Digitale WELTen Digital - ganz normal - kja Diözese Würzburg

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Digitale WELTen Digital - ganz normal - kja Diözese Würzburg
# 44. 1/2020
INFORMATIONEN VON BDKJ & KJA WÜRZBURG

                                              Digitale WELTen
                                        Digital –     Lebenswelt   Tools für die
                                        ganz normal   Internet     Praxis
Digitale WELTen Digital - ganz normal - kja Diözese Würzburg
Inhalt

                                                                                                                     Impressum
         Editorial        .............................................3

         Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
         Expertenrunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4               Herausgeber:
         Aufwachsen mit Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14                              Bund der Deutschen Katholischen
         Blickwinkel verändern Sichtweisen -                                                                           Jugend (BDKJ) Diözesanverband
         Digitales Lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16                   Würzburg
         Digitale Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18               Mitherausgeber:
         Wie wollen wir in Zukunft leben und arbeiten? . . . . . 20                                                    Kirchliche Jugendarbeit Diözese
         Homeoffice-Erfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22                               Würzburg (kja)
         Gott ist da-zwischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24                       Verantwortlich:
         Internetseelsorge – pastorales Angebot im Netz . . . . 25                                                     Christina Lömmer
         Youtubestudio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26                  Daniela Hälker
         Digitale Gruppenstunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27                            Redaktion:
         Maker Dates - Fortnite, Mergecube, MaKey MaKeys 28                                                            Eva-Maria Buchwald, Verena
         Medientools für (digitale) Konferenzen . . . . . . . . . . . . . 29                                           Fiedler, Dominik Großmann,
         Impuls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30           Daniela Hälker, Christina Lömmer,
         Pinnwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32               Matthias Muckelbauer, Klaus
                                                                                                                       Schätzlein, Anna Siemer
         BDKJ und kja . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34               Kontaktadresse:
                                                                                                                       Redaktion - Meteorit
         Verbände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40              Kilianeum – Haus der Jugend
         Regionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42             Ottostraße 1, 97070 Würzburg
                                                                                                                       fon: 0931 386-63141
         Leute und Fakten                 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44     E-Mail: bdkj@bistum-wuerzburg.de
                                                                                                                       www.bdkj-wuerzburg.de
                                                                                                                     Layout:
                                                                                                                       Selina Seubert
                                                                                                                     Lektorat:
         Anmeldung                                                                                                     Redaktionsteam
                                                                                                                     Druck:
         Hier kannst du den Meteorit
                                                                                                                       Druckerei Lokay e. K., Reinheim
         kostenfrei bestellen:
                                                                                                                     Auflage:
         www.bdkj-wuerzburg.de
                                                                                                                       1.500 Stück
                                                                                                                     Bezugshinweis:
                                                                                                                       Kostenloser Bezug über die
         Rückmeldung                                                                                                   BDKJ-Diözesanstelle
                                                                                                                     Gefördert von:
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         sagen? Lob? Kritik? Dann
         schreib uns gerne eine E-Mail.

         Nächste Ausgabe
                                                                                                                     Wir sind klima.aktiv!
         Redaktionsschluss der nächsten Ausgabe:                                                                     Deshalb wird unser
         15. Oktober 2020
                                                                                                                     Meteorit auf
         Thema: Globale Gerechtigkeit
                                                                                                                     Umweltpapier
                                                                                                                     gedruckt.

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Titelbild: www.pixabay.de
Digitale WELTen Digital - ganz normal - kja Diözese Würzburg
Editorial
Liebe Leser*innen!                    Situation einzugehen als auch dar-
                                      über hinaus langlebige Inhalte und
Wie kann ein gedrucktes Medium        Entwicklungen der digitalen Welt
die vielen Facetten der digitalen     aufzugreifen. Der Thementeil die-
Welt einfangen? Diese Frage war       ses Heftes enthält so viele Fach-
für uns zu Beginn der Recherchen      artikel wie noch nie, ergänzt mit
die größte Herausforderung. Mit       interessanten und mitunter kurio-
den Einschränkungen durch die         sen Kurzinfos aus der Medienwelt.
Covid-19 Pandemie und deren           In unserem Leitartikel gewähren
Auswirkungen auf unseren digitalen    uns fünf Fachpersonen spannen-
Alltag mussten wir viele Vorüber-     de Einblicke in Erfahrungen und
legungen und Artikelanfragen auf      Grundlagen ihrer alltäglichen digi-
die geänderte Situation anpassen.     talen Arbeit. Im Anschluss geht es
Digitales ist stark expandiert und    um die Aufgabe der Jugendarbeit,
für viele ermöglichten alleine die    Reflexionsräume auch für digitale
digitalen Medien sozialen Kontakt,    Erfahrungen von Jugendlichen zu
Unterhaltung und Beschäftigung.       ermöglichen. Studierende und eine
Wir alle wurden vor große Her-        Dozentin teilen ihre Erkenntnisse
ausforderungen gestellt und nicht     mit dem Online-Studium und ein
wenige mussten sich gerade für        weiterer Artikel beleuchtet die
Unterricht oder Beruf mit den         Auswirkungen der letzten Mona-
zahlreichen digitalen Möglichkeiten   te auf die digitale Arbeitswelt.
beschäftigen und sich einarbeiten.    Der Alltag im Homeoffice kommt
Im Privaten genutzte Funktionen       im Anschluss ebenso zur Sprache
wie Videotelefonate und Chats mit     wie Best Practice Beispiele. Mit
Familie und Freunden, Online-         praktischen Informationen zu Me-
Stammtische, gemeinsames Zocken       dientools für Konferenzen und dem
am Rechner oder Smartphone            Youtubestudio der kja runden wir
haben zwar ihre Grenzen und           unseren Thementeil ab.
können physische Nähe nicht erset-
zen, ermöglichen aber immerhin        Besonders möchte ich auf „Und du
den gemeinsamen Austausch und         so?“ hinweisen, ein neues Projekt,
das Gefühl von Verbundenheit.         welches im Mittelteil und auf den
Mittlerweile wurden die Beschrän-     letzten beiden Seiten vorgestellt
kungen wieder etwas gelockert.        wird. Junge Menschen werden
Die Erfahrungen und kreativen         gehört - bei uns, in der kja, in der
Entwicklungen im digitalen Bereich    Kirche, Gemeinden und Städten,
gehen jedoch weiter und viele Er-     in der Politik und vor allem auch
rungenschaften werden weiterhin       untereinander.
bleiben.
                                      Ich wünsche Ihnen und Euch im Na-
Wir haben versucht, in dieser         men des ganzen Redaktionsteams
Ausgabe sowohl auf die aktuelle       viel Spaß und vor allem viele
                                      Anregungen und Erkenntnisse beim
                                      Lesen des meteorit!

                                                  Matthias Muckelbauer

                                                                           3 EDITORIAL

                                                                    Bild: www.pixabay.de
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THEMA

      Expertenrunde
      Das Thema Digitalisierung wirkt schnell wie ein Fass ohne Boden, wenn es in all seinen Facetten, Erschei-
      nungsformen, Entwicklungen und Auswirkungen auf Mensch und Gesellschaft erfasst werden soll. Einige der für
      Jugendseelsorge und Jugend(bildungs)arbeit relevanten Fragestellungen werden nachfolgend in einer ersten
      Expertenrunde behandelt. Mit ihren Antworten geben die Autor*innen einen kurzen Einblick in ihre Betrachtung
      des Themas, zu konkreten Impulsen und aus ihrem jeweiligen Fachbereich. Die Redaktion fragt, Expert*innen
      antworten - und laden ein, sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln dem Thema Digitalisierung anzunähern.

                                Christian Schnaubelt ist Dipl. Sozialwissenschaftler mit Schwerpunkt „Politik &
                                Medien“ sowie Kommunikationswirt. Er arbeitet als Journalist, Online-Redakteur
                                und Lehrbeauftragter der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen.
                                Ehrenamtlich ist er im Bereich Web und Medien bei BDKJ und DPSG auf Bundesebene
                                engagiert.
                                                                                              Der Wissenschaftler/Dozent

            Kerstin Heinemann ist Dipl. Religionspädagogin und Medienpädagogin. Sie arbeitet als
              medienpädagogische Referentin am JFF - Institut für Medienpädagogik in Forschung
           und Praxis. Sie ist Mitglied der Expertengruppe Social Media und digitale Transformati-
                   on der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), sowie des Beirats der Clearingstelle
                                                                       Medienkompetenz der DBK.
           Die Medienpädagogin/Netzwerkerin

                                Christoph Schlämmer ist Dipl. Sozialpädagoge und Medienpädagoge. Er leitete bis
                                Juni 2020 die Katakombe - Offene Jugendbildung im Martinushaus Aschaffenburg.

