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Dial g Ausgabe 37 Magazin der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg Dezember 2017 Themen- schwerpunkt: Digitalisierung
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Inhalt IMPRESSUM Editorial 2 Dialog Magazin der Hochschule für öffentliche Fachforum – Themenschwerpunkt: Digitalisierung Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg Die digitale Transformation – Der Weg von E-Government zur Smart City 4 Ausgabe 37 – Dezember 2017 Evaluierung der Einführung der E-Akte im Ostalbkreis 6 Risikomanagement und vollautomatische Fallbearbeitung in der Steuerverwaltung 8 Herausgeber „Digital Divide“ und die Rolle der EZB 10 Hochschule für öffentliche Verwaltung Internet-Partizipation im Schatten der Transparenz-Norm 12 und Finanzen Ludwigsburg (HVF) in Verbindung mit dem Verein der Freunde Die Rolle des Campus-Managements bei der Digitalisierung 14 der Hochschule Plädoyer für eine andere berufliche Weiterbildungsgesetzgebung 16 Redaktion Studium – Aus den Bachelor-Studiengängen Prof. Dr. Volkmar Kese (verantw.), Hochschultag der Fakultät II erfreut sich hoher Beliebtheit 18 Eva Baum M. A., Matthias Riede M. A., Steuerworkshop von Jugendlichen für Jugendliche 19 Dr. Daniel Zimmermann Konzernbetriebsprüfer in der digitalen Welt – Exkursion zu IBM 20 Verabschiedung von über 400 erfolgreichen Absolventinnen und Absolventen 21 Anschrift der Redaktion Der neue Ausbildungspersonalrat stellt sich vor 22 Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg Studium – Aus den Master-Studiengängen Reuteallee 36; 71634 Ludwigsburg Der neue MPM-Jahrgang freut sich auf die gemeinsame Herausforderung 23 Telefon 07141/140-541 Kompetenzorientiertes Coaching fördert die Führungskarriere 24 www.hs-ludwigsburg.de MEPA-Studierende wollen Studienerfolg gemeinsam erreichen 27 dialog@hs-ludwigsburg.de Master Kommunales Gesundheitsmanagement mit der EH Ludwigsburg 28 Verein der Freunde Hochschule Bürgermeister Klaus Warthon, HVF wird „familiengerechte Hochschule“ 29 Ulla Gottwald Das Weiterbildungszentrum LUCCA startet sein Programm 30 Einführung eines Enterprise-Information-Management-Systems in der Verwaltung 31 Fotos Steuern – kann das auch Spaß machen? – Der zweite Tax Slam an der HVF 32 HVF Ludwigsburg, VdF, Privatbesitz, Ober- finanzdirektion Karlsruhe (S. 9), IBM (S. 20), Landratsamt Rems-Murr-Kreis (S. 39). Verein der Freunde Wir danken HOFFMANN FOTOGRAFIE Veranstaltungsreihe „Wiedersehen macht Freu(n)de“ 33 (73240 Wendlingen) für die Bilder der Preisverleihung Bachelor-Abschlussfeier 33 Bachelorfeier und Benjamin Stollenberg Reges Interesse an Bewerbungstraining 33 (71636 Ludwigsburg) für die Autorenfo- tos. Praxis im Dialog Kommunale Datenverarbeitung Region Stuttgart – Partner für die Kommunen 34 Verlag Laupheim stellt mithilfe von Bachelor-Studierenden auf die Doppik um 35 Staatsanzeiger für Dietlind Knipper, Vorsteherin des Finanzamtes Bruchsal, im Gespräch 36 Baden-Württemberg GmbH & Co. KG Landkreisverwaltung fördert Führungskräftenachwuchs 38 Breitscheidstraße 69, 70176 Stuttgart Ausstattung der Finanzämter im Zuge der Digitalisierung 38 Projektmanagement: Meike Habicht M. A., Innovativ und zielgruppengerecht: Das „Einsteigerprogramm“ 39 Layout: Sonja Krämer HVF – International Druck Neues aus dem Akademischen Auslandsamt 40 Offizin Scheufele, Die Internationalen Tage 2017 der HVF 41 Druck & Medien, Stuttgart Digital Divide in the Danube Region 42 Erscheint zweimal jährlich/Auflage 5.000 Der Amtsschimmel wiehert . . . 44 Die Redaktion bedankt sich bei Herrn Dr. Mijo Bozic, LL.M für das Erstellen Personalia 45 der Seiten „Ludwigsburger Autoren“. Kurz berichtet 46 Ludwigsburger Autoren 47 Unterstützt durch: Dialog | Dezember 2017 1
Editorial Liebe Leserinnen und Leser, vor Ihnen liegt die neue Ausgabe unseres Hochschulmagazins DIALOG. Es handelt sich um ein besonderes Heft, da es erstmals von der neuen Redaktion unter der Leitung von Prof. Dr. Volkmar Kese konzipiert worden ist. Nicht nur das neue Erscheinungsbild wird Ihnen ins Auge fallen, sondern auch das neue Konzept wird Ihnen beim Durchblättern immer wieder begegnen. Themenschwerpunkt im Fachforum Schon das Titelblatt verrät, dass wir in Zukunft im DIALOG auf Prof. Dr. Wolfgang Ernst, Themenschwerpunkte setzen werden. Die vorliegende Ausgabe widmet sich Rektor der HVF Ludwigsburg dem Megatrend der Digitalisierung, der zu tiefgreifenden Veränderungen der Arbeitsabläufe und Dienstleistungen in staatlichen und kommunalen Verwaltungen führt. Unsere Experten im Haus behandeln dieses Thema aus vielen verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven. Dies bildet das Heft auch entsprechend ab. Auf 12 Seiten werden von der Einführung von digitalen Zukunftskonzepten und elektronischen Dokumentensystemen in Kommunen und der HVF selbst bis hin zu IT-Verfahren und Programmen in der Steuerverwaltung viele Facetten des Themas ausgiebig beleuchtet. Auch auf die gesellschaftlichen Auswirkungen der Digitalisierung – hier sind allem voran die Stichworte Transparenz und Teilhabe zu nennen – wird in weiteren Beiträgen eingegangen. Praxis im Dialog Mit Freude stelle ich fest, dass unser Angebot von der Verwaltungspraxis angenommen wurde, über interessante, herausfordernde oder innovative Projekte oder Problemlösungen zu berichten. Berichte wie z.B. über die Digitalisierung der Finanzverwaltung oder die Einführung des Neuen Kommunalen Haushaltsrechts geben nicht zuletzt auch wichtige Impulse für Lehre und Forschung an der HVF. Aus der Hochschule Nicht alles an der vorliegenden Ausgabe wurde neu konzipiert. Die fortlaufende Entwicklung der Hochschule soll weiterhin abgebildet werden. Sie werden auch dieses Mal viele Beiträge zu interessanten Veranstaltungen und Initiativen finden. Auf drei Entwicklungen an der Hochschule möchte ich dabei aber besonders eingehen. In den vergangenen Monaten hat sich unser Weiterbildungszentrum LUCCA stark entwickelt. Einen Beitrag hierzu finden Sie auf Seite 30. Auch die Internationalisierung der Hochschule schreitet weiter voran. Wie Sie auf Seite 41 lesen können, waren die ersten Internationalen Tage der HVF ein voller Erfolg und sollen als Veranstaltung etabliert werden. Eine besondere Auszeichnung für die Hochschule ist die Zertifizierung als „familiengerechte Hochschule“; auf Seite 29 können Sie den Prozess, den wir hierzu durchlaufen, näher verfolgen. Ich wünsche Ihnen jetzt viel Freude beim Lesen dieses neu gestalteten Hefts. Danken möchte ich allen Autorinnen und Autoren, die Beiträge zu dieser Ausgabe beigesteuert haben und somit ein lebendiges Bild der HVF vermitteln. Ebenso gilt mein Dank dem neuen Redaktionsteam. Wenn Sie mehr über die Neuausrichtung des DIALOGs erfahren möchten, empfehle ich den nachfolgenden Artikel, in dem die Redaktion die Beweggründe hierfür und die Bestandteile des neuen Konzepts näher vorstellt. Ihr Rektor Prof. Dr. Wolfgang Ernst 2 Dialog 37 | Dezember 2017
