2007 Das siebte Jahr - Attac Österreich
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2007 – Das siebte Jahr
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Vorwort LIEBE Wir freuen uns, zum mittlerweile bereits siebten Mal einen Überblick über das abgelaufene Attac-Jahr AKTIVISTINNEN, geben zu dürfen. Es ist ein umfangreiches Heft geworden, wie auch unsere Themen und Aktivitäten immer MITGLIEDER UND mehr an Vielfalt zugenommen haben. UNTERSTÜTZER- INNEN! Der Dank, den wir an dieser Stelle aussprechen möchten, gilt uns allen gemeinsam. Allen Attac-Aktivis- tInnen für die unzähligen Stunden ehrenamtlichen Engagements, den vielen aktiven Attac-Gruppen sowie allen UnterstützerInnen und SpenderInnen für ihren geistigen oder finanziellen Beitrag. Alles zusammen macht den Erfolg von Attac möglich. Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht der Vorstand von Attac Österreich Inhalt INHALTE Attac im siebten Jahr 2 RÜCKBLICKE Das war der G8 Gipfel 4 AUSBLICKE EU-Reformvertrag - Demokratischer, sozialer, ökologischer? 8 Finanzmärkte – die Dauerkrise beenden! 10 Der Widerstand gegen die Außenhandelspolitik der EU formiert sich 12 Tobinsteuer: „Sand ins Getriebe“ der Finanzmärkte 13 2007 - Schwarzes Jahr für Steuergerechtigkeit 14 Stopp Ausverkauf: Gestern GATS - heute Energie-AG 16 Agrarattac: Die Wiederentdeckung der Landwirtschaft 18 Saarbrücken 2008: Erste Europäische Attac-Sommeruniversität 19 Gramsci-Symposium: Vom Alltagsverstand zum Widerstand 20 Auf zum 5. ESF in Malmö 21 STREITGESPRÄCH „Wir erleben einen völligen Machtverzicht der Politik!“ Anneliese Rohrer und Robert Menasse im Gespräch über Wirtschaft, Globalisierung und Attac 22 ATTAC VON INNEN Radio für Rebellen 25 Attac in den Medien 26 FeministAttac / Sand im Getriebe 28 SocialAttac-Gesundheit 29 Attac Vorarlberg /Attac Osttirol 30 Attac-Gemeindetreffen 31 Attac Salzburg / Attac Steyr 32 Gegentöne 2007 33 Attac Waldviertel / Attac Tulln 34 Sommerakademie 2007 35 6 Jahre Attac Mödling / Guntramdsorf 36 Sambattac: Grenzen des Wachstums? Nicht für uns! 37 Übersicht über die Inhaltsgruppen 38 Attac unterstützen 39 Mitgliedsorganisationen 40 Finanzbericht 41 Generalversammlung 2007 / Attac Büro 42
ATTAC AM BEGINN VON ATTAC Die Neuregulierung und demokratische Kontrolle der Fi- STAND DER RUF nanzmärkte bleibt angesichts der aktuellen Entwicklung NACH KONTROLLE notwendiger denn je. Eine Einsicht, die sich – nicht zuletzt DER FINANZMÄRKTE. dank unserer jahrelangen Arbeit - zunehmend auch auf politi- IM SEITHER FORDERT DER GLOBALE KAPITALMARKT IN UNSCHÖNER scher Ebene durchsetzt. Über die Attac-Gründungsforderung nach Besteuerung von Finanztransaktionen (z.B. Tobinsteuer) besteht im Nationalrat mittlerweile Konsens. Wir fordern die SIEBTEN REGELMÄßIGKEIT WEITERE österreichische Bundesregierung auf, sich innerhalb der EU OPFER; VON RUSSLAND endlich nachdrücklich für deren Einführung einzusetzen. ÜBER ARGENTINIEN BIS ZUR US-HYPOTHEKENKRISE Stabilere und krisensichere Finanzmärkte benötigen ein JAHR 2007 MIT IHREN WELTWEITEN AUSWIRKUNGEN. ganzes Bündel an Maßnahmen. Attac hat dazu konkrete For- derungen ausgearbeitet - von der Regulierung der Akteure (Banken, Fonds, Rating-Agenturen) und Produkte (Derivate) über steuerliche Lenkungsinstrumente bis hin zur Neuregelung von Stimmrechten und dem Verbot von Aktienoptionen. Seit Ende 2007 ist das Buch Tobinsteuer - „Sand ins Getriebe“ der Finanzmärkte und Einnahmen für Entwicklung von Attac- Finanzmarktexpertin Cornelia Staritz im Buchhandel und im Attac-Büro erhältlich. Darüber hinaus veröffentlichen wir im Frühsommer 2008 unsere Kritik und unsere Alternativvorschlä- ge in einem neuen Attac-Buch zum Thema Finanzmärkte. Keine Macht für G8! Den Höhepunkt des globalisierungskritischen Jahres 2007 bildeten die Proteste gegen den G8 Gipfel Anfang Juni in Hei- ligendamm: Die Regierungen der führenden Industriestaaten tragen mit ihrer Politik die Hauptverantwortung für einen gro- ßen Teil der globalen Probleme. Besonders deutlich wird die Kluft zwischen den vollmundigen Gipfel-Ankündigungen und den realen Auswirkungen ihrer Politik am Beispiel Afrika. Unter dem Titel „Partnerschaft mit Afrika“ versucht die G8 eine noch weitergehende Öffnung afrikanischer Märkte durchzusetzen. Eine massive Verarmung des Kontinents wäre die Folge. Alexandra Strickner, Wilhelm Zwirner, Sybille Pirklbauer, Brigitte Kratzwald, Heinz M
Die Proteste gegen die G8 verliefen erfolgreich. 80.000 Men- Attac hält die Beteiligung der Bevölkerung an der Gestaltung schen nahmen an der internationalen Großdemonstration am der europäischen Integration für unerlässlich. Zusammen mit 2. Juni teil, mehr als 10.000 an den folgenden friedlichen mittlerweile über 40 zivilgesellschaftlichen Organisationen aus Blockaden. Auch auf dem Gegengipfel in Rostock disku- den Friedens-, Antiatom-, Demokratie-, Datenschutz- und Ge- tierten tausende TeilnehmerInnen Alternativen zum heutigen werkschafts-Bewegungen fordert Attac Österreich daher eine Politik- und Wirtschaftsmodell. Leider dominierten zunächst Volksabstimmung über den EU-Reformvertrag. die gewaltsamen Ausschreitungen und das harte Vorgehen der Polizei gegen friedliche TeilnehmerInnen auf Demonstra- tion die Berichterstattung. Die inhaltliche Kritik geriet dadurch Schwerpunkte 2008 vorübergehend etwas in den Hintergrund. Im Zentrum unserer Arbeit 2008 steht neben dem Dauerbren- ner Finanzmärkte die Frage, wer künftig wieviel zur Finanzie- Neues Fundament für Europa? rung unverzichtbarer Gemeinwohlaufgaben beiträgt. Mit dem Auslaufen der Erbschafts- und Schenkungssteuer fällt Öster- 2007 präsentierten die europäischen Attac Gruppen ge- reich - bei der Besteuerung von Vermögen beinahe Schluss- meinsam ihre „10 Prinzipien für einen demokratischen EU- licht innerhalb der OECD - beim Thema Steuergerechtigkeit Vertrag“, eine Reaktion auf die gegenwärtigen Verträge und jedenfalls ein weiteres Stück zurück: LohnsteuerzahlerInnen den abgelehnten Verfassungsvertrag. Der nunmehr von den und KonsumentInnen mussten bereits in der Vergangenheit Regierungen beschlossene – in der Substanz nahezu unver- die Einnahmenausfälle aus Gewinnen und Vermögen ersetzen. änderte – „EU-Reformvertrag“, soll innerhalb kürzester Zeit Zudem fehlt dem Staat das Geld für dringend notwendige von den Parlamenten der Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Maßnahmen