                                                                                                       Der Sozialarbeiter

           Amelie Nickel ist Soziologin (M.A.) und aktuell als akademische Tutorin am Hamburger
             Zentrum für Universitäres Lehren und Lernen mit dem Schwerpunkt Digitalisierung
                                                                                und Bildung tätig.
           Die Soziologin

                                Anna Schärmann ist 18 Jahre alt und macht derzeit ein Freiwilliges Ökologisches
                                Jahr in Wien, welches aufgrund von Corona momentan warten muss. Außerdem
                                teilt sie auf ihrer Instagramseite anna.mirror ihre Gedanken, ihre Faszination von
                                der Natur und die kleinen Momente im Leben.
                                                                                                       Die Instagramerin

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Digitale WELTen Digital - ganz normal - kja Diözese Würzburg
Der Wissenschaftler/                   wird. Sei es in der Gesellschaft,
                                       Wirtschaft und der Kirche. Und
                                                                             müssen Politik und Wirtschaft
                                                                             zukünftig agieren, um Digitalisie-
Dozent                                 das weltweit. Dies bedeutet auch,
                                       dass wir das nationalstaatliche
                                                                             rung zu fördern?

                                       „Kirchturmdenken“ ablegen und         Die Corona-Pandemie hat es aus
Wo steht Deutschland gerade im
                                       stattdessen das europäische bzw.      meiner Sicht einerseits deutlich
Bereich Digitalisierung im Ver-
                                       das globale Denken im Stil „think     gemacht: Die Verlierer*innen
gleich zu anderen europäischen
                                       global – act local“ forcieren         der Digitalisierung sind aktuell
Ländern?
                                       sollten.                              die Schulen und damit auch die
                                                                             Schüler*innen. Kaum eine Schu-
Aus meiner Sicht ergeht es
                                       Die skandinavischen Länder            le war technisch (Stichwort:
Deutschland im Bereich der Digi-
                                       können Deutschland im Bereich         Breitbandanschlüsse, Endgeräte)
talisierung ähnlich wie im Bereich
                                       Bildungs- und Digital-Politik ein     aber auch pädagogisch (Stich-
Klimaschutz. Zunächst waren wir
                                       Vorbild sein. Aber wir sollten auch   wort: E-Learning), in der Lage,
einer der Vorreiter in der EU, doch
                                       den Blick auf den afrikanischen       das „Homeschooling“ gut um-
jetzt drohen wir den Anschluss
                                       Kontinent werfen, zum Beispiel in     zusetzen. Die Infrastruktur der
zu verlieren. Oder anders ausge-
                                       die DR Kongo. Denn dieses Land        Schulen war aber auch schon vor
drückt, das Glas ist halbvoll und
                                       leidet unter unserem digitalen        Covid-19 problematisch. So hat
halbleer zugleich.
                                       Ausbau, für den immer mehr Gold       der BDKJ-Bundesverband bereits
                                       und Coltan benötigt werden. Der       2018 in seinen digitalpolitischen
Das Glas ist halbvoll, da das digi-
                                       Bürgerkrieg um die „Konfliktmine-     Grundlagen gefordert, mit zeit-
tale Knowhow und die technischen
                                       ralien“ betrifft vor allem Frauen,    gemäßen Methoden und Technik
Voraussetzungen in Deutschland
                                       wie der Nobelpreisträger Dr.          den Schüler*innen eine „digitale
vorliegen. Aber ebenso wie der
                                       Denis Mukwege letztes Jahr bei        Mündigkeit“ und dadurch eine
Ausbau der Erneuerbaren Energien
                                       einer Kongo-Konferenz von missio      „gesellschaftliche Teilhabe“ zu
lange verschlafen oder ausge-
                                       in Berlin berichtete, an der ich      ermöglichen. Geschehen ist seit-
bremst wurde, ergeht es jetzt
                                       teilgenommen habe. Neben dem          dem wenig, außer Handyverbote
dem Breitbandausbau. Daher
                                       „ökologischen Fußabdruck“ sollten     an Schulen. Diese sind aus meiner
ist das Glas auch halbleer. Das
                                       wir auch auf unseren „digitalen       Sicht pädagogisch keine Lösung
Vorhandensein von schnellem
                                       Fußabdruck“ achten. Deutsch-          – im Gegensatz zu freiwilligem
und sicherem Internet ist kein
                                       land könnte ein Vorreiter in der      Verzicht im Sinne einer digitalen
Wunsch von ein paar „Nerds“,
                                       EU werden, wenn die Digitalpo-        Achtsamkeit. Schule gerät damit
sondern Grundvoraussetzung für
                                       litik einen höheren Stellenwert       in Gefahr, den wichtigen Le-
die digitale Teilhabe, gerade auch
                                       bekommt.                              bensweltbezug für Schüler*innen
junger Menschen. Aber auch in der
                                                                             (weiter) zu verlieren.
Wirtschaft ist eine Breitbandver-
                                       In den letzten Jahren hat sich
sorgung auch im ländlichen Raum
                                       viel gewandelt, die Welt ist          Andererseits wird das Thema
eine Grundvoraussetzung für die
                                       digitaler geworden. An etlichen       „Teilhabegerechtigkeit“ immer
Ansiedlung von IT-Firmen. Dabei
                                       Stellen hängt die Infrastruktur       wichtiger. Die (Armuts-) Kluft drif-
ist ausreichend „sauberer“ Strom
                                       jedoch hinterher. Sicherlich gibt     tet in Schulen und in der Jugend-
eine wichtige Voraussetzung für
                                       es gerade auch aus der Zeit der       arbeit weiter auseinander. Neue
die digitale Infrastruktur (Stich-
                                       Corona-Krise Erfahrungswerte:         technische Möglichkeiten dürfen
wort: Serverfarmen). So schließt
                                       Wo haben sich Schwachstellen          nicht zu neuen technischen Aus-
sich der Kreis zum Thema Klima-
                                       herauskristallisiert? Wer sind die    schlüssen führen. Dabei greift eine
schutz.
                                       Verlierer*innen? Welche Baustel-      Debatte um die technischen Zu-
                                       len müssen seitens Politik JETZT      gangsmöglichkeiten zu kurz. Auch
Die Digitalisierung ist ein Prozess,
                                       angegangen werden? Und wie            die Themen finanzielle Teilhabe
der unsere Lebensweise verändern

                                                                                                                  5 THEMA
Digitale WELTen Digital - ganz normal - kja Diözese Würzburg
THEMA

      (Stichwort: Verschuldung) und        schen benötigt. Wenn der Staat         zu liken haben. Das im Mai 2020
      demokratische Teilhabe (Stich-       schon der Lufthansa für neun           eingerichtete „Oversight Board“ –
      wort: Mitbestimmung) gehören         Milliarden Euro durch die Krise        Kontrollgremium bei Facebook ist
      beispielsweise dazu. Hier muss der   hilft, wäre es doch ein Klacks den     ein erster Schritt in die richtige
      Staat die Rahmenbedingungen für      (Jugend-) Verbänden Geld für ein       Richtung, ersetzt aber keine ge-
      eine umfassende Teilhabe junger      „Förderprogramm Digitalisierung“       wählte oder staatliche Kontrollin-
      Menschen schaffen. Dazu gehören      zur Verfügung zu stellen, oder?        stanz. Hier sind vor allem die EU,
      neben einem flächendeckenden                                                aber auch der deutsche Gesetzge-
      Breitbandausbau beispielsweise       Viele Gesetze für den digitalen        ber gefragt, regulierend einzugrei-
      auch barrierefreie Websites in       Raum sind antiquiert. Es gibt          fen ohne digitalen Fortschritt zu
      leichter Sprache sowie digitale      Nachholbedarf bei den Themen           verhindern.
      Bildungsangebote für alle Alters-    Urheberrecht und Hate Speech.
      gruppen, wie es der BDKJ-Bundes-     Braucht es ganz konkret eine           Leider wurden bei der Überarbei-
      verband fordert.                     Ethik im digitalen Raum? Und           tung des Staatlichen Datenschut-
                                           wenn ja, wie sollte diese ausse-       zes (DSGVO) und des Kirchlichen
      Und zu guter Letzt sollte gerade     hen?                                   Datenschutzes (KDG) einige
      auch die Jugendverbandsarbeit                                               Punkte überreguliert und andere
      die Chancen der Digitalisierung      Aus meiner Sicht sollten uns die       Punkte nicht ausreichend bedacht
      noch stärker nutzen. Die Corona-     ethischen Maßstäbe aus der ana-        (z.B. Update des Urheberrechtes
      pandemie hat dabei neue Projekte     logen Welt auch in der digitalen       und konsequentes Vorgehen gegen
      (z.B. digitale Gruppenstunden        Welt eine „Richtschnur“ sein. Die      „Hate Speech“). Jugendverbände
      / Lagerfeuer / Gottesdienste /       Basis demokratischen Handelns –        und Vereine benötigen eine Anpas-
      Versammlungen) hervorgebracht.       Transparenz, Kontrolle und freier      sung der Datenschutz-Richtlinien,
      Dafür werden zuallererst ausrei-     Zugang zu Wissen – sind für mich       so dass diese wieder „alltags-
      chend Beteiligungsmöglichkeiten      zeitlos und daher auch im Web          tauglich“ werden. Auch das
      und Ressourcen für junge Men-        unabdingbar.                           Thema „Cybermobbing“ benötigt
                                                                                  einen größeren Stellenwert. Die
                                           Wir User*innen benötigen Infor-        Pfadfinder*innen können mit ihren
                                           mationen über die Fragen: Woher        „safe from harm“ – Ausbildungen
                                            kommen die Daten? Wer hat             von WOSM da ein gutes Vorbild
                                                sie erstellt? In welchem          sein.
                                                   Auftrag? Und wer hat
                                                      dafür bezahlt? Und wir      Der BDKJ-Bundesverband setzt
                                                        benötigen unab-           sich gemeinsam mit der Gesell-
                                                           hängige Kontroll-      schaft Katholischer Publizisten
                                                            gremien, die          Deutschland (GKP) gegenüber den
                                                               gewährleisten,     Diözesandatenschutzbeauftrag-
                                                                dass nicht nur    ten und den Bischöfen für einen
                                                                 Tech-Giganten    „pragmatischen Datenschutz“
                                                                 wie Face-        ein, der auch für ehrenamtlich
                                                                  book, Google    geführte Vereine umsetzbar ist.
                                                                  und Amazon      Der BDKJ hat dabei die Probleme
                                                                  Cloud-Diens-    bei der Umsetzung der KDG-Vor-
                                                                  te festlegen,   schriften im Bereich Social Media
                                                                  was wir zu      und Messenger-Plattformen (Stich-
                                                                 lesen, zu        worte: Facebook- und WhatsApp-
                                                                kaufen und        Verbote) eingebracht. Daher ist es

