2020 Geschäftsbericht - Im Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger - Bund der Steuerzahler Hessen eV

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2020 Geschäftsbericht - Im Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger - Bund der Steuerzahler Hessen eV
2020 | Geschäftsbericht des Bundes der Steuerzahler Hessen e.V.               www.steuerzahler-hessen.de

                        Geschäftsbericht
Angelika Stehle

                                                                        2020
                                                                        Im Einsatz für die
                                                                  Bürgerinnen und Bürger

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2020 Geschäftsbericht - Im Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger - Bund der Steuerzahler Hessen eV
Der BdSt schafft Transparenz                                            Der Vorstand
          und fördert die Demokratie

                                                                                                                 Angelika Stehle
          Seit 1949 sorgt der Bund der Steuerzahler auf vielfältige Weise für
          mehr Transparenz im Bereich der öffentlichen Finanzen. Mit unseren
          zahlreichen für Jedermann kostenlos erhältlichen Serviceleistungen
          und Informationen rund um das Steuerrecht tragen wir dazu bei, dass
          die Menschen besser wissen, welche steuerlichen Rechte und Pflich-
          ten sie haben. Das stärkt das Verständnis und verbessert das Klima
          zwischen Bürger und Finanzverwaltung.

          Wir beobachten und dokumentieren sehr genau die Entwicklung der
          öffentlichen Haushalte und der steuerlichen Belastung der Bürger
                                                                                  Joachim Papendick
          und Unternehmen. Der Staat muss gebremst werden, wenn ihm die
                                                                                  Vorstandsvorsitzender
          öffentlichen Haushalte aus dem Ruder laufen, wenn er Verschwen-
          dung nicht verhindert, wenn er die Verschuldung ins Uferlose steigen
          lässt und wenn er Bürger und Wirtschaft mit zu hohen Steuern und
          Abgaben überfordert. Deshalb dokumentieren wir z.B. nicht nur die
          seit Jahren stark ansteigenden Hebesätze der Kommunalsteuern,
          sondern wir zeigen gleichzeitig auch mögliche Alternativen zu Steuer-
          erhöhungen auf. Aufgabe der Kommunalpolitiker ist es dann, gemein-
          sam mit ihren Bürgern die besten Lösungen für ihre Gemeinde auszu-
          wählen.

          Steuergeldverschwendung trägt ganz besonders zur Politikverdros-
          senheit bei, weil die Menschen zu recht nicht akzeptieren, wenn ihre
          Steuergelder unwirtschaftlich verwendet werden und dann Mittel für
          wichtige Aufgaben fehlen. Mit der Recherche und Veröffentlichung
                                                                                  Silvia Diemer-De Schepper
          von Verschwendungsfällen und mit dem Aufzeigen von typischen
                                                                                  Stellvertretende Vorsitzende
          Fehlentwicklungen wollen wir dazu beitragen, dass ähnliche Fehler in
          Zukunft vermieden werden.

          Wir im Bund der Steuerzahler schützen mit unserer Arbeit nicht nur
          die Interessen der Steuerzahler vor dem Staat. Wir sorgen auch dafür,
          dass das Vertrauen in den Staat wieder wächst. Und wir appellieren
          an jeden einzelnen Bürger, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten in
          die Gemeinschaft einzubringen. All das bedeutet Förderung der De-
          mokratie. Und deshalb ist der Bund der Steuerzahler zu recht als ge-
          meinnützig anerkannt.

          Heute finanzieren bundesweit rund 200.000 Mitglieder, davon fast
          13.000 in Hessen, ihren Bund der Steuerzahler. Allen Mitgliedern und
          allen, die im Bund der Steuerzahler Hessen Verantwortung tragen,
                                                                                  Annerose Warttinger
          sagt der Vorstand herzlichen Dank. Dass sie sich alle auf ihren Bund
                                                                                  Mitglied des Vorstands
          der Steuerzahler verlassen können, belegt dieser Geschäftsbericht.

Geschäftsbericht 2020                                                                                                              3
2020 Geschäftsbericht - Im Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger - Bund der Steuerzahler Hessen eV
Öffentliche Finanzen
Wenn es um die finanzielle Situation des Landes und seiner Kommunen geht, ist der BdSt Hessen der
richtige Ansprechpartner. Vorstand und Referenten ordnen Dinge ein, nehmen Stellung gegenüber
Parlament und Öffentlichkeit, kontrollieren Politik und Verwaltung, erarbeiten fundierte Vorschläge
und führen Gespräche mit Politik, Verwaltung und Verbänden. Im Blick haben sie dabei immer die
Interessen aller Steuerzahler.

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2020 Geschäftsbericht - Im Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger - Bund der Steuerzahler Hessen eV
Öffentliche Finanzen

                                                                                               Im Hessischen Landtag
                                                                                               ging man auf Abstand –
                                                                                               nicht nur wegen der
                                                                                               Pandemie, sondern lei-
                                                                                               der auch zur Schulden-
                                                                                               bremse.

Hessen hielt den Atem an
Die Finanzpolitik des Landes war 2020 von der Corona-Pandemie geprägt
Als der Hessische Landtag im Februar den Landeshaushalt für das       Das „Sondervermögen“ war der falsche Weg
Jahr 2020 beschloss, hätte sich wohl niemand vorstellen können,       Der seit Anfang April amtierende neue Finanzminister Michael
dass das Zahlenwerk schon fünf Wochen später nicht viel mehr als      Boddenberg schlug schließlich vor, ein kreditfinanziertes, so ge-
eine Erinnerung an bessere Zeiten sein würde. Die Corona-Krise        nanntes Sondervermögen in Höhe von zwölf Milliarden Euro ein-
zwang das Land zu einer dramatischen Wende in der Finanzpolitik.      zurichten, mit dem dann bis Ende 2023 Steuerausfälle und Mehr-
Zunächst herrschte große Einigkeit im Landtag. Doch im Laufe des      ausgaben mit Bezug zur Pandemie finanziert werden sollten. Der
Sommers schlug die schwarz-grüne Landesregierung einen um-            BdSt Hessen sah dies sehr kritisch. Schließlich reduziert das „Son-
strittenen Weg ein, der nichts weniger war als ein Anschlag auf das   dervermögen“ den Druck, die Neuverschuldung öffentlich zu be-
bisher so erfolgreiche Instrument der Schuldenbremse.                 gründen und Schwerpunkte im Landeshaushalt zu setzen. Die Fol-
                                                                      ge könnten unnötig hohe Ausgaben und eine Neuverschuldung
„Heile Welt“ bei den Landesfinanzen jäh beendet                       unvorstellbaren Ausmaßes sein. Eine Ermächtigung zur Schulden-
Eigentlich wollte Hessen 2020 zum fünften Mal in Folge seine          aufnahme „auf Vorrat“ für mehrere Jahre ist für den Verein nicht
Schulden reduzieren. Etwas, das zuvor fast 50 Jahre lang nicht ge-    vertretbar. Teile der Opposition hatten ähnliche Vorbehalte: Auch
lungen war. Gleichzeitig war das Land in der jüngeren Vergangen-      in mehreren Verhandlungsrunden konnten sich die Regierungs-
heit durch Rekord-Einnahmen in der Lage, die Ausgaben in vielen       fraktionen CDU und Bündnis 90/Die Grünen nicht mit SPD und
Bereichen deutlich zu steigern, tausende Stellen zu schaffen und      FDP auf den Weg der Regierung einigen. Die Zustimmung eines
die Rücklagen zu erhöhen. Musste der BdSt Hessen bis vor Kurzem       Teils der Opposition wäre aber notwendig gewesen, um die im
regelmäßig anmahnen, endlich die immer weiter steigende Ver-          Ausführungsgesetz zur Schuldenbremse vorgesehene Zwei-Drit-
schuldung zu stoppen, so ging es zuletzt darum, einen ehrgeizige-     tel-Mehrheit für eine Ausnahme von den Grenzen zur Schulden-
ren Plan bei der Schuldentilgung einzufordern und daran zu erin-      aufnahme zu ermöglichen. So strichen die Regierungsfraktionen
nern, dass man sich auch in Zeiten hoher Einnahmen auf unbe-          die Hürde kurzerhand aus dem Gesetz. Eine Entscheidung, die in
dingt notwendige und sinnvolle Ausgaben beschränken sollte.           den nächsten Jahrzehnten fatale Auswirkungen auf die Landesfi-
                                                                      nanzen haben könnte. Deshalb griff der BdSt Hessen zu unge-
Doppelter Schock im März                                              wöhnlich deutlichen Worten und bezeichnete das Vorgehen als
Doch all das war 2020 Geschichte. Als im März klar wurde, dass        Anschlag auf die Schuldenbremse. Der Begriff verfehlte sein Ziel
sich die Corona-Pandemie auch auf Hessen dramatisch auswirken         nicht: Neben zahlreichen Medien griffen ihn immer wieder auch
würde, stellte der Landtag im ersten Nachtragshaushalt partei-        Abgeordnete unterschiedlicher Couleur bei den hitzigen Debatten
übergreifend zwei Milliarden Euro für die ersten dringenden Maß-      im Landtag auf. Leider konnte der Anschlag auf die Schuldenbrem-
nahmen zur Verfügung. Schon damals war klar, dass durch Steuer-       se nicht mehr abgewendet werden. Dennoch war es wichtig, der
ausfälle und zusätzlich erforderliche Ausgaben schon bald ein         Landesregierung vor Augen zu führen, dass ihr Weg falsch und
weiterer Nachtrag notwendig sein würde. Wenige Tage nach den          trotz Corona nicht alternativlos ist. Deshalb ist die Arbeit des hes-
Beschlüssen erschütterte ganz Hessen die Nachricht vom Tod von        sischen Steuerzahlerbunds in dieser Sache natürlich nicht vorbei:
Finanzminister Dr. Thomas Schäfer. Der Mann, der Hessens Finan-       Es gilt, beständig daran zu erinnern und der Regierung genau auf
zen in den letzten zehn Jahren gemanagt hatte, war mitten in der      die Finger zu schauen. Schließlich geht es um unvorstellbare Milli-
Krise plötzlich nicht mehr da. Ein weiterer Schock.                   ardensummen – das Geld der Bürgerinnen und Bürger.

