurch. Das
      Mich ermutigt ein Lied: Von den Nazis be-        hat Menschen derart gerührt, dass das Bäumchen
drängt verließ der jüdische Theologe Fritz Rosenthal   heute gut geschützt dort in Jerusalem steht als
1935 mit 22 Jahren Deutschland und ging nach           Zeichen der Hoffnung. Ob diese Geschichte wahr
Jerusalem. Er änderte seinen Namen in Schalom          ist, weiß ich nicht. Aber sie steht für die Hoffnung,

                                                18
Waller Sand,
                                                                                                                            Bremen
                                                                                                                   Entwurf | Design
                                                                                                                    A24 Landschaft
                                                                                                                       Landschafts-
                                                                                                                 architektur GmBH,
                                                                                                                              Berlin

© Hanns Joosten

dass Menschen sich ändern können. Dass Friede
möglich ist. Und dass wir die Fähigkeit besitzen,   1 Albert Schweitzer Die Entstehung der Lehre der Ehrfurcht
                                                    vor dem Leben und ihre Bedeutung für unsere Kultur, in:
unsere Welt so gestalten und bewahren, dass
                                                    Ders., Ehrfurcht vor dem Leben. Grundtete aus fünf Jahr-
auch unsere Kinder und Kindeskinder gut auf ihr     zehnten, hg.v. H. W. Bähr, München 1966, 10. Aufl. 2013,
leben können.                                       S. 13ff.

                                                    19
Essay

Preserving paradise
Margot Käßmann   What overlap is there between a theologian and           landscapes emerge; God himself finds all is well.
                 landscape architects, you may ask? I am convinced        Finally, human beings are created as man and wo-
                 that in view of the ethical challenges in our time,      man. They are to be fertile, subdue the earth and
                 we must look beyond our respective horizons              have dominion over the animal world. Chaos be-
                 in order to make connections and channel our             comes order, albeit an order that we now regard
                 strength. The issue of living environments for the       as problematic. On the one hand, because a high
                 future is the order of the day, particularly in view     birth rate was desirable in ancient Israel and we
                 of the environmental challenges. In this sense, it       are faced with the challenge of almost eight billion
                 might be interesting to engage with a different and      people on earth. On the other hand, because we
                 possibly unfamiliar perspective.                         are aware that humankind has not only subjugated
                                                                          the earth but is mercilessly exploiting it, not only
                                                                          ruling over the animal world but also treating it
                      Longing for paradise                                brutally as if it were no fellow creature.
                                                                                 And then there is the other story of creation.
                 First of all, let me take you on a brief biblical dis-   In this God first creates a paradisiacal garden.
                 course. The Bible has become a strange world for         Then humankind is created, and the story goes on
                 some. For me personally, it is a book of faith. Bey-     to say: ’Then the Lord God took the man and put
                 ond that, it is part of our education in our cultural    him in the Garden of Eden to cultivate it and tend
                 sphere to know something about it. Literature,           it.’ (Genesis 2:15) Cultivating and tending rather
                 architecture and music in our part of the world          than subjugating. He is joined by the woman, di-
                 can often only be understood if we have some sort        rectly carved from the rib of the first man, so that
                 of idea of the Bible. A highlight for me was an          he would not be alone. And because she wants
                 educational guided church tour of Marktkirche in         to become wise, she disobeyed God’s command
                 Hanover. A boy looked at Christ on the cross in          not to eat from the tree of knowledge. She hands
                 the altarpiece, blood seeping from his wounds. He        Adam the fruit, who seems to have forgotten all
                 said, from the bottom of his heart: ‘Oh wow, what        prudence and takes a bite. As a result, both are
                 happened to him?’ We tried to give him a short           expelled from the Garden of Eden. From a well-or-
                 version of the story. And I have actually been asked     dered state into the chaos of the world. No more
                 what the plus signs on church roofs stand for…           paradise – a state we are still aware of every day.
                       Thinking about nature and landscape from a         The story says: ‘So the Lord God banished him
                 biblical perspective, the first thing that springs       from the Garden of Eden to work the ground from
                 to mind is the creation story. There are two of          which he had been taken.’ (Genesis 3:23)
                 them in the Bible. The first tells of God creating              We cannot work through the entire creation
                 heaven and earth, but the earth was tohu wa-bohu         narrative, but I want to mention one interesting
                 – meaning formless and empty. So God first divi-         point from the first chapter of the Book of Moses.
                 des dark and light, water and land, lets trees and       In the so-called first story of creation, it says: ‘I
                 herbs grow, then the animal kingdom. Blossoming          give you every seed-bearing plant on the face of

