1-2021 Verlag Barbara Budrich

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1-2021 Verlag Barbara Budrich
EXPOSÉ
Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren

1-2021                                10,00 EUR / 2. Jahrgang 2021
                                 ISSN 2628-9393 / eISSN 2628-9407

PUBLIZIEREN Die Dissertation veröffentlichen
SCHREIBEN Professioneller Feinschliff der Doktorarbeit
PROMOVIEREN Wie Sie den Promotionsalltag meistern
NETZWERKEN Schluss mit der Selbstsabotage
1-2021 Verlag Barbara Budrich
Inhaltsverzeichnis
Editorial                                                                                                                    3
Magdalena Gromada

Promovieren
Der Promotionsalltag: Zwischen Schweinehund, Pomodoro und zu viel Kaffee                                                     4
Louise Hoffmann
Die Promotion veröffentlichen                                                                                                8
Barbara Budrich
Das Lektorat als wichtiger Bestandteil Ihres Promotionsprojektes                                                           11
Isabelle Romann
Promovieren als handlungsorientiertes Projekt                                                                              14
Dagmar Knorr
Promovieren mit Kind: Wie lassen sich Dissertation und Familie unter einen Hut bringen?                                    18
Majana Beckmann
Der Nutzen von selbstorganisierten Arbeitsgruppen während der Promotion                                                    22
Alexander Parchow
Die Disputation in Zeiten der Covid-19-Pandemie                                                                            26
Lena Greinke

Netzwerken
Erste leisten Pionierarbeit                                                                                                29
Jasmin Döhling-Wölm

Methoden
Die Auswahl der passenden statistischen Methode                                                                            33
Daniela Keller

Nachwuchstipps                                                                                                             36
Rezensionen, Auszeichnungen, Veranstaltungen

Autor*innenportraits                                                                                                       40

Impressum
Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und    Die Zeitschrift Exposé erscheint zweimal jährlich. Das Jahres-
Publizieren                                                  abonnement der Printausgabe kostet im regulären Abonne-
                                                             ment 15,00 €, Sonderpreis für Studierende 12,00 € (jeweils zzgl.
                                                             Zustellgebühr). Ein Einzelheft kostet 10,00 € zzgl. Versandkosten.
herausgegeben von:
                                                             Abonnements-Kündigungen bitte schriftlich an den Verlag. Die
Barbara Budrich (Verlag Barbara Budrich) und                 Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Jahresende.
Magdalena Gromada (budrich training)                         Anzeigenverwaltung beim Verlag.
                                                             Für die Printausgabe © 2021 Verlag Barbara Budrich
Redaktionelle Betreuung:                                     Opladen, Berlin & Toronto
Magdalena Gromada                                            Druck und Verarbeitung: WIRmachenDRUCK GmbH, Backnang
redaktion@expose-zeitschrift.de                              Printed in Europe
                                                             Für die Printausgabe: Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeit-
Verlag Barbara Budrich GmbH                                  schrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages vervielfäl-
Stauffenbergstr. 7                                           tigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fällt insbesondere
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                                                             sind Abbildungen und Fotos
1-2021 Verlag Barbara Budrich
© pixabay 2021, Foto: Lolame
Editorial
Liebe Leser*innen,                                                Der rege und freudige Austausch während der Her-
                                                                  stellung dieser Ausgabe ist überschattet von einem
ich freue mich, Ihnen unsere dritte Ausgabe und unser             traurigen Ereignis: Unsere Autorin Louise Hoffmann ist
erstes Themenheft mit dem Schwerpunkt Promotion zu                kurz nach der Fertigstellung ihres Artikels unerwartet
präsentieren!                                                     verstorben. Nicht nur wissenschaftlich hochengagiert:
                                                                  Informationen zu Frau Hoffmanns Vita finden Sie unter-
Neben den Beiträgen unserer üblichen Expert*innen                 halb ihres Beitrags und ich empfehle Ihnen einen Blick
haben wir unter der Vielfalt und -zahl an eingesandten            auf ihre Webseite als Zeugnis ihres inspirierenden Le-
Artikeln eine Auswahl getroffen, die aus unterschied-             bens und wissenschaftlichen Wirkens. Der motivierende,
lichen Perspektiven Aspekte rund um die Dissertation              leichtfüßige Artikel zum Promotionsalltag bildet unseren
beleuchtet: Überschaubar legt Barbara Budrich Ihnen               Auftakt, Sie finden ihn gleich auf der folgenden Seite. Mit
die Möglichkeiten dar, die Ihnen zur Veröffentlichung             Humor gewürzt gibt er hilfreiche Handreichungen, um in
zur Verfügung stehen. Isabelle Romann erläutert, welche           Balance durch die Herausforderungen und Hürden der
Vorteile ein professionelles Lektorat Ihrer Dissertation          Promotionszeit zu kommen.
Ihnen bietet (auch wenn Sie fit sind in Orthografie und
Grammatik). Mit der Vorstellung ihres Kaskadenmodells             Denn das ist Zweck dieser Ausgabe: Sie gut und mit An-
lädt Dagmar Knorr Sie ein, die Promotion als Projekt zu           regungen versorgt durch die Promotionszeit zu beglei-
denken. Wenn Sie promovieren und Kinder haben, hat                ten, auf die Dissertation vorzubereiten oder Ihre Studie-
Majana Beckmann praktische Tipps für Sie. Alexander               renden mit unseren Inhalten zu unterstützen. Sollte das
Parchow berichtet von seinen positiven Erfahrungen                nicht Ihr Thema sein, haben wir in der 2. Ausgabe 2021
mit selbstorganisierten Arbeitsgruppen, die durch Aus-            den Schwerpunkt Internationales und mit Sicherheit
tausch und Verbindlichkeit den eigenen Forschungs-                den ein und anderen Beitrag für Sie – oder wollen Sie
und Schreibprozess im Alltag verankern. Auch in Zeiten            selbst einen Artikel verfassen? Schreiben Sie mir gern:
der Pandemie wird promoviert: Lena Greinke hat unter,             redaktion@exposé-zeitschrift.de!
auch technisch, besonderen Umständen verteidigt und
lässt uns an ihren Erkenntnissen teilhaben.                       In diesem Sinne: Kommen Sie gut und ausgeglichen
                                                                  durch die Promotion, genießen Sie den Frühling!

                                                                  Ihre Magdalena Gromada

Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren                                                      3
1-2021 Verlag Barbara Budrich
© pixabay 2021, chenspec

                           Der Promotionsalltag: Zwischen
                           Schweinehund, Pomodoro und zu
                           viel Kaffee
                           von Louise Hoffmann

                           Das Verfassen einer Doktorarbeit ist ein langer Prozess,        ren. Bei der Erstellung der Meilensteine sollten Sie nicht
                           der vor allem viel Selbstorganisation benötigt. Auf den         nur an Ihre Promotion, sondern auch an Ihre berufliche
                           folgenden Seiten erhalten Doktorand*innen verschiede-           und private Zukunft denken. Wenn Sie also bereits wis-
                           ne Anregungen, wie sie ihren Promotionsalltag optimie-          sen, welchen beruflichen Weg Sie nach der Promotion
                           ren können und sich somit besser auf ihr Projekt fokus-         einschlagen möchten, könnten Sie überlegen, welche
                           sieren können.                                                  Kompetenzen Sie in diesem Bereich während der Pro-
                                                                                           motionszeit vertiefen könnten. Überlegen Sie sich für die
                            „Warum tue ich mir das eigentlich an?“ – Warum Ziele           gesamte Promotionszeit zunächst größere Meilensteine
                           so wichtig sind                                                 (z.B. Exposé), die Sie dann weiter unterteilen – nach Jahr
                           Ein großes Ziel haben Sie sich bereits gesetzt, in dem Sie      oder Semester. Diese können Sie anschließend herunter-
                           sich für die Promotion entschieden haben. Sie möchten           brechen in kleinere Ziele, wie z.B. Monats-, Wochen-, oder
                           ein bestimmtes Thema durchdringen und somit neue                Tagesziele. Planen Sie stets genügend Puffer mit ein, um
                           Forschungsergebnisse erzeugen. Vielleicht haben Sie             Frustration angesichts nicht erreichter Ziele zu vermei-
                           auch bereits eine bestimmte wissenschaftliche Tätigkeit         den. Behalten Sie dabei auch Ereignisse im Blick, wel-
                           im Blick, für die ein Doktortitel verlangt wird. Der Weg        che die Meilensteine in irgendeiner Weise beeinflussen
                           bis dahin dauert jedoch mehrere Jahre und benötigt viel         könnten, z.B. die Geburt eines Kindes, ein Umzug usw.
                           Durchhaltevermögen. Zwischenziele in Form von Mei-
                           lensteinen können Sie dabei unterstützen, Ihre großen
                           Ziele (Promotion, Job…) nicht aus den Augen zu verlie-