in den Bereichen Pflege, Kinderbetreuung, Bil- Einmal mehr ohne die so dringend notwendige grundlegende dung und Gesundheit. Diskussion über Ziele und Ausrichtung der EU, einmal mehr Die höchst ungleiche Lastenverteilung zwischen Kapital- und ohne breite öffentliche Debatte. Arbeitseinkommen (selbst die OECD rügte Österreich in die- sem Zusammenhang) bildet den Ausgangspunkt der Attac- Attac konnte sich in den letzten beiden Jahren zunehmend Forderungen für die kommende Steuerreform. Wir befinden mit konstruktiver Kritik am – vor allem wirtschaftspolitischen uns damit in Gesellschaft u.a. des Wirtschaftsforschungs- – Kurs der Union einen Namen machen. Den Prozess der instituts und namhafter ÖkonomInnen. europäischen Einigung haben wir dabei immer begrüßt. Die einseitige Betonung wirtschaftlicher „Freiheiten“ zwingt In die Vernetzung der europäischen Attac Gruppen kommt die Staaten aber erst recht in gegenseitige Konkurrenz und 2008 viel neuer Schwung. Nach der Sommerakademie im Juli gefährdet damit, was sie vorgibt möglich zu machen: soziale in Steyr, treffen einander Attacies aus ganz Europa im August Sicherheit, demokratische Teilhabe, ökologische Nachhaltig- bei der ersten „European Summer University“ in Saarbrücken. keit, Wohlstand und ein Europa, das tatsächlich Partner ist in Und im September wird das Netzwerk für gerechte Alternativen der Welt. Der vorliegende „Vertrag von Lissabon“ lässt kaum beim Europäischen Sozialforum in Malmö weitergeknüpft. eine Kurskorrektur erwarten. Petra Ziegler für den Vorstand von Attac Österreich atzwald, Heinz Mittermayr, Erna Dittelbach, Agnes Peterseil, Franziskus Forster, Petra Ziegler ATTAC VON INNEN 03
Auf zum G8 Gipfel! Wieder einmal traf sich in Heiligendamm der die Zerstörung bestehender Sozialsysteme, der kleine und exklusive Klub der 8 „mächtigsten“ Umwelt und ganzer Volkswirtschaften, der Raub Menschen der Welt um, nach offizieller Leseart, von natürlichen Ressourcen, öffentlichem Gut die Probleme der Welt zu besprechen und dafür und menschlichem Wissen oder die gnadenlose gemeinsame Lösungen zu suchen und zu finden. Ausbeutung von Millionen Arbeitskräften. Ein höchst erfreuliches Ereignis also, schließlich wird hier etwas versucht, woran sonst nur Co- mic-Superhelden wagen: die Rettung der Welt. Die Realität entspricht dann doch nicht diesem von PR Firmen und Medienkonzernen geschrie- benen Script. Denn wie es auch der Mehrheit der Menschheit (und der viel beschworenen „globalen Zivilgesellschaft“, sofern es diese wirklich gibt) nur allzu klar ist, geht es hier um etwas völlig anderes. Die Staatsoberhäupter von Frankreich, Deutsch- land, Italien Russland, GB, Kanada, Japan und den USA treffen sich, um ihre machtpolitischen und ökonomischen Interessen abzustimmen und auf globaler Ebene durchzusetzen. Interessen, die jene der wirtschaftlich mächtigen Eliten sind und vor allem auf eines abzielen:auf die Stärkung und Vertiefung der „neoliberalen Globalisierung“, der radikalen Expansion des Kapitalismus auf jedes Land und auf alle Lebensbereiche. Eine Entwick- gegen diese entwicklung regt sich in den letzten Jahren lung, die wie jede „Eroberung“ mit Raub, Ausbeu- wieder massiver Widerstand, und so kamen auch 2007 tung und Zerstörung verbunden ist, sei es nun zehntausende Menschen aus aller Welt nach heiligendamm um ihrer Wut über diese Politik Ausdruck zu verleihen und dagegen zu demonstrieren. Auch in Österreich wurde für die Proteste in heiligendamm mobilisiert. Attac Österreich spielte dabei eine zentrale rolle, nicht nur durch die Beteiligung ihrer Aktivistinnen, sondern auch durch Presse- und Bündnisarbeit und die (Mit-)Organisation der Attac-Sonderzüge. 4
Über 700 Leute sollten schließlich den Sonderzug nach ro- sation in den camps brachte die Stimmung (und die Feierlau- stock nehmen. Schon hier herrschte eine euphorische und ne) bald wieder in die höhe. Die ganze kraft dieser vielfältigen begeisterte (und begeisternde) Stimmung, die reise wurde Menge von Menschen in rostock zeigte sich schon wieder am zu einem Fest und an Schlaf war für die meisten bis spät Montag, als die für 2000 Menschen geplante Migrationsdemo in die Nacht nicht zu denken. eine Stimmung, die auch auf auf 15.000 Menschen anwuchs. eine tatsache, die als Vor- der großdemo am nächsten tag anhielt. 80.000 Menschen wand für Schikane und repression seitens der Polizei reichte hatten sich in rostock versammelt, von kirchenleuten über und schließlich zur Auflösung der Demo führte. Anders als gewerkschafter bis zu jungen hausbesetzern, und verbrei- am Samstag ließ sich an diesem tag dann glücklicherweise teten eine Atmosphäre voller widerständiger kreativität und doch niemand provozieren. Lebensfreude. Abseits von „normalen“ Demo-utensilien wie Fahnen und Spruchbändern fand man Schauspielgruppen, Die am Mittwoch begonnenen Blockaden aller Zufahrtswege riesenhafte Figuren und Skulpturen, eine hochaktive clowns- zum g8-gelände in heiligendamm bewiesen die unglaubliche armee und Sambabands, darunter auch die Musikguerilleros Wirkung eines gemeinsamen Auftretens vieler engagierter von SambAttac Österreich. Das entsprach natürlich nicht dem Menschen. Das massive Polizeiaufgebot konnte den gueril- von Politik und Polizei inszenierten Bedrohungsbild und so la-Marsch durch Felder und Wälder nicht stoppen. Vor allem wartete am ende der Demoroute ein massives Polizeiaufge- die tolle Organisation und koordination der Aktion und die bot auf den Augenblick zum Losschlagen. Nach mehreren große Menge an Menschen führten uns zu unserem Ziel, den Provokationen (wie z.B. der gestellten „Verhaftung“ eines Zi- g8-gipfel zu stören und für einige Zeit zumindest per Land- vilpolizisten) tat ihnen eine militante Minderheit im Schwarzen weg unerreichbar zu machen. Die meisten Blockaden hielten Block den gefallen: Steine flogen, Wasserwerfer pflügten zwei tage stand. Viele Blockaden wurden aber auch mit sehr durch die Menge und die Schlagzeilen von Springer und co brutalen Mitteln von der Staatsgewalt aufgelöst. konnten endlich in Druck gehen. Diese Blockade war für uns mehr als eine schlichte Verhin- derungstaktik und alternativenlose kritik der „Mächtigen“. Chaos und Utopie Sie bot Perspektiven für eine alternative, solidarische ge- sellschaft. Faszinierend waren die perfekte Organisation, Das war natürlich ein harter Schlag für die Stimmung in der koordination und der Zusammenhalt auf der Blockade. Da die Protestbewegung. Aber die vielen Menschen in den camps wenigsten mit so einer langen Dauer der Blockade gerechnet um rostock konnten diese Bilder vergessen machen. Am hatten, lebten wir in einer prekären Situation. uns stand eine Sonntag folgte der Agraraktionstag mit vielen informativen bitterkalte Nacht bevor, wir hatten nur wenige essensvorräte, und kreativen Aktionen, und die unheimlich tolle Atmosphäre und die Versorgung per Straße wurde von der Polizei unter- der zwischen chaos und utopie schwebenden Selbstorgani- bunden. Doch durch solidarisches und engagiertes handeln g8 giPFeL 5