Geschäftsbericht 2020                                                                                                                     5
2020 Geschäftsbericht - Im Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger - Bund der Steuerzahler Hessen eV
Öffentliche Finanzen

                       Joachim Papendick, Vor-
                       sitzender des BdSt Hes-
                       sen, bei der Umstellung
                       der Schuldenuhr im
                       Sommer. Die 12 Milliar-
                       den Euro des Sonderver-
                       mögens mussten zum
                       bisherigen Schulden-
                       berg hinzugerechnet
                       werden.

Schuldenbremse ausgehöhlt
Vorbildliche Regelungen für Sondervermögen abgeräumt
Der Kampf gegen die jahrzehntelang stetig steigende Staatsver-         schrieben wurde die Notwendigkeit einer Zwei-Drittel-Mehrheit
schuldung war schon immer ein Schwerpunkt des Bundes der               für Ausnahmen von der Begrenzung der Schuldenaufnahme und
Steuerzahler. Lange Zeit gab es keine wirksame Regelung zur Be-        eine Rückführung der so aufgenommenen neuen Schulden in der
grenzung der Neuverschuldung. Als diese dann endlich in Form der       Regel innerhalb von sieben Jahren. Die hessische Schuldenbremse
Schuldenbremse installiert war, wurde sie nach nur wenigen Jah-        bewährte sich. Von 2016 bis 2019 tilgte das Land erstmals nach 47
ren im Zuge der Corona-Krise abgeräumt. Eine Chronik und ihr jä-       Jahren Schulden, jährlich 200 Millionen Euro.
hes Ende.
                                                                       Corona ließ Konsens platzen
BdSt-Kernanliegen wurden verwirklicht                                  Dann kam 2020 die Corona-Pandemie. Mit dem ersten Nachtrags-
Als sich die Schulden des Landes in den späten 2000ern immer hö-       haushalt im März stellten alle sechs Fraktionen gemeinsam zwei
her türmten, warb der BdSt Hessen unermüdlich für eine Schul-          Milliarden Euro zur Krisenbewältigung zur Verfügung. Genau diese
denbremse. Im Mai 2008 stellte der Verein in einer Pressekonferenz     parteiübergreifende Kooperation in Krisenzeiten gehörte zu den
Gesetzentwürfe vor, die die Schuldenaufnahme wirksam begren-           Grundideen der hessischen Schuldenbremse. Doch bei der Diskus-
zen sollten. Kern der BdSt-Vorschläge war, dass zusätzliche Schul-     sion über den zweiten Nachtragshaushalt und das „Sondervermö-
den, die nicht auf Konjunkturschwankungen zurückzuführen sind,         gen“ (siehe Seite 5) legte der neue Finanzminister Michael Bodden-
z.B. im Falle von Naturkatastrophen oder Seuchen, unter restrikti-     berg keinen Wert auf Gespräche mit AfD und Linke. Als SPD und
ven Bedingungen weiter möglich sein sollen. Um Missbrauch der          FDP nach mehreren Gesprächsrunden nicht auf den Weg der Lan-
Ausnameregelungen zu verhindern, sollten diese dann aber eine          desregierung einschwenken wollten, eskalierte der Streit. CDU und
Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag erfordern. Außerdem sollte ein        Grüne strichen mit ihrer einfachen Mehrheit die Zwei-Drittel-Hür-
Tilgungsplan vorgelegt werden, der eine Rückführung der neuen          de für Ausnahmen und auch die Sieben-Jahres-Frist zur Tilgung aus
Schulden in der Regel innerhalb von sieben Jahren vorsieht. Diese      dem Ausführungsgesetz. Natürlich wären sieben Jahre bei einer so
Vorschläge diskutierte der Verband mit allen Landtagsfraktionen        tiefen Krise ohnehin unrealistisch gewesen. Dass es nun gar keine
sowie dem damaligen Finanzminister Karlheinz Weimar. Später            Zeitvorgabe mehr gab, war dennoch bedauerlich.
startete der hessische Steuerzahlerbund mehrere „Schuldentou-
ren“ mit einer mobilen Schuldenuhr, um die Öffentlichkeit für das      Schwarz-Grüner Anschlag
Thema zu sensibilisieren. In dieser Zeit wuchs überall die Einsicht,   Selbst wenn die zwölf Milliarden Euro des „Sondervermögens“ mit
dass eine wirksame Begrenzung der Staatsverschuldung notwen-           dem schönen Namen „Hessens gute Zukunft sichern“ ausschließ-
dig ist. Schließlich einigten sich CDU, SPD, Grüne und FDP auf ein     lich für notwendige und sinnvolle Maßnahmen zur Bekämpfung
Gesetz zur Verankerung einer Schuldenbremse in der Landesverfas-       der Krise eingesetzt worden wären (warum das nicht so war, siehe
sung. Bei der erforderlichen Volksabstimmung am 27. März 2011          rechts), hat Schwarz-Grün der Schuldenbremse irreparablen Scha-
stimmten rund 70 Prozent der Wahlberechtigten dafür. Der BdSt          den zugefügt. Ohne die Notwendigkeit einer breiten parlamentari-
Hessen hatte im Vorfeld der Abstimmung offensiv für ein „Ja“ ge-       schen Mehrheit wird sich vermutlich später leicht ein Grund fin-
trommelt. Zwei Jahre später beschlossen CDU und FDP dann auch          den, zusätzliche Schulden aufzunehmen. Hessen hat nicht weniger
ein Ausführungsgesetz zur Konkretisierung der Schuldenbremse,          als einen Tabubruch erlebt, einen Anschlag auf die Schuldenbrem-
das aus der Feder des BdSt Hessen hätte stammen können: Festge-        se. Er könnte die Steuerzahler teuer zu stehen kommen.

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2020 Geschäftsbericht - Im Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger - Bund der Steuerzahler Hessen eV
Öffentliche Finanzen

Zügige Wahlrechtsreform für XXL-Landtag eingefordert
                                                            Der Hessische Landtag ist seit der Land-       wurde deutlich, dass sich die Fraktionen al-
                                                            tagswahl 2018 mit 137 Abgeordneten so          leine nicht einigen können. Daher schlug
                                                            groß und damit auch so teuer wie noch nie.     der BdSt Hessen eine Experten-Anhörung
                                                            Wiederholt hat der BdSt Hessen die Parla-      vor, die nach Wegen sucht, um die Zahl der
                                                            mentarier aufgefordert, fraktionsübergrei-     Abgeordneten wieder auf 110 zu reduzie-
                                                            fend und gemeinsam mit Experten nach           ren. Gemeinsam mit Sachverständigen soll-
                                                            Wegen für eine Wahlrechtsreform zu su-         te darüber hinaus ergründet werden, wie
                                                            chen. Seit der Landtags-Aufblähung sind        der Einfluss der Bürgerinnen und Bürger
                                                            rund zwei Jahre vergangen, in denen nur        auf die Zusammensetzung des Parlaments
                                                            wenig passiert ist, um diesen Zustand bei      erhöht werden kann. Dabei sollten auch die
                                                            der nächsten Wahl wieder zu beenden.           Erfahrungen mit den Landtags-Wahlrech-
                                                            Selbst als im Herbst endlich über zwei Ge-     ten in Bayern und Baden-Württemberg aus-
                        Hessischer Landtag, Kanzlei, 2019
                                                            setzentwürfe zum Thema debattiert wurde,       gewertet werden.

