Die Alt-Katholische Zeitschrift in Deutschland + 63. Jahrgang Januar 2019 - Alt-Katholische Kirche
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Di e A lt-K at hol i sc h e Z e i tsc h r i f t i n Deu tsc h l a n d + 63. Ja h rg a ng · Ja n ua r 2 019 3 Beobachte den Schöpfer 8 Parité! 13 Tauffeier als Initiation wieder neu in seiner Weisheit… von Monika Lund bedenken von Francine Schwertfeger von Francine Schwertfeger 9 Mehr als gleiche Rechte 5 Eine Fußnote wird von Gerhard Ruisch 27 Gottes Wort zum Verfassungsartikel von Andreas Krebs von Veit Schäfer 11 Ein langer Weg von Jutta Respondek 32 Synodalität braucht Gleich 6 Gleiches Recht für alle berechtigung! von Jutta Respondek 12 Der Segen des Alltäglichen von Gerhard Ruisch von Gerhard Ruisch
Church of England Unwichtiger Glaube Zahl der Terroropfer Oly mp e d e G ou ges und EKD für Europa Kirche und Glaube sind nach weltweit gesunken Angesichts von Brexit und einer Studie der Evangelischen Kir- Man kann es kaum glauben, populistischen Strömungen in Europa che in Deutschland für viele junge wenn man die Nachrichten verfolgt, Namen & Nachrichten haben Anglikaner und deutsche Pro- Menschen weitgehend bedeutungslos. doch die Zahlen zeigen es: Die Zahl testanten ihre gegenseitige Solidarität Zwar gehören noch 61 Prozent der der Terroropfer ist im Jahr 2017 um und ihr Bekenntnis zum Einsatz für befragten 19- bis 27-Jährigen einer der 27 Prozent auf 18.814 weltweit gesun- die Menschenrechte betont. „Wäh- beiden großen Kirchen an, als religiös ken. Damit ist laut einer australischen rend einige Politiker und politische bezeichnen sich aber nur noch 19 Pro- Studie im dritten Jahr in Folge eine Kräfte Keile zwischen Völker treiben zent. Gott und die Kirchengemeinde Verbesserung zu beobachten. Beson- wollen, ist es umso wichtiger, dass die Kirchen kontinuierlich für Ausgleich und Versöhnung eintreten“, heißt es spielen noch für rund 5 Prozent eine Rolle. Von einer „postchristlichen Generation“ spricht der Leiter des ders im Irak und in Syrien habe sich die Lage wegen des Rückzugs der Ter- rormiliz IS verbessert. Im Vergleich zu Beobachte in einer in London unterzeichneten gemeinsamen Erklärung der Church of England und der Evangelischen Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD Gerhard Wegner. „Diese Gene- ration lebt ein eigenständiges, glückli- 2014, der Hochphase des Terrorismus, sank die Zahl der Todesopfer sogar um mehr als 40 Prozent. Der Terroris- den Schöpfer Kirche in Deutschland (EKD). Die Kirchen fordern ein starkes Europa, in dem „auf der Grundlage der großen ches Leben auch ohne uns als Kirche“. Sie erwarte „so gut wie nichts mehr“ von der Kirche. mus bleibt nach wie vor ein globales Phänomen: 67 Länder verzeichneten 2017 mindestens einen Todesfall. Laut in seiner Weisheit… christlichen Tradition unserer Völker Rangliste zeigten 94 Länder eine Ver- Über die früheste Verfechterin der Gleichberechtigung die Werte der Menschenrechte und Klimaforscher kritisiert Politik besserung und 46 eine Verschlechte- Von Fr anc in e Sc h wert feger der Menschenwürde im Mittelpunkt Deutschlands führender Kli- rung. In Europa gingen die Todesfälle stehen“. Mit Blick auf den Brexit maforscher Hans Joachim Schellnhu- um 75 Prozent zurück. Mann, bist du fähig, gerecht zu sein? Es ist eine appelliert die gemeinsame Erklärung ber hat die Untätigkeit der deutschen Frau, die dir diese Frage stellt, zumindest dieses Recht an die Politiker, eine faire und dauer- Bundesregierung im Kampf gegen den Geplanter Pflege-TÜV unzureichend nimmst du ihr nicht. Sag mir, wer hat dir die unum- hafte Lösung für das künftige Mitein- Klimawandel kritisiert. Die Energie- Kritik an der geplanten schränkte Herrschaft verliehen, mein Geschlecht zu ander Großbritanniens und der EU zu wende werde zwar „wohl gelingen“, Reform des Pflege-TÜV zur Bewer- unterdrücken? Deine Kraft? Deine Begabungen? D finden. „aber im Bereich Mobilität und Trans- tung von Heimen kommt von der ie dieses schreibt, in einer Zeit, da Frauen port passiert derzeit nichts; da steigen Deutschen Stiftung Patientenschutz. nichts zu sagen hatten, ist die Tochter einer Weiter Christenverfolgung in China die Emissionen an“, so Schellnhuber. Das neue Konzept sei „unzureichend“, Wäscherin, und ihr Ziehvater ist Metzger. Wie Transportunternehmer für die königliche Armee eine Die Gesellschaft für bedrohte Insgesamt nehme die Politik weltweit insbesondere das vorgeschlagene kann sie es wagen?! „Beobachte den Schöpfer in seiner Zeitlang in Montauban stationiert gewesen war. In Paris Völker (GfbV) hat die sofortige Frei- die eindeutigen Warnungen der Wis- Punktesystem „benutzerunfreund- Weisheit; prüfe die Natur in ihrer ganzen Größe, der du sorgte er mittels Leibrentenverträgen für ihren Lebens- lassung des von der chinesischen senschaft nicht ernst genug. Bewegen lich“, sagte Stiftungsvorstand Eugen dich annähern zu wollen scheinst, und gib mir, wenn du es unterhalt und ermöglichte ihr den Status einer gutsituier- Polizei am 9. November verschlepp- werde sich die Politik aber erst, „wenn Brysch. „Die Menschen brauchen wagst, ein Beispiel für diese Tyrannenherrschaft.“ ten Bürgerin, die Zugang zu den Salons jener Zeit hatte Francine ten katholischen Bischofs Peter Shao Zivilgesellschaft, Glaubensgemein- einen Pflege-TÜV, der leicht verständ- Olympe de Gouges, die eigentlich Marie Gouze hieß, (nach olympe-de-gouges.info). Sie eignete sich nun bessere Schwertfeger Zhumin gefordert. Die Menschen- schaften und Wissenschaft mit einer lich ist, die Praxis abbildet und eine war 1748 in Montauban, Frankreich, geboren worden und Kenntnisse der französischen Konversation, des Lesens ist Mitglied Titelfoto: „Golden Lady Justice, Bruges, Belgium“, aus Wikimedia Commons. der Gemeinde rechtler gehen davon aus, dass der Stimme sprechen“. Er habe aber das schnelle Vergleichbarkeit ermöglicht.“ aufgewachsen. Und, wie man sieht, nicht auf den Mund und Schreibens an. So wurde sie Schriftstellerin und veröf- Hannover 55-Jährige bei seiner fünften Fest- Gefühl, „dass dies in diesem Jahr Notwendig seien eine Gesamtnote gefallen, schon gar nicht auf den Kopf. Die junge Marie fentlichte u. a. Romane und Theaterstücke. nahme in zwei Jahren Verhören und geschieht, da die vielen Naturkatast- und „pflegerelevante K.-o.