                                                                   20
the whole earth and every tree that has fruit with       enters a covenant with Noah and declares: ‘Never
seed in it. They will be yours for food.’ (Genesis       again will I curse the ground because of humans,
1:29) This serves as the basis of argumentation          even though every inclination of the human heart is
for Christian vegetarians. Later, after the flood,       evil from childhood. And never again will I destroy
the consumption of meat is permitted.                    all living creatures, as I have done.’ (Genesis 8:21)
      In the Bible, the expulsion from paradise is       God is aware of humankind’s failure and yet gives
followed by Cain’s fratricide of Abel and the buil-      the lasting pledge: ‘As long as the earth endures,
ding of the Tower of Babel. Humans are becoming          seedtime and harvest, cold and heat, summer and
envious, jealous, violent and megalomaniac. While        winter, day and night will never cease.’ (Genesis
God thought everything had turned out well after         8:22) And the covenant with Noah follows, which
creation, nothing was really good anymore. Full of       is sealed with the rainbow: ‘Then God blessed
wrath, as the Bible story goes, God drowned hu-          Noah and his sons, saying to them, Be fruitful and
mans along with all creatures in great floods. Only      increase in number and fill the earth. The fear and
Noah and his family are spared as they had led a         dread of you will fall on all the beasts of the earth,
godly life: Noah and his wife, and their three sons      and on all the birds in the sky, on every creature
Shem, Ham and Japheth along with their wives,            that moves along the ground, and on all the fish in
who also remain nameless in the religious tradi-         the sea; they are given into your hands. Everything
tion. Four human couples are saved in addition           that lives and moves about will be food for you.
to one pair of each animal species so that each          Just as I gave you the green plants, I now give you
creature has a future.                                   everything.’ (Genesis 9:1– 3)
      It is a great tale, known all over the world.              For both Judaism and Christianity, the re-
Anyone who sees a ship with animals on board             sponsibility of this biblical statement remains:
generally knows what this alludes to. However,           encouragement of progeny, responsibility for
the story of the flood is not just a tale of miracu-     the land and livestock as well as permission for
lous rescue, it is also cruel. Peter Spier’s picture     the consumption of meat. As I said, I am acutely
book illustrates this brilliantly. The book fascinated   aware that the issue of offspring is ambivalent.
me because everyday life on the Ark also plays a         Increasing population numbers worldwide imply a
part. It shows how the animals are fed and how           threatening situation for the whole globe. That is
Noah’s wife and his daughters-in-law hang out the        a huge topic we cannot tackle tonight, although it
washing. I hadn’t thought about that before. And         is by all means relevant. It is mostly the religious
there is a picture in which the animals left behind      communities that deny women access to contra-
slowly but surely drown in the floods. I had to turn     ceptives.
that page quickly with my children. So cruel, ani-               Let us summarise this brief theological di-
mals and, of course, also people drowning.               gression: even after the time of paradise, even
      If we see God in human terms, according to         after the flood, there is a responsibility for culti-
the Bible story, he regrets being the cause of so        vating and preserving the land. And animal hus-
much suffering. At the end of the narrative, God         bandry that has respect for the creatures is a

                                                         21
Essay

biblical command. We have been charged with           Praised be You, my Lord, through Sister Water,
the responsible care of creation. The rainbow is      which is very useful and humble and precious
a symbol for God not willing to destroy the earth.    and chaste.
But it takes two to make a covenant. The issue is     Praised be You, my Lord, through Brother Fire,
whether humans will keep up their end of the deal     through whom you light the night and he is
or whether they will fail by mercilessly exploiting   beautiful
creation and not preserving it for future genera-     and playful and robust and strong.
tions.                                                Praised be You, my Lord, through Sister Mother
                                                      Earth,
                                                      who sustains us and governs us and who produ-
     Preservation of creation                         ces
     is the charge                                    varied fruits with coloured flowers and herbs.