                           4                                                      Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren
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Der Promotionsalltag

 „Ach, das kann ich doch auch übermorgen machen“:                 ßend die wichtigsten Ergebnisse notieren. Drittens kann
Planen Sie Diss-Zeiten ein                                        es Sie dabei unterstützen, die nächsten Arbeitsschritte
Nachdem die einzelnen Ziele konkretisiert wurden, ist es          zu planen, indem Sie aus Ihren Notizen Rückschlüsse zie-
wichtig, sich Zeitfenster zu blocken, in denen man un-            hen, was als Nächstes bei Ihnen ansteht.
gestört arbeiten kann. Damit Sie Ihre Diss-Zeiten nicht
immer vor sich hinschieben, blocken Sie Zeiten in Ihrem           „Voll die Tasse, fertig, losschreiben“ – Die Aufwärmphase
Kalender, die ausschließlich für die Promotion reserviert         Nicht nur beim Sport, sondern auch bei der Erstellung
sind. Informieren Sie andere Personen über Ihre Abwe-             Ihrer Dissertation benötigen Sie eine „Aufwärmphase“.
senheit, wie z.B. Familienangehörige oder den Freun-              Überlegen Sie sich Rituale, die Ihnen den Beginn der
deskreis, damit sie wissen, dass Sie in dieser Zeit nicht         Aufwärmphase erleichtern. Bevor Sie sich an den aufge-
gestört werden möchten. Nützlich könnte es auch sein,             räumten Schreibtisch setzen, könnten Sie sich z.B. noch
diese Zeiten in Ihrem Arbeitskalender einzutragen (hier           einen Kaffee kochen und diesen in Ihre Lieblingstasse
können Sie den Termin als „privat“ markieren). Sofern             gießen. Oder Sie hören sich noch ein bestimmtes Lied an,
auch andere Promovierende Zeit haben, könnten Sie                 welches Sie in die richtige Arbeitsstimmung versetzt …
Ihre Diss-Zeit für gemeinsame (Online-) Schreibtreffen            Seien Sie ruhig kreativ und überlegen Sie, was Ihnen kon-
nutzen. Der Vorteil: Sie motivieren sich gegenseitig, tau-        kret helfen würde. Geschmäcker sind bekanntlich sehr
schen sich über Ihre Ziele aus und der „Gruppenzwang“             verschieden und was die eine Doktorandin als hilfreich
hilft, dass Sie an Ihrer Dissertation arbeiten.                   empfindet, mag der nächste Doktorand nicht. Nutzen Sie
                                                                  die Aufwärmphase auch dazu, sich einen Überblick zu
Egal, ob Sie alleine oder gemeinsam mit anderen an die-           verschaffen, wo Sie aktuell stehen. Bevor Sie also einen
sen Tagen etwas für Ihre Dissertation tun: es ist hilfreich,      Aufsatz zu einem bestimmten Teil Ihrer Dissertation le-
den Tag in mehrere Arbeitsphasen zu unterteilen und da-           sen, könnten Sie eine Mind-Map erstellen, um herauszu-
zwischen genügend Pausen einzuplanen. Dabei können                finden was Sie schon zu diesem Thema wissen. Nach der
Sie nach der Pomodoro-Methode vorgehen: 25 Minuten                Lektüre können Sie Ihre Visualisierung anschließend mit
arbeiten, dann 5 Minuten Pause und dann wieder 25 Mi-             weiteren Begriffen ergänzen.
nuten arbeiten. Das Ganze wiederholen Sie insgesamt
4 Mal und machen anschließend eine längere Pause. Sie             „Ich recherchiere das mal schnell, dann arbeite ich
werden erstaunt sein, wie viel Sie in 25 Minuten geschafft        weiter“ – Fokus im Blick
bekommen, vorausgesetzt, Sie setzen auch die nächsten             Einige Anregungen, um fokussiert arbeiten zu können,
Punkte um.                                                        haben Sie bereits in den letzten Abschnitten gelesen. Sie
                                                                  wissen mittlerweile, wie Sie Ihre Aufgaben in kleine rea-
„Ich weiß sowieso nicht, wo ich gerade stehe, da muss             listische Arbeitspakete packen können und wie Sie die
ich erst gar nicht anfangen“: Das Motivationsjournal              Aufwärmphase nutzen können, um sich gedanklich auf
Eine weitere Herausforderung von Promovierenden ist               Ihre Promotion vorzubereiten. Das sind schon mal gute
es, den Überblick über die verschiedenen Arbeitsschrit-           Vorrausetzungen für die nächste Phase: die Fokus-Phase.
te zu behalten. Gerade, wenn man nicht täglich an sei-            Damit Sie langfristig fokussiert bleiben und nichts dem
ner Promotion sitzt, kann es schnell mal passieren, dass          Zufall überlassen, ist es wichtig, dass Sie allgemein Ihre
man die Orientierung verliert. Ein nützliches Instrument          Bedürfnisse kennen: Zu welchen Zeiten sind Sie am pro-
kann das Führen eines Journals sein, das verschiedene             duktivsten? Wie lange am Stück können Sie konzentriert
Funktionen erfüllen kann. Erstens unterstützt es Sie, den         arbeiten? Arbeiten Sie lieber mit Hintergrundgeräuschen,
Gesamtüberblick über Ihr Projekt zu behalten, indem Sie           alleine oder in Gesellschaft? Gerade für die Fokuszeit ist
einzelne Arbeitsschritte mit Datum knapp zusammen-                es wichtig, dass Sie sich von dem Rest der Welt abschir-
fassen. Zweitens kann es Sie auf lange Sicht unterstüt-           men. Schließen Sie dafür alle Programme Ihres Compu-
zen, fokussierter zu arbeiten, indem Sie zu Beginn einer          ters, die Sie aktuell nicht benötigen (insbesondere das
Arbeitseinheit die Aufgabe konkretisieren und abschlie-           eMail-Programm!). Versuchen Sie zudem, sich nicht von