-Kriterien“, wuchs in die Zeit der Aufklärung hinein, aber auch der Auch politisch war sie an der damaligen Epoche der einer Gehirnwäsche unterzogen wird. rophen hinzukommen“. So langsam die bei schlechter Benotung sofort Französischen Revolution – also eine Zeit des Umbruchs, Aufklärung interessiert. Es kam auch vor, dass sie ihre „Die Verschleppung des Bischofs werde es der Politik ungemütlich. zum Ausschluss führen sollten. Als der Vernunft und der Hoffnung. Thesen an eine Hauswand schlug. Verlegerisch verfasste zeigt, wie wenig Chinas Behörden solche nannte er „die Schmerztherapie Eigentlich entstammte sie einer Verbindung der Mut- sie 1774 eine Denkschrift gegen die Sklaverei. Hierüber sich durch das im September 2018 und die Verhinderung von Wundge- ter (von der sie sich später als Autorin den Vornamen wurde heftig gestritten und der Text schließlich erst nach unterzeichnete Abkommen mit dem K i rc h e schwüren, die Gabe von Medikamen- Olympe borgte) mit einem reichen Landadligen, der auf- der Revolution veröffentlicht. Wen wundert’s, dass es Bild: Portrait de Olympes de Gouges (1748–1793). Vatikan über Bischofsernennungen i m R ad i o ten sowie die Behandlungspflege“. grund der damaligen Bestimmungen keinerlei Unterhalts- Zeit ihres Lebens ein Kampf war, sich als Frau intellektu- Von Wikimedia Commons (Public Domain). gebunden fühlen, Religionsfreiheit „Positionen“ Bei dem bestehenden System fielen verpflichtungen nachzukommen gedachte. Auch das fand ell gegen frauenfeindliche Kritiker durchzusetzen? Ränke zu respektieren. Die Verfolgung von Bayern 2 Radio die Noten generell so positiv aus, dass Olympe de Gouges schon empörend genug, wie ihre lite- wurden gegen sie geschmiedet und sie saß zeitweilig in der Christen in China und auch von 6. Januar, 6:45 Uhr kaum Vergleiche möglich sind. Kritik rarischen Werke aufzeigen. Zu ihrer Zeit wird sie in ihrer Bastille ein. Katholiken nimmt weiter zu“, warnte Pfarrer Daniel Saam entzündete sich auch daran, dass vor Herkunftsfamilie höchstens Grundzüge des Lesens und der GfbV-Direktor Ulrich Delius. So Regensburg allem bürokratische Abläufe überprüft Schreibens erworben haben. L’homme – Mensch oder Mann? ließen die Behörden zwei bedeutende wurden. Dass sie dem allem trotzte, zeigt einen unerbittlich Wallfahrtstätten chinesischer Katholi- „Anstöße“ bzw. „Morgengruß“ Unfreiwillige Ehe und Freiheit scharfen Verstand, Gerechtigkeitssinn und eine Hoff- ken im Oktober 2018 zerstören. SWR 1/RP und SWR 4/RP Dies änderte sich, als sie mit 17 mit einem jungen Wirt nung auf die Vernunft der Aufklärung. Was aber gleich 14.-16. Januar, 5:57 und 6:57 unfreiwillig verheiratet wurde. Der Ehe entspross ein Sohn. zu Beginn der Französischen Revolution (1789-1799) die Dekan Klaus Rudershausen Nachdem Wirt Aubry (aufgrund mangelnder Datenlage 41-jährige Olympe de Gouges zum Kochen brachte, war Wiesbaden unter ungewissen Umständen) gestorben war, machte sich eine „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ am 26. die junge Witwe auf nach Paris, wo bereits Schwester und August 1789 („Déclaration des droits de l’homme et du cito- Bruder wohnten. yen“). Denn Frauen waren damals nicht „einfach mitge- Sie lebte in Paris als unverheiratete Lebensgefähr- meint“. Die Erklärung galt für den mündigen Bürger – und fortgesetzt auf Seite 31 5 tin von Jacques Biétrix de Rozières, der früher als adeliger 2 Christen heute 6 3 . J a h r g a n g + J a n u a r 2 0 1 9 3
das waren zu ihrer Zeit Männer. Was war mit der Parole Schafott zu besteigen; sie muss gleichermaßen das 100 Jahre Frauenwahlrecht Wahlrecht und damit die politische „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“?! Recht haben, die Tribüne zu besteigen (…) Mitbestimmung für Frauen brachte. Eine Fußnote wird De Gouges verfasste daraufhin in gleicher Weise Im November fegte die vom Kie- 1791 eine „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ Dass sie Zeitlebens unter der Ungerechtigkeit gegen- ler Matrosenaufstand ausgehende und zum Verfassungsartikel („Déclaration des droits de la femme et de la citoyenne“), zur über „Bastarden“, wie sie einer war, litt und diese zu ganz Deutschland erfassende Revo- Vorlage bei der Französischen Nationalversammlung. Die beseitigen suchte, lässt der daran angehängte „Gesell- lution die Monarchie im Deutschen erste Frauenrechtlerin der Neuzeit wollte keineswegs eine schaftsvertrag zwischen Mann und Frau“ schließen. Darin Reich und seinen Teilstaaten hinweg. Bevorzugung der Frauen erreichen, wie es ihre Bemerkung heißt es u. a.: „…indem wir gegenseitig anerkennen, dass Am 9. November 1918 wurde in Berlin in der Präambel vielleicht glauben machen könnte. Die unser Besitzstand unmittelbar unseren Kindern zukommt, Wie das Frauenwahlrecht in Deutschland eingeführt wurde die Republik ausgerufen. Schon am enthält nämlich die Worte: „Das an Schönheit wie auch aus welchem Bett sie auch hervorgehen, und dass alle Von Veit Sc h äfer Tag darauf wurde der „Rat der Volks- unterschiedslos das Recht haben, den beauftragten“ gebildet, bestehend aus E Namen der Väter und Mütter zu tra- in Blick zurück und über haben und in vielen Kirchen sogar zu je drei Mitgliedern zweier sozialdemo- Die Frau wird frei geboren und bleibt dem Mann gen, die sie anerkannt haben, und wir auferlegen uns die Zustimmung zum die deutschen Grenzen hin- aus ist der Sache geschuldet: kirchlichen Ämtern ordiniert werden. kratischer Parteien. Am 12. Novem- ber erließ diese Revolutionsregierung an Rechten gleich. Soziale Unterschiede können Gesetz, das die Verleugnung seines Erstmals wurde während der Franzö- In Deutschland braucht es noch einen „Aufruf an das Deutsche Volk“, nur im allgemeinen Nutzen begründet sein… eigenen Blutes bestraft.“ Und sie folgert in ebendiesem sischen Revolution, 1791, durch die Frauenrechtlerin Olympe de Gouges zwei weitere Revolutionen Auch in Deutschland waren es dem sie ausdrücklich Gesetzeskraft zuschrieb und in dem sie in neun Vertrag mit einiger Selbstironie: „Ich die Forderung der völligen rechtli- revolutionäre Zeiten, 1849, als eine Punkten vorrangige gesellschafts- Olympe de Gouges, Déclaration des droits de la femme et de la citoyenne, 1791 sehe schon, wie sich bei der Lektüre chen, politischen und sozialen Gleich- Frau das Wahlrecht für Frauen for- politische Maßnahmen verkündete dieser sonderbaren Schrift die Heuch- stellung von Männern und Frauen ler, die Prüden, der Klerus und die erhoben. Die von ihr zur Vorlage an an Mut in mütterlichen Schmerzen überlegene Geschlecht ganze höllische Gefolgschaft gegen mich erheben. Aber wie die Nationalversammlung formulierte stellt dementsprechend fest und erklärt in Gegenwart und viel an moralischen Mitteln wird sie den Weisen bieten, „Erklärung der Rechte der Frau und unter dem Schutz des höchsten Wesens die folgenden um die Vervollkommnung einer glücklichen Staatsführung Bürgerin“ war in gewissem Sinne eine Rechte der Frau und Bürgerin. …“ Wie man sieht, weiß sie zu erreichen! Ich werde in wenigen Worten den physischen Korrektur der „Erklärung der Men- also auch Gott hinter sich. Sie wandte sich zuvorderst an Nachweis anführen. Der reiche Epikureer [Genussmensch, schen- und Bürgerrechte“ von 1789, die Königin Marie-Antoinette mit dem Appell um Unter- Anm. d. Verf.] ohne Kinder hält es für ausgesprochen gut, die nur für „mündige Bürger“ galt; stützung. Danach folgt ein Kapitel „Die Rechte der Frau“ zu seinem armen Nachbarn zu gehen, um dessen Familie von Frauen war darin nicht die Rede (Zitat s.o.), sodann Artikel I-XVII. zu vermehren. Wenn es ein Gesetz gäbe, das die Frau des gewesen. Vorgestellt seien hier: Armen ermächtigte, den Reichen zur Annahme seiner Kin- Danach mussten die Frauen der zu zwingen, würden die gesellschaftlichen Bande fester in ganz Europa noch länger als ein Art. I — Die Frau wird frei geboren und bleibt dem und die Sitten feiner.