Modus | zad - RECHTSPOPULISMUS UND
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Inhaltsverzeichnis Modus – Zentrum für angewandte Vorwort 4 Deradikalisierungsforschung gGmbH Rechtspopulismus als pädagogische Herausforderung Rechtspopulismus – die „harmlose“ Vorstufe des Rechtsextremismus? 6 Projekt „Teach2Teach“ Die besondere Herausforderung für Lehrkräfte 8 Alt-Moabit 73 10555 Berlin Teach2Teach Das Modellprojekt 10 Tel.: 030 120 899 299 Kontexte der Seminare 11 Methoden und Didaktik 12 Email: info@modus-zad.de Zielgruppen 14 www.modus-zad.de Bedarfe 14 Ziele 16 Ziel von modus|zad ist es, für ein verbessertes gesellschaftliches Reaktionsver- mögen (Schnelligkeit und Wirksamkeit) gegenüber neuen Entwicklungen extre- Seminarmodule mistischer Szenen und Akteur*innen zu sorgen. modus|zad möchte einen Beitrag Radikalisierung und rechtsextreme Ausdrucksformen dazu leisten, das Erstarken extremistischer Gruppen und den damit verbundenen Radikalisierung 18 Anstieg ideologisch motivierter Gewalttaten zu verhindern. Themen und Ausdrucksformen des Rechtspopulismus 20 Rechtsextreme Symbole und Codes 20 Dabei vernetzt modus|zad Wissenschaft, Wirtschaft und andere gesellschaftliche Rechtsextreme Musik 28 Akteur*innen, um Innovationen für die Extremismusprävention und Deradikalisie- Rechtsextreme Kindererziehung rung zu entwickeln, umfangreich zu testen und schnell zu verbreiten. Der Hand- Aufwachsen im Rechtsextremismus 29 lungsimpuls für die anwendungsorientierte Forschung ergibt sich aus den akuten Unterstützung von Kindern aus rechtsextremen Elternhäusern 30 Herausforderungen der Präventionspraxis. Im Anschluss steht die Befähigung Reflektieren verschiedenster Multiplikator*innen der Extremismusprävention mit neu entwi- Begegnungen mit rechtsextremen Einstellungsmustern 31 ckelten Ansätzen und Tools im Fokus, um mit den stetigen Weiterentwicklungen Rechtspopulismus und -extremismus im Sozialraum 31 extremistischer Ideologien und Gruppen besser Schritt halten zu können. Ausschluss oder Akzeptanz 32 Warum mit Rechten reden? 36 modus|zad ging aus der früheren Wissenschaftsabteilung von Violence Das eigene Konflikt- und Kommunikationsverhalten 37 Prevention Network e.V. hervor. Violence Prevention Network e.V. arbeitet seit Analysieren 2001 im Themenfeld Extremismusprävention und Deradikalisierung. Die pädago- Die Grenzen des Sagbaren 38 gischen Fachkräfte beraten bundesweit politisch bzw. religiös ideologisierte Perso- Rechtsextreme Narrative erkennen 42 nen und deren soziales Umfeld, führen Distanzierungsprogramme in Haft durch Rechtspopulistische Diskursstrategien 44 und bieten Workshops für Multiplikator*innen und Schüler*innen an. Parallel zu Bedürfnisse hinter rechten Aussagen erkennen 48 der praktischen Arbeit fördert Violence Prevention Network e.V. durch innovative Handeln Forschungs- und Entwicklungsprojekte die Verknüpfung von Wissenschaft und Rechtspopulismus im Klassenzimmer 49 Praxis. Das Projekt „Teach2Teach“ wurde von Violence Prevention Network e.V. Umgang mit rechtsextremen Narrativen 51 entwickelt und zum 1. Januar 2019 auf modus|zad übertragen. Mit Fakten rechtspopulistischen Äußerungen begegnen 52 Führen von Konfliktgesprächen (Variante 1) 53 Führen von Konfliktgesprächen (Variante 2) 54 Leitbilder entwickeln 56 Beutelsbacher Konsens 56 Ausblick Gesprächs- und Handlungsempfehlungen 60 Hilfreiche Links und praktisches Material 61 Impressum 63 2 3
Vorwort Eine feindliche Haltung gegenüber dem, was als – Verdrossenheit Luft machen wollen. Dabei wer- Während der Projektlaufzeit von 2017 bis 2019 fremd oder anders wahrgenommen wird, ist bei den bewusst Grenzen übertreten. Denn Rechts- wurden im engen Austausch mit Wissenschaft und Weitem kein neues Phänomen, erhält jedoch seit populist*innen suchen nicht in erster Linie einen Praxis aktuelle Erkenntnisse über Radikalisierungs- geraumer Zeit im Rahmen von Wahlen und gesell- Meinungsaustausch oder eine faktenbasierte, ar- ursachen sowie die Herausforderungen in der Ra- schaftlichen Diskursen in Europa und den USA eine gumentativ untermauerte Diskussion. Vielmehr dikalisierungsprävention unter den Bedingungen besondere Bedeutung. Die sich zunehmend pola- nutzen sie Gesprächssituationen, um zu schocken, der „polarisierten Gesellschaft“ benannt und fle- risierenden gesellschaftlichen Debatten, z. B. über zu verletzen, zu spalten, Aggressionen und Zwie- xible und wirksame pädagogische Herangehens- Integration und Flucht oder auch die Europäische tracht zu schüren und vor allem das unbeteiligte weisen zum Umgang mit rechtspopulistischen und Union, sind Indizien für eine rapide voranschrei- Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Die Konsequen- rechtsextremen Einstellungen entwickelt. Diese tende Spaltung der Gesellschaft, die von rechtsex- zen dessen halten bereits deutlich spürbar in das wurden in realen Seminarkontexten getestet und tremen Akteur*innen gezielt genutzt und instru- alltägliche Miteinander Einzug. Dialog wird durch evaluiert. In Zusammenarbeit mit Fachschulen der mentalisiert werden, um Ideologien der Abwertung Konfrontation ersetzt, die Verachtung des vermeint- Erzieher*innenausbildung, Schulpraktischen Semi- und Ungleichheit in der „Mitte der Gesellschaft“ zu lich „Anderen“ wird zur Norm. naren für Referendar*innen, Weiterbildungsstät- implementieren. Ein Teil dieser „Mitte“ sieht sich ten für Lehrkräfte sowie Kollegien von Schulen und selbst als „das wahre Volk“ und übernimmt zuneh- Für Menschen, die pädagogische Verantwortung für Kitas entstand so ein variables, auf die jeweiligen mend und zumeist unreflektiert rechtsextremes Kinder und Jugendliche tragen oder zukünftig tra- Zielgruppen und Themen anpassungsfähiges Semi- Vokabular zentraler Akteur*innen der sogenannten gen werden, ist diese Herausforderung besonders narkonzept für pädagogisches Personal in der Aus-, Neuen Rechten wie „Volksverräter“, „Lügenpresse“, unmittelbar. Lehrkräfte, Erzieher*innen und ande- Fort- und Weiterbildung. „der große Austausch“ oder „System-“ bzw. „Altpar- re pädagogisch Tätige sind hinsichtlich des durch El- teien“. tern, Kolleg*innen, Kinder und Jugendliche auch sie Die während des Projektes durchgeführte Bedarfs- massiv betreffenden Phänomens oft überfordert, analyse zeigte, dass viele pädagogische Einrichtun- Vorrangig mit dem Ziel einer Polarisierung, Aufwie- denn ihnen fehlt nicht nur das Hintergrundwissen, gen ihr Personal gerne kontinuierlich im Phänomen- gelung und schließlich Entsolidarisierung unserer sondern in erster Linie konkretes Handwerkszeug bereich Rechtspopulismus und Rechtsextremismus offenen und vielfältigen