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Der Promotionsalltag

                                                 Gedanken ablenken zu lassen, die Ihnen zwischendurch             die mehrere Jahre lang andauern und die Sie auch per-
                                                 durch den Kopf gehen, egal, ob sie Ihre Promotion oder           sönlich verändern wird. Lernen Sie geduldig mit sich
                                                 etwas Anderes betreffen. Notieren Sie sie notfalls kurz          selbst zu sein, auch wenn es an der einen oder anderen
                                                 auf einem Zettel, damit Sie sie nicht vergessen. Wichtig         Stelle mal nicht so funktioniert, wie Sie es sich vorstellen.
                                                 aber: Behalten Sie den Fokus aufrecht, für alles Weitere         Seien Sie kreativ und suchen Sie nach neuen Wegen, um
                                                 ist später auch noch Zeit.                                       an Ihr Ziel zu kommen. Warum z.B. nicht mal den Schreib-
                                                                                                                  ort oder das Schreibmedium wechseln? Es sind manch-
                                                 „Tschüss, Schweinehund, hallo Katzenbuckel!“ - Wie Sie           mal schon Kleinigkeiten, die viel verändern können. Ver-
                                                 die Diss und sich selbst in Einklang bringen                     netzen Sie sich in Ihrer Fachcommunity und tauschen Sie
                                                 Achten Sie auf regelmäßige Pausen, auch wenn Sie noch            sich mit anderen Promovierenden aus. Sie werden sehen,
                                                 so fokussiert sind. Nutzen Sie die Pausen zum Beispiel,          Sie sind mit Ihren Problemen nicht alleine. Holen Sie sich
                                                 um die Waschmaschine laufen zu lassen (die dann pas-             Unterstützung bei Ihrer Betreuung, wenn Sie Hilfe benö-
                                                 send zur nächsten Pause fertig ist), etwas frische Luft auf      tigen und schieben Sie es nicht zu lange vor sich her. Kri-
                                                 dem Balkon zu holen oder sich mit jemandem aus Ihrer             sen in der Promotion und während des Schreibprozesses
                                                 Familie zu unterhalten. Vergessen Sie Ihren Körper nicht         gehören dazu. Auch wenn es nicht immer leicht ist: Neh-
                                                 und nutzen Sie die Pause, um sich etwas zu bewegen. Ein          men Sie sie an und versuchen Sie, sich diese zu Nutze zu
                                                 paar Yoga-Übungen lassen sich auch in kurzen Pausen              machen. Vielleicht hilft es Ihnen ja in solchen Momenten,
                                                 durchführen, wie z. B. die Katzenbuckel-Übung. Gönnen            an Krisen oder Ziele zu denken, die Sie schon gemeistert
                                                 Sie sich neben kleinen Pausen auch regelmäßig länge-             haben und die Sie langfristig vorangetrieben haben?
                                                 re Auszeiten von der Dissertation. Gerade wenn es mal
                                                 klemmt, kann dies ein Signal Ihres Körpers sein, dass Sie        Und last but not least und frei nach Mark Twain: „Gib je-
                                                 überlastet sind und etwas zur Ruhe kommen sollten.               dem Tag die Chance, der schönste Deiner Diss zu wer-
                                                                                                                  den“.
                                                 „Wo ist denn hier der Kompass?“ – Die Promotion als
                                                 Reise zu sich selbst
                                                 In dem Moment, wo Sie sich entscheiden, den Promo-
                                                 tionsweg zu gehen, entscheiden Sie sich zu einer Reise,
© chenspec pixabay 2021, Foto: Armin Schreijäg

                                                 6                                                       Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren
1-2021 Verlag Barbara Budrich
Der Promotionsalltag

Zum Weiterlesen:

                                                                                                                                © privat
Günauer, Franziska et al. (2017): GEW-Handbuch Promo-
vieren mit Perspektive: Ein Ratgeber von und für Dokto-
randInnen. Bielefeld: wbv Media.

Wergen, Jutta: Promotionsplanung und Exposee (2019):
Die ersten Schritte auf dem Weg zum Weg zum Doktor-
titel. Opladen, Toronto: utb (Verlag Barbara Budrich).

Anm. Prof. Dr. Tobias Schmohl:                                    Louise Hoffmann, M.A. (geb. Lenz) war fachlich im Be-
Die Autorin dieses Beitrags ist kurz vor Fertigstellung des       reich der wissenschaftlichen Schreibdidaktik angesie-
Manuskriptes nach kurzer, schwerer Krankheit unerwar-             delt. Sie war Mitglied der Gesellschaft für Schreibdidaktik
tet verstorben. In Rücksprache mit den Herausgeberin-             und Schreibforschung e. V. Ihr Promotionsthema befass-
nen dieser Zeitschrift habe ich den Beitrag redaktionell          te sich mit der schreibdidaktischen, diversitätssensiblen
überarbeitet, sodass er hier posthum erscheinen kann.             Unterstützung von Studierenden in berufsbegleitenden
Dafür möchte ich mich nochmals ausdrücklich bedan-                Masterprogrammen an deutschen Hochschulen. Ziel ih-
ken, da ich weiß, dass Louise Hoffmann sich über die Ma-          rer Forschung war es, die Schreibsozialisation bei Master-
nuskriptannahme sehr gefreut hatte. Das Dissertations-            studierenden im Fernstudium zu untersuchen, um ihre
projekt von Louise Hoffmann habe ich seit Anfang 2018             Bedürfnisse herauszufinden und langfristig entsprechen-
als kooperative Promotion gemeinsam mit Prof. Dr. Julia           de Fördermaßnahmen zum selbstregulierenden Schrei-
Schütz (FernUniversität in Hagen) betreut. Die nachfol-           ben entwickeln zu können. Ein besonderer Fokus lag auf
gende Kurzvita entstammt meiner Feder.                            der heterogenen Zusammensetzung dieser Lernenden-
                                                                  Gruppe im Hinblick auf unterschiedliche Bildungsverläu-
                                                                  fe, Schreiberfahrungen aus formellen und informellen
                                                                  Lernkontexten sowie fachliche Enkulturationen. Mehr
                                                                  über sie und ihr vielseitiges Engagement finden Sie auf
                                                                  ihrer Webseite: https://www.louise-hoffmann.de/.

Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren                                                      7
1-2021 Verlag Barbara Budrich
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                              Die Promotion veröffentlichen
                              von Barbara Budrich

                              Im deutschsprachigen Raum gilt für Doktorarbeiten viel-        finden – oder gar drei bis vier verschiedene, um dort zu
                              fach eine Publikationspflicht. Häufig haben Promovie-          veröffentlichen. Der Doktorvater kannte sich in diesem
                              rende die Wahl, ob sie kumulativ oder monografisch vor-        Bereich mit den Publikationsmöglichkeiten selbst nicht
                              gehen. In beiden Fällen ist das zeitnahe, angemessene          aus und konnte nicht unterstützen. Zwei Beispiele, die
                              Publizieren nicht trivial. Lassen Sie uns beide Varianten      andeuten, wo Probleme liegen können.
                              mit ihren Vor- und Nachteilen kurz beleuchten.
                                                                                             Wenn Sie also Ihre Dissertation kumulativ Publizieren
                              Kumulativ Publizieren                                          möchten, stellen Sie sicher, dass Sie eine Vorstellung
                              Die Vorgaben zum kumulativen Publizieren sind unter-           davon haben, in welchen Zeitschriften dies für Sie ange-
                              schiedlich – von Hochschule zu Hochschule und von              messen möglich ist.
                              Fachbereich zu Fachbereich. Was bedeutet, dass Sie im
                              Falle einer kumulativen Promotion zunächst die Spielre-        Hinzu kommt die Zeitschiene: Es mag einfach klingen,
                              geln herauszufinden haben. Und zwar am besten, bevor           innerhalb der vorgegebenen Zeit drei oder vier Aufsätze
                              Sie sich fest- und loslegen.                                   zu publizieren. Je nachdem, in welcher Disziplin Sie mit
                                                                                             welchem Schwerpunkt unterwegs sind und innerhalb
                              Mir ist es in meiner Beratungspraxis schon begegnet,           welches Zeitrahmens die von Ihnen in die engere Wahl
                              dass eine Promovierende vor der Aufgabe stand, in einem        genommenen Zeitschriften operieren, kann dies zu einer
                              gerankten Journal zu veröffentlichen – in einem Fachbe-        Herausforderung werden.
                              reich, in dem es zu diesem Zeitpunkt keine gerankten
                              deutschsprachigen Journals gab. Ihre Fragestellung al-         Ich kenne nicht wenige Zeitschriften, bei denen vom Call
                              lerdings bezog sich explizit auf Deutschland, und es war       for Papers bis zur Publikation 12 bis 18 Monate verge-
                              für sie nicht leicht, überhaupt einen englischsprachigen       hen. Bei manch einer Zeitschrift dauert es von der Ein-
                              Text zu verfassen. Bei anderer Gelegenheit war das The-        reichung bis zur Rückmeldung bereits drei bis sechs Mo-
                              ma einer Doktorarbeit derart interdisziplinär ausgerich-       nate. Solange Ihr Vorschlag oder Manuskript akzeptiert
                              tet, dass es schwierig war, eine passende Zeitschrift zu       wird, mag daraus ein für Ihre Belange passender Zeitrah-