Editorial – In eigener Sache Hochschulmagazin Dialog und Praxis kommen zueinander Seit der Übernahme durch den ehemaligen Redaktionsleiter Prof. i. R. Eberhard Ziegler im Jahr 2001 hat sich dieses Printmedium der HVF zu einem veritablen Hochschulmagazin entwickelt. Die Übergabe an die neue Redaktion im Jahr 2017 erforderte eine Überprüfung, ob das Magazin noch den Seh- und Lesewünschen der jetzigen Zeit entsprechen kann, um auch weiterhin eine Brücke zwischen Hochschulangehörigen, Lehrbeauftragten, Studierenden und der Verwaltungspraxis in Baden-Württemberg zu schlagen. Deshalb wurde im Frühjahr eine Onlineumfrage unter den Professorinnen und Professoren, Lehrbeauftragten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hochschulverwaltung, Studierenden, Mitgliedern des Vereins der Freunde der Hochschule sowie Praktikerinnen und Praktikern in Städten, Gemeinden, Landkreisen, Landesministerien, Finanzämtern und der Rentenversicherung Baden-Württembergs durchgeführt. Wir bedanken uns bei den fast 700 Personen, die durch ihre Hinweise Anpassungen und Veränderungen angeregt haben. Ganz besonders wichtig war die intensive und höchst professionelle Beratung, einschließlich eines wichtigen Gutachtens, von unserem langjährigen Lehrbeauftragten, Journalisten und Redakteur der Waiblinger Kreiszeitung Helge Juch. Als ein ausgesprochen entgegenkommender und innovativ unterstützender Partner bei diesem Einstieg in eine Heftmodernisierung haben die Redakteurin Meike Habicht und Layouterin Sonja Krämer vom Staatsanzeiger wertvolle Unterstützung geleistet. Weitere wichtige Empfehlungen für die Weiterentwicklung unseres Hochschulmagazins hat die Redaktion auch von einem studentischen Prüfungsteam im Modul Public Relations aus dem Master-Studiengang Public Management erhalten, wofür wir uns herzlich bei Elena Breymaier, Katharina Haug, Denise Hertenberger, Vera Lang und Christian Peschl bedanken. In diesem Dialogheft dürfen sich die Leserinnen und Leser deshalb auf einige Neuerungen freuen. Zum ersten Mal in seiner fast zwanzigjährigen Geschichte erscheint der Dialog mit diesem Heft als fachliches Themenheft. Das war laut der Umfrage auch einer der häufigsten genannten Wünsche der Leserschaft. So wird sich eine Vielzahl von Artikeln als Schwerpunktthema in der Rubrik „Fachforum“ mit Herausforderungen der Digitalisierung für die verschiedenen Ebenen der kommunalen und staatlichen Verwaltung beschäftigen. Künftig wird der fachliche Themenschwerpunkt in einem partizipativen Verfahren von den Professorinnen und Professoren gewählt. Durch diese stärkere fachliche Ausrichtung des Dialogs soll über die Expertise der Hochschule ein intensiverer fachlicher Austausch mit der Praxis, also ein „echter Dialog“, initiiert werden. Dies wird auch durch die neue Rubrik „Praxis im Dialog“ unterstützt. Hier erhalten interessierte Praktikerinnen und Praktiker die Möglichkeit, über innovative und herausfordernde Projekte sowie Lösungsansätze in der Praxis zu berichten. Damit können ein Gedankenaustausch und eine weitere Netzwerkpflege zwischen der Verwaltungspraxis Baden-Württembergs und unserer Hochschule angeregt werden. Da der Dialog künftig als Hauptprintmedium ein wichtiger Bestandteil der Kommunikationsstrategie der HVF sein soll, wurden auch Anpassungen im Layout im Sinne des Corporate Designs unserer Hochschule vorgenommen. So soll unter anderem ab jetzt durch das Know-how eines Berufsfotografen die Bildqualität, insbesondere bei den Porträts der Autorinnen und Autoren, professionalisiert werden. Aber verschaffen Sie sich am besten gleich selbst einen Überblick! Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen dabei Ihr Redaktionsteam Das Redaktionsteam von links nach rechts: Prof. Dr. Volkmar Kese, Eva Baum M. A., Dr. Daniel Zimmermann, Matthias Riede M. A. Dialog | Dezember 2017 3
Fachforum – Themenschwerpunkt: Digitalisierung Die digitale Transformation – Der Weg von E-Government zur Smart City Smartphone, Tablet etc. kommunizieren dies nichts anderes, als dass wir als Bür- Prof. Dr. und interagieren oder uns auch nur damit ger/-innen unsere Anliegen mit unseren Birgit Schenk bewegen, durch Sensoren gesammelt und Kommunalverwaltungen unter Nutzung zur Verarbeitung weitergeleitet werden. unserer Smartphones, Tablets, aber auch Professorin für „smarter Technologie“ wie Sensoren in Verwaltungsinformatik Digitale Transformation – Wasseruhren (die den Verbrauch automa- und Organisation was bedeutet dies? tisiert weiterleiten) abwickeln können. Der Begriff der „Transformation“ be- Doch entstehen nicht nur Möglichkeiten zeichnet Wandel. Bezogen auf die Digi- für neue Produkte (Smart Products) und talisierung bedeutet dies, dass überdacht neue Dienstleistungen (Smart Services). Hat uns in den vergangenen Jahren der werden kann, wie Produkte und Dienst- Die Art unserer Produktion und Dienstleis- Begriff E-Government beschäftigt, so le- leistungen erbracht werden, um neue Ge- tungserstellung verändert sich. So lassen sen wir heute die Begriffe „digitale Trans- schäftsmodelle, neue Dienstleistungen, sich die Geschäftsprozesse grundlegend formation“ und „Smart City“. Beides neue Produkte zu schaffen, die zuvor neu optimiert gestalten, um z.B. bürger- sind facettenreiche Begriffe, die Fragen nicht denkbar waren. Denn auf Basis die- orientierter, zeit- und ressourcensparen- aufwerfen. In diesem Beitrag wird der ser Technologien ergeben sich für Staat der das Notwendige und Gewünschte zur Bogen von der Begriffsklärung über die und Wirtschaft sowie alle Organisationen Verfügung zu stellen, sowie das Lebens- Auswirkungen und Zusammenhänge vor neue Kontakt-, Produktions- und Absatz- umfeld in unseren Kommunen lebenswer- dem Hintergrund bestehender Herausfor- wege. So können sie auf vielfältige Art mit ter zu gestalten. Hierauf zielt das Konzept derungen gespannt. uns Bürgern, Kunden und Konsumenten einer Smart City, die auf den genannten in Kontakt treten, Dienstleistungen und Technologien aufbaut. Digital – was steckt dahinter? Produkte erstellen und ausliefern, sowie auch institutionsübergreifend mit Partner- Smart City – Ein Konzept der Zukunft Im weiteren Sinne bedeutet digital so unternehmen, anderen Verwaltungsein- viel wie „auf Digitaltechnik oder Digital- heiten und