Gesellschaft verbreiten wie Handlungs- und Diskurstrategien, um rechts- weiterbilden und es in ihrem professionellen Um- auch rechtspopulistische Politiker*innen mit Hilfe populistischen Argumentationsweisen effektiv be- gang mit menschen- und demokratieverachtenden von Falschnachrichten und Verschwörungstheorien gegnen zu können. Haltungen stärken möchten. Bislang fehlte jedoch menschenverachtende und demokratiefeindliche die Möglichkeit, solche Fortbildungen eigenständig Inhalte in den sozialen Netzwerken. Hierbei ist ein Die beschriebenen Entwicklungen und Heraus- in den jeweiligen Arbeitskontext einzubetten. Das deutlicher Zusammenhang zwischen den Botschaf- forderungen sind die Anknüpfungspunkte des vorliegende Methodenhandbuch fasst die erprob- ten und Zielen rechtspopulistischer und rechtsex- Modellprojektes „Teach2Teach – Fortbildung und ten Seminarmodule zu unterschiedlichen Themen- tremer Parteien und Bewegungen und dem offen Qualifizierung für Fachkräfte im Bereich der Radi- schwerpunkten einschließlich der zu ihrer Durch- kommunizierten Hass on- wie offline erkennbar. kalisierungsprävention“ im Programm „Demokratie führung nötigen Materialien zusammen und gibt leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Se- engagierten Pädagog*innen damit konkrete Impul- Populistische Kommunikationsstrategien, wie zir- nioren, Frauen und Jugend. Die zentrale Frage des se für eine Umsetzung von eigenen Fortbildungs- kuläre Argumentationen, die Verbreitung von Ver- Projekts war, wie pädagogische Multiplikator*innen veranstaltungen im Kollegium. Alle Inhalte können schwörungsideologien und die Betonung einer Dif- im beruflichen Alltag mit Aussagen und Handlun- den jeweiligen Kontexten des Berufsalltags ange- ferenz zwischen dem vorgeblich betrogenen Volk gen umgehen können, die Elemente Gruppenbe- passt und thematisch verändert werden. Auf diese „hier unten“ und einer als bösartig wahrgenomme- zogener Menschenfeindlichkeit aufweisen und von Weise sollen möglichst viele pädagogische Multipli- nen Elite „da oben“, sind elementare Bestandteile weiten Teilen der Gesellschaft kaum noch als rechts kator*innen erreicht werden, um eine dringend ge- sowohl rechtspopulistischer wie auch rechtsextre- oder gar rechtsextrem identifiziert und so zuneh- botene Auseinandersetzung mit den unterschied- mer Argumentation. mend als „normal“ angesehen werden. lichen rechtspopulistischen und rechtsextremen Ausdrucksformen voranzutreiben. Bisherige gesellschaftliche Tabus werden bewusst Es gilt auch noch in der Zukunft, weitere Lösungen überschritten und mehrheitsfähige Werte grund- für diese Herausforderungen zu finden und (zu- sätzlich missachtet. Dies dient einerseits der Pro- künftige) pädagogische Multiplikator*innen im di- vokation und der damit möglichen Themensetzung rekten Umgang mit Menschen, die rechtspopulis- im Rahmen öffentlicher Diskurse, andererseits tische oder rechtsextreme Argumentationsmuster wird so die Hemmschwelle für all jene gesenkt, die aufweisen, zu stärken. ihrer – oftmals sehr unterschiedlich begründeten 4 5
Rechtspopulismus als pädagogische Herausforderung 1 & 2: Andreas Zick/Beate Küpper/Wilhelm Berghan: Verlorene Mitte – Feindselige Zustände. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2018/19. Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.), Berlin 2019 Rechtspopulismus – die „harmlose“ Vorstufe des Rechtsextremismus? Nicht zuletzt durch den Aufschwung rechtspopu- Der Rechtspopulismus schwächt in einem schlei- Vereinfacht gesagt rangiert der Rechtspopulismus In der pädagogischen Arbeit kommt es darauf an, listischer Parteien in vielen Staaten Europas ver- chenden Prozess die Demokratie, indem er Miss- in der Grauzone zwischen demokratisch-konser- die unterschiedlichen Ausprägungen rechtspopu- breitet sich rechtsextremes Gedankengut wieder trauen gegen die bestehenden Parteien („Altpartei- vativen („klassisch“ rechten) und rechtsextremis- listischer und rechtsextremer Einstellungsmuster zunehmend in der sogenannten Mitte der Gesell- en“, „Systemparteien“) schürt, gegen Vielfalt und die tischen Einstellungen, wobei er sich an beiden zu kennen und Aussagen entsprechend einordnen schaft. Auch in Deutschland konnte sich mittler- grundsätzliche Gleichwertigkeit von Menschen agi- angrenzenden Lagern gerne thematisch und me- und differenzieren zu können. Anstatt durch Labels weile eine rechtspopulistische Partei etablieren. Die tiert und einen „natürlichen“ Nationalismus vertritt. thodisch bedient. Die Grenzen zwischen legitimer wie „die Rechten“, „die Nazis“ oder „die Rassisten“ Auswirkungen sind deutlich spürbar: Jede fünfte Hierbei preist er sich selbst als einzige Kraft an, die Meinungsäußerung im demokratischen Diskurs Türen zu verschließen und einen Austausch von Person (21 Prozent) neigt deutlich zu rechtspopu- in der Lage ist, die bestehenden gesellschaftlichen und extremistischen Einstellungsmustern schei- Argumenten im Keim zu ersticken, sollten Multipli- listischen Einstellungen, bei weiteren 42 Prozent und politischen Probleme zu lösen. nen hier zu verschwimmen bzw. aus taktischen kator*innen in der Lage sein, zielführende Gesprä- lässt sich zumindest eine Tendenz dazu feststellen. Gründen flexibel verschoben zu werden. So sind che zu führen, indem sie Inhalte effektiv aufgreifen Rechtspopulistische Einstellungen verfestigen sich Während Rechtsextremismus eine geschlossene auch deutliche Schnittmengen zwischen den Phä- und dahinterstehende Emotionen erfragen. Hierbei zunehmend und sind in der Mitte der Gesellschaft Ideologie ist, kann man Rechtspopulismus eher als nomenen Rechtsextremismus und Rechtspopulis- spielt auch die eigene Haltung zu Demokratie und „normaler“ geworden. 