Naturschutz-Informationen - 2/2020 36. Jahrgang Kostenlose Zeitschrift für Natur- und Umweltschutz im Osnabrücker Land Herausgegeben vom ...

 
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Naturschutz-Informationen - 2/2020 36. Jahrgang Kostenlose Zeitschrift für Natur- und Umweltschutz im Osnabrücker Land Herausgegeben vom ...
Naturschutz-      2/2020
                                                             36. Jahrgang

             Informationen
     Kostenlose Zeitschrift für Natur- und Umweltschutz im Osnabrücker Land
     Herausgegeben vom Umweltforum Osnabrücker Land e.V. ISSN 0934-0807

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Naturschutz-Informationen - 2/2020 36. Jahrgang Kostenlose Zeitschrift für Natur- und Umweltschutz im Osnabrücker Land Herausgegeben vom ...
Editorial

     Liebe Leserinnen und Leser,

     2020 war heftig! Corona und Lockdown, is-        stoßes. Es wird
     lamistischer Terror, Erdbeben in der Türkei,     deutlich weniger
     US-Wahl und Trump, Hauptstadtflughafen           geflogen und ge-
     bei der Eröffnung pleite, leere Sportstätten,    fahren. Wo sind
     geschlossene Straßencafés: Zukunftsängste        denn die zahl-
     allerorten! Ich mag nicht mehr hinsehen und      reichen Kondens-
     keine Zeitung aufblättern. Wir Naturschützer     streifen am Him-
     müssen jetzt höchst wachsam sein, dass Na-       mel     geblieben?
     tur- und Artenschutz unter dem lauten Getö-      Das ist gut für
     se der Hiobsbotschaften nicht untergebuttert     das Klima und für

                                                                                                  Foto: privat
     werden, denn auch, wenn die wichtigsten          die Menschheit.
     Themen nicht mehr auf der Frontseite ste-        Ich glaube über-
     hen: Es hat sich nichts geändert! Die Erde       dies, dass nach
     heizt sich weiter stetig auf. Das Virus wird     der       Pandemie
     den Lückenschluss der A33-Nord nicht aus-        das Fluggastauf-      Dr. Gerhard Kooiker
     bremsen. Und die Wolfsgegner sind gerade         kommen geringer sein wird als davor - mehr
     dabei, den Wolf ins Jagdrecht zu überführen.     Videokonferenzen und weniger Geschäfts-
                                                      reisen. Ob der touristische Flugverkehr nach
     Andererseits lese ich, dass es in den Wäl-
                                                      der Pandemie wieder zunehmen wird, ist
     dern viel zu viel Wild geben soll und dass die
                                                      fraglich.
     Neuanpflanzungen durch Wildverbiss extrem
     leiden und dass „der Jäger mit der Büchse        Der Herbst zeigt sich momentan von seiner
     die jungen Bäume schützen soll“, sprich: bit-    schönsten Seite. Wenn die Sonne scheint,
     te schießt mehr Rehwild! Für das Rehwild ist     leuchtet es goldgelb im herbstlichen Laub-
     doch der Wolf als natürlicher Beutegreifer zu-   wald. Man sollte einfach abschalten, feste
     ständig! Also sollte die Forderung doch lau-     Schuhe anziehen und durch das raschelnde
     ten, mehr Wölfe zuzulassen.                      Laub stapfen. Und wenn dann noch ein Rot-
                                                      kehlchen singt, fühlt man sich gut und frei
     Noch im letzten Heft von „Naturschutz heu-
                                                      und hat den Rest der Welt völlig vergessen.
     te“ mahnt Dr. Holger Buschmann (Vorsitzen-
                                                      Auf dem Nachhauseweg kann man sich dann
     der NABU-Niedersachsen) mit einer persönli-
                                                      mit einer Packung Toilettenpapier eindecken
     chen Bitte an jedes Mitglied eindringlich, das
                                                      und ein Sixpack Bier besorgen und sich den
     „Volksbegehren Artenvielfalt“ voranzutreiben
                                                      dunklen Abend mit einem guten Buch gemüt-
     und es zu unterschreiben. Nun schwuppdi-
                                                      lich machen.
     wupp ist das Volksbegehren plötzlich ge-
     storben und Buschmann propagiert den Nie-        Bleiben Sie munter und gesund.
     dersächsischen Weg. Hat der NABU vor der
     Politik kapituliert?
                                                                              Dr. Gerhard Kooiker
     Mit dem Corona-Virus lässt sich nicht ver-
     handeln, so der Virologe Dr. Drosten. Aber
     eins müssen wir den kleinen, giftigen Plage-
     geistern doch zugestehen. Sie haben das er-
     reicht, worum wir Naturschützer schon lange
     kämpfen: Die Verringerung des CO2-Aus-

                                                                                                         3

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Naturschutz-Informationen - 2/2020 36. Jahrgang Kostenlose Zeitschrift für Natur- und Umweltschutz im Osnabrücker Land Herausgegeben vom ...
Inhalt
     Titel                                                         Autor
     Einwendungen und / oder Stellungnahmen der Bevölke-
                                                        Rainer Comfere............................ 6
     rung gegen den geplanten Neubau der A33 Nord
     CDU und FDP kritisieren Verzögerungen bei der
                                                     Matthias Schreiber........................ 11
     Zerstörung eines Osnabrücker FFH-Gebietes durch
     die A33-Nord
     Grüne: A33-Nord endlich stoppen                              PM Filiz Polat................................ 12
     Wald im Widerstreit                                          Herbert Zucchi............................. 13
     Neue Natura 2000 - Initiative im Artland                     Matthias Schreiber........................ 18
     Klimakiller-Baugebiet an der Windhorststraße	                Birgitt Potthoff.............................. 23
     Klimapolitik beginnt vor Ort!	                               Katrin Kruckemeyer /Andrea Lepper. 24
     Kontamination der Hase nach Großbrand	                       Johanna Bischof........................... 27
     NABU-Amphibienprojekt                                        Andreas Peters............................. 30
     Die NI im Radio!                                             Malin Funk................................... 32
     Selbst aktiv werden!                                         Umweltforum Osnabrück e.V......... 35
     Die Moorkiefer - der NABU-Weihnachtsbaum d. guten Gewissens Andreas Peters............................. 36
     Spendenkonto für Wiederaufbau des nbz Alfsee                 Andreas Peters............................. 38
     Die Spaßgesellschaft: Der Elektroroller-Wahnsinn	Gerhard Kooiker............................ 39
     Wenn die Welt stillsteht - Corona & Natur                    Malin Funk................................... 40
     Neues von der NAJU                                           Johanna Bischof / Malin Funk........ 44
     Mitmachen bei der NAJU                                       Johanna Bischof........................... 45
                     Johanna Bischof........................... 46
     Kinderseite
                                  Johanna Bischof........................... 48
     Neues von den NAJU-Kids
     BUND - News		                                                 Matthias Beckwermert / BUND...... 51
     App - Vorstellungen                                           Johanna Bischof / Malin Funk........ 55
     Orni - Rätsel                                                 Matthias Schreiber........................ 57
     Buchtipp /Buchbesprechungen                                   Andreas Peters / Herbert Zucchi.... 58
     Volksbegehren - Artenvielfalt                                Andreas Peters / Matthias Schreiber 61
                         ................................................... 62
     Veranstaltungen
     Beitrittserklärung	                                          ................................................... 63

     Ansprechpersonen	                                            ................................................... 65

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Impressum

       Impressum
       Herausgeber:
       Umweltforum Osnabrücker Land e.V.
       Dachverband der Osnabrücker Natur- und Umweltschutzverbände:
       NABU, BUND, RANA e.V., Biol. Station Haseniederung e.V., NaturFreunde Osnabrück e.V.
       Naturwissenschaftlicher Verein Osnabrück e.V. (NVO),
       Solarenergieverein Osnabrück e.V. (SEV), Lega S Jugendhilfe gGmbH, ecovillage e.V.,
       Verein für Umwelt und Naturschutz Bohmte e.V., Verkehrsclub Deutschland (VDC) e.V.,
       NaturFreunde Bramsche e.V., Die Kreislauflandwirtschaft De Peerdehoff e.V.,
       Gegenstromleitung Ankum e.V., Verein Bürger gegen 380kV e.V.
       Bundesverband Windenergie e.V. Regionalverband Teutoburger Wald Wiehengebirge
       Privatpersonen als Einzelmitglieder

       Redaktion:
       Johanna Bischof, Malin Funk, Dr. Gerhard Kooiker, Andreas Peters, Hendrik Spiess, Britta
       Sydekum

       Anschrift:
       Naturschutz-Informationen
       Naturschutzzentrum Osnabrück
       Klaus-Strick-Weg 10, 49082 Osnabrück
       E-Mail: ni-redaktion@umweltforum-osnabrueck.de
       Tel.: 0541-589184, Fax: 0541-57528
       Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag 8.00 – 16.00 Uhr und Freitag 8.00 – 15.00 Uhr

       Satz: Britta Sydekum
       Anzeigenleitung: Chiara Neugebauer, Selma Wellendorf
       Titelbild: Umweltforum
       Druck:

       ISSN: 0934-0807

       Das Umweltforum Osnabrücker Land e.V. ist als gemeinnützig anerkannt. Spenden und
       Beiträge sind steuerlich absetzbar.
       IBAN: DE54 2655 1540 0020 8722 71
       BIC: NOLADE21BEB; Kreissparkasse Bersenbrück

       Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln nicht immer die Meinung der Redaktion
       wider. Anregungen, Beiträge und Hinweise erbitten wir an die Adresse der Redaktion.