aller Beteiligten sowie dank der großen unterstützung der Anwohnerinnen hätten wir wohl ewig ausharren können. es entwickelte sich eine kraft des gemeinsamen Zusammen- halts, begünstigt durch unser gemeinsames Ziel und unseren gemeinsamen erfolg. So wurde beispielsweise individueller Besitz nebensächlich und entscheidungen wurden stets basisdemokratisch getroffen. Diese zwei tage waren gelebter Widerstand und gleichzeitig gelebte Alternative. Diese erfahrung ließ uns erkennen, wie viel Macht unsere Bewegung tatsächlich hat. Denn nichts ist mächtiger als eine große gruppe von engagierten Menschen, die sich mit vereinten kräften für eine andere Welt einsetzt. katrin Aiterwegmair, tobias Zortea 6
Die Proteste gegen die G8 in Rostock und gewalttätige Ausschreitungen sind das, was den gegne- Heiligendamm waren für die gesamte globali- rinnen der g8-Proteste am meisten nützt. Bilder von chaos sierungskritische Bewegung und für Attac von und gewalt legitimierten den Polizeieinsatz (und oft nachfol- großer Bedeutung. Über ein Jahr lang wurden die gend die Verschärfung von gesetzen, welche die demokra- Demonstrationen und Gegenveranstaltungen in- tischen grundrechte schrittweise aushöhlen) und lenken von tensiv vorbereitet. Ein wMobilisierung der Proteste inhaltlicher kritik ab. Dann ist es umso leichter möglich, nach beteiligt. Die 212 in die Organisation eingebunde- dem „chaos“ wieder zum tagesgeschäft überzugehen. Wenn nen Gruppen waren sich einig: Die Proteste sollen sich in Folge die Bewegung durch interne konflikte selbst friedlich sein. aufreibt, ist das Werk vollendet. Friedliche, kreative Proteste, die radikale kritik an den bestehenden Verhältnissen zum Ausdruck bringen und Alternativen vorschlagen, geraten so in den hintergrund. • unser Ziel ist es, Widerstand so zu gestalten, dass sich noch viel mehr Menschen daran beteiligen als bisher. hun- derttausende Menschen jeden Alters würden ein ganz anderes Zeichen setzen. • Wir lehnen gewalt als Mittel des Protests, bei dem bewusst Menschen in gefahr gebracht und verletzt werden (können), ab. Wir stehen für friedliche, kreative und entschlossene Pro- teste und unternehmen auch alles, um dies zu gewährleisten. Die konfrontationen brauchen nicht erst herbeigeführt zu werden; sie existieren bereits weltweit, und darauf wollen wir - friedlich - die Aufmerksamkeit lenken. • Wir plädieren für unterscheidungsvermögen in der gewalt- frage. Die Frage struktureller gewalt wird in der Diskussion derzeit weitgehend ausgeblendet. es ist gewalttätig, politische regeln festzulegen, die dazu führen, dass Menschen entrech- tet werden, verarmen oder verhungern. Auch darauf wollen wir aufmerksam machen. • Wir werden uns von der Berechtigung und Notwendigkeit der kritik sowie der Veränderung der bestehenden unter- drückenden Verhältnisse nicht abbringen lassen. Dies ist weiterhin unser zentrales Anliegen, dem wir weiter Ausdruck verleihen werden. Alexandra Strickner, christian Felber g8 giPFeL 7
Demokratischer, sozialer, ökologischer? Der EU-Verfassungsvertrag war ursprünglich dazu angelegt, die europäische Identität zu kit- ten: Fahne, Hymne, EU-Gesetze, „wir“ sind Eu- ropäerInnen. Jacques Chirac ließ freiwillig ein Referendum abhalten, doch das Volk „versagte“. Die meisten Medien interpretierten das „Non“ als Denkzettel für Chirac oder nationalistisch. Doch es war das bestinformierte Nein in der Geschich- te der französischen Demokratie. In zahllosen öffentlichen Diskussionen debattierten selbst in den kleinsten Gemeinden Hunderte Interessierte. Umfragen zufolge waren der neoliberale Kurs der EU und der neoliberale Inhalt der Verfassung die Hauptgründe für das Non. Der „Verfassungsschmuck“ wurde abgelegt, die Substanz dieser. Obwohl die eu sich ende 2007 in Afrika eine empfind- blieb erhalten, nach Außenministerin Plassnik „zu 95%“. liche Abfuhr in ihrer Freihandelsoffensive geholt hat, wird der konventspräsident giscard d´estaing bezeichnete den re- globale einsatz für Freihandel verschärft (von fairem handel formvertrag als „den gleichen Brief in neuem umschlag“. kein Wort!). Laut regierungen wird der Vertrag „demokratischer, sozialer Die grundrechtecharta ist an sich erfreulich, doch dass sie und ökologischer“. Beim thema Demokratie bringt er tatsäch- im Anhang versteckt wurde, provoziert. Sie gilt auch nicht für lich Fortschritte gegenüber Nizza: Das Parlament darf jetzt alle, Polen und england zieren sich. Neben dem euro und in fast allen Bereichen mitentscheiden, auch wenn es in der Schengen gibt es damit ein weiteres kerneuropa mit Peri- zentralen Außen- und Sicherheitspolitik oder in der Atompolitik pherie. Bei grundrechten ist das besonders peinlich. Wie soll weiterhin stimmlos bleibt. es darf auch in Zukunft keine ge- die eu international glaubwürdig als Menschenrechtsgemein- setze initiieren und die einzelnen Mitglieder der „regierung“ schaft auftreten, wenn sie sich beim freien kapitalverkehr und (kommission) nicht wählen oder abwählen. Man kann das als beim Freihandel einig ist, aber nicht bei den grundrechten? „größten Demokratieschub der letzten zwanzig Jahre“ ansehen Die Abschwächungsformeln: „Durch die charta werden die (Othmar karas) oder als den inakzeptable Zurückbleiben Zuständigkeiten der union in keiner Weise erweitert.