9/2021 ÄRZTEBLATT MECKLENBURG-VORPOMMERN - Wir haben die Wahl! Perspektiven für Alten- und Pflegeeinrichtungen - die Covid-19 Lage in M-V ...

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ÄRZTEBLATT
9/2021                        MECKLENBURG-VORPOMMERN

         Hanse Sail Rostock                                          Foto: Dr. Th. Müller

                                                             Wir haben die Wahl!
                                 Perspektiven für Alten- und Pflegeeinrichtungen –
                                                         die Covid-19 Lage in M-V
                                   Hochpräziser Röntgenblick auf Lungengewebe
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Inhalt
Editorial                                                                  Veranstaltungen und Kongresse
   Wir haben die Wahl                                               336      Impfkurse in Mecklenburg-Vorpommern             353

                                                                             Veranstaltungen der Ärztekammer M-V             353
Wissenschaft und Forschung
                                                                             Veranstaltungen in unserem Kammerbereich        353
   Perspektiven für Alten- und Pflegeeinrichtungen –
   die COVID-19-Lage in Mecklenburg-Vorpommern                       337     Veranstaltungen in anderen Kammerbereichen      354

Aktuelles                                                                  Recht
   Einladung zum Studienjahrestreffen                                        Berufsrechtliche Handlungspflichten im Rahmen
  „50 Jahre danach“                                                 343      des ärztlichen Bereitschaftsdienstes            356

   Weiterbildung zur Diabetesassistentin DDG in
                                                                           Aus der Schlichtungsstelle
   Mecklenburg-Vorpommern                                           344
                                                                             Unzureichende Befunderhebung und mangelnde
  Aufbau einer Biobank und Etablierung Patienten-
                                                                             Dokumentation bei Rektumkarzinom                360
  abgeleiteter Xenografts von Kopf-Hals-Tumoren                     346

   ePA – zentrales Element in einem digital                                Geschichte der Medizin
   vernetztenGesundheitswesen                                       350
                                                                             Paul Uhlenhuth (1870–1957) – Überführer des
   Passgenaue Familienberatungen für psychisch                               Kinder-Serienmörders von Rügen                  363
   kranke Eltern und ihre Kinder                                    355
                                                                           Kultur
   Hochpräziser Röntgenblick auf Lungengewebe                       358
                                                                             Doc´s Arts Festival                             365
   Kinder mit Gesundheitsproblemen und ihre
   Familien unterstützen – Wissenwertes zur Kinder-
                                                                           Rezensionen
   und Jugendrehabilitation                                         362
                                                                             Für Sie gelesen                                 366
Junge Ärzte
                                                                           Geburtstage
   Netzwerk für junge Ärztinnen und Ärzte in M-V                    345
                                                                             Wir beglückwünschen                             368
Fortbildung
                                                                             Impressum                                       368
  29. Interdisziplinäre Seminar- und
  Fortbildungs­woche der Ärztekammer
  Mecklenburg-Vorpommern                                            352

   Genderneutrale Sprache
   In der deutschen Sprache sind personenbezogene Pluralformen
   grundsätzlich geschlechtsneutral. Soweit singuläre Formen wie Arzt,
   Patient, Gast o.ä. aus Gründen der Flüssigkeit und besseren Lesbar-
   keit in den Texten des Ärzteblattes Mecklenburg Vorpommern ver-
   wendet werden, bezeichnen sie wie auch die Pluralformen in jedem
   Fall sowohl Personen des weiblichen wie des männlichen als auch
   eines möglichen dritten Geschlechts.
                                                         Die Redaktion

AUSGABE 9/2021 31. JAHRGANG                                                                                                  Seite 335
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EDITORIAL

     Wir haben die Wahl

     In diesem September wird wiedermal gewählt in Deutsch-          lich wurde dies in der Pandemie, die leider immer noch nicht
     land; in Mecklenburg-Vorpommern gleich zweimal: Bundes-         vorbei ist. Dabei sollten alle Ärzte eine wissenschaftliche
     tag und Landtag. Alle wahlberechtigten Bürger sind aufge-       Denkweise erlernt haben, den Wert der Evidenz kennen und
     rufen ihre Stimme abzugeben – aber nicht alle werden es         schätzen, die Grenzen des eigenen Fachgebietes erkennen
     tun. Die einen nicht, weil sie nicht wissen, wen sie wählen     und diese nicht ohne Not überschreiten. Funktion und Wir-
     sollen; die anderen nicht, weil sie ohnehin das Vertrauen in    kung von Schutzimpfungen wurden bereits in der medizini-
     die Politik verloren haben und wiederum andere, weil sie        schen Propädeutik erlernt. Dennoch gibt es Kollegen, die
     meinen, dass es angesichts 60,4 Millionen Wahlberechtigter      große Studien und namhafte Wissenschaftler nicht akzeptie-
     (31,2 Millionen Frauen, 29,2 Millionen Männer) auf ihre eine    ren, stattdessen pseudowissenschaftlichen Einzelmeinungen,
     Stimme nicht ankommt. Zumindest letzteres Argument ist          dubiosen Internet-Quellen und offensichtlichen Falschmel-
     ein persönliches Armutszeugnis, denn wie sonst sollen ein-      dungen vertrauen.
     zelne Personen auf die Politik der nächsten Legislaturperiode
     Einfluss nehmen? Vielleicht mit Gründung einer eigenen Par-     Meinungsfreiheit und Pluralismus sind Grundwerte des frei-
     tei oder mit (Hass-)Kommentaren in den „sozialen Medien“?       heitlich-demokratischen Rechtsstaates. Deshalb ist es gut
     Nicht nur Hasskommentare, Fake-News und Verschwörungs-          und richtig, dass individuell die Wahl zwischen 54 Parteien
     theorien in den vermeintlich sozialen Medien sind Ausdruck      zum Bundestag möglich ist. Obwohl ein Fan dieser Grund-
     einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft. Besorgniser-       werte, bereitet mir die Entwicklung Sorgen: So wie das Ver-
     regend ist vor allem der Untergang der Kommunikationskul-       hältnis zwischen Arzt und Patient ohne Kommunikation (und
     tur: Kaum einer kann oder will mehr zuhören; nur wenige         Vertrauen) nicht funktionieren kann, funktioniert auch die
     mögen sich mit Argumenten Anderer auseinandersetzen             Gesellschaft nicht ohne den permanenten Meinungsaus-
     oder diese gar akzeptieren – leider gilt dies inzwischen auch   tausch, der letztlich einen gesellschaftlichen Fortschritt be-
     für eine zunehmende Zahl von Ärzten.                            wirkt.