                                                                                                    5

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Naturschutz-Informationen - 2/2020 36. Jahrgang Kostenlose Zeitschrift für Natur- und Umweltschutz im Osnabrücker Land Herausgegeben vom ...
Stoppt A33 Nord

     Einwendungen und / oder Stellungnahmen
     der Bevölkerung gegen den geplanten
     Neubau der A 33-Nord
     von Rainer Comfere

     Liebe Bürgerinnen und Bürger,                  ne Planung befinden soll. Doch genauso ist
                                                    es leider. Der Bund hat diese Problematik er-
     leider hat die Planung für den Bau der A       kannt und unter anderem deswegen die so-
     33-Nord verfahrenstechnisch eine neue Di-      genannte Autobahn GmbH gegründet. Diese
     mension erreicht. Der regionale Geschäfts-     bundeseigene GmbH ist am 13. September
     bereich der Niedersächsischen Landesbehör-     2018 gegründet worden und übernimmt ab
     de für Straßenbau und Verkehr hat für das      dem 1. Januar 2021 Planung, Bau, Betrieb,
     Vorhaben die Durchführung eines Planfest-      Erhaltung, Finanzierung und vermögensmä-
     stellungsverfahrens bei dem Planfeststel-      ßige Verwaltung der Autobahnen in Deutsch-
     lungsdezernat der Niedersächsischen Lan-       land. Wäre der Antrag auf Durchführung
     desbehörde für Straßenbau und Verkehr in       eines Planfeststellungsverfahrens also zwei
     Hannover beantragt.                            Monate später erfolgt, wäre eben diese Au-
     Dies liest sich zugegebener Weise etwas        tobahn GmbH mit wahrscheinlich unvorein-
     verwirrend, da man den Eindruck erhalten       genommenem Personal zuständig gewesen.
     kann, dass hier eine Behörde über ihre eige-   So aber bleibt alles bei der niedersächsischen
      Foto: Rainer Comfere

     Talkrunde beim Hoffest 2019 gegen die A33-Nord: v.l.n.r.: Rainer Comfere vom Umweltforum,
     Viktor Hermeler, Belmer Bürgermeister, Landrätin Anna Kebschull, Otto Steinkamp, Wallen-
     horster Bürgermeister

     6

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Naturschutz-Informationen - 2/2020 36. Jahrgang Kostenlose Zeitschrift für Natur- und Umweltschutz im Osnabrücker Land Herausgegeben vom ...
Stoppt A33 Nord
     Behörde.                                            zu diesem Bauvorhaben stehen und ob Sie
     Man könnte einwenden, dass sich diese               sich die Mühe einer Eingabe machen sollten,
     Konstellation nun einfach ergeben hat, da           bitten wir Sie Folgendes zu bedenken:
     die Planungsunterlagen halt präsentations-          Wir alle nehmen zur Kenntnis, dass die Pole
     reif waren. Dem ist nach erster Durchsicht          schmelzen, die Permafrostböden auftauen,
     der ausgelegten Unterlagen aber überhaupt           Wetterextreme zur Normalität werden und
     nicht so. Vielmehr wurden anscheinend etli-         die Folgen des Klimawandels mit seinen fata-
     che Fehler und Unstimmigkeiten bewusst in           len ökologischen und sozialen Auswirkungen
     Kauf genommen, um ja mit einer rechtzeiti-          für uns immer mehr spürbar sind. Um dem
     gen Auslage das Verfahren in den eigenen            entgegen zu wirken, reicht es nicht, die Ab-
     Reihen halten zu können. So ist z.B. die Brut-      holzung der Regenwälder zu kritisieren. Viel-
     vogelbestandserfassung unzureichend und             mehr ist es geboten, auch das eigene Ver-
     setzt auf veraltetes Datenmaterial, relevante       halten zu hinterfragen. Und hier stellt sich
     Arten bleiben außen vor, usw.                       die Frage, ob es wirklich noch zeitgemäß ist,
     Die Planfeststellungsunterlagen liegen in den       eine Autobahn zu bauen, die verkehrlich nicht
     Rathäusern in Osnabrück, Bramsche, Ge-              zwingend geboten ist und die darüber hin-
     orgsmarienhütte, Belm und Wallenhorst bis           aus ein europäisch geschütztes Naturschutz-
     zum 25.11.2020 zur Einsicht aus. Darüber hi-        gebiet zerschneidet und zu zerstören droht.
     naus ergibt sich die Möglichkeit der Einsicht-      Genau dies wird in den Planungsunterlagen
     nahme bis zu diesem Termin auf der Inter-           eingeräumt, sodass eine Ausnahmegenehmi-
     netseite https://uvp.niedersachsen unter der        gung hierfür beantragt wird.
     Suche „A33“.                                        Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren,
                                                         dass das gemeinsam verabschiedete euro-
     Jetzt kommt es auf SIE an, liebe Bürge-             päische Recht nur für andere Länder gelten
     rinnen und Bürger!                                  soll, während die Bundesrepublik Deutsch-
     Jeder, dessen Belange durch das Vorhaben            land meint, sich als größter EU-Haushalts-
     berührt wird, kann sich zur Planung äußern.         beitragszahler nicht an die geltenden Regeln
     Möglichst viele von Ihnen sollten diese Op-         halten zu müssen.
     tion wahrnehmen und jetzt Einwendungen              Um eine kleine Hilfestellung bei einer Ein-
     und / oder Stellungnahmen schreiben. Das            wendung und / oder Stellungnahme zu ge-
     gilt für alle, die sich - egal in welcher Entfer-   ben, möchten wir Ihnen eine nicht vollstän-
     nung zur Trasse - von dem Projekt betroffen         dige Liste von möglichen Aspekten vorlegen.
     fühlen; sei es als Eigentümer von Flächen,          Darin können Sie möglicherweise die für Sie
     als Hauseigentümer oder Mieter, Jäger, Jog-         persönlich zutreffenden Einwendungen fin-
     ger, Erholungssuchender oder in anderer Art         den. Außerdem können Sie zusätzlich weite-
     und Weise.                                          re individuelle Gründe ergänzen, die Sie an
     Die Stellungnahmen sind bei den oben ge-            der geplanten Autobahn besonders stören.
     nannten Städten und Gemeinden bis zum               Ihre Einwendung bzw. Stellungnahme könn-
     03.02.2021 einzureichen oder aber unter             te in etwa wie folgt beginnen:
     Fristwahrung an die Niedersächsischen Lan-
                                                         „Hiermit wende ich mich gegen den ge-
     desbehörde für Straßenbau und Verkehr,
                                                         planten Bau der A33-Nord.
     Dezernat 51 „Planfeststellung“, Göttinger
                                                         Als Gründe mache ich geltend: …“
     Chaussee 76a, 30453 Hannover zu senden.
                                                         Einzelne Siedlungen werden durch die Tras-
     Wenn Sie sich jetzt die Frage stellen, wie Sie
                                                         se zerschnitten. Dadurch werden langjährig