Nichtregierungsorganisatio- Warum brauchen wir „Smart Cities“? verfahren beruhend“. Gemeint ist da- nen zusammenarbeiten. E-Government haben wir als Bürger/-in- mit die Verwendung von sogenannten nen wenig nachgefragt und wenig an- Computer-Technologien. Dazu gehören Digitale Transformation – ein Beispiel geboten erhalten. Unsere kommunalen die technologischen Entwicklungen der Verwaltungen digitalisieren sich langsam. letzten Jahre, also die sozialen Medien, Am Beispiel des Versandhandels haben Die rechtlichen, organisatorischen, techni- mobile Technologie, Big Data, Cloud- und wir die digitale Transformation bereits schen Grundlagen für ein E-Government Internet-of-Things-Technologien. Sie alle annähernd erlebt. Früher wälzten wir di- sind noch nicht vollständig geschaffen. ermöglichen uns heute, IT ganz selbst- cke Kataloge und schrieben Bestellkar- Warum also Smart Cities? Die Antwort verständlich für alle Alltagsaufgaben zu ten, die wir dann zur Post trugen, um ein liegt in den Zukunftstrends, die sich heute nutzen. Bei dieser Nutzung hinterlassen oder zwei Wochen später das Bestellte spürbar abzeichnen und denen mit dem wir ständig Spuren bzw. vielerlei Daten, in Händen zu halten. Heute klicken wir breit angelegten Ansatz einer Smart City, die gesammelt (Big Data), im Echtzeitbe- im Online-Shop den Artikel an, der uns der die Probleme und Herausforderungen trieb (Real Time Processing) ausgewertet gefällt, und in zwei Tagen liegt das Ge- der Zukunft in den Blick nimmt, begegnet (Analytics) und dann für uns nutzbringend wünschte bei uns im Postfach. Der nächs- werden soll. steuernd eingesetzt werden können. Bei- te, heute schon mögliche Schritt in der spielsweise kann ein Analyse-Ergebnis digitalen Transformation ist, dass über Die Verstädterung der Welt hat ein er- von Verkehrsdaten verwendet werden, einen Sensor – beispielsweise in unserem staunliches Tempo aufgenommen. In um z. B. den Fahrzeugverkehr so zu steu- Kühlschrank – die Bestellung von den von Deutschland leben schon heute ca. 77 ern, dass von Fahrzeit bis Abgasausstoß uns gewünschten Lebensmitteln automa- Prozent der Bevölkerung in dicht und mit- alles optimiert wird. Dies bedeutet aber tisch ausgelöst wird, sobald wir die letz- telstark besiedelten Gebieten. So müssen auch, dass all die Daten, die entstehen, te Packung herausnehmen. Übertragen sich unsere Kommunen neuen Heraus- wenn wir über unsere Endgeräte wie auf die öffentliche Verwaltung bedeutet forderungen stellen, sei es bei Stadtent- 4 Dialog 37 | Dezember 2017
Fachforum – Themenschwerpunkt: Digitalisierung wicklung und Wohnungsbau, Sicherheit, Smart Cities sind also Städte gemeint, die tig einen Mehrwert für die Gesellschaft zu Verkehr und Schadstoffbelastung, Handel durch die Nutzung und Implementierung schaffen. Es soll ein smartes Umfeld aus und Wirtschaftswachstum, Kultur und so- intelligent vernetzter Informations- und der Summe an fortschrittlichen Informa- zialem Miteinander, aber auch bei Ernäh- Kommunikationstechnologien einen Weg tions- und Kommunikations-Technologien rung und Gesundheit. Ressourcen sind suchen, die zunehmende Komplexität zu und deren sinnvoller Nutzung wie auch bereits knapp, angefangen bei Rohstoff- managen. Dabei ist es wichtig, die un- Integration in die Dienstleistungen unter vorkommen bis hin zu Trinkwasser und terschiedlichen Sub-Systeme (Ernährung, Einbezug der Menschen entstehen. sauberer Luft. Mobilität, Gesundheit etc.) zu verbinden bzw. ihre Grenzen hin zu einem organisch Auf dem Weg zu Smart City sein heißt, die Unsere Lebensräume sind kleiner gewor- Ganzen aufzulösen. Chourabi et al. be- digitale Transformation gestalten! Digitale den. Die wachsenden Städte stellen damit schreiben dies mit den Worten: “The new Transformation sollte nicht fatalistisch und an Regierung und Verwaltung komplexere intelligence of cities, … resides in the in- als ein evolutionärer Prozess gesehen wer- und dynamischere Anforderungen als die creasingly effective combination of digital den, der automatisch durchlaufen wird. Er traditionellen Kommunen. Verkehrschaos, telecommunication networks (the ner- sollte vielmehr als ein Umbruch wahrge- Luftverschmutzung, Stauhitze in den Stra- ves), ubiquitously embedded intelligence nommen werden, den wir aktiv gestalten ßenschluchten, aber auch demografischer (the brains), sensors and tags (the sensory können. Wandel und Einwanderung erfordern ein organs), and software (the knowledge ganzheitlicheres Vorgehen und Denken, and cognitive competence).” Neben den i ein flexibleres Planen und agiles Handeln, Zielen, dass wir die Komplexität steuern ausgerichtet an situativen wie langfristi- können und den zukünftigen Herausfor- Zitatnachweis gen Erfordernissen. Unterstützt werden derungen wie Verstädterung, Ressour- Chourabi, Hafedh et al.: Under- kann dies durch den ausgefeilten Einsatz cenverbrauch, steigendem Sicherheitsbe- standing Smart Cities: A Integ- und die intelligente Vernetzung und Nut- dürfnis, Demografischer Wandel etc. mit rative Framework. HICSS 2012, zung der bereits benannten Technologien, innovativen intelligenten Lösungen be- IEEE, pp. 2290. was der Begriff „Smart“ bezeichnet. Mit gegnen können, steht das Ziel, gleichzei- Dialog | Dezember 2017 5
Fachforum – Themenschwerpunkt: Digitalisierung Evaluierung der Einführung der E-Akte im Ostalbkreis Dr. Balázs König von der ungarischen Na- reiche Einführung der E-Akte Schulung, Prof. Dr. tionalen Universität für den öffentlichen Schulung und nochmals Schulung. Robert Müller-Török Dienst und der Erstbetreuer, Prof. Dr. Ro- bert Müller-Török, „sekundierten“. Diese War die Einführung ein Erfolg? Die durch- Professor für englischsprachige Fassung wurde von geführten Interviews ergaben folgende Informations- Frau Pahnke bei den „Central and Eastern interessante Aussagen: management und European e|Dem und e|Gov Days“ 2017 E-Government in Budapest dem Fachpublikum vorge- Wahrgenommene Vorteile der E-Akte stellt. Dieser Beitrag ist eine Zusammen- fassung jenes Beitrags. • Gestiegene Verfügbarkeit, sowohl zeit- lich als auch örtlich Elektronische Akten oder E-Akten sind Die Einführung der E-Akte im in den europäischen Verwaltungen weit Ostalbkreis 2013 • Paralleler Zugriff von verschiedenen hie- verbreitet. So führte z.B. Österreich den rarchischen Ebenen ELAK („Elektronischer Akt“) im Bund be- Das gesamte Jobcenter war 2013 von der ginnend mit 2001 ein; heute finden sich Einführung betroffen, die 2012 startete. • Mehr Flexibilität im Personaleinsatz bis faktisch kaum noch Verwaltungen in Eu- Insgesamt 174 Mitarbeiter an vier Stand- hin zur Ermöglichung von Home-Office ropa, die papierbasiert arbeiten. Auch orten in Kombination mit einem Umzug ehemals dem Ostblock zugehörige Länder mussten erfasst werden. 