                              8                                                     Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren
1-2021 Verlag Barbara Budrich
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men werden. Kassieren Sie hingegen eine oder gar meh-             tig sind – die vorgestellten Anforderungen sind weder
rere Absagen und es kommen Überarbeitungsschleifen                vollständig, noch muss jede einzelne für Sie relevant sein.
hinzu, kann das Ganze rasch zu einer sehr langwierigen
Operation ausarten.                                               Übrigens ist die Veröffentlichung als eBook zumeist
                                                                  selbstverständlich, und Open Access zu publizieren ist
Schließlich bleibt noch die Rechtefrage, wenn Ihre Arbeit         häufig eine Option. Bevor Sie sich auf einen Publikations-
nach den Veröffentlichungen der einzelnen Aufsätze als            partner festlegen, stellen Sie sicher, dass Ihre Monografie
Ganzes publiziert werden soll. Diese Frage ist weder kom-         in der von Ihnen präferierten Variante bzw. im von Ihnen
pliziert noch besonders anspruchsvoll – es empfiehlt sich         gewünschten Format veröffentlicht wird und dass Sie im
lediglich, bereits vor der Veröffentlichung der Aufsätze          Besitz aller notwendigen Rechte sind, die zur Veröffent-
mit der jeweiligen Redaktion über Ihre Verpflichtung zu           lichung notwendig sind.
sprechen, diesen Aufsatz erneut in einem anderen Kon-
text zu publizieren.                                              Ihr Ziel – Ihr Weg
                                                                  Welcher Weg der „richtige“ ist, vermag ich nicht zu sagen:
Die Doktorarbeit als Monografie                                   Das hängt von Ihnen, Ihren Zielen und Ihren Möglichkei-
Um Ihre Doktorarbeit als Monografie zu veröffentlichen,           ten ab. Mir sind beinahe schon so viele unterschiedliche
haben Sie zahlreiche Möglichkeiten. Welchen Weg Sie               Kriterien, Wünsche und Vorstellungen untergekommen
beschreiten können und wollen, liegt vor allem an Ihren           wie Promovierende. Die eigenen Ideen mit der Realität
eigenen Kriterien.                                                abzugleichen, ist unabdingbar (entschuldigen Sie die Tri-
                                                                  vialität!) – und häufig gibt es im je eigenen Umfeld nur
Während die Veröffentlichung in einem renommierten                Wenige, die sich mit den unterschiedlichen Optionen des
Wissenschaftsverlag für gewöhnlich die größte Reputa-             Publizierens umfassend auskennen. Wie in vielen Berei-
tion bietet, ist dies im Vergleich mit den übrigen Publika-       chen des Lebens ist durch die Vervielfältigung der Wahl-
tionswegen tendenziell die langwierigste, aufwendigste            möglichkeiten die Unsicherheit nicht kleiner geworden.
und teuerste Variante.                                            Wenn Sie aber Ihre eigenen Ziele, Ihre Motivation und
                                                                  Ihre Möglichkeiten klar vor Augen haben, fällt die Wahl
In der Abbildung finden Sie eine Matrix, die potenziel-           leichter.
le Publikationspartner und einige Autor*innen-Kriterien
verknüpft. Bitte verstehen Sie die Kriterien nur als Bei-
spiele: Es gibt weitere und andere Dinge, die Ihnen wich-

  Anforderung         „Ich möchte        „Ich möchte, dass     „Mir soll niemand     „Ich möchte die      „Die Publikation
                   möglichst schnell     meine Publikation      in meinen Text       größtmögliche      soll mich möglichst
 Publikations-      veröffentlichen!“    im Buchhandel zu      „reinquatschen“!“       Reputation         wenig kosten.“
 partner                                   beziehen ist!“                              erreichen!“

 Renommierter
 Wissenschafts-                                  +                                          +
 verlag

 Bibliotheks-
                           +                                            +                                        +
 server
 Dissertations-
                           +                    (+)                     +
 verlag

Abb. 1: Publikationspartner-Kriterien-Matrix für die Dissertation (eigene Darstellung)

Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren                                                         9
1-2021 Verlag Barbara Budrich
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Die Autorin

                                                                                                                                       © privat
Barbara Budrich arbeitete über 10 Jahre im Verlag Leske +
Budrich ihres Vaters, bevor sie 2004 den Verlag Barbara
Budrich gründete. Sie hat zahlreiche Bücher und Aufsätze
publiziert, übersetzt und geschrieben. Seit 2012 geben
sie und ihr Team im von ihr etablierten Unternehmen bu-
drich training (www.budrich-training.de) ihr Know-how
zum wissenschaftlichen Publizieren und Schreiben syste-
matisch in Vorträgen, Workshops und Coachings weiter.
Neuestes Projekt für den wissenschaftlichen Nachwuchs
ist die Zeitschrift Exposé, deren Herausgeberin sie ist.

                           Barbara Budrich

                           Erfolgreich Publizieren
                           Grundlagen und Tipps für Autorinnen und Autoren aus
                           den Sozial-, Erziehungs- und Geisteswissenschaften

                            „Das Buch hätte ich früher lesen müssen! Also ich kann Sie nur dazu
                            beglückwünschen, dass Sie Ihr immenses Verlagswissen nicht nur mir,
                            sondern auch anderen so gut geschrieben zugänglich gemacht haben.“
                            Prof. Dr. Jochen Kade (zur 2. Auflage)
                                                                                                     3., überarb. Auflage | utb M
                                                                                    2019 | 163 S. | Kart. | 16,99 € (D), 17,50 € (A)
 https://shop.budrich.de                                                    ISBN 978-3-8252-5148-2 | eISBN 978-3-8385-5148-7

  Kostenfreie E-Mail-Serie von Barbara Budrich
  „Veröffentlichen: den richtigen
  Publikationspartner finden und ansprechen“

  In der kostenfreien E-Mail-Serie erhalten Sie in sieben E-Mails an sechs aufeinanderfolgenden Tagen wertvolle Tipps und
  Handreichungen, wie Sie Ihr ganz persönliches „Projekt Buchveröffentlichung“ richtig angehen. Und das dazugehörige
  12-seitige Arbeitsbuch (zum Download als Word-/PDF-Datei) enthält Fragen und Aufgaben, die Sie auf dem Weg zu mehr
  Klarheit begleiten – ebenfalls komplett kostenfrei.

  Weitere Informationen und Anmeldung unter: https://budrich.de/veroeffentlichen-e-mail-serie

10                                                        Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren
© pixabay 2021, StartupStockPhotos

                                     Das Lektorat als wichtiger
                                     Bestandteil Ihres
                                     Promotionsprojektes
                                     Wie Sie Ihrer Doktorarbeit den professionellen Feinschliff geben und
                                     warum Sie darauf nicht verzichten sollten

                                     von Isabelle Romann

                                     Sie stehen als Promovierende*r kurz vor der Fertigstel-           kennen Ihren Text schon fast auswendig. Da überliest das
                                     lung Ihrer Dissertation und wissen: Um die sprachliche            Auge schon einmal beispielsweise Buchstabendreher.
                                     Qualität Ihres jahrelangen Projektes sicherzustellen,
                                     brauchen Sie nun mehrere Korrekturdurchgänge durch                Die Lösung: Sie holen sich Unterstützung in Form eines
                                     Ihren Text. Inhaltlich sind Sie bereits auf der sicheren Sei-     Lektorats.
                                     te, doch auch ein wenig erschöpft angesichts der nun an-
                                     stehenden Aufgaben, und Frust macht sich breit. Gleich-           Was kann ein Lektorat beinhalten – und was nicht?
                                     zeitig haben Sie einen hohen Qualitätsanspruch an sich            Das Lektorat für eine Doktorarbeit legt seinen Schwer-
                                     selbst, und Ihnen ist wichtig, dass Ihr gesamtes Werk bei         punkt einerseits auf eine sprachliche Optimierung. Be-
                                     Gutachter*innen und Leser*innen einen professionellen             trachten Sie also Lektor*innen am besten als Testleser*in-
                                     Eindruck hinterlässt. Tippfehler, Redundanzen, unein-             nen, die Ihnen wichtige Hinweise in puncto Sprache und
                                     heitliche Schreibweisen, fehlerhafte Textformatierungen           Form geben. Sie selbst entscheiden, welche Hinweise Sie
                                     und Literaturangaben haben da keinen Platz. Allerdings            beherzigen wollen und welche nicht.
                                     stecken Sie als Autor*in sehr tief drin in der Materie und

                                     Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren                                                    11
Das Lektorat als wichtiger Bestandteil Ihres Promotionsprojektes