Creation had rarely played a relevant part in theo-   On the female side, it is Hildegard of Bingen
logy before the twentieth century. The best known     (1098 – 1179) who stands for creation theology.
and first theologian to make the preservation of      Her Book of Divine Works is about the affinity of
creation his leading theme was Francis of Assisi,     humans with creation, describing the interdepen-
who lived in the Middle Ages from 1182 to 1226.       dence of all living creatures. Responsible conduct
He worshipped nature and loved it as God’s gift.      of humans is God’s command according to Hilde-
The sun and moon were brother and sister to him.      gard of Bingen. Incidentally, her knowledge about
And so it says in his famous Canticle of the Sun:     the healing power of herbs is still relevant today.
                                                           One of the first theologians who conside-
Be praised, my Lord, through all your creatures,      red the reverence of creation in our time was
especially through my lord Brother Sun,               Albert Schweitzer. In his short essay Reverence
who brings the day; and you give light through        for Life, he describes in 1963 how his concept
him.                                                  evolved1. He sees its origins in the compassion
And he is beautiful and radiant in all his            he had for animals as a child. Later, as a stu-
splendour!                                            dent in Strasbourg, he witnesses the contention
Of you, Most High, he bears the likeness.             of the thinking of Friedrich Nietzsche, who talks
Praised be You, my Lord, through Sister Moon          of the Übermensch (superhuman) who is not gui-
and the stars,                                        ded by Sklavenmoral (slave morality) of love but
in heaven you formed them clear and precious          on the Herrenmoral (master morality) of the will.
and beautiful.                                        Contrary to this, Schweitzer sees Tolstoy’s texts
Praised be You, my Lord, through Brother Wind,        as a conscious affirmation of an ethical stance.
and through the air, cloudy and serene,               ‘I am life that wants to live, in the midst of life
and every kind of weather through which               that wants to live’, is the central sentence in
You give sustenance to Your creatures.                Schweitzer’s ethics.

                                               22
While Schweitzer’s ethical deliberations point         The German astronaut Alexander Gerst echo-
to the beginning of the environmental movement,        es this sentiment with his video message from
they do not predict the extent of the destruction      space on 19 December 2018. He asks his poten-
of the environmental foundations that we know          tial grandchild for forgiveness: ‘At this moment it
today. The climate crisis, the destruction of the      does not really look like we, my generation, are
rainforest, the extinction of many species – in our    leaving you the planet in its best condition.’ Hu-
everyday lives we constantly block out how our life-   manity is in the process of tipping the climate,
style is destroying the basis of our own existence.    clearing forests, polluting oceans and using up
However, sometimes we do become aware of how           limited resources far too quickly. Earth is a ‘fra-
precious and vulnerable it is.                         gile spaceship’ and he hopes that ‘we will get our
      On 21 December 1968, Apollo 8 launched           act together’. This video was shared thousands of
the first manned flight to the moon. As the space-     times. But does it have any consequences?
ship approached the boundary between day and                 When the Club of Rome published its Limits
night on the moon, the three astronauts, Bill An-      to Growth Report in 1972, the central committee
ders, Jim Lovell and Frank Borman, read pas-           of the World Council of Churches were so sho-
sages from the Genesis creation narrative. Bill        cked that they called for prayer. We have known
Anders began: ‘We are now approaching lunar            since then that the ecological system does not
sunrise, and for all the people back on earth, the     sustain our way of living and consuming. Subduing
crew of Apollo 8 has a message that we would like      the world is no longer the issue, but rather to
to send to you. In the beginning God created the       preserve it.
heaven and the earth. And the earth was without              At the 1983 General Assembly of the Coun-
form, and void; and darkness was upon the face         cil of World Churches, it became clear: justice,
of the deep. And the Spirit of God moved upon the      peace and integrity of creation are closely connec-
face of the waters. And God said, Let there be         ted. The German churches demanded a council of
light: and there was light. And God saw the light,     peace in view of the nuclear threat. The South Afri-
that it was good: and God divided the light from       can churches declared that the peace issue should
the darkness.’                                         not be used to circumvent the issue of justice.
      Frank Borman ended the reading by saying:        Finally, the churches in the Pacific stated: ’There is
‘We close with good night, good luck, a Merry          a connection. Nuclear weapons tests in our region
Christmas – and God bless all of you, all of you       are destroying the basis of our existence.’ And
on the good earth.’ This was a special moment.         all of this is not merely an ethical challenge for
I was ten years old at the time, but I remember        the Council of World Churches. It is more of the
distinctly how moved we all were. All of a sudden,     church’s issue being the church, of its credibility
the earth could be seen from afar. It was a sight      in its pronouncement that it will devote itself to
never seen before. And it showed a wonderful but       these topics. If the church does not defend the
also fragile planet – a planet that we need to take    integrity of creation, it repudiates the creator of
care of.                                               whom it speaks in the proclamation.