Diäten-Nullrunde war doppelt wichtiges Signal
Als die Corona-Pandemie Fahrt aufnahm,                      len Bürgern und Betrieben, die um ihre Exis-   batte nicht beseitigt, sondern lediglich für
und absehbar war, dass zur Abfederung der                   tenz kämpften. Andererseits war der Ver-       ein Jahr unterbrochen. Natürlich müssen
Schäden Milliarden benötigt werden, kam                     zicht auch ein Fanal für Sparsamkeit und       Abgeordnete für ihre Arbeit gut und ange-
die Politik auch um eine unangenehme Dis-                   Bescheidenheit angesichts der zunehmend        messen entschädigt werden. Da sie aber
kussion in eigener Sache nicht herum: Die                   angespannten Haushaltssituation des Lan-
Höhe der Diäten der Landtagsabgeordne-                      des. In dieser Lage wäre es der Bevölkerung
ten, die jährlich automatisch an die Ein-                   nicht zu vermitteln gewesen, wenn die Ab-
kommensentwicklung in Hessen angepasst                      geordneten bei den mittelfristig notwendi-
werden. Nach anfänglichem Zieren der Be-                    gen Konsolidierungsbemühungen bei sich
troffenen sorgten gesellschaftlicher Druck                  selbst eine Ausnahme gemacht hätten.
(unter anderem vom BdSt Hessen) und das
Vorbild des Bundestags schließlich doch                     Automatismus-System reformbedürftig
noch für ein doppelt wichtiges Signal.                      Leider wollten die Fraktionen von CDU,
                                                            Bündnis90/Die Grünen, SPD und FDP mit
Zeichen der Solidarität und Bescheidenheit                  ihrem gemeinsam eingebrachten Gesetz-
Nachdem der Bundestag mit gutem Bei-                        entwurf aber grundsätzlich am bestehen-                     Hessischer Landtag, Kanzlei - H. Heibel, 2009
spiel vorangegangen war, zog auch der Hes-                  den System der automatischen Anpassung
sische Landtag Anfang Mai nach und ver-                     ohne Debatte festhalten. Die ermittelte Er-    selbst über die Höhe ihrer Diäten befinden,
zichtete auf die automatische Diätenan-                     höhung von 2,3 Prozent wird zwar bis Mitte     sollten sie auch jede Erhöhung öffentlich
passung 2020. Damit sendeten die                            2021 ausgesetzt, soll mit der nächsten Diä-    im Plenum begründen. Die mitten in einer
Parlamentarier aus Sicht des BdSt Hessen                    tenanpassung aber verrechnet werden. Da-       der massivsten Krisen des Landes ursprüng-
gleich zwei wichtige Signale: Einerseits ein                mit wird der bestehende Automatismus           lich vorgesehene Anhebung hat gezeigt,
kleines Zeichen der Solidarität mit den vie-                ohne Begründung in einer Parlamentsde-         wie absurd die Automatismus-Regelung ist.

Wenn schon Sondervermögen, dann nur für Corona!
Ende 2020 reklamierte der BdSt Hessen an-                   dem Sondervermögen auch Projekte, bei          volkswirtschaftlich oder politisch sinnvoll
gesichts der Verabschiedung von Hilfspake-                  denen der behauptete Bezug zur Corona-         sein mögen, jedoch keinen unmittelbaren
ten aus dem Sondervermögen des Landes                       Pandemie ziemlich konstruiert wirkt. Ein       Bezug zu Corona haben, wie z.B. die energe-
eine zielgerichtete und Corona-bezogene                     Beispield dafür sind 200 Millionen Euro für    tische Ertüchtigung in den Forsthäusern
Verwendung der Mittel. Die Politik müsse                    die mehrheitlich landeseigenen Unterneh-       von HessenForst oder die Finanzierung
der Versuchung widerstehen, Projekte un-                    mensgruppe Nassauische Heimstätte /            mehrerer Digitalisierungsvorhaben. Teilwei-
ter dem Deckmantel von Corona zu realisie-                  Wohnstadt (NHW), die damit ihren Woh-          se hätten die Pandemie und die daraus re-
ren, die man immer schon umsetzen woll-                     nungsbestand energetisch sanieren soll. In     sultierenden Herausforderungen die bishe-
te, für die man bisher aber nicht die Mittel                den Hilfspaketen aus dem Sondervermögen        rigen Defizite lediglich offengelegt, aber
hatte. Leider finanzierte Schwarz-Grün aus                  finden sich noch weitere Projekte, die zwar    nicht verursacht.

Geschäftsbericht 2020                                                                                                                                                   7
2020 Geschäftsbericht - Im Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger - Bund der Steuerzahler Hessen eV
Öffentliche Finanzen

Kommunen zur Steuerstundung aufgerufen
BdSt Hessen setzte sich für Gewerbetreibende ein
Zu Beginn des ersten Lockdowns im März                                                          Etliche Kommunen stundeten auch Mieten
bat der BdSt Hessen die hessischen Städte                                                       In anderen Kommunen wurde darüber hin-
und Gemeinden in einem offenen Brief dar-                                                       aus auf die Möglichkeit hingewiesen, die
um, ihre Gewerbetreibenden vor Ort durch                                                        Gewerbesteuervorauszahlung auf Antrag
Stundungen von Steuerzahlungen zu un-                                                           beim Finanzamt zu reduzieren. Und nicht
terstützen. Der Tenor lautete, es müsse ge-                                                     wenige Städte und Gemeinden sind gleich-
meinsames Ziel sein, Insolvenzen zu ver-                                                        zeitig auch Vermieter, zum Beispiel von Ge-
meiden und Arbeitsplätze zu sichern. Insbe-                                                     werbeimmobilien, Büroräumen oder Läden.
sondere vor dem Hintergrund der                                                                 Auch hier haben sich viele kulant gezeigt
angelaufenen Soforthilfen wäre es absurd                                                        und durch Stundungen von Mietzahlungen
gewesen, den Gewerbetreibenden aus              Positive Rückmeldungen und Umsetzung            ihren Gewerbetreibenden vor Ort unter die
Steuermitteln Zuschüsse für den laufenden       Von den Kommunen kamen auf den Aufruf           Arme gegriffen.
Geschäftsbetrieb zukommen zu lassen, die        zahlreiche zustimmende Rückmeldungen.
Liquidität auf der anderen Seite aber durch     Einige legten dar, dass sie von ihrem Ermes-    Kommunen oft besonnene Krisenmanager
Steuerzahlungen an die Kommunen wieder          senspielraum Gebrauch machen und auf            Den Städten und Gemeinden kommt gera-
zu gefährden.                                   Antrag Stundungen gewähren. Darüber hi-         de in Krisensituationen eine besondere Rol-
                                                naus gab es einige Städte und Gemeinden,        le zu. Viele der von Bund und Ländern be-
Gewerbe- und Grundsteuern im Fokus              die nicht darauf warteten, dass sich Unter-     schlossenen Maßnahmen zur Eindämmung
Betroffen waren vor allem Gewerbesteuer-        nehmen mit einem Antrag auf Stundung            der Corona-Pandemie werden auf kommu-
vorauszahlungen und Grundsteuern, die           an sie wenden. Vielmehr haben sie ihre Ge-      naler Ebene überwacht oder umgesetzt, in-
zum Stichtag 15. Mai fällig wurden, aber        werbetreibenden vor Ort zum Beispiel            dem sie wichtige Funktionen des öffentli-
auch laufende Mahn- und Vollstreckungs-         durch eine Pressemitteilung oder einen Ver-     chen Lebens aufrechterhalten: Gesund-
verfahren. Im Zuge der Schließung von Ge-       merk auf ihrer Webseite auf die Möglich-        heitsämter, die Organisation von
schäften und Dienstleistungen hatte sich        keit hingewiesen. Eine Kommune wurde            Notbetreuungen für Kinder und die hygie-
vor allem ein Liquiditätsengpass auch bei       durch das Anschreiben des BdSt Hessen           netechnischen Voraussetzungen für die
bis dato gesunden Unternehmen abge-             wohl dermaßen inspiriert, dass sie darauf-      schrittweise Öffnung der Schulen. Der BdSt
zeichnet. Auf diese Entwicklung und die         hin eine fast wortgleiche Pressemitteilung      Hessen ist stets ein kritischer Begleiter der
Möglichkeit einer unbürokratischen Stun-        verschickte. Als besonders positives Beispiel   Kommunen und tritt ihnen nur allzu oft
dung kommunaler Steuern, wie Gewerbe-           kann die Stadt Babenhausen aus dem Land-        auch auf die Füße, wenn er Fehlentwicklun-
oder auch Grundsteuer, hat der hessische        kreis Darmstadt-Dieburg genannt werden.         gen beobachtet. Doch in der besonders
Steuerzahlerbund die 422 Städte und Ge-         Für jeden Besucher der Stadt-Website            schwierigen ersten Pandemie-Welle leiste-
meinden im Land hingewiesen. Die Kom-           „poppte“ gleich ein Fenster auf, in dem         ten viele hessische Städte und Gemeinden
munen können diese Stundung auf Antrag          nicht nur auf die Möglichkeit zur Stundung      hervorragende Arbeit und wurden ihrer Ver-
in ihrem Ermessensspielraum ohne formel-        hingewiesen wurde. Der Hinweis enthielt         antwortung als besonnene Krisenmanager
len Beschluss des Gemeindevorstands oder        auch gleich einen Link zum richtigen For-       gerecht. Dafür sprach ihnen der BdSt Hes-
des Gemeindeparlaments gewähren.                mular.                                          sen seinen Dank aus.