Zur Orientierung seien ein paar Aufgabenschwerpunkte               Hinterlassen Sie einen professionellen Eindruck!
von Lektor*innen in puncto Sprache genannt: Optimie-               Leser*innen (und Gutachter*innen) mögen es nicht, wenn
rung von Orthografie, Grammatik, Interpunktion und                 ihr Lesefluss durch eine hohe Fehlerquote gestört wird.
Typografie (z. B. Binde- vs. Gedankenstriche), Prüfung             Sobald hier zu viel Irritation hervorgerufen wird, stellen
auf Verständlichkeit, Füllwörter sowie Häufung von ver-            sie sich ganz automatisch die Frage, ob in dieser Arbeit
meidbaren Wortwiederholungen und Redundanzen,                      nicht auch mit fachlichen Ungenauigkeiten zu rechnen
Augenmerk auf die einheitliche Schreibweise von Be-                ist. Fazit: Die sprachliche Nachlässigkeit wird ungewollt
grifflichkeiten, Fremdwörtern und zusammengesetzten                zum Indikator für fachlich minderwertige Qualität. In
Wortgruppen, Überprüfung der vollständigen Bezug-                  der Folge leiden Ihre Reputation, die Bewertung der Dis-
nahme auf enthaltene Abbildungen, der grafischen Dar-              sertation, und dieser Gesamteindruck verhindert sogar
stellungen und Tabellen sowie Kontrolle der vollständi-            im schlimmsten Fall einen erfolgreichen Berufseinstieg.
gen Nummerierung und aussagekräftigen Beschriftung                 Deshalb: Sorgen Sie dafür, dass Ihre Arbeit in jeder Hin-
dieser Elemente.                                                   sicht einen professionellen Eindruck hinterlässt!

Darüber hinaus kann andererseits stilistisch auf Wunsch            Verschaffen Sie sich Sicherheit in sprachlichen Fragen!
darauf geachtet werden, inwiefern die Leser*innen der              Auch wenn Sie Meister*in Ihres Faches sind, so kann es
Argumentation Ihrer Arbeit durch den sog. roten Faden              sein, dass Sie sich bei der ein oder anderen Schreibweise
gut folgen können. Es gilt, Logikfehler aufzudecken und            eines Begriffes oder der Kommasetzung unsicher sind.
auf schwer Verständliches hinzuweisen.                             Damit Sie zur Klärung dieser Fragen nicht selbst Zeit für
                                                                   die Recherche investieren müssen, legen Sie Ihre Disser-
Wenn Sie es wünschen, wird im Rahmen des Lektorats                 tation vertrauensvoll in die Hände von Lektor*innen, den
auch geprüft, ob die formalen Anforderungen erfüllt                Expert*innen für sprachliche Themen. Somit können Sie
werden. Das betrifft beispielsweise die Vollständigkeit            am Ende der Zusammenarbeit sicher sein, dass Ihre Dok-
der Quellenverzeichnisse und die einheitliche, fehler-             torarbeit sowohl inhaltlich als auch sprachlich der Quali-
freie Darstellung von Quellenangaben – sowohl im Text              tät entspricht, die Sie sich wünschen.
als auch in den Verzeichnissen im Anhang. Die frischen
Augen des Lektors oder der Lektorin können dabei Gold              Jede*r profitiert von einem Lektorat – auch versierte
wert sein, denn er oder sie sieht diesen Text ja zum ersten        Texter*innen und Autor*innen!
Mal, während Sie bereits betriebsblind sein könnten.               Es ist ein natürlicher Vorgang, dass man während der eige-
                                                                   nen Korrekturdurchgänge Fehler nicht mehr findet. Als
Wichtig zu wissen: Ein Lektorat grenzt sich allein aus             Autor*in kennen Sie Ihren Text so gut, dass Gehirn und
rechtlichen Gründen deutlich vom Ghostwriting ab.                  Auge das sehen, was sie kennen und sehen wollen, nicht
Auch sehen seriöse Lektor*innen davon ab, ganze Text-              aber immer das, was tatsächlich auf dem Papier oder dem
passagen neu zu formulieren. Das liegt daran, dass die             Bildschirm steht. Das hat absolut nichts damit zu tun, ob
wissenschaftliche Leistung bei Qualifikationsarbeiten              man sprachlich fit ist oder nicht. Selbst die professionells-
ausschließlich von Ihnen selbst erbracht werden muss.              ten Schreiber*innen brauchen zwei zusätzliche frische
Andernfalls werden Ihnen Leistung, Arbeit und gegebe-              Augen, um ihre Texte in bestmöglicher Qualität veröffent-
nenfalls Titel aberkannt.                                          lichen zu können. Nutzen also auch Sie diese Möglichkeit!

Warum sollten Sie ein Lektorat in Ihr Promotionsprojekt            Wenn Sie sich dazu entschlossen haben, diese Dienst-
als festen Bestandteil einplanen?                                  leistung in Anspruch zu nehmen, ist es ratsam, sich
Der Nutzen, den ein Lektorat für die Bewertung Ihrer               möglichst früh auf die Suche nach dem/der richtigen
Dissertation und damit für Ihre Reputation hat, kann gar           Lektor*in zu machen. Zum einen sollte es sich um eine
nicht hoch genug eingeschätzt werden. Behalten Sie die             Person Ihres Vertrauens handeln, der Sie Ihr wertvolles
wichtigsten Gründe immer im Hinterkopf:                            Werk bedenkenlos überlassen wollen. Zum anderen ist

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Das Lektorat als wichtiger Bestandteil Ihres Promotionsprojektes

sicherzustellen, dass der gewählte Kooperationspartner

                                                                                                                                © privat
auch zum von Ihnen gewünschten Zeitpunkt freie Kapa-
zitäten hat. Für eine Dissertation mit einem Umfang von
ca. 300 Seiten sollten Sie mit einer Bearbeitungszeit von
zwei bis vier Wochen rechnen – je nach aktueller Auslas-
tung und nach Umfang der Aufgaben.

Planen Sie also von Beginn an das Lektorat als eigene
Phase in Ihr Promotionsprojekt ein. Sie haben dann ge-
nügend Zeit, um die richtige Person zu finden, alle Rah-
menbedingungen abzuklären und eventuellen Termin-
druck gegen Projektende zu vermeiden. Denn sowohl
Universitäten als auch Verlage legen großen Wert auf die
Einhaltung der gesetzten Abgabetermine.

Für die Buchveröffentlichung: Lektorat in zwei Stufen              Die Autorin
Die bisherigen Empfehlungen beziehen sich sowohl auf               Isabelle Romann studierte Betriebswirtschaftslehre an
die Dissertation, bevor sie zur Bewertung bei den uni-             der Berufsakademie Heidenheim (heute DHBW) sowie
versitären Gutachtern abgegeben wird, als auch auf die             Romanistik und Orientalistik/Islamwissenschaft an der
Phase vor der Veröffentlichung in einem Verlag. Für mein           Ruhr-Universität Bochum. Nachdem sie in der freien
Empfinden ist jedoch die Relevanz eines Lektorats vor              Wirtschaft jahrelang als Personalentwicklungsreferen-
der Abgabe im Verlag noch höher, denn Ihr Publikum                 tin tätig war, machte sie sich 2012 als freie Lektorin für
wächst mit der Herausgabe einer Monografie. Für die-               deutschsprachige Fach- und Sachtexte hauptberuflich
sen letztgenannten Fall ist sogar über zwei Stufen eines           selbstständig. Seitdem begleitet sie zahlreiche wissen-
Lektorats nachzudenken: über das Erstlektorat, das so              schaftliche Arbeiten aus unterschiedlichen Fachrichtun-
abläuft wie oben beschrieben. Nachdem Sie als Autor*in             gen bis zur Abgabe und/oder Veröffentlichung. Des Wei-
das lektorierte Dokument dann selbst überarbeitet ha-              teren lektoriert sie regelmäßig Publikationen von bereits
ben und der Text in ein Buchlayout übertragen wurde                etablierten Wissenschaftler*innen, Lehrmaterial mehre-
(durch Sie selbst oder den veröffentlichenden Verlag),             rer großer deutscher Fernhochschulen sowie Fach- und
ist ein Schlusslektorat unverzichtbar. Dieses beinhaltet           Sachbücher von Unternehmer*innen, die sich mit ihren
neben allem, was noch auffällt beim abschließenden Le-             Werken als Expert*innen in ihrem Fachgebiet positionie-
sedurchgang, eine sogenannte Satzkontrolle. Sie stellt             ren wollen.
sicher, dass Silbentrennungen und Seitenumbrüche rich-
tig umgesetzt wurden. Das Schlusslektorat ist damit eine
weitere unverzichtbare Stufe der Qualitätssicherung, be-
vor Ihre Dissertation als Buch das Licht der Welt erblickt.