1 eine politisch-exkludierende Strategie verstehen, mus erkennbar. Dazu gehört die Gruppenbezoge- Menschenwürde eine zentrale Rolle. So stehen pä- zu deren Methoden Provokationen, inszenierte ne Menschenfeindlichkeit, einhergehend mit einer dagogische Multiplikator*innen vor der großen He- Wann jedoch hört Rechtspopulismus auf und fängt Tabu-Brüche, ein Einfordern radikaler Lösungen, Ideologie der Ungleichwertigkeit (Rassismus, Anti- rausforderung, auch ihre eigenen persönlichen Ein- Rechtsextremismus an? „subtile“ Drohungen, Elitenschelte und das Schüren semitismus, Muslim*innenfeindlichkeit, Sexismus, stellungen zu den zentralen Themen und Strategien von Unsicherheit und Angst u. a. durch die Verbrei- Homophobie), das Sympathisieren mit autoritären des Rechtspopulismus zu reflektieren und in ihrer Während der „klassische“ Rechtsextremismus in tung von Fake News und Verschwörungstheorien bzw. diktatorischen Regimen und die Befürwortung Vorbildfunktion sichtbar zu machen. erster Linie einen aggressiven Nationalismus ver- gehören. ähnlicher politischer Strukturen in Deutschland. folgt, der auf einem völkischen, rassistischen Den- ken basiert, oftmals den Nationalsozialismus ver- Durch die moderne und stellenweise salonfähige So eindeutig lässt sich der Rechtspopulismus jedoch herrlicht und den Holocaust leugnet sowie Gewalt Themenfindung und Ausdrucksweise sind rechts- nur in der Theorie vom Rechtsextremismus trennen. als legitimes politisches Mittel propagiert, wobei er populistische Einstellungen deutlich weiterver- In der Praxis verschwimmen die Übergänge, deut- die Demokratie und das Parteiensystem deutlich breitet als rechtsextreme. So sagen 59 Prozent der liche Abgrenzungen sind oftmals schwierig. Häufig ablehnt, kommt der Rechtspopulismus scheinbar Bevölkerung, dass sie der Demokratie misstrauen trägt der Rechtsextremismus einen vermeintlich „sanfter“ daher. und 62 Prozent äußern den Wunsch nach einem harmlosen rechtspopulistischen „Deckmantel“, der Law-and-Order-Autoritarismus. 2 es ihm ermöglicht, sich unbemerkt als zu akzeptie- render Teil des demokratischen Spektrums in der Mitte der Gesellschaft zu verankern. Rechtspopulismus und Rechtsextremismus – Was ist der Unterschied? Rechtspopulismus: Rechtsextremismus: Politische Strategie, um rechtsextreme Ideologieinhalte in der Ideologie/Weltanschauung mit folgenden „sechs Dimensionen“ (nach Oliver Decker/Elmar Mitte der Gesellschaft zu verankern: Brähler (Hg.): Flucht ins Autoritäre. Rechtsextreme Dynamiken in der Mitte der Gesellschaft. Die Leipziger Autoritarismus-Studie 2018): • Elitenschelte • Schaffen von Feindbildern • Provokationen • Glorifizierung der Vergangenheit • Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur • Tabu-Brüche • Ausspielen „des Volkes“ gegen • Chauvinismus (Überlegenheitshaltung) • Schüren von Ängsten Minderheiten • Ausländerfeindlichkeit (auch mithilfe von Fake News • Selbstinszenierung als Opfer • Antisemitismus und Verschwörungstheorien) • Vereinfachung von Sachverhalten • Sozialdarwinismus (Recht des Stärkeren) • Verbreitung von Medienskepsis • Bedrohung • Verharmlosung des Nationalsozialismus 6 7
Rechtspopulismus als pädagogische Herausforderung 3: Andreas Zick/Beate Küpper/Wilhelm Berghan: Verlorene Mitte – Feindselige Zustände. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2018/19. Friedrich-Ebert-Stiftung (Hg.), Berlin 2019 Die besondere Herausforderung 4: Mathias Albert/Klaus Hurrelmann/Gudrun Quenzel/Ulrich Schneekloth/Ingo Leven/Hilde Utzmann/Sabine Wolfert: Jugend 2019 – 18. Shell Jugendstudie. Eine Generation meldet sich zu Wort. Weinheim 2019 für Lehrkräfte „Komm mir nicht mit der Lügenpresse, der glaube ich Bruchstücke“ übernommen, ohne dass von tiefen Das Wissen um aktuelle Trends, Phänomene und Was beinhaltet der kein Wort. Ist doch eh alles gesteuert.“ bzw. umfassenden rechtsextremistischen Einstel- Narrative rechtsextremistischer Akteur*innen – von „1000 Euro Begrüßungsgeld, immer das neueste lungen die Rede sein muss. Demonstrationen, Rockfestivals und Kampfsport- „Beutelsbacher Konsens“? iPhone und nur die teuersten Klamotten.“ events über völkische Öko-Siedler auf dem Lande „Der große Bevölkerungsaustausch ist doch im vollen Lehrkräfte verspüren dementsprechend einen bis hin zu intellektuellen Zirkeln – ist ebenso grund- Der „Beutelsbacher Konsens“ formuliert Gange. In 20 Jahren gibt’s keine Deutschen mehr.“ großen Bedarf an zuverlässigen thematischen In- legend wie das Verständnis für die Funktionsweisen einen in vielen Ländern gültigen Standard „Von wegen ‚Politische Bildung‘ in der Schule. formationen. Zudem ist der Wunsch nach Hand- sozialer Medien, über die rechtsextreme Ideologien der politischen Bildung vor allem in Schu- Indoktrination nenne ich das.“ lungssicherheit, nicht nur im Umgang mit rechtsex- bis in die Mitte der Gesellschaft und damit auch in len. Seine Grundprinzipien sind das Über- „Wir haben schon lange keine Demokratie mehr. Die tremen Schüler*innen, sondern auch im Umgang die Klassenzimmer verbreitet werden können. wältigungs- bzw. Indoktrinationsverbot, da oben machen doch eh nur das, was sie wollen.“ mit rechtspopulistischen Äußerungen innerhalb das Kontroversitätsgebot und die Schü- „Wenn wir an der Macht sind, habt ihr hier nichts mehr des Kollegiums, sehr groß. Besonders herausgefordert und auch bedroht se- ler*innenorientierung. Das Wertefunda- zu lachen.“ hen sich Lehrkräfte und Schulleitungen beim Auf- Rechtsextreme Akteur*innen suchen vermehrt Zu- greifen der Thematik durch das aggressive Auftreten ment bildet die freiheitlich-demokratische Lehrkräfte stehen zunehmend vor der großen Her- gänge über augenscheinlich „unpolitische“ Gruppen rechtspopulistischer Parteien, die versuchen, eine Grundordnung (Demokratie, Menschen- ausforderung, auf menschen- und demokratiefeind- und Lifestylethemen, wie Umwelt- oder Tierschutz, kritische Auseinandersetzung zu unterbinden und würde und Gleichberechtigung), die in der liche Aussagen im Klassenzimmer, in Elterngesprä- Ernährung, Esoterik, Comedy und Mainstreammu- Diskurse zu verschieben. So wurden u. a. Online- Bildungsarbeit vermittelt werden soll. chen oder im Kollegium zu reagieren. Ideologien sik. So kann rechtsextremes Gedankengut auf eine meldeportale für Lehrkräfte eingerichtet, in denen der Ungleichwertigkeit, wie sie extremistischen sehr subtile Art verbreitet werden, was ein leichtes Schüler*innen vermeintliche Verstöße gegen den Das Indoktrinationsverbot beinhaltet den Weltanschauungen inhärent sind, und damit ein- „Andocken“ vor allem bei jungen Menschen aus der „Beutelsbacher Konsens“ durch einzelne Lehrkräfte pädagogischen Vorsatz, Schüler*innen bei hergehende Diskriminierungen von Minderheiten, Mitte der Gesellschaft ermöglicht. Die Suche nach melden sollen. Die hieraus entstehende Angst und ihrer Entwicklung zu selbstbestimmten gefährden nicht nur den Zusammenhalt in unserer einem erfüllten Leben in Gemeinschaft und die Lie- auch Unsicherheit für Lehrkräfte, ob sie überhaupt Bürger*innen in einer demokratischen Ge- Gesellschaft, sondern speziell auch den Frieden im be zur Natur werden damit zu einer unbewussten über rechtspopulistische Parteien aufklären und sellschaft zu unterstützen. Dabei sollen sie Sozialraum Schule. Sie stehen in einem diametra- ideologischen Schnittstelle. Die Szene wird vielfälti- diese konkret benennen dürfen, sorgt oftmals für lernen, eigene Urteile über politische The- len Gegensatz zu dem, was Schule eigentlich sein ger, das Bild diffuser. Auch der