Corona-Folgen für Gewerbesteuereinnahmen untersucht
Im Juni veröffentlichte der BdSt Hessen         Gewerbesteuerausfälle ein Großteil weg-         Faktoren berücksichtigt. Dies könnte dazu
eine Umfrage unter den hessischen Städ-         fallen würde. Den im Spätsommer be-             führen, dass Kommunen eine Kompensati-
ten mit mehr als 20.000 Einwohnern, wo-         schlossenen Verteilungsmechanismus sah          on erhalten, obwohl gar kein Gewerbesteu-
nach 60 Prozent von ihnen mit Gewerbe-          der BdSt Hessen jedoch kritisch: Laut die-      erausfall vorliegt. Andere könnten weniger
steuerausfällen von mindestens 25 Prozent                                                       erhalten als sie an Ausfall zu verkraften ha-
rechneten.                                                                                      ben. Nach Ansicht des BdSt Hessen zeigen
                                                                                                die Ausfälle in der Corona-Pandemie ein-
Vor diesem Hintergrund begrüßte der BdSt                                                        mal mehr, wie anfällig die Gewerbesteuer
Hessen die Pläne von Bundes- und Landes-                                                        ist. Sie sollte durch kommunale Zuschlags-
regierung, dieses Minus auszugleichen.                                                          rechte auf die Einkommen- und die Körper-
Schließlich sind die Kommunen für zwei                                                          schaftsteuer sowie durch einen erhöhten
Drittel der staatlichen Investitionen verant-   sem werden neben den tatsächlichen Steu-        Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer er-
wortlich, wovon ohne Kompensation der           erausfällen auch vergangenheitsbezogene         setzt werden.

8                                                                                                                         Geschäftsbericht 2020
2020 Geschäftsbericht - Im Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger - Bund der Steuerzahler Hessen eV
Öffentliche Finanzen

                                      Bad Karlshafen ist hes-
                                      senweiter Spitzenreiter
                                      bei der Grundsteuer A.

Detaillierte Kommunalsteuer-Analyse 2020
Knappes Viertel drehte an Steuerschraube
Auch 2020 analysierte der BdSt Hessen wieder die kommunale               schaftlich genutzte Flächen wurde von 58 Kommunen erhöht.
Steuerpolitik. Mittels einer Umfrage unter allen 422 hessischen          Auch hier gab es die größte Steigerung mit 390 Punkten auf 950
Städten und Gemeinden wurden Veränderungen erfasst und an-               Prozent in Ringgau. Damit lag die Gemeinde knapp hinter Bad
schließend alle Steuersätze in kreis- und landesweiten Vergleichen       Karlshafen (951) und gemeinsam mit Bad Emstal (950, beide Land-
veröffentlicht. 96 Städte und Gemeinden erhöhten 2020 mindes-            kreis Kassel) mit großem Abstand an der Spitze in Hessen. Immer-
tens eine der Grundsteuern oder die Gewerbesteuer. Das ent-              hin fünf Kommunen senkten 2020 ihre Hebesätze, die stärkste
spricht einem Anteil von fast einem Viertel. Dabei wurden die            Entlastung war auch hierbei in Allendorf/Lumda mit 120 Punkten
meisten Haushalte noch vor der Corona-Pandemie verabschiedet,            zu spüren. Mit Eppertshausen (Darmstadt-Dieburg), Königstein
die die Kommunalfinanzen erheblich belasten wird.                        (Hochtaunus), Neu-Isenburg (Landkreis Offenbach) und Schwal-
                                                                         bach (Main-Taunus) verzichteten weiterhin vier Rhein-Main-Kom-
Hessenweit wurde 84 Mal die Grundsteuer B gesteigert                     munen vollständig auf die Erhebung der Grundsteuer A. Insgesamt
Die Grundsteuer B, die sowohl Mieter als auch Eigentümer trifft,         erhöhten 20 Kommunen den Hebesatz um 100 und mehr Prozent-
war auch 2020 erneut die Nummer 1 aller kommunalen Steuer-               punkte. 2020 lagen 29 Kommunen über der 600-Prozent-Grenze.
schrauben. Insgesamt 84 Städte und Gemeinden und damit jede              Der Landesdurchschnitt stieg um zehn Punkte auf 418 Prozent.
fünfte Kommune haben eine Anhebung beschlossen. Dadurch klet-
terte der durchschnittliche Hebesatz von 460 auf 475 Prozent. Die        Reinhardshagen blieb Gewerbesteuer-Spitzenreiter
kräftigste zusätzliche Steuerbelastung mussten die Bürger in Ring-       Die Gewerbesteuer zählt zu den wichtigsten Steuerarten der Städ-
gau (Werra-Meißner-Kreis) verkraften, wo der Hebesatz um 400             te und Gemeinden, in einigen ist sie die wesentliche Einnahme-
Punkte erhöht wurde. Nur neun Kommunen senkten die Belastung,            quelle. Insgesamt 54 hessische Kommunen beschlossen 2020 eine
die größte Entlastung spürten die Bürger in Allendorf/Lumda (-120,       Anhebung. Die kräftigste Steigerung gab es in Schwalmtal (Vogels-
Landkreis Gießen). Die Spannweite der Hebesätze reichte von 140          bergkreis) mit 100 Punkten. Nur Allendorf/Lumda (-20) und Lan-
Prozent in Eschborn (Main-Taunus-Kreis) bis 1.050 Prozent in Lau-        genselbold (-10, Main-Kinzig-Kreis) senkten ihre Belastung. Lan-
                              600                           1200
tertal im200                                     1000riefen 53
          Odenwald (Landkreis Bergstraße). Insgesamt                     desweiter Spitzenreiter beim Gewerbesteuerhebesatz blieb Rein-
0                   400                 800
Kommunen einen Hebesatz auf, der über 600 Prozent liegt. 2019            hardshagen (Landkreis Kassel) mit 550 Prozent. Am geringsten
waren es noch 41.                                                        wurden die Gewerbesteuerzahler mit 300 Prozent in Gründau
                                                                         (Main-Kinzig-Kreis) belastet. Der durchschnittliche Hebesatz im
Lautertal (Odenwald)                                            1050 %
                                                                         Land betrug 387 Prozent, das sind zwei Punkte mehr als im Vorjahr.
Offenbach                                                  995 %
                                                                         53 Mal Straßenbeiträge abgeschafft
Nauheim                                                  960 %
                                                                         Weiter diskutiert wurde auch 2020
Ringgau                                          +400    960 %           wieder das Thema Straßenbeiträge.
                                                                         Deshalb hat der BdSt Hessen auch in
                                                                                                                               147
                                                                                                                                                2
∅ Durchschnitt          +15   475 %
                                                                         dieser Sache bei den Kommunen
Biebergemünd 220 %

