# 140 - P Stadtkultur Darmstadt
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Hallo Darmstadt. Foto: Cem Tevetoğlu („Klare Botschaft in Darmstadt“) Inhalt P STADTKULTURMAGAZIN | AUSGABE 140 | FEBRUAR 2022 Thema Seite Thema Seite Editorial, Inhalt 03 Typisch Tobi! 42 – 46 Favoriten des Monats 04 – 06 Objektiv: Melodien für Millionen 2002 48 Suche und finde, Folge 25 08 Reden wir über Integration in Darmstadt, Folge 3: 25 Jahre Radio Darmstadt (RadaR) 10 – 12 Die Sache mit der Aufenthaltserlaubnis 50 + 51 Ideologisierter Vandalismus an der h_da 14 + 15 Stay The Love Home, Folge 9 52 – 55 Vergessene Darmstädterinnen, Folge 1: Milli Bau 16 – 18 Stilsicher, Folge 75: Soenou 56 + 57 Hörspiel mit Salon Erika 20 – 22 Kommen und Gehen 58 – 60 Aufgeschnappt: Stadtkultur-Neuigkeiten 24 – 26 Unter Pappeln, Folge 93 62 + 63 Das literarische Darmstadt 27 Wrede und Antwort 64 Kino-Tipps 28 + 29 Darmstädter Typ: Christoph Rau 65 Theater-Tipps 30 + 31 Rischdisch (un)wischdisch 66 Darmstädter Kunst-Highlights 32 + 33 Impressum 66 Veranstaltungskalender 34 – 41 P | 03
Favoriten des Monats „1921 Braun 2021“ DESIGNKLASSIKER So zeitlos schön können Alltagsprodukte gestaltet sein! Mit ihren klaren, innovativen und puristisch-minimalistischen Formen überzeugt die Firma Braun mit funktionalem Design. Das INTeF feiert das 100-jährige Bestehen des hessischen Unternehmens und stellt zahlreiche Industrieprodukte und Haushaltsgeräte aus eigenem Fundus aus. Chronologisch vorgestellt werden zudem stilbildende Designerpersönlichkeiten wie Erwin Braun, Fritz Eichler, Dieter Rams, Peter Schneider oder Oliver Grabes. (jhi) Abbildung: INTeF Institut für Neue Technische Form (INTeF) | noch bis So, 27.03. Di bis Sa: 11 bis 17 Uhr, So: 11 bis 14 Uhr | Eintritt frei Tatort Krone KRIMIKLASSIKER Keine Lust, alleine zu Hause auf dem Sofa zu hängen? „Tatort“ gucken, Nüsschen futtern, Bierchen trinken – das geht auch wunderbar in geselliger Runde an der Krone-Theke! Seit 1970 flimmert der Krimiklassiker über die Mattscheiben der Nation. Ganze 1.186 Episoden sind mittlerweile abgedreht. Abbildung: Benjamin Bascom Gibt ja angeblich immer weniger, das die Menschen in diesem Land eint, aber hier schalten weiterhin jeden Sonntag Millionen ein, um den verschiedensten Ermittlern und Kommissarinnen über die Schulter zu schauen. (mn) Goldene Krone (Kneipe) | So, 06.02. + 13.02. + 20.02. + 27.02. ab 19 Uhr | Eintritt frei Rechtsradikalismus und Rassismus DIE UNTERSCHÄTZTE GEFAHR Abbildung: Sir James, CC BY-SA 2.0 de / Wikimedia „Dort, wo Vielfalt gefördert und gelebt wird, ist auch der Zusammenhalt stark.“ Das belegen wissenschaftliche Studien. Und das unterstreicht die Volkshochschule Darmstadt-Dieburg mit ihrem üppigen Frühjahrsprogramm, das unter dem Jahresthema „Vielfalt“ läuft: 660 Kurse, die Bildung, Dialog und Beteiligung für alle Menschen fördern, dazu ein großes Online-Angebot wie der Vortrag zum Thema „Rechtsradikalismus und Rassismus, die unter- schätzte Gefahr“ am 10. Februar. Gerade in diesen gesellschaftlich unruhigen Zeiten sauwichtig! (ct) Online unter: vhs.ladadi.de | Do, 10.02. | 17 bis 18.30 Uhr | Teilnahme kostenfrei „Wie wollen wir leben?“ RINGVORLESUNG DER H_DA Mit der Zukunft von Innenstädten beschäftigt sich die (Online-)Ringvorle- sung der Initiative Nachhaltige Entwicklung (i:ne) dieses Semester. Am 10. Februar geht es mit Prof. Dr. Uwe Schneidewind um das Zukunftsszenario der Abbildung: Kevin Grieve on Unsplash Innenstadt und darum, wie wir von anderen Städten lernen können. Im Rah- men der Abschlussveranstaltung am 17. Februar fragen sich Studierende der h_da dann im Austausch mit Oberbürgermeister Jochen Partsch: „Wie wollen wir in Darmstadt leben?“ Gasthörer:innen sind mehr als willkommen. (lm) Online auf ine.h-da.de/lehre/ringvorlesung Do, 10.02. + 17.02. | 18 Uhr | Teilnahme kostenfrei P | 04
Favoriten des Monats One Billion Rising GUTER INSTA-AKTIVISMUS Der Mädchen*arbeitskreis wird sich auch in diesem Jahr an der internationa- len Aktion „One Billion Rising“ beteiligen und seinen Instagram-Kanal dafür nutzen, erneut auf das anhaltende Problem der Gewalt an weiblich gelesenen Personen aufmerksam zu machen. Info-Posts, Challenges und Mitmachakti- Abbildung: One Billion Rising onen sollen dazu motivieren, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Der Account @m.a.k.darmstadt ist aber auch abseits der Aktion eine gute Anlauf- stelle für junge Darmstädter Feminist:innen. (lm) Instagram @m.a.k.darmstadt | Fr, 11.02. bis Mo, 14.02. | Teilnahme kostenfrei Omer Klein Trio (Israel) JAZZ Ein „Meisterpianist“ sei er, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Omer Klein hat die Jazz-Welt mit seinem Debütalbum „Sleepwalkers“ im Sturm erobert. Nach erstem Studium in seiner Heimat zog es ihn nach Boston, später nach New York, wo er bei Fred Hersch in die Lehre ging und sich danach in Düsseldorf niederließ, um auch fürs Theater zu komponieren. Ein wahrer Kosmopolit. Abbildung: Omer Klein Trio Dass Klein die Welt gesehen hat, hört man auch in seinen faszinierend viel- schichtigen Stücken: fantastische Grooves, inspiriert von Modern Jazz, Fusion und Orient-Sounds. (mn) Centralstation (Saal) | Fr, 18.02. | 20 Uhr | 27,50 € Backs and Necks (DA) ROCK Schotten-Rock im Schottenrock. Tim Sadewasser, Volkmar Hahn und Klaus Saiko eint ihr Faible für den nördlich-schroffen Zipfel Großbritanniens. Inspi- riert von schottischer Kultur und Kulinarik griffen die Musiker vor drei Jahren zu Gitarre, Violine und Bass. Das Ergebnis: „Songs wie ein kräftiger Schluck of Abbildung: Backs and Necks good Single Malt“. Straight and smoky werden Rocknummern auf Schottisch und Englisch aufgeführt. An diesem Abend in Begleitung eines Gastmusikers! Am E-Piano: Thomas Klanitza. Sláinte! (mn) Hoff-Art Theater | Sa, 19.02. | 20 Uhr | 10 € „Filme zum gesellschaftlichen Wandel“ KÄFER IM KINO Zum Abschluss ihrer diesjährigen Filmreihe zeigt die Initiative Transition Town den dänischen Film „Bugs – ein gastronomisches Abenteuer“ (2016). Der stellt sich die Frage, ob das Verzehren individuell gezüchteter Insekten ein Beitrag zum Klimaschutz ist – und macht nachdenklich, ist lustig und „durchaus appetitlich“. Auf jeden Fall aber zeigt „Bugs“ Alternativen zur eige- Abbildung: Rosforth Films nen Perspektive auf und hinterfragt die subjektive Normen – was immer eine gute Idee ist. Guten Appetit, äh, Film ab! (lm) Programmkino Rex | So, 20.02. | 19.30 Uhr | Eintritt frei P | 05