39.880 Akten • Umweltfreundlichkeit und mehr Platz haben seit wenigstens 2012 die elektroni- mussten von „analog“ auf „digital“ um- im Büro sche Aktenführung eingeführt. gestellt werden, da an den neuen Stand- orten nicht genügend „Aktenkellerplatz“ Wahrgenommene Nachteile der E-Akte Auch in Baden-Württemberg beginnt verfügbar war. jetzt, getrieben vom am 1.1.2016 in Kraft • Hardwareprobleme und Systemausfälle getretenen EGovG BW, die Umstellung. Die wesentlichsten Erkenntnisse der Ana- stoppen jede Arbeit So soll laut den Bestimmungen von § 6 lysearbeit waren: EGovG BW zum 1.1.2022 die elektroni- • Ergonomische Aspekte der Arbeits- sche Akte verpflichtend eingeführt sein, • Die Einführung wurde sozusagen „mini- platzgestaltung werden wichtig und wenigstens bei Landesbehörden. malinvasiv“ durchgeführt, weder Pro- nehmen Managementressourcen in An- zesse noch die Aufbauorganisation spruch Der Ostalbkreis ist hier bereits voran- wurden signifikant verändert. gegangen und führte die E-Akte in der • Die direkte Kommunikation mit Kolle- Landkreisverwaltung bereits 2013 ein. • Verschlagwortung ist ein kritischer Er- ginnen und Kollegen nimmt stark ab Da die Einführung voranschreitet, war es folgsfaktor – ohne gute Verschlagwor- sinnvoll, die „Lessons learnt“ aus dieser tung keine Auffindbarkeit und keine • Im Verkehr mit Verwaltungsgerichten Einführung zu untersuchen. Dana-Ma- funktionierenden Workflows. erfolgen Medienbrüche, da diese keine ria Pahnke, bis 2017 Studentin an der E-Akte annehmen können (oder wollen) Hochschule für öffentliche Verwaltung • Sogenannte Key-User, die als erste An- und Finanzen Ludwigsburg, untersuchte laufstelle für ihre Kolleg(inn)en fungie- • Da nicht die ganze Historie nacherfasst im Rahmen ihrer Bachelor-Arbeit unter ren, sind ebenfalls ein kritischer Erfolgs- wurde, gibt es Friktionen bei der Bear- Anleitung von Herrn Martin Brandt, der faktor, ebenso wie beitung historischer Fälle. damals diese Einführung beim Ostalbkreis leitete, die Auswirkungen der Einführung • Training. In Anlehnung an das berühm- Die wesentlichste gelernte Lektion ist, mit drei Jahren zeitlichem Abstand. te Zitat des Generals im Dreißigjähri- dass die Mitarbeiter mitzunehmen sind. gen Krieg, Raimund von Montecuccoli, Ihre Ängste, Sorgen und Bedürfnisse sind Da die Arbeit als „zu schade für die wonach man zum Krieg führen drei unbedingt ernst zu nehmen. Gelingt das, Schublade“ beurteilt wurde, entstand Dinge braucht – „Geld, Geld und noch- wie im Fall des Ostalbkreises, will niemand eine englischsprachige Fassung, bei der mals Geld“ –, braucht es für eine erfolg- mehr zur Papierakte zurück. 6 Dialog 37 | Dezember 2017
Fachforum – Themenschwerpunkt: Digitalisierung i Praktische Empfehlungen größere Bildschirme als Widerstand bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbei- Weiterführende Quelle • Top Management Commitment: Nur tern. Pahnke, Dana-Maria: Einführung mit ernsthafter Unterstützung des Top der E-Akte – der Tag danach. Managements kann ein derartiges Pro- Fazit Auswirkungen elektronischer jekt funktionieren. Lippenbekenntnisse Aktenführung auf die Verwaltungs- sind zu wenig. Bedingt durch den hochgradig föderati- arbeit; Bachelor-Thesis, Ludwigsburg ven Charakter der Bundesrepublik werden 2016. • Staff involvement and training: Nehmen wir noch häufiger erleben, dass einige Sie sich Zeit für Einzelgespräche, wenn Ämter papierbasiert arbeiten und andere diese als notwendig von den Betroffe- elektronisch, teilweise mit unterschied- nen empfunden werden. Notfalls müs- lichsten Systemen. Ein „Big Bang“, eine sen Sie jeden einzeln überzeugen. Sor- Komplettumstellung wäre zwar aus tech- gen Sie für ausreichende Verfügbarkeit nisch-organisatorischer Sicht wünschens- von Trainern und Schulung, auch nach wert, aber realistisch (politisch wie recht- dem Go-live. Es ist nicht hinreichend, lich) nicht umsetzbar. Schulungen durchzuführen und die Mit- Aus Sicht der Hochschule ist es stets er- arbeiterinnen und Mitarbeiter dann freulich, wenn fertig ausgebildete Studie- beim Go-live alleine zu lassen. rende auch im wissenschaftlichen Bereich bestehen können. Darum freuen wir uns • Involve staff: Nehmen Sie die Mitarbei- sehr, dass Frau Pahnke – und sie war we- terinnen und Mitarbeiter mit. Geben Sie der die erste noch die letzte – ihre Ba- ihnen nicht das Gefühl, Objekte zu sein. chelor-Arbeit durch einen peer-reviewed Beitrag auf einer internationalen Wissen- • Do not try to save hardware costs: Spa- schaftskonferenz sozusagen „veredeln“ ren Sie nicht bei der Hardware – lieber konnte. ST_FR-HPA_Kamp-Anz-2017_210x128 25.07.17 18:27 Seite 1 Anzeige »Ich liebe Freiburg, « weil’s hoch hinausgeht. Beim Klettern bitionen. Und Ausdauer. Tamara Schlecht. Hat Am der Stadt Freiburg. t für Öffentliche Ordnung und bei ihrem Job im Am Wer sich mit Leidenschaft für die Stadt einsetzt, kommt weiter. Unser Fortbildungsangebot ist alles außer gewöhnlich, und unsere stadtinternen Entwicklungsmöglichkeiten werden Sie überraschen. wirliebenfreiburg.de Dialog | Dezember 2017 7
Fachforum – Themenschwerpunkt: Digitalisierung Risikomanagement und vollautomatische Fallbearbeitung in der Steuerverwaltung Art und Umfang der Ermittlungen können – die Prüfung der als prüfungsbedürf- Prof. Dr. dabei, wie jetzt ausdrücklich in § 88 Abs. tig ausgesteuerten Sachverhalte durch Tanja Leibold 2 Satz 2 AO erwähnt, allgemeine Erfah- Amtsträger, rungen der Finanzbehörden sowie Wirt- – die Gewährleistung, dass Amtsträger Professorin für schaftlichkeit und Zweckmäßigkeit be- Fälle für eine umfassende Prüfung aus- Gesellschaftssteuerrecht, rücksichtigt werden. Gesetzgeberisches wählen können, Bilanzsteuerrecht und Ziel ist es, Steuerfestsetzungsverfahren – die regelmäßige Überprüfung der RMS Öffentliches Recht zukünftig vorrangig elektronisch abzuwi- auf ihre Zielerfüllung. ckeln. Um dieses Ziel zu erreichen, sind elektronische Risikomanagementsysteme Mindestanforderungen an (RMS) erforderlich, die erkennen können, Risikomanagementsysteme welche Fälle für eine vollautomatische Be- Die Steuerverwaltung bewegt sich im Be- arbeitung geeignet und welche dagegen Diese Mindestanforderungen sollen si- reich der Einkommensteuerveranlagung personell prüfungsrelevant sind. cherstellen, dass auch bei einer automa- seit jeher in einem Spannungsfeld zwi- tisierten Steuerfestsetzung ein angemes- schen dem gesetzlichen Auftrag, Steuern Damit die Einhaltung der verfassungs- senes Entdeckungsrisiko