     In subtiler Weise kommt der gesellschaftliche Dissens auch in   Die Meinungsfreiheit hat Grenzen in der objektiven Wahr-
     den bevorstehenden Wahlen zum Ausdruck. Zur Landtags-           heit – doch was ist die objektive Wahrheit? Für die Politik
     wahl sind 24 Parteien zugelassen worden, sieben mehr als        lässt sich diese Frage nicht beantworten; jede politische
     zuletzt 2016. Auf dem Stimmzettel zur Bundestagswahl wer-       Gruppierung nimmt sie in Anspruch - deshalb gibt es die
     den wir sogar 54 Parteien finden, 12 mehr als 2017. Relativ     5-%-Hürde. In der Medizin ist es etwas einfacher: Die Grenze
     früh haben die etablierten Parteien ihre Spitzenkandidaten      der Meinungsfreiheit ist erreicht, wenn anerkannte Regeln
     benannt. Erst sehr spät wurden Wahlprogramme veröffent-         der Medizin überschritten werden und dadurch Patienten zu
     licht – bezeichnenderweise von den Rändern des politischen      Schaden kommen. Auch das ist ärztliche Kunst: diese Grenze
     Spektrums zuerst. Der Wahlkampf – soweit bisher überhaupt       erkennen!
     davon gesprochen werden konnte – entzündete sich dement-
     sprechend vor allem an Pleiten, Pech und Pannen ebendieser                                            Dr. Wilfried Schimanke
     Kandidaten.

     Wie kann es anders sein: Die Spaltung in der Gesellschaft
     findet sich auch in der Ärzteschaft wieder. Besonders deut-

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WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG

Perspektiven für Alten- und
Pflegeeinrich­t­ungen
Die COVID-19-Lage in Mecklenburg-Vorpommern

Dr. med. Simone Rogge1, Dr. med. Holger Wangerin1, Prof. Dr. rer. medic. Stefan Schmidt2,
Dipl.-Ing. Benjamin Peipert1, Dr. med. Martina Littmann1

1. Einleitung                                                     schränkungen und Quarantänebestimmungen nach Rück-
                                                                  kehr in die Einrichtungen blieben hingegen weiterhin fester
In der Corona-Pandemie war schnell klar, dass neben ent-          Bestandteil des Lebens.
sprechenden Vorerkrankungen das Alter der Hauptrisikofak-         Parallel zum Beginn der zweiten Pandemiewelle kamen ab
tor für einen schweren Krankheitsverlauf, Hospitalisierung        Oktober 2020 die ersten Antigen-Schnelltests auf den Markt.
und Tod ist [1, 2]. Das Setting einer Pflegeinrichtung mit na-    Einrichtungen war es nach der Bundestestverordnung mög-
hezu ausschließlich Risikopersonen, dem unverzichtbaren           lich, regelmäßig auch asymptomatische Personen zur Verhü-
engen Kontakt der Pflegenden zu den Bewohner und Be-              tung der Verbreitung zu testen. Bis etwa Ende Dezember
wohnerinnen, Gemeinschaftsveranstaltungen und Besucher-           2020 erfolgte in den Einrichtungen die Umsetzung der vom
verkehr wurde somit zur Achillesferse der Pandemie.               Land zur Verfügung gestellten Testkonzepte. Die Kontakt-
Eine wirksame medikamentöse Behandlung oder Schutzimp-            einschränkungen mussten wegen der zum Jahresende 2020
fungen standen in der Anfangsphase nicht zur Verfügung.           steigenden Inzidenzen wieder deutlich verschärft werden. In
Eindrücklich gingen im Frühjahr 2020 erste Berichte über          der 51. Kalenderwoche 2020 wurde bundesweit erneut ein
Ausbrüche und deren Folgen in den Einrichtungen durch die         verschärfter Lockdown beschlossen. Dennoch waren mit
Presse. Der Ausbreitung des Virus konnte jedoch lediglich mit     kaum zu bewältigenden Fallzahlen in der Allgemeinbevölke-
nicht pharmazeutischen Maßnahmen begegnet werden. Zum             rung auch Ausbrüche in den Einrichtungen nicht zu verhin-
Schutz älterer pflegebedürftiger Menschen wurden in allen         dern. Diese Entwicklung erreichte um den Jahreswechsel ih-
Bundesländern weitreichende Einschränkungen festgelegt.           ren Höhepunkt. Die „Pflege-und-Soziales-Corona-Verord-
In kaum einem anderen Bereich der Gesellschaft mussten die        nung Mecklenburg-Vorpommern“ schrieb für das Personal
Menschen so weit in das Private eingreifende Regelungen           zunächst eine zweimalige und im Verlauf dreimalige Testung
akzeptieren wie in den Pflegeeinrichtungen: Gruppenaktivi-        pro Woche ab einem 7-Tages-Inzidenzwert > 35 Neuinfekti-
täten wurden eingestellt, Besuche wurden stark reglemen-          onen/100.000 Einwohner vor.
tiert oder ausgesetzt, Körperkontakt zu den Angehörigen           In diese zweite Infektionswelle fiel der Beginn der Impfkam-
untersagt, Aktivitäten außerhalb der Einrichtung waren nur        pagne am 27.12.2020. Die psychosozialen Aspekte der Ein-
mit nachfolgender Zimmerquarantäne möglich. Aus Furcht            schränkungen in den Pflegeeinrichtungen sowie die Auswir-
vor der Erkrankung kam es durch die Einrichtungsleitungen         kungen der Impfkampagne auf den weiteren Verlauf der
zudem häufig zu darüber hinaus gehenden Regelungen.               infektiologischen Situation sollen im folgenden Beitrag in
Mit den neu implementierten Schutzkonzepten sowie dem             einer Zusammenschau erstmals für Mecklenburg-Vorpom-
Sinken der Fallzahlen in der Allgemeinbevölkerung gingen          mern beschrieben werden.
gegen Ende der ersten Pandemiewelle auch die Ausbrüche in
den Pflegeeinrichtungen zurück. Während in der Interims­          2. Methoden
phase des Sommers 2020 aber die übrige Bevölkerung einige
Monate durchatmen konnte und Einschränkungen gelockert            Die Datenerhebung und -auswertung erfolgte gemäß Art. 6
wurden, war dies für die Einrichtungen nur im kleinen Rah-        Abs. 1 e Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bzw. § 4 Da-
men möglich. Dabei gingen die Bundesländer unterschiedlich        tenschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern (DSG M-V) und
vor. In Mecklenburg-Vorpommern waren zwar Besuche auch            auf Grundlage der nach § 7 Infektionsschutzgesetz (IfSG) an
mit mehreren Angehörigen wieder möglich, Kontaktbe-               das Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-
                                                                  Vorpommern (LAGuS) gemeldeten Daten. Die Meldungen
                                                                  wurden tagesaktuell über die vom Robert-Koch-Institut bun-
1
 		Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern   desweit zur Verfügung gestellte Plattform SurvNet (SurvNet
2
 		Hochschule Neubrandenburg, University of Applied Sciences,
		Fachbereich Gesundheit, Pflege, Management                      3.0@RKI Version 0.9.29.2) erfasst und sowohl von den Ge-