jüngst in der Studie eine Ausklammerung der Themen Rechtspopulis- sollte: ein demokratischer und offener Ort, an dem „Verlorene Mitte – Feindselige Zustände“ der Fried- mus und rechtsextreme und -populistische Partei- men zu fällen. In der Gesellschaft geführ- alle Menschen – unabhängig der Herkunft, Religion, rich-Ebert-Stiftung sowie der Shell Jugendstudie en im schulischen Kontext. te Diskurse sollen gemäß dem zweiten Hautfarbe, sexuellen Orientierung etc. – Bildung er- 2019 4 festgestellte hohe Prozentsatz von Perso- Grundsatz des „Beutelsbacher Konsenses“ fahren, ihre Persönlichkeit entwickeln und Grund- nen, die an Verschwörungstheorien glauben, deu- Eine theoretische Fundierung, also das Wissen über möglichst facettenreich und überpartei- lagen für eine berufliche Zukunft legen. tet darauf hin, dass klassisch rechtsextreme Ein- Rechtsextremismus, Rechtspopulismus und rechtli- lich im Unterricht dargestellt werden. Viele Lehrkräfte fühlen sich überfordert von einer stellungen und Argumentationsweisen zunehmend che Rahmenbedingungen allein, reicht jedoch nicht Überparteilich heißt dabei jedoch nicht zunehmenden Verrohung der Sprache, steigender mit denen der sogenannten Mitte verschwimmen. aus. Denn das Ziel rechtspopulistischer Äußerun- wertneutral. Wenn also politische Parteien Aggression und Gewaltbereitschaft, menschen- gen ist in erster Linie die Provokation des Gegen- Antisemit*innen und Faschist*innen in feindlichen Haltungen und rechtspopulistischen Äu- Ab wann eine Radikalisierung beginnt und eine pä- übers und der Applaus und die Zustimmung der ihren Reihen akzeptieren und Vernetzun- ßerungen ihrer Schüler*innen. Demokratiegefähr- dagogische Intervention angeraten ist, ist für pä- unbeteiligten Masse. Ein reiner Widerspruch mit gen zu rechtsextremen Gruppierungen dende rechtsextreme Einstellungen werden dabei dagogische Multiplikator*innen sehr schwer zu be- Benennung von Fakten und Verwendung von stich- aufweisen, so darf, kann und muss dieses von Schüler*innen aus allen Gesellschaftsschichten urteilen. Für sie erwächst aus der beschriebenen haltigen Argumenten sind aus diesem Grunde oft- getragen; sie sind keineswegs, wie häufig angenom- Entwicklung eine große Verantwortung. Denn kei- mals wenig zielführend. sogar im politischen Unterricht kritisch be- men, in erster Linie bei ökonomischen „Verlierern“ neswegs kann immer von einem beginnenden Ra- leuchtet werden. Dabei sollten nach dem anzutreffen, sondern werden auch von Kindern aus dikalisierungsprozess die Rede sein, wenn sich die Wichtig ist es darum gerade für Multiplikator*innen dritten Grundsatz Themenbeispiele aus „bürgerlichen“ Elternhäusern gepflegt. Damit spie- sekundäre Zielgruppe gleichlautender Argumen- wie Lehrkräfte, die täglich vor und in Gruppen agie- der Lebenswirklichkeit der Schüler*innen geln die Schüler*innen den Zustand unserer Gesell- tations- und Verhaltensweisen wie Rechtsextre- ren, nicht nur praktisches Handwerkszeug zu erler- gewählt werden. schaft wider, die durch gezielte Desinformation und mist*innen bedienen. Multiplikator*innen müssen nen, wie in konkreten Situationen reagiert werden Meinungsmanipulation gegen einzelne Gruppen also in der Lage sein, die Hintergründe und Zusam- kann – dazu gehören Diskurs- und Konfliktlösungs- Auf Seite 54 finden Sie eine Übung, die die und staatliche Institutionen durch rechtspopulisti- menhänge menschenfeindlicher, verschwörungs- strategien ebenso wie konkrete Argumentations- aktuelle Bedeutung des „Beutelsbacher sche und rechtsextreme Akteur*innen aufgewiegelt theoretischer und/oder demokratiefeindlicher Aus- und Unterrichtshilfen –, sondern auch ihre eigenen Konsenses“ thematisiert. wird und in weiten Teilen ihrer eigentlichen Mitte sagen zu erkennen, diese einzuordnen, zielführend Einstellungen zu reflektieren und eine sichere Hal- „feindselige Zustände“ 3 entwickelt. Dabei werden auf diese zu reagieren und eine eigene Haltung zur tung zu entwickeln. von Individuen und Gruppen „ideologische Thematik zu entwickeln. Hierfür braucht es drin- gend fachliche Begleitung und Unterstützung. 8 9
Teach2Teach Teach2Teach Das Modellprojekt Kontexte der Seminare Im Rahmen des Modellprojektes „Teach2Teach – Das Projektteam entwickelte, basierend auf den Er- Die entwickelten Seminarmodule dienten im Testing Fortbildung und Qualifizierung für Fachkräfte im gebnissen des fortlaufenden Expert*innenaustau- zumeist als einzelne Bausteine innerhalb eines jeweils Bereich der Radikalisierungsprävention“ entwickel- sches, Seminarmodule, die den unterschiedlichen gesetzten Programms von Einrichtungen der Aus-, te ein interdisziplinäres Team zwischen 2017 und (sozial-)räumlichen Bedingungen gerecht werden, Weiter- und Fortbildung pädagogischen Personals. 2019 pädagogische Konzepte zum Umgang mit Er- unter denen Pädagog*innen im Rahmen ihres Ar- scheinungsformen, die speziell im Kontext des soge- beitsalltages mit rechtspopulistischen und rechts- Im Rahmen von Ausbildungscurricula sind die The- nannten Rechtspopulismus auftreten und Brücken- extremen Narrativen und Einstellungsmustern kon- men „Rechtsextremismus/Rechtspopulismus“ oder funktionen zu rechtsextremen Einstellungsmustern frontiert werden. Inhalte und Methoden wurden „Radikalisierung“ selten als gesonderte Punkte ver- einnehmen. Das Projekt widmete sich einer bisher nach einer Analyse der jeweiligen professionellen ankert, sondern tauchen eher als Teilelement von von der Extremismusprävention vernachlässigten, Rahmenbedingungen und Herausforderungen ziel- „Gewaltprävention“ oder als Baustein der „Politischen nicht zwingend strafrechtlich relevanten Grauzone gruppenspezifisch konzipiert und anschließend Bildung“ auf. Aus diesem Grunde lag der Anfrage der im gesellschaftlichen Diskurs, in welche menschen- praktisch getestet. Hierfür wurden Kooperatio- Auftraggeber*innen häufig ein eher allgemeines, er- verachtende und demokratiefeindliche Grundhal- nen mit Fachschulen für die Ausbildung von Erzie- gänzendes, allerdings kein spezifisches Interesse zu- tungen jedoch offenbar bereits Einzug gehalten ha- her*innen, Schulpraktischen Seminaren für Refe- grunde. ben. rendar*innen, Trägern der Jugendhilfe, Weiter- und Fortbildungsinstituten für Lehrkräfte sowie Kitas Die in die Rahmenbedingungen der Einrichtungen Inhalt des Projekts „Teach2Teach“ war es, Bedarfe geschlossen. eingebetteten Seminare fügten sich in die zeitlichen pädagogischer Multiplikator*innen im Themenfeld und inhaltlichen Möglichkeiten der Institutionen bzw. zu erheben, sie mit wissenschaftlichen Erkenntnis- Der Zeitumfang der getesteten Seminare beweg- die fertigen