Gründau      200 %

Eschborn 140 %
                                                                         nachgefragt (siehe Diagramm). Im-
                                                                         mer mehr Kommunen verzichteten
                                                                         auf Straßenbeiträge (siehe Tortendia-
                                                                                                                               45           2 3
                                                                         gramm): 2020 haben weitere 53
Die höchsten und niedrigsten Grundsteuer B-Hebesätze 2020 in Hessen.     Städte und Gemeinden die umstrit-
                                                                                                                                keine            einmalige
                                                                         tene Abgabe abgeschafft.
29 Kommunen knacken bei Grundsteuer A die 600-Prozent-Marke                                                                     wiederkehrende
Die weniger ertragreiche Grundsteuer A für land- und forstwirt-          Mehr Details gibt es auf www.steuerzahler-hessen.de

Geschäftsbericht 2020                                                                                                                                        9
2020 Geschäftsbericht - Im Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger - Bund der Steuerzahler Hessen eV
Öffentliche Finanzen

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Wie geht es in den Kommunen weiter?
BdSt Hessen begleitete die kommunalen Herausforderungen in der Corona-Krise
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie            2. Konsolidierungserfolge nicht gefährden!      stützung der Städte und Gemeinden. Auch
auf die Finanzen der öffentlichen Hand          Die Erfolge bei Entschuldung und Konsoli-       wenn die Ausgestaltung aus Sicht des Steu-
wurden im Laufe des Jahres immer spürba-        dierung der Städte und Gemeinden durch          erzahlerbunds nicht optimal war, war es
rer. Bund, Länder und Kommunen hatten           die Landesprogramme „Schutzschirm“ und          richtig, dass Bund und Länder den Ausfall
mit Einnahmeausfällen auf der einen und         „Hessenkasse“ in den vergangenen Jahren         der Gewerbesteuer für 2020 kompensiert
steigenden Kosten zur Bekämpfung der            sollten nicht gefährdet werden. So konnten      haben (siehe Seite 8). Folgerichtig wird das
Pandemie auf der anderen Seite zu kämp-         100 Schutzschirmkommunen mit Hilfe des          Land Hessen durch zusätzliche Gelder die
fen. Der BdSt Hessen begleitete diese Ent-      Landes ihre Investitionsschulden massiv zu-     Zuweisungen der Städte und Gemeinden
wicklung und die öffentliche Diskussion kri-    rückfahren und von der Zinslast befreit         aus dem Kommunalen Finanzausgleich
tisch-konstruktiv. Unter anderem schaltete      werden. Durch die „Hessenkasse“ wurden          (KFA) in den Jahren bis 2024 stabilisieren
sich der Verein mit Positionspapieren, Pres-    darüber hinaus die Liquiditätskredite deut-     und moderat anwachsen lassen. Dies er-
semitteilungen und Video-Statements in          lich reduziert. Unter anderem diese Erfolge     möglicht den Kommunen Planungssicher-
die Diskussion ein. Für die Herausforderung     haben die Städte und Gemeinden in die           heit und Investitionstätigkeit. Auch die Be-
der Kommunen, ihre Haushalte unter              Lage versetzt, der Pandemie mit gesünde-        reitstellung weiterer Mittel zur Unterstüt-
schwierigen Bedingungen aufzustellen, gab       ren Finanzen besser begegnen zu können.         zung der kommunalen Investitionen in
der BdSt Hessen konkrete Hinweise.              Diese Errungenschaften dürfen in der Coro-      KiTas oder die Kompensation der Ausfälle
                                                na-Krise nicht durch erneute, übermäßige        bei Betreuungsgebühren während der
1. Steuererhöhungen in der Krise sind Gift!     Verschuldung und Liquiditätskredite nach-       Schließungen gehen in die richtige Rich-
Die Folgen der Pandemie dürfen nicht            haltig zunichtegemacht werden.                  tung. Und schließlich unterstützt der BdSt
durch Kommunalsteuererhöhungen einsei-                                                          Hessen die Vorgabe des Landes, dass Städte
tig bei den Bürgerinnen und Bürgern abge-       3. Investitionen fortführen!                    und Gemeinden für den Ausgleich der
laden werden. Bund und Länder nehmen            Die Kommunen sollten ihre Rolle als wich-       Haushalte in den kommenden Jahren nicht
enorme Summen in die Hand, um die wirt-         tigste Träger öffentlicher Investitionen wei-   nur auf die ordentlichen, sondern auch auf
schaftlichen Auswirkungen der Pandemie          ter wahrnehmen. Kommunale Investitio-           die außerordentlichen Rücklagen zurück-
abzumildern. Eine Erhöhung der Gewerbe-         nen beispielsweise in Infrastruktur, Straßen,   greifen können. Zurückgelegte Mittel sollen
steuer würde die ohnehin leidenden Unter-       Bildung und Betreuung, Digitalisierung so-      in der Krise Handlungsfähigkeit ermögli-
nehmen in dieser Situation hart treffen, zu-    wie energetische Sanierung sind wichtig für     chen. Deshalb müssen diese Rücklagen ge-
mal die Gewerbesteuer eben nicht nur auf        die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit          nutzt werden, bevor Schulden aufgenom-
Gewinne erhoben wird, sondern auch Ge-          des Standorts Deutschland. Zudem sind           men oder die Steuerbelastung erhöht wird.
werbetreibende mit Verlusten treffen kann.      diese Investitionen ein wichtiger Stabilisie-
Und die Grundsteuer B müssen nicht allein       rungsfaktor für die angeschlagene Konjunk-      Wege raus aus dem Krisenmodus finden
Eigenheimbesitzer zahlen, denn über die         tur und sichern Arbeitsplätze.                  Mittelfristig muss die öffentliche Hand, also
Nebenkosten belastet sie auch Mieter –                                                          auch die Städte und Gemeinden, wieder
und das in Zeiten wirtschaftlicher Unsicher-    Land und Bund wirken unterstützend              aus dem Krisenmodus herauskommen.
heit und Angst um den Arbeitsplatz. Höhe-       Vor dem Hintergrund der genannten               Dann gilt es Schulden zu tilgen, Wün-
re Steuern konterkarieren damit nicht nur       Grundsätze begrüßte der BdSt Hessen die         schenswertes in Frage zu stellen, um die ei-
die Anstrengungen von Bund und Ländern,         vom Land bisher getroffenen oder mit den        genen Finanzen wieder auf gesunde Füße
sie verschärfen in dieser Situation die wirt-   kommunalen Spitzenverbänden vereinbar-          zu stellen und für neue Krisen bzw. Heraus-
schaftliche Unsicherheit vieler Menschen.       ten Maßnahmen zur finanziellen Unter-           forderungen vorzusorgen.

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2020 Geschäftsbericht - Im Einsatz für die Bürgerinnen und Bürger - Bund der Steuerzahler Hessen eV
Öffentliche Finanzen