                                                                                                        7

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Naturschutz-Informationen - 2/2020 36. Jahrgang Kostenlose Zeitschrift für Natur- und Umweltschutz im Osnabrücker Land Herausgegeben vom ...
Stoppt A33 Nord
     gepflegte Nachbarschaften getrennt und der       bei der Beurteilung von Kreditvergaben er-
     soziale Kontakt der Bewohner untereinan-         hebliche Bedeutung. Ein Verkauf von Wohn-
     der erheblich erschwert und verringert. Der      häusern ist derzeit fast unmöglich.
     sonst mögliche Blickkontakt, auch über grö-      Der Landschaftsraum geht als Gebiet für die
     ßere Entfernungen, ist insbesondere wegen        ruhige Erholung und für das Naturerlebnis
     der Dammlage der A 33 nicht mehr gegeben.        komplett verloren. Alternative Gebiete ste-
     Das traditionelle Erbe wird zerstört, indem      hen im Raum Wallenhorst wegen der ande-
     Siedlungsstrukturen, die über Jahrhunderte       ren Bundesfernstraßen A 1 und B 68 nicht
     gewachsen sind, zerschnitten werden.             zur Verfügung.
     Die neue Autobahn wird wegen der Damm-           Für die Landwirte gehen z.T. hofnahe Flä-
     lage einen breiten Lärmkorridor über die bis-    chen verloren. Zusätzlich zum direkten Flä-
     her sehr ruhigen Ortsteile legen. Dies kann      chenverbrauch der A 33 kommen noch die
     zu erheblichen Beeinträchtigungen und einer      notwendigen Kompensationsflächen hinzu,
     Risikoerhöhung für Krankheiten führen. Die       die der Landwirtschaft entzogen werden und
     von der Autobahn ausgehenden Emissionen          somit die Betriebsgrundlage der einheimi-
     stellen für die Anwohner eine Gesundheits-       schen Landwirte erheblich verringern.
     gefährdung dar.
                                                      Der Schutzzweck der FFH-Gebiete kann nicht
     Der Wohnwert und die gesamte Lebensqua-          weiter aufrechterhalten werden. Durch das
     lität werden sehr stark sinken. Die Aufent-      Projekt werden die Lebensräume der hei-
     haltsqualität im Freien wird in einem breiten    mischen Wildtiere zerschnitten und die öko-
     Korridor längs der Trasse verloren gehen.        logische Bedeutung des gesamten Raumes
     Erst in einem Abstand von mehreren hundert       zunichte gemacht.
     Metern abseits der Trasse wird ein noch er-
                                                      Die Versiegelung durch den Bau der A 33
     trägliches Maß erreicht. Freizeitaktivitäten
                                                      hat einen negativen Einfluss auf den Abfluss
     mit Gesprächen, wie z.B. ein simples Kaffee-
                                                      des Regenwassers in der Ruller Flut. Diese
     trinken im eigenen Garten, werden nur noch
                                                      ist schon heute bei stärkerem Regen über-
     stark eingeschränkt möglich sein.
                                                      fordert und tritt dann über ihre Ufer. Durch
     Die erwachsenen Kinder und Enkel der Haus-       die zusätzlich versiegelten Flächen im Ein-
     besitzer wollen in betroffenen Häusern nicht     zugsbereich der Ruller Flut wird es noch eher
     wohnen bleiben, bzw. dorthin einziehen. So-      zu großflächigen Überschwemmungen kom-
     mit kommt es nicht mehr zu einem Mehr-Ge-        men. Die geplanten Regenrückhaltebecken
     nerationen-Wohnen. Durch den Wegzug bzw.         können diesen Effekt nur ein wenig vermin-
     das Fortbleiben ist für die älteste Generation   dern, aber nicht vermeiden.
     (die Alten) die Unterstützung im Alltag und
                                                      Die Frischluftzufuhr aus den Netteauen wird
     eine spätere Pflege durch Familienangehöri-
                                                      für Rulle, Icker und die Osnabrücker Stadtei-
     ge nicht mehr gegeben. Dies löst schon heu-
                                                      le Haste und Dodesheide abgeschnitten.
     te große Existenz- bzw. Zukunftsängste aus.
                                                      Vorranggebiete für Trinkwasser werden
     Die Vermietung von Wohnraum wird wegen
                                                      durch mögliche Unfälle von Gefahrstofftrans-
     der Lärmbelastung und dem dadurch ver-
                                                      porten bedroht.
     minderten Freizeitwert des Umfeldes kaum
     noch möglich sein. Dadurch wird die indivi-      Eine Jagdausübung in den Revieren ist er-
     duelle finanzielle Absicherung gefährdet.        heblich erschwert. Das jagdbare Wild und
                                                      andere Tierarten werden durch Verlärmen,
     Der Marktwert der Immobilien ist schon heu-
                                                      Zerstörung und Zerschneidung ihrer ange-
     te durch die derzeitige Diskussion und Ver-
                                                      stammten Lebensräume dezimiert. Tradi-
     unsicherung erheblich gesunken. Dies hat

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Naturschutz-Informationen - 2/2020 36. Jahrgang Kostenlose Zeitschrift für Natur- und Umweltschutz im Osnabrücker Land Herausgegeben vom ...
Stoppt A33 Nord
     tionelle Wildwechsel werden unmöglich ge-        verbände, wird diesen dann gerichtlich über-
     macht und somit Populationen zersplittert.       prüfen lassen.
     Durch die Anschlussstelle der A 33 an die L      Da für anwaltlichen und fachlichen Beistand
     109 wird der Verkehr auf dieser Straße, die      sowie für die gerichtliche Auseinanderset-
     dann die Funktion eines Autobahnzubringers       zung erhebliche finanzielle Mittel vonnöten
     hat, zunehmen. Es erscheint unglaubwürdig,       sind, hat das Umweltforum Osnabrücker
     wenn im Erläuterungsbericht eine Senkung         Land e.V. den „Schutzfond-Nettetal“ einge-
     der Kfz-Zahlen nach dem Bau der A 33 pro-        richtet.
     gnostiziert wird. Das macht diese Landstra-      Unterstützen auch Sie bitte den Fond
     ße, auf der sich in den vergangenen Jahren       durch eine Spende, die natürlich steu-
     mehrfach tödliche Unfälle ereigneten, noch       erlich absetzbar ist:
     gefährlicher.
                                                      Empfänger: Umweltforum OS Land e.V.
     Es ist nicht nachvollziehbar, dass durch einen
                                                      Stichwort „Schutzfond Nettetal“
     6-spurigen Ausbau der A 30 zwischen dem
                                                      IBAN: DE54 2655 1540 0020 8722 71
     Lotter Kreuz und dem Osnabrücker-Südkreuz
     keine Entlastungseffekte für die Straßen im      Sofern gewünscht, wird für alle Zuwendun-
     Osten und Süden von Osnabrück eintreten          gen eine Bescheinigung zur Vorlage beim
     sollen. Wenn auf den verbreiterten Autobah-      Finanzamt ausgestellt. Dafür bitte unbedingt
     nen A 30 und A 1 eine Umfahrung von Osna-        die vollständige Adresse angeben! Sollte am
     brück möglich ist, wird kein überregionaler      Ende des Verfahrens noch gespendetes Geld
     Fernverkehr von der Autobahn abfahren und        übrig sein, wird dieses in Naturschutzmaß-
     sich in ein nicht überschaubares, untergeord-    nahmen vor Ort fließen.
     netes Straßennetz begeben. Eine ausführli-
     che Prüfung von verkehrlichen Alternativen
     ist nicht richtig vollzogen worden.
     Die Verkehrsprognosen basieren zum Teil
     auf angenommenen Daten, die nicht nach-
     vollziehbar sind. Zudem ist die Deutung von
     Datenmaterial fachlich nicht korrekt erfolgt.
     Die aktuellen verkehrlichen Engpässe im Be-
     rufsverkehr rund um Icker lassen sich mit
     baulichen Veränderungen weit unter dem
     Niveau eines Autobahnneubaus zufrieden-
     stellend lösen.
     Vergessen Sie bitte nicht, Ihre Einwen-
     dung zu unterschreiben bevor Sie diese
     abgeben oder absenden!
     Leider ist es nicht auszuschließen, dass es
     trotz massiver Bürgerproteste und aller Argu-
     mente gegen den Bau der Autobahn doch zu
     einem Planfeststellungsbeschluss kommen
     wird.
     Das Umweltforum Osnabrück Land e.V., der
     Zusammenschluss der hiesigen Naturschutz-

                                                                                                    9

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                     A33: Jetzt wird es Ernst
                                      Jeder Euro zählt!
                                                                           Im Oktober 2020 wur-
                                                                           de das Planfeststell-
                                                                           ungsverfahren   zum
                                                                           Bau der A33-Nord
                                                                           durch das Nettetal
                                                                           eingeleitet.