Ausbildungslehrpläne ein. Die Teilneh- sen abzugleichen und hieraus Seminarbausteine te sich von drei Stunden bis zu zwei Tagen, wobei menden befanden sich zumeist in einem „Zwangs- zum Radikalisierungspotential im Rechtspopulis- sich die Seminare in ihrer Themen- und Methoden- kontext“, d. h. sie besuchten das Seminar nicht aus mus für unterschiedliche Gruppen von pädago- setzung an den Voraussetzungen der jeweiligen Ein- einer intrinsischen Motivation heraus. Der zeitliche gischen Multiplikator*innen zu entwickeln. Diese richtungen orientierten. Insgesamt konnten zwölf Rahmen, örtliche Begebenheiten, Themenfelder und sollen gleichermaßen Wissen und Handlungsorien- Seminare mit insgesamt rund 175 Teilnehmenden angedachte Ziele wurden von den Einrichtungen vor- tierung für den beruflichen Alltag übermitteln und getestet werden. An den sechs Expert*innenmee- gegeben. Die Seminare fanden also unter „Realbedin- Hintergründe und Zusammenhänge erörtern, die tings nahmen etwa 50 Expert*innen aus Wissen- gungen“ statt, die oft Zeitknappheit, beengte Räume, zur Beurteilung des gesellschaftlichen Kontextes, in schaft und Praxis teil. demotivierte Seminarteilnehmende oder eine sehr dem sich antidemokratische Strömungen und Ideo- hohe Anzahl an Teilnehmenden mit sich brachten. In logien der Ungleichheit entwickeln können, von Be- Die Ergebnisse der Seminarerprobungen flossen der Regel gab die Institution einen Rahmen von einem deutung sind. unmittelbar in die Weiterentwicklung der Seminar- Seminartag mit sechs bis maximal acht Zeitstunden in module und Konzepte ein, so dass in einem kon- ihren Räumlichkeiten vor. Oft umfasste die Anzahl der Im Rahmen regelmäßiger Expert*innenmeetings tinuierlichen Wissenschaft-Praxis-Austausch eine Teilnehmenden bis zu 30 Personen. tauschten sich erfahrene Fachkräfte aus Wissen- Reihe von modular aufgebauten Seminarkonzep- schaft und Praxis über aktuelle Erkenntnisse und ten mit unterschiedlichen Inhalten und Methoden Angestrebt war es, die konzipierten Seminare im Rah- Methoden, beispielsweise zum Umgang mit Ver- für verschiedene Zielgruppen erarbeitet wurden. men einer mehrtägigen Reihe mit kleinen Gruppen schwörungsdenken oder den Funktionsweisen und von bis zu maximal zwölf Personen nach einer Drei- Effekten von Internetpropaganda in unterschiedli- Eine Auswahl der erprobten Seminarmodule wer- Kompetenz-Bausteine-Methodik durchzuführen: chen Sozialräumen, aus. Ziel dieser Konzeptwerk- den in diesem Methodenhandbuch vorgestellt, stätten war es, Ansatzpunkte zur Qualifizierung um sie für möglichst viele pädagogische Multipli- 1. Wissensvermittlung und Sensibilisierung bisher unzureichend gestärkter Multiplikator*in- kator*innen nutzbar zu machen. Die thematische 2. Entwicklung einer demokratischen nen im Erziehungswesen, im Bildungssystem und Gliederung der Übungseinheiten und Bereitstellung und vorurteilsbewussten Haltung in der Kinder- und Jugendhilfe zu identifizieren. Als umfangreicher Materialien ermöglichen Multiplika- 3. Training von Handlungssicherheit in Zielgruppe wurden Erzieher*innen, Lehrkräfte und tor*innen mit relativ wenig Aufwand die Durchfüh- Konfliktsituationen Sozialpädagog*innen in der Aus-, Weiter- und Fort- rung eigener Seminare in ihren Einrichtungen. bildung ausgemacht. Entsprechend der Bedürfnisse der Teilnehmenden sowie der Einrichtungsleitung bestand ein Seminartag jedoch zumeist nur aus den zwei Kompetenzbaustei- nen Wissensvermittlung und Sensibilisierung sowie dem Training von Handlungssicherheit in Konfliktsitu- ationen. 10 11
Teach2Teach Methoden und Didaktik Die Grundlage für die Entwicklung der Fortbildungs- Ziel war es, in einem aktiven Praxis-Theorie-Aus- Die Übungen wurden methodisch divers, interaktiv Wissensvermittelnde Teile wechselten sich stets module bildeten Erkenntnisse aus den Expert*in- tausch Herausforderungen und Bedarfe von Multipli- und partizipativ gestaltet (z. B. Kleingruppenarbei- mit erfahrungsorientierten, selbstreflektierenden nenmeetings, in welchen sich erfahrene Fachkräfte kator*innen sowie Ansatzpunkte für erfolgsverspre- ten zu rechtsextremen Feindbildern, Diskussionen oder dialogischen ab, so dass theoretische Inputs über aktuelle Erkenntnisse über Erscheinungsfor- chende Qualifizierungsmaßnahmen zu identifizieren. im Plenum zu demokratischen Leitbildern von Bil- unmittelbar in einen Praxiskontext gesetzt werden men des Rechtspopulismus und Methoden im Um- dungseinrichtungen, Rollenspiele zum Trainieren konnten. gang mit menschen- und demokratiefeindlichen Ausgehend von den Impulsen der Expert*innenmee- von Konfliktgesprächen, Theaterpädagogik zum Aussagen und Handlungen austauschten. Themen tings folgte in Testing- und Evaluationsphasen die Bewusstwerden über die Attraktivität von rechts- Die Seminare befähigten die Teilnehmenden dazu, waren u. a. Phänomene, die sowohl für den Rechts- praktische Umsetzung neuer pädagogischer Lösungs- extremen Weltbildern, Analyse von rechtsextremen rechtspopulistischen und/oder rechtsextremis- populismus als auch für den Rechtsextremismus strategien im Umgang mit Rechtspopulismus im Rah- Musikvideos etc.) und orientierten sich unmittel- tischen Aussagen und Handlungen von (jungen) wichtige funktionale Elemente bilden, wie z. B. die men von Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnah- bar an den Herausforderungen im Umgang mit der Menschen, deren Eltern und im Kollegium selbst- strategische Nutzung der sozialen Medien, die Rolle men für pädagogisches Personal. sekundären Zielgruppe (Kinder, Schüler*innen, El- bewusster und zielorientierter zu begegnen. Ziel von Verschwörungstheorien und Falschnachrich- tern, Kollegium). Reine Wissensinputs wurden ein- war es, einen Grundstein dafür zu legen, dass Er- ten, (national-)chauvinistische Einstellungsmuster, Allen durchgeführten Fortbildungsmaßnahmen lag geschränkt, um eine Spannungskurve und somit zieher*innen, Lehrkräfte und Sozialarbeitende am Abwertung von „Fremdheit“ usw. ein starker Praxisbezug zugrunde, d. h. viele der In- die Aufmerksamkeit der Teilnehmenden möglichst Ende des Seminars in der Lage sind, die Grundla- halte knüpften unmittelbar am Lebensweltbezug der lange aufrechtzuerhalten. Eine gute „Rhythmisie- gen demokratischen Zusammenlebens in ihren Die Expert*innenmeetings basierten methodisch Teilnehmenden (beispielsweise in der Kita oder Schu- rung“ der Inhalte, abgestimmt auf die Bedarfe der Bildungseinrichtungen zu vermitteln, zugleich auf auf dem Ansatz des Design Thinking. le) an. Der Praxisbezug garantierte einen unmittelba- Zielgruppe, war hierbei sehr hilfreich. Herausforderungen und Gefahren