“ Jahrhundert um ihre vollen Bürge- Mann an Rechten gleich. (…) rinnen-Rechte und damit um ihr Hintergrundbild: Eugène Delacroix, „Le 28 Juillet. La Liberté guidant le peuple“, 1830. Unheilvolles Ende Wahlrecht kämpfen. Meist gegen den Art. II — Das Ziel jeder politischen Vereinigung ist die Was geschah nun, nachdem sie diese Erklärung der erbitterten Widerstand der in Staat, Bewahrung der natürlichen und unverjährbaren Rechte Nationalversammlung zugeschickt hatte? Darüber strei- Gesellschaft, in den Kirchen und auch von Frau und Mann: Diese Rechte sind Freiheit, Eigen- ten sich die Gelehrten. So heißt es einerseits, die Deklara- in der Ehe machthabenden Män- tum, Sicherheit und vor allem Widerstand gegen Unter- tion habe in ganz Frankreich, sogar im Ausland, Aufsehen ner, die die Forderungen der Frauen drückung. erregt. Andere verweisen auf nur fünf (!) erschienene lächerlich machten, unterdrückten Exemplare, die politisch völlig ignoriert worden seien. So und mit haarsträubenden Argumen- Art. III — Die Grundlage jeder Staatsgewalt ruht muss man feststellen, dass die Erklärung de Gouges’ in den ten männlicher Dominanz in gesell- derte, nämlich Luise Otto in der von (darunter die freie Meinungsäußerung ihrem Wesen nach in der Nation, die nichts anderes ist meisten Listen rechtshistorischer Dokumente fehlt (wohl, schaftlicher, aber auch in geistiger, ihr herausgegebenen „Frauen-Zei- und die Religionsfreiheit). als die Wiedervereinigung von Frau und Mann (…) weil ihr Nachlass nach der Hinrichtung vernichtet worden körperlicher, seelischer, ja sogar in tung“. Ähnlich wie in Frankreich ist) und erst 1972 von Hannelore Schröder wiederentdeckt moralischer Hinsicht zurückwiesen. sechzig Jahre zuvor hatten auch die Sechs Männer setzen das Bild: vom Deutschen Historischen Museum, Berlin Art. IV — Freiheit und Gerechtigkeit beste- wurde, nach langem unbeachtetem Schlummern in der Einige Staaten verweigerten Prostitu- deutschen Revolutionäre, die sich in Frauenwahlrecht durch hen darin, alles zurückzugeben, was einem ande- französischen Nationalbibliothek. ierten zunächst das Wahlrecht. Dass der Frankfurter Paulskirche versam- Zusätzlich zu den neun von der Von Wikimedia Commons (Public Domain). ren gehört. So hat die Ausübung der natürlichen Nun, Olympe de Gouges starb nicht wegen ihrer von den Kirchen keine Unterstützung melten, nicht daran gedacht, Frauen Revolutionsregierung offenbar als Rechte der Frau keine Grenzen außer denen, die Forderungen nach Gleichberechtigung. Sie landete aber für die Sache der Frauen zu erwarten in die politischen Veränderungspro- besonders dringlich angesehenen kon- die ständige Tyrannei des Mannes ihr entgegen- doch auf dem Schafott: wegen Feindschaft zu Robespierre. war, muss wohl nicht verwundern. zesse einzubeziehen. Im letzten Jahr- kreten Maßnahmen werden, gewisser- setzt. Diese Grenzen müssen durch die Gesetze der Wenn man bedenkt, dass Frauen in Frankreich erst 1944 Das paulinische Schweigegebot für zehnt des 19. Jahrhunderts formierte maßen als Fußnote, ferner eine Reihe Natur und der Vernunft reformiert werden. (…) das Wahlrecht erhielten, (in Deutschland vor 100 Jah- Frauen in den Gemeindeversammlun- sich dann eine vielschichtige Frauen- von Einzelschritten, Verordnungen ren, 1919), dann darf man fragen, warum sie in Frankreich gen (1 Kor 14,33) dürfte damals noch bewegung, in der Frauen aus durchaus benannt, die „binnen kurzem“ veröf- Intellekt und Sarkasmus keine Mitstreiterinnen oder Nachahmerinnen hatte, son- als quasi göttliche Anordnung kaum unterschiedlichen gesellschaftlichen fentlicht werden sollten. Der letzte Bemerkenswert ist ihre Forderung der Gleichberech- dern sang- und klanglos unterging. Ein brillanter Ver- angezweifelt worden sein. Bis heute ist Schichten für ihr Stimmrecht kämpf- Satz lautet: „Alle Wahlen zu öffent- tigung nicht nur in Rechten, auch Pflichten, die sie mit stand, intelligentes Leben, das vielleicht doch einen Samen keine Kirche bereit, sich von diesem ten. Doch es mussten weitere drei lichen Körperschaften sind fortan einem gewissen Sarkasmus äußert: gepflanzt hatte, der aber erst später im günstigeren Klima Diktum ein für alle Mal zu trennen, Jahrzehnte und ein Weltkrieg ver- nach dem gleichen, geheimen, direk- die Gelegenheit bekam, aufzugehen… ■ ungeachtet der Tatsache, dass Frauen gehen, ehe eine dritte Revolution ten, allgemeinen Wahlrecht aufgrund Art. X — Niemand darf wegen seiner Über- 55 Quellen mittlerweile aktives und passives schließlich das uneingeschränkte des proportionalen Wahlsystems für zeugungen, auch wenn sie grundsätzlicher Art Erklärung der Rechte der Frau, Wikipedia; Wahlrecht zu kirchlichen Gremien alle mindestens zwanzig Jahre alten sind, belangt werden. Die Frau hat das Recht das olympe-de-gouges.info (V.i.s.d.P. Dr. Viktoria Frysak) 4 Christen heute 6 3 . J a h r g a n g + J a n u a r 2 0 1 9 5
männlichen und weiblichen Personen noch der demokratischen Legitima- nicht von den Stimmen der Frauen und Vater, die in ihrer Ver- welcher Rasse auch immer, gleicher- zu vollziehen.“ tion bedurften. profitieren. In Köln stimmten 46 Pro- schiedenheit gleichermaßen maßen gottähnlich und somit gehei- Was Generationen von Männern Diese Legitimation erhielten sie zent der Männer, aber nur 32 Prozent wichtig sind. ligt und würdig sind. Jesus hat, soweit an den gesellschaftlichen, politischen, schon fünf Wochen später durch die der Frauen für die SPD, in den katho- Das ist keine unterschiedliche es in der jüdischen Gesellschaft kirchlichen, kulturellen Schaltstellen Wahl zur Nationalversammlung am lischen Gegenden Süddeutschlands Wertigkeit, sondern es sind Tatsachen. seiner Zeit möglich war, sich für durch gesetzgeberische Schritte, Ver- 19. Januar 1919, die im Februar auch stimmten Frauen überdurchschnitt- Es gibt faktische Unterschiede zwi- die Rechte aller Unterdrückten und bote, Intrigen oder durch Meinungs- zur Bildung einer demokratisch, parla- lich stark für katholische Parteien, in schen den Geschlechtern und auch Benachteiligten, also auch der Frauen, und Stimmungsmache zu verhindern mentarisch legitimierten Reichsregie- protestantischen Wahlkreisen ent- zwischen Völkern und Rassen, Reli- eingesetzt. Dabei setzte er sich auch suchten, war Wirklichkeit geworden. rung führte. schieden Frauen sich mehrheitlich gionen und Kulturen. Sie alle sind über Grenzen und Tabus hinweg. Er Sechs Männer hatten dem Kampf von Ironie der Geschichte: Die SPD, für konservative Parteien wie DDP gleich-berechtigt und gleich viel wert, akzeptierte Frauen in seinem Gefolge, Millionen von Frauen zum Sieg ver- die sich schon lange die Forderung der und DNVP (zitiert nach Wikipedia). aber eben nicht gleich. Das kann nicht sprach mit der Samariterin am Jakobsbrunnen oder ret- holfen, sechs Revolutionäre, die selbst Frauen nach dem Wahlrecht zu eigen Undank ist der Welt Lohn. ■ wegdiskutiert und „gleichgemacht“ werden. Es tete die Ehebrecherin