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                                                                                                                  Bild: www.pixabay.de
Digitale WELTen Digital - ganz normal - kja Diözese Würzburg
wichtig, die (Jugend-) Verbände in    möglich. Das Netz ermöglicht z.B.      gung gestellt wird. Doch Wissen
eine Weiterentwicklung des KDG        Online-Petitionen, Diskursräume        allein ist noch keine Bildung. Das
von Anfang an einzubeziehen.          in sozialen Netzwerken, digitalen      Internet bietet vielfältige Mög-
                                      Plattformen und vielfältige Mög-       lichkeiten des Lernens. Ich kann
             Christian Schnaubelt
                                      lichkeiten von strukturierter e-       mittlerweile virtuelle Besuche in
                                      Participation. Beteiligung sichert     großen Museen machen, mich mit

Die Medienpädagogin/                  Menschen ihren Status als Subjek-
                                      te mit eigener Entscheidungsge-
                                                                             Webinaren, MOOCs (Massive Open
                                                                             Online Courses) und gestreamten

Netzwerkerin                          walt und ist somit ein fundamen-
                                      tales Recht aller Mitglieder einer
                                                                             Vorträgen fortbilden und der Ein-
                                                                             satz von VR-Brillen und KI bietet
                                      Gesellschaft in allen sie betreffen-   spannende Experimentierfelder.
Frühjahr 2020, Corona fegt über
                                      den gesellschaftlichen Bereichen.      So bereichernd all diese Möglich-
das Land. Die Welt bleibt zuhause,
                                      Mit Hilfe der Digitalisierung sind     keiten sind, sie ersetzen nicht
aber sie steht nicht still. Ganz im
                                      wir zum Prosumer geworden - wir        den komplexen Lehr-Lern-Prozess
Gegenteil. Datenpakete werden
                                      produzieren und konsumieren            und die differenzierte Begleitung
eifrig durch das World Wide Web
                                      gleichermaßen. Das ermöglicht          desselben. Gerade in Zeiten von
gejagt, Videokonferenzsysteme
                                      uns eine vielfältige Klaviatur an      Corona und ersten Erfahrungen
und E-Learning Tools haben Hoch-
                                      Ausdrucksmöglichkeiten und zahl-       mit Homeschooling ist deutlich
konjunktur und kaum ein Satz wird
                                      reiche Resonanzräume. Allerdings       geworden, wie wichtig eine Lern-
häufiger ausgesprochen als „Wir
                                      haben nicht nur die Ereignisse der     begleitung ist. Lernprozesse sind
machen das jetzt halt digital!“.
                                      Demokratiebewegungen 2011 im           auch reflektorische Prozesse. Und
                                      arabischen Raum gezeigt, dass          gerade hierbei ist der Austausch
Welche positiven Auswirkungen
                                      eine große digitale Resonanz nicht     untereinander und das personale
hat Digitalisierung auf politische
                                      zwingend einen gelungenen Be-          Gegenüber wichtig. Wir Menschen
Teilhabe und gesellschaftliche
                                      teiligungsprozess nach sich zieht.     sind von Grund auf soziale Wesen
Beteiligung?
                                      Dieser braucht oft eine Entspre-       und so sind Bildungsprozesse auch
                                      chung in einem realphysischen          soziale Prozesse. All dies lässt sich
Zunächst einmal ist die Welt quasi
                                      Raum. On- und offline dürfen also      digital simulieren, aber nie voll-
kleiner geworden. Die Proteste
                                      nicht gegeneinander ausgespielt        ständig ersetzen. In der Ergänzung
in Hongkong und Chile oder die
                                      werden, sondern ergänzen sich bei      bietet die Digitalität allerdings
weltweiten Demonstrationen der
                                      kluger Konzeption sehr gut. Mehr       spannende Möglichkeiten. Wichtig
Fridays for Future-Bewegung sind
                                      zu Gelingensbedingungen von pä-        ist dabei, dass Lerninhalte nicht
über das Internet genauso in un-
                                      dagogischen Partizipationsprojek-      lediglich digitalisiert, sondern
sere Wohnzimmer gerückt wie die
                                      ten unter https://bit.ly/305sJub       tatsächlich digital transformiert
endlose Kette an unglaublichen
                                                                             werden. Es müssen neue didak-
Aussagen, die der amerikanische
                                      Das Internet bietet eine große         tische Ansätze und Konzepte
Präsident gerne über den Micro-
                                      Sammlung an Wissen verschie-           entwickelt werden, um digitale
bloggingdienst Twitter in die Welt
                                      denster Art. Welche Bildungschan-      Möglichkeiten gewinnbringend ein-
pustet. Das schafft eine emotiona-
                                      cen gerade auch im kulturellen         zusetzen. Oder anders formuliert:
le Verbindung - selbst, wenn tau-
                                      und politischen Bereich hält eine      Wenn ich die Kreidetafel durch ein
sende an Kilometern dazwischen
                                      steigende Digitalisierung bereit?      interaktives Whiteboard ersetze,
liegen. Und wer für etwas Emoti-
                                                                             die konzeptionellen Grundlagen
onen hat, der ist viel eher bereit
                                      Die Wikipedia ist ein großartiges      aber nicht ändere, dann habe ich
sich dafür einzusetzen. Zudem ist
                                      digitales Projekt, bei dem kollabo-    nichts gewonnen außer einer sehr
das Partizipationsinstrumentarium
                                      rativ auf sehr hohem Niveau Wis-       wartungsintensiven, digitalen
vielfältiger geworden durch die
                                      sen zusammengetragen, überprüft        Kreidetafel.
Digitalisierung. Beteiligung ist
                                      und der Allgemeinheit zur Verfü-
heute unabhängig von Zeit und Ort