Favoriten des Monats Rymden (Schweden/Norwegen) MODERN JAZZ Raus aus der Nische. Schon in den 90ern bewiesen Dan Berglund (Bass) und Magnus Öström (Schlagzeug) mit dem Esbjörn Svensson Trio, dass Jazz auch Pop kann. Das Konzept spinnen die zwei mit Pianist Bugge Wesseltoft seit 2016 nun auch als Rymden weiter. Die „skandinavische Supergroup“ bedient sich aus Einflüssen des Modern Jazz, Klassik, Filmmusik und Rock. Ein Sound, Abbildung: Per Kristiansen der nicht nur auf internationalen Bühnen Applaus findet, sondern in Form der Alben „Reflections & Odysseys“ und „Space Sailors“ auch kommerzielle Erfolge feiert. (mn) Centralstation (Saal) | Do, 24.02. | 20 Uhr | ab 32 € Win! Win! 2 x 2 Tickets auf p-stadtkultur.de Menna Mulugeta (Bingen) VON BILLIE BIS BEYONCÉ Thomas Waldherrs Americana-Reihe widmet sich der US-Popmusik: „Von Billie bis Beyoncé. Black Women in American Music“. Zwischen Frauenfeind- lichkeit, Rassismus, Gleichberechtigung und #blacklivesmatter haben Aretha Franklin, Billie Holiday, Nina Simone, Beyoncé & Co. ein dichtes Netz aus Abbildung: Menna Mulugeta mindestens so dichten, samtigen Stimmen gesponnen. Menna Mulugeta in- terpretiert die starken Stücke dieser Musikerinnen gemeinsam mit ihrem mu- sikalischen Partner Gernot Blume an der Harfe neu und überzeugt mit toller Ausstrahlung und einer ebensolchen Stimme. (lm) Bessunger Knabenschule (Halle) | Do, 24.02. | 20 Uhr | 12 € „cresc ... Biennale“ AKTUELLE MUSIK Genre-, orts- und monatsübergreifend kündigen sich diese Festspiele für ak tuelle Musik an. Verhandelt werden soll nicht weniger als das Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft entlang einer Vielzahl musikalischer Spielarten. Auf fünf Bühnen der Region (Capitol Offenbach, Centralstation, Mousonturm, Sendesaal des HR, Frankfurt LAB) treffen unter anderem zeitgenössische Abbildung: cresc Biennale Klänge auf Sci-Fi-Funk und Afro-Beat sowie die Szene Islands auf eine west- afrikanisch-deutsche Band. Spannend! (mn) Centralstation und Rhein-Main | Fr, 25.02. bis Sa, 05.03. ab 21 €; Details und Infos: cresc-biennale.de „Die Digitale Leichtigkeit des Seins“ KABARETT Gerade hilft vielleicht wirklich nur noch lachen. Prof. Dr. Elisabeth Heinemann liefert humorvolle Blicke auf die mitunter skurrilen Momente unserer digitalen Lebenswelt. Erfüllen Smartphones und Apps ihre versprochenen Entlassun- gen und Befreiungen im Alltag oder haben wir uns schon längst etlichen Er Abbildung: Prof. Dr. Heinemann innerungsfunktionen unterworfen? „Charmant, intelligent und umwerfend komisch“ analysiert die Wirtschaftsinformatikerin der Hochschule Worms mit ihrem Wissenschaftskabarett diese Gegenwart. (mn) Halb Neun Theater | Fr, 25.02. | 20.30 Uhr | 22 € P | 06
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Suche und finde Kunst im öffentlichen Raum, Folge 25: Fritz Schwarzbeck, Stiere, 1955 TEXT: THOMAS GEORG BLANK | FOTO: LUAN PAPAGEORGIOU Beim Flanieren durch die Stadt kann es durch Ebenen: als Individuen, Pärchen, Familien, Gesell aus passieren, dass man plötzlich diesen zwei schaften und erst Recht als Gesamtpaket Mensch- etwas dümmlich grinsenden Gestalten über den heit. Wir können ohne Probleme aufrichtig und Weg läuft. Die aus rotem Sandstein gearbeite voller Ernst den Klimawandel anerkennen und ten Steinwesen verharren regungslos am Rand trotzdem mit dem Auto zum Bäcker um die Ecke eines kleinen Brunnenbeckens und fristen dort fahren. Um diesen Wahnsinn auszuhalten, braucht friedlich ihr Dasein. man Ambiguitätstoleranz. Mit Blick auf die vergan- genen Jahre und mit vorsichtigem Blick in die Zu- Der Stier in all seinen unterschiedlichen Erschei- kunft eine Fähigkeit, deren Erwerb sich als extrem nungsformen gehört zu jenem erlauchten Kreis von hilfreich erweisen könnte. Kunst eignet sich dafür Tieren, der es in fast allen Kulturen in die vorders- übrigens hervorragend als Lernmaterial. ❉ ten Ränge der Darstellungspraktiken und sogar bis tief in den Kosmos geschafft hat. Sternbilder wurden nach ihm benannt; nicht nur im Westen, Kunst im öffentlichen Raum auch im Osten. Nach chinesischem Mondkalender — nehmen wir in diesem Februar Abschied vom Jahr Kunst findet man nicht nur in Museen und Galerien, des Ochsen – der ja auch ein Stier ist, lediglich kas sondern oft auch im Freien und für jeden sicht- triert. Und schon stolpert man in ein etwas merkwür- bar. Manche Werke sind schon seit Jahrhunder diges Feld, wenn man sich den Moment Zeit nimmt. ten ein Teil des Stadtbildes, andere zieren es Einerseits haben wir hier ein Tier, das offensichtlich nur kurz. In Darmstadt haben einige Fügungen auf der ganzen Welt für seine Form bewundert und des Schicksals dafür gesorgt, dass es besonders verehrt wird. Andererseits hat die Menschheit eben viele Kunstwerke im öffentlichen Raum gibt. Ohne jenem vierbeinigen Naturwunder so oft die Hoden die schützenden Laborbedingungen eines White zerquetscht, dass sich für das reproduktionsun Cube gehen sie allerdings schnell unter. Dabei fähige Resultat ein eigenes Wort etabliert hat. können gerade diese stillen Zeitgenossen unsere Wahrnehmung des Stadtraumes verändern und Diese Art der gegenläufigen Haltungen und Hand- unser Verständnis von Welt herausfordern. Eine lungen scheint etwas extrem Menschliches zu Einladung zum Fantasieren. sein. Wir sind Meister des Widerspruchs auf allen P | 08
ANZEIGE Besondere Empfehlung im Februar 05. & 06. Februar / Kammerspiele 12. Februar / Kammerspiele Zum letzten Mal! Prince of Denmark Staatstheater represent (Wo ist Uraufführung von Tue Biering Emilia G.?) nach William Shakespeare Uraufführung von Volker Schmidt frei nach Gotthold Ephraim Lessing „Aus dem Klassiker (wird) ein höchst unterhaltsamer „Wahnsinnig authentisch und Kommentar zu nahezu allen innovativ“ Gegenwartsthemen.“ Frankfurter Allgemeine Frankfurter Allgemeine Zeitung Zeitung 03. & 26. Februar / Kammerspiele ab 13. Februar / Großes Haus Königin Lear Don Quichotte von Tom Lanoye nach William Shakespeare Comédie héroïque in fünf Akten von Jules Massenet „Ein Ereignis, unbedingt sehenswert.“ „Dirigent Daniel Cohen hat genau das richtige Finger- Frankfurter Neue Presse spitzengefühl, um Massenets Partitur berührend zu gestalten.“ BR-Klassik Gestaltung: Bureau Sandra Doeller / Ausführung: Lisa-Marie Erbacher/ Foto: Neven Allgeier 19. & 25. Februar / Großes Haus Ball im Savoy Operette von Paul Abraham „Chor und Tanzensemble wie der gesamte Abend: eine runde Sache.“ Frankfurter Rundschau