                                                                           Die Spendenaktion des
                                                                           Umweltforums      Osna-
                                                                           brücker Land e.V. für
                                                                           das im Anschluss daran
                                                                           zu erwartende Klage-
                                                                           verfahren gegen die
                                                                           A33 unter dem Stich-
                                                                           wort „Schutzfond Nette-
                                                                           tal“ ist zwar in den
                                                                           letzten 12 Jahren durch-
                                                                           aus erfolgreich ver-
                                                                           laufen, trotzdem brau-
                                                                           chen wir nach wie vor
                                                                           jeden Euro um diese
                                                                           unsinnige naturzerstöre-
                                                                           rische Planung noch zu
                                                                           stoppen!
                                                                           Die Natur sagt danke.

                               Jetzt mitmachen!
                                               Spendenkonto:

                DE54 2655 1540 0020 8722 71, Kreissparkasse Bersenbrück

                          Verwendungszweck: „Schutzfond-Nettetal“

              Sofern gewünscht, wird für alle Zuwendungen eine Bescheinigung zur Vorlage beim Finanzamt
                          ausgestellt. Dafür bitte unbedingt die vollständige Adresse angeben.

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Stoppt A33 Nord

     CDU und FDP kritisieren Verzögerungen bei der Zerstörung
     eines Osnabrücker FFH-Gebietes durch die A33-Nord
     von Dr. Matthias Schreiber

     Vor einigen Wochen übten gleich mehrere        wachsene Nachbarschaften durch den Auto-
     Politiker*Innen von FDP und CDU „massive       bahnwall zerschnitten werden, Ortschaften
     Kritik“ daran, dass sich die Zerstörung des    werden verlärmt und Erholungsräume von
     FFH-Gebietes „Fledermauslebensraum Wie-        Osnabrück, Belm und Wallenhorst massiv
     hengebirge bei Osnabrück“ immer weiter         entwertet.
     verzögert (so konnte man es der Online-Aus-    Wie muss man eigentlich drauf sein, um es
     gabe der Neuen Osnabrücker Zeitung vom         „mehr als ärgerlich“ zu finden (verkehrspoli-
     10.09.2020 entnehmen).                         tischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion,
     Das Gebiet ist Teil des europäischen Schutz-   Jörg Bode), nach noch mehr Beschleuni-
     gebietsnetzes „Natura 2000“ und soll dem       gung des Genehmigungsverfahrens zu ru-
     Schutz von fünf gefährdeten Lebensräumen       fen (FDP-Bundestagsabgeordneter Matthias
     und drei europaweit bedrohten Tierarten die-   Seestern-Pauly) oder es „enttäuschend“ zu
     nen:                                           finden (CDU-Bundestagsabgeordneter Mat-
                                                    hias Middelberg), weil sich diese Zerstörun-
     91E0* Auenwald mit Schwarzerle
                                                    gen verzögern?
     (Alnus glutinosa) und Gemeiner Esche
     (Fraxinus excelsior) (Alno-Padion)             Die A33 zwischen Belm und der A1 braucht
                                                    kein Mensch! Nicht nur aus Gründen des
     9110 Hainsimsen-Buchenwald (Luzulo-
                                                    Menschen- und Naturschutzes, sondern
     Fagetum)
                                                    auch um unser Klima Willen muss vielmehr
     9120 Atlantischer, saurer Buchenwald           die Einsicht Raum gewinnen: Wir haben in
     mit Unterholz aus Stechpalme und ge-           Deutschland nicht zu wenig Straßen, sondern
     legentlich Eibe (Quercion robori-petraeae      zu viele Autos und zu viele kaputte Straßen!
     oder Illici-Fagenion)
     9130 Waldmeister-Buchenwald
     (Asperulo-Fagetum)
     9160 Feuchter Eichen-Hainbuchen-
     Mischwald (Carpinion betuli)
     Großes Mausohr (Myotis myotis)
     Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii)
     Kammmolch (Triturus cristatus)
     Dieses Gebiet soll durch den Weiterbau der
     A33 der Länge nach durchschnitten werden,
     es kommt zu großflächigen Versiegelungen
     von Waldflächen, schutzwürdigen Lebens-
     räumen und wichtigen Nahrungsräumen für
     Fledermäuse, Kammmolche und eine Vielzahl
     von Vogelarten. Weite Bereiche des Gebietes
     werden verlärmt und mit Schadstoffen belas-
     tet. Außerhalb des FFH-Gebietes sollen ge-

                                                                                                 11

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Stoppt A33 Nord
     Kostenexplosion geht weiter
     Grüne: A33-Nord endlich stoppen
     von Filiz Polat MdB

     In der Antwort auf eine Anfrage der Grü-       Osnabrück ergänzt: „Diese Investition in ein
     nen-Bundestagsfraktion teilt das Bundes-       verkehrspolitisch fragwürdiges Autobahn-
     verkehrsministerium mit, dass sich die ge-     projekt, das kostbare Naherholungsgebiete,
     planten Kosten für diverse Autobahnprojekte    Natur zerstört und klimapolitisch in die völlig
     erheblich erhöhen würden. Darunter auch        falsche Richtung weist, ist nicht zu verant-
     die A33-Nord, deren Kosten laut Ministerium    worten.“
     auf nunmehr knapp 170 Millionen Euro stei-     Die beiden Abgeordneten verweisen darauf,
     gen sollen.                                    dass die finanziellen Mittel für die A33-Nord
     „2014 sollten die Kosten noch 87 Millionen     beim Ausbau des regionalen Schienenver-
     Euro betragen. Mit dieser Summe ist die        kehrs besser angelegt wären. Die Befürwor-
     A33-Nord im Bundesverkehrswegeplan be-         ter*innen der Autobahn seien jetzt gefordert,
     rücksichtigt worden. Die aktuell genehmigte    endlich einen realistischen Blick auf das Nut-
     Summe der Kosten ist bereits auf 142 Mil-      zen-Kosten-Verhältnis zu werfen, statt die
     lionen Euro gestiegen. Und nun rechnet die     A33-Nord weiter zu einem Prestigeprojekt zu
     Bundesregierung noch mal 26 Millionen Euro     machen.
     mehr. Die A33-Nord ist längst zum Fass ohne    „Wir sind jetzt bei fast 20 Millionen Euro pro
     Boden geworden. Das Nutzen-Kosten-Ver-         Kilometer. Vor dem Hintergrund der Proble-
     hältnis verschlechtert sich immer mehr. Der    me unseres Planeten können wir unseren
     Bau war nie und ist inzwischen erst recht      Kindern und Enkeln das sowohl ökonomisch
     nicht mehr zu rechtfertigen“, kritisiert die   als auch ökologisch nicht mehr erklären“, so
     Bundestagsabgeordnete Filiz Polat.             die beiden Grünen abschließend.
     Und Volker Bajus, Landtagsabgeordneter aus