                                                                                                                7 THEMA
Digitale WELTen Digital - ganz normal - kja Diözese Würzburg
THEMA

         Eine große Chance bietet die               schen und Freundschaften,             sozial- und jugendpolitische Be-
         Digitalisierung im Bereich des             Bekanntschaften und Austausch         mühungen müssen sich demnach
         lebenslange Lernens. Durch die             auch digital zu gestalten. Gera-      noch mehr als bisher anfragen
         netzwerkartigen, dezentralen und           de derzeit, wo es aufgrund der        lassen, inwiefern die Frage nach
         selbst zu gestaltenden Strukturen          Ausgangsbeschränkungen schwerer       Zugangsgerechtigkeit im Zentrum
         lassen sich viele Möglichkeiten in         möglich ist, Großeltern, Freun-       ihrer Agenda steht. Dabei geht es
         unterschiedlichen Bildungssettings         de und Kolleg:innen zu treffen,       nicht nur um Ausstattung, sondern
         und Altersclustern kreieren. Die           wird nochmal mehr bewusst,            vielmehr um ein komplexes und
         ganze Bandbreite des formellen,            wie hilfreich digital gestützte       feingliedriges Zusammenspiel von
         informellen und non-formalen               Kommunikation ist und welches         technischen und kompetenzför-
         Lernens kann somit abgedeckt               Potenzial in ihr ruht. Gleichzei-     dernden Konzepten, das on- und
         werden.                                    tig wird schmerzlich deutlich,        offline als wechselseitig aufeinan-
                                                    welch hohes Gut die realphysische     der bezogene Räume anerkennt
         Die Welt wird digitaler und rückt          Präsenz ist. Den anderen mit allen    und mit seinen jeweiligen Potenzi-
         dadurch immer näher zusammen.              Sinnen wahrzunehmen, ihn ohne         alen ernstnimmt.
         Eine weltweite Vernetzung pas-             Medium zu erleben, berühren zu
                                                                                                         Kerstin Heinemann
         siert mit wenigen Klicks. Welches          können, ist durch nichts wirklich
         Potenzial bietet die Digitalisie-          zu ersetzen. Wichtig in diesem
         rung aber auch für die sozial-             Diskurs ist die Wahrnehmung des
         raumnahe Inklusion?                        digitalen Gaps. Er verläuft nicht     Der Sozialarbeiter
                                                    zwingend an Alterslinien, sehr
         In der Welt zuhause könnte das             wohl aber an Zugangsvorausset-        Stichwort Jugendsozialarbeit:
         Motto der Digitalisierung lauten.          zungen und Kompetenzen. Wer           inwieweit machst du generell und
         Was für die Makroebene gilt,               über die entsprechende techni-        auch besonders in Zeiten der Krise
         lässt sich ebenfalls gut auf Meso-         sche Infrastruktur verfügt und        die Erfahrung, dass Kinder und
         und Mikroebene übertragen.                 medienkompetent ist, dem stehen       Jugendliche aus prekären Verhält-
         Nachbarschaftsportale, soziale             die vielfältigen Möglichkeiten        nissen durch die digitale Ent-
         Netzwerkdienste und Messenger              von digitaler sozialer Interaktion,   wicklung noch weiter abgehängt
         bieten gute Möglichkeiten kreativ          Kollaboration, Kreativität und Par-   werden? Sind z.B. Forderungen
         zu sein, sich schnell auszutau-            tizipation offen. Netz-, aber auch    nach Verteilung von Tablets sinn-
                                                                                          voll oder ist die Umsetzung ohne
                                                                                          Begleitung zu unterschiedlich?
                                                                                          Wo unterstützt ihr hier vielleicht
                                                                                          konkret?

                                                                                          Ich bin mir sicher, dass Kinder aus
                                                                                          prekären und schwierigeren Ver-
                                                                                          hältnissen auch aus digitaler Sicht
                                                                                          noch weiter abgehängt werden.
                                                                                          Chancengleichheit oder zumin-
                                                                                          dest eine Chancengerechtigkeit
                                                                                          im deutschen Bildungssystem ist
                                                                                          nach wie vor eine große Baustelle
                                                                                          und Bildungserfolg hängt nach
                                                                                          wie vor stark von der sozialen
                                                                       ch zur             Lage der Kinder, dem familiä-
                                                 s Internet hauptsächli
                          Jugendliche nutzen da                               he.         ren Hintergrund und der Unter-
                                  tion, zur Unterh altung und Informationssuc             stützung durch Eltern ab. Viele
                       Kommunika
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Bild: www.pixabay.de
Digitale WELTen Digital - ganz normal - kja Diözese Würzburg
weitere Faktoren kommen hinzu:         tertes Display) kaum denkbar.       zu Neuigkeiten aus der Region
die Wohnsituation (haben Kinder        Auch fehlt es in den Haushalten an  Aschaffenburg. Und wir haben
überhaupt einen ruhigen „Arbeits-      Hilfsmitteln wie einem Drucker.     uns das Konzept der „Tageschal-
platz“ für Schulaufgaben?), die        Hier haben wir ganz praktisch       lenges“ überlegt (https://www.
Medienkompetenz der Kinder und         einen „Druckservice“ ins Leben      katakombe-ab.de/aktuelles/
Jugendlichen (und auch der El-         gerufen, dass Besucher uns per      westayathome/). Über unsere
tern!) und natürlich die technische    Mail ihre Dokumente schicken,       Social-Media-Kanäle verbreiten
Ausstattung der Haushalte. Eine        wir es ihnen ausdrucken und sie     wir diese Ideen. Die meisten
bloße Verteilung von Tablets oder      es dann abholen können. Derzeit     Follower sind jedoch eher die
Notebooks halte ich jedoch nicht       wird für den Offenen Treff von uns  Eltern unserer Besucher*innen und
für sinnvoll. Am Beispiel                                                            Kursteilnehmer*innen,
der Digitalisierung an                                                               ehrenamtliche
                                67% der 18- bis 19-jährigen nutzen mindestens
Schulen hat sich bereits                                                             Mitarbeiter*innen der
gezeigt, dass es mit                einmal pro Woche eine Navigationsapp.            Katakombe und Koopera-
der Ausstattung alleine                                                              tions-partner*innen. Likes
nicht getan ist. Neben                                                               sind hier sicher ein Faktor
technischem Support braucht es         ein Hygiene- und Schutzkonzept      für den Erfolg und die Reichweite,
Lehrer*innen, Pädagog*innen und        entwickelt, sodass es – wenn von    aber nicht alleine ausschlagge-
Multiplikator*innen, die es A)         staatlicher Seite erlaubt - langsam bend. Wir wollten mehr auf eine
selbst verstehen mit der Technik       wieder mit reduzierter Besucher-    wechselseitige Kommunikation
umzugehen und die es B) ver-           zahl starten könnte. Unser WLAN,    hinaus oder dass Familien ihre
stehen, diesen bewussten und           unser Computerraum und wir als      Ergebnisse als Kommentar unter
verantwortungsvollen Umgang            Personal und Unterstützer werden    unsere Beiträge posten. Mit dem
Kindern und Jugendlichen zu            dann sicherlich gefragt sein.       Fortlauf der Pandemie haben wir
„lehren“ und die C) auch Eltern                                            festgestellt, dass es immer weni-
ins Boot holen und in die Pflicht      Welche Erfahrungen macht ihr        ger Beteiligung und Rückmeldung
nehmen, ihre Kinder hierbei zu         generell und auch besonders in      gibt. Ich erkläre mir das durchaus
unterstützen. Medienpädagogische       Zeiten der Krise in der Katakom-    mit dem wachsenden Onlinean-
Netzwerke wie z.B. der AK Medien       be mit rein digitalen Angeboten?    gebot, einer Reizüberflutung und
Aschaffenburg mit angegliederten       Können digitale Formate die         somit auch Überforderung vieler
Akteuren der aktiven medienpäda-       Begegnung und den persönlichen      Menschen in unserer digitalisier-
gogischen Jugendarbeit oder auch       Kontakt gut ersetzen? Wie werden    ten Welt.
Berater*innen für digitale Bildung     die Angebote nachgefragt und
an den staatlichen Schulämtern         angenommen? Braucht es hier an-     Versuche, ganz gezielt mit unse-
können hier unterstützen.              dere "Partner" bei der Umsetzung?   ren Besuchern des Offenen Treffs
                                       Braucht es z.B. mehr den Kontakt    in Kontakt zu bleiben, bewerten
Wir haben bei uns in der Offe-         mit den Eltern, als wenn Kinder     wir hingegen als schwierig. Wenn
nen Jugendarbeit die Erfahrung         einfach selbstbestimmt in den       Jugendliche unsere Einrichtung
gemacht, dass jeder Besucher           offenen Treff kommen?               aufsuchen, geht es ihnen um den
zwar anstelle eines Tablets                                                Austausch untereinander, den
oder Notebooks ein Smartphone          Wir haben relativ schnell gemerkt,  zwanglosen Plausch bei einer Run-
besitzt, genutzt wurde dieses vor      dass wir für unsere Zielgruppe      de Playstation, um Unterstützung
Corona jedoch kaum bis gar nicht       weiterhin da sein müssen. Da dies   beim Verfassen von Bewerbungs-
zu schulischen Zwecken. Und            in Person nicht möglich ist, haben  unterlagen oder auch um Dinge
jetzt: Homeschooling ist mit so        wir u.A. auf unserer Website        wie einen trockenen Raum wenn
einem kleinen Gerät alleine – im       den Bereich „WeStayAtHome“          es regnet, freies WLAN, einen Ort
Optimalfall noch mit der bekann-       eingerichtet. Hier finden sich      ohne Erziehungsberechtigte und
ten „Spiderman-App“ (= gesplit-        hilfreiche Links für Familien und   Lehrer*innen oder kostenfreies