“ und hinter dem Demokratieniveau der Nationalstaaten. robert „Die charta macht die anerkannten rechte und Freiheiten Menasse merkte an, dass ein Souverän, wenn er auf Souve- besser sichtbar, sie schafft aber keine neuen rechte oder ränität verzichtet, das recht hat, mit einem gleichen Maß an grundsätze“ nehmen ihr viel kraft. So wird sie keine eu- Demokratie entschädigt zu werden. Bürgerin aus der Armut holen, mit einem Arbeitsplatz, einer krankenversicherung oder einem Obdach ausstatten. eine Vorrang für Wettbewerb und Freihandel menschennahe union müsste neben den budgetären auch soziale und ökologische konvergenzkriterien festschreiben, Die neue Verpflichtung zu Budgetüberschüssen ohne Maßnah- etwa so: „Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, die Armut men gegen Steuerwettbewerb wird die öffentlichen Defizite und Arbeitslosigkeit schrittweise zu verringern.“ Wenn die vergrößern und den Druck auf Sozialabbau und Privatisie- quantifizierten Ziele nicht eingehalten werden, flattern blaue rungen verschärfen. Die Preisstabilität wird zum neuen unions- Briefe ins haus. ziel. Der neue hinweis auf „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen interesse“ (die eu kennt keine öffentlichen Da in der Sozial- und Steuerpolitik das einstimmigkeitsprin- Dienstleistungen) nimmt sie nicht von den zentralen Wettbe- zip nicht fällt und dadurch die handlungsfähigkeit der union werbsparagraphen aus, sondern belässt sie „unbeschadet“ ausgerechnet dort nicht erhöht wird, wo sie am dringendsten 8
nötig wäre, wird der innereuropäische Standortwettbewerb mit unverminderter härte weitertoben. Der Binnenmarkt wird als soziale Zentrifuge reich und Arm noch stärker polarisieren. ein europäisches Sozialmodell, das sich gegen das neolibe- rale uS-Modell ernsthaft profilieren will, müsste sagen: Wir richten BiP-abhängige Lohn- und Sozialkorridore ein (mit dem konvergenzziel eu-weiter Mindest- und höchstlöhne) und schaffen gemeinsame Arbeits- und Steuerstandards, um den Standortwettbewerb ein für allemal zu beenden. keine Spur von alledem. Solange die eu nur die Wirtschaftsfrei- heiten durchsetzt, wird die fortschreitende Polarisierung Populisten und Nationalisten einladen, ihr Anti-eu-Süppchen Für Demokratie und Transparenz in der EU zu kochen. christian Felber Fatales Signal Die EU-Verfassung sei nicht dazu geeignet, dif- hinterfragt, wird sie sich das Ausmaß der eu-Skepsis nicht ferenziert öffentlich verhandelt zu werden, so die erklären können. Daran ändern auch die aufwändigsten eu- Argumentation der Volksabstimmungsgegner. Sie Jubelbroschüren nichts. Mit der darin so sehr beworbenen würde sowieso nur von Nationalisten missbraucht und beschworenen „größeren handlungsfähigkeit“ der eu werden, ein Referendum Europa gefährden. wird die Frage ignoriert, in wessen interesse da überhaupt gehandelt wird. Denn der reformvertrag schreibt den Vor- Die Angst vor dem nationalistischen „Missbrauch“ ist vor allem rang der Wirtschaftsfreiheiten vor ökologischen und sozialen eines: ein fatales demokratiepolitisches Signal. Sie erklärt Standards fest. Die Dreifaltigkeit des Binnenmarktes - Libera- Bürgerinnen für unmündig und Medien für unfähig den raum lisierung, Deregulierung und Privatisierung - wird weiterhin für für eine differenzierte Öffentlichkeit herzustellen. Wesentliche wachsende ungleichheit, steigenden Arbeitsdruck und mehr Fragen (und Defizite) des demokratiepolitischen Verständnis- Freihandel im interesse von konzernen sorgen. Jetzt aber! ses tun sich auf: taugt mediale Öffentlichkeit nicht mehr für Noch handlungsfähiger! politische Auseinandersetzung? Für wie funktionsfähig halten wir den öffentlichen raum? Vor allem aber: Was verlangen wir David Walch als mündige Bürgerinnen den NLP-geschulten Politikerinnen in diesem öffentlichen raum an Diskussionsbereitschaft ab? Zu tode geschwiegen ist demokratiepolitisch jedenfalls auch Plattform für eine Volksabstimmung über den eu-reformver- gestorben. trag: www.volxabstimmung.at 10 Prinzipien für einen demokratischen eu-Vertrag: http:// eine breite Debatte über das „Wesen“ der eu ist dringender www.attac.at/unterschreiben.html nötig denn je. Die regierung stellt lediglich die Frage, warum sie beim eu-Marketing versagt hat - und bleibt ratlos. Solange sie nur ihre Pr-Strategien, nicht aber den inhalt ihrer Politik reFOrMVertrAg 9
Finanzmärkte – die dauernde Krise endlich beenden! Die Problematik der globalisierten und kaum höhere und schnellere Renditen winken. Die damit verbunde- kontrollierten Finanzmärkte wurde im letzten Jahr ne Spekulation ist verantwortlich für instabile Wechselkurse deutlich sichtbar: das Platzen der US-amerika- und zu hohe Zinsen. Das führt zu steigender Arbeitslosigkeit nischen Immobilienblase, die BAWAG verspeku- und prekären Jobs, hemmt die Gesamtnachfrage der Wirt- lierte Milliarden an Gewerkschaftsgeldern in der schaft und macht langfristige realwirtschaftliche, ökologisch Karibik, die Vorkommnisse rund um Meinl Europe- und sozial nachhaltige Investitionen immer schwieriger. an Land, und nun verliert auch schon die ÖBB ihr Shareholder Value regiert die Unternehmen: Seit Anfang der Geld an der Börse. Zunehmend versuchen auch 70er kommt es zu einer Machtverschiebung zu Gunsten der österreichische Firmen sich durch Verlagerung in AktienbesitzerInnen. Das Management wird dafür belohnt, Steueroasen jeglicher Kontrolle zu entziehen. den Aktienkurs hochzujagen – oft durch Massenkündigungen, Lohnkürzungen und Standortverlagerungen. Globale Finanzmärkte – lokale Auswirkungen Diese Entwicklungen zeigen, wie dringend notwendig eine In einer neoliberalen Welt haben die globalen Finanzmärkte Neuregulierung der Finanzmärkte ist, um zukünftige Krisen zunehmend Auswirkungen auf Beschäftigung, Altersvorsorge, zu vermeiden, mehr Transparenz zu schaffen und endlich für Standort- und Steuerwettbewerb: Löhne, Pensionen und So- eine gerechtere Verteilung zu sorgen. zialleistungen werden gekürzt und öffentliche Einrichtungen sowie Staatsaufgaben privatisiert. Sybille Pirklbauer, Christian Schoder Konzerne investieren ihre Rekordprofite immer weniger in die Realwirtschaft, sondern zunehmend in die Finanzmärkte, wo Zentrales Thema Das ganze Jahr über gab es zahlreiche Aktivitäten von Attac, Wirtschaftsmagazin Trend waren die Attac-Forderungen sogar die diese Probleme analysierten und Alternativen aufzeigten: einen Leitartikel wert. Mit dem Buch „Tobinsteuer - „Sand ins Getriebe“ der Finanzmärkte und Einnahmen für Entwicklung“ Um die Attac-Forderungen kompakt zusammenzufassen wur- von Cornelia Staritz, Finanzmarktexpertin von Attac, wurde de ein Positionspapier erstellt. Unter dem Titel „Cash oder eine brandneue Publikation zur Gründungsforderung von Crash? Die Rolle der globalen Finanzmärkte – Probleme und Attac präsentiert. Alternativen“ werden darin die wichtigsten Entwicklungen und Probleme der Finanzmärkte erläutert und Ansätze für Auch abseits der Augen der Öffentlichkeit tut sich bei Attac eine alternative Gestaltung dargestellt. Ein Glossar mit den Wichtiges zu den Finanzmärkten. Im Rahmen einer internen wichtigsten Begriffen ergänzt den Text. Fortbildung wurden ReferentInnen zum Themenbereich ge- schult, die nun in den Attac-Regionalgruppen Vorträge halten. Die 6. Attac Sommerakademie 2007 begab sich zurück zu den Ziel ist es, bundesweit kompetente AnsprechpartnerInnen Ursprüngen von Attac und stellte die Finanzmärkte ins thema- aufzubauen, die Fragen zu den Finanzmärkten beantworten tische Zentrum. Mit Podiumsdiskussionen und einem vielfäl- können und im Rahmen von Vorträgen und Diskussionen die tigen Workshopangebot wurden das Thema verständlich und Attac-Positionen weitertragen. greifbar gemacht und Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt. Denn: Je mehr Menschen über die Finanzmärkte Bescheid wissen, desto stärker kann eine gerechte Politik eingefordert Im November 2007 gab es eine Pressekonferenz zur umfas- werden und umso besser stehen die Chancen auf echte senden Neuregulierung der Finanzmärkte, um die andauernde Veränderung. Jede/r kann dazu beitragen, durch Information, Krise endlich zu beenden. Der Standard, die Salzburger Nach- Engagement oder auch durch Spenden eine andere Globali- richten und Profil berichteten darüber. Dem renommierten sierung möglich zu machen. 10
Demokratische Kontrolle Finanzmärkte erfüllen grundsätzlich eine wesentliche Funkti- • Haftung der AnlegerInnen im Fall von Finanzkrisen on. Sie finanzieren die Erzeugung und den Konsum von Waren • Globale Währungskooperation nach Keynes und Dienstleistungen in der so genannten Realwirtschaft. • Reform von Weltbank und Währungsfonds Diese Funktion hat aber in den letzten Jahrzehnten relativ an Bedeutung verloren. Statt die Realwirtschaft zu unterstützen, Gerechte Verteilung und nachhaltige Entwicklung bestimmen die Finanzmärkte immer stärker unternehmerische Geld gibt es nach mehr als 50 Jahren ununterbrochenem und wirtschaftspolitische Entscheidungen. Wirtschaftswachstum in Hülle und Fülle. Es ist unfair und für die Volkswirtschaft schädlich, dass sich dieser Reichtum Demokratische Politik muss die Regeln für die Finanzmärkte in wenigen Händen konzentriert. Eine ökonomisch sinnvolle bestimmen, damit sie den wirtschaftlichen Interessen der und sozial gerechte Finanz-, Geld- und Steuerpolitik sollte gesamten Bevölkerung zu Gute kommen. Die Ziele müssen daher für Umverteilung von oben nach unten, flächendeckend sein: Stabilität und langfristige Investition statt kurzfristiger günstige Kredite, hohe Realrenditen und -einkommen und Spekulation. Dafür braucht es: niedrige Finanzrenditen sorgen. • Kapitalverkehrskontrollen und Kreditbeschränkungen • Tobin-Steuer und Börsenumsatzsteuer Der vollständige Text kann unter www.attac.at/finanzmaerkte • Schließung von Offshore-Zentren heruntergeladen oder unter verwaltung@attac.at bestellt • Regulierung des Derivathandels und Verbot werden. von Hochrendite-Fonds FINANZMäRKTE 11
Europa in einer globalen Welt – der Widerstand gegen die Außenhandelspolitik der EU formiert sich Von Beginn an hat Attac sich mit dem Thema Pazifischen und karibischen (AkP) Ländern abzuschließen. Handelspolitik beschäftigt. Eine unserer ersten im kern nichts anderes als Freihandelsabkommen, die vor- Kampagnen richtete sich gegen das Dienstleis- rangig eu konzerninteressen bedienen, werden sie der euro- tungsabkommen der Welthandelsorganisation päischen Öffentlichkeit als entwicklungsfreundlich verkauft. (GATS). Mit ihrer Ende 2006 vorgelegten Außen- in den AkP Ländern, insbesondere in Afrika formierte sich handelsstrategie „Global Europe“ hält die EU an starker Widerstand gegen die WPAs, denn diese würden zu einer aggressiven Liberalisierungspolitik fest. einer massiven weiteren Verarmung der Menschen dort führen Oberstes Ziel ist die Sicherstellung der globalen (www.epa2007.org). Der Abschluss der Abkommen konnte Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unterneh- durch den öffentlichen Druck in Afrika und europa einstweilen men. verhindert werden. ende 2007 haben einige AkP Staaten nur sog. interimsabkommen unterzeichnet. Die weitere Abschaffung von Zöllen und nichttariffären handelshemmnissen (z.B. technische regulierungen, Stan- dards und konformitätstests), die beschleunigte Öffnung von Dienstleistungsmärkten und die Durchsetzung ungehinder- ter Niederlassungsfreiheit soll europäischen unternehmen neue Absatzmärkte und Zugang zu billigeren rohstoffen erschließen. Auch der politische und regulative einfluss von transnational agierenden unternehmen auf eu richtlinien soll in Zukunft gestärkt werden. So soll z.B. uS-Behörden und uS-unter- nehmen sowie anderen wichtigen handelspartnern in Zukunft ein direktes Mitspracherecht bei der eu-gesetzgebung eingeräumt werden – ein nicht nur aus demokratischer Sicht hoch problematischer Vorgang. einer verbindlichen Veran- kerung sozialer und ökologischer Standards wird dagegen von vornherein eine Absage erteilt. Aus der Sicht der kom- mission bedarf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen unternehmen lediglich eines „kooperativen“ und „ermunternden“ Ansatzes bei Sozial- und umweltfragen im Ausland. Bilaterale und regionale Handelsabkommen 2008 gilt es gemeinsam mit anderen Orga- im Blickwinkel des interesses stehen dabei die sich dyna- nisationen in Österreich und der EU (Attac ist misch entwickelnden Weltregionen und Schwellenländer, Teil des Seattle to Brussels Netzwerkes – www. insbesondere china und indien, aber auch der ASeAN-raum, s2bnetwork.org) den Widerstand gegen die euro- korea, die golfstaaten, russland und der Mercosur. es sind päische Aussenhandelspolitik zu erweitern sowie dies jene Länder, die rohstoffe (z.B. erdöl und erdgas) oder Alternativen zum aktuellen Freihandelsmodell zu Agrarflächen besitzen, auf denen in Zukunft rohstoffe zur entwickeln. Die Vorbereitungen für „Enlazando Produktion von Biotreibstoffen angebaut werden. Anderseits Alternativas 3“ - anlässlich des Gipfeltreffens EU, erwartet man sich in diesen regionen eine neue, zunehmend Lateinamerika und Karibik im Mai - sind bereits im Gange. kaufkräftige Schicht für den Absatz europäischer Produkte. Mit allen Mitteln hat die eu 2007 versucht, sog. Wirtschafts- partnerschaftsabkommen (WPAs) mit den Afrikanischen, Alexandra Strickner 12