Es wird einmal mehr deutlich: Je präziser Sie Ihren ausge-
wählten lektorierenden Kooperationspartner über Ihre
aktuelle Situation informieren und Ihren Bedarf trans-
parent kommunizieren, desto erfolgreicher gestaltet
sich die Zusammenarbeit und desto zufriedener werden
Sie sein. Ihre Dissertation wird dann den von Ihnen ge-
wünschten professionellen Eindruck bei Ihrer Zielgruppe
hinterlassen und Ihre Position als Expert*in für Ihr Thema
nachhaltig untermauern.

Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren                                                     13
© pixabay 2021, Foto: Peggy Choucair

                                       Promovieren als
                                       handlungsorientiertes Projekt
                                       Das Kaskadenmodell wissenschaftlicher Textproduktion

                                       von Dagmar Knorr
                                                                                                        ken und Strategien einsetzen kann, um eine Aufgabe zu
                                                                                                        bewältigen, kann als kompetente*r Schreibende*r ange-
                                       „Lohnt es sich denn schon, mit dem Schreiben zu
                                                                                                        sehen werden.
                                       beginnen? Ich kenne ja noch nicht die gesamte Literatur!“
                                       Kommt Ihnen diese Aussage bekannt vor?
                                                                                                        Der Textproduktionsprozess wird in Phasen und Hand-
                                       Hinter dieser Aussage steht die Auffassung eines ge-
                                                                                                        lungen unterschieden, die durch die fortlaufende Zeit
                                       ordneten Schreibprozesses: Erst wird sich ein Überblick
                                                                                                        strukturiert werden. Am Beispiel des Verfassens einer
                                       verschafft und geplant, dann geschrieben, zum Schluss
                                                                                                        Dissertation werden zunächst die Phasen, dann die
                                       überarbeitet. Allerdings läuft ein Schreibprozess selten in
                                                                                                        Handlungen näher erläutert. Das Kaskadenmodell bildet
                                       dieser Form ab. Vielmehr überlappen sich die verschie-
                                                                                                        den Prozess eines komplexen Schreibprozesses ab, wie
                                       denen Phasen und es wird zwischen ihnen hin und her
                                                                                                        das beim Verfassen einer Monografie der Fall ist. Beim
                                       gesprungen. Das Textproduzieren wird deshalb häufig
                                                                                                        kumulativen Promovieren wird der Prozess mehrfach
                                       als chaotisch und als äußerst individueller Prozess wahr-
                                                                                                        durchlaufen und ist anders gerahmt (vgl. Abbildung 2).
                                       genommen. Das Kaskadenmodell wissenschaftlicher Text-
                                       produktion1 bietet einen Einstieg, die verschiedenen Pha-
                                                                                                        Jede Phase im Schreibprozess weist spezifische Charak-
                                       sen und Handlungen des Schreibens so zu strukturieren,
                                                                                                        teristika auf:
                                       dass es eine Reflektion des eigenen Schreibprozesses
                                       ermöglicht. Dahinter steht die Annahme, dass die Selbst-
                                                                                                        Der Entschluss, promovieren zu wollen, markiert den
                                       reflektion hilfreich ist, um das eigene Schreibhandeln zu
                                                                                                        Eintritt in das Schreibprojekt. In diesem Moment beginnt
                                       regulieren. Schreibhandeln umfasst die Tätigkeiten des
                                                                                                        die Findungsphase. Auch wenn diese sich in der Regel
                                       Lesens, Redens und des Schreibens. Wer gezielt Techni-
                                                                                                        noch nicht nach „Schreiben“ anfühlt. Prozesse des Le-
                                                                                                        sens, des Redens über das mögliche Projekt, des Ideen-
                                       1	Das Kaskadenmodell wissenschaftlicher Textproduktion ist      generierens, des Sich-Annäherns an ein Thema sind aber
                                          eine Weiterentwicklung des Modells „Phasen und Handlun-       Bestandteile des Textproduktionsprozesses, da die Aus-
                                          gen akademischer Textproduktion“ (Knorr 2016).

                                       14                                                      Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren
Promovieren als handlungsorientiertes Projekt

                                                                  die Notwendigkeit zur Festlegung und dem Wunsch ge-
                                                                  prägt, sich möglichst lange vielfältige Optionen offen zu
                                                                  halten. Die Überarbeitungsphase stellt für Promovierende
                                                                  häufig eine Herausforderung dar: Einige überarbeiten
                                                                  gar nicht, andere können vor lauter Überarbeiten ihren
                                                                  Text nicht abgeben. In jedem Fall ist die Auseinander-
                                                                  setzung mit dem eigenen Text wesentlicher Bestandteil
                                                                  der Textproduktion und der Umgang mit ihm gilt der
                                                                  Schreibforschung als Maßstab für die wissenschaftliche
                                                                  Schreibkompetenz.

                                                                  Eine Fertigstellungsphase wird in Modellierungen des
                                                                  Schreibprozesses, wie sie in der Schreibforschung und
                                                                  Schreibdidaktik zu finden sind, meist nicht explizit er-
                                                                  wähnt, sondern als Teil des Überarbeitungsprozesses
                                                                  verstanden. Im Gegensatz dazu wird in professionellen
                                                                  Zusammenhängen, wie beispielsweise der technischen
                                                                  Dokumentation und dem Verlagswesen, dem Prozess
                                                                  der Dokumentaufbereitung für den Druck besonde-
                                                                  re Aufmerksamkeit – und damit auch Zeit – zuerkannt.
                                                                  Während die vorherigen Phasen sich alle überlappen, be-
                                                                  ginnt die Fertigstellungsphase erst nach Abschluss der
                                                                  Überarbeitung. Ihr Endpunkt ist in der Regel durch ein
                                                                  extern definiertes Abgabedatum fixiert. Dadurch, dass
                                                                  diese Fertigstellungsphase im Modell Raum einnimmt,
                                                                  kann sie Eingang in die individuelle Zeitplanung finden.

Abb. 1: Kaskadenmodell wissenschaftlicher Textpro-                In der Prüfungsphase werden die Gutachten für den Text
duktion. Typ: Monografie (eigene Darstellung)                     erstellt. Den Abschluss bildet die Disputation. Doch dann
                                                                  ist das Schreibprojekt immer noch nicht abgeschlossen.
einandersetzung mit dem wissenschaftlichen Diskurs                Denn die Arbeit muss noch publiziert werden. Hierfür
und die eigene Verortung in ihm ein wesentlicher Be-              gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie das Hochladen
standteil der zu erbringenden wissenschaftlichen Leis-            auf Dissertationsservern und Buchveröffentlichungen.
tung ist. In der Findungsphase besteht einerseits die
Notwendigkeit in die Breite denken zu müssen, um das              Wird kumulativ promoviert, sind Überlegungen über Pu-
Thema greifen und im Diskurs verorten zu können. Ande-            blikationsorte bereits in der Findungsphase angesiedelt
rerseits bedarf es einer Fokussierung, um eine bearbeit-          (vgl. Abbildung 2). Innerhalb des Gesamtprozesses bil-
bare Fragestellung entwickeln zu können. Ist das Schreib-         den die verschiedenen zu produzierenden Texte eigen-
projekt mit eigener Datenerhebung verbunden, müssen               ständige Textproduktionsprojekte, die jedoch in ein Ge-
methodische Entscheidungen hinsichtlich des Designs               samtprojekt eingebettet sind.
getroffen werden. Aufgrund der zeitlichen Restriktionen
im hochschulischen Kontext wird von den Schreiben-                Das Rahmenpapier ist ein eigenständiges Textprojekt in-
den in der Regel eine frühzeitige Festlegung gefordert            nerhalb des Gesamtprojekts. Seine Konzeption beginnt
– selbst wenn die Fragestellung noch nicht endgültig ist.         häufig schon mit der Erstellung eines Exposés, weil die-
Je nach Schreibtyp ist die Textformulierungsphase durch           ses einen ersten Entwurf für die Gliederung des Rahmen-

Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren                                                   15
Promovieren als handlungsorientiertes Projekt

papiers enthält. Die Erfahrungen von kumulativ Promo-
vierenden zeigen dann jedoch, dass die Hauptarbeit am
Rahmenpapier erst beginnt, wenn die notwendigen Ein-
zelartikel eingereicht sind. Den Abschluss des Gesamt-
prozesses bildet hier die Prüfungsphase, da in der Regel
die kumulative Arbeit als solche nicht publiziert wird. Die
Handlungen sind in dieser Abbildung nicht noch einmal
aufgeführt, da sie sich an den einzelnen Phasen orientie-
ren.