                                                                                                               9 THEMA
Digitale WELTen Digital - ganz normal - kja Diözese Würzburg
THEMA

      Wasser und Obst an der Theke.        getätigt: „Immer mehr Menschen         vielfältige Anknüpfungspunkte,
      Versuche wie ein digitaler Jugend-   merken, dass die Digitalisierung       läuft aber gleichzeitig Gefahr, zu
      treff per Videochat oder Livevi-     nicht allein eine technisch-öko-       einem „gehypten“ wie inhaltsar-
      deos auf Instagram sind sicher       nomische Revolution ist, sondern       men (politischen) Schlagwort zu
      eine sinnvolle Ergänzung und auch    dass sie ihre Lebensverhältnisse       verkommen oder sehr emotional
      Konzepte, die nach Corona immer      umwälzt.“ Worin äußert sich            im Sinne von gut und böse bewer-
      mal wieder einen Platz haben kön-    diese Umwälzung und welche             tet zu werden.
      nen, sie ersetzen aber nicht das,    Lebensbereiche sind davon be-
      was live/vor Ort/in einer Gruppe/    sonders betroffen?                     Mein Eindruck ist, dass der Lock-
      in einem Jugendtreff passiert.                                              down im Zuge der COVID-19-Pan-
                                           Ich würde sagen, dass Digitalisie-     demie nochmal neue Aspekte in
      Worauf es aber natürlich an-         rung sämtliche Lebensbereiche          der Debatte um Digitalisierung of-
      kommt: nach der Krise muss           und Alltagswelten erfasst: die Art,    fengelegt bzw. mit neuer Brisanz
      es weitergehen, hoffentlich          wie wir kommunizieren, konsu-          versehen hat. Ich denke da bspw.
      kommen auch viele unserer            mieren, uns organisieren, aber         an Bildungsgerechtigkeit im Zuge
      Stammbesucher*innen zurück und       zum Beispiel auch die Suche nach       von Homeschooling oder Daten-
      einige neue Besucher*innen dazu,     Partnerschaften, Stichwort Online-     schutz im Homeoffice oder auch in
      die über die digitalen Angebote      Dating. Es wird hier häufig von der    Bezug auf die Corona-Tracing-App.
      auf uns aufmerksam wurden.           digitalen Revolution gesprochen,       Ob und inwieweit diese Erfahrun-
      Man muss also zumindest digital      was sehr gut deutlich macht, mit       gen nachhaltig und längerfristig
      Gesicht zeigen und im Gespräch       welcher Wucht diese Umwälzung          etwas verändern, bleibt abzuwar-
      bleiben.                             stattfindet.                           ten.
                   Christoph Schlämmer
                                           In der Soziologie spielt die Digita-   Gerade die sozialen Medien sind
                                           lisierung als Forschungsthema in       dafür prädestiniert zu zeigen,
      Die Soziologin                       viele Bereiche mit hinein und es
                                           haben sich eigene Fachrichtungen
                                                                                  wer ich bin, wo ich bin und was
                                                                                  ich habe. Mittlerweile hat sich
      Der Philosoph Richard David          wie z. B. die Internetsoziologie       sogar ein feststehender Begriff
      Precht hat vor einiger Zeit in ei-   etabliert. Das Thema Digitalisie-      für Social Media taugliche Bilder
      nem Interview folgende Aussage       rung bietet in seiner Bandbreite       entwickelt – die instagramability.

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41 % der 16- bis 29-jährigen sind bei
Es geht um mehr, besser, schö-         lemen und Unzufriedenheit mit                  Online-Dating-Diensten aktiv.
ner, teurer. Wie viel hat eine         dem eigenen Körper führen. Vor
solche digitale Inszenierung noch      allem junge Frauen sind hiervon      das immer der Fall sein muss und
mit der Realität zu tun? Wie           betroffen: 9 von 10 Frauen sagen,    auch nicht, dass alles schlecht ist.
groß ist der soziale Druck einer       dass sie mit ihrem Körper unzu-      Es gibt auch bei Instagram positive
solchen Entwicklung? Wie ver-          frieden sind (by the way laut der    Effekte, wie die Möglichkeit sich
ändert er unsere Gesellschaft?         Statistik der Deutschen Gesell-      selbst auszudrücken und Personen
Und wie kann ich damit kritisch        schaft für Ästhetisch-Plastische     zu „followen“, die Input liefern
umgehen?                               Chirurgie steigt die Zahl der        für die eigene Identitätsbildung
                                       Schönheitsoperationen weiterhin      und sich auch mit ihnen vernetzen
Was ich problematisch finde, ist       jährlich an und eine wichtige        zu können – gerade, wenn das im
dieser Vermarktungscharakter           Ursache sehen die Ärzt*innen in      analogen Leben schwierig oder
und damit zusammenhängend die          Selfie-Boom und Bildoptimierung).    nicht möglich ist. Social Media hat
Aufmachung als persönliches Fo-                                             ja auch im Bereich von sozialen
toalbum und anderseits diese ge-       Was mich hingegen überrascht         Bewegungen und Protestbewegun-
zielte Marketingmaschinerie. Das       hat: die Befragten sprechen sich     gen ein enormes Mobilisierungspo-
Prinzip folgt einer kapitalistischen   eindeutig für die Einführung eines   tenzial.
Verwertungslogik, ich mache            Warnhinweises bei zu starker
mich selbst und mein Leben zu          Nutzung aus (71 %) und wünschen      Viele Dinge, für die man früher
einem bewertbaren Objekt. Das          sich auch in der Schule eine Auf-    das Haus verlassen musste, sind
ist in Sachen Verbraucherschutz        klärung über den sicheren Umgang     heute schnell und einfach vom
problematisch, verändert aber          mit Social Media (84%). Das zeigt,   Handy aus möglich. Die Digitali-
darüber hinaus auch unser Bild auf     dass ein kritischer Umgang auf       sierung erleichtert viel, macht
uns selbst.                            rein individueller Ebene schwer      aber auch in einigen Bereichen
                                       umzusetzen ist und somit auch auf    bequem. Können wir überhaupt
Unter dem Hashtag #StatusOfMind        politischer Ebene etwas passieren    noch analog? Und wie abhängig
haben die Royal Society for Public     muss. Social Media macht süchtig     sind wir mittlerweile eigentlich
Health (RSPH) und das Young            und das macht es umso schwerer,      vom Digitalen?
Health Movement (YHM) 2017 eine        einen Weg hinaus oder hin zur
Studie veröffentlicht, in der die      kritischen Nutzung zu finden.        Ich glaube wir können und vor al-
Auswirkungen einer Social-Media-                                            lem wollen in vielen Dingen nicht
Nutzung auf die mentale Gesund-        Ich persönlich habe genau die        zurück zum Analogen. Ich glaube
heit und das Wohlbefinden von          Erfahrung gemacht. Ich hatte         auch nicht, dass es hilfreich ist,
1500 jungen Menschen im Alter          irgendwann einen Moment, als ich     so eine „Digital versus Analog“-
von 14 bis 24 Jahren untersucht        mich nach stundenlangem und völ-     Debatte á la „Früher-war-alles-
wurde. Instagram schnitt unter         lig planlosem Scrollen auf Insta-    besser“ zu führen.
den fünf untersuchten Plattfor-        gram am gefragt habe, was ich da
men am negativsten ab, gefolgt         eigentlich tue und vor allem mir     Das muss ich auch bei mir selbst
von Snapchat, Facebook, Twitter        antue. In meinem Fall kam auch       immer wieder erkennen. Sogar
und YouTube (am positivsten).          nur eine komplette Exitstrategie     als jemand, der noch relativ nah
                                       in Frage, weil ein „kritischer Um-   an den „Digital Natives“ dran ist,
Es ist wenig überraschend, dass        gang“ mir irgendwie nicht möglich    fühle ich mich manchmal techno-
vor allem Plattformen, bei denen       war, da konnte ich noch so reflek-   logisch abgehängt und teilweise
das Image und die Selbstdarstel-       tiert an die Sache rangehen.         überfordert. Da rutscht man
lung besonders wichtig sind, bei                                            schnell in so eine Abwehrhaltung,
den Befragten zu Selbstwertprob-       Was jetzt nicht heißen soll, dass    aus der heraus es schwierig wird,