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WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG

     sundheitsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte als      zusätzlich die Umsetzung von Hygienemaßnahmen für das
     auch im LAGuS auf Plausibilität geprüft. Datenlücken im Mel-   Pflegepersonal.
     desystem wurden mit direkten Informationen aus den Ge-         Pflegeleitungen von Pflegeeinrichtungen schätzten die Ver-
     sundheitsämtern geschlossen. Es wurden nur Fälle in Aus-       sorgungslage insgesamt als sehr belastend ein. Sie sorgten
     bruchsgeschehen ausgewertet. Als Ausbruchsgeschehen im         sich um das Wohlbefinden der Bewohner*innen, beobachte-
     Setting „Alten-und Pflegeeinrichtung“ wurden Geschehen         ten psychische Veränderungen wie zum Beispiel depressive
     mit mindestens zwei Fällen unter Bewohner und Bewohne-         Verhaltensweisen durch soziale Isolation und Einsamkeit.
     rinnen und/oder Personal nach Meldedatum eingeschlossen.       Gleichzeitig hatten sich durch Kontaktbeschränkungen die
     Die Darstellung der psychosozialen Auswirkungen erfolgte       pflegerischen Arbeiten stark verdichtet, weil Besuchende
     auf der Basis einer nicht standardisierten Literaturauswahl    fehlten, die zuvor unterstützt hatten [5]. Insbesondere bei
     sowie bereits an anderer Stelle publizierter eigener Daten.    Bewohner*innen ohne kognitive Einschränkungen ließ
                                                                    sich signifikant höhere Einsamkeit beobachten als bei
     3. Ergebnisse                                                  Bewohner*innen mit kognitiven Einschränkungen (p
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WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG

Abb. 2: Setting der 7556 SARS-CoV-2-Fälle in 1242 Ausbrüchen ab KW 40/2020 bis KW 3/2021. Die Reduktion der Fallzahlen in KW 51 und
52 ist vermutlich auf die Meldelücke um die Feiertage zurückzuführen. Daten des LAGuS.

der Alten- und Pflegeeinrichtungen sowie das dort arbeiten-        Durchimpfungsrate nahm die Anzahl der Fälle in Pflegeein-
de Personal wurden entsprechend der Impfverordnung des             richtungen sukzessive ab. (Abb. 3). Am 11.03.2021 unter-
Bundes (Corona ImpfV vom 18.12.2020) vorrangig immuni-             schritt die 7-Tage-Inzidenz der Über-80-Jährigen erstmals
siert. Die Gabe der für den Impfstoff von BioNTech/Pfizer          seit Mitte November 2020 die der Gesamtbevölkerung und
nötigen zweiten Dosis erfolgte ab dem 18.01.2021. Bis Mitte        zeigte sich seitdem auf niedrigem Niveau stabil. Mit der Ein-
März 2021 – 11 Wochen nach Start der Impfkampagne – hat-           führung der verpflichtenden Antigentests für Personal An-
ten alle Bewohner und Bewohnerinnen sowie das Personal             fang der Kalenderwoche 52/2020 konnte kein vergleichba-
aus insgesamt 265 Einrichtungen der Pflege ein Impfangebot         rer Effekt erzielt werden.
erhalten.
In den Kalenderwochen 53/2020 und 1/2021 waren in Meck-
lenburg-Vorpommern mehr als die Hälfte aller Fälle in Aus-
brüchen auf vollstationäre Pflegeeinrichtungen zurückzufüh-
ren. Entsprechend ließen sich bezogen auf diese Phase der
Pandemie auch die bis dahin meisten Todesfälle erfassen. Die
Verteilung der Settings der Ausbrüche zeigt Abb. 2.
Kumulativ gab es in den vollstationären Gemeinschaftsein-
richtungen nach § 36 IfSG von Kalenderwoche 40/2020 bis
15/2021 105 Ausbruchsgeschehen. In diesem Zeitraum wur-
den 2947 Fälle diagnostiziert, davon 2025 Bewohner und 922
Personalfälle. Insgesamt kam es hierbei in Mecklenburg-Vor-
pommern zu 396 Hospitalisierungen und 321 Todesfällen.
Im Januar und Februar 2021 gab es anhaltend hohe Inziden-
zen der Infektionen in der Gesamtbevölkerung. Die Spitze
der zweiten Welle lag in der zweiten Kalenderwoche: Am
17.01.2021 war die 7-Tage-Inzidenz bei 121/100 000, für die
Über-80-Jährigen bei 341/100 000. Mit der steigenden

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WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG

                                                                                                      Abb. 3: Entwicklung der
                                                                                                      SARS-CoV-2-Fallzahlen im
                                                                                                      zeitlichen Verlauf von Ka-
                                                                                                      lenderwoche 43/2020 bis
                                                                                                      15/2021. Daten LAGuS.