vor der Steinigung und gab ihr ihre gemacht hatte, konnte bei der Wahl geht vielmehr darum, bei allen Unterschieden allen Würde zurück. Jesus machte keine Unterschiede in seiner Menschen gleiche Chancen und Rechte einzuräumen. Zuwendung und bedingungslosen Annahme seiner Mit- Muss – und kann überhaupt – Gleichwertigkeit und menschen. Er sah in jedem Menschen Gottes Kind und gleiches Recht immer Gleichbehandlung bedeuten? Oder wurde nicht müde, das Einssein aller dieser Kinder in Gott, Gleiches Recht geht es eher darum, jedem Menschen auf seine Weise gerecht zu werden und ihm ohne Benachteiligung oder Bevorzugung das zukommen zu lassen, was er braucht, was dem liebenden Vater, zu verkünden. In diesem Sinne beauftragte er seine Jünger und Jün- gerinnen, seine Botschaft der Liebe und der gegenseiti- für alle ihn voranbringt und es ihm ermöglicht, sich frei zu entfal- ten und ein erfülltes Leben führen zu können? Wer mehrere Kinder hat, die er mit Sicherheit alle gen Achtung in die Welt zu tragen und lebendig werden zu lassen. Dieser Auftrag, der die Grundlage für christli- ches Bemühen um Gerechtigkeit, Toleranz, Frieden gleichermaßen liebt und gerecht behandeln will, kommt und Versöhnung ist, besteht bis auf den heutigen nicht umhin, auf jedes Kind individuell einzugehen. Das Tag, unabhängig von allen weltlichen und poli- „gleiche Recht für alle“ das jedem Kind zusteht, kann da tischen Forderungen und Bestrebungen nach auch schon mal unterschiedlich ausfallen. Weil das eine Gleichberechtigung. Kind vielleicht ganz andere Bedürfnisse hat als das andere. Wenn alle Menschen eins sind in Gott, dürfte Ein Kind braucht vielleicht mehr Förderung und Unter- niemand unterdrückt oder benachteiligt und auch stützung, das andere mehr Freiraum. Eines ist belastbarer nicht privilegiert und bevorzugt werden. Die in der und robuster als das andere. Man kann nicht immer jedem UN- Menschenrechtskonvention verbriefte Gleichbe- dasselbe abverlangen oder zukommen lassen. Aber alle rechtigung ist ein Schritt zum Ziel, das nach wie vor in haben dasselbe Recht auf Liebe, Zuwendung und Förde- weiter Ferne liegt, aber unermüdlich anzustreben ist. rung ihrer Entwicklung, wenn auch die Umsetzung sich im Die Umsetzung ist ein „Langer Einzelfall anders darstellen mag. Kampf noch ohne Happy andere rechtlich und praktisch bevorzugt. Auch wenn Und auf gesellschaftlicher Ebene? Alle Menschen End“, wie ein Beitrag im in der westlichen Welt dank der Aufklärung des 18.–20. haben auf Grund ihrer Gleichwertigkeit dasselbe Generalanzeiger Bonn Jahrhunderts schon viel erreicht und zum Teil mühsam Recht auf Freiheit, Menschenwürde, Entfaltung, am 13. November ver- erstritten worden ist, sind insbesondere Frauen, Homose- Anerkennung und Förderung. Aber Männer gangenen Jahres anläss- xuelle oder Ausländer noch weit davon entfernt, und Frauen haben auch unterschiedliche lich des Erinnerns an die in allen Bereichen gerecht behandelt zu werden Bedürfnisse, Stärken und Fähigkeiten. Einführung des Frauenwahlrechts und genauso leben und sich entfalten zu können Gleiches gilt für Menschen verschiede- vor 100 Jahren im November 1918 Von J u tta R es p on dek wie Männer, Heterosexuelle und Einheimische. ner Völker und Kulturen mit ihrer jewei- überschrieben war. „Menschenrechte Allein schon der viel zitierte gleiche Lohn für ligen Ausprägung. Hier allen gerecht haben kein Geschlecht“, wurde darin die Alle Menschen sind frei und gleich gleiche Arbeit ist bislang eine Illusion. zu werden und allen dieselbe Achtung Schriftstellerin und Frauenrechtskämpferin an Würde und Rechten geboren. Das angestrebte und wichtige Ziel „Gleiches und Wertschätzung entgegen zu bringen Hedwig Dohm zitiert, die sich bereits 1873 für S o der Gleichheitssatz der Menschenrechts- Recht für alle“ ist nicht zu verwechseln mit Gleich- und die gleichen Chancen einzuräumen, ist das politische Stimmrecht der Frauen einsetzte. Men- Jutta Respondek konvention der UN, der heute weltweit Basis der heit oder Gleichstellung. Nach Verfassung und Men- gemeinsame Aufgabe von Politik, Gesellschaft schenrechte haben auch keine Hautfarbe, Rasse oder ist Mitglied der Gleichberechtigung ist. „Gleiches Recht für alle“ ist schenrechten bedeutet Gleichberechtigung nicht, und jedem ihrer Mitglieder. Religion, könnte man hinzufügen. Sie sind universal Gemeinde Bonn somit ein grundlegendes Menschenrecht und gleichwer- dass alle Menschen faktisch gleich wären oder ihre und gelten für jeden und jede. Bisher noch unvoll- tig mit Freiheit und Würde. Seine Verwirklichung ist, wie Gleichheit oder Gleichstellung angestrebt wer- Gleichwertig kommen, oft nur theoretisch und ansatzweise oder als jeder weiß, Vision und bisher unerreichtes Ziel. In vielen den solle. Diese Differenzierung ist nicht unum- Die Gleichwertigkeit Visionen, Wünsche und Ziele. Wenn jeder Mensch Ländern der Erde, und in der Realität auch bei uns, haben stritten. Doch unbestreitbar sind Frauen nicht aller Menschen können wir und jedes Volk zu seinem ihm zustehenden, allge- noch lange nicht alle Menschen dieselben Rechte, Chan- gleich Männern, sondern körperlich und wesen- in der Bibel nachlesen. Gott mein anerkannten Recht kommt und leben und seine cen und Möglichkeiten, obwohl sie ihnen theoretisch haft unterschiedlich, Schwarze sind nicht gleich schuf den Menschen als sein Fähigkeiten einbringen kann, wie es seiner Natur und John Grantham Illustration von zustehen und offiziell zugesprochen sind. Noch immer Weißen, Buddhisten anders geprägt als Muslime Abbild als Mann und Frau (Gen seinem Bedürfnis entspricht, wäre das Happy End des werden Menschen wegen ihrer Rasse, Hautfarbe, Reli- oder Christen, und auch gleichgeschlechtli- 1,27). Das besagt, dass in Gott Männliches langen Kampfes gegen Unrecht und Ungerechtigkeit gion, ihres Geschlechts, ihrer Sexualität oder wegen einer che Eltern bzw. Adoptiveltern sind für Kinder und Weibliches vereint ist und dass Mann und Frau, in der Welt erreicht. ■ Behinderung unterdrückt, ausgebeutet, diskriminiert und nicht dasselbe wie die Elternschaft von Mutter benachteiligt. Noch immer werden aus denselben Gründen 6 Christen heute 6 3 . 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Parité! Frauen in die Parlamente Frauenanteil in den Landtagen und im Bundestag weit unter 50 Prozent. Es liegt keineswegs am politischen Desinteresse bzw. mangelnder Qua- Mehr als Wohlgefühlt haben sie sich aber nicht dabei. Ein anderes Beispiel hat mir kürz- lich ein Kollege erzählt. Seine Frau Mit Bestimmung! 