Grundsteuerreform darf nicht zu Mehrbelastung führen
Boddenbergs „Hessen-Modell“ ist ein richtiger Ansatz mit Schönheitsfehler
Im Mai stellte Finanzminister Michael Boddenberg sein sogenann-        Umlage der Grundsteuer B in den Nebenkosten alle Menschen be-
tes Hessen-Modell für die Grundsteuer vor. Der BdSt Hessen be-         troffen sind – auch Mieterinnen und Mieter. Eine steigende Steuer-
grüßte, dass sich das Land dabei am Flächenmodell orientieren          belastung wird somit das Wohnen zusätzlich verteuern und damit
will, kritisierte allerdings die Einführung einer Grundsteuer C. Be-   entgegengesetzte Anstrengungen der Politik konterkarieren.
kanntermaßen muss die Grundsteuer aufgrund eines Urteils des
Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahr 2018 neu gere-         Hessische Variante ist besser als das Bundesmodell
gelt werden. Nach Ansicht der Karlsruher Richter ist die bisherige     Das geplante hessische Flächen-Faktor-Verfahren hat unbestritten
Erhebung der Grundsteuern auf Basis der Einheitswerte – in West-       Vorteile gegenüber dem Bundesmodell. So verzichtet es zur Be-
deutschland immerhin aus dem Jahr 1964 – nicht verfassungsge-          rechnung im Vergleich zum Bundesmodell auf einige Parameter.
mäß. Die Neuregelung muss demnach spätestens zum Jahr 2025             Die Differenzierung innerhalb einer Kommune über die Bodenricht-
angewendet werden.                                                     wertzonen in „einfache“ und „gute“ Lagen soll aus Sicht der Lan-
                                                                       desregierung mehr „Gerechtigkeit“ bringen. Aber Vorsicht: Diese
Vier Aspekte entscheidend                                              vermeintliche „Gerechtigkeit“ trifft eben nicht nur die adressierten
Aus Sicht des hessischen Steuerzahlerbunds kommt es bei der Neu-       Villenbesitzer, sondern darüber hinaus ebenso alle Mieterinnen
regelung auf folgende Aspekte an: Erstens darf die Neuregelung         und Mieter der betroffenen Zonen. Zudem kann es durch diese Dif-
nicht zu einer höheren Steuerbelastung für Bürger und Betriebe         ferenzierung und den Bezug auf den durchschnittlichen Wert der
führen, sie muss maßvoll bleiben. Zweitens muss die Methode zur        Kommune zu automatischen Steuererhöhungen kommen. Wenn
Berechnung der Steuer einfach, transparent und nachvollziehbar         der Bodenrichtwert einer Zone im Verhältnis zum Durchschnitt
sein. Drittens muss der Aufwand zur Erstbewertung für die Finanz-      steigt, wird eine automatische Steuererhöhung fällig. Aber auch
verwaltung, die Städte und die Gemeinden überschaubar bleiben.         wenn die Bodenrichtwerte anderer Zonen sinken und dadurch der
Viertens ist die Grundsteuer eine wichtige Einnahmequelle der          Durchschnitt ebenfalls nach unten korrigiert werden muss, hat
Kommunen. Die Städte und Gemeinden brauchen daher eine ver-            dies eine höhere Steuer zur Folge, obwohl der Bodenrichtwert in
lässliche Planbarkeit der Grundsteuer.                                 der eigenen Zone unverändert geblieben ist. Auch das geplante Flä-
                                                                       chenmodell in Bayern sieht im Übrigen die Möglichkeit für eine sol-
Öffnungsklausel statt Bundesmodell                                     che Differenzierung vor. Danach können Städte und Gemeinden für
Vor diesem Hintergrund lehnt der BdSt die seitens des Bundes be-       unterschiedliche Lagen ihrer Kommune unterschiedliche Hebesät-
schlossene Neuregelung wegen ihrer bürokratischen und kompli-          ze beschließen. Im Gegensatz zu Hessen ist dafür jedoch ein Be-
zierten Ausgestaltung ab. Der BdSt Hessen hat mit Erleichterung        schluss des Parlaments, also eine explizite Willensbekundung der
zur Kenntnis genommen, dass die hessische Landesregierung bei          Politik vor Ort, erforderlich. Demnach ist dies für die Städte und
der Grundsteuer B von der Öffnungsklausel Gebrauch macht und           Gemeinden optional und nicht zwingend. Darüber hinaus sind au-
mit dem Flächen-Faktor-Verfahren ein eigenes Modell auf den Weg        tomatische Steuererhöhungen aufgrund differenzierter Boden-
gebracht hat.                                                          richtwertentwicklungen ausgeschlossen.

Versteckte Steuererhöhung verhindern!                                  Grundsteuer C ist überflüssig!
Der BdSt hatte seit Beginn der Diskussion darauf gedrängt, dass die    Außerdem appelliert der BdSt Hessen an die hessische Politik, auf
Reform der Grundsteuer nicht zu einer versteckten Steuererhö-          die Einführung der geplanten Grundsteuer C auf unbebaute
hung führen darf. Dabei kann es zu leichten Verschiebungen inner-      Grundstücke zu verzichten. Der Verein bezweifelt, dass mit einer
halb einer Kommune kommen, mit Gewinnern und Verlierern, un-           solchen Steuer das erhoffte Ziel – Schaffung von mehr Wohnraum
ter dem Strich sollte eine Kommune die Steuerbelastung gleich          und weniger brachliegende Grundstücke mit Baurecht – erreicht
halten. Daher begrüßt der Verein die Pläne des Landes, vor der Ein-    werden kann. Der Grundsteuer C liegt die irrige Annahme aus Tei-
führung für jede Kommune aufkommensneutrale Hebesätze zu               len der Politik zugrunde, wonach sich alle Probleme mit einer Steu-
berechnen und fordert die Städte und Gemeinden auch in dieser          er lösen lassen. Für zusätzlichen Wohnraum braucht es aber vor al-
für die kommunalen Finanzen herausfordernden Zeit auf, dem zu          lem Entbürokratisierung, schnellere Genehmigungsverfahren und
folgen. In Summe ist dabei vor allem zu bedenken, dass über die        Entscheidungsprozesse statt neuer, zusätzlicher Steuern.

Geschäftsbericht 2020                                                                                                                   11
Öffentliche Finanzen

Energisch vor Hanauer Kreisfreiheitsplänen gewarnt
                                                Hanau will den Main-Kinzig-Kreis verlassen         Schwarzbuch-Rubrik ‚Verschwendung
                                                und läuft damit allgegenwärtigen Bestre-           droht‘ ist quasi die gelbe Karte. Der Verein
                                                bungen zu mehr interkommunaler Koope-              will damit auf Vorgänge hinweisen, bei de-
                                                ration diametral entgegen. Schließlich dro-        nen Steuergeld durch konsequentes, spar-
                                                hen am Ende Doppelstrukturen und Mehr-             sames Handeln noch gerettet werden kann.
                                                kosten. Davon irritiert stellte der BdSt           Genau das ist in Hanau gefragt. Eine Aus-
                                                Hessen Anfragen, recherchierte und schal-          gliederung Hanaus aus dem Main-Kinzig-
                                                tete sich aktiv in die Debatte ein, u.a. bei ei-   Kreis würde vielleicht das Selbstwertgefühl
                                                ner Landtags-Anhörung im Februar 2020.             der Brüder-Grimm-Stadt steigern, sie könn-
                                                Weil die Verantwortlichen aber weiter an           te die Steuerzahler aber teuer zu stehen
                                                den Plänen festhielten, verkündete der BdSt        kommen. Im Herbst wurde aus dem Ver-
                                                Hessen schließlich, dass er den „Huxit“ nun        dachts- dann ein tatsächlicher Schwarz-
                                                als Schwarzbuch-Verdachtsfall einstuft. Die        buch-Fall (siehe S. 20).

Welthundetag: Abschaffung der Hundesteuer gefordert
Anlässlich des Welthundetags am 10. Okto-       munalsteuerumfrage des BdSt Hessen zeigt           fressen werden. Auch Kontrollgänge zur
ber erneuerte der BdSt Hessen seine Forde-      eine breite Spanne bei der Belastung in den        Identifizierung unangemeldeter Hunde
rung nach Abschaffung der Hundesteuer.          einzelnen Kommunen. Während Bad Karls-             sieht der BdSt kritisch. Die daraus resultie-
Diese ist willkürlich, zudem stehen Auf-        hafen (Kreis Kassel) und Wiesbaden mit je-         renden Neuanmeldungen und Steuerein-
wand und Ertrag bei der Erhebung dieser         weils 180 Euro für den ersten Hund die             nahmen rechtfertigen nicht den Aufwand,
Bagatellsteuer in keinem Verhältnis. Ur-        höchsten Sätze fordern, liegt die Belastung        z.B. die Kosten für externe Dienstleister, die
sprünglich wurde die Hundesteuer mal als        mit 24 Euro in Gründau (Main-Kinzig-Kreis)         diese Kontrollen durchführen. Die Kommu-
Luxussteuer eingeführt. Ein Hund ist aber       und je 30 Euro in Ottrau (Schwalm-Eder-            nen sollten sich auf die wirklichen Aufga-
längst kein Luxus mehr, sondern ein Famili-     Kreis) sowie Breitenbach am Herzberg (Kreis        ben und Herausforderungen konzentrieren.
enmitglied und wichtiger sozialer Halt. Die     Hersfeld-Rotenburg) am geringsten. Durch-          Die Hundesteuer und ihre Verwaltung bin-
Besitzer dafür zur Kasse zu bitten, ist frag-   schnittlich forderten die hessischen Städte        det unnötig Personal und Energie, die dann
würdig und muss ein Ende haben!                 und Gemeinden 2020 rund 65 Euro.                   an anderer Stelle fehlen. Ein immer wieder
                                                                                                   genanntes Argument lässt der Verband
Willkürliche und ungerechte Belastung           Aufwand hoch, Ertrag gering                        überdies nicht gelten: Durch die Erhebung
Die Hundesteuer ist ungerecht, denn mit         Aus Sicht des BdSt Hessen ist das Aufkom-          einer Hundesteuer werden nicht mehr
den gleichen Argumenten könnte man              men der Hundesteuer als Bagatellsteuer ge-         Hundekothaufen entfernt oder mehr Hun-
auch eine Abgabe auf Katzen oder gar Wel-       ring und der Aufwand zur Erhebung nicht            destationen aufgestellt. Die Steuer ist nicht
lensittiche begründen. Ähnlich willkürlich      verhältnismäßig. So konnten einzelne Kom-          zweckgebunden. Ein modernes und trans-
ist die Höhe der Hundesteuer, denn die öf-      munen in den letzten Jahren nicht einmal           parentes Steuersystem sollte sich auf einige
fentliche Hand schlägt in Hessen für den        5.000 Euro aus der Hundesteuer einneh-             wenige, ertragreiche Steuern konzentrieren
ersten Hund des Haushalts mit bis zu 180        men. Bei einem solch geringen Aufkommen            und sich nicht mit Bagatellsteuern verzet-
Euro zu, für den zweiten und dritten wird es    könnte es durchaus sein, dass die Einnah-          teln. Daher fordert der BdSt Hessen, auf die
noch teurer, von sogenannten „Kampfhun-         men durch Erhebung, Abrechnung und Ver-            Erhebung der Hundesteuer und anderer Ba-
den“ ganz zu schweigen. Die jährliche Kom-      waltung der Hundesteuer mehr als aufge-            gatellsteuern zu verzichten.