    Ein weiterer Zielpunkt der Impfungen war die Reduktion          Pandemie ohne Impfschutz wenig Ausbruchsgeschehen mit
    der Hospitalisierungen. Die Daten hierzu zeigten eine ähn-      insgesamt niedrigen Fallzahlen. Gleichzeitig nahm die Inzi-
    lich positive Entwicklung bei der Notwendigkeit einer           denz in der restlichen Bevölkerung wieder stark zu – auch
    statio­nären Krankenhausbehandlung (Abb. 4). So war be-         aufgrund der deutschlandweit mit ca. 90 % aller Fälle [10]
    reits sieben Wochen nach dem Start der Impfungen die An-        dominierenden Virusvariante Alpha (B.1.1.7). Bei dieser Va-
    zahl der notwendigen Hospitalisierungen in den Pflegeein-       riant of Concern ist von einer höheren Infektiosität auszu-
    richtungen um 88 % verringert, wohingegen außerhalb der         gehen [11]. Als Impfdurchbruch gilt die laborbestätigte In-
    Einrichtungen lediglich eine Reduktion um 7,5 % zu ver-         fektion oder Erkrankung ab dem 14. Tag nach der letzten
    zeichnen war.                                                   für eine vollständige Immunisierung nötigen Impfdosis. Ab
                                                                    dem Zeitpunkt der abgeschlossenen Impfkampagne in den
    Der stärkste Rückgang war bei den COVID-19-assoziierten         Pflegeeinrichtungen gab es von Kalenderwoche 11 bis
    Todesfällen ersichtlich (Abb. 5). Da ein großer Anteil an den   15/2021 11 Ausbrüche mit 104 Infizierten (im Mittel 10 pro
    gesamten Todesfällen aus vollstationären Pflegeeinrichtun-      Ausbruch) bei insgesamt 52 Impfdurchbrüchen. Es verstar-
    gen stammte, sank mit der abnehmenden Fallzahl aus den          ben 5 Bewohner und Bewohnerinnen, davon einmal mit
    Einrichtungen auch die Gesamtanzahl der Todesfälle stark.       Impfdurchbruch und 2 an anderer Ursache als COVID-19. In
    In den Pflegeeinrichtungen Mecklenburg-Vorpommerns              einem Vergleichszeitraum (fünf Kalenderwochen) ohne
    gab es im März und April 2021 im Vergleich zu Phasen der        Impfschutz von Kalenderwoche 51/2020 bis 2/2021 gab es

                                                                                                      Abb. 4: Hospitalisierungen
                                                                                                      COVID-19-Fälle im zeitli-
                                                                                                      chen Verlauf von Kalender-
                                                                                                      woche 43/2020 bis 15/2021.
                                                                                                      Daten LAGuS.

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9/2021 ÄRZTEBLATT MECKLENBURG-VORPOMMERN - Wir haben die Wahl! Perspektiven für Alten- und Pflegeeinrichtungen - die Covid-19 Lage in M-V ...
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                                                                                               Abb. 5: Todesfälle mit/an
                                                                                               COVID-19 im zeitlichen Ver-
                                                                                               lauf von Kalenderwoche
                                                                                               43/2020 bis 15/2021. Daten
                                                                                               LAGuS.

25 Ausbrüche mit 997 Infizierten (im Mittel 40 Fälle pro Aus-   4. Diskussion
bruch) und 83 Verstorbenen. Die Fallsterblichkeit in der
Gruppe der Bewohner nahm deutlich von 19 % über den             Angesichts einer immunologisch naiven Bevölkerung sind
Jahreswechsel auf 4 % ab. Jeweils etwa ein Drittel der Infi-    Impfungen gegen das SARS-CoV-2 eine unverzichtbare
zierten waren in beiden Zeiträumen Pflegekräfte.                Maßnahme auf dem Weg hinaus aus dem geschilderten Di-