für den demo- ren Nutzen für den Berufsalltag und seine aktuellen kratischen Diskurs aufmerksam zu machen und Herausforderungen. nicht zuletzt auch Schüler*innen oder Eltern dafür zu sensibilisieren. Doch nicht nur der Blick auf die Hintergründe von Äußerungen des Gegenübers sind wichtig, sondern auch die Selbstreflexion. So sollte immer auch hin- Design Thinking terfragt werden, welche Informationsquelle hinter geäußerten Behauptungen steckt, d. h. in welchem Kontext etwas gesagt wurde bzw. durch welches Methode zur Entwicklung neuer Ideen und Medium dies aufgegriffen und verbreitet wurde. Lösungen von Problemen. Ziel ist es, Meinungen oder Beobachtungen müssen zuneh- durch eine gemeinsam formulierte Zielstel- mend kontextualisiert werden, da immer seltener lung innovative, attraktive und realisierba- zwischen tatsächlich Erlebtem und medial Erfahre- re Ansätze zu entwickeln. nem, belegbaren Tatsachen und gefühlten Wahr- heiten oder „alternativen Fakten“ differenziert wird. Die Zielformulierungen sollen hierbei die drei Komponenten Machbar- Durch Fragen wie „Woher stammt deine Informa- keit, Tragfähigkeit und Erwünschtheit tion?“, „Wie kommst du zu deiner Meinung?“ oder enthalten. „Wo hast du selbst diese Erfahrung gemacht?“ kann dem Ursprung von Sichtweisen auf den Grund ge- gangen werden. So können Aussagen leichter ein- geordnet und im Kontext nachvollzogen werden. Prozesse der Selbst- und Fremdreflexion, also das Erkennen und Wahrnehmen eigener Sichtweisen und die der Anderen, sollten die Basis eines jegli- chen Verständigungsprozesses als Ausgangspunkt für weitere Interaktionen darstellen und waren ele- mentare Bestandteile der Seminare. 12 13
Teach2Teach Teach2Teach Zielgruppen Bedarfe Für die Extremismusprävention sind in erster Linie Kin- Wichtiger Bestandteil des Modellprojektes Im Fokus sollten laut der Teilnehmenden konkrete Als wichtig wurde zudem erachtet, Multiplikator*in- dertageseinrichtungen, Schulen und Universitäten von „Teach2Teach“ war eine intensive Auswertung der Möglichkeiten des Umgangs mit extremistischen nen für die starke massenmediale Fokussierung auf besonderer Bedeutung, da an diesen Orten die größt- von den Teilnehmenden der Expert*innenmeetings Einstellungen stehen: Themen wie Rechtspopulismus, Diskriminierung mögliche Anzahl an Kindern, Jugendlichen und jungen und Seminare geäußerten und von der Seminar- und Demokratiefeindlichkeit und die damit einher- Erwachsenen aus allen Gesellschaftsschichten durch leitung wahrgenommenen Herausforderungen im Wie reagiere ich auf (provokante) Äußerungen? Wie gehende Wirkung (Vorannahmen, Überemotionali- Multiplikator*innen erreicht werden kann. Berufsalltag (Konfliktsituationen) und Bedarfen hin- erkenne ich rechtsextreme Symbole und Codes und tät und „sich mitreißen lassen“) zu sensibilisieren sichtlich eines verbesserten Umgangs mit rechtsex- was ist strafbar? Wo finde ich Unterstützung? Wie und die Wirkungs- und Funktionsweisen von Fake Hauptzielgruppe der Seminare im Rahmen des Projek- tremen Haltungen in den jeweiligen Institutionen. gehe ich mit Onlinemeldeportalen für Lehrkräfte News, Hate Speech, Filterblasen und Framing zu er- tes „Teach2Teach“ waren Fachkräfte der schulischen Die Erkenntnisse flossen im Laufe des Testings in von rechtspopulistischen Parteien um? Wie kann örtern. und außerschulischen Bildungsarbeit und Jugendhilfe. die Seminarkonzepte kontinuierlich ein. ich das Themenfeld „Rechtspopulismus im Bundes- Hierzu gehörten u. a. Erzieher*innen (z. T. noch in der tag“ im Unterricht aufgreifen? Und wie kann ich mit Auch die Reflexion eigener Einstellungen und un- Ausbildung), Referendar*innen, Lehrkräfte, Sozialpäda- In erster Hinsicht äußerten die Teilnehmenden den kleinen Kindern über Vielfalt und Diskriminierung passender Begriffsverwendungen (z. B. „Asylflut“, gog*innen sowie weitere Multiplikator*innen, die als Wunsch, handlungssicherer bei demokratiefeindli- sprechen, ohne dabei Klischees fortzuschreiben? „Wirtschaftsflüchtlinge“, „Invasion“ etc.) im Zusam- Ansprechpersonen oder Vorbilder in regelmäßigem chen und menschenverachtenden Äußerungen und menhang mit der eigenen pädagogischen Rolle als beruflichem, ehrenamtlichen oder privaten Kontakt mit Handlungen zu werden. „Zivilcourage zeigen“ war Methodisch wurde ein offener Raum gewünscht, in Vorbild und die Entwicklung von Ambiguitätstole- Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen stehen. ein häufig geäußerter Wunsch. Sie wünschten sich, welchem konkrete Fallbeispiele in Schule oder Kita ranz, die das Aushalten von anderen (politischen) selbstbewusster und „mutiger“ in Konfliktgesprä- aufgegriffen werden können und der neben einem Meinungen und Emotionen zulässt, ist dringend Vor allem die Heterogenität der Gruppen stellte das che, sei es mit Schüler*innen, Eltern oder Kolleg*in- Argumentationstraining einen Austausch über mög- notwendig, um rechtsextremen Entwicklungen ef- Projektteam in der Umsetzung der Seminare vor gro- nen, gehen zu können. Dafür waren vor allem gute liche Handlungsstrategien ermöglicht und damit zu fektiv etwas entgegensetzen zu können. Denn nicht ße Herausforderungen. Auch wenn die Teilnehmenden Argumente und Fakten, eine klare eigene Meinung einer Vernetzung und gegenseitigen Stärkung bei- jedem fällt es leicht, mit der grundsätzlichen „An- in ähnlichen Berufsfeldern arbeiten, unterschieden sie zu kritischen gesellschaftspolitischen Themen und trägt. Statt eines Lernumfelds unter „Laborbedin- greifbarkeit“ der eigenen Überzeugungen umzuge- sich doch zum Teil maßgeblich in: die Kontrolle über die eigenen Emotionen (Affekt- gungen“ sollten die zeitlichen und räumlichen Ar- hen. kontrolle) vorrangig. Allgemein wurde bedauert, beitsbedingungen als Ausgangspunkt der Seminare • Alter (18-60 Jahre) und Geschlecht im beruflichen Alltag (zu) wenig Zeit zu haben, um gelten, damit theoretisch Erlerntes unmittelbar in Zudem stehen pädagogische Multiplikator*innen • Bildung (Schulabschluss, akademische Laufbahn) sich kollegial über problematische Situationen aus- die Praxis umgesetzt werden kann. in besonderem Maße vor der großen Herausforde- • Berufserfahrung (0- 40 Jahre) zutauschen und sich gegenseitig zu stärken, sowie rung, sich selbst zu hinterfragen und zu reflektieren: • einer (noch nicht) gefestigten Berufsrolle Strategien und optimale Lösungen im Einklang mit Der Wunsch war eine möglichst konkrete Um- Was ist mein Auftrag? Wie setze ich Demokratie/ • thematischem Vorwissen den eigenen Ressourcen zu entwickeln. setzung, so dass die Teilnehmenden gestärkt, mit demokratische Entscheidungsprozesse im Klas- • persönlichen