Kritik an Frankfurter ÖPNV-Aktion mitten in der Pandemie
Kurz bevor Mitte Dezember viele Geschäfte                                                          Sicht des Verbands ist zwar nachvollzieh-
wegen des Lockdowns schließen mussten,                                                             bar, dass Kommunen etwas zur Stärkung
rief Frankfurts Oberbürgermeister Peter                                                            ihrer gebeutelten Innenstädte unterneh-
Feldmann dazu auf, am dritten Advents-                                                             men. Doch wenn Menschen mit subventio-
samstag den ÖPNV in der Stadt mit einem                                                            nierten Fahrscheinen in volle Bahnen und
günstigeren Kinderticket statt eines Einzel-                                                       Einkaufsstraßen gelockt werden, erhöht
fahrscheins für Erwachsene zu nutzen. Das                                                          das die Ansteckungsgefahr. Zusätzliche In-
stieß angesichts der Corona-Lage auf mas-       auch der BdSt Hessen ein und forderte die          fektionen können die Krise verlängern und
sive Kritik. In die Debatte schaltete sich      Offenlegung der angefallenen Kosten. Aus           die Kosten für alle erhöhen.

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Öffentliche Finanzen

Rekord-Hebesätze in Lorch gemeinsam verhindert
Der unermüdliche Einsatz des BdSt Hessen        guten Weg, ihre Finanzen auf gesunde
im Frühsommer hatte sich gelohnt: Die ge-       Füße zu stellen. Als Schutzschirmkommune
planten Erhöhungen der Grundsteuern A           hatte sie mit Hilfe des Landes ihre Schulden
und B in Lorch wurden verhindert! Im Haus-      deutlich reduziert. Aufgrund zu optimis-
haltsentwurf, den der Magistrat der Stadt-      tisch angesetzter Steuereinnahmen und
verordnetenversammlung im Mai vorgelegt         fehlender Ausgabendisziplin gerieten die
hatte, waren noch massive Steigerungen          Finanzen ab 2018 jedoch in Schieflage.
von 350 auf 785 Punkte bei der Grundsteu-       Durch die geplante Erhöhung der Grund-
er A und von 685 auf 1.285 Prozent bei der      steuern sollte die Last offenbar einseitig bei
Grundsteuer B vorgesehen. Der BdSt Hes-         den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern
sen trug dazu bei, dass es zumindest im         abgeladen werden.                                Referent Jochen Kilp war mehrfach vor Ort in Lorch.
Jahr 2020 nicht so kam.
                                                Mitglieder informierten BdSt Hessen              Magistrat und den Fraktionen. Eine Online-
Lorch wäre in Spitzengruppe vorgestoßen         Doch die Pläne blieben nicht unentdeckt:         Petition wurde gestartet, die in etwa von
Mit den ursprünglich geplanten Hebesät-         Mitglieder des BdSt Hessen machten auf           jedem dritten Haushalt in Lorch unterstützt
zen hätte sich die beschauliche Mittelrhein-    die Vorgänge aufmerksam und baten den            und im Rahmen einer kleinen Demonstrati-
Stadt bei der Grundsteuer A in die Spitzen-     Verband um Hilfe. In der Folge war Kommu-        on an den Bürgermeister übergeben wurde.
gruppe in Hessen katapultiert. Bei der          nalexperte Jochen Kilp (siehe Foto) mehr-
Grundsteuer B wäre sie sogar mit Abstand        fach vor Ort, um sich mit einer Initiative um    Lage nach „Happy End“ weiter angespannt
die Nummer 1 gewesen – der bisherige Re-        örtliche Gewerbetreibende gegen die ge-          Letztlich haben die Stadtverordneten die
kordhalter war die Gemeinde Lautertal           planten Erhöhungen abzustimmen. Der              vorgesehenen Erhöhungen nicht verab-
(Odenwald) mit 1.050 Prozent. Zum Ver-          hessische Steuerzahlerbund bezog öffent-         schiedet. Der Haushalt 2020 konnte durch
gleich: Der Landesdurchschnitt lag 2020 bei     lich Stellung und erläuterte Magistrat so-       den Rückgriff auf Rücklagen sowie Mittel
475 Prozent. Die Grundsteuer B wird auf         wie Fraktionen im Stadtparlament seine           der Hessenkasse ausgeglichen werden. Al-
bebaute und bebaubare Grundstücke erho-         Position: Bevor Lorch zu solch drastischen       lerdings hat die Stadt das eigentliche Prob-
ben und trifft über die Umlage in den Ne-       Erhöhungen greife, müssten zunächst              lem damit noch nicht gelöst: Mehr Ausga-
benkosten auch die Mieter – und damit alle      sämtliche Ausgaben auf den Prüfstand ge-         ben als Einnahmen. Durch die Corona-Pan-
Bürgerinnen und Bürger. Die Grundsteuer A       stellt und alle Optionen zur Konsolidierung      demie wird dies in den Folgejahren
wird auf land- und forstwirtschaftliche Flä-    ausgeschöpft werden. Dazu gehöre auch,           tendenziell eher noch schlechter werden.
chen erhoben und spielt in einer Weinbau-       die interkommunale Zusammenarbeit wei-           Die Lorcher Verantwortlichen müssen da-
region wie dem Rheingau natürlich eine          ter auszubauen und auch einen freiwilligen       her an diesem strukturellen Defizit arbeiten
größere Rolle als in den meisten anderen        Zusammenschluss mit anderen Kommu-               und auch unangenehme Einschnitte vor-
Gegenden.                                       nen im Rheingau-Taunus-Kreis ergebnisof-         nehmen. Der BdSt Hessen begleitet diesen
                                                fen zu diskutieren. In mehreren Gesprächs-       Prozess weiter, damit am Ende nicht doch
Eigentlich auf einem guten Weg                  runden suchte die Initiative vor Ort den         die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler die
Eigentlich war die Stadt Lorch auf einem        Austausch mit dem Bürgermeister, dem             Zeche zahlen müssen.

Appell zur Zusammenlegung von Wahlterminen
Im April forderte der BdSt Hessen die hessi-    wand verbundenen Wahltermine
schen Städte und Gemeinden auf, die auf-        zusammenlegen. So können nicht
grund der Corona-Pandemie vertagten             nur die Städte und Gemeinden
Wahlen und Abstimmungen gemeinsam               entlastet werden, sondern auch
mit der Kommunalwahl im März 2021               die ehrenamtlichen Wahlhelfer.
durchzuführen. Das Land hatte alle Direkt-      Die Forderung betraf sowohl an-
wahlen und Bürgerentscheide bis mindes-         stehende Bürgermeister-Direkt-
tens November 2020 verschoben und per           wahlen als auch Bürgerentschei-
Gesetz den Weg freigemacht, die Abstim-         de. Nach Ansicht des hessischen
mungen mit der Kommunalwahl stattfin-           Steuerzahlerbunds gab es keine
den zu lassen. Weil die Corona-Krise die        vernünftigen Gründe für separate
Kommunen nicht nur vor Schwierigkeiten          Termine. Keinesfalls dürfen par-
bei der Wahlorganisation, sondern natür-        teitaktische Erwägungen den
lich insgesamt auch vor immense finanziel-      Ausschlag geben. Auch für die
le Herausforderungen stellt, sollten sie die    Wahlbeteiligung konnte eine Zu-
Möglichkeit nutzen, die jeweils mit viel Auf-   sammenlegung nur positiv sein.