                                                                                                                11 THEMA

                                                                                                      Bilder: www.pixabay.de
THEMA

         Veränderungen auch positiv zu
         begreifen. Fakt ist, das ist der
                                               Die Instagramerin                      ich begonnen, Texte zu meinen
                                                                                      Fotografien zu formulieren, die
         Lauf der Dinge, Veränderungen                                                auch mal zum Nachdenken anregen
                                               Du bist in den sozialen Medi-
         finden statt, es wird in Zeiten des                                          oder meinen Emotionen freien
                                               en sehr aktiv / hast etliche
         digitalen Wandels kein Zurück                                                Lauf lassen. Dadurch, dass ich sehr
                                               Follower*innen. Hat sich die starke
         geben und man muss irgendwie                                                 ehrlich und offen mit allen Themen
                                               Präsenz auf Instagram auf deine
         seinen eigenen Weg finden, damit                                             umgegangen bin, wurde ich von
                                               persönlichen Kontakte und das
         umzugehen.                                                                   vielen auch im Alltag auf meine
                                               zwischenmenschliche Miteinander
                                                                                      Postings angesprochen. Das hat mir
                              Amelie Nickel    ausgewirkt?
                                                                                      einige Bekanntschaften ermöglicht.
                                                                                      Gleichzeitig ist Instagram für mich
                                               Als ich begonnen habe, mehr und
                                                                                      auch wie ein Tagebuch oder ein
                                               mehr die Menschen an meinem
                                                                                      Portfolio - tatsächlich habe ich
                                               Privatleben teilhaben zu lassen,
                                                                                      mein WG-Zimmer auf diese Weise
                                               bemerkte ich, dass ich von vielen
                                                                                      gefunden, da die Mitbewohner
                                               erst einmal auf meinen Social-
                                                                                      mich durch die Bilder ein wenig
                                               Media-Nicknamen „anna.mirror“
                                                                                      kennenlernen konnten.
                                               reduziert wurde. Das mag nun
                                                                                      Wie alles im Leben hat Instagram
                                               etwas negativ klingen - war es aber
                                                                                      aber auch seine Schatten auf
                                               keineswegs! Ich habe die Chance
                                                                                      einige Dinge in meinem Privatle-
                                               darin gesehen, dass ich nun eine
                                                                                      ben fallen lassen. Ich hatte eine
                                                       völlig neue Möglichkeit
                                                                                      Phase, in der es für mich ein
                                                             habe, einen positiven
                                                                                      richtiger Zwang war, ständig ein
                                                                Einfluss auf die
                                                                                      perfektes Bild oder eine kurze
                                                                  Gedankengänge
                                                                                      Story hochzuladen. Das hat viele
                                                                    mancher Nutzer
                                                                                      Situationen zerstört oder stressig
                                                                     zu haben.
                                                                                      gemacht. Es kommt eben auf ein
                                                                      Schritt für
                                                                                      gesundes Mittelmaß an - ich denke,
                                                                       Schritt habe
                                                                                      das ist bei allen Dingen im Leben
                                                                                      so. Zum Schluss aber noch etwas
                                                                                      sehr Erfreuliches: ich habe durch
                                                                                      Instagram eine sehr gute Freundin
                                                                                      kennengelernt, die nach Schweden
                                                                                      ausgewandert ist. Letztes Jahr
                                                                                      haben wir uns tatsächlich dort
                                                                                      getroffen. Eine Begegnung, die ich
                                                                                      nie mehr vergessen werde.

                                                                                      In meiner Jugend hat man sich an
                                                                                      der Bushaltestelle für den Nach-
                                                                                      mittag zu einer festen Uhrzeit ver-
                                                                                      abredet. Daran wurde nicht mehr
                                                                                      gerüttelt und schon gar nicht erst
                                                                                      abgesagt. Welchen Einfluss hat die
                                                                                      Digitalisierung in deinen Augen

1/2020 12

Bilder: Anna Schärmann
heutzutage auf die Verbindlichkeit     Die Digitalisierung birgt auch ihre     dann funktioniert dies meiner Mei-
von Verabredungen?                     Risiken. Deshalb setzen sich viele      nung nach am besten, indem nicht
                                       Expert*innen im Bereich Medienpä-       überall und ständig drahtlose Netz-
Puh, gar nicht so einfach, sich        dagogik dafür ein, dass sich junge      werke verfügbar sind. 5 G, Wlan
überhaupt noch eine nicht-digi-        Menschen einen kritischen Umgang        am besten auch im Wald - wozu?
talisierte Welt vorzustellen! Ich      mit sozialen Medien aneignen kön-       Kein Netz - kein Social Media - kein
merke selbst, dass ich kurzerhand      nen. Wo muss das in deinen Augen        Druck oder Mobbing über das Netz.
immer wieder einmal schnell auf        stattfinden? Und wo hast du es          Das mag sehr drastisch klingen, ist
Whatsapp eine Absage tippe oder        vielleicht auch selbst gelernt?         jedoch für mich eine sehr wirksa-
ein Treffen                                                                                        me Alternative.
um 10 Minuten                                                                                      Wer bist du ohne
verschiebe.                                                                                        Internet?
                                 Instagram ist nach Whatsapp auf dem zweiten Platz
Eigentlich ist das                                                                                 Diese Frage
keine Art und                           der wichtigsten Apps für Jugendliche.                      stelle ich mich
kratzt im Unter-                                                                                   auch immer wie-
bewussetn ganz                                                                                     der. Nur, wenn
schön am Vertrauen zwischen zwei         Ein kritischer Umgang mit sozialen    du mit dir selbst alleine auch gut
Menschen. Außerdem hat man den           Medien kann noch so viel von au-      einmal zwei drei Tage auskommst,
ständigen Druck, immer erreichbar        ßen geschult werden - schlussend-     kannst du soziale Netzwerke mit
sein zu müssen. An manchen Tagen         lich muss der Groschen bei jungen     der gewissen Distanz gesund benut-
muss ich regelrecht all meine Ener-      Menschen durch eine Erfahrung         zen. Vielleicht bist du ja ganz
gie zusammennehmen, um meine             selbst fallen. Die kann positiv, aber anders, als der Mensch, der Social
Nachrichten am Handy beantwor-           genau auch negativ ausfallen. Erin-   Media aus dir gemacht hat :-)
ten zu können.                           ner dich doch einmal an eine Situ-    Spannend, diese Frage, oder?
Erst jetzt wieder habe ich ge-           ation, in der dir die Dateneingabe,
merkt, wie heilend es sein kann,         die Ortung deines Standortes oder                        Anna Schärmann
sein Handy mal für ein oder              der Druck auf Social Media einfach
mehrere Wochen zu vergessen! Zu          zu gruselig wurde. Oder eben
Beginn der Coronakrise habe ich          anders herum - eine Situation, in
dieses soziale Durcheinander dafür       der du einmal gemerkt hast, wie
hergenommen, mal komplett abzu-          du durch bewusstes nicht-posten
schalten - und das nicht einmal be-      den Moment viel mehr genossen
wusst! Mir selbst hat die Pause sehr     hast. Dann hast du den kritischen
gut getan. Leider haben jedoch           Umgang bereits erfahren! Möch-
viele Menschen meine Unerreich-          te man jedoch trotzdem jungen
barkeit sehr persönlich genommen         Menschen helfen, diesen Umgang
und mich dafür getadelt. Dieses          noch bewusster werden zu lassen,
Problem darf man jedoch gerne
beim Anderen lassen. Die Digita-
lisierung hat uns also ein bisschen
auf unsere Erreichbarkeit reduziert
- ganz nach dem Motto: du bist,
wie schnell du zurücktextest. Völ-
liger Quatsch - dein Leben, deine
Zeit, deine Energie.

                                                                                                                 13 THEMA
THEMA

      Aufwachsen mit Medien – die machen das schon…
      Oder doch nicht?!
      Ausgangssituation                      Junge Menschen haben mit der       nicht erlernen. Es braucht immer
      Junge Menschen wachsen ganz            rein technischen Bedienung         Reaktionen auf Handlungen,
      selbstverständlich mit Smartpho-       der Geräte wenig Schwierigkei-     Reflexion und ggf. eine Neubewer-
      ne, Internet und digitalen Medien      ten und können sich diese oft      tung der eigenen Handlung.
      auf: lange bevor sie ein eigenes       autodidaktisch aneignen. Dabei     In Lebensbereichen ohne Inter-
      Smartphone besitzen, sehen sie         kennen sie vielleicht manchmal     net passiert das ganz selbstver-
      Eltern, Großeltern und andere          sogar mehr Funktionen als ihre     ständlich in Familie, Schule und
      Erwachsene täglich im Umgang           Eltern und sind schneller in       Peergroup, z.B. beim Streiten mit
      mit solchen Geräten. Auch in           der Bedienung und im Erfassen      Freunden oder Geschwistern und
      Lebensbereichen außerhalb der          von Zusammenhängen auf dem         ggf. dem Einschreiten von Eltern,
      Familie wie etwa Kindergarten,         Gerät.                             Lehrern oder einem Unbeteilig-
      Schule, Freundeskreis oder auch                                           ten in der Gruppe. Gibt es so ein
      in der Jugendarbeit sind das In-       Der wahrscheinlich komplexe-       Zusammenwirken von verschiede-
      ternet und damit digitale Medien       re Teil der Digitalisierung ist    nen Beteiligten auch im digitalen
      mehr oder weniger allgegenwär-         das individuelle Verhalten in      Raum und findet Reflexion des
      tig. Wie Jugendliche selbst mit        der virtuellen Welt, also der      Online-Handelns ggf. auch außer-
      Geräten ausgestattet sind und das      Umgang mit persönlichen Daten      halb des digitalen Raums statt?
      Internet nutzen zeigt die jährlich     (eigene wie andere), Bewertung
      durchgeführte JIM-Studie (Jugend,      und Verbreitung von Informati-     Mit dem „DigitalPakt Schule 2019-
      Information, (Multi)Media): be-        onen (Fake-News – oder nicht?),    2024“ von Bund und Ländern legt
      reits seit fünf Jahren besitzen laut   digitale Kommunikation mit         Schule den Fokus in Sachen digi-
      der repräsentativen Studie über        Freunden (und Unbekannten)         taler Bildung aktuell überwiegend
      90% der 12-19jährigen ein eigenes      und vieles andere mehr. Dabei      auf die technische Infrastruktur
      Smartphone und nutzen es täglich       handelt es sich um soziales Ver-   und dem Anpassen der Lehrinhalte
      oder mehrmals pro Woche.               halten und dieses lässt sich, im   auf digitale Medien. Zwar ist auch
                                              Gegensatz zur rein technischen    das „Lernen über Medien“ etwa
                                                       Bedienung, alleine       im bayerischen „LehrplanPLUS“
                                                                                verankert, allerdings nur als Quer-
                                                                                schnittsaufgabe aller Schularten,
                                                                                aller Fächer und aller Lehrkräfte
                                                                                – und dürfte so eher als Zusatzauf-
                                                                                gabe für Schule on top kommen.