Die Handlungen wissenschaftlichen Arbeitens werden
hinsichtlich ihrer Funktion im Gesamtprozess betrachtet.
Es werden erkenntnisgenerierende Handlungen, produkt-
orientierte Handlungen und Interaktionen mit Personen
unterschieden und mit den Basishandlungen Lesen,
Schreiben und Reden verbunden.

Leseprozesse in der Findungsphase dienen in der Regel
dazu, sich in ein Thema einzuarbeiten und Wissen zu
generieren. Demgegenüber wird während der Formulie-
rungsphase gelesen, um vorhandenes Wissen zu reaktu-
alisieren. Mit fortschreitender Zeit nimmt das Lesen des
eigenen Textes zu. Während der Fertigstellungsphase
sollte – im Idealfall – kein Rückgriff auf Fachtexte anderer
mehr notwendig sein. Alle notwendigen Prüfprozesse
sind als Bestandteile der Überarbeitungsphase konzep-
tualisiert. Allerdings wird an dieser Stelle die Idealisie-
rung des Modells deutlich. In der Praxis kommt es immer           Abb. 2: Kaskadenmodell wissenschaftlicher Textproduk-
wieder vor, dass bei der Überprüfung formaler Aspekte             tion. Typ: Kumulative Dissertation (eigene Darstellung)
der eine oder andere Fachtext noch einmal angefasst
werden muss.                                                      etwas notiert, um dem Vergessen entgegen zu wirken,
                                                                  kann und darf man anders schreiben, als wenn es darum
Geschrieben wird in allen Phasen, jedoch unterscheiden            geht, Text zu produzieren, der Teil der Dissertation sein
sich die Zwecke erheblich: Denn epistemisch-heuristische          soll. Die Zeit, die es kostet, auf diese Art zu schreiben, ist
Schreibprozesse sind erkenntnisgenerierend und müssen             in der Regel sehr gut investierte Zeit. Denn man kann
sich daher nicht an textuellen Anforderungen orientie-            nur das verständlich und klar aufschreiben, was einem
ren. Und: Sie sollten es auch nicht. Denn in der Vorstel-         selbst klar ist. Denkschlaufen gehören zum Promovieren
lung, dass alles, was geschrieben wird, Teil des einzu-           und zum argumentativen Schreiben dazu. Gedankliche
reichenden Textes ist und dementsprechend sprachlich              Arbeit ist Schwerstarbeit. Sie sollte nicht zusätzlich da-
und formal diesen Ansprüchen genügen muss, liegt das              durch belastet werden, dass jede Formulierung perfekt
größte Missverständnis über das Schreiben – und Ursa-             oder eventuell – beim Schreiben in einer Fremdsprache
che für so manche Schreibblockade. Wer sich darüber               – auch noch sprachliche Hindernisse überwunden wer-
bewusst ist, warum und mit welchem Ziel sie oder er ge-           den müssen. Hier zwei Arbeitsgänge einzulegen und
rade schreibt, gewinnt viel: In Situationen, in denen man         das erkenntnisgenerierende vom produktorientierten
sich über seine eigenen Gedanken klar werden will oder            Schreiben zu trennen, kann sehr entlasten.

16                                                       Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren
Promovieren als handlungsorientiertes Projekt

Das Reden über das Schreiben ist ein wesentlicher Be-             Kleist, Heinrich von (1805): Über die allmähliche
standteil kompetenten Schreibhandelns (vgl. Girgen-               Verfertigung der Gedanken beim Reden. Internetaus-
sohn/Sennewald 2012: 102). Die Einbindung interaktiver            gabe. Version 11.02 von 2002. Heilbronn: Kleist-Archiv
Handlungen als Bestandteil von Textproduktion trägt               Sembdner.
dem Umstand Rechnung, dass professionelles Schrei-
ben nicht einsam ist bzw. sein muss. Im hochschulischen           Knorr, Dagmar (2016): Modell „Phasen und Handlungen
Kontext kann zwischen zwei Personengruppen unter-                 akademischer Textproduktion“. Eine Visualisierung zur
schieden werden, mit denen geredet werden kann: So                Beschreibung von Textproduktionsprojekten. In: Ball-
reden Schreibende mit Betreuenden und Gutachtenden.               weg, Sandra (Hrsg.): Schreibzentrumsarbeit: Theorie, Em-
Mit diesen werden mindestens Rahmenbedingungen                    pirie, Praxis. Frankfurt/Main u. a.: Lang [Wissen – Kompe-
und inhaltliche Ausrichtungen besprochen. Im Modell               tenz – Text; 11], 251–273.
sind deshalb nur wenige Interaktionen visualisiert. Mini-
mal gibt es zwei Interaktionen zwischen Schreibenden

                                                                                                                                 © privat
und Betreuenden: Zu Beginn des Schreibprojekts sollte
eine Verständigung über die Rahmenbedingungen des
Schreibprojekts erfolgen, am Ende die Mitteilung über
die Bewertung des Textes. Ob und wenn ja, welche wei-
tere Interaktionen stattfinden, ist von den interagieren-
den Personen abhängig. Zusätzlich können (und sollten!)
Schreibende mit Peers interagieren. Peers können an-
dere Promovierende, Mitarbeitende von schreibdidakti-
schen Einrichtungen sein, aber auch Freund*innen, Ver-
wandte etc. Die möglichen Interaktionen sind daher sehr
vielfältig und reichen von emotionaler Unterstützung,
über das „allmähliche Verfertigen der Gedanken beim
Reden“ (Kleist 1805) bis hin zu formativem Feedback auf
Textteile bzw. dem Text und Reflexion des Arbeits- und
Schreibprozesses.

Zusammenfassend hat das Kaskadenmodell einen
Zweck: die Reflexion und das Sprechen über das Schrei-
                                                                  Die Autorin
ben anzuregen – wenn dies gelingt, ist ein wichtiger
                                                                  Dr. Dagmar Knorr ist Schreibwissenschaftlerin und Lingu-
Schritt hin zu einer erfolgreichen Promotion getan.
                                                                  istin. Sie forscht, lehrt und publiziert zum wissenschaftli-
                                                                  chen Schreiben unter Bedingungen von Mehrsprachig-
Weitere Informationen und Ressourcen zum wissen-
                                                                  keit. Seit 2017 leitet sie das Schreibzentrum/Writing
schaftlichen Schreiben, u. a. auch einen Schreibtypen-
                                                                  Center der Leuphana Universität Lüneburg. Zuvor war
test, finden Sie unter http://leuphana.de/SWC-Ressource.
                                                                  sie in Hamburg und Modena tätig. Sie setzt sich dafür
                                                                  ein, dass das Schreiben als Thema von den Hochschu-
Literatur
                                                                  len stärker in den Blick genommen wird. So hat sie als
Girgensohn, Katrin/Sennewald, Nadja (2012): Schreiben
                                                                  Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Schreibdidaktik
lehren, Schreiben lernen. Eine Einführung. Darmstadt:
                                                                  und Schreibforschung federführend am „Positionspapier
WBG [Einführung Germanistik].
                                                                  Schreibkompetenz im Studium“ mitgearbeitet. Und in
                                                                  der Gesellschaft für Angewandte Linguistik gründete sie
                                                                  und leitet seitdem die Sektion Schreibwissenschaft.