ON AIR SINCE 1996 25 Jahre Radio Darmstadt (RadaR): Darmstadts ältester nichtkommerzieller Radiosender feiert seine Silberhochzeit am 01. Februar mit einem Sende-Marathon T E X T: A N NA S C H Ü T Z | FOTO S: R A D I O DA RM STA DT / C H R I ST I A N GR AU + M A RT I N Z I N T Radio verbindet. Egal, wann und wie: Ideen Darmstadt – ist nicht kommerziell und nicht auf lassen sich kaum leichter teilen als durch Wort beständige Höchstquoten angewiesen. Die Inhalte und Ton. Das wussten die Macher:innen von stehen im Vordergrund. Obwohl die meisten Redak- Radio Darmstadt schon 1995, als sie eine Radio teur:innen und Moderator:innen Laien sind, lässt initiative gründeten, die über das Heinerfest die Qualität der Beiträge dadurch nicht nach. berichtete. Was als sogenanntes „Heinerfest Aurel Jahn, Vorstandsmitglied und Leiter des radio“ mit zwei Stunden Radiowecker und fünf Ressorts „Offenes Haus“, betont die journalisti- Stunden Live-Programm am Nachmittag und sche Sorgfaltspflicht, die sich in allen Sendungen Abend startete, ist heute fester Bestandteil in zeigen müsse. Sichergestellt wird dieser Qualitäts- der Vermittlung kultureller und stadtrelevanter standard durch verschiedene Seminare, Lern- und Inhalte – und das immer noch auf der 103,4. Weiterbildungsangebote, die teilweise freiwillig, teilweise aber auch verpflichtend sind. Und die Dabei sind weder die Redakteur:innen noch das Türen der Redaktion stünden stets für Interessier- Programm eine Selbstverständlichkeit. Es mangelt te offen, die hier das professionelle Produzieren keineswegs an Radiosendern und -sendungen. eines Beitrags lernen. Doch war den Gründer:innen klar: Darmstadt braucht eine Plattform für Bürger:innen, deren Diese Einstellung ist ein Überbleibsel aus der Interessen und Ideen. Von Beginn an als Ergän- Gründungszeit, denn die Redaktion der ersten zung zu bestehenden Medien gedacht, gibt es hier Stunde bildeten ebenfalls keine ausgebildeten nicht nur Platz für lokale Nachrichten, sondern Radiomacher:innen. Sie mussten sich heutige auch persönliche Interessen und Themen. Denn Medienkompetenzen selbst erarbeiten. Was sie „RadaR“ – so die liebevolle Kurzform von Radio gelernt haben, geben sie nun weiter. „Es ist toll P | 10
zu sehen, wie viele junge Menschen hier laufen zu erkennen – er ist nicht das Abspielen einer lernen und richtige Profis werden“, sagt Petra Charts- oder Best-of-Playlist, eher ein Theaterbe- Schlesinger, Vorstandsmitglied und auch zustän- such. Ein bisschen Zeit muss mitgebracht werden, dig für Kommunikation und Marketing. Die Medi- Interesse auch. Es ist unwahrscheinlich, einfach enkompetenzen, die hier vermittelt werden, bilden einzuschalten und sich sofort zurechtzufinden. für viele junge Redakteur:innen den Grundstein Dafür werden hier Themen behandelt, die auf an- für eine erfolgreiche Karriere im Rundfunk. Denn deren Sendern fehlen. Clemens Beier, Sprecher der neben dem Sprechen vor Interviewpartner:innen Musikredaktion, fasst das Anliegen des Senders und in Mikrofone, dem Recherchieren von Inhalten unter dem Motto „Wir normalisieren das Hören sowie dem Produzieren eigener Sendungen legt von Anderem und Anderen“ zusammen. Denn RadaR Wert auf kritischen Journalismus, der auch neben einer alteingesessenen internationalen > aufgrund der absoluten Unabhängigkeit von Spon- soring- und Werbepartner:innen möglich ist. Radio Darmstadt: Von 1994 bis heute Formate ohne Ende — Da der Darmstädter Sender nicht auf Quoten an- 1994: Der gemeinnützige Verein RadaR e. V. gewiesen ist, kann er sich auch die Freiheit wird gegründet. herausnehmen, Beiträge zu produzieren, die nicht 1995 + 1996: Start als einwöchiges Veranstal- auf Massentauglichkeit ausgelegt sind. Radio tungsradio (Heinerfest und Bundestreffen der Darmstadt versteht sich als Einschaltradio, als Deutschen Turnerjugend) ein Sender, der auf einer Frequenz eine Vielzahl 01. Februar 1997: RadaR geht als erstes unterschiedlicher Beiträge präsentiert. Während hessisches, nichtkommerzielles Lokalradio auf dieses Konzept zu Beginn auf Verwirrung unter Dauersendung. Die Zuschüsse der Hessischen den Zuhörenden stieß, ist es heute beliebt und Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue etabliert. So ist es möglich, erst die Übertragung Medien (LPR Hessen) werden für Raummiete, eines Raves, dann Klassik und anschließend Technik, Verwaltung und FSJ’ler:innen verwendet. eine fremdsprachige Themensendung zu hören 2000: Erster Umzug – aus den zwei Studios in (der Bildungsauftrag des Senders, Menschen und der Bismarck- sowie der Hindenburgstraße – an Ideen zu verbinden, kommt hier besonders zum den Steubenplatz 12. Vorschein), aber auch, nur ganz bestimmte Inhalte 2006: Start des Livestreams auf liveradio- und Interessen zu verfolgen und danach das Radio darmstadt.de wieder abzuschalten. 2010: Bezug des neuen Studios im Hinterhof von Steubenplatz 12. „Wir normalisieren das Hören von Anderem und 2019: RadaR goes digital: Der Empfang ist nun Anderen“ auch über DAB+ möglich. Diese Masse an Formaten unterschiedlichster Art wirkt auf den ersten Blick verwirrend, denn Wer bei RadaR mitmischen möchte, der das Konzept ist praktisch konträr zu dem eines melde sich telefonisch unter (06151) 87000 kommerziellen Radiosenders. RadaR ist nicht als oder (06151) 291111 – oder per Mail an 24-stündige Hintergrundbeschallung gedacht. So mitmachen@radiodarmstadt.de. kann es dauern, das volle Potenzial des Senders P | 11
Redaktion, die Inhalte unter anderem auf Dari, Italienisch und Polnisch produziert, werden auch Akustische Perlen Beiträge gesendet, in denen gelebte Inklusion im — Vordergrund steht. Hier kommen zum Beispiel Neben dem Sende-Marathon zum Jubiläum von Menschen mit körperlicher oder geistiger Behin- RadaR gibt es auch im Februar wieder etliche derung zu Wort. regelmäßige Sendungen. Das P empfiehlt besonders diese akustischen Perlen: 25-Stunden-Dauer-Livesendung zur Feier des Tages Die Diversität der aktuell 100 ehrenamtlichen • Mi, 02.02., 19 Uhr: Popcorn Partnermenü Redakteur:innen bedingt auch das bunte Pro- Die besondere Kinosendung, jugendlich fresh gramm des Senders. Zwischen Nachrichten aus gemacht mit Hintergründen und Kritiken. der Stadtverordnetenversammlung und Berichte • So, 06.02., 21 Uhr: Kopfhörer über Woog und Bürgerpark finden Kochsendun- Musik, abseits des Mainstreams. „Für das, was gen mit Live-Verkostung oder Berichte aus einem zwischen den Ohren ist.“ Segelflugzeug heraus Platz. Die elf Redaktionen • Mi, 09.03., 18 Uhr: Tierische Aspekte leben von den Ideen und der Vielfalt ihrer Sen- Tierschutzsendung mit politischem Anspruch der:innen – und das seit 25 Jahren mit Erfolg. Zur und veganen Themen. Feier dieses Jubiläums sendet RadaR einen Tag • Fr, 11.02, 17 Uhr: Stavo lang – vom 30.01., um 23 Uhr bis zum 01.02., um Hintergrundbericht aus der Stadtverordneten- 24 Uhr – keine Sendungswiederholungen, sondern versammlung mit Originaltönen. ein durchgehendes Live-Programm, unter anderem • Mi, 16.02., 18 Uhr: Shakespeare & Co. mit neuen Jingles und thematischen Schwerpunk- Berichte aus der Kulturszene Darmstadts ten. Und auch in den folgenden Monaten wird (Theater, Kunst, Literatur). dieser Jahrestag eine Rolle spielen: zum Beispiel • Mo, 21.02., 17 Uhr: Digi.Tales by MuK mit einem geplanten „Tag der offenen Tür“ und Digitales, aus einer bildungstheoretischen und in Rückblicksendungen, in denen ehemalige pädagogischen Perspektive. Vereinsmitglieder und Redakteur:innen von ihrer Zeit bei RadaR erzählen. Es wird spannend bleiben, Das volle Programm: radiodarmstadt.de hoffentlich auch in den nächsten 25 Jahren. ❉ P | 12