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Thema Wald

     Wald im Widerstreit
     von Prof. em. Dr. Herbert Zucchi

     Mitteleuropa mit seinem gemäßigt feuchten      das Vieh. Außerdem wurde Holz in großem
     Klima     und     nahezu     siebenmonatiger   Stil als Energiequelle genutzt und diente als
     Vegetationsperiode und damit auch unser        universell verwendbarer Stoff für zahlreiche
     Land waren ursprünglich zu mehr als 90         Gewerke. Letztlich wurde der Wald immer
     Prozent mit Wald bedeckt. Lediglich die        mehr reduziert und die verbliebenen Flächen
     Meeresküsten (vor allem der Nordsee), die      völlig übernutzt, sodass verschiedene
     Flussauen mit ihrer großen Dynamik, die        Landesherren seit dem 14. Jahrhundert mit
     Hochmoore, die Felsgebiete und die alpinen     Holzordnungen einzugreifen versuchten.
     Hochlagen waren waldfrei. Zusätzlich gab es    Doch das änderte nichts Wesentliches:
     durch die Einflüsse großer herdenlebender      Anfang des 18. Jahrhunderts waren die
     Pflanzenfresser wie Auerochse, Wisent und      Wälder geplündert und degradiert, Holz war
     Wildpferd Halboffenlandschaften, vor allem     Mangelware. Urwälder waren nur noch in
     im Umfeld von Gewässern. Die damaligen         geringem Umfang in abgelegenen Gegenden
     Urwälder setzten sich überwiegend aus          übrig geblieben und konnten bis heute nur
     Laubbaumarten zusammen, lediglich in           in Niederösterreich, in den Karpaten und den
     höheren Lagen fanden sich Fichten und          Balkangebirgen überdauern. Der Raubbau
     Weißtannen. Die Waldkiefer war vor allem       am Wald führte letztlich zur Begründung
     östlich der Elbe verbreitet.                   des Nachhaltigkeitsprinzips und Anfang
                                                    des 19. Jahrhunderts zur Entwicklung
     Vom Waldland zur Holznot
                                                    der Forstverwaltung, einer geordneten
     Diese Naturlandschaft änderte sich erst, als   Forstwirtschaft und einer Forstwissenschaft.
     in der Jungsteinzeit vor etwa 6000 Jahren      Fichten und Kiefern erklärte man zu den
     Ackerbauern mit ihren domestizierten           „Brotbäumen“ des deutschen Waldes,
     Tieren, aus Westasien kommend, über die        Altersklassenwald mit Kahlschlag und
     Balkanhalbinsel und den Donauraum nach         nachfolgender Aufforstung        dominierten
     Mitteleuropa wanderten und hier sesshaft       fortan den Waldbau.
     wurden. Um die von ihnen errichteten Hütten
     legten sie nach Brandrodungen Äcker an         Ein beschwerlicher Weg: Waldnaturschutz
     und ließen ihre Schafe, Ziegen, Rinder und     Seit dem 19. Jahrhundert gab es aber auch
     Pferde im Wald weiden. Waren die zunächst      immer wieder Bestrebungen zum Schutz von
     humusreichen und damit fruchtbaren Böden       Resten alter Wälder, die mehr oder weniger
     erschöpft, zogen sie weiter und setzten        erfolgreich waren. In der DDR wurde ab
     ihre Tätigkeit an anderer Stelle fort. Die     1961 ein Netz von Waldschutzgebieten
     zurückgelassenen Gebiete       eroberte sich   (NSG) mit eingeschlossenen Totalreservaten
     der Wald schnell zurück, und vor allem die     entwickelt. In der Bundesrepublik gab
     Rotbuche breitete sich mehr und mehr aus. In   erst das Naturschutzjahr 1970 den Impuls
     der Bronze- und Eisenzeit wurden die Wälder    zur    Ausweisung     von   nutzungsfreien
     immer weiter zurückgedrängt, konnten sich      Naturwaldreservaten/Naturwaldzellen.
     aber in der Zeit der Völkerwanderung von 250   Davon gibt es heute 742 Flächen mit
     – 600 n. Chr. in großem Umfang regenerieren.   über 35.000 Hektar, die 0,3 Prozent der
     Abermals große Waldrodungen für Äcker,         Waldfläche Deutschlands einnehmen. Davon
     Siedlungsgebiete und Straßen gab es im         sind 435 kleiner als 50 Hektar und nur
     Mittelalter. Dazu kam die Waldweide durch      69 größer als 100 Hektar. Im Gegensatz

                                                                                                 13

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Foto: Karin Zucchi
                          Thema Wald

     Naturnah ausgeprägter Waldrand eines Buchen-Eichenwaldes im Spätsommeraspekt
     zu den Naturwaldreservaten darf in den          die Bundesregierung im Jahr 2007 gilt
     meisten Wald-Naturschutzgebieten Holz           für Deutschland, dass fünf Prozent des
     geschlagen werden.        Verlässt man dort     Waldes der natürlichen Dynamik überlassen
     die Wege oder sammelt Pilze, kann das           werden müssen, was etwa zehn Prozent des
     als Ordnungswidrigkeit geahndet werden,         öffentlichen Waldes ausmacht. Das sollte bis
     wohingegen Harvester ungestraft ihr Unwesen     2020 erreicht sein, ist aber, wie so Vieles im
     treiben können. Erst seit der Ausweisung des    deutschen Naturschutz, nicht gelungen: Es
     ersten deutschen Nationalparks Bayerischer      sind erst 2,8 Prozent! Der Holzwirtschaft
     Wald im Jahre 1970, also vor genau einem        und großen Teilen der Forstwirtschaft ist die
     halben Jahrhundert, darf sich in Deutschland    Nichtnutzung der Wälder ein Dorn im Auge
     Wald auf größerer Fläche ohne weitere           und sie werden nicht müde, ihre Nutzung als
     menschliche Eingriffe zum Naturwald             den wahren Schutz zu proklamieren.
     entwickeln. Dies gilt natürlich auch für
                                                     Die Mär vom artenreicheren Wirtschaftswald
     die anderen, später ausgewiesenen Wald-
     Nationalparke wie zum Beispiel den Hainich in   Dass die Artenvielfalt in bewirtschafteten
     Thüringen, den Kellerwald in Hessen oder den    Wäldern höher ist als in unbewirtschafteten,
     Harz in Niedersachsen bzw. Sachsen-Anhalt.      ist eine immer wieder behauptete Mär der
     Seit der Verabschiedung der „Nationalen         Holz- und Forstlobby. Dies trifft höchstens
     Strategie zur biologischen Vielfalt“ durch      dann zu, wenn man die Arten, die nicht

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Thema Wald
     waldspezifisch sind, mitrechnet. Die Zahl      umfasst die Zahl der tatsächlich durch
     der lebensraumtypischen Arten - und um         Markierung gesicherten Biotopbäume rund
     die geht es bei der Biologischen Vielfalt      982.000 Stämme, was einem Biotopbaum
     - ist in unbewirtschafteten Wäldern aber       auf zehn Hektar Wald entspricht, eine
     deutlich höher. So steigt zum Beispiel die     geradezu lächerlich kleine Menge. Auch beim
     Zahl der Flechten-, Pilz- und Käferarten in    Totholz sieht es finster aus: Nicht zersägtes,
     Wäldern mit zunehmendem Alter, wie etwa        natürlich entstehendes Totholz mit starken
     Untersuchungen aus den letzten Jahren in       Stammdurchmessern über 60 Zentimeter
     den Nationalparken Hainich und Bayerischer     liegt gerade mal bei         0,6 Kubikmetern
     Wald gezeigt haben. 130 Flechtenarten, 1200    pro Hektar (= drei Prozent des gesamten
     Großpilzarten und 2080 Käferarten allein im    Totholzvorrates). Dieses Starktotholz aber
     Hainich- auf diese Artenvielfalt kommt kein    ist zusammen mit den Biotopbäumen sehr
     deutscher Nutzwald. Dies liegt unter anderem   entscheidend für die Vielfalt waldspezifischer
     am Mangel an Biotopbäumen (Bäume mit           Arten! In den Prozessschutzflächen des
     ökologisch bedeutsamen Merkmalen wie           Nationalparks Bayerischer Wald finden sich
     Stammhöhlen, Bruchstellen etc.) und Totholz,   aktuell Totholzmengen von mindestens 250
     was sich unmittelbar aus den Ergebnissen       Kubikmeter pro Hektar, wodurch sehr seltene
     der vom Bundesministerium für Ernährung        und sogar verschollen geglaubte Pilzarten
     und     Landwirtschaft     herausgegebenen     zurückgekehrt sind.
     Bundeswaldinventur ableiten lässt. Danach