                                                                                In der Familie kommt das Thema
                                                                                Online-Verhalten laut einer Erhe-
                                                                                  bung von Bitkom Research von
                                                                                    2019 immerhin bei über 70%
                                                                                     der 12-18jährigen in Form von
                                                                                      Vorgaben oder Ratschlägen
                                                                                       der Eltern vor. Allerdings
                                                                                        sprechen die Befragten
                                                                                         mit ihren Eltern nur zu
                                                                                          einem deutlich geringe-
                                                                                           ren Anteil über ihre Er-
                                                                                            fahrungen im Internet:

1/2020 14

                                                                                          Bild: www.pixabay.de
30% der 16-18jährigen, immerhin         Themen zu sprechen als z.B. mit      eigene Verhalten ein authenti-
         noch 44% der 12-13jährigen.             Lehrer*innen oder Eltern. Gerade     sches Beispiel für die Zielgruppe
                                                 im Bereich Medien und Verhalten      sein kann.
                                                       in der digitalen Welt kann
Sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen ist das         Jugendarbeit dieses Poten-     Fazit
Smartphone das meistgenutzte Gerät, noch vor           tial nutzen und etwa im        Zum Erlernen eines reflektierten
                                                       Vergleich zu Schule einen      Online-Verhaltens braucht es für
Laptop und Spielekonsole.                                                             Jugendliche ein Gegenüber und
                                                       engen Bezug vom Thema
                                                       Online-Verhalten zur Le-       den Raum, sich mit diesem Thema
                                                       benswirklichkeit Smartpho-     auseinanderzusetzen. Schule und
         Was kann Jugendarbeit leisten?          ne und Internet der Jugendlichen     Familie leisten dies nur zum Teil.
         Das zeigt, dass es zwar Reflexi-        herstellen.                          Daraus lässt sich ein Auftrag an
         onsräume gibt und Jugendliche                                                die Jugendarbeit ableiten, man
         zumindest teilweise jemanden            Wie geht das konkret?                könnte auch provokant fragen:
         als Gegenüber haben, um den             Wie kann Jugendarbeit junge          wer machts, wenn nicht wir? Dass
         Umgang mit dem Digitalen zu             Menschen im (kritischen) Umgang      Jugendarbeit junge Menschen
         reflektieren. Allerdings wird auch      mit Medien begleiten?                begleiten kann und dass wir
         deutlich, dass das nicht für alle       Als erstes hilft es, sich dem The-   Erfahrungen in der Begleitung in
         jungen Menschen gilt. Hier kann         ma ohne Berührungsängste und         digitalen Lebenswelten haben,
         und sollte Jugendarbeit ansetzen.       unverkrampft anzunähern. Wer         wissen wir. Die Frage lautet: Ist
         Die Begleitung und der Kontakt zu       sich seiner eigenen Kompetenzen      sich Jugendarbeit in all ihrer Viel-
         Jugendlichen ist für Jugendarbeit       bewusst ist, kann offen damit um-    falt dieses Auftrages und dieser
         nichts Neues, eher im Gegenteil         gehen und diese ggf. erweitern.      Chance bewusst?
         - genau das ist Tagesgeschäft.          Für die Begleitung braucht es
         Ob als Sozialpädagog*in in einer        nicht allein Medienkompetenz,
         offenen Einrichtung, als Teamer*in      sondern auch und vor allem medi-
         auf einer Gruppenleiterschulung         enpädagogische Kompetenz: Wo
         oder Tagen der Orientierung             genau eine bestimmte Einstellung
         oder als Gruppenleiter*in in der        etwa zur Privatsphäre zu finden
         Gruppenstunde – Gelegenheiten           ist, findet im Zweifel der oder
         Medien und Online-Verhalten zum         die Jugendliche selbst heraus.
         Gesprächsthema zu machen gibt           Aber warum man sich überhaupt
         es viele. An ganz vielen Stellen        damit beschäftigen und damit
         tut Jugendarbeit genau das und          eine Reflexion über den Um-
         leistet bereits heute in diesem         gang mit Daten anstoßen sollte,
         Bereich wertvolle Arbeit.               diese Fragen kann man auch ohne
                                                 technisches Detailwissen stellen.
         Gerade im Vergleich zu Schule und       Denn Verhalten zu hinterfragen,
                                                                                       Dominik Großmann ist Sozialpä-
         Familie kommt Jugendarbeit hier         auch ohne auf jede Frage eine
                                                                                       dagoge und arbeitet beim BDKJ
         nochmal eine besondere Stellung         Antwort zu haben, ist ein Weg,
                                                                                       Würzburg als Jugendbildungsre-
         zugute, nehmen doch Jugendliche         der vielleicht beiden Seiten neue
                                                                                       ferent. Er beschäftigt sich seit
         freiwillig und in ihrer Freizeit an     Erkenntnisse bringt.
                                                                                       seinem Studium in Praxis und
         Angeboten der Jugendarbeit teil.
                                                                                       Theorie mit Medien in der
         Mit Bezugspersonen in der Jugend-       Dabei ist es, wie in allen anderen
                                                                                       Jugendarbeit.
         arbeit ist es möglich, anders über      Bereichen auch, wichtig, dass das

                                                                                                                          15 THEMA
THEMA

      Blickwinkel verändern Sichtweisen - Digitales Lernen
      Ich bin Lukas Seyfried, 22 Jahre alt und studiere Lehramt für die Mittel-     Wecker zu stellen. Man hat zur
      schule hier in Würzburg. Wenn die Grenzen wieder auf sind, möchte ich         Uni keinen langen Weg in überfüll-
      die Vorteile des Online-Semesters nutzen, um 1-2 Wochen nach Ungarn           ten, stickigen Bussen. Man muss
      zu fahren und von dort aus zu studieren.                                      nicht wild durch das Philosophi-
                                                                                    sche Institut irren, um endlich den
      Montag 20. April 2020 – ein schöner     Das alles ist in diesem Semester      richtigen Raum zu finden. Statt-
      Tag - der offizielle Beginn des dies-   nicht möglich und so war der Start    dessen sitzt man einfach gemüt-
      jährigen Sommersemesters. Nor-          ganz anders als sonst. Die meisten    lich in Jogginghose und Schlafshirt
      malerweise sind die Busse voll und      meiner Freunde waren noch sehr        vor dem Computer, frühstückt
      tausende Menschen laufen über           lange zu Hause bei ihren Familien     währenddessen und hört dennoch
      den Campus. Man lernt neue Leute        oder sind es noch immer. Warum        aufmerksam dem Dozenten und
      kennen, trifft Kommiliton*innen,        sollte man auch in seine kleine       den Kursteilnehmer*innen zu.
      die man während den Semesterfe-         Einzimmerwohnung zurückkeh-
      rien lange nicht mehr gesehen hat       ren, wenn man Zuhause bei den         Trotz der Vorteile höre ich in mei-
      und geht gemeinsam in die Mensa.        Eltern Gesellschaft hat, bekocht      nem Bekanntenkreis dennoch oft,
      Obwohl das Lernen wieder losgeht,       wird und Zeit im Garten verbrin-      dass der Arbeitsaufwand höher
      überwiegt die Freude darüber,           gen kann? Für mich, der sowie-        wäre als in einem regulären Se-
      endlich wieder etwas mit den Leu-       so wegen eines Praktikums in          mester. In Englisch muss ich dieses
      ten aus Würzburg zu unternehmen.        Würzburg war, wurde so aus dem        Semester jede Woche eine Seite
                                              normalerweise schönen Semester-       übersetzen und diese meinem Pro-
                                              beginn ein langweiliger, einsamer     fessor schicken. Das sind deutlich
                                              Start. Man sitzt in seiner Woh-       mehr Texte, die ich übersetzen
                                              nung und darf sich selbst mit den     muss, als es im Seminar mit An-
                                               Kommiliton*innen, die bereits        wesenheit der Fall wäre. Doch für
                                                 hier sind, nicht treffen. Es war   das Übersetzen benötigt man etwa
                                                   ein schwerer Beginn bis zu       90 Minuten. Genau so lange dauert
                                                    den ersten Lockerungen.         das Seminar. Der Unterschied? Ich
                                                                                    bekomme durch meine regelmäßig
                                                     Mittlerweile, nach einigen     abgeschickten Texte auch wesent-
                                                     Wochen Uni, überwiegen         lich mehr Feedback und lerne in
                                                      bei mir jedoch eindeutig      der selben Zeit deutlich mehr.
                                                      die Vorteile des Online-
                                                      Semesters:                    Natürlich bringt das Online-Semes-
                                                      Um 6:30 Uhr aufstehen,        ter auch Nachteile und ist kein
                                                      weil man um 8:00 Uhr          Allheilmittel. Meine Geschichtsex-
                                                      eine Vorlesung hat? Nein,     kursionen können beispielswei-
                                                     jetzt reicht es aus, sich      se nicht stattfinden und lassen
                                                     15 Minuten vorher den          sich auch durch Webinare nicht
                                                                                    ersetzen. Dennoch wünsche ich
                                                                                    mir, dass man die Vorteile unserer
                                                                                    digitalen Möglichkeiten, welche
                                                                                    sich jetzt zeigen, auch in Zukunft
                                                                                    nutzen wird.