100 Jahre Frauenwahlrecht lifikation. Siehe die Stimmen aus der Politik unten. In Frankreich wird bereits seit gleiche Rechte hat eine Renovierung geplant und war auch sehr wohl in der Lage, die nöti- gen Arbeiten selbst durchzuführen. Von Mon ik a Lun d 15 Jahren paritätisch gewählt, d. h. Von Gerh ard Ruisc h Er, als Pfarrer nicht gerade gelernter jeweils Frau/Mann-Duos, sogenannte Handwerker, hat sie in den Baumarkt D E Monika Lund ie spannenden TV-Bei- 1918 wurden wir Frauen endlich als Binome. Der Deutsche Juristinnen- s ist schon ein paar Atmosphäre so ganz anders war als begleitet, um als Träger zu helfen. ist Mitglied träge und Presseartikel mach- vollwertige Bürgerinnen anerkannt bund setzt sich für ein paritätisches Monate her, dass meine Frau sonst bei ihren Treffen. Nun gab es noch ein paar Dinge zu der Gemeinde ten mich neugierig auf den und erhielten das Stimmrecht; bis Wahlrecht nach dem Vorbild Frank- und ich gemeinsam mit vier Gut, ich war mit meinen damals klären, weshalb die beiden einen Mit- Bremen gleichnamigen Vortrag von Prof. Dr. dato standen Frauen in Sachen Bür- reichs ein. Eine Wahlprüfbeschwerde anderen Ehepaaren zu einem sechs- auch schon knapp 60 Jahren der arbeiter gesucht haben, der sie beraten Silke Ruth Laskowski, Uni Kassel. gerrechte mit Minderjährigen und wurde am 24.11.2017 beim Deutschen ten Paar zum Essen eingeladen waren. jüngste der Männer. Es bleibt die konnte. Die Frau hat ihm die Fragen Ziemlich überrascht fand ich mich als geistig Behinderten auf einer Stufe. Bundestag eingelegt (und zwischen- Wir Männer kannten uns noch nicht, Hoffnung, dass die nächsten Genera- gestellt, die sie noch hatte, und der einzige Teilnehmerin ohne Funktion War ich davon ausgegangen, zeitlich vom Bundestag abgelehnt). aber die Frauen trafen sich regelmäßig tionen das besser hinkriegen – aber Mann vom Baumarkt hat sie beant- bzw. Parteibuch zwischen den Gleich- dass Frauen heutzutage in der Poli- Nun wird als weiterer Schritt Klage zum Sport und verstanden sich gut. sicher bin ich nicht. Die Frauen haben wortet – dem Mann, der nur als Hel- stellungsbeauftragten unseres Land- tik gleichberechtigt sind, so habe beim Bundesverfassungsgericht ein- Ich fand, das war ein schöner gleiche Rechte, auf dem Papier, vor fer mitgekommen war; ihn hat er die kreises und einigen VertreterInnen aus ich bei diesem Vortrag eines festge- gereicht. Bis zur Gleichberechtigung Abend. Aber wiederholt wurde er dem Gesetz – gut so! Sie werden aber ganze Zeit angeschaut. Alle Versuche der Politik wieder. Und dabei liegt die stellt – Chancengleichheit: Fehlan- von Frau und Mann bleibt auch in nicht – obwohl genügend Zeit ver- nicht gleich bezahlt. Sie kommen des Mannes, seine Frau einzubeziehen Rechtlosigkeit der Frau in der deut- zeige! Nach wie vor werden Frauen Deutschland noch einiges zu tun. ■ gangen wäre. Das hängt wohl damit schwerer in Führungspositionen. Es und die Aufmerksamkeit des Mitar- schen Gesellschaft noch gar nicht so bei der Kandidatenaufstellung massiv zusammen, dass er ganz anders ver- reicht nicht, wenn eine Frau ebenso beiters auf sie zu lenken, sind geschei- lange zurück. Erst am 12. November benachteiligt, und deshalb liegt der lief, als es sich die Frauen erhofft hat- gut ist wie ein Mann, um den Job zu tert. Offensichtlich konnte der Berater sich einfach nicht vorstellen, dass die Fotos von Wikimedia Commons, Bildbearbeitung von John Grantham Frau die kompetente Person in diesem Paar war. Die eigene Erfahrung mit der Einladung und die geschilderte Erfah- rung des Bekannten lehren mich, dass es nicht genügt, wenn wir mit der Gleichheit vor dem Gesetz zufrie- den sind. Es genügt auch nicht, wenn wir uns für gleichen Lohn für gleiche Arbeit einsetzen und für eine gerechte Gleichbehandlung in den Betrieben. Gerhard Das krasse Missverhältnis Frauen haben in der Politik Schluss mit den Trippelschritten: Ruisch ist zwischen männlicher und immer noch Startnachteile… Wir Frauen müssen aufhören, uns ten. Nicht dass es Streit gegeben hätte Es ist auch nötig, dass vor allem wir oder sonst irgendwie Missstimmung. Männer sensibler werden für diese verantwortlicher weiblicher Repräsentanz in Die Wirklichkeit der Politik ist mit der Forderung von 25- oder Redakteur von den Parlamenten ist nicht das nach wie vor männlich geprägt. 30-Prozent-Beteiligung an Mandaten Es war nur einfach so, dass die Frauen, angelernten Mechanismen, die uns Christen heute Ergebnis einer entsprechenden Prof. Dr. Dr. h.c. zufrieden zu geben. Wir können die sich doch sonst so rege und inte- dazu bringen, Frauen zu überrollen und Pfarrer in Wahlentscheidung, sondern es Jutta Limbach (SPD), 2016 wissenschaftlich nachweisen: Wo ressiert austauschten, kaum zu Wort oder nicht für voll zu nehmen. Erst Freiburg kommt daher, dass Frauen bei der keine Quote besteht, bleibt es Aufstellung von Wahlbewerbern bei einem geringen Frauenanteil, kamen. Automatisch dominierten wenn wir Männer uns solche Verhal- bereits diskriminiert sind. Dies und sowohl an Mandaten als auch an wir Männer das Gespräch, obwohl bekommen; um ihn zu bekommen, tensweisen abtrainiert haben, dürfen die daraus resultierenden Folgen Führungspositionen… Ich habe die wir diejenigen waren, die außer der muss sie besser sein. Da sind wir noch wir uns zurücklehnen und meinen, in widersprechen dem Grundsatz Parité-Forderung für Wahllisten eigenen Frau niemanden im Kreis lange nicht am Ziel. Sachen Gleichberechtigung sei alles der Gleichberechtigung und der selber vor Kurzem unterschrieben. kannten – was doch normalerweise Über die verbriefte Gleichberech- erreicht. Chancengleichheit. Was wir brauchen, ist das Günther Verheugen (SPD), 1980 Reißverschlussprinzip: also Mann- zurückhaltend macht. „Ein Mann, ein tigung und die trotzdem bestehenden Es gibt Geschlechterunter- Frau-Frau-Mann. Wir müssen endlich Wort – eine Frau, ein Wörterbuch“, gesellschaftlichen Ungerechtigkei- schiede, Männer und Frauen sind aus dieser Bettelei herauskommen: sagt ein böses Sprichwort. An diesem ten hinaus gibt es auch noch Dinge, nicht gleich. Aber die Stereotypen ‚Ach, gebt uns doch wenigsten 25 bis Abend wurde es Lügen gestraft. die sich einfach eingeschliffen haben, sollten überwunden werden. Es gibt 30 Prozent!‘ Nein: Wir wollen die Was war da eigentlich los? Ich Verhaltensweisen, die in Jahrhunder- Frauen, die besser einparken kön- Gleichbehandlung mit 50 Prozent. Rita Süßmuth (CDU), Interview 2017 bin sicher, dass jeder von uns Män- ten eingeübt wurden. Zu diesen zähle nen als die meisten Männer, so wie nern der Überzeugung ist, in einer ich, was bei dieser geschilderten Einla- es Männer gibt, die zuhören können. Kritisiert Frauenanteil im 19. Bundestag als „viel zu gering“! modernen, gleichberechtigten Part- dung passiert ist. Wir Männer wollten Nicht alle Männer sind vom Mars Fordert Diskussion über nerschaft zu leben. Das hat uns aber uns nicht in den Vordergrund schie- und nicht alle Frauen von der Venus. Wahlrechtsreform! Betont nicht davon abgehalten, an diesem ben. Aber wir haben es unbemerkt Es wäre gut, es gäbe keine typischen paritätisches Wahlrecht nach Abend unsere Frauen verbal zu über- getan, weil wir es eben immer so tun, Frauen- oder Männerberufe mehr. Vorbild Frankreichs, insbesondere rollen, und das, ohne es überhaupt zu weil wir es so gelernt haben. Und Jeder Mensch soll sein dürfen und eine paritätische Kandidatenliste, aber auch Direktmandate über bemerken. Erst später wurde mir das die Frauen haben sich zurückgehal- arbeiten dürfen, wie es ihm entspricht, …Die Benachteiligungen der Frauen…sind das Resultat einer die Wahlkreise! Sprecht von bewusst, als meine Frau sagte, dass die ten, weil sie es ebenso gelernt haben. unabhängig von Klischees. Vor allem: Politik, die sich im Wesentlichen am „Paritätsgesetz“! Mann orientiert… Annegret Kramp-Karrenbauer Heiner Geißler (CDU), 1980 (Generalsekretärin CDU), 8 FAZ vom 1.3.2018 Christen heute 6 3 . J a h r g a n g + J a n u a r 2 0 1 9 9