Tobinsteuer: Was fehlt, ist der politische Wille – Neues Buch zur Attac-Gründungsforderung auf immer größer werdende globale Probleme wie Armut und umweltzerstörung bedeutend. Attac fordert eine Zwei-Stufen-tobinsteuer: Stufe 1 (0,01- 0,5%) betrifft alle Währungstausche und hätte eine stabilisie- rende Lenkungswirkung in ”normalen Zeiten”. kurzfristige spe- kulative Anlagen wären stark betroffen - ihre gewinnspannen sind oft sehr gering, und da die Steuer bei jeder transaktion anfällt, ist die Wirkung um so größer je öfter die Währung gewechselt wird. reale handelsgeschäfte und investitionen wären von dieser geringen Steuer nicht negativ betroffen. Stufe 2 - eine hohe Zusatzsteuer von bis zu 100% - springt an, wenn es z.B. aufgrund von Spekulation zu starken Wechsel- kursschwankungen kommt. Damit wären diese transaktionen unrentabel und spekulative Attacken unterbunden. Das hauptargument gegen die tobinsteuer ist nicht mehr die ökonomische effektivität oder die technische Durchführbar- keit, sondern dass alle Länder - auch Steueroasen - mitmachen müssten. Steueroasen können die tobinsteuer jedoch nicht 1997 brach die Finanzkrise in Südostasien aus, durch die verhindern. Die Steuer könnte an zwei Stellen des Devisen- Millionen von Menschen in die Armut gerissen wurden. Diese handels ansetzen: Bei einer einhebung am handelsplatz krise und die Forderung nach einer demokratischen regu- wäre es sehr teuer, der Steuer zu entgehen, weil der ganze lierung der Finanzmärkte, insbesondere der einführung der handelsplatz samt zugehöriger infrastruktur verlegt und auf die tobinsteuer, führten zur gründung von Attac. 10 Jahre und Vorteile von großen Finanzzentren verzichtet werden müsste. zahlreiche Finanzkrisen später zieht das erste Attac-Buch aus hebt man die Steuer bei der Abwicklung ein, könnte sie auch einer kooperationsreihe mit dem ÖgB-Verlag eine gemischte nicht umgangen werden, da internationale und nationale Bilanz zur gründungsforderung. Positiv ist zu vermerken, dass Zahlungsverkehrssysteme sowie Zentralbanken eng verknüpft die inhaltiche Ausseinandersetzung über ökonomische Sinn- sind. Denn Devisenhändler in Steueroasen existieren nicht haftigkeit und technische Machbarkeit weitgehend gewonnen losgelöst von den Finanzzentren. es müssten auch nicht alle ist. Dies ist nicht zuletzt der Arbeit von zivilgesellschaftlicher anderen Länder mitmachen: 82% der Devisentransaktionen Seite - allen voran Attac - geschuldet. Nun gilt es, die Weichen werden in nur acht Staaten durchgeführt. Schon die eu plus auf politischer ebene in richtung umsetzung der tobinsteuer Schweiz würden für den Anfang genügen. Die Finanzplätze in zu stellen. europa sind zu wichtig und haben überdies zeitzonenbezogene Vorteile, als dass es zu einer Verlagerung in Finanzzentren in Die tobinsteuer ist ein wichtiges tool zur regulierung der anderen Zeitzonen kommen würde. Finanzmärkte. Deren umsätze stiegen in den letzten 10 Jahren weiter stark an, und sie koppelten sich weitgehend von der Die eu muss endlich die initiative ergreifen. hinter inhaltlichen realwirtschaft ab – insbesondere auf den Devisenmärkten, oder technischen Argumenten kann sie sich nicht länger wo nicht einmal 2% des täglichen Volumens von 3,2 Billionen verstecken. Dollar (2007) eine direkte Beziehung zur realwirtschaft haben. Die tobinsteuer würde zur Stabilisierung des Devisenmarktes cornelia Staritz, Leonhard Plank beitragen, größeren handlungsspielraum für die nationalstaat- liche Wirtschaftspolitik und etwas mehr Steuergerechtigkeit cornelia Staritz: tobinsteuer – „Sand ins getriebe“ der Finanz- bedeuten. Die potentiellen einnahmen sind vor allem in Bezug märkte und einnahmen für entwicklung. Attac, ÖgB 2007 tOBiNSteuer 13
Schwarzes Jahr für die Steuergerechtigkeit Wer 2007 erfreuliche Nachrichten zu Fragen gerechterer Erbschaftssteuer – Vertane Chance auf Reform Steuern suchte wurde nicht so leicht fündig. Das begann schon einmal damit, dass das Programm der neuen rot- Allein, die Politik wollte es anders. Die ÖVP, in Sonntagsre- schwarzen regierung kaum etwas enthielt, was das steu- den große Advokatin der Leistungsgesellschaft, fand es von ergerechte herz auch nur ein wenig höher schlagen hätte Anfang an ganz toll, dass ererbtes und geschenktes geld lassen. im gegenteil: in den wesentlichen Punkten wird an in Zukunft gar nicht mehr besteuert werden sollte. Dass im der neoliberalen Steuerpolitik festgehalten. internationale gegensatz dazu Arbeit in Österreich extrem hoch mit Abga- konzerne bleiben weiterhin von der Verantwortung für die ben belastet ist, stellt für die ÖVP offenbar keinen eklatanten Finanzierung des gemeinwohls befreit. Die diesbezüglichen Widerspruch zur behaupteten Leistungsgerechtigkeit dar. Wahlversprechen der SPÖ waren nur Schall und rauch. Die SPÖ erinnerte sich kurz an ihre sozialdemokratischen Weder die Abschaffung der gruppenbesteuerung, gerechte grundwerte und trat für eine reform der erbschafts- und unternehmenssteuern noch eine initiative für eine europawei- Schenkungssteuer ein. Sicher war sie im Nachteil, denn nach te harmonisierung von unternehmenssteuern wurden in die dem Vfgh-urteil wäre ohne Zustimmung der ÖVP die alte regierungsvorhaben aufgenommen. regelung jedenfalls ausgelaufen. Aber wer nicht kämpft hat bekanntlich schon verloren. Begann das Jahr schlecht, wurde es bald noch schlechter: Durch ein urteil des Verfassungsgerichtshofes (Vfgh) wur- Aus für Erbschaftssteuer hat unabsehbare Folgen den die erbschaftssteuer – und einige Wochen später auch die Schenkungssteuer – aufgehoben. Mit etwas politischem Die Preisgabe der beiden Steuern ist nicht nur aus ideolo- Willen hätte das ein grund zur Freude sein können, denn das gischen gründen völlig unverständlich, sondern auch aus Vfgh-urteil hätte eine chance für eine faire Neugestaltung finanztechnischen. Der Vfgh hatte nämlich nicht die erb- der beiden Steuern geboten. Die Verfassungsrichterinnen schaftssteuer an sich kritisiert, sondern die Art und Weise, hatten nämlich keine Bedenken gegen eine erbschaftssteuer wie der Wert von grundstücken und immobilien bemessen an sich, sahen jedoch die völlige unterbewertung von grund wird. Wird keine reparatur vorgenommen, bedeutet das und immobilien durch die so genannten einheitswerte als möglicherweise auch das Aus für die grundsteuer. eine verfassungswidrig. eine Problematik, die auch Attac immer katastrophe für die gemeinden, die dadurch eine wichtige wieder kritisiert hatte. einnahmequelle im Ausmaß von ca. einer halben Milliarde Wer sein geld für sich arbeiten lassen kann, ist derzeit extrem begünstigt. Zinsen und Dividenden sind maximal halb so hoch besteuert wie Arbeitseinkommen. Aktien-Spekulationsge- winne sind nach einem Jahr haltefrist gänzlich steuerfrei. Wir fordern daher: • steuerliche gleichstellung von Arbeits- und kapitaleinkommen • entlastung niedriger und mittlerer Arbeitseinkommen • progressive Vermögenssteuer für die reichsten 10 Prozent • Spitzensteuersatz von 60 Prozent ab 140.000 euro Jahresgehalt 14