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    lemma von notwendigen Beschränkungen und hohen psy-             deshalb fast isoliert und spezifisch für ein Präparat abbilden.
    chosozialen Belastungen. Dies hatte besondere Relevanz für      Auch wenn die Impfungen hier keine sterile Immunität er-
    die Bewohner der Pflegeeinrichtungen, die ein hohes Risiko      zeugten, so reduzierten sie nach den Zahlen aus Mecklen-
    tragen und zugleich stärkste Infektionsschutzmaßnahmen          burg-Vorpommern und übereinstimmend mit internationa-
    bewältigen mussten. Innerhalb kurzer Zeit wurden interna-       len Datenerhebungen die Fallzahl und bei Impfdurchbrüchen
    tional verschiedene Impfstoffe entwickelt und zugelassen.       den Anteil schwerer Krankheitsverläufe erheblich.
    Ab der vierten Kalenderwoche 2021 waren in den Pflegeein-       Während der Impfkampagne dominierte zunehmend eine
    richtungen nicht nur eine deutliche Reduktion der Fallzahlen,   Variant of Concern (Alpha (B.1.1.7.)) das Infektionsgesche-
    sondern auch mildere Verläufe mit niedrigeren Hospitalisie-     hen. Für eine hohe Wirksamkeit der Impfung auch gegen
    rungs- und Todesraten zu sehen. Diese Daten wurden für          diese Variant of Concern spricht, dass trotz steigender und
    Mecklenburg-Vorpommern erstmals nach abgeschlossener            hoher Inzidenzen in der Allgemeinbevölkerung ein Rückgang
    Zweitimpfung der Einrichtungen zusammengefasst und aus-         der Fallzahlen in den Einrichtungen erreicht werden konnte.
    gewertet. Wie bei Rossman et al. [12] kann die Entwicklung
    in den Pflegeeinrichtungen als Erfolg der Impfungen inter-      5. Schlussfolgerung
    pretiert werden. Da allerdings gleichzeitig zur Impfkampag-
    ne bundesweite Maßnahmen (Teil-Lockdown mit Beginn              Angesichts fehlender medizinischer Möglichkeiten zur Prä-
    02.11.2020 und erweiterter Lockdown mit Beginn 16.12.2020)      vention und Therapie war es in den ersten Phasen der Pan-
    sowie weiterhin zusätzliche Beschränkungen für stationäre       demie unausweichlich, die hochvulnerable Bevölkerungs-
    Einrichtungen galten, ist eine indirekte Wirkung dieser Maß-    gruppe der Bewohner und das Personal in Pflegeeinrichtun-
    nahmen nicht auszuschließen. Für das Überwiegen des Ein-        gen durch umfangreiche Kontaktbeschränkungen innerhalb
    flusses durch die Impfung sprechen allerdings zwei Dinge:       und außerhalb der Häuser sowie sukzessive begleitet von
    Zum Ersten bestanden die Beschränkungen in den Alten- und       Testkonzepten zu schützen. Allerdings konnte der höchste
    Pflegeeinrichtungen auch zwischen den zeitlich begrenzten       präventive Effekt nur durch eine Senkung der COVID-19-In-
    Maßnahmen der Lockdowns fort. Zu Beginn der ersten und          zidenz in der Allgemeinbevölkerung erreicht werden, wie
    der zweiten Welle konnte so der Eintrag in die älteren Be-      eine Auswertung des Robert Koch Instituts jüngst zeigte
    völkerungsschichten sowie die Alten- und Pflegeheime im-        [13]. Die noch kaum erfassten psychosozialen Auswirkungen
    merhin um einige Wochen verzögert, jedoch nicht verhin-         wogen gleichwohl schwer.
    dert werden. Zum Zweiten waren ähnlich starke Effekte wie       So kann nun auf der erfolgreichen Impfkampagne aufbau-
    im Februar 2021 in den vorangegangenen Phasen der Pan-          end ausgerechnet in den Alten- und Pflegeeinrichtungen
    demie nicht zu beobachten. Erstmals nahmen die Kennwer-         die Frage beantwortet werden, wie effektiv die Impfungen
    te für Inzidenz- bzw. schweren Krankheitsverlauf bei den        das Infektionsgeschehen beeinflussen – vorausgesetzt die
    Über-80-Jährigen stärker und früher ab als für die übrige       Impfung bleibt auch beim Auftreten weiterer besorgniser-
    Bevölkerung.                                                    regender Virusvarianten wirksam. Den Empfehlungen des
    Der Anteil der infizierten Pflegekräfte an der Gesamtfall-      Deutschen Ethikrates vom Februar 2021 [14] sowie auch in-
    zahl in Ausbrüchen nahm im Vergleich nicht zu, obwohl die       ternational z. B. des US-amerikanischen Centers for Medi-
    Impfrate in dieser Personengruppe noch lückenhaft war.          care & Medicaid Services [15] zufolge sollten die Sonderbe-
    Das könnte darauf hinweisen, dass eine hohe Impfquote           lastungen mit zunehmender Impfquote zurückgefahren
    unter den Bewohnern auch die Pflegenden schützt. Der Ein-       werden. Aus medizinischer und epidemiologischer Sicht
    fluss der Routine-PoC-Testungen des Pflegepersonals, die        sprach vieles für eine vorausschauende und schrittweise Re-
    eine Woche vor Beginn der Impfkampagne implementiert            duktion der Beschränkungen auf das Niveau der für die All-
    wurden, konnte noch nicht verlässlich bewertet werden. Er       gemeinheit gültigen Infektionsschutzmaßnahmen. Aus pfle-
    dürfte aber dem Impfeffekt deutlich untergeordnet sein.         gewissenschaftlicher und psychosozialer Sicht müssen weiter-
    Der starke Anstieg der Fallzahlen um den Jahreswechsel          führende Maßnahmen ausreichend gerechtfertigt sein.
    konnte durch die Antigentestungen nicht aufgehalten wer-
    den.                                                                                           Literatur bei den Autoren:
    Da Impfstoffe zunächst nicht unbegrenzt zur Verfügung                                             Korrespondenzadresse:
    standen, konnten nach der fast vollständigen Immunisierung                                           Dr. med. Simone Rogge
    in den Pflegeeinrichtungen die Impfungen in den weiteren                              Landesamt für Gesundheit und Soziales
    Prioritätengruppen nicht nahtlos angeschlossen werden. Zu-                                       Mecklenburg-Vorpommern
    sätzlich wurde die betrachtete Personengruppe nahezu ein-                                 Gertrudenstraße 11, 18057 Rostock
    heitlich mit dem mRNA-Impfstoff desselben Herstellers ge-                                                 Tel.: 0381 4955 363
    impft. Die geschilderten Effekte der Impfung lassen sich                       E-Mail: Simone.Rogge@lagus.mv-regierung.de

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9/2021 ÄRZTEBLATT MECKLENBURG-VORPOMMERN - Wir haben die Wahl! Perspektiven für Alten- und Pflegeeinrichtungen - die Covid-19 Lage in M-V ...
AKTUELLES