Es müssen nicht alle Menschen gleich avenidas y flores y mujeres y beschmutzt? Ist das Bewundern patri- Vorstellung. Könnte man solch eine sein, wohl aber die gleiche Wertschät- un admirador archal oder gar sexistisch? Ist das, was Erfahrung jemals irgendjemandem zung genießen. man im Mittelalter Minne nannte, vermitteln? War es nicht ein Geheim- Zu Deutsch: das, was früher ein Kavalier machte, nis, das jeder selbst entdecken musste? Respekt und Bewunderung ein Verstoß gegen die Wertschätzung? Ein Weg, den jeder selber gehen Ich gestehe, verunsichert bin ich Alleen Oder deren Steigerung? musste, eine Suche, auf die sich ein in einem Punkt. Erinnern Sie sich an Alleen und Blumen Vielleicht bin ich zu alt, um das jeder selbst begeben musste? Würde den Streit um das Gedicht von Eugen zu verstehen, aber ich hoffe, dass irgendjemand ihnen Glauben schen- Gomringer, das im vergangenen Jahr Blumen Bewunderung nicht sexistisch ist. Mir ken oder verstehen, was sie erkannt von der Fassade einer Berliner Fach- Blumen und Frauen scheint, wenn wir Männer Frauen hatten? Dass Hochheiliges und Wun- hochschule entfernt werden sollte, bewundern, ist das weniger patriar- derbares sich im Allerniedrigsten und weil es nach Ansicht von Studieren- Alleen chalisch als eher genetisch. Die Anzie- Schwachen offenbarte? Einen großen den einer „patriarchalen Kunsttradi- Alleen und Frauen hungskraft ist ganz tief verankert, König wollten sie suchen, ein Kind tion“ folgt? und ohne sie wäre die Menschheit im Elend hatten sie gefunden – und Es heißt: Alleen und Blumen und Frauen und längst ausgestorben. Ja, Frauen und in ihm verborgen den Herrn der Welt ein Bewunderer Männer sollen gleichberechtigt und und die Erfüllung ihrer Sehnsucht avenidas gleichwertig sein. Ja, Männer sollen geschaut. Eines stand fest: Sie würden avenidas y flores Auf dem Foto sieht man, dass am Frauen nicht überrollen, nicht von nicht denselben Weg zurückgehen, Balkongeländer neben dem Gedicht obenher behandeln, nicht übervortei- auf dem sie gekommen waren. Sie flores ein Banner hängt mit der Aufschrift: len; sie sollen sie respektieren. Aber würden das, was sie entdeckt hatten flores y mujeres „Menschenrechte, Menschenwürde, gleich müssen Frauen und Männer und nun für immer in ihren Herzen Menschlichkeit.“ Ich frage mich, ist nicht werden. Ich hoffe, das Knistern trugen, nicht dem offenbaren, dem avenidas das wirklich ein Macho, der mit seiner zwischen ihnen wird auch in ferner sie nicht trauten, einem, dessen Sinn avenidas y mujeres ungefragten Bewunderung die Men- Zukunft noch erlaubt sein – sagt un falsch und verdorben war und der schenwürde der Frauen in der Allee admirador. ■ böse Absichten hegte. Der das Kost- bare, Wehrlose, zu vernichten suchte, Ein langer Weg weil er es als Bedrohung empfand. Ich war erleichtert. Während der vergangenen Nächte hatte ich sie Von Ju tta Resp on d ek in ihren unruhigen Träumen heim- gesucht und Zweifel in ihnen ausge- Gottes Abbild D ie drei Männer hatten sich zur Ruhe begeben. Aber sie konnten nicht ein- einlud, seine Vorräte mit ihnen teilte. Der sich für ihren Plan begeisterte, interessiert nachfragte und zuhörte sät, um sie zu warnen. Das göttliche Geschenk war zart und zerbrech- lich. Es durfte nicht in falsche Hände schlafen. Nachdenklich sprachen sie und sie anspornte, nicht aufzuge- geraten. Noch nicht. Irgendwann über das Erlebte. Sie hatten ihr Ziel ben. Immer wieder erzählten sie sich würde sich die Bosheit der Welt sei- Menschen erreicht. Die wochenlange beschwer- die kleinen, aber so bedeutsamen ner bemächtigen. Wenn die Stunde Gottes Kinder liche Reise hatte sich gelohnt. Sie Begebenheiten ihrer langen Reise. gekommen war. Dann würde die Seine Ebenbilder waren nicht umsonst aufgebrochen, Sie wussten nicht, dass ich ihnen die Macht und Herrlichkeit offenbar un-gleich behandelt hatten zu Recht ihrer Intuition ver- ganze Zeit gefolgt war und gespannt werden, die jene drei weisen Männer bevorzugt oder benachteiligt traut, Mühsal und Strapazen auf sich beobachtet hatte, wie sie ihren Weg bereits in der Unscheinbarkeit und gefördert oder unterdrückt genommen, entgegen aller Skepsis von gingen. Ich war beeindruckt von ihrer Angewiesenheit eines armen Kindes privilegiert oder ausgebeutet Nachbarn, Freunden und Verwand- Entschlossenheit und ihrem Zusam- erkannt hatten. Von J u tta R es p on dek anerkannt oder verachtet ten. Fast alle hatten ihnen von ihrem menhalt. Für mich war es klar gewe- Ich hörte, wie sie noch bis tief unterstützt oder gedemütigt verrückten Vorhaben abgeraten. Aber sen, dass sie trotz aller Hürden ihr Ziel in die Nacht hinein leise miteinan- Menschen geliebt oder verhasst sie hatten sich nicht beirren lassen. erreichen würden. Ich hatte das Feuer der redeten. Sie waren sich einig, dass unterschiedlich angesehen oder ausgegrenzt Nicht, dass sie zwischendurch keine in ihren Herzen gespürt, die Sehn- sie sich nun trennen würden. Unsere verschiedenartig als Menschen von Menschen Zweifel gehabt hätten. Manchmal sucht, die sie antrieb und ihnen die Reise stand unter einem guten Stern, Gott-geschaffen hatte der Mut sie verlassen und der Kraft schenkte, alle Schwierigkeiten sagten sie zueinander. Als ob ein Engel Gott-ebenbildlich Mensch Stern ihrer Hoffnung war erloschen. zu meistern. Mehr als einmal hatte ich uns begleitet hätte. Er wird auch jeden gleichwertig Mal war der eine, mal der andere von mich unerkannt in ihre Gesellschaft von uns auf seinem weiteren Weg gleich würdig Abbild Gottes ihnen am Ende seiner Kräfte oder sei- begeben und sie ein Stück ihres Weges begleiten. gleich gewollt ner Motivation gewesen. Aber immer begleitet. Im Morgengrauen trennten sie gleich geliebt Gotteskind wieder war es ihnen gelungen, neuen Und nun beobachtete ich ihre sich. Jeder von ihnen ging seines gleich beschenkt Mut zu fassen und sich wieder auf das Schlaflosigkeit, ihre Nachdenklich- Weges. Jeder von ihnen kehrte zurück gleich geheiligt unter Gotteskindern Ziel auszurichten. keit. Das, was sie erlebt und erfahren in seinen Alltag. Jeder von ihnen trug gleich beauftragt Wundersamerweise geschah hatten, war so ganz anders, so uner- einen Schatz in seinem Herzen, der gleich berechtigt liebe deinen Nächsten es, dass immer im rechten Moment wartet gewesen. So unbegreiflich ihn reich und froh machte und sein als Mann jemand auftauchte, der ihnen wei- und unglaublich, so unbeschreib- Leben für immer veränderte. ■ als Frau denn er ist wie du! ■ terhalf, den Weg wies, sie zur Rast lich und unfassbar. Außerhalb aller Nach Matthäus 2,1-12 10 Christen heute 6 3 . J a h r g a n g + J a n u a r 2 0 1 9 11