Erfahrungen fundiertem Wissen, guten Argumenten, hilfreichen senzimmer/in der Kita/im Jugendclub um? Welche • Experimentierfreude bei unbekannten oder unge- Ein Großteil der Teilnehmenden wünschte sich Strategien für Konfliktgespräche, Zahlen und Statis- Macht und Autorität fordere ich für mich ein und wohnten Methoden wie Rollenspiel, Theaterpäda- konstruktive und (tages-)aktuelle Fortbildungen im tiken zu den Narrativen des Rechtspopulismus (wie wie definiere ich Autorität? Wo sind meine Gren- gogik oder Selbstreflexionen Phänomenbereich Rechtsextremismus sowie das z. B. „Der große Austausch“, „Flüchtlinge als Sozial- zen? Fühle ich mich moralisch überlegen? Was löst • Mediennutzungsverhalten Erlernen eines angemessenen pädagogischen Um- schmarotzer“, „Systempresse/Lügenpresse“, „krimi- das bei meinem Gegenüber aus? Wie kann ich Hal- • Wünschen zu Zielen und Inhalten der Seminare gangs mit Demokratiefeindlichkeit und Elementen nelle Ausländer“, „Wirtschaftsflüchtlinge vs. ‚echte‘ tung in einer inhaltlichen Auseinandersetzung be- Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (z. B. Flüchtlinge“ etc.) und Ideen für neue Unterrichtsma- wahren, die darauf ausgelegt ist, mich vor Publikum Aus diesem Grund war es wichtig, Seminarinhalte und Antisemitismus, Muslim*innenfeindlichkeit, Ho- terialien ihre Arbeit weiterführen können. als unglaubwürdig darzustellen? Bin ich in der Lage, -methodik mit besonderer Sensibilität an die jeweilige mophobie), die in den Medien abgebildete gesell- meine eigene Überzeugung hintenanzustellen – Zielgruppe anzupassen. schaftspolitischen Debatten (z. B. über Geflüchtete, Ergänzend wurde durch die Seminarleitung die Not- und muss ich das überhaupt? Wie zügele ich mei- Islam, Ausländerkriminalität etc.) aufgreifen. Wich- wendigkeit der Förderung von vorurteilsbewusstem ne Emotionen und werde dennoch als authentisch Der große inhaltliche Facettenreichtum der Themen tig war es ihnen, hinsichtlich Fakten, Statistiken und Handeln, gewaltfreier Kommunikation, Quellenkri- wahrgenommen? Muss jede Diskussion mit einem Rechtspopulismus und -extremismus bzw. Radikalisie- Meinungen auf dem Laufenden zu sein. Weiter inte- tik und eines kritischen Umgangs mit sogenannten konkreten Ergebnis enden oder darf sie auch offen- rung, die Herausforderung, die eigenen Einstellungen ressierten sie wissenschaftliche Erkenntnisse zu Ra- alternativen Fakten festgestellt. bleiben? und Informationsquellen hinterfragen zu müssen und dikalisierungsverläufen, extremistischen Propagan- auf dieser Grundlage gemeinsame pädagogische Um- dastrategien und Akteur*innen sowie ideologische gangsformen mit dem Phänomen zu erarbeiten, erfor- Inhalte. dert eine bedürfnisnahe Anpassung an die Wünsche der jeweiligen Zielgruppe, um nicht an ihr vorbeizupla- nen. 14 15
Teach2Teach Ziele Seminarmodule Im Laufe der Seminartestings wurden Multiplikator*innen anderer Träger, Expert*innen aus der Wissen- schaft und Teilnehmende zu den ihrer Meinung nach vorrangigen Zielen einer Fortbildung und Quali- fizierung im Bereich der Radikalisierungsprävention im Rechtsextremismus befragt. Diese wurden zu Kompetenzzielen in den Bereichen Wissenserweiterung, Reflexionsfähigkeit und Handlungsfähigkeit zu- sammengefasst. Darauf bezugnehmend standen die Stärkung einer persönlichen wie professionellen, selbstbewussten Haltung mit der Herausbildung eines demokratischen und diskriminierungssensiblen Rollenmodells so- wie die Erweiterung des Handlungsspektrums durch die Erhöhung des eigenen Wissenstands im Vorder- grund der Entwicklung der Seminarreihe. Wissenserweiterung: • Wissen über rechtspopulistische/rechtsextreme Szenen und Ausdrucksformen in Deutschland (z. B. Akteur*innen, Musik, Codes) • Hintergrundwissen zu Rechtspopulismus/Rechtsextremismus • Wissen über Ursachen menschenfeindlicher und demokratieskeptischer Ein- stellungen • Kennenlernen rechtsextremer Narrative und Ideologieinhalte • Verstehen der Folgen diskriminierender Äußerungen und Verhaltensweisen für die betroffenen Menschen und die Gesellschaft Reflexionsfähigkeit: • Reflexion der eigenen (Berufs-)Rolle und des Konflikt- und Kommunikationsver- haltens • Bewusstwerdung der persönlichen Haltung in einem Gespräch mit Menschen, die rechtsextreme Einstellungsmuster vertreten bzw. sich menschenverach- tend und demokratiefeindlich äußern • Bewusstmachen der eigenen Chancen und Grenzen der Einwirkung auf andere Menschen Handlungsfähigkeit: • Erarbeitung von Handlungsstrategien bei rechtspopulistischen und/oder -extre- men Äußerungen • Führen von Konfliktgesprächen • Entwicklung von präventiven Maßnahmen für Bildungseinrichtungen (z. B. Leitbilder und Hausordnungen) • Unterstützungsmöglichkeiten für Kinder aus rechtsextremen Elternhäusern 16 17
Seminarmodule Radikalisierung und rechtsextreme Ausdrucksformen Radikalisierung Methode Film mit anschließender Kleingrup- Zum Abschluss stellen die Kleingruppen ihre Arbeit penarbeit und Diskussion nacheinander im Plenum vor. Die Seminarleitung greift Ergänzungen und Fragen auf, fasst die Ergeb- Ziel Wissensvermittlung über Rechtsex- nisse zusammen und hebt wichtige Punkte hervor. tremismus, Erkennen von extremisti- Mögliche Fragen für eine anschließende Diskus- schen Anwerbeversuchen, Verstehen sion sind: von Gründen für Radikalisierung • Wodurch wird Simons Radikalisierung konkret ausgelöst? Dauer 60 – 90 Minuten • Ab wann ist jemand radikal? • Welche Rolle spielt das Internet bei Radikalisie- Material Film „Radikal“, Computer/DVD-Play- rungen? er, Beamer mit Lautsprechern, Flip- • Was hofft Simon in der rechtsextremen Gruppe chartpapier, Stifte zu finden? • Welches Weltbild haben Rechtsextremist*innen Die Teilnehmenden sehen die ersten zehn Minuten und wer sind ihre Feinde? des Films „Radikal“, in dem die Lebenssituation des • Welche rechtsextremen Symbole tauchen im Protagonisten Simon, seine Radikalisierung durch Film auf? persönliche Kontakte und Videos im Internet sowie • Sind Sie selbst schon einmal mit rechtsextre- die rechtsextreme Szene vorgestellt werden. mer Propaganda in Berührung gekommen? • Was könnten Sie selbst tun, um Radikalisierun- Im Anschluss werden die Teilnehmenden in vier gen von anderen zu verhindern? Kleingruppen eingeteilt, welche 20 Minuten lang je eine der folgenden Fragestellungen diskutieren: Variante • Was sind die Ursachen für Simons Radikalisierung? Im weiteren Verlauf des Films werden die Wege • Was macht den Rechtsextremismus der Radikalisierung im Linksextremismus und für Simon attraktiv? Islamismus vorgestellt. Möglich ist es also auch, • Wie werben Rechtsextremisten Jugendliche