Einladung zum
Studienjahrestreffen
„50 Jahre danach“
Die Humanmediziner des Immatrikulationsjahrgangs 1965
der Universitätsmedizin Rostock begehen in diesem Jahr ihre
„Goldene Approbation“. Aus diesem Anlass ist für den 24.
und 25. September 2021 ein Treffen am Ort des Studiums
in Rostock geplant.
Nach langen Jahren praktischer Tätigkeit haben die meisten
von uns den verdienten (Un)-Ruhestand erreicht und wir soll-
ten gemeinsam Rückschau nehmen. Dazu haben wir ein klei-
nes Programm vorbereitet:
Am Freitag, 24. September, 14 Uhr ist der Treffpunkt vor
dem Universitätshauptgebäude mit Fotoshooting, Rundgang
(einschl. Schatzkammer), Ansprachen und Grußwörtern etc.
in der Aula.
Die Quartiernahme ist vorbereitet im Hotel „Stolteraa“ in
Warnemünde (Reservierungen bitte individuell vornehmen
unter info@hotel-stolteraa.de; Kennwort: Studienjahrestref-
fen 1971; z.Hd. Mike Trybull)
Am Abend des gleichen Tages ist ab 19.30 Uhr ein festli-
ches Abendessen im gleichen Hotel vorgesehen, mit aus-
führlichen Gelegenheiten zu allgemeinen und individuellen
Gesprächen (Open end!)
Am Samstag, den 25. September 2021, beginnt um 11
Uhr ab Hotel „Stolteraa“ eine „Busfahrt der besonderen
Art“ – eine individuell gestaltete Rundreise durch Rostock zu
unseren alten Wirkungsstätten, aber auch zu markanten se-
henswerten Orten der neueren Geschichte der Hansestadt
Rostock. (Dauer ca. 2 Stunden und endet wieder am Hotel,
Teilnahmemeldung für die Busfahrt unter w.sadenwasser@
arcor.de erforderlich).

Für die Teilnahme am Studienjahrestreffen bitten wir um
Überweisung von 75 Euro / Person (ohne Busfahrt) auf das
Konto:

Empfänger: 		            Dr. Marianne Wigger
Bank: 			                Commerzbank Rostock
IBAN: 			                DE17 1304 0000 0116 4680 00
Verwendungszweck:        Studienjahr 1971

Wir freuen uns riesig auf ein Wiedersehen mit Euch allen,
bleibt gesund!

                                   Prof. Dr. Burkhard Kramp
                                     Dr. Walter Sadenwasser

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AKTUELLES

    Weiterbildung zur Diabetesassistentin DDG
    in Mecklenburg-Vorpommern
    Mit der Qualifikation zum
    Diabetesassistenten DDG
    (Weiterbildungskonzept
    der Deutschen Diabetes-
    gesellschaft [DDG]) kön-
    nen Mitarbeiter aus me-
    dizinischen Fachberufen
    (z. B. Gesundheits- und
    Krankenpfleger, medizi-
    nische Fachangestellte,
    Ernährungsberater und
    Ökotrophologen) die Be-
    fähigung erwerben Men-
    schen mit Diabetes melli-
    tus (insbesondere Typ-2,
    aber auch Typ-1) entspre-
    chend der individuellen
    Lebenswelten zu beraten,
    zu schulen und zur Ver-      Ausschreibung der DDG zum Stipendium für die Weiterbildung
    besserung der Therapie
    beizutragen. Der Diabe-
    tesassistent DDG ist im Laufe der Jahre zu einem Träger des    den vor über 20 Jahren in Kooperation mit der DDG und
    qualitätsgesicherten und wirtschaftlichen Arbeitens im dia-    dem Verein der Diabetologen M-V von Dr. H. J. Ziegelasch,
    betologischen Fachbereich, stationär und ambulant, gewor-      damals Chefarzt am Klinikum Schwerin, etabliert und wer-
    den. Als ausgebildete Fachleute sind diese Personen Be-        den seit 2006 von Prof. Dr. med. R. Schiel, Chefarzt in He-
    standteil des Teams diabetologischer Schwerpunktpraxen,        ringsdorf, weitergeführt. Die Medigreif Inselklinik Herings-
    diabetologisch versierter Hausarztpraxen, Praxen, die am       dorf GmbH, Haus Gothensee, im Ostseebad Heringsdorf ist
    DMP-Diabetes teilnehmen, und von Kliniken, die diabetolo-      anerkannte Weiterbildungsstätte der Deutschen Diabetes-
    gisch qualifiziert betreuen wollen. Sie übernehmen in Pra-     gesellschaft (DDG) und hat am 24.04.2021 den 13. Kurs er-
                                        xen, Akutkrankenhäu-       folgreich abgeschlossen.
                                        sern und Rehabilitati-
                                        onskliniken Schulungen,    Für zukünftige Interessenten und ihre Arbeitgeber ist die
                                        unterstützen die Ärzte     Möglichkeit interessant ein Stipendium für die Weiterbil-
                                        und ermöglichen das        dung von der DDG zu erhalten. Weitere Infos unter: www.
                                        Selbstmanagement der       deutsche-diabetes-gesellschaft.de
                                        chronischen Krankheit
                                        Diabetes mellitus.
                                        Vor diesem Hintergrund
                                        ist es sehr erfreulich,
                                        dass in Mecklenburg-
                                        Vorpommern regelmä-                                                Prof. Dr. med. R. Schiel
                                        ßig entsprechende Wei-                           Medigreif Inselklinik Heringsdorf GmbH
                                        terbildungskurse zum                                        Haus Gothensee, Setheweg 11
                                        Erwerb dieser Qualifika-                                    17424 Ostseebad Heringsdorf,
                                        tion durchgeführt wer-                                                Tel.: 038378 780500
                                        den. Diese Kurse wur-                         E-Mail: r.schiel@medigreif-inselklinikum.de