In der Person des Festmanagers? Nun, es ist uns zu Aber meist leben wir nicht im Fest, meist leben wir wünschen, dass wir manchmal angenehm überrascht wer- im Alltag. Und deshalb müssen wir nicht davon träumen, den, weil etwas ohne unser Zutun besser läuft, als wir es wie sie zu sein, denn wir sind wie sie. Wir sind die Leute, Der Segen des Alltäglichen erhofft haben. Aber so richtig die Person, in der wir uns die tun, was eben getan werden muss, und über deren Tun wiederfinden können, ist er vielleicht doch nicht. nicht immer ein Glanz liegt. Und das kann manchmal In der Person Jesu womöglich? Ach, schön wär’s, wir anstrengend sein, wie etwa sechs Riesenbehältnisse mit könnten Wunder tun, Blamagen abwenden und das Leben Wasser zu füllen, und mit wenig Dank verbunden. für Menschen zum Fest machen. Doch leider ist das meist Doch die Geschichte von der Hochzeit zu Kana ist eine Nummer zu groß für uns. auch eine Geschichte davon, dass auf diesem alltäglichen Bleibt noch Maria. Wahrscheinlich versuchen wir uns Tun ein Segen liegen kann: Wenn wir das tun, was einfach schon manchmal in der Rolle, dass wir wie sie Jesus sagen getan werden muss, das, was einfach dran ist, das, was unse- wollen, was zu tun wäre. Wir nennen das dann Fürbitten ren Mitmenschen gut tut, wenn wir das zuverlässig und oder Bittgebet. Doch so erfolgreich wie Maria sind wir hartnäckig tun, dann kann es geschehen, dass in diesem dabei meist nicht. grauen Alltag auf einmal das Fest aufblüht, dass aus diesen Womit wir bei den Dienern angekommen wären. normalen Dingen, die wir beigetragen haben, auf einmal Nicht gerade die schönste Rolle in der Geschichte. Wie etwas Besonderes wird, was Menschen freut und glücklich gesagt, sie müssen viel arbeiten, dürfen nicht mitfeiern, macht. werden nur am Rande erwähnt und erhalten wenig Dank. Wir können nur die Voraussetzungen schaffen; Wun- Aber ohne sie hätte das Wunder nicht stattfinden kön- der tun können wir nicht. Doch manchmal geschehen nen, ja von Anfang an nicht einmal das Fest. Sie machen sie, und dann können wir sagen: Wir wissen, woher der das Wunder nicht, aber mit ihrer Arbeit tragen sie ent- Wein kommt. Wir haben unseren Teil dazu beigetragen. scheidend dazu bei. Und sie wissen darum, sie wissen, Vielleicht nicht den entscheidenden. Aber ohne unsere woher der Wein kommt. Sie sind nicht die Helden des Arbeit wäre das Wunder nicht geschehen. Dann wächst die Festes, aber sie tun die alltäglichen Arbeiten, auch an die- Ahnung, dass unsere Berufung als Menschen und als Chris- sem Festtag. Das sind nicht die Menschen, bei denen man ten nicht der Alltag ist, sondern das Fest. ■ träumt, wie schön es wäre, wenn man wäre wie sie. Zum Sonntag von der Hochzeit zu Kana Johannes erzählt. Sie haben offensichtlich den Ankom- Tauffeier als Initiation Von Gerh a r d Ruisch menden die Füße gewaschen; es müssen viele Füße gewe- sen sein, wenn dafür über 600 Liter Wasser verbraucht wieder neu bedenken W enn Sie schon einmal eine Hochzeit – wurden. Dazu kommen die üblichen Arbeiten: bedienen, und sei es die eigene – bis zum Schluss mitge- Wein ausschenken, Speisen auftragen, abräumen. Und feiert haben, bis lang nach Mitternacht, dann bei der Menge, die da gebechert wurde, ist es wohl nicht In Hannover beginnt mit dem neuen Jahr ein Glaubenskursus werden Sie sich wahrscheinlich erinnern, wie die Bedie- übertrieben anzunehmen, dass auch wesentlich unange- Von Fr anc in e Sc h wert feger nungen um diese Zeit gewöhnlich aussehen: immer noch nehmere Aufgaben dazugehörten: Sturzbetrunkene versor- W bemüht, zuvorkommend, höflich und freundlich zu sein, gen, aufwischen, Glassplitter oder Scherben von Bechern as ist aus der Taufe Formen, mit denen wir Menschen in aber zunehmend mit Ringen unter den Augen, manchmal aufkehren. geworden? Können die das christliche Leben hineinbegleiten.“ verstohlen gähnend oder sich die geschwollenen Beine rei- Es gehört auch zu ihren Aufgaben, die großen Was- Alt-Katholiken neu Glau- Damit spielt er darauf an, dass Bild: Paolo Veronese, Die Hochzeit zu Kana, 1563, Louvre. bend. Die Aussicht, wenn endlich alle gegangen sind, noch sergefäße am Eingang aufzufüllen, und sie werden nicht bende würdig empfangen und ihnen eine solche Initiation, wie sie zu aufräumen zu müssen, stimmt sie auch nicht gerade fröh- begeistert gewesen sein, als Jesus ihnen gesagt hat: „Füllt ein Bewusstsein für die Aufnahme Urzeiten der jungen Kirche üblich licher. Sie sind unerlässlich für das Gelingen eines Festes, die Krüge mit Wasser“. Über 600 Liter! Da darf man in Christi Gemeinschaft vermitteln? war, heute fast nicht mehr bekannt ist. aber sie stehen am Rand. Sie werden nicht begrüßt, es wird einige Male zum Brunnen laufen, bis die voll sind. Doch Über diese Frage möchte Pfarrer Oli- Taufe, das ist heute ein auf 30 Minu- ihnen nicht viel gedankt für die harte Arbeit, sie werden haben sie es offensichtlich klaglos getan. ver Kaiser aus der Pfarrgemeinde St. ten eingedampftes, auseinandergeris- nicht zum Tanz geholt, und wenn doch, haben sie keine Es ist nicht viel anders, als es die Bedienungen heute Angelica in Hannover einen neuen senes Sakrament für Säuglinge statt Zeit, sie müssen vor allem viel arbeiten. Trotzdem tun sie immer noch erleben: Sie dürfen nicht mittrinken, sie dür- Denkprozess anstoßen, zunächst in Erwachsene – ursprünglich war es es, weil sie – hoffentlich – anständig dafür bezahlt werden, fen nicht mitfeiern, sie erhalten nicht viel Dank. Aber eines der eigenen Gemeinde, vielleicht auch eine Einheit aus Taufe, Firmung und und es ist ihnen zu wünschen, dass auch noch ein gutes haben sie allen Gästen voraus: Sie wissen mehr als alle. Sie im Bistum. Eucharistie. Die massive Verände- Trinkgeld dabei herausspringt. wissen, woher der Wein kommt. Der Wein kommt aus den „Wir sind im Bistum schlecht rung der kirchlichen Situation in der Von Wikimedia Commons. Solche Leute kommen auch im Johannesevangelium Krügen, die sie gefüllt haben. Der Wein kommt aus ihrer aufgestellt“, meint er. „Jede Gesellschaft sei heute überall zu sehen. vor, in der Geschichte von der Hochzeit zu Kana, und Arbeit. Ohne sie hätte es kein Wunder gegeben. römisch-katholische Diözese hat Hierüber ins Nachdenken auch da stehen sie am Rande. Auch in meinem Bewusst- Wo kommen wir vor in dieser Geschichte? Denn nur einen Beauftragten für das Kate- zu kommen, lud Kaiser in sei- sein haben sie bisher immer am Rand gestanden. Das ist dann erhält sie eine Bedeutung für uns. Nicht in der Person chumenat. Wir haben uns zu lange ner Gemeinde zu einem Seminar- aber vielleicht ein Fehler, denn auch für das Gelingen der des Bräutigams oder der Braut (die Johannes nicht einmal damit begnügt, kirchliche Struktu- tag ein. Er bildete den Auftakt für Hochzeit damals sind sie wichtig. Es sind bezahlte Die- erwähnt). Denn dass uns durch ein Wunder eine große ren zu bewerben. Aber wir brauchen einen neuen Glaubenskursus, der im ner, keine Sklaven, und auch ihnen ist zu wünschen, dass Blamage erspart bleibt, das erleben wir hoffentlich nicht Januar in Hannover starten soll: „Ein sie gut bezahlt werden. Denn auch ihre Arbeit ist hart, wie so oft. 12 Christen heute 6 3 . J a h r g a n g + J a n u a r 2 0 1 9 13