an? Radikalisierungswege aller drei Phänomenbereiche • Welche Merkmale hat Rechtsextremismus? zu analysieren: Wie geht es dem Protagonisten? (Feindbild, Selbstbild, Ziel/Weltsicht) Was sucht er? Was bietet ihm die jeweilige Gruppe? Welche Parallelen zwischen den drei Extremismus- Die Ideen werden auf Flipchartpapier notiert. phänomen gibt es? Weiterführende Informationen Radikal „Radikalisierung – Theoriemodelle für die pädagogische Praxis“, Handout mit Informatio- Der Kurzfilm „Radikal – Extremismus, Propa- Simon durchläuft in verschiedenen Szenen nen und praktischen Übungen unter: https://demokratiezentrum-bw.de/wp-content/up- ganda, Medienkompetenz“ (2016) klärt über drei extremistische Radikalisierungsverläufe. loads/2018/06/Ostwaldt_Coquelin_DZBW_Radikalisierung_Handout.pdf Rechtsextremismus, Linksextremismus und Auf der kostenlosen DVD (zu beziehen beim Salafismus auf. Der 17-jährige Simon lebt mit Hessischen Informations- und Kompetenz- seiner Familie in sozial schwierigen Verhältnis- zentrum gegen Extremismus unter: https:// sen und hat Probleme in der Schule. hke.hessen.de/film-%E2%80%9Eradikal) befinden sich auch Unterrichtsmaterialien. 18 19
Seminarmodule Radikalisierung und rechtsextreme Ausdrucksformen Themen und Rechtsextreme Weiterführende Informationen Ausdrucksformen des Symbole und Codes zu rechtsextremen Codes, Kleidungsmar- Rechtspopulismus ken und Gruppen: „Hintergründe und Symbolwelt”, Agentur Methode Kleingruppenarbeit mit Präsentation Methode Input und Gespräch für soziale Perspektiven e.V.: https://das- versteckspiel.de Ziel Sammeln von typischen rechtsextre- Ziel Wissensvermittlung über men Themen, Verhaltensweisen und rechtsextreme Codes und Symbole „Rechtsextremismus: Symbole, Zeichen Gruppen/Akteur*innen und verbotene Organisationen“, Bundes- Dauer 45 Minuten amt für Verfassungsschutz: Dauer 45 – 60 Minuten www.verfassungsschutz.de/de/oeffentlich- Material Symbolkarten/-informationen, keitsarbeit/publikationen/pb-rechtsextre- Material Flipchartpapier, Stifte Gesetzestext mismus/broschuere-2018-10-rechtsextre- mismus-symbole-zeichen-und-verbotene- Die Teilnehmenden werden in drei Kleingruppen Die Symbolkarten werden an die Teilnehmenden eingeteilt. Jede Kleingruppe bekommt die Aufgabe, verteilt. Die Gruppe setzt sich im Gespräch damit organisationen ihre Gedanken zu den folgenden Überschriften auf auseinander, welche Symbole/Codes ihnen bereits den vorbereiteten Flipchartpapieren zu notieren: bekannt sind, was sie darüber wissen und ob sie „Rechtsextremismus und Musik. Rechte verboten oder erlaubt sind. Hierbei können auch Musik und Symbolik”, Schule ohne Rassis- • „Themen des Rechtspopulismus“ die Paragrafen 86 und 86a des Strafgesetzbuches, mus – Schule mit Courage, Berlin 2009 • „Ausdrucksformen des Rechtspopulismus“ die das Verbreiten von Propagandamitteln verfas- • „Rechtspopulistische Akteur*innen“ sungswidriger Organisationen bzw. das Verwen- „Kennzeichen und Symbole der rechtsext- den von Kennzeichen verfassungswidriger Organi- remen Szene”, DEVI e.V., Berlin 2016: Die Kleingruppen stellen nacheinander ihre sationen unter Strafe stellen, genauer betrachtet www.demokratieundvielfalt.de/wp-con- Plakate im Plenum vor. werden. tent/uploads/2017/02/Kennzeichen_und_ Symbole_der_rechtsextremen_Szene.pdf Zum Abschluss fasst die Seminarleitung die Ergeb- nisse zusammen und hebt wichtige Punkte heraus. Folgende Zusatzfragen können hierbei gestellt „Nazi-Mode: Die Hintermänner der rechten werden: Mode-Labels”, SPIEGEL TV: www.youtube.com/watch?v=GhJn2KJLaOk • Welche von Rechtspopulist*innen besetzten Themen halten Sie für besonders wichtig? • Wie würden Sie Sprache und Verhalten der Rechtspopulist*innen beschreiben? • Was macht Rechtspopulismus attraktiv? 20 21
Seminarmodule Rechtsextreme Symbole und Codes Reichskriegsflagge „Freiheit für Wolle“ Ohne Hakenkreuz (vor 1935 verwendet): nicht verboten Kampagne (T-Shirts, Konzerte, Spendensammlungen) von diversen rechtsex- Mit Hakenkreuz (1935-1945 verwendet): verboten tremen Gruppen, „Wolle“: Spitzname von Ralf Wohlleben (ehem. Varianten: Mit Eisernem Kreuz: nicht verboten NPD-Funktionär in Thüringen, wichtigster Unterstützer der Terrorgruppe Verboten Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), wurde während des NSU-Prozesses zum Helden der Neonaziszene) Nicht verboten Schwarze Sonne (Zwölfarmiges Hakenkreuz/Lebensrad/zwölffache Sig-Rune) Historische Flagge der Provinz Pommern Entstammt einem Bodenmosaik aus dem „Obergruppenführersaal“ in der SS-Kultstätte Schloss Wewelsburg Region Vor- und Hinterpommern bis 1945 als Teil Preußens innerhalb Symbol der Verbundenheit mit der „eigenen Art“ deutscher Staatsgrenzen, Rechtsextreme bezeichnen Region als Sehr beliebt, wird oft für Merchandise/Tattoos etc. verwendet „abgetrenntes Gebiet Deutschlands“; Ziel: Revision der Nachkriegsordnung Nicht verboten Nicht verboten Thorshammer (isländ.: Mjölnir, etwa „Blitzwaffe“) Wirmer-Flagge (Stauffenberg-Flagge) Symbol des germanischen Donnergottes Thor Entwurf Josef Wirmers, Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 (hingerichtet Dient dem Pflügen der Felder und der Vernichtung der Feinde in JVA Plötzensee), für ein Deutschland nach Adolf Hitler Bis zum Ersten Weltkrieg auch Zeichen der völkischen Bewegung 1999 zur Fahne des vom Deutschen Kolleg angestrebten Vierten Reichs Hoher Verbreitungsgrad in der rechtsextremen Szene erklärt, häufig genutzt in der Reichsbürgerbewegung und bei Pegida Achtung: auch als Schmuck in Heavy-Metal-Szene, esoterischen Bewegungen sowie bei Mittelalter- und Wikinger-Fans Nicht verboten Nicht verboten Identitäre Bewegung (Symbol: Lambda) „Schutzstaffel“ (SS) Aktionistische Gruppe, vom Verfassungsschutz beobachtet ca. 600 Mitglieder (2018) Doppelte Sig-Rune/Doppel-Blitz, oft genutzt mit in der SS verwandten Merkmale: Rechtsextrem, international agierend, völkisch, Symbolen wie Totenkopf oder Wolfsangel stark vernetzt mit anderen rechtsextremen Akteur*innen Varianten: in anderer Schriftart z. T. verboten (z. B. Autokennzeichen) Ideologie: „Ethnopluralismus“, „Re-Migration“, in Eigennamen erlaubt (z. B. Makss Damage) „Der große Austausch“/„Umvolkung“ Verboten Nicht verboten Wolfsangel (Gibor-Rune) Der III. Weg Zeichen der Wehrhaftigkeit 2013 Parteigründung u. a. Ärmel-Aufnäher der Hitlerjugend und Symbol der SS-Untergrundarmee Mitglieder: ca. 500 (elitäre Kaderorganisation) „Werwolf“, Symbol der (verbotenen) „Jungen Front“ Inhalt, Struktur und Inszenierung wie Nationalsozialismus Verboten Schutz durch Parteiengesetz (vgl. NPD) Nicht verboten 22 23
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