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JUNGE ÄRZTE

Netzwerk für junge Ärztinnen und Ärzte M-V
Liebe Kolleginnen und Kollegen,

seit einiger Zeit sind wir als Arbeitsgruppe Junge Ärzte der   Assistenz- und Fachärzte,
Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern dabei ein Netz-             in der wichtige Themen
werk für junge Ärztinnen und Ärzte im Land aufzubau-           und Neuerungen unse-
en. Ziel ist es, Euch Informationen und Neuigkeiten der Ärz-   rer Ärztekammer, zusam-
tekammer, die uns junge Kolleginnen und Kollegen betref-       men mit praxisrelevante
fen direkt zukommen zu lassen. Dafür planen wir einen          Themen wie beispielswei-
Email-Verteiler, um Euch mit Informationen aus der Ar-         se der „erste Nachtdienst“
beit der Ärztekammer und unserer Arbeitsgruppe zu              oder „klinische Fallstricke
versorgen. Weiter möchten wir gerne brennende Themen           einzelner Fachbereiche“ referiert werden. Eines der ersten
der jungen Kolleginnen und Kollegen aufnehmen, mitei-          großen Themen wird zusammen mit dem Referat Weiterbil-
nander gestalten und in einem weiteren Schritt diese Vor-      dung der Ärztekammer vorgestellt und betrifft die Einfüh-
schläge und Gedanken in die Kammerarbeit einbringen.           rung des neu eingeführten elektronischen Weiterbildungs-
In einem ersten Schritt haben wir mit Unterstützung der Ärz-   Logbuchs.
tekammer die Leiter der einzelnen Abteilungen der Kranken-     Weitere Themen werdet ihr auf der Seite der Ärztekammer
häuser in M-V angeschrieben und um die Benennung eines         und der AG Junge Ärzte finden. Die Information zu diesen
Ansprechpartners gebeten. Hierrüber konnten bereits erste      Veranstaltungen und Neuerungen werden außerdem über
Kontakte geknüpft werden. Gerne möchten wir dieses Netz-       die entsprechenden Ansprechpartner in den Abteilungen der
werk weiter ausbauen und möchten alle Interessierten bit-      Kliniken erfolgen.
ten, mit uns direkt in Kontakt zu treten. Meldet Euch gerne    Wir möchten euch nochmal sehr gerne um Eure Mitarbeit
bei uns (jungeaerzte@aek-mv.de), wenn Ihr Interesse an der     bitten und freuen uns sehr auf eure Rückmeldungen!
Mitgestaltung unseres Berufsstandes habt.
Des Weiteren erarbeiten wir mit der Zeit eine Fortbildungs-                        Marcel Baschin und Andreas Enz für die
reihe, genannt „Kammer meets Kittel“ für interessierte                                     Arbeitsgruppe Junge Ärzte MV

AUSGABE 9/2021 31. JAHRGANG                                                                                          Seite 345
AKTUELLES

    Aufbau einer Biobank und Etablierung
    Patienten-abgeleiteter Xenografts von
    Kopf-Hals-Tumoren
    im Clinician Scientist Programm der Universitätsmedizin Rostock

    Daniel Strüder1, Theresa Momper², Nina Irmscher², Mareike Krause2, Jan Liese3,
    Sebastian Schraven1, Annette Zimpfer4, Sarah Zonnur4, Björn Schneider 4, Bernhard Frerich3,
    Robert Mlynski1, Christina Große-Thie², Christian Junghanss², Claudia Maletzki²

    Zusammenfassung                                                                        pieversuchen und Biomarker-Studien eingeschlossen werden.
                                                                                           Wir sehen unser Projekt als Grundlage, um Xenografts neben
    Die heterogene Molekularpathologie von Kopf-Hals-Tumoren                               der Forschung zukünftig auch in der Klinik einsetzen zu kön-
    führt zu einem hochvariablen Therapieansprechen. Diese He-                             nen. Die ex vivo-Response Testung in einem individuellen Mo-
    terogenität kann durch Tumormodelle aus Patientenproben                                dell – das bereits während der Diagnostik erstellt wird – könn-
    erfasst werden. Insbesondere Patienten-abgeleitete Xeno-                               te die Planung der (neo-)adjuvanten Therapie wesentlich ver-
    grafts (PDX) repräsentieren die Histologie und Molekularpa-                            bessern. Für den Patienten eröffnet die Methode eine neue
    thologie des Originaltumors.                                                           Perspektive in der Behandlung fortgeschrittener Kopf-Hals-
    Trotz dieser Vorteile haben sich PDX nicht flächendeckend in                           Tumoren und kann ohne Gefährdung der Sicherheit mehr Le-
    der präklinischen Forschung etabliert. Ein wesentlicher Grund                          bensqualität bedeuten.
    ist die eingeschränkte Materialverfügbarkeit. Fortgeschrittene,
    metastasierte oder rezidivierte Tumoren werden meist nicht                             Stand der Forschung
    operiert und die Generierung von PDX aus Probebiopsien ist
    nicht ausreichend untersucht. Dabei sind diese hochmalignen                            Die genetische Heterogenität von Kopf-Hals-Tumoren wird von
    und Therapierefraktären Tumoren für die präklinische For-                              präklinischen Modellen nur eingeschränkt repräsentiert. Kopf-
    schung und die personalisierte Therapie besonders relevant.                            Hals-Plattenepithelkarzinome sind eine biologisch heterogene
    Im vorliegenden Projekt werden eine Biobank für Kopf-Hals-                             Gruppe von Tumoren mit hochvariabler Ansprechrate auf die
    Tumoren aufgebaut, Patienten-abgeleitete präklinische Mo-                              Chemo-, Immun- und Radiotherapie 1,2. Trotz intensiver For-
    delle etabliert und auch Xenografts aus endoskopischen Biop-                           schung konnten in den letzten 25 Jahren nur zwei neue medi-
    sien untersucht.                                                                       kamentöse Ansätze (EGFR-/PD-1-Antikörper, beide mit variab-
    Die Gewebeproben werden umfassend charakterisiert (im-                                 lem Ansprechen) etabliert werden 3,4. Entgegen vielverspre-
    munhistologische/durchflusszytometrische Charakterisierung                             chender präklinischer Ergebnisse versagt die Mehrzahl neuer
    des Tumormikromilieus; Nachweis somatischer Mutationen un-                             Substanzen in klinischen Studien (1/10.000 wird zugelassen;
    ter Verwendung des Cancer Hotspot Panels mit Next Generati-                            2,56 Mrd USD Kosten/Zulassung) 5,6,1. Der geringe Erfolg neuer
    on Sequencing (NGS)) und sowohl in vitro als auch in immun-                            Substanzen ist auch auf die Limitationen der präklinischen Mo-
    supprimierten Mäusen expandiert. Die charakterisierten Xeno-                           delle zurückzuführen: Der Standard in der präklinischen Evalu-
    grafts und Xenograft-abgeleitete Zelllinien werden sodann zur                          ation ist weltweit die in vitro- und in vivo-Wachstumsinhibition
    Untersuchung der Wirkung neuer Cyclinabhängiger Kinasen                                immortalisierter und langzeitkultivierter Zelllinien. Die huma-
    genutzt.                                                                               nen Ursprungstumoren – insbesondere ihre genetische und
    Durch die reproduzierbare Herstellung aus Biopsien könnten                             morphologische Heterogenität – werden durch Zelllinien aller-
    zukünftig Patienten-abgeleitete Xenografts in größerer Zahl                            dings nur näherungsweise beschrieben. Dadurch fehlen für
    und auch aus aggressiven nicht-operablen Tumoren in Thera-                             Kopf-Hals-Tumoren weiterhin valide Biomarker und das indivi-
                                                                                           duelle Ansprechen eines spezifischen Tumors bleibt unvorher-
    1
     		Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie
       „Otto Körner“ Universitätsmedizin Rostock
                                                                                           sehbar (Abb. 1) 7–9.
    2
     		Zentrum für Innere Medizin, Klinik für Hämatologie, Onkologie und Pallia-           Patienten-abgeleitete Modelle aus primären Proben können
       tivmedizin Universitätsmedizin Rostock
    3
     		Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Klinik   viele Limitationen der konventionellen Modelle aus Zelllinien
       und Polikliniken für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Universitätsmedizin           überwinden. Neben der Histopathologie und den genetischen
       Rostock
    4
     		Institut für Pathologie, Universitätsmedizin Rostock                                Aberrationen korrelieren auch das Therapieansprechen und