I L LUST R AT I ON: CA RO L I N E F RE T T | CA RO L I N E F RE T T.C OM EIGENANZEIGE
Strafanzeige gegen Unbekannt Gegen ideologisierten Vandalismus an der Hochschule Darmstadt wird protestiert, juristisch vorgegangen – und Aufklärung angeboten. T E X T: C E L I NA B I S C HOF | FOTO: JA N E H L E RS, NOU K I.C O Es war eine Präsenzveranstaltung am Morgen Sofort stellte der AStA der h_da sich klar gegen des 24. November 2021, auf die sich Lilly schon Wissenschaftsfeindlichkeit und die Verbreitung lange freute. Stattdessen muss sie eine scho- von Verschwörungsideologien: „Wir wollen uns ckierende Entdeckung am Campus der Hoch für einen faktenbasierten, solidarischen, gesell- schule Darmstadt (h_da) machen: Sticker schaftlichen Diskurs einsetzen.“ Studierende der klebten auf Gehwegen, Graffitis mit den Slogans h_da riefen zu einer spontanen Protestkundge- „Impfen nervt“ und „Impfzwang“ waren auf den bung auf. Neben Vertreter:innen der Studierenden Boden gesprayt. Für Lilly waren solche Klebe- und nahmen zahlreiche Studierende, Passant:innen Malaktionen nicht unbekannt: „In Frankfurt hatte und Interessierte teil. Auch „Fridays For Future ich auch schon Schmierereien im gleichen Stil Darmstadt“ schloss sich der Kundgebung am 27. gesehen.“ Lilly ist Referentin der Studierenden November 2021 an und mobilisierte über Social vertretung AStA für Antifaschismus an der h_da Media zur Teilnahme. „Wir haben unsere Anlage und hat sich nach dieser Entdeckung mit anderen mitgebracht und in Zusammenarbeit mit den Stu- Studierenden ausgetauscht. Dabei wurde klar, dierenden Reden und Musik organisiert“, teilte die dass sich die Sticker der Darmstädter Gruppe Pressestelle mit. Etwas überrascht seien sie von „Querdenken615“ und der bundesweit aktiven der großen Menge an Teilnehmenden gewesen. Gruppe „Studenten stehen auf“ zuordnen lassen. „Zu Höchstzeiten waren wir knapp 100 Menschen P | 14
ANZEIGE auf dem Luisenplatz und damit ein Vielfaches mehr als der Querdenken-Protest auf der anderen Seite des Platzes“, erzählte Lilly. Für sie ist eine kritische Auseinandersetzung über den Umgang mit Corona wichtig. Den Frust der Studierenden verstehe sie gut, da viele die Hochschule noch nie von innen gesehen haben. „Doch wird eine Grenze überschritten, die mit Vandalismus und rechten Ideologien einhergeht, dann habe ich kein Verständnis“, sagte die Studentin. Zwischen Hoffen und Bangen Die Kundgebung verlief laut Fabia, AStA-Referen tin für Vielfalt und Gleichstellung, friedlich. Alle Abstands- und Hygieneregelungen seien einge- halten worden. Trotz des kalten Novemberwetters sei die Stimmung gut gewesen. Die Demo sollte ein Zeichen an alle Menschen sein: „Auch für alle außerhalb der Hochschule war das eine gute Möglichkeit, über die Geschehnisse und den Ursprung der Sticker aufzuklären“, erklärte Fabia. Gemeinsam hatten sie sich für diesen Tag ein Ziel gesetzt: „Wir sind hier und wir sind laut – Wissen- 05.02. Kunz & Brosius Comedy-Show schaftsverleugnung und rechte Ideologien haben 10.02. Philipp Winkler in Darmstadt keinen Platz.“ Auf gewaltbereiten 12.02. ONAIR und rechten Protest würden sich die Studierenden 17.02. Dalibor Marković nicht einlassen. Wegen den Schmierereien am 18.02. Omer Klein Trio Campus sei Strafanzeige gegen Unbekannt einge- 24.02. Rymden reicht worden. 26.02. Science Slam 05.03. Vince Ebert Die Angst vor weiterem und zunehmend härterem 06.03. Die Magier 3.0 Vandalismus an der Hochschule ist bei vielen Stu- 07.03. Rebecca Maria Salentin dierenden da und wächst mit der lauten Diskus- 10.03. Jazzrausch Bigband sion um eine allgemeine Impflicht in diesem Jahr: 11.03. Double Drums „Ich denke, dass sie das Gefühl einer Unterdrü- 16.03. Bukahara ckung der Ungeimpften noch verstärken würde“, 17.03. Les Yeux d´la Tête sagte Fabia. Sie könne sich vorstellen, dass es in 18.03. Boppin B dieser Entwicklung auch häufiger zu stärkeren 19.03. Grobschnitt Protesten kommen könne und dass auch die Rhe- torik schärfer werden würde. Der AStA versucht Huch, ein Buch! dagegen für Aufklärung zu sorgen: „Studierende, 11. Jugend- und die Ängste und Zweifel bezüglich der Impfung Kinderliteraturfestival Darmstadt haben, können sich in der Hochschule auch von 16. – 21. Mai 2022 uns beraten lassen.“ An der h_da hat es schon Für Jugendliche und Kinder mehrere Impfaktionen für Mitarbeitende und Stu- von 18 bis 4 Jahren dierende gegeben. Der AStA hält an der Hoffnung www.huch-ein-buch.de fest, dass bald etwas Normalität in die Hochschule zurückkehren wird – wenn sich die Menschen impfen lassen: „Uns ist klar, dass ein normaler Hochschulbetrieb ausschließlich durch eine hohe Impfquote möglich ist. Wir appellieren daher an alle, denen es möglich ist, sich zu impfen.“ ❉ CENTRALSTATION / IM CARREE / DARMSTADT asta-hochschule-darmstadt.de TICKETS UND INFORMATIONEN: WWW.CENTRALSTATION – DARMSTADT.DE P | 15 TELEFON: 06151 7806–999 FACEBOOK.COM/CENTRALSTATION DARMSTADT