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Essay

     Social transformation                              radise, for a time at least. However, this will never
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After these biblical and historic ecclesiastical con-   sage, but also very human. The author Wladimir
siderations, I turn to the reality of the present       Kaminer described the expulsion from paradise in
time. The threat posed by climate change has long       a children’s book. Adam is standing at the gate,
been a fact, maybe not first and foremost with          looks back and thinks: ’Well, just sitting around,
us, although hot summers and dry soils have now         having fruit drop into your mouth and praising God
given us a sense of foreboding. It primarily affects    is a bit boring.’ This makes a lot of sense to me.
the poor countries in the global south which suf-       People need challenges, we want to create. Pa-
fer famine due to drought or whose existence is         radise is nice, for a fortnight’s holiday. But in the
threatened by floods.                                   long run, we do not really want it.
       Yes, there are environmental movements,                We want to shape, do something, expend
and Fridays for Future is young and globally net-       energy to make our world sustainable. And that
worked. It has brought home the fact that it is         is wonderful. People are creative and so continue
no longer the eleventh hour but way past twelve.        God’s work of creation as co-creators. We are
There have been climate conferences, climate re-        able to live differently – we have learned this du-
searchers and climate goals for years. But there        ring the time of Covid. I do not want to diminish
is also Donald Trump who wants to be re-elected         the crisis caused by the pandemic. If anything
as president of the USA and who has degraded            positive at all can be gleaned from it, it is this
the climate catastrophe into an ‘invention of the       insight: life without air travel is possible. We can
Chinese’. In Brazil, President Jair Bolsonaro is        explore the area in which we live. My partner and I,
closing down environmental agencies and paving          for example, discovered the ‘twenty most beautiful
the way for large-scale industrial projects in the      walks around Hanover’ and thus many things that
Amazonian rainforest. Evidently, the ongoing de-        were unknown to me. ‘Less is more’ was a slogan
forestation of the rainforest is unstoppable. Covid     for many years, and there was talk of the ‘ethics of
and Russia’s war against the Ukraine have pushed        enough’. Perhaps the crisis has taught us this: we
the climate crisis all the way to the back of inter-    can do with less. Modesty and humility are indeed
national politics. 100 billion euros are budgeted       virtues that make life deeper than the unceasing
for rearmament in Germany alone, funds that had         ‘faster, further, more and ever more’.
not been available for climate policies. I do not             The first prize is a wonderful sign of this.
consider this to be sustainable.                        Westpark in Augsburg, which was handed back
       But I think we must not be defeatist. Many       to the city after the withdrawal of the American
people have understood that we are called upon          forces, is now a park landscape. We need such
to preserve our contemporary world for ourselves        spaces. Especially in Covid times we have become
and for future generations. I think that deep within    aware of this. For me, the project symbolises
all of us there is a longing for paradise. Countless    places of longing, open spaces, spaces for move-
holiday brochures advertise the experience of pa-       ment. Many children in this country can no longer

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