                                                                                                  Foto: Karin Zucchi

     Naturnaher Buchen-Eichenwald

                                                                                                   15

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Thema Wald
     Gebeutelter Wirtschaftswald                      einmal auf mehr als 60 Prozent der Fläche
     Deutschland verfügt über 11,4 Millionen          unseres Landes). Auch diese Zahlen gehen
     Hektar Wald, die 32 Prozent der Landesfläche     aus der Bundeswaldinventur hervor. In einem
     ausmachen. Soweit es sich nicht um               offenen Brief an die Forstministerin Julia
     Naturwaldzellen , Nationalparks oder die oben    Klöckner vom August 2019, der von mehr als
     genannten Dynamikflächen handelt, wird           70 namhaften Wald- und Naturschutzexperten
     nahezu flächendeckend mit schwerer Technik       sowie Verbandsvertretern unterzeichnet war,
     wie Harvestern und Forwardern industrielle       fordern diese angesichts des Absterbens
     Holzproduktion       betrieben.  Dies    steht   von Waldflächen nach den trocken-heißen
     zumindest im öffentlichen Wald im Gegensatz      Sommern der letzten Jahre eine konsequente
     zu seinen        Gemeinwohlverpflichtungen.      Abkehr von der bisherigen Praxis. Im Detail
     Die marktwirtschaftliche Ausrichtung der         hieße das unter anderem
     Landesforstbetriebe, wie sie nach der            •   Wiederbegründung von
     Forstreform seit etlichen Jahren besteht,            Kalamitätsflächen durch natürliche
     macht      eine     langfristige  ökologische        Waldentwicklung (Sukzession), auch in
     Waldentwicklung und eine naturnahe                   Kombination mit geringer Bepflanzung,
     Waldnutzung       offensichtlich   unmöglich.    •   zur Förderung der Sukzession
     Natürlich wird im Wald auch weiterhin                keine vollständige und maschinelle
     Holz produziert werden müssen, aber                  Räumung der Flächen, Belassen von
     nicht als billiger Massenrohstoff oder               so viel Holz wie möglich im Bestand
     vermeintlich     klimaneutraler    Brennstoff,       zur Förderung einer optimalen
     sondern für langlebige und hochwertige               Boden- und Keimbettbildung, des
     Qualitätsprodukte. Es ist höchste Zeit für           Bodenfeuchtespeichers sowie eines
     eine Waldwende im Wirtschaftswald. In der            natürlichen Verbissschutzes,
     im Jahr 2018 veröffentlichten „Greenpeace        •   bei Förderung von
     Waldvision“ ist überzeugend die größere              Wiederbegründungspflanzungen
     Klimawirksamkeit naturnah bewirtschafteter           im Privatwald Vorrang von
     Wälder durch CO2–Speicherung gegenüber               standortheimischen Baumarten,
     der konventionellen Nutzung dargelegt. Bei           Umsetzung weiter Pflanzabstände,
     ganz aus der Nutzung genommenen Wäldern              damit Pionierbaumarten ausreichend
     ist die Verweildauer von Kohlenstoff aus CO2         Raum zur Entwicklung haben,
     wesentlich höher als im Wirtschaftswald.         •   Minimierung von Durchforstungen,
     Der deutsche Wald ist strukturell und in             Aufbau großer Holzvorräte, Verbot von
     seiner Zusammensetzung nach wie vor                  Schwersttechnik, Unterlassen weiteren
     ein naturferner Wald: 54 Prozent sind                Wegebaus.
     nicht    standortheimische     Nadelbäume,
                                                      Eine Antwort von Frau Klöckner steht immer
     wobei wiederum 50 Prozent dieser
                                                      noch aus - schade! Denn anstatt teurer
     Nadelbaumflächen als Monokulturen angelegt
                                                      Aufforstungen mit zum Teil exotischen
     sind. Die Baumartengruppenverteilung der
                                                      Baumarten       könnte   Deutschland    als
     ein- bis vierzigjährigen Bestände stellt sich
                                                      Geburtsland der Forstwirtschaft so zum
     wie folgt dar: 52 Prozent Nadelholz, 48
                                                      Vorreiter einer neuen Entwicklung werden.
     Prozent Laubholz, davon gerade mal neun
     Prozent Rotbuche, welche das zentrale
     Waldnaturerbe Deutschlands ist (sie wuchs

     16

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Thema Wald
     Empfohlene Schriften
     •     Bode,W. & M.v.Hohnhorst (1994): Waldwende. Vom Försterwald zum Naturwald.- Verlag
           C.H.Beck, München. Ein lesenswerter Klassiker!
     •     Panek, N. (2019): Holzfabriken in der Krise. Kritische Texte zur aktuellen Walddebatte in
           Deutschland.- Ambaum Verlag, Vöhl-Basdorf. www.ambaum.de
     •     Zeitschrift NATIONALPARK Heft Nr. 183/2019. Thema: Waldwildnis im Widerstreit.- oekom
           verlag, München.

                                  Jeder Euro zählt!
                                  Die Natur sagt danke.
                                  Verwendungszweck: „Schutzfond Nettetal“
                                  Spendenkonto:
                                  DE 54 2655 1540 0020 8722 71, Kreissparkasse Bersenbrück

                                          BAKERMAN
                                           I S  B A K  I N G
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Neue Natura 2000 - Initiative im Artland

     Neue Natura 2000- Initiative im Artland:
     Landnutzer und Naturschützer arbeiten
     zusammen
     von Dr. Matthias Schreiber

     Treffen Landnutzer und Naturschützer beim                        zeichnet. Dies gilt insbesondere dann, wenn
     Thema Natura 2000 aufeinander, ist massi-                        die Regelungen für die Betroffenen unklar
     ver Ärger normalerweise vorprogrammiert.                         sind und auch nicht ersichtlich ist, wie ein-
     Natura 2000 ist das europaweite Netz aus                         schneidendere Auflagen ausgeglichen wer-
     Gebieten nach der FFH-Richtlinie (FFH steht                      den sollen.
     für Fauna-Flora-Habitat) und der EU-Vogel-                       Ein solcher Konflikt bahnte sich bereits vor
     schutzrichtlinie, mit der Erhalt der europäi-                    vielen Jahren an, als das Land Niedersachsen
     schen Artenvielfalt sichergestellt werden soll.                  das FFH-Gebiet „Bäche im Artland“ in Brüs-
     Dazu waren gezielt Gebiete mit bestimm-                          sel für das Schutzgebietsnetz Natura 2000
     ten europaweit gefährdeten Lebensräumen                          anmeldete. Er blieb aber erst einmal „unter
     und Tier- und Pflanzenarten auszuweisen                          der Decke“, denn das Land Niedersachsen
     und unter einen strengen Schutz zu stellen.                      unternahm lange Jahre nichts, um mit der
     Treffen diese Anforderungen strenge Natur-                       – gesetzlich erforderlichen – Ausweisung als
     schutzauflagen auf Nutzungsinteressen z.B.                       Schutzgebiet Klarheit darüber herzustellen,
     von Landwirten, sind Konflikte schnell vorge-
     Foto: Dr. Matthias Schreiber

     Bäche mit einem Randstreifen von einem Meter: Keine Grundlage für ein Schutzgebiet!