Geschäftsbericht 2020                                                                                                                             13
Steuern
Die Arbeit des Bundes der Steuerzahler Hessen im Bereich des Steuerrechts war auch 2020 wieder im
Wesentlichen durch die Bundesebene geprägt. Der BdSt Hessen hat dabei über den Arbeitskreis
Steuern des Gesamtverbands an zahlreichen Stellungnahmen, Eingaben und Maßnahmen des Bundes
der Steuerzahler Deutschland mitgewirkt. Im Zentrum standen dabei die Corona-Pandemie, ihre
steuerlichen Folgen und die finanzielle Unterstützung der Betroffenen. Bei den Anhörungen zu
geplanten steuerlichen Neuregelungen und Änderungen sowie zu neuen Verwaltungsanweisungen
fanden die Vorschläge, Anregungen und Eingaben des BdSt im Sinne der Steuerzahler stets besondere
Beachtung und wurden häufig bei den neu geschaffenen Regelungen und Richtlinien berücksichtigt.

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→ Corona und Steuern                                                    abweichen, wenn sie eigene Gesetze beschließen (Öffnungsklau-
                                                                        sel). Der BdSt hatte ein einfaches Bewertungsmodell präferiert, das
Die Corona-Pandemie führte ab März 2020 zu einer erheblichen            sich anhand der Grundstücksfläche und dem darauf stehenden Ge-
Einschränkung der Wirtschaftstätigkeit. Als Reaktion brachten           bäude bemisst (Flächenmodell). Dieses Einfachmodell ist aber über
Bund und Länder in kurzer Zeit zahlreiche Hilfsprogramme und So-        die jetzt im Gesetz vorgesehene Öffnungsklausel möglich. Damit
fortmaßnahmen auf den Weg, um Unternehmen und Arbeitneh-                hat sich auch hier der unermüdliche Einsatz des BdSt für die Steu-
mern zu helfen. Dazu zählte auch ein Bündel an steuerlichen             erzahler gelohnt. Einige Länder
Entlastungsmaßnahmen, etwa die leichtere Steuerstundung, die            haben signalisiert, das Bundes-
Herabsetzung von Steuer-Vorauszahlungen oder ein unterjähriger          modell zu nutzen. Andere haben
Verlustrücktrag. Anfang Juni 2020 wurde das 1. Corona-Steuerhil-        Eckpunkte zu ihren Landesgeset-
fegesetz beschlossen. Kernpunkt war die befristete Anwendung            zen veröffentlicht, dazu zählt
des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Restaurant- und Verpfle-          auch Hessen (siehe auch Seite
gungsdienstleistungen für die Zeit vom 1. Juli 2020 bis zum 30.         11). Hier sollen Grundstücks- und
                                   Juni 2021, wobei Getränke von        Gebäudefläche – ergänzt um ei-
                                   der Steuersenkung ausgenom-          nen Lagefaktor – maßgebend
                              Juraj Varga auf Pixabay

                                   men waren. Im 2. Corona-Steuer-      sein. Das Modell basiert auf dem
                                   hilfegesetz wurde dann unter an-     Flächenmodell. Einfache Lagen werden gegenüber dem reinen Flä-
                                   derem die allgemeine Absenkung       chenmodell niedriger, gute Lagen durch einen Faktor höher besteu-
                                   der Umsatzsteuer von 19 auf 16       ert. Außerdem will Hessen den Kommunen eine Grundsteuer C
                                   Prozent beziehungsweise von 7        ermöglichen. Aus Sicht des BdSt bestehen aber keine hinreichen-
                                   auf 5 Prozent vom 1. Juli 2020 bis   den Gründe, um die Einführung einer weiteren Steuer zu rechtferti-
                                   zum 31. Dezember 2020 festge-        gen. Damit die Grundsteuerreform am Ende tatsächlich aufkom-
                                   legt. Der Bund der Steuerzahler      mensneutral ausfällt, sind neben dem Land auch die Städte und
hat die Maßnahmen prinzipiell unterstützt und weitere Verbesse-         Gemeinden gefordert, wenn es um die konkrete Steuerhöhe geht.
rungen gefordert, um entschlossen gegen die Folgen der Krise vor-       Jede Kommune sollte ihre Hebesätze anpassen, um nach der Neu-
zugehen. So sollten aus Sicht des BdSt der Solidaritätszuschlag ent-    bewertung ein vergleichbares Grundsteueraufkommen zu erzielen.
fallen, die Verlustverrechnung verbessert und die Umstellung auf        Unter dem Strich dürfen Bürger und Betriebe nicht stärker belastet
die zertifizierten Ladenkassen verschoben werden. Diese und wei-        werden – die erforderliche Reform darf nicht dazu dienen, die Ge-
tere Forderungen hat der Verband in einem Maßnahmenpapier mit           meindekassen aufzubessern.
dem Titel „Mit Rückenwind aus der Krise“ gebündelt. Auch für Ar-
beitnehmer hat der Steuerzahlerbund Entlastungen gefordert und
auch die bessere Anerkennung ihrer Kosten im Homeoffice ver-
                                                                        → Solidaritätszuschlag
langt. Auch dazu wurde ein Forderungskatalog aufgestellt, der
                                                                        Auch im Jahr 2020 hat der BdSt seine langjährige Forderung nach
zahlreiche Beispiele aus der Praxis aufgriff.
                                                                        dem kompletten Wegfall des Solidaritätszuschlags immer wieder
                                                                        gegenüber der Politik eingefordert und zumindest einen Teilerfolg
Neben dem politischen Engagement setzte der BdSt in der Corona-
                                                                        erreicht. Der Bundestag hat beschlossen, den Soli für viele Bürger
Pandemie verstärkt auf Service, denn es erreichten den Verband
                                                                        ab dem Jahr 2021 abzuschaffen. Dieser erste Schritt reicht aber
zahlreiche Mitgliederanfragen und Hilfegesuche betroffener Steu-
                                                                        nicht aus. Zwar werden viele Einkommensteuerzahler den Soli
erzahler. Der BdSt richtete deshalb einen sogenannten Corona-Ti-
                                                                        nicht mehr zahlen müssen, aber viele kleine und mittelständische
cker auf der Website ein, wo Kurznachrichten gebündelt veröffent-
                                                                        Betriebe sowie Sparer und körperschaftsteuerpflichtige Unterneh-
licht werden. Zudem wurde eigens ein spezieller und ständig aktu-
                                                                        men sind auch weiterhin mit der Ergänzungsabgabe belastet. Des-
alisierter BdSt-INFO-Service aufgelegt, der über die Hilfs- und
                                                                        halb kämpft der BdSt weiter für
Sofortprogramme sowie die steuerlichen Maßnahmen in der Coro-
                                                                        alle Betroffenen dafür, dass die
na-Krise informierte. Besonders gefragt waren die Berechnungen
                                                                        Abgabe für alle Bürger und Be-
des BdSt zum Kurzarbeitergeld, die vor allem die Betroffenen über
                                                                        triebe gleichermaßen entfällt –
die steuerlichen Auswirkungen des Bezugs dieser Lohnersatzleis-
                                                                        und zwar rückwirkend schon ab
tung aufklären.
                                                                        dem Jahr 2020. Denn die Aufbau-
                                                                        hilfen für die neuen Bundeslän-
→ Grundsteuer                                                           der endeten bereits 2019 und da-
                                                                        mit fiel auch die Begründung für
Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber aufgege-             den Solidaritätszuschlag endgül-
ben, die Grundsteuer bis zum 31.12.2019 zu reformieren. Der Bund        tig weg. Um den Druck auf die
hatte Ende 2019 „auf den letzten Drücker“ ein neues Bewertungs-         Politik zu erhöhen, unterstützt
gesetz beschlossen, um ab dem Jahr 2025 die Grundsteuer neu be-         der BdSt seit Sommer 2019 ein Klageverfahren, das 2020 in die
rechnen zu können. Hier hat sich das sogenannte Scholz-Modell           nächste Instanz ging und nun dem Bundesfinanzhof zur Entschei-
durchgesetzt. Die Regelung orientiert sich an einem pauschalierten      dung vorliegt. Mit Hilfe des Steuerzahlerbunds klagt ein Ehepaar
Wert der Immobilie, wobei die Umsetzung äußerst komplex, auf-           dagegen, dass es den Soli auch ab 2020 weiterzahlen soll. Für ein
wendig und bürokratisch ist. Nach diesem Bundesmodell werden            komplettes Soli-Aus für alle hat der BdSt seit Jahren zum Beispiel
dazu Bodenrichtwert, Immobilienart, Nettokaltmiete, Gebäudeflä-         mit Kampagnen in der Öffentlichkeit geworben. Der Verband wird
che und Baujahr berücksichtigt. Die Bundesländer können davon           nicht lockerlassen und im Interesse der Steuerzahler weiterhin

Geschäftsbericht 2020                                                                                                                    15
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