bei unrichtigen in der richtigen Höhe möglichst zeitnah rechtlichen Anforderungen an einen und unvollständigen Steuererklärungen festzusetzen, und hierfür trotz eines sich gleichmäßigen und gesetzmäßigen Steu- besteht. Darüber hinaus hat die/der Steu- stetig verkomplizierenden Steuerrechts ervollzug auch bei einer automatisierten erpflichtige selbst gemäß § 150 Abs. 7 möglichst geringe personelle Ressourcen Fallbearbeitung gewährleistet ist, hat der AO die Möglichkeit, ihren/seinen Steuer- einzusetzen. Um den Ressourceneinsatz Gesetzgeber in § 88 Abs. 5 Satz 3 AO fall durch einen Amtsträger überprüfen zu verbessern und eine gleichmäßige Mindestanforderungen an ein RMS fest- zu lassen, indem im sogenannten „qua- Besteuerung zu gewährleisten, werden gelegt. Vorausgesetzt werden danach: lifizierten Freitextfeld“ der Steuererklä- bundesweit bereits seit vielen Jahren rung weitergehende Angaben gemacht vereinheitlichte automatisierte Risikoma- – die Gewährleistung, dass durch Zufalls- werden wie etwa auch von der Finanz- nagementsysteme eingesetzt, die bei ein- auswahl eine hinreichende Anzahl von verwaltung abweichende Rechtsauffas- fach gelagerten Fällen zu einer Entlastung Fällen zur umfassenden Prüfung durch sungen oder Prüfbitten. Der Gewährung der Steuerverwaltung führen und ande- Amtsträger ausgewählt wird, rechtlichen Gehörs wird damit auch im rerseits neue Kapazitäten für prüfungsre- levante „lohnende“ Fälle schaffen sollen. Mit dem zum 1.1.2017 in Kraft getre- tenen Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens wurden in der Abgabenordnung jetzt die rechtlichen Vo- raussetzungen gesetzlich definiert, unter denen ein Steuerbescheid vollautomatisch – ohne Prüfung durch eine Finanzbeamtin oder einen Finanzbeamten – ausschließ- lich durch Computerprogramme ergehen kann. Wie bereits nach bisherigem Recht, können die Finanzbehörden nach den Neuregelungen der Abgabenordnung Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umständen des Einzelfalls sowie nach den Grundsätzen der Gleichmäßigkeit, Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit bestimmen. Bei der Entscheidung über Manuela Klein vom Finanzamt Bruchsal bei der aktenlosen Veranlagung 8 Dialog 37 | Dezember 2017
Fachforum – Themenschwerpunkt: Digitalisierung eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht gewährleistet ist. Bei Anwendung eines maschinellen Risikofilters werden dagegen – abhängig von der Program- mierung – einheitlich beispielsweise die potenziellen Risikosachverhalte doppelte Haushaltsführung und Unterhaltsleistung geprüft. Auch noch so sorgfältig gewähl- te Risikoparameter können jedoch nicht verhindern, dass Steuerhinterziehungen unentdeckt bleiben, wenn die gesetzten Risikoparameter nicht überschritten wer- den. Dieses Risiko besteht jedoch auch bei einer personellen Bearbeitung. Festlegung der Risikoparameter Festgelegt werden die Risikoparameter der RMS durch die obersten Finanzbe- hörden der Länder im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen. Die Einzelheiten der RMS dürfen gemäß § 88 Abs. 3 Satz 3, Abs. 5 Satz 4 und § 156 Abs. 2 Satz 3 AO nicht veröffent- licht werden, damit Steuerpflichtige ihr Hochleistungsscanner in Karlsruhe (Hertzstraße), der in Kürze die in Papier eingehenden Erklä- rungen aller baden-württembergischen Finanzämter verarbeiten wird Erklärungsverhalten nicht an bestimmten Prüfungsparametern oder Fallgruppen- einteilungen ausrichten können, sondern der gleichmäßige und gesetzmäßige Steuervollzug sichergestellt bleibt. Dieses automatisierten Verfahren Rechnung ge- erfolgen kann. Vor Einsatz des RMS er- Geheimhaltungsgebot gilt auch im finanz- tragen. folgen automatisiert formelle Prüfungen gerichtlichen Verfahren, in dem es den Fi- der Steuererklärungen. Der Vorteil der nanzbehörden möglich ist, entsprechende Strukturelle Prüfung ersetzt Verwendung von RMS gegenüber einer Auskünfte zu verweigern. Nicht möglich „Bauchgefühl“ personellen Fallbearbeitung liegt dabei ist damit jedoch eine parlamentarische darin begründet, dass gleichgelagerte Kontrolle der von der Exekutive festgeleg- Die vollautomatische Bearbeitung von Sachverhalte denselben Risikoparametern ten Risikoparameter im Hinblick auf eine Steuerfällen ist nicht gleichzusetzen mit unterliegen, wodurch die Gleichmäßigkeit willkürfreie Ausgestaltung. einer geringeren Prüfungsqualität. Denn der Besteuerung besser gewährleistet ist ein RMS unterzieht die eingehenden Er- und eine höhere Kontrolldichte erreicht Fazit klärungsdaten einer strukturellen Prüfung wird. Wenn beispielsweise eine Steuerer- nach Schlüssigkeit, Vollständigkeit und klärung mit den Sachverhalten doppelte Damit die Digitalisierung der Steuerver- Glaubhaftigkeit und ermöglicht zudem Haushaltsführung, Spenden und Unter- waltung auch aus Sicht der Steuerbürge- eine maschinelle fallgruppenbezogene haltsleistungen abgegeben wird, kann rinnen und -bürger zu einem einfacheren, Prüfung für bestimmte Fallgruppen oder dies bei einer rein personellen Bearbei- schnelleren und effizienteren Steuervoll- Risikoklassen. Voraussetzung für eine voll- tung dazu führen, dass eine der bearbei- zug führen kann, werden in Zukunft neue automatische Bearbeitung ist die digitale tenden Personen nur die Spenden prüft, finanzbehördliche Serviceangebote erfor- Erfassung der Erklärungsdaten. Sofern eine zweite prüft Spenden und Unterhalt, derlich werden. Diese reichen von Hilfe- Steuererklärungen nicht schon digital per eine dritte prüft Unterhalt und doppelte stellungen bei der elektronischen Abgabe ELSTER eingehen, werden eingehende Haushaltsführung und eine vierte prüft von Steuererklärungen bis zu einem online Papiererklärungen in Baden-Württem- Spenden, doppelte Haushaltsführung und zugänglichen Informationsangebot sowie berg und vielen anderen Bundesländern Unterhalt. umfänglichen elektronischen Kommuni- deswegen eingescannt und in einem kationsangeboten. Ziel ist, einen jederzeit elektronischen Archiv gespeichert. Eine Die Prüfungsintensität wird bei der rein erreichbaren digitalen Bürgerservice zur Zeichenerkennungssoftware liest die Er- personellen Bearbeitung stark von der Verfügung zu stellen. Der Online-Chat mit klärungsdaten aus den elektronischen persönlichen Schwerpunktsetzung, d.h. den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Bildern (Images) aus, sodass in jedem Fall vom „Bauchgefühl“ der Bearbeiterin der ZIA (Service-Zentrum des Finanzamts) eine papier- und aktenlose Bearbeitung oder des Bearbeiters, bestimmt, wodurch könnte damit in greifbare Nähe rücken. Dialog | Dezember 2017 9