WO DIE SONNE RAUSKOMMT Vergessene Darmstädterinnen, Folge 1: Milli Bau TEXT: MAYA-KATHARINA SCHULZ | FOTOS: WELTKULTUREN MUSEUM FRANKFURT Auf den Wikipedia-Seiten der Darmstädter Friedhöfe sind die Grabstätten bekannter Persönlichkei ten aufgelistet. Insgesamt sind es 160 Gräber – darunter gerade einmal sieben von Frauen. Der Anteil der Frauen, die laut dieser Auflistung erinnerungswürdig sind, ist also etwa genauso groß wie der Anteil der Namen „Wilhelm“ oder „Ludwig“. Hier zeigt sich ein Problem, das bereits Virginia Woolf aufdeckte, als sie 1929 ihr berühmtes Essay „A room of one's own“ schrieb: Darin schilderte sie das Schicksal Judith Shakespeares, der fiktiven Schwester Williams, die aufgrund ihres Frauseins trotz großen Talents niemals so erfolgreich hätte werden können wie ihr berühmter Bruder. Frauen sind auch in der Darmstädter Geschichtsschreibung häufig untergegangen und scheinen heute vielfach beinahe unsichtbar. Doch es lohnt sich, auf die Suche nach Frauen zu gehen, die gegen die Grenzen ihrer Zeit rebellierten – und vergessene Darmstädterinnen wieder ans Tageslicht zu holen. Eine von ihnen ist die Journalistin und Fotografin nach Hamburg-Aumühle. Ende der 1940er-Jahre, „Milli“ Bau, die am 29. Juli 1906 als Emilia Wiß- als Milli schon über 40 ist, kommt ihr kleiner Sohn mann in Darmstadt geboren wird. In der Dreibrun- Christoph zur Welt, der nur zwei Jahre alt wird. nenstraße am Woog erinnert heute nichts mehr daran, dass hier ein sehr besonderes Mädchen Wie einem Käfig entronnen aufgewachsen ist, das schon mit fünf Jahren von Schon während ihrer Zeit in Hamburg sucht Milli zu Hause weglief, um herauszufinden, „wo die den Kontakt zu Wissenschaftlern und Intellektuel- Sonne rauskommt“. len. 1948 erhält sie von der britischen Übergangs- verwaltung den Auftrag, für die neu gegründete Im Gegensatz zu ihren Brüdern erlauben ihre Eltern Hamburger Zeitung „Die Welt“ aus fernen Ländern Milli nicht, zu studieren – obwohl sie sich das sehr zu berichten. Zusammen mit dem Bergsteiger und wünscht. Doch mit knapp 20 Jahren setzt sie durch, Kameramann Hans Ertl und einer Gruppe von dass sie nach Bologna gehen darf, um dort an Wissenschaftlern begibt sie sich 1948 – als einzige einer Sprachenschule Italienisch zu lernen. 1932 Frau – auf die erste Südamerika-Expedition nach heiratet sie einen älteren Freund der Familie, den dem Zweiten Weltkrieg. Darüber schreibt Milli in Siemens-Direktor Waldemar Bau, und zieht mit ihm ihren Aufzeichnungen: „Wir sechs Zugvögel, die P | 16
als deutsche Gruppe an einer groß angelegten 1960 schwer verletzt, ist sie gezwungen, vorerst Expedition nach Südamerika teilnehmen sollen, nach Deutschland zurückzukehren. kommen uns in diesem Augenblick wie einem Kä- fig entronnen vor. Wir schnuppern die Freiheit und Die Reise entlang der Seidenstraße ist nicht das die Weite der Welt.“ Anhand ihrer Notizen lässt letzte Abenteuer in Millis aufregendem Leben. sich nur erahnen, was für ein hohes Maß an Mut Auftragsreisen halten sie in den Jahren von 1960 und Neugier Milli auf ihren Reisen antreibt: „Wenn bis 67 auf den Beinen, sie schreibt Reiseführer mich eine Boa constrictor erwürgt oder ein Alliga- und -berichte. Ab 1967 lebt sie sieben Jahre lang tor frißt oder wenn ich von einem Berg hinunter- als Auslandskorrespondentin für „Die Welt“ in stürze – soll es mir nicht leid tun. Diese Zeit hier Teheran. Anschließend kehrt sie nach Darmstadt ist jeden Einsatz wert!“ Während sie in Südamerika zurück – natürlich nur für eine Weile. Denn noch ist, erkrankt ihr Ehemann in Hamburg schwer. Das in den 1980er-Jahren, inzwischen über 70 Jahre alt, Ehepaar schließt einen Kompromiss: „Ich habe mit wirkt Milli als Kulturreferentin auf der MS Europa. Waldemar abgemacht, dass ich von 1952 ab jedes Und auch, als sie bereits stolze 90 Jahre alt ist, reist Jahr acht Monate in Deutschland bin […]. Daran sie weiter und entdeckt ihre Liebe zu Sibirien. 1996 muß Waldemar sich gewöhnen!“, schreibt Milli in erhält sie die bronzene Verdienstplakette der Stadt einem Brief an eine Freundin. Für die 1950er-Jahre Darmstadt. Am 31. Oktober 2005 stirbt Milli schließ- eine echte Sensation. Zusammen mit dem Äffchen lich mit 99 Jahren in ihrer Geburtsstadt. Ihr Grab ist „Fips Peter Schwanzelhuber“, das Milli nach einem noch heute auf dem Alten Friedhof zu finden. Unfall im Urwald adoptiert und einem Koffer voller Erinnerungen kehrt sie drei Jahre nach Beginn der Bücher, Dias und ethnologische Objekte Expedition nach Hamburg zurück. Die Kunsthistorikerin und ebenfalls Darmstädterin Julica Norouzi lernt Milli als Kind kennen und be- Mit dem „Bulli“ bis nach Indien sucht sie gemeinsam mit ihrer Mutter über Jahre Doch es soll nicht ihre letzte Reise gewesen sein. hinweg regelmäßig, als Milli wieder in Darmstadt Nach dem Tod Waldemars macht Milli sich 1956 lebt. Ihre kleine Zweizimmerwohnung in der Ohly auf ihr bis dato größtes Abenteuer auf. Sie verkauft straße – „vollgestopft mit Büchern, ethnologischen Haus und Besitz und erwirbt stattdessen einen Objekten und Dia-Kästen“ und einem winzigen VW-Bus T1 („Bulli“), mit dem sie allein entlang der britischen Feldbett dazwischen – nennt Milli sel- Route der historischen Seidenstraße bis nach Chi- ber „Archiv mit Schlafgelegenheit für Sachbearbei- na fahren will. Zu diesem Zeitpunkt ist sie bereits ter“. Gemeinsam trinken sie jede Menge Rotwein 50 Jahre alt. Ihre Reise führt sie zunächst auf ei- mit Honig und Zimt und gehen Chinesisch oder nem Schiff vom Hamburger Hafen bis nach Beirut, Italienisch essen. von wo aus Milli mit ihrem VW-Bus durch Syrien, Irak, Iran, Pakistan, Indien und Nepal weiterfährt. „Ich kann mich gut erinnern und habe den Wert, Es soll vier Jahre dauern, bis Milli wieder deut- die die Zeit mit Milli für mich hatte, besonders zu schen Boden betritt. Während ihrer Reise schreibt schätzen gelernt, als ich älter wurde“, erzählt Ju- sie weiterhin für „Die Welt“, führt ein Interview lica Norouzi. Viele Jahre lang hat sie sich mit Milli mit dem taiwanesischen Regierungsoberhaupt Baus Leben auseinandergesetzt, ist ihren Spuren Chiang Kai-shek, ist manchmal stunden- oder durch das Darmstädter Stadtarchiv und durch die sogar tagelang allein in wüstenartigen Gebieten Welt gefolgt. Was sie herausfindet und an was unterwegs, ohne einem Menschen zu begegnen sie sich erinnert, erzählt sie 2017 in dem Bildband „oder auch nur ein Kamel oder so zu sehen“. Was „Milli Bau – Seidenstraße / Silk Road 1956-1974“, sie sieht und wem sie begegnet, hält sie fest. In erschienen im Kerber Verlag. Die Suche nach Tagebucheinträgen, Reiseberichten und Briefen, der Frau, die für Norouzi einige Jahre lang eine die sie an Freunde verschickt, und vor allem in un- Großmutterrolle erfüllte, ist eine herausfordernde zähligen Fotos, die sie mit ihrer Rolleiflex schießt. Aufgabe. Es gelingt ihr, Milli einfühlsam nachzu- Doch es läuft nicht immer alles glatt: Das Geld ist spüren und behutsam auch kritische Fragen zu oft knapp, häufig gibt es Verständigungsprobleme, ihrem Leben zu stellen – etwa zu Millis positiver Reisepläne klappen nicht und einmal bricht Milli Berichterstattung rund um den letzten Schah sich sogar „im Zimmer (!!!)“ das Bein. Kurz bevor des Iran, für die sie besonders von iranischen sie China erreicht, gibt ihr VW-Bus den Geist auf, Studierenden in Deutschland kritisiert wurde. Auf sodass sie ihn in Indien zurücklassen muss. Doch die Frage nach einer Botschaft, die Milli gerne auch das hält Milli nicht auf, und so reist sie im weitergegeben hätte, antwortet Norouzi: „In erster Reich der Mitte mit dem Zug weiter. Als sie sich Linie, dass man unbedingt seine Träume leben > P | 17