worden, denn dabei ging es um den wurden. Noch heute sind der 3., 4. Bruch mit dem Heidentum, die Ein- und 5. Fastensonntag dadurch geprägt, stellung sollte karitativ werden gemäß dass an diesen Tagen diese besonderen dem Motto: „Statt Wagenrennen jetzt Riten der Taufvorbereitung stattfan- Krankenpflege“. Es schlossen sich den, erkennbar an den Evangelien der drei Jahre Unterricht durch speziali- Frau am Jakobsbrunnen (Sehnsucht Versuch für getaufte Leute, die Lust sierte Lehrer an. Während die Kate- nach dem Wasser des Lebens), der Öl gesalbt als Ausdruck der Taufe im Jahrhundert die Erwachsenentaufe die Initiation wegfalle. Im heutigen haben, den Katechumenatsweg nach- chese (griechisch für Unterricht) bei Heilung des Blindgeborenen (Begeg- Heiligen Geist. Daraus separierte sich vollständig verdrängte, leistete die Brauch der Säuglingstaufe sieht Pfar- träglich entlangzugehen, den Prozess den einen Kirchenlehrern bestimmte nung mit dem Licht der Welt) und später die Firmung. Erbsündenlehre Vorschub. Die Los- rer Oliver Kaiser die Gefahr der Ent- bewusst zu durchleben“, meint Kai- Bücher der Bibel beinhaltete, lehrten der Auferweckung des Lazarus (Erwe- Die Eucharistie mit Wein und lösung der Firmung von der Taufe ist mündigung des Täuflings. ser. Vorbild ist ihm u. a. der Weg der andere die Auferstehung, das Glau- ckung zum Leben). Brot wurde in der frühen Kirche auf Veränderungen im frühen Mittel- Er räumt ein: „Natürlich ent- Römisch-Katholischen Kirche in den bensbekenntnis, christliches Verhalten erweitert um einen Kelch mit Milch alter in der Kirchenstruktur zurückzu- hält die Initiation der frühen Kirche USA, der ihn schon zu seiner Studi- und Gebete. Ausspucken vor dem Satan und Honig als Symbol für das Neu- führen; im 19. Jahrhundert wurde sie viel Zeitbedingtes. Aber ich finde, Foto: Zur selbstbewussten Tauferneuerung betritt eine Teilnehmerin das Taufbecken. Wikimedia Commons. Foto oben rechts: Vor dem Plakat (v. l.) Sigrid Harten, Ute enzeit stark beeindruckt habe. Dort Phase III bestand in der Oster- geborensein und das Land der Ver- dann als Mündigkeitsfeier angesehen. wir können aus dieser Blütezeit doch werde eine Wiederbelebung des Kate- „Ist er ein Trinker?“ nacht aus der Einführung der Neuen heißung und einen Kelch mit Wasser, Im Frühmittelalter gab es noch etwas lernen: Die Kirche verwendete Foto oben links: Taufbecken in der Kirche St. Maria Angelica, Hannover. Von chumenats versucht. Phase II: Hierzu war die Zulas- in einer sakramentalen Feier, der Ein- stehend für die Erneuerung des inne- Taufkommunion durch Eintauchen viel Kraft und Phantasie für eine Auf- Wie sah einst die Initiation ins sung nötig, und sie begann mit der heit von Taufe durch Untertauchen ren Menschen. eines Stücks Brot in den Wein oder nahme in die Christenheit. Die Neu- Lietmeyer, Francine Schwertfeger, Pfarrer Oliver Kaiser, Doris Ahlers. Christentum aus? Mit Initiation Fastenzeit, hinführend auf die Taufe in einem Taufbecken, Firmung (als An die Feier der Initiationssak- das Ablutschen des in Wein getauch- linge sollten gut vorbereitet sein und ist hier der ganzheitliche Prozess in der Osternacht. Die Katechume- Salbung zur Übermittlung des Geistes ramente schloss sich eine vierte Phase ten Fingers durch den Säugling. Im wissen, worauf sie sich einlassen.“ Sie gemeint, mit dem Neu-Mitglieder in nen bekamen neue Namen, in Rom und nicht – wie heute – der Mündig- an, die Mystagogie: Was die Neuge- Hochmittelalter trennte man die sollten zuverlässig sein auch in Zei- die neue Glaubensgemeinschaft hin- hießen sie die Electi (die Erwählten), keit) und der Eucharistie. Auch die tauften in den Feiern an sich erlebt Eucharistie ganz ab, weil man Ver- ten der Glaubensanfechtung. Kaiser eingeführt werden. Der ursprüng- andernorts in der Westkirche auch Kirche St. Maria Angelica in Hanno- hatten (Wassertaufe, Salbungen, Anle- ständnis und Ehrfurcht dafür vor- nennt es ein fruchtbares Spannungs- liche Weg habe sich in drei Phasen Competenti und im Osten Photezo- ver bekam bei ihrem Bau ein Tauf- gen des weißen Kleides) wurde nach- aussetzte. Hier gingen Kinder nur an verhältnis von Einladung und Dis- gegliedert. menoi (die zu Erleuchtenden). Die becken zum Einsteigen gemäß dem besprochen und gedeutet. Erst sollte Ostern mit ihren Eltern gemeinsam tanz, das schließlich zu einem Gespür Pilgerin Egeria aus dem 4. Jahrhun- Vorbild antiker Taufanlagen. also das Ereignis in seinen Symbolen zur Kommunion. Auch die Unter- für den Wert der anvertrauten Lebens- „Statt Wagenrennen jetzt dert beschrieb die Zulassungsfeier, in Kaiser: „Es handelt sich um ein erfahren, hinterher dann verstanden weisungszuständigkeiten veränderten weise und einer eindrücklichen Präge- Krankenpflege“ der der Bischof fragte: „Führt er ein Einweihungskraftfeld: Man stirbt mit werden. sich, weg von den Eltern hin zu Schu- kraft der Initiation geführt habe. Ob Phase I: Man musste sich förm- gutes Leben? Ehrt er die Eltern? Ist Christus, erwacht zu neuem Leben. len. Pius X. führte die Erstkommu- es derer heute wieder bedarf ? lich anmelden, was eine Hürde dar- er ein Trinker?“ Es sei die Einschrei- Mit der Taufe tritt man den Heim- Umfeld für Initiation weggefallen nion in ihrer heutigen Form ein (20. Der neue Glaubenskurs in stellte und die Ernsthaftigkeit unter bung bzw. Zulassung erfolgt, wurde weg ins Paradies an.“ Dazu stieg man Wie kam es nun zu den Ver- Jahrhundert). Hannover soll im Januar beginnen Beweis stellt. Laut Traditio Aposto- gebetet und gefastet und Exorzismen zur Westseite, der „Satansseite“ (der änderungen bis auf die heutigen Früher, findet Pfarrer Kaiser, im (siehe dazu: „Aus unserer Kirche“ Von Francine Schwertfeger. lica (3. Jahrhundert) sollte der Grund im Sinne der Austreibung böser Geis- untergehenden Sonne wegen) rein, Bruchstücke, die in eine Feier von Volkschristentum sei das noch gegan- auf Seite 19). ■ erfragt werden, warum jemand zum ter seien durchgeführt worden. Alles der man abschwor, gar ausspuckte, halbstündiger Dauer gerafft wer- gen. Heute aber werde das fragwür- Glauben komme. Zeugen oder Bür- Profane galt als vom Teufel besetzt, und stieg zur „Christusseite“, der den? Der Kindstaufe, die bis ins 7./8. dig, weil allerorten das Umfeld für gen müssen für den Neuen oder die Handauflegen und Anblasen sollte das Ostseite (Aufgang der Sonne) wieder Neue Zeugnis ablegen und sie beglei- Böse verscheuchen. aus. Dies sei gleichzeitig ein Symbol ten. Später wurden daraus die Tauf- Man übergab und erklärte das für den Durchzug durchs Rote Meer paten. Auch sei bei der Anmeldung Glaubensbekenntnis und das Vater- gewesen. Direkt im Anschluss wurden das Kreuz auf die Stirn gezeichnet unser, die dann gelernt und aufgesagt die Neugetauften vom Bischof mit 14 Christen heute 6 3 . J a h r g a n g + J a n u a r 2 0 1 9 15
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