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                                     Promovieren mit Kind: Wie lassen
                                     sich Dissertation und Familie
                                     unter einen Hut bringen?
                                     von Majana Beckmann

                                     Die Herausforderung Vereinbarkeit                                Vorteile der Promotion mit Kind
                                     Als promovierende Eltern stehen Sie vor der besonderen           Eine Doktorarbeit zu schreiben und Kinder zu haben,
                                     Herausforderung, mit der Dissertation und der eigenen            ist (noch) nicht Normalität. Zwischen ca. 13 und 30 Pro-
                                     Familie zwei bedeutsame Lebensbereiche zu vereinba-              zent der Nachwuchswissenschaftler*innen1 sind Eltern.
                                     ren. Immer wieder gilt es abzuwägen, welcher von bei-            Interessant ist, dass diese tendenziell zufriedener und
                                     den gerade Vorrang hat. Und immer wieder kann sich               weniger gestresst sind als ihre Kolleg*innen ohne Kinder,
                                     das ungute Gefühl einstellen, dem jeweils anderen nicht          wenngleich sie sich durch die Gleichzeitigkeit von Fami-
                                     gerecht zu werden. „Ich habe schon viel zu lange nichts          lie und Beruf stärker belastet fühlen (Bundesbericht Wis-
                                     für die Dissertation gemacht.“ „Soll ich mich noch zum           senschaftlicher Nachwuchs 2017: 236; 244).
                                     Arbeiten aufraffen, wenn die Kinder schlafen?“ „Reservie-
                                     re ich das Wochenende für die Familie oder schreibe ich          Was sind Gründe für diese Zufriedenheit? Erstens ergän-
                                     an der Dissertation?“ Wenn ein Kind krank wird oder eine         zen sich hier zwei intensive, fordernde und auch erfüllen-
                                     Deadline im Projekt abläuft, erhöht sich der Druck noch.         de Lebensbereiche: Sie haben sowohl die Möglichkeit,
                                     Diese inneren Konflikte sind belastend. Oft resultiert da-       ein interessantes Thema in aller Tiefe zu bearbeiten als
                                     raus eine Unzufriedenheit, die sich in Schreibblockaden,         auch die eigenen Kinder beim Aufwachsen zu begleiten.
                                     Prokrastination oder Zweifeln niederschlägt. Das Promo-          Promovierende Eltern beschreiben häufig, dass die Zeit
                                     tionsprojekt rückt in den Hintergrund und die Hürden,            mit dem Kind der perfekte Ausgleich zur Forschungsar-
                                     es fortzusetzen, wachsen. Wie kann es gelingen, die Dok-         beit ist. Zweitens sehen sich Eltern als sehr pragmatisch
                                     torarbeit in den Familienalltag zu integrieren? Dieser Bei-
                                     trag lädt Sie zu einem neuen Blick auf Ihre Situation ein.
                                                                                                      1	Hierunter sind Promovierende und Promovierte zusam-
                                                                                                         mengefasst.

                                     18                                                      Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren
Promovieren mit Kind

und flexibel. Sie reagieren gelassener auf unerwartete            beitsbedingungen? Wenn diese Bedingungen im Wider-
Änderungen und entwickeln zügig einen Plan B. Drittens            spruch stehen zu Ihren Erwartungen, dann ist Unzufrie-
sorgt der Tagesablauf oft für klar definierte Schreibzei-         denheit vorprogrammiert. Es lohnt sich also, erst einmal
ten. Diese werden als wertvoll erachtet, was wiederum             die familiären und beruflichen Tatsachen zu prüfen. Da-
die Produktivität steigert. Die Zeitfenster zum Promovie-         für sind bspw. die Anzahl und das Alter der Kinder wich-
ren sind meistens kleiner, jedoch ganz klar in eine Struk-        tig, sowie Ihre Vorstellungen vom Betreuungsumfang.
tur integriert.                                                   Wer ist wann für die Kinder da? Wer übernimmt im Not-
                                                                  fall die Betreuung des kranken Kindes? Welche Aufgaben
Sollte Ihre vorgesehene Schreibzeit häufig ungenutzt              erledigen Sie im Alltag? Wer trägt wofür die Verantwor-
bleiben, ist es ratsam, die Promotion im Hinblick auf Mo-         tung? Auf der beruflichen Seite gilt es etwa zu beachten,
tivation, Rahmenbedingungen und Aufgabenmanage-                   ob und in welchem Umfang Sie angestellt sind, ob die
ment zu prüfen.                                                   Promotion Bestandteil Ihrer Arbeitszeit ist und welche
                                                                  Erwartungen Ihre Betreuungsperson hat. Erfordert Ihr
Die Motivation: Was ist Ihr großes Ziel?                          Forschungsprojekt Laborarbeiten oder Auslandsaufent-
Zuerst lohnt sich eine innere Bestandsaufnahme: Wie               halte? Wie flexibel sind Arbeitsort und -zeiten?
wichtig ist es Ihnen gerade, Ihre Dissertation voranzu-
bringen? Welches persönliche Ziel verfolgen Sie damit?            Alle diese Dinge in den Blick genommen, lässt sich ab-
Zu wie viel Prozent ist Ihre Motivation momentan spür-            schätzen, wie viele Stunden pro Woche Sie für Ihre Dis-
bar? Mit der Geburt eines Kindes kann sich die Einstel-           sertation Zeit haben. Sind dies mehrere Stunden am
lung zur Promotion verändern. Mütter und Väter über-              Stück oder viele kleine Zeitfenster? Wie viel Zeit bräuch-
nehmen plötzlich eine neue Rolle, die mit einem großen            ten Sie mehr, damit Ihre Planung aufgeht? Oder fehlt es
Verantwortungsgefühl einhergeht. Das Leben steht Kopf             nicht an Zeit, sondern an etwas Anderem?
und hat einen neuen bzw. weiteren Mittelpunkt.
                                                                  Sollte Zeit der entscheidende Faktor für Sie sein, geht es
Für die einen ist es eine willkommene Abwechslung, sich           darum, Ihren Spielraum zu erkennen. Wen können Sie für
in der Elternzeit mit der eigenen Forschungsarbeit geis-          die Kinderbetreuung mit ins Boot holen? Welche Aufga-
tig herauszufordern. Für die anderen ist es genau richtig,        ben können Sie aus der Schreibzeit auslagern? Haben Sie
die Aufmerksamkeit allein dem Kind zu schenken. Wer-              sich ganz bewusst für mehr Zeit mit den Kindern und we-
den die Fäden wieder aufgenommen, ist das eine gute               niger Zeit mit der Dissertation entschieden, dann wären
Gelegenheit, die Bedeutung der Doktorarbeit für sich              die langfristige Zeitplanung oder die Terminabsprachen
selbst zu überprüfen. Wenn sich an dieser Stelle Zweifel          mit Doktormutter oder -vater mögliche Stellschrauben
einstellen, können Sie überlegen: Was wäre nötig, damit           für Sie. Sie sehen: So individuell wie die Antwort auf die
ich die Promotion weiterhin verfolgen kann und will? Ha-          Frage nach dem Stellenwert der Dissertation fällt auch
ben Sie die Promotion bereits mit Kind(ern) begonnen,             die Anpassung der Rahmenbedingungen aus.
dann sind diese Gedanken vermutlich vorausgegangen.
In jedem Fall ist es gut zu klären, welche Relevanz die Pro-      Die Promotion in den Alltag holen: Wie gelingt Ihr
motion jetzt in Ihrem Leben hat. Mithilfe dieser Erkennt-         Aufgabenmanagement?
nis können Sie das Maß an Zeit und Energie bestimmen,             Als Eltern kennen Sie das nur zu gut: Der Alltag mit Kin-
das Sie Ihrer Dissertation derzeit widmen wollen.                 dern ist von ständigen Unwägbarkeiten geprägt. Auch
                                                                  der Weg zum Doktortitel verläuft so gut wie nie gerad-
Der Realitätscheck: Was sind Ihre                                 linig. Im Gegenteil, einige Promotionsphasen bergen ein
Rahmenbedingungen?                                                ziemlich hohes Krisenpotential (vgl. Beckmann 2020). In
Angenommen, Sie wären zu 100 Prozent motiviert und                beiden Lebensbereichen sind Sie also gefordert, mit gro-
wollten Ihre Promotion mit voller Energie verfolgen. Wie          ßen Unsicherheiten umzugehen. Häufig ist es die Disser-
realistisch ist das unter den gegebenen Lebens- und Ar-           tation, die zurückstecken muss, wenn etwas im Familien-

Exposé – Zeitschrift für wissenschaftliches Schreiben und Publizieren                                                    19
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