     18

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Neue Natura 2000 - Initiative im Artland
     was in dem Gebiet konkret zu beachten ist        Deshalb haben das „Umweltforum Osna-
     und was zu unterbleiben hat. Das änderte         brücker Land e.V.“ und der „Förderverein
     sich, als die Europäische Kommission we-         für Anten-Berge-Dalvers-Hekese zur Unter-
     gen des (in Naturschutzfragen mal wieder)        stützung des Landschaftsschutzes e.V.“ im
     säumigen Verhaltens Deutschland ein Ver-         letzten Winter ein zumindest für unseren
     tragsverletzungsverfahren ankündigte, wenn       Raum ziemlich einmalige Gemeinschaftsak-
     nicht bald die Unterschutzstellung der Ge-       tion gestartet. Dessen Ziel ist es, für den Ein-
     biete erfolgen würde. In Niedersachsen war       zugsbereich des Fördervereins (der Postleit-
     mittlerweile nicht mehr das Land, sondern        zahlbezirk 49626: die Gemeinden Berge und
     die Landkreise zuständig.                        Bippen) gemeinsam eine für beide Seiten
     Alle von der EU-Kommission gesetzten Fris-       gute Lösung für das Schutzgebiet „Bäche im
     ten wurden von etlichen Landkreisen in Nie-      Artland“ zu suchen.
     dersachsen gerissen (in Osnabrück steht die      Der Ansatz ist recht einfach: In einem ersten
     Ausweisung etlicher Gebiete noch aus oder        Schritt werden für die Bereiche des FFH-Ge-
     ist gerade erst in der Anhörung), für das Ge-    bietes „Bäche im Artland“ die aus Natur-
     biet „Bäche im Artland“ wurde eine Verord-       schutzsicht erforderlichen Maßnahmen flä-
     nung im letzten Jahr im Amtsblatt des Land-      chenscharf benannt, die zur Umsetzung der
     kreises Osnabrück allerdings veröffentlicht.     Anforderungen aus der europäischen Natur-
     Damit waren die Probleme aber keineswegs         schutzrichtlinie geboten sind. Anschließend
     bewältigt, im Gegenteil: Die Verordnung ent-     benennen Grundeigentümer und Landwirte
     hielt die mittlerweile deutschlandweit be-       die für sie damit verbundenen zusätzlichen
     rühmt gewordene Regelung, dass ein ein           Aufwendungen. Danach legen Umweltforum
     Meter breiter Randstreifen entlang der Ge-       und Förderverein „der Politik“ einen Lösungs-
     wässer als Schutzabstand ausreicht. Die Aus-     vorschlag für eine einvernehmliche Unter-
     einandersetzung darüber hatte im letzten         schutzstellung vor.
     Jahr eine möglicherweise nicht unwesentli-       Begleitet wird das Vorhaben durch eine
     che Rolle im Kommunalwahlkampf gespielt.         gründliche Bestandsaufnahme und die Er-
     Sowohl bei den Landnutzern als auch bei Na-      arbeitung von parzellenscharfen Vorschlägen
     turschützern dämmerte es, dass eine solche       für die Entwicklung insbesondere der Gewäs-
     Regelung nicht haltbar ist. Für Naturschützer    serrandstreifen, die an landwirtschaftliche
     lag auf der Hand, dass ein lediglich ein Meter   Nutzflächen grenzen. Als weitere Besonder-
     breiter Randstreifen weder ausreicht, um den     heit ist vorgesehen, davon alle betroffenen
     Eintrag von Schadstoffen in die Gewässer zu      Eigentümer bzw. Landnutzer individuell zu
     unterbinden, noch genügt, um die ebenfalls       unterrichten und nötigenfalls nach Alterna-
     zu schützenden gewässerbegleitenden Le-          tivlösungen zu suchen. So wird es zwar nö-
     bensräume wie Auwaldstreifen aus Weiden,         tig sein, in einem bestimmten Umfang Au-
     Eschen und Erlen oder blütenreiche Hoch-         waldsäume und Hochstaudenfluren entlang
     stauden zu erhalten. Landwirten und Land-        der Gewässer zu entwickeln, allerdings kann
     eignern kamen Zweifel, ob sie sich auf eine      aber z.B. hinsichtlich der Lage Rücksicht auf
     solche Regelung bei ihrer Bewirtschaftung        betriebliche Betroffenheiten genommen wer-
     bzw. der Verpachtung von Flächen wirklich        den, die dann in die Gesamtplanung einzu-
     verlassen können oder ob sie mit Problemen       arbeiten sind.
     rechnen müssen, wenn aufgrund eines viel
                                                      Bis jetzt befindet sich das Vorhaben in einem
     zu schmalen Randstreifens eine Beeinträch-
                                                      unspektakulären Stadium: Den Sommer
     tigung der Gewässer, der Arten und der Le-
                                                      über liefen die Bestandserfassungen und
     bensräume einfach nicht vermieden werden
                                                      die Aufarbeitung der vorliegenden Infor-
     kann.
                                                                                                     19

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Foto: Dr. Matthias Schreiber
                                    Neue Natura 2000 - Initiative im Artland

     Ortstermin mit Landrätin Anna Kebschull
     mationen. Die Vorstände von Umweltforum                          Auf den ersten Blick widersprüchlich er-
     und Förderverein haben sich trotz Corona                         scheint es da, dass das Umweltforum vor
     mehrfach treffen und das Vorgehen abstim-                        ein paar Wochen eine sogenannte Normen-
     men können. Die Landrätin des Landkreises                        kontrollklage gegen die bisherige Verord-
     Osnabrück, Anna Kebschull, zeigte sich von                       nung zum FFH-Gebiet „Bäche im Artland“
     Anfang an sehr interessiert am Verlauf des                       beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg ein-
     Projektes. Der Landkreis fördert die weit                        gereicht hat. Wieso klagen, wenn man sich
     über die ehrenamtlichen Möglichkeiten der                        doch verständigen will?
     beiden Vereine herausgehenden Aktivitäten                        Die folgenden Überlegungen erklären diesen
     auch finanziell, sodass wir in der Lage sind,                    Schritt:
     Teile der Arbeiten im Rahmen eines Werk-                         •    Die bisherige Zusammenarbeit mit dem
     vertrages an eine Geografin zu vergeben.                              Förderverein liefert keinerlei Anlass, an
     Ziel ist es, den politisch Verantwortlichen im                        einem erfolgreichen Abschluss des Vor-
     Landkreis Osnabrück einen naturschutz- und                            habens zu zweifeln. Völlig unklar bleibt
     nutzerverträglichen Vorschlag für die Gestal-                         jedoch, ob wir am Ende auch die not-
     tung der untersuchten Teilfläche der „Bäche                           wendige Unterstützung durch die Politik
     im Artland“ bis Sommer 2021 vorzulegen.                               erhalten werden.
     Als zusätzliche Herausforderung steht in den                     •    Das Projekt erstreckt sich lediglich auf
     nächsten Monaten die Abstimmung mit dem                               einen Teilbereich des Gesamtgebietes
     zwischenzeitlich vom Fachdienst Umwelt des                            „Bäche im Artland“. Selbst dann, wenn
     Landkreises Osnabrück vergebenen Manage-                              das von Förderverein und Umweltforum
     mentplans für das Gesamtgebiet an.                                    für den Postleitzahlbereich 49626 in vol-
                                                                           lem Umfang umgesetzt werden sollte,
     Normenkontrollklage des Umweltforums
                                                                           ist völlig unklar, wie die Regelungen für
     beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg
                                                                           das übrige Gebiet aussehen werden.

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Neue Natura 2000 - Initiative im Artland

                                                                                              Foto: Dr. Matthias Schreiber

     Für Teilbereiche soll es so aussehen wie hier (durch das Land Niedersachsen neu angelegte
     Sekundäraue).
                                                                                                              21

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Neue Natura 2000 - Initiative im Artland
     •      Die europäischen Naturschutzrichtlinien                 Wie geht es weiter?
            fordern eine verbindliche und dauer-                    In den nächsten Monaten steht der Abschluss
            hafte Regelung zum Schutz der Gebiete                   der Bestandsaufnahme und die flächenschar-
            sowie der Lebensräume und Arten darin.                  fe Formulierung der Entwicklungsziele an.
            Ob es ohne eine Änderung der Schutz-                    Begleitet wird dies von intensiven Kontakten
            gebietsverordnung eine solche Regelung                  mit Landwirten und Landeigentümern vor
            geben kann, ist völlig offen. Von einer                 Ort. Stehen die abgestimmten Ergebnisse,
            unverbindlichen und womöglich nur von                   gilt es, bei der Spitze des Landkreises, den
            Jahr zu Jahr finanzierten Lösung haben                  Fraktionen des Kreistages und auch den be-
            aber weder der Naturschutz noch Land-                   troffenen Gemeinden für eine verbindliche
            wirte und Eigentümer etwas.                             und dauerhafte Umsetzung der Lösung zu
     Um für alle Fälle „einen Fuß in der Tür zu                     werben.
     haben“, mussten wir eine Klage einreichen,                     Trotz wiederholter Anfragen bei Förderverein
     denn die Frist dafür endete am 31.10.2020.                     und Umweltforum, ob der Ansatz nicht auch
     Wir gehen davon aus, dass darüber aus ver-                     auf andere Gebiete übertragen werden kön-
     schiedenen Gründen nicht kurzfristig ent-                      ne, gilt es, die Kräfte zuerst einmal auf den
     schieden wird. Sollte sich zwischenzeitlich                    Postleitzahlbereich 49626 zu konzentrieren,
     herausstellen, dass eine dauerhafte, gute                      um die Möglichkeiten beispielhaft auszulo-
     Lösung zustande gekommen ist, wird das                         ten. Danach wird man weitersehen!
     Umweltforum seine Klage umgehend und
     gern wieder zurückziehen.