sollte. Dass es nie zu spät ist, dies zu tun.“ Und sie städterin, berichtet: „Die Digitalisierung der 5.000 erinnert sich noch an einen weiteren weisen Satz Dias hat insgesamt dreieinhalb Monate gedauert, ihres großen Vorbildes: „Es gibt keinen schlechten das ist also mittlerweile schon abgeschlossen. Der Platz auf der Welt, um gute Menschen zu treffen.“ eigentliche Spaß geht jedoch jetzt erst los, denn nun steht das Sichten des digitalisierten Bildma- Nachlass wird digitalisiert terials an. Oft gibt es keine weiteren Informati- Zurück in Deutschland konnten Millis Dias und onen zu den Dias. Wir müssen also anhand der Schriftstücke aufgrund des aufwendigen erfor- schriftlichen Aufzeichnungen Milli Baus nachvoll- derlichen Konservierungsprozesses in Darmstadt ziehen, in welchen zeitlichen und geografischen leider nicht so archiviert und ausgestellt werden, Kontext die Bilder einzuordnen sind und das alles wie sie es sich wünschte. Stattdessen wird nach von Hand eingeben. Das wird sicherlich noch mal ihrem Tod ein Großteil ihres Nachlasses dem ein Jahr dauern. Insgesamt arbeiten wir daran, Weltkulturen Museum Frankfurt übergeben. Einige eine digitale Datenbank aufzubauen, die nicht nur ihrer Fotografien sind noch eine Zeit lang im Be- die Fotografien von Milli Bau, sondern auch noch sitz des Hessischen Landesmuseums, doch vor ein andere Sammlungen des Museums für die Allge- paar Jahren wurden auch diese Materialien an das meinheit zugänglich macht. Bis diese Datenbank Museum in Frankfurt abgegeben, sodass heute das vorliegt, wird es noch eine Weile dauern.“ gesamte Bildmaterial an einem Ort archiviert ist. Viele von Millis schriftlichen Reisedokumentatio- Für die digitale Aufbereitung der über 40 Jahre nen und Tagebucheinträgen sind allerdings noch Weltgeschichte, die Milli Bau in ihren Reisefoto- immer im Besitz des Darmstädter Stadtarchivs. Im grafien dokumentierte, ist also gesorgt. Doch an November 2021 wurde durch das Frankfurter Kul- keinem Ort in Darmstadt wird daran erinnert, dass turdezernat eine Förderung beschlossen, dank der hier eine Frau gelebt hat, die allen gesellschaftli- der fotografische Nachlass Milli Baus – insgesamt chen Erwartungen ihrer Zeit zum Trotz mit großer 5.000 Dias – nun vollständig gereinigt und digi- Neugier in die große Welt aufbrach, ein ums andere talisiert werden kann. Alice Pawlik, Kuratorin der Mal Schwierigkeiten überwand und ihren Mut und Sammlung „Visuelle Anthropologie“ im Frankfur- Optimismus bis zum Ende nicht verlor. Wie wäre es ter Weltkulturen Museum und ebenfalls Darm- mit einer Erinnerungstafel in der Ohlystraße? ❉ P | 18
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»WAS HAST DU DENN GEGEN DIE MÜN- CHENER FREIHEIT?« Hörspiel mit Salon Erika M US I KAUSWA H L + T E X T + FOTO: M AT H I A S H I L L Nach ersten Gehversuchen unter der Sound weit entfernt von dem ich auch schnell zum Tango-Rhyth- den Namen Dodge Durango und der Erikas ist, gibt es doch eine mus. Ich hab mit all dem, was ich „Wir sind’s“ öffnete 2006 der Connection ... von dem Depeche-Mode-Song noch Salon Erika. Damals im P noch Boris [pikiert]: Also, sooo Eighties im Ohr hatte, den Text geschrieben. als Frankfurter Band mit Darm wie das hier sind wir nicht! [Diese Idee haben die Dirty Projec- städter Hintergrund bezeich Thomas: Gegen den Beat würde tors aus New York übrigens 2007 net, hat es einige Erikas doch sich unser Schlagzeuger mit Hän- auf die Spitze getrieben, indem sie wieder zurück nach Darmstadt den und Füßen wehren - das klingt das komplette „Rise Above“-Album verschlagen. Da der Proberaum doch sehr robotisch. von Black Flag aus der Erinnerung aber nach wie vor in Kelsterbach B: Ich warte mal auf den Men- nachgespielt und das Ergebnis als steht, kann man Boris Halva schen, der da singt. Hmm ... Es Album veröffentlicht haben.] (Gesang, Akkordeon), Markus fühlt sich an wie Depeche Mode. Worum geht es denn bei Deinem Hettler (Bass), Matthias Sistig T: Ah, Depeche Mode! Dave Gahan Text? Jemanden, der einem eine (Gitarre, Gesang), Rainer Stang ist ein Riesensänger und einer der Geldanlage aufschwatzen will? (Drums und Percussion) und wenigen, die im Laufe der Zeit T: Es geht um einen ekligen, öligen Thomas Wolff (Gitarre, Gesang, immer besser werden. Typen; einen Dreckskerl, der ein Banjo) wohl mit Fug und Recht Gut erkannt! Das ist „A Question Mädchen anmacht und ihr ver- als Rhein-Main-Gebiets-Coun Of Time“. Eine schöne Anlehnung spricht, dass er sie groß rausbrin- try-And-Polka-Tango-Band daran findet sich in Eurem „Ge- gen wird. Aber erst einmal muss sie bezeichnen. Mal schauen, was winner-Tango“, aber mit deut- ihm ein bisschen Startkapital leihen Boris und Thomas im großen schem Text und anderem Thema. – eine große Seifenblase! Hörspiel zu Artverwandtem zu Wie kam’s? B: ... und trotzdem hast Du große sagen haben. T: Die paar Coverversionen, die wir Sympathien für ihn. machen, sind ganz freie Improvisa- T: Shame on me!! Depeche Mode „A Question Of tionen. In diesem Fall war ich beim Time (New Town Mix)“ Umsteigen im Flughafen von Valen- Bernd Begemann „Bist Du dabei?“ 86er-Hit-Single der vor allem cia, hatte viel Zeit und viele Ideen ... Der frisch gebackene Bundesver- in Deutschland heiß geliebten Zu diesem Song hatte ich gleich ein dienstkreuzträger mit einer frühen Techno-Pop-Heroen. Auch wenn Akkordeon im Ohr, und von dort kam Hymne aufs Ins-Auto-steigen- P | 20