Fachforum – Themenschwerpunkt: Digitalisierung „Digital Divide“ und die Rolle der EZB Prof. Dr. Oliver Sievering Professor mit den Schwerpunkten Öffentliche Finanzwirt- schaft und Wirtschafts- wissenschaften Im Herbst des Jahres 2008 erreichte die Fi- nanz- und Wirtschaftskrise, die in den USA ihren Ausgang genommen hatte, weite Teile Europas. In vielen Ländern sank das Kredite wieder zurückzahlen, in der Regel Jahren ebenfalls gesenkt wurden, bilden Bruttoinlandsprodukt drastisch und die schließt sich ein Anschlussgeschäft an. den Korridor für die Zinsen am Geldmarkt. Arbeitslosigkeit stieg an. Infolge der Pleite Die Höhe der Zinsen und die Geldmenge Mit geringeren Zinsen sollen sowohl Un- der Lehman Brothers Holdings Inc., eine hierfür können von der EZB wöchentlich ternehmen als auch Haushalte angeregt der größten Investmentbanken der USA, exakt kontrolliert werden. Sie wirken sich werden, mehr zu investieren bzw. zu gab es zudem große Befürchtungen, dass auf das allgemeine Zinsniveau aus, da konsumieren, um die Wirtschaft im Eu- aufgrund der internationalen Finanzver- Banken gesunkene Zinsen in der Regel roraum anzukurbeln. Dies funktioniert in flechtungen auch europäische Banken in weitergeben. Zudem ist die EZB zu einer Deutschland recht gut, allerdings nicht Konkurs gehen könnten. Die Europäische Geldpolitik der Vollzuweisung übergegan- in Griechenland. Hier liegt ein wesentli- Zentralbank (EZB) reagierte rasch, senkte gen, die Geschäftsbanken erhalten nun so ches Problem auf der zweiten Stufe des die Leitzinsen und führt seitdem eine sehr viel Geld, wie sie haben möchten. Geldprozesses. Aufgrund des hohen Ar- lockere – aber auch umstrittene – Geldpo- beitslosigkeits- und des Insolvenzrisikos litik durch. Die Spitzenrefinanzierungsfazilität ist ein verleihen die Geschäftsbanken das Geld geldpolitisches Instrument des Eurosys- nur sehr bedingt an die Haushalte und Das geldpolitische Instrumentarium tems, über das sich Geschäftsbanken Unternehmen. Viele Geschäftsbanken ha- der EZB auf eigene Initiative von der Zentralbank ben ihr überschüssiges Geld stattdessen zusätzlich Liquidität bis zum nächsten (massenhaft) über die Einlagefazilität wie- Im zweistufigen Geldsystem findet auf Geschäftstag zu einem vorgegebenen der bei der EZB angelegt. Dies lag nicht der ersten Stufe die Geldbeziehung zwi- Zinssatz – der über dem Hauptrefinan- im Interesse der EZB, wollte sie doch, dass schen der EZB und den Geschäftsbanken zierungssatz liegt – beschaffen können. die Geschäftsbanken das Geld an Unter- statt und auf der zweiten Stufe folgt die Der Zinssatz für die Spitzenrefinanzie- nehmen und Haushalte verleihen. Deshalb Geldbeziehung zwischen den Geschäfts- rungsfazilität bildet im Allgemeinen die hat die EZB den Zinssatz für die Einlage- banken und den Unternehmen, Haushal- Obergrenze für den Tagesgeldsatz am fazilität immer weiter reduziert, letztlich ten und den Staaten. Geldmarkt. Umgekehrt bietet die Einlage- auf aktuell (-)0,4 %, um diese Alternative fazilität den Banken ständig die Möglich- unattraktiv für Banken zu gestalten. So- Auf der ersten Stufe nehmen die Offen- keit, Geld bis zum nächsten Geschäftstag wohl der „Negativzins“, aber insbesonde- marktgeschäfte mit einwöchiger Laufzeit zu einem vorgegebenen Zinssatz bei den re der zunehmend enger werdende Zins- die bedeutendste Rolle der Geldversor- nationalen Zentralbanken anzulegen. Der korridor – am 31.12.2007 betrug er noch gung ein. Über dieses Instrument stellt Zinssatz für die Einlagefazilität bildet die 2 Prozentpunkte (Differenz: SRF-Satz: die EZB den Geschäftsbanken gegen Hin- Untergrenze für den Tagesgeldsatz am 5,0 % – Einlagefazilitätssatz: 3,0 %), im terlegung von Sicherheiten befristet Zen- Geldmarkt. Die Zinssätze für die Spit- Jahr 2016 lediglich 0,65 Prozentpunkte – tralbankgeld zur Verfügung. Nach einer zenrefinanzierungsfazilität und für die erschweren es den Banken, frühere Ren- Woche müssen die Geschäftsbanken die Einlagefazilität, die in den vergangenen tabilitätsmarken zu erreichen. 10 Dialog 37 | Dezember 2017
Fachforum – Themenschwerpunkt: Digitalisierung Digitalisierung als Herausforderung den. Das „Online-Konto“ der Postbank modelle“ werden von Senioren präferiert. der Geschäftsbanken ist für diejenigen Kunden geeignet, die Es stellt sich die Frage, wie die Wirkung viele Bankgeschäfte digital erledigen. Es wäre, wenn die Gebühren nicht in die- Die Digitalisierung stellt eine weitere kostet monatlich 1,90 Euro. Das „Kom- ser Art und Weise erhöht worden wären, wichtige Herausforderung für die Banken fort-Konto“ der Postbank ist für alle, „bei sondern wenn die Banken die „negativen dar. Sie verursacht zunächst Kosten, bie- denen zusätzliche Extras zählen und die Zinsen“ (-0,4 %) einfach „1 zu 1“ an die tet aber mittel- bis langfristig Chancen, ein Rundum-sorglos-Paket möchten“. Für Kunden weitergegeben hätten. Die For- die Ertragssituation der Banken positiv zu dieses „all-inclusive-Konto“ fallen Kon- mel für die Berechnung der monatlichen beeinflussen, denn sie kann genutzt wer- den, den Geschäftsprozess zu verschlan- ken, den Service zu fokussieren und auf die Wünsche der technikaffinen Kunden einzugehen. Dies gilt insbesondere für das Onlinebanking. Gemäß einer Studie (Deutsche Bank Association) nutzen 65 Prozent der Personen zwischen 18 und 59 Jahren Onlinebanking, aber lediglich 33 Prozent der Senioren über 60 Jahre. In Anbetracht des Zins- und Kostendrucks versuchen mehr und mehr Banken, ihre Kunden „zu drängen“, Onlinebanking zu betreiben. In den vergangenen Mo- naten haben viele Geschäftsbanken ihre Kontoführungsgebühren deutlich ange- hoben. Auch die Großbanken Deutsche Bank und die Commerzbank haben ihre Kontomodelle umgestellt, ähnlich wie die Postbank, die drei Kontomodelle an- toführungsgebühren in Höhe von 9,90 Zinsen ist: Z = G * i * 30/360 (mit: Z = bietet. Euro pro Monat an; sollte ein monatlicher Zinsen, G = Geldmenge, i = Zinssatz) Geldeingang von über 3.000 Euro anfal- „Digital divide“: Benachteiligung der len, werden keine Gebühren erhoben. Dieses ist in obiger Tabelle wiederge- Rentner Ähnliche Kontomodelle bieten auch die geben. Es sei angenommen, der Kunde Commerzbank und die Deutsche Bank an, weist einen monatlichen Zahlungsein- Für junge Kunden (Schüler/Studierende) die bei ihren „all-inclusive-Konten“ ähn- gang in Höhe von 1.000 Euro auf, der ei- ist das Girokonto kostenlos, der Grund ist lich hohe Kontogebühren erheben: Com- nen Monat auf dem Girokonto verbleibt offensichtlich: Es wird versucht, die jun- merzbank: 9,90 Euro, Deutsche Bank 9,99 und es wird ein negativer Zinssatz in Höhe gen Kunden längerfristig an sich zu bin- Euro. Diese teuren „all-inclusive-Konto- von (-)0,4 % entsprechend des Einlagefa- zilitätssatzes erhoben, dann müsste der Kunde 0,33 Euro monatlich an Gebühren entrichten. Das „all-inclusive Konto“ der Postbank kostet jedoch 9,90 Euro, so- fern kein monatlicher Zahlungseingang in Höhe von mind. 3.000 Euro erfolgt. Dies bedeutet insbesondere für Rentner, die in der Regel eine Rente deutlich unterhalb dieser Grenze beziehen und sich überpro- portional häufig für ein „Komfort-Konto“ entscheiden eine deutliche Mehrbelas- tung. Auch wenn die ganze Summe nicht für einen Monat auf der Bank liegen ge- lassen wird, ändert sich die Kernaussage nicht, das Verhältnis würde noch ungüns- tiger ausfallen. Dies bedeutet, dass Rent- ner durch die Umstellung der Kontomo- delle allgemein deutlich stärker betroffen sind als jüngere Personen, die häufiger Onlinebanking betreiben. Dialog | Dezember 2017 11