Euro verlieren. Damit wäre die letzte Vermögenssteuer in nur ÖGB, Arbeiterkammer und Grüne für eine Reform der Erb- Österreich abgeschafft. Die Finanzierung des Sozialstaates schaftssteuer aus, sondern auch das Wirtschaftsforschungs- würde dann ausschließlich von Erwerbstätigen und Konsu- institut (Wifo) und die des Linksradikalismus unverdächtige mentInnen erfolgen. OECD. Die von Attac mitgetragene Initiative „Ökonominnen und Ökonomen gegen die Abschaffung der Erbschaftssteu- Eine konkrete Auswirkung ließ nicht lange auf sich warten: er“ hat in nur zwei Wochen über 300 UnterstützerInnen quer Deutschland kündigte das bestehende Erbschaftssteuerab- durch alle Institutionen und Lager gefunden. kommen mit Österreich, demzufolge Deutsche ihr Erbe auch in Österreich versteuern können. Aus Sicht von Attac wehrte Steuerreform 2010 – Hoffnungsschimmer oder Deutschland sich völlig zu Recht gegen die unsolidarische dunkle Wolken? Steueroase Österreich. In einer gemeinsamen Presseaussen- dung von Attac Deutschland und Attac Österreich wurde das Positiv sei erwähnt, dass das Festhalten am Termin 2010 Ende des immer absurderen Steuerwettbewerbs gefordert. grundsätzlich richtig war. Wichtiger als eine frühere Steuer- entlastung sind nämlich dringend notwendige Investitionen Viel zu tun für Attac in Bildung und Armutsbekämpfung. Aber ebenso wichtig ist, dass die Steuerreform endlich Schritte in Richtung mehr In etlichen Presseaussendungen, Artikeln und Kommentaren Steuergerechtigkeit setzt. wurde auf die Schieflage im österreichischen Steuersystem hingewiesen und eine Neugestaltung der auslaufenden Steu- Zu tun gäbe es genug: Der Beitrag aus Vermögen zum Steu- ern gefordert. Mit dem Thema in den Medien durchzukommen, eraufkommen ist in Österreich einer der geringsten aller In- war nicht immer leicht. Mehr als einmal wurde die Zusage dustriestaaten. Statt das zu korrigieren erhöhte die Regierung eines Mediums, einen Kommentar zu bringen, in letzter Se- 2007 die Krankenversicherungsbeiträge. Immerhin können kunde zurückgezogen. Manchem Chefredakteur dürfte das sich einzelne Regierungsmitglieder und Landeshauptleute Thema ein wenig zu heiß geworden sein. zunehmend für eine Vermögenssteuer erwärmen, das Wifo tritt zumindest für eine deutlich höhere Grundsteuer ein und In solchen Zeiten ist es schön festzustellen, dass Attac nicht will – wie auch die OECD – eine Reform der Erbschafts- und die einzige Ruferin in der Wüste ist. So sprachen sich nicht Schenkungssteuer. Attac wird die Diskussionen um die Steuerreform mit einer Kampagne begleiten und sich immer wieder nachdrücklich zu Wort melden. Wir werden umso hörbarer sein, je mehr Unterstützung es gibt. Wer Interesse hat, sich intensiv ein- zubringen und an der Kampagne mitzuarbeiten: meldet Euch bei fairsteuern@attac.at. Für mehr Infos zum Thema Steuer- gerechtigkeit oder bei Interesse an einem Vortrag dazu: Email an infos@attac.at. Sybille Pirklbauer Steuergerechtigkeit 15
Gestern GATS – heute Energie-AG Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen vor unserer Haustür Die Stopp-GATS-Kampagne schaffte es, 2002/03 in Oberösterreich ein breites Bünd- nis gegen die weltweit drohenden Privatisierungen im Dienstleistungsbereich zu aktivieren; 2007 erlebten wir diese Entwicklung im eigenen Land: Die schwarz-grüne Landesregierung beschließt im Juni den Teilbör- segang der Energie-AG. Ein ertragreiches Un- ternehmen soll an die Börse gebracht werden, um kurzfristig an Geld fürs Landesbudget und „notwendiges“ Investitionskapital zu kommen (Anm: In den letzten Jahren wurde vor allem in Abfallentsorgungsunternehmen in Tschechien und der Slowakei investiert). Der geplante Börsegang war für uns Anlass, die Stopp-GATS-Plattform wiederzubeleben bzw. in die Plattform „BürgerInnen gegen Ausverkauf“ umzuwandeln. Wie schon 2002 schufen wir durch gute Vernetzung eine Bündelung von Kräften, Fähigkeiten und Ressourcen, die vieles ermöglichte. Wichtig war uns vor allem, die Diskussion aus dem partei- politischen Hick-Hack herauszuholen und über die große Bedeutung öffentlicher Dienstleistungen zu informieren. Von Anfang an war uns klar, dass die Energie-AG nur einen Schritt darstellt; weitere Privatisierungen werden wohl in nächster Zeit auf uns zukommen. Durch unsere Vernetzung wollen wir darauf gut vor- bereitet sein. 16
Der „Börsegang“ Neben üblichen Aktionsformen (Homepage, Flugzettel, Free- 2. Verscherbeln von Familiensilber card, Pickerl…) setzten wir vor allem auf öffentlichkeitswirk- In vielen Fällen geht es tatsächlich nur um eines: Schnelles same und lustvolle Aktionen: Ein „Börsegang“ auf der Linzer Geld für die Budgets von Ländern oder Bund. Auf langfris- Landstraße - als BörsianerInnen verkleidet fuhren wir mit tige Einnahmen wird zugunsten einer kurzfristigen Budget- Einkaufswagen, beladen mit übergroßen Glühbirnen durch sanierung verzichtet. die Linzer Landstraße. 