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                                                                                                mitten in der Stadt

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Bürgerinitiative naturnaher - Schinkel

     Klimakiller-Baugebiet an der Windhorststraße
     von Birgit Potthoff

     Das geplante Baugebiet an der Windhorst-            Straße und Windthorststraße. Von allen Bau-
     straße (Bebauungsplan Nr. 620 „Windthorst-          gebieten hat ein von der Stadt beauftragtes
     straße / Kahle Breite“ der Stadt Osnabrück)         Gutachten dringend abgeraten, da das Stadt-
     ist ein elementarer Eingriff in das Stadtklima      klima empfindlich gestört wird.
     von Osnabrück. Hier sollen bis zu 330 Wohn-         Bei den bisherigen Planungen wurden offen-
     einheiten, in einem Kaltluftenstehungsge-           bar das Stadtklima und die Bedürfnisse der
     biet, entstehen. Die für das Stadtklima so          Einwohner nicht ausreichend berücksichtigt.
     wichtigen Kaltluftentstehungsgebiete in Os-         Die Bürgerinitiative naturnaher-Schinkel geht
     nabrück Schinkel-Ost und Schinkel sind ele-         gegen diese Bebauung vor und will das neue
     mentar für das Stadtklima von Osnabrück!            Baugebiet an der Windthorststraße verhin-
     Die Kaltluftströme entstehen im Sommer bei          dern. Es gibt hier inzwischen eine Allianz mit
     Ostwetterlagen und strömen in die Stadt. Be-        dem NABU Osnabrück e.V., um dieser Bebau-
     sonders betroffen wären durch die geplanten         ung Einhalt zu gebieten. Die Stadtverwal-
     Baugebiete die Stadtteile zentraler Schinkel,       tung und Teile des Stadtrates stellen diesen
     Fledder sowie die Innenstadt. Hier sehen Kli-       Bebauungsplan Nr. 620 „Windthorststraße
     maforscher die Gefahr, dass sich einzelne Ge-       / Kahle Breite“ der Stadt Osnabrück immer
     biete im Sommer um + 6 Grad und mehr er-            so da, als wenn auf diesem Baugelände ein
     wärmen (siehe Klimagutachten Geo-net Herr           sozialer Wohnungsbau entsteht oder sonst
     Trute, 2020). Vor allem stark versiegelte Flä-      nicht mehr in Osnabrück gebaut werden
     chen sind von dieser Erwärmung betroffen            kann. Beides ist nicht der Fall. Hier will ein
     und der Klimawandel vollzieht sich schneller        Investor aus Münster Geld verdienen! Nicht
     als bisher angenommen - was wirklich in Zu-         mehr und nicht weniger!
     kunft passieren wird, kann man noch nicht
                                                         Es gilt die heutigen Grün- und Ackerflächen
     abschätzen.
                                                         für das Stadtklima und zur Naherholung für
     Unter http://geo.osnabrueck.de/stadtklima/?i=map#   die Bürger im Schinkel zu erhalten! Anstel-
     ist die Planungshinweiskarte bezüglich des          le von einem Baugebiet möchten wir die-
     Osnabrücker Stadtklimas abzurufen. Die              se Flächen an der Windhorstraße über ein
     Karte zeigt deutlich die Kaltluftleitbahnen         Crowdfunding selber kaufen und dem NABU
     und auch den Kaltluftabfluss.                       übergeben. Hier können Blüh- und Obst-
     Der Rat der Stadt Osnabrück hat 2015 be-            baumwiesen entstehen, Biolandwirtschaft
     schlossen, dass 3.000 neue Wohneinheiten            und eine Hundewiese für die Anwohner
     geschaffen werden sollen. Dieser Beschluss          sollen auch entwickelt werden. Das Crow-
     beruht auf einer Bochumer Studie aus dem            dfunding wird gerade erarbeitet. Sobald es
     Jahr 2015- also mitten in der Flüchtlingskrise.     nähere Informationen gibt, werden wir darü-
     Die Studie prognostiziert für Osnabrück die         ber berichten. Wir sind sehr froh, den NABU
     genannte Menge an fehlendem Wohnraum.               Osnabrück e. V. an unserer Seite zu wissen.
     Daraufhin wurde im Stadtgebiet nach Bau-
                                                     Bitte unterstützen Sie unsere Ideen, die In-
     land gesucht – natürlich auch im Schinkel.
                                                     fos dazu finden Sie auf der Seite:
     Im ohnehin dicht bebautem Stadtteil sollten
                                                     www.naturnaher-Schinkel.de
     vier große Baugebiete entstehen: Bornheide
     2, Ruppenkampsfeld, Friedensweg-Belmer

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Grüne Gewerbegebiete

     Klimapolitik beginnt vor Ort
     Gewerbeflächen - ungenutztes und unbeachte-
     tes Potenzial für den Klimaschutz
     von Katrin Kruckemeyer und Andrea Lepper,
     BI Grün statt Grau aus Melle
     Der Klimawandel gehört zu den größten He-        gesellschaftlichen Be-
     rausforderungen für die Zukunftsfähigkeit        dürfnissen und geo-
     von Stadt und Land. Es geht dabei sowohl         strategischen      Ver-
     um Klimaschutz, als auch um Klimaanpas-          änderungen.         Die
     sung. Während beim Klimaschutz die inter-        Auswirkungen des Kli-
     nationale Gemeinschaft und ihre Mitglieder       mawandels werden mit
     gefordert sind, ist Klimaanpassung vor allem     einer Zunahme von Ex-
     eine lokale Aufgabe, die vor Ort beginnt. Kli-   tremwetterereignissen     wie    Hitzewellen,
     maanpassung erfordert Stadtplanung und           Starkregen, Hochwasser und Stürmen ein-
     Städtebau mit mehr Grün, Wasser, Schat-          hergehen. Das hat nicht nur Auswirkungen
     ten, Durchlüftung und entsiegelten Flächen.      auf private Hausbesitzer, sondern auch die
     Jede Viertelstunde wird in Deutschland Na-       Unternehmen in Gewerbe- und Industrie-
     tur und Landschaft in der Größe eines Fuß-       gebieten werden davon betroffen sein. Die
     ballfeldes zerstört, pro Tag sind das ca. 66     Wetterereignisse können in Wirtschaftsbe-
     Hektar. Deutschland verschleppt weiterhin        trieben großen Schaden anrichten und sie
     den Klimaschutz! Im Hinblick auf die be-         in ihrer Existenz bedrohen. Die Folgen des
     grenzt zur Verfügung stehende Ressource          Klimawandels sind unvermeidbar. Lokalen
     Boden, bedarf es intelligente Lösungen für       Klimaanpassungsmaßnahmen sollten Unter-
     deren Entwicklung. Das Ziel die CO2-Emissio-     nehmen auch im eigenen Interesse offen be-
     nen um 40% von 1990 bis 2020 zu senken,          gegnen. Mit diesen Maßnahmen können sie
     haben wir um mehr als 5 Jahre verfehlt! Wir      schon im Vorfeld Schadensrisiken reduzieren
     brauchen dringend weitere Anstrengungen,         und sich Vorteile bei der Standortsicherheit
     auch im Bereich der Wirtschaftsentwicklung.      sowie einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
     Standortpolitik ist mehr als die Ausweisung      Eine ganze Reihe wirkungsvoller Klimaanpas-
     von neuen Gewerbegebieten und die Bereit-        sungsmaßnahmen können Betriebe direkt
     stellung finanzieller Mittel. Schon aufgrund     auf ihrem eigenen Gelände umsetzen. Dazu
     ihrer Größe steckt in Gewerbegebieten für        gehören z.B. eine Begrünung der Gebäude-
     den aktiven Klimaschutz großes Potenzial,        dächer und Fassaden, eine bewusste Mate-
     das bis heute vielfach noch ungenutzt und        rialwahl und eine ökologische Gestaltung der
     unbeachtet ist! Diesem Potenzial sollten         Firmenareale. So gestaltete Gelände sorgen
     kommunale Strategien dringend mehr Be-           für eine soziale Infrastruktur zur Regenera-
     achtung schenken. Im Idealfall arbeiten auf      tion und Erholung der Arbeitnehmer*Innen.
     kommunaler Ebene verschiedenen Akteure           Dabei sollten die Unternehmen im Vorfeld
     der Politik, Verwaltung und Wirtschaft ge-       mit durchdachten und kreativen Marketing-
     meinsam darauf hin, künftige Gewerbege-          konzepten durch die Wirtschaftsförderung
     biete möglichst klimaneutral zu gestalten.       der Kommune aktiv unterstützt werden. Ge-
     Die Aufgabe einer zukunftsfähigen Politik zur    zielte Informationen zu Fördermitteln und
     Förderung von Wirtschaft und Beschäftigung       -möglichkeiten sind ebenso wichtig wie Be-
     liegt im frühzeitigen Erkennen neuer Trends,     ratungen zu Ressourceneffizienz und Ver-

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