Fachforum – Themenschwerpunkt: Digitalisierung Internet-Partizipation im Schatten der Transparenz-Norm von politischer Teilhabe im Rahmen der len Achse zusätzlich die Einstellungen und Prof. Dr. „E-Democracy“. Haltungen zum Internet mit in Betracht. Jörg Dürrschmidt Digitale und soziale Spaltungen Die Motivation zum Zugang und in der Professor für Soziologie Nutzung können demnach ganz unter- Die These von der digitalen Spaltung der schiedlicher Natur sein: von professio- Gesellschaft ist dabei Fixpunkt für beide neller Effizienz über erlebnisorientiertes Sichtweisen. Während die Anhänger eines Unterhaltungsbedürfnis bis hin zur strate- „Netz-Utopias“ meinen, dass sich die so- gischen Suche nach Möglichkeiten gesell- ziale Teilhabekluft mit flächendeckendem schaftlicher Mitgestaltung. Deutlich wird Internetzugang im Sinne eines effektiven uns hier die Notwendigkeit detaillierter Spätestens seit der damalige US-Präsident social engineering schließen lässt, behar- und lebensweltorientierter Zielgruppen- Barack Obama bei seinem Amtsantritt im ren die Vertreter eines „Netz-Dystopias“ bestimmung über die Polarisierungsthese Januar 2009 eines seiner ersten Memo- darauf, dass gerade mit dem Schließen hinaus. Die jedem Internet-Milieu typisch randen dem Thema „Transparency and der technologischen Kluft wenn nicht eigenen Formen des sozialen Habitus Open Government“ widmete, gehört die neue soziale Brüche, so doch zumindest (Selbstbewusstsein, Konsumorientierung, „Transparenz-Norm“ zum politisch kor- Lebensstildifferenzierungen der Internet- Lernbereitschaft) und des Sozialkapitals rekten Diskurs in Politik und Verwaltung. nutzung deutlich werden. Das demokrati- (Einbindung in Familie, Freunde, Nach- Freier Fluss von Information unterwirft sierende Potenzial des Internets erschließt barschaft, Kollegenschaft) bestimmen i die in Verantwortung Stehenden stärke- sich aus letzterer Perspektive folglich nicht rer Rechenschaftspflicht, lädt zu mehr aus der vereinfachenden Gegenüberstel- Teilhabe an demokratischer Meinungsbil- lung von „info-haves“ und „info-ha- Beitragsinfo dung ein, ermächtigt die Zivilgesellschaft ve-nots“, sondern aus der Fähigkeit, aus Dies ist die überarbeitete Kurz- als Korrektiv politischer Machtausübung der Fülle der Informationen relevantes version eines Konferenzbeitrags, und führt so nachhaltig zu „good gover- Wissen zu filtern, dieses in größere Kon- erschienen als: ‚Internet accessi- nance“. Dabei vertraut man auf das Inter- texte einzuordnen und letztlich im Mei- bility and the ambivalence of transpa- net als das alles entscheidende Transpa- nungsaustausch in ein politisches Urteil rency‘, in: H. Hansen et al. (2017) Cen- renzmedium. zu überführen. Diese Fähigkeit ist auch tral and Eastern European e/Dem and in hoch individualisierten Gesellschaften e/Gov Days 2017: Digital Divide in the Revitalisierung oder Polarisierung der weiterhin schichtenspezifisch verteilt und Danube Region. Wien: Austrian Com- Demokratie? milieuabhängig ausgeprägt. Und zuge- puter Society (331–343). spitzt formuliert: Mehr Information fin- Das hinter diesem von kritischen Kom- det nicht immer den Resonanzboden, aus Quellen mentatoren als „Transparenz-Aktionis- dem besseres politisches Urteil erwächst. Baumann, M.-O. (2014) ‚Die schöne mus“ beschriebenen Diskurs liegende Transparenz-Norm und das Biest des Motiv ist die Vision einer durch Digitali- Blick auf die SINUS Internet-Milieus Politischen: paradoxe Folgen einer sierung revitalisierten Demokratie. Aus neuen Ideologie der Öffentlichkeit‘, in: dieser Perspektive erscheint die Trans- Wenn wir unter diesem Gesichtspunkt der Leviathan 42(3): 398–419. parenz des Internets nicht nur als Quelle sozialstrukturellen Verteilung von Internet- DIVSI (Deutsches Institut für Vertrauen besserer Information, sondern auch als zugang und -nutzung kurz auf die DIVSI und Sicherheit im Internet), DIVSI Mili- Medium der Netzwerkbildung zwischen SINUS Milieu-basierte Darstellung der eu Study on Trust and Security on the Gleichgesinnten, sowie als Agora für die Online-Aktivität in Deutschland schauen, Internet: Condensed Version, Ham- demokratische Meinungsbildung zu po- dann hat dieser Ansatz folgenden Vorteil: burg 2012. litischen Entscheidungsprozessen. Die Während die frühere Diffusionsforschung Lutz, C. (2016) A Social Milieu Appro- Gegenperspektive verweist stattdessen vornehmlich entlang der klassischen Sozi- ach to the Online Participation Divides auf Informationsüberflutung, selbstrefe- alstrukturmerkmale Bildung, Einkommen in Germany, in: social media + society renzielle Milieubildung im Internet sowie und Beruf beobachtete, so ziehen die 2(1): 1–14. eine Fortschreibung sozialer Polarisierung SINUS Internet-Milieus auf der horizonta- 12 Dialog 37 | Dezember 2017