und-einfach-mal-Abhauen. gesungen. Seit wir Deutsch singen, Alter geht, dann giggeln im Publi- B: Klingt nach Blumfeld. sind wir näher an den Leuten. kum auch die ganz Jungen. Also: Gleiche Stadt, anderer Künstler ... Wir können alle Bands nur ermuti- T: Das Lied ist schön frisch und geht Element of Crime gen, mehr Deutsch zu singen! geradeaus. Aufbrechen, losfahren ... „Der Mann vom Gericht“ B: Und es ist ein Mambo – es Ich sehe da Parallelen zu Eurem Ein Frühwerk der Melancholie- macht einfach Spaß, sich da einzu- Song „Die Nacht“ vom Album Kapelle um Sänger und Trompeter finden und sich reinzugrooven! „Schöner langer Tag“: Das Auto Sven Regener. Gesungen wird aus ist vollgetankt, die Stooges wer- der Perspektive eines hartherzigen Manfred Krug den laut im Radio aufgedreht ... Gerichtsvollziehers: „Niemand da? „Die fegen hier schon auf“ Aber bei diesem Song hier scheint Da lach ich ja ...!“ Der Sinatra der DDR siedelte es eine der ersten Fahrten zu sein, T: Die Trompete ist sehr schön, 1977 nach West-Berlin über. Sein bei Euch eine der letzten. deshalb sind wir auch alle große erstes West-Album 1979 hieß dann T: Interessanterweise ist das einer Sven-Regener-Verehrer. sinnigerweise „Da bist du ja“ und der wenigen Texte, die Boris und B: Das hat was Diabolisches. Das enthält diesen Tränenzieher voller ich zusammen geschrieben haben. ist schon Herbstwind. verrauchter Kneipenromantik. Das ist übrigens Bernd Begemann. T: Aber was ist es? Es ist ein Stück B [hat eine dunkle Ahnung]: Das B: Den kenn’ ich nur als Solo- von uns, das jemand sehr plump könnt’ ein sehr junger Udo Linden- künstler, deshalb hab ich ihn in gecovert hat ... [lacht] berg sein ... Bandbesetzung nicht erkannt. Das ist „Der Mann vom Gericht“, T: ... oder Rocker Schomani ... äh T: Die Hamburger Jungs haben der erste deutschsprachige Song ... Rocko Schamoni. Auf jeden Fall einen guten Humor, einen guten von Element Of Crime. Das passt eine wunderbare Säufernummer, da Schnack und guten Drive ... Vom ja jetzt wegen des Sprachwech- finden wir uns gut rein. Sprachwitz her haben wir uns da sels von Englisch zu Deutsch auch Ich geb Euch einen Tipp: Ähnliche was abgeschaut ... Ich find’ ja so- wieder sehr gut zu Euch, oder? Zeit wie der junge Lindenberg, gar Blumfeld gut, obwohl man das T: Ich bin mit den ganzen englischen aber ein anderer Staat. ja nicht laut sagen darf. und amerikanischen Helden aufge- T: Hm, aus der DDR kennen wir aus B: Wieso denn nicht? wachsen. Genesis und so. Englisch der Zeit eigentlich nur Manfred Krug. T: Na, der Jochen Distelmeyer ist war damals Ausdruck von Interna- Das ist er? Hups - der konnt’ ja rich- doch ... ähm ... Münchener-Frei- tionalität und Coolness. Und man tig singen! Klasse, das covern wir! heit-Fan. wollte sich ja von der Musik seiner B: Das ist sehr entspannt - und B: Was hast Du denn gegen die Eltern abgrenzen. Deutsch war ja sehr groovy! Münchener Freiheit? Ich hab’ entweder Schlager oder doof oder Wenn er Englisch singen würde, Blumfeld zu Zeiten von „Old beides! Bei mir kam ein Umdenken könnte es auch von Tom Waits Nobody“ [1999, Anm. d. Red.] im erst mit der Beschäftigung mit sein, oder? Café Kesselhaus gesehen ... das Americana-Bands wie Calexico oder T: Ich seh’ schon, wir sollten Bill war ähnlich wie bei uns: Live ist es Giant Sand. Deren Einstellung ist ja: von Blood Money, der Darmstäd- dreckiger und lustiger ... Auch wenn Country heute eigentlich ter Tom-Waits-Tribute-Band, T: Ich würd’ mal sagen, bei uns scheiße ist ... das ist trotzdem mein für diesen Song als Gastsänger bestehen 70 Prozent des Auftritts Land, meine Heimat, das lass’ ich dazu holen. Ich hab die mal in der aus „Dummes-Zeug-Labern“, oder mir von den Nashville-Leuten doch Los Santos Bar gesehen und saß zumindest 30. In der Krone-Kneipe nicht kaputtmachen! Und deshalb ungefähr einen Meter neben ihm. haben wir deshalb auch vier Zuga- denke ich heute, dass man genauso Seitdem weiß ich, was „singen“ ben gespielt. Wir mussten danach gut auf Deutsch singen kann, ohne bedeutet – da hat alles um mich ins Sauerstoff-Zelt! dass es einem peinlich ist. herum gewackelt! B: Das ist es eigentlich: Das B: Man baut ja, wenn man Englisch B: Also, das sollten wir machen. Live-Spielen macht uns so großen singt, erst mal eine Distanz zum Schreib’ das mal auf, wir kümmern Spaß. Wir sind zum Glück an dem Publikum auf, eine Coolness auf der uns! [Wird gemacht!] Punkt, dass die Musik für uns ein Bühne ... und im Verlauf der Jahre Zurück zur Kneipenromantik: Ich Hobby ist. Und so haben wir auch kann man die wieder abbauen. würde gern mal aus Eurer Band über die Jahre alles vom Equipment T: Die Leute gehen auch viel mehr info zitieren: „Sie huldigen den her ein bisschen runtergefahren ... mit, wenn man ihnen sagt, worum rastlosen Tagen und all den Näch- T: ... aber nicht die Ansprüche es geht. Wenn wir zum Beispiel ten, die sie vorzugsweise in von [lacht]! Ganz früher hießen wir ansagen, dass es beim Song „Villa Schweigen umtosten Stamm- Dodge Durango und haben Englisch Sonnenschein“ um Sex im hohen kneipen verbringen.“ Da stellen > P | 21
sich mir zwei Fragen. Erstens: Ver- Danzer? immer durcheinander geworfen bringt Ihr Eure Nächte immer noch Nein, es ist eine österreichische habe. Wie kam’s denn zu Eurem vorzugsweise in vom Schweigen Band aus den Achtzigern. Bandnamen? umtosten Stammkneipen? B: Dann ist es die EAV! Das kenn’ B: Matze hat den „Salon Erika“ B: Natürlich! [lacht] ich noch von damals. Auf der erfunden. Und zweitens: Wie heißen die Platte war auch der „Sandlerkönig T: Ja, dahinter stand der Salon-Ge- dazugehörigen Stammkneipen? Eberhard“! Diese Loser-Sympathie danke: „Erzähl’s Deinem Friseur“! B: Wir hatten sie alle! [lacht] fand’ ich immer sehr nett. Das ist B: Und als Du erzählt hast, dass T: In Darmstadt gibt es ja eigent- in dem ganzen Kostümkram immer Deine Band Salon Erika heißt, war lich nur eine Kneipe, die so eine untergegangen, denn das sind ich sofort Feuer und Flamme. Pub-Atmosphäre hat. Das ist das eigentlich ganz coole Typen. [Zu Dann hab ich mein Akkordeon Pillhuhn. Wenn ich Songs über Tom:] „Sandlerkönig Eberhard“, das Regina eingepackt. Kneipen schreibe, dann denke ich muss ich Dir mal vorspielen. Das heißt echt Regina? ans Pillhuhn. T: Aber ich glaub’, ich weiß, worauf B: Ja! Mein Akkordeonlehrer ist total B: Und mich, und das ist komisch, Du anspielst. ausgeflippt, weil er bisher nur von inspiriert es überhaupt nicht: Ich Ich sehe hier einen Querverweis zu diesem Typ gehört hatte, aber noch geh’ da nur hin, um mein Bier zu Eurem Song „An jedem anderen Tag“ nie eine „Regina“ gesehen hatte. trinken und wieder unbeschadet vom Album „Besser geht immer“. Das Bernsteinzimmer der Akkor rauszukommen. Ich find’ dann eher T: Ja, das ist ein großes Thema deonisten ... oder die „Sticky die Zufallsdinger gut. Solche Knei- bei uns: Das Leben ändern wollen, Fingers“-LP mit Original-Reißver- pen, in denen man noch nie war, in aber sich einzugestehen, dass man schluss-Cover. denen man nachts zufällig landet. es nicht schafft. B: Genau. Das zweite Akkordeon T: Wir haben in Kelsterbach, wo Ihr habt ja sogar zwei Songs zu heißt übrigens Lucia. Wir müssten der Proberaum ist, eine Stamm dem Thema. mal zusammen mit den „Sophies“ kneipe: „Zum Anker“. Da bin ich als T: Nein, mehr! [Lacht.] Es