                                                                                                     Lukas Seyfried
                                                                                         Teamer Diözesane Fachstelle
                                                                                            Jugendarbeit und Schule

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Ich heiße Sandra Pfaff und studiere Soziale Arbeit in Würzburg. In die-   die nächsten Freizeitaktivitäten
sem Jahr konnte ich viele Erfahrungen mit Online-Seminaren sammeln.       planen. Auch die Interaktion zwi-
                                                                          schen Dozent*innen und Studie-
Eigentlich hatte ich mir das Jahr     So wurden alle Vorlesungen und      renden ist stärker eingeschränkt
2020 - wie vermutlich jeder           Gruppenarbeiten über Zoom abge-     als im persönlichen Gespräch.
und jede andere auch – anders         halten. Der Vorteil solcher Zoom-   Einerseits bedauere ich sehr, dass
vorgestellt. Im Februar ging es für   Veranstaltungen ist, dass der Weg   mein Auslandssemester nicht so
mich ins Auslandssemester nach        zur Uni erspart bleibt, was dazu    lief, wie ich es mir vorgestellt
Kopenhagen. Dort besuchte ich bis     führt, dass man morgens mehr        hatte. Am meisten fehlt mir der
Mitte März wie gewohnt die Prä-       Zeit hat und entweder länger        soziale Aspekt und der damit ver-
senzveranstaltungen in der Uni. Als   schlafen oder beispielsweise noch   bundene Austausch mit den Stu-
bekannt gegeben wurde, dass die       etwas Sport machen kann. Wenn       dierenden aus anderen Ländern.
Uni wegen der COVID-19-Pandemie       die Dozent*innen nicht verlangen,   Andererseits ist das Online-Studi-
geschlossen wird, waren meine         dass die Webcam eingeschaltet       um eine neue Erfahrung, die das
Kommiliton*innen und ich zunächst     werden muss, was bei mir der Fall   Studieren bequemer und weniger
sehr verwirrt. Schließlich befanden   war, muss man sich zusätzlich we-   zeitaufwendig machte und mir er-
wir uns schon mitten im Semester      niger Gedanken um sein äußeres      möglichte, mein Auslandsstudium
und unsere Prüfung stand in drei      Erscheinungsbild machen und kann    von zuhause aus weiterzuführen.
Wochen bevor.                         beispielsweise seine Jogginghose
                                      anbehalten. Wichtig ist, dass nur                      Sandra Pfaff
Viele von uns wurden von ihren        die Personen, die gerade spre-         Teamerin Diözesane Fachstelle
Heimatuniversitäten zurückgeholt,     chen, ihr Mikrophon eingeschaltet           Jugendarbeit und Schule
andere entschieden sich freiwillig,   haben, damit von den anderen
wieder nach Hause zu gehen und        Zuhörer*innen keine Störgeräu-
ein paar wenige blieben in Kopen-     sche erzeugt werden.
hagen. Ich entschied mich dazu,
mein Auslandssemester vorerst         Der größte Nachteil von Online-
zu unterbrechen und zurück zu         Veranstaltungen ist, dass
meiner Familie in die Heimat zu       der soziale Aspekt zu kurz
gehen. Damit wir trotzdem das         kommt. In der Uni ist
Modul abschließen konnten, luden      man immer von seinen
unsere Dozent*innen ihre restli-      Kommiliton*innen
chen Powerpoint-Präsentationen        umgeben, kann sich
im E-Learning hoch. Die mündliche     mit ihnen über den
Prüfung fand dann in einem per-       Stoff austauschen,
sönlichen Zoom-Meeting mit den        in den Pausen
Prüfer*innen statt. Es war schon      gemeinsam einen
sehr ungewohnt, eine Prüfungs-        Kaffee trinken ge-
situation im eigenen Kinderzim-       hen und zusammen
mer zu erleben. Tatsächlich war
die Atmosphäre aber durchaus
entspannt, was vor allem daran
lag, dass meine Prüfer*innen sehr
freundlich und zuvorkommend
waren.

Das zweite Modul, das ich in
Kopenhagen belegt hatte, fand
nun von Anfang an online statt.

                                                                                                          17 THEMA
THEMA

                                                                                                                      Bild: www.pixabay.de
      Blickwinkel verändern Sichtweisen - Digitale Lehre
      Behauptete man, digitale Lehre        war durch einen Mausklick am PC    oder Präsentationen einsehen.
      sei eine Erfindung des Sommer-        meiner Eltern bereits vollzogen.
      semesters 2020, hielte ich das        Auch die Online-Plattformen, mit   Anfang April sollte dann plötzlich
      schlicht für gelogen. Denn die uni-   denen Dozierende ihre Veranstal-   alles anders sein. So sehr ich mich
      versitäre digitale Erweckung hatte    tungen anreichern konnten, wenn    als Dozentin auch bemüht hatte,
      ich persönlich schon bei meiner       sie es denn mochten und konnten,   diese Plattformen studierenden-
      Einschreibung. Diesen mystischen      gibt es seit Jahren: Sie hießen    freundlich zu gestalten, all das er-
      Akt in einem historischen Gebäu-      SB@home, sie heißen WueStudy,      setzte nicht die eigene physische
      de – wie ich ihn mir ausgemalt        WueCampus2 usw. Man kann sich      Präsenz. Bislang hatte ich lediglich
      hatte – gab es schlicht nicht. Er     beispielsweise dort einschreiben   Übungen und Seminare gehalten
                                                                               – Formen der Hochschullehre, die
                                                                               besonders vom Austausch, den
                                                                 m.            Diskussionen leben. Es war klar:
                                     tagramfollower als Heidi Klu
            Donald Trump hat mehr Ins                                          Lediglich Folien hochzuladen, egal
                                                                               ob mit Audio- oder Videospur kam
                                                                               überhaupt nicht in Frage. Und ja,

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ich rede mich leicht, denn in der    zu überdenken, mich noch mehr
Theologie haben wir selten mehr      in die Lage der Studierenden zu
als 10 Teilnehmende, allenfalls      versetzen und umso intensiver
15. So auch in meinem Lektüre-       darüber zu reflektieren, was ich
kurs in diesem Sommersemester,       da eigentlich tue, für welche
                                                                          In einem Handy befinden sich
in dem sich vier Studierende zu-     Studierende es Distanzen überwin-
sammenfinden. Meine anfängliche      det, für welche sie schier unüber-          ca. 30 Milligramm Gold.
Zurückhaltung, die Studierenden      brückbar werden. Für mich ist es
nur alle zwei Wochen zu einer        jeden Tag auf’s Neue eine große
Zoom-Sitzung zu nötigen, erwies      Erfahrung und es überwältigt mich
sich jedoch schnell als Milchmäd-    zu sehen, was alles möglich ist.
chenrechnung: „Schließlich sind
wir zum Diskutieren hier!“, tönte
es durch alle Verbindungen.

Nun liest jede*r für sich also
wöchentlich einen Text, montags
treffen wir uns dann auf Zoom:
Wir tun im Prinzip das Gleiche wie
auch in den vergangenen Semes-
tern. Mit kleinen Unterschieden:
Es gibt keine To-Go-Becher auf
dem Schreibtisch, sondern die
individuelle Lieblingstasse. Meist
ist eine weiße Katze dabei – der
kleine Moment, der mich jedes
Mal an James Bonds Widersacher
Blofeld erinnert und kurz erschau-
ern lässt. Ich lerne mein Büro
noch besser kennen, denn der
WLAN-Empfang scheint täglich zu
wandern. Alles in allem nötigt die
Situation natürlich vieles ab, vor
allem aber, den eigenen Stand-
punkt und die Herangehensweise

            Katharina Leniger ist wissenschaftliche Mit-
            arbeiterin an der Professur für Christliche
            Sozialethik der Katholisch-Theologischen
            Fakultät der Julius-Maximilians-Universität
            Würzburg.

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