Fachforum – Themenschwerpunkt: Digitalisierung Die SINUS Internet-Milieus mit über die konkreten Zugänge zum und zur analytischen Deutung gegenwärti- auch, ist für diesen Personentypus wichtig. die Nutzungsformen im Internet. Deutlich ger Entwicklungen der digitalen Gesell- Als sportiver „Informationssammler“ ist wird aus den SINUS Internet-Milieu-Stu- schaft finden sich in der Geschichte der er einerseits bedacht aufs Mitreden-Kön- dien allerdings auch, dass die Spaltungs- Sozialwissenschaften so einige. Wenn nen, gleichzeitig aber geprägt von einer und Polarisierungsthese nicht vorschnell man beispielsweise die Diskussionen um gesamtgesellschaftlichen Gleichgültigkeit ignoriert werden darf. Es gibt einen be- „clicktivism“ und „slacktivism“, oder aber neuen Stils. trächtlichen Anteil von „Offlinern“, deren „Filterblase“ und „Schweigespirale 2.0“ Anteil von 2012 bis 2016 aber immerhin betrachtet, dann lohnt ein Nachlesen bei Relativierung der Transparenz-Norm von 20 Prozent auf 16 Prozent gesunken soziologischen Klassikern wie David Ries- ist. man. Als Zeitzeuge einer beginnenden Dass so eine Sozialfigur uns heute assozia- Mediengesellschaft, die das Problem der tiv ansprechen kann, hat weniger mit ihrer (Wieder) eine Zeit der moralischen Verantwortung des Einzelnen empirisch exakten Beschreibung heutiger „inside dopester“? in einer sich angesichts unbändiger Infor- Zustände als mit der Fähigkeit zu tun, die- mationsflut aufs Meinen verlegenden Öf- se Zustände aus der Perspektive prinzipi- Eine detaillierte empirische Analyse der fentlichkeit scharf hervorbrachte, schreibt eller menschlicher Werthaltungen in einen Übersetzung von sozialen Milieus in Mus- er 1950 eine Studie zur „einsamen Mas- neuen und doch vertrauten Deutungszu- ter von Online-Partizipation im weiteren se“. Neben anderen Sozialfiguren skiz- sammenhang zu stellen. Zumindest eine (Netzaktivität überhaupt) wie engeren ziert er darin den „inside dopester“ als eingangs dieses Aufsatzes getätigte Ver- (Netzaktivitäten mit dem Motiv politischer eine Form der politischen Gesinnung, mutung wird so abschließend nochmals Partizipation) Sinne ist zweifellos auf- die von der Konsumpflicht gegenüber aus analytischer Perspektive angeregt: Ein wendig und zugleich notwendig. Den- der Gesellschaft geprägt ist und diese als Übermaß an Transparenz transformiert noch beklagt die empirische Forschung Verbraucherhaltung in die Sphäre des Po- nicht die Politik zum Besseren, sondern zum Thema eine „under-theorization“. litischen trägt. Teilzuhaben am politischen akzentuiert im Gegenteil noch jene Me- Das ist einigermaßen erstaunlich, denn Insider-Wissen – „to know the score“ – so chanismen, die gemeinhin als undemo- forschungsleitende Ideen mit Potenzial wie in anderen Bereichen der Gesellschaft kratisch (miss)verstanden werden. Dialog | Dezember 2017 13
Fachforum – Themenschwerpunkt: Digitalisierung Die Rolle des Campus-Managements bei der Digitalisierung ein Studium und nachfolgend das Studie- Neuere Systeme basieren dabei auf einer Marc rendenmanagement sowie das Lehrver- Strategie der Integration: Bestehende Zimmermann anstaltungs- und Prüfungsmanagement Teilsysteme sollen in einem einheitlichen soweit digitalisiert werden, dass auf System zusammengefasst und dieses um Zentrum für Medien Papierunterlagen weitgehend verzichtet Funktionen erweitert werden, die bisher und Informations- werden kann. Ähnlich wie das bereits noch nicht oder nur in Teilen software- technologie etablierte Verfahren der elektronischen gestützt abgewickelt werden. Auf diese Campus Ludwigsburg Lohn- und Steuerbescheinigungen kön- Weise soll das Vorhalten von Inselsyste- nen zukünftig Studierende z. B. Beschei- men, etwa von in einzelnen Abteilungen Alexander nigungen online beantragen oder sich gepflegten Einzeldatenbanken und Ta- Finkenberger zu Prüfungen anmelden und Ergebnisse bellen, überflüssig werden. So werden online einsehen. die Datenintegrität verbessert, die Fehler- Zentrum für Medien anfälligkeit verringert und Abläufe opti- und Informations- Als Voraussetzung für eine digitalisierte miert. technologie Hochschule und deren Verwaltung wer- Campus Ludwigsburg den jedoch IT-gestützte Systeme benötigt, Ein wichtiger Aspekt ist dabei auch das die solche Funktionen auch anbieten. Sol- Nutzererlebnis der Studierenden und Be- che Systeme werden als Campus-Manage- schäftigten: Sie finden eine einheitliche ment-Systeme (CMS) oder Hochschul- Plattform vor, die sie in den mit ihrem Stu- Mit der Digitalisierungsstrategie digital informationssysteme (HIS) bezeichnet, dium verbundenen Prozessen unterstützt @bw des Landes soll „Baden-Württem- die die Prozesse in Verwaltung und Lehre sowie Abläufe von der Bewerbung und berg […] zu einer Leitregion des Digi- an Hochschulen abbilden und unterstüt- Zulassung transparent macht. Web-ba- talen Wandels“ werden. Die Digitali- zen. Die bisherigen Systeme sollen laut sierte Campus-Management-Systeme sind sierung hat schon in vielen Bereichen Beschluss der Lenkungsgruppe zur Ein- zudem prinzipiell unabhängig von Ort und Einzug in das alltägliche Leben und die führung durch HISinOne als neues Cam- Endgerät nutzbar und entsprechen damit Arbeitswelt gehalten. Sie soll dadurch pus-Management-System an den Hoch- den Nutzungsgewohnheiten der digitalen weiter vorangetrieben und ausgebaut schulen des Landes Baden-Württemberg Lebenswelt der Studierenden. werden, „um das Leben der Menschen etappenweise in den nächsten Jahren er- zu verbessern“. setzt werden. Die HVF soll zusammen mit Perspektivisch wird eine Integration mög- der Hochschule Kehl in einem der hinteren lichst vieler den studentischen Lebenszy- Die baden-württembergische Landes- Cluster die Umstellung vollziehen, jedoch klus unterstützende IT-basierter Dienste, regierung hat als ein zentrales Schwer- müssen bis dahin die Voraussetzungen für wie der Zugang zu Learning-Manage- punktthema der Digitalisierungsstrategie die Einführung solcher Systeme geschaf- ment-Systemen der Hochschulbibliothek den Bereich der Bildung und Weiterbil- fen werden. oder die Bereitstellung von Mail- und dung ausgemacht. Davon sind auch die Nutzerkonten in der Hochschule, ange- Hochschulen berührt, wobei in erster CMS als Organisationsentwicklungs- strebt. Linie die Digitalisierung die Lehre und und IT-Projekte das Lernen verbessern soll. Bezieht man Campus-Management als Bindeglied allerdings auch den Bereich der Digitali- Einen wesentlichen Bestandteil der CMS zwischen den Abteilungen sierung in den Kommunen und der Ver- bilden die Systeme des Student-Life-Cy- waltung mit ein, so steht die Verwaltung cles. Mit diesem Begriff werden insbe- An der PH Ludwigsburg wird derzeit das der Hochschulen vor einem digitalen Um- sondere die Bereiche und Prozesse um Campus-Management-System HISinOne bruch. Bis zum Jahr 2022 sollen demnach die Studierenden von der Bewerbung und zur Unterstützung des Student-Life-Cy- alle Papierakten in den Kommunalver- Zulassung über die Belegung von Lehrver- cles eingeführt. Diese Umstellungen, waltungen der Vergangenheit angehören anstaltungen, Studien- und Prüfungsleis- Anpassungen und Weiterentwicklungen und durch elektronische Aktenführung tungen bis hin zu Abschluss und Alumnus der Prozesse hin zur Digitalisierung der (E-Akte) ersetzt werden. Entsprechend (vgl. Abbildung) in den Mittelpunkt ge- Verwaltung können nur schwer von den können z. B. auch die Bewerbungen für stellt. jeweiligen Abteilungen alleine durchge- 14 Dialog 37 | Dezember 2017
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