3. Unnötiger Einnahmenverzicht Nachdem absehbar war, dass die BürgerInnenbefragung erst Wieso sind die öffentlichen Budgets in Not? Die neoliberale nach (!) dem Börsegang erfolgen sollte, begaben wir uns am Steuerpolitik der letzten Jahre in Österreich und in vielen 20. Dezember mit der Demokratie auf Herbergssuche. In den anderen Ländern Europas grenzt schon an Einnahmen- Parteizentralen baten wir um Aufnahme für die Demokratie. verweigerung: Abschaffung der Börsenumsatzsteuer, der 90.542 Unterschriften für eine BürgerInnenbefragung waren Vermögenssteuer, der Erbschafts- und Schenkungssteuer, dabei unser Symbol. Senkung der Unternehmensgewinnsteuer. Von der politischen Verantwortung für das Gemeinwohl hat sich diese Politik Am 9. Jänner 2008 zeigte unser halbes Jahr Arbeit Erfolg: längst verabschiedet. ÖVP und Grüne fürchteten die Folgen ihres undemokratischen Handelns und sagten den Börsegang ab. Jetzt sollen andere 4. Die Energieriesen warten schon öffentliche Energieversorger, aber auch Banken und Versi- Alle Veräußerungen von österreichischem Staatseigentum cherungen direkt am Unternehmen beteiligt werden. Dies in den letzten 20 Jahren haben gezeigt: Es bleibt (fast) nie entspricht natürlich nicht unseren Vorstellungen, da wir uns bei den 51%. „In wenigen Tagen“, so Ex-Verbundchef Haider grundsätzlich gegen den Verkauf öffentlichen Eigentums an bei seiner Abschiedspressekonferenz im April 2007, wäre Private aussprechen. Trotzdem freuen wir uns über den Teil- der Verbund übernommen, wenn das staatliche Eigentum erfolg unseres Engagements und sehen uns darin bestätigt, aufgegeben wird. Die Energieriesen EON, EdF und Gazprom die Notwendigkeit öffentlicher Dienstleistungen als Basis für warten schon. eine gerechtere Gesellschaft auch weiterhin einzufordern. Heinz Mittermayr für die Plattform „BürgerInnen gegen Ausverkauf“ 5. Weniger Gestaltungsmöglichkeiten www.stoppausverkauf.at Privatisierung bedeutet immer auch Entdemokratisierung. Die Politik beraubt sich zusehends ihrer eigenen wirtschafts- politischen Gestaltungsmöglichkeiten. Während öffentliche Eigentümer Gemeinwohlziele verfolgen können – zugegeben, sie tun es auch nicht immer - verfolgen private Aktiengesell- 7 Gründe gegen den Ausverkauf schaften ausschließlich das Gewinnziel. Energie und Wasser zählen neben öffentlichem Verkehr und 6. Höhere Preise sind die Folge Post sowie den Bereichen Gesundheit und Soziales zu den Liberalisierung bedeutet Monopolisierung: Vom Ziel, durch Basisdiensten, die für alle leistbar, hochwertig und flächen- mehr Wettbewerb für niedrigere Preise zu sorgen ist weit deckend zur Verfügung gestellt werden müssen. und breit nichts zu sehen. Im Gegenteil: In den USA zahlen Die Ziele Versorgungssicherheit, Beschäftigung, soziale Verbraucher in Bundesstaaten ohne Regulierungen um 30% Sicherheit und nachhaltige Entwicklung sind unter öffentlich- mehr als in Staaten mit Regulierungen. demokratischer Kontrolle nachweislich leichter zu erreichen als in globalen Aktiengesellschaften. 7. Personalabbau, Lohndumping Börsegang und Privatisierung bedeuten Personalreduktion 1. Betriebswirtschaftlich sinnlos und niedere Löhne. Viele Arbeitsplätze und gute Einkommen Aus betriebswirtschaftlicher Sicht gibt es keine Gründe für gehen verloren. Von den an der Frankfurter oder Londoner einen derartigen Verkauf. Die Energie AG etwa konnte mit Börse abgezockten Renditen sieht die österreichische Volks- einem öffentlichen Eigentümer den Konzernumsatz im Zeit- wirtschaft kaum etwas. raum von 2000 bis 2006 verdoppeln. Text: Plattform „BürgerInnen gegen Ausverkauf“ ATTAC VON INNEN 17
Über die Wiederentdeckung der Landwirtschaft in unseren Breitengraden Biodiversität, ...) und der Konsumfrage („Was soll ich ein- kaufen?“) beginnen viele Menschen, sich mit kapitalistischer, industrieller Landwirtschaft kritisch auseinanderzusetzen. In der Öffentlichkeit wird der Mythos des Marktes immer und immer wieder als Antwort auf Globalisierungskritik herunter- gebetet und vielfach in Bildern landwirtschaftlicher Idylle auf- zulösen versucht: Der Markt bietet für alle KonsumentInnen Die Landwirtschaft war vor gut 25 Jahren sehr stark politisiert. das Richtige an, über den Konsum lässt sich die Welt Dies mag an Filmen wie „Septemberweizen“ gelegen sein, verändern, es ist eine Frage der „KonsumentInnendemo- aber auch an Solidaritätsbewegungen, wo sich immer auch kratie“. Jedoch haben immer mehr Menschen ein „ungutes Themen der Landwirtschaft aufdrängten. Zwar ist es nicht Gefühl“ dabei: Lässt sich politisches Handeln tatsächlich unbedingt angebracht, sich nostalgisch in die 80er-Jahre auf den Konsum reduzieren? Was ist mit jenen Menschen, zurückzuwünschen, doch für uns war dies der Anlass uns zu die nicht mal Geld zum Einkaufen haben? Genügt die „Wahl- fragen, wie es heute „im neuen Jahrtausend“ aussieht: freiheit aus dem Bestehenden“ im Supermarkt? Sofort sticht ins Auge, dass der stärkste Arm der globali- sierungskritischen Bewegung aus Bauern und Bäuerinnen Über diese Fragen kamen viele Menschen zu Agrarattac. (vor allem) des Südens gestellt wird. Die Landwirtschaft Ausbeutungsverhältnisse bestehen oftmals gerade dadurch, steht in Ländern des Südens heute ganz oben im Kampf dass sie „unterschlagene Wirklichkeiten“ darstellen und sozialer Bewegungen: die Land- und Eigentumsfrage, öko- eben nicht so ohne weiteres ins Blickfeld geraten. Für uns logische Zerstörung, Hunger, etc. Viele Kernthemen der global- besteht die Herausforderung darin, diese Zusammenhänge isierungskritischen Bewegung sind mit der Landwirtschaft herauszuarbeiten und sichtbar zu machen, diese Fragen zu aufs Engste verwoben. Und wie sieht es in unseren Breiten- politisieren, Widerstand zu artikulieren und die vielfältigen graden aus? Alternativen aufzugreifen. Wir haben es in der Öffentlichkeit mit einer permanenten Auf diese Zusammenhänge legten wir 2007 verstärkt un- De-Thematisierung der grundlegenden Probleme zu tun. seren Fokus; darüber hinaus erarbeiteten wir ein Positions- Diese sichtbar zu machen, ist unsere große Herausforderung. papier zur globalen Landwirtschaft, diskutierten und ver- Viele der Fragen „im Süden“ sind aufs Engste mit unserer tieften globalisierungskritische Themen und das Konzept der Wirtschafts- und Lebensweise verwoben. Ernährungssouveränität, leisteten viel Vernetzungsarbeit und Agrarattac, eine der jüngsten Attac-Gruppen, bemühte sich protestierten in einer bunten Aktion gegen Syngenta. von Anfang an, alltägliche Zusammenhänge und Erfahrungen globalisierungskritisch zu artikulieren, von diesem Alltags- Wir haben ein neues Feld für Attac vermessen, bestellt und zusammenhang aus weiter zu fragen und ihn so zu politisieren. aufbereitet. Daran gilt es im kommenden Jahr anzuknüpfen, Es sind Fragen der Ernährung, des Konsums, der „Lebens- um die Früchte ernten zu können. Denn Widerstand ist weise“ und der Naturverhältnisse, die uns immer wieder be- fruchtbar! schäftigten. Im Zuge der aktuellen Umweltdiskussion (Klima, Franziskus Forster, Agrarattac 18
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