gibt spielen: Ein Mädels-Abend ... ha, ha! Exilfriese natürlich besonders gern Themen, auf denen kau’ ich ein Habt Ihr eine abschließende Bot- „vor Anker gegangen“. Wir gehen bisschen rum. Irgendwann war schaft an die P-Leser:innen? gern in die Kneipe – vor allem, um ich mit den Menschen durch. Da B: Mit Botschaften haben wir so dort dummes Zeug zu labern. hab’ ich dann angefangen, über unsere Probleme. B [verschwörerisch]: Das ist natür- Tiere zu schreiben. Dann haben T: Zumindest mit den großen. lich nur Pose. In Wirklichkeit reden die anderen dann auch irgendwann Aber für ’ne kleine reicht’s doch, wir nur über Persönliches! gesagt: Tom, jetzt reicht’s auch! oder? T: Wir reden auch gern über Fußball ... Es gibt sogar ein Stück über den T: Ich würd sagen: Morgen ändern B: ... denn wir haben drei Eintracht- Schabrackentapir. wir die Welt – aber bis morgen ist Dauerkarten-Besitzer in der Band. B: Das ist okay, das ist ja wieder noch jede Menge Zeit ... ! Seid Ihr sicher, dass Ihr das in konstruktivistisch. Nee, die Tiere ❉ einem Darmstädter Stadtmagazin waren schon in Ordnung. Sie soll- erwähnt haben wollt? [Alle lachen.] ten nur nie zu Schaden kommen! Win! Win! — Erste Allgemeine Verunsicherung Dann wohl Sophie Das P verlost 3 x (EAV) „Morgen“ „Einer von Euch“ die Salon-Erika-CD Auch die österreichische Musik- 2018er-Single der Darmstädter „Die Letzten ihrer Art“. kabarett- und Blödel-Truppe hat Indie-Band. sich mit den Folgen übermäßigen B: So einen Song haben wir auch Quizfrage: Wie soll Boris’ Alkoholkonsums beschäftigt, gerade gemacht, der ist gerade im drittes Akkordeon heißen? zum Beispiel in diesem Song vom Werden. Das ist sehr cool! 1985er-Album „Geld oder Leben“. T: Das ist so Neue-Deutsche-Welle- Schick’ Deinen Vorschlag B: Ist bestimmt der Kreisler. Zeit, sehr minimalistisch. [Der Noi- bis 28. Februar 2022 an T: Ich kenn’ nur die Ilse Werner, se-Teil beginnt:] Jetzt nicht mehr ... redaktion@p-verlag.de. die so pfeifen kann [deutsche B: Das hat ’ne schöne „Scherben- Schauspielerin und Sängerin der Energie“. Alle anderen können das Schwarz-Weiß-Ära, die in der T: Es wirkt sehr persönlich, sehr Album bei „Musik als Hilfe“ Disziplin des Kunstpfeifens sehr ehrlich. oder „CD-Bessungen“ bewandert war]. Ich muss ja gestehen, dass ich käuflich erwerben. T: Wolfgang Ambros ... Georg eine Zeit lang Sophie und Erika P | 22
Ab Januar 2022: Wir suchen eine pädagogische Fachkraft (w/m/d) in Voll- und/oder Teilzeit für neue Integrationsfachkraftstunden Als freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe und vom Land Hessen gefördertes Familienzentrum sind wir ein „Ort für Alle“, wo „Alltag und Krise unter einem Dach“ Platz haben und willkommen sind. In unserer Kita, als einem Baustein, mit zwei Krippen- und zwei Kindergartengruppen, bilden Naturerfahrung & Be- wegung, Gesundheit, Miteinander & Kreativität, sowie vor allem die Erkenntnisse der Bindungstheorie, die Säulen unseres Konzepts. Wir arbeiten gerne mit Menschen zusammen, die unser Haus mit ihren Qualitäten und ihrer Indivi- dualität bereichern möchten: Menschen, die es erfüllt, Kinder und Familien beim Wachsen zu begleiten, die Lust ha- ben auf Herausforderungen und auch gerne über den Tellerrand schauen, die sich einbringen und in einer Gemein- schaft weiterentwickeln möchten. Als lebendige Organisation verstehen wir uns als (Bildungs-) Ort für alle - egal in welcher Rolle und mit welcher Aufgabe: gemeinsam gestalten wir Lebens- und Arbeitsräume des Austausches, des Wachstums und der Begegnung auf Augenhöhe. Wir freuen uns auf neugierige Fragen und/oder eure Bewerbungsunterlagen an: Menschenskinder - Werkstatt für Familienkultur e.V. Anne Schaefer und Manuela Puskeiler • Siemensstr. 3a • 64289 Darmstadt Telefon: 06151-780 80 46 • kita@menschenskinder-darmstadt.de (Bei Nichteinstellung werden die Bewerbungsunterlagen sofort gelöscht.) ANZEIGEN
ufgeschnappt! Aufgeschnappt! A Stadtkultur-Neuigkeiten T E X T: M AT I N NAWA B I | FOTO S: NOU K I E H L E RS, NOU K I.C O (GW E N D O LY N & TOY B OYS) + T HOM A S J O SE P H (K LUG G I B O O G I E) + H E I M SP I E L KN Y P H AUSE N Fast genau zwei Jahre nach ihrer Debüt-EP präsen Text und kühlem Gitarrenspiel an die bisherige tiert Gwen Dolyn deren Nachfolger und stellt neue Diskografie an. „Girlscout“ hingegen schöpft das Weichen: Auf „Komm schon“ (erscheint via Nekta- neue Band-Potenzial klanglich vollkommen aus. Der rium Music) erklingt die Stimme der Darmstädterin Song gipfelt in einem lauten Rausch aus verzerr- jetzt mehrheitlich in deutscher Sprache sowie ten Gitarren – die absolute Hole-Referenz und ein kräftig verstärkt im festen Zusammenspiel mit den schöner Kontrast zum ersten Titel der EP. Mehr Toyboys, die längst mehr sind, als nur eine Band Indie als Rock ist nämlich „Hände, getrocknet“, ein im Hintergrund. Gwens erste EP „Things To Tell unbeschwertes Liebeslied, in dessen Musikvideo A Crying Girl“ brachte 2020 frischen Wind in die sich eine kleine geheime Botschaft versteckt. Ab örtliche Bandszene. Frischer Pop mit leichter Grun- sofort überall im Stream zu finden und zu hören! ge-Kante. Schon kurz darauf kreuzten sich die Wege gwen-dolyn.com und nektarium.de mit ihren heutigen Mitmusikern. Die verpassten Gwen Dolyns Solo-Songs mit Schlagzeug, Bass und In unserer kleinen Redaktion sorgte Gwens zusätzlicher Gitarre deutlich mehr Volumen. Das Labelkollegin Metty mit ihrer EP „Outdated“ für harmonierte offenbar so gut, dass sich Sängerin und absolute Begeisterung. Vier Songs, fabelhafter, ehemalige Backingband heute als kreative Einheit melancholischer Bedroom-Pop. Mega gut! Jetzt präsentieren – mit facettenreichem Sound und Ex- knüpft das junge Talent mit Ausnahmestimme an perimentierlust. Vier Titel sind auf EP Nummer zwei, ihr Werk aus dem Juni 2021 an. Kürzlich erschien die zum Jahresanfang erschienen ist, versammelt. die digitale Single „Double Door“. Die Beats zu den Darunter auch die Single „Dr. Murkes“, ein Cover der Piano-Melodien klingen hier weniger zurückhal- Punk-Ikonen EA80, die bereits im Oktober 2021 ver- tend als bisher, was dem Song gut steht. Absolute öffentlicht worden war und mit deutschsprachigem Hörempfehlung! Außerdem: Metty hat das Stipen- Text überraschte. Der Wechsel ins Deutsche ist nun dium des Darmstädter Musikpreises erhalten. Das keine Ausnahme mehr, sondern programmatisch. gab die Jury am 19. Januar bekannt. Gratulation! Einzig das Stück „Why not“ knüpft mit englischem instagram.com/metty.xoxo P | 24
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