Seite 346                                                                                                      ÄRZTEBLATT MECKLENBURG-VORPOMMERN
AKTUELLES

                                                                                                rationsproben (kleinzelliges Lungenkarzi-
                                                                                                nom) untersucht. Die Anwachsraten bei
                                                                                                Biopsien (33-60%) waren grundsätzlich
                                                                                                niedriger als bei Operationspräparaten
                                                                                                (40-100%).
                                                                                                Für Kopf-Hals-Tumoren scheint die endos­
                                                                                                kopische Probeentnahme aufgrund des
                                                                                                exophytischen Tumorwachstums tech-
                                                                                                nisch geeignet zu sein. Allerdings geben
Abbildung 1: Rationale für die Etablierung neuer präklinischer Modelle. Die heterogene
                                                                                                lediglich zwei aktuelle Studien die regel-
Pathologie von Kopf-Hals-Tumoren führt zu einem variablen Therapieansprechen. Diese
Heterogenität kann durch Biobanken erfasst und in Patienten-abgeleiteten Modellen un-           mäßige Verwendung von Biopsien an.
tersucht werden. Die Forschung an geeigneten präklinischen Modellen ist die Basis für           Lilja-Fisher et al. implantierten endosko-
die Entwicklung schonender Therapiestrategien auf der Basis verlässlicher Biomarker und
                                                                                                pische Biopsien und Tumortonsillektomi-
personalisierter Medizin.
                                                                                                en von HPV-positiven Oropharynxkarzi-
                                                                                                nomen (n = 34) mit einer (für HPV-positi-
die Prognose besser mit dem Ursprungstumor 10–13. Das aktu-               ve Tumoren hohen) Anwachsrate von 33% 30. Dabei wurde das
ell beste Modell zur präklinischen Evaluation des Therapiean-             Anwachsen von Tonsillektomie- und endoskopischen Proben
sprechens und zur Identifikation relevanter Biomarker ist der             nicht differenziert untersucht, sodass nur indirekt Rückschlüsse
Patienten-abgeleitete Xenograft (PDX; direkte Implantation                auf das Anwachsen aus Biopsien gezogen werden können. In
von Patiententumoren in immunsupprimierte Mäuse)           5,6,14,15
                                                                     . In einer aktuellen Studie von Kang et al. war die Anwachsrate von
den letzten Jahren wurde – auch in unserer Arbeitsgruppe –                Biopsien (100%, 6/6) deutlich höher als bei chirurgischen Re-
die Anwachsrate und die Zeit bis zum Anwachsen (Engraft-                  sektaten (25%, 16/62) 31. Bei den Biopsien bleibt allerdings un-
ment) durch die Optimierung der Methoden verbessert 16,14.                klar, ob diese endoskopisch/transoral oder aus Lymphknoten-
Dadurch kann die Entwicklung zielgerichteter Substanzen be-               metastasen entnommen wurden. Die Anwachsrate von 100%
schleunigt werden, um den Patienten zukünftig eine moleku-                spricht vor dem Hintergrund der Literatur und unserer Vorun-
larbiologisch personalisierte Therapie von Kopf-Hals-Tumoren              tersuchungen (Abb. 2) eher für transkutane Biopsien aus
zu ermöglichen.                                                           Lymphknoten. Letztlich bleibt die Anwachsrate, die Zeit bis
Patienten-abgeleitete Modelle von Kopf-Hals-Tumoren konn-                 zum Anwachsen und die Faktoren, die zur Etablierung eines
ten sich allerdings – trotz der Empfehlung des National Cancer            PDX aus endoskopischen Biopsien führen, unklar.
Institute – noch nicht als Standard in der präklinischen For-
schung durchsetzen 17,6. Bei Kopf-Hals-Tumoren ist die Engraft-           Ergebnisse
mentrate bei ausreichendem Material aus chirurgischen Resek-
tionen hoch (50-75%) 18,13,11,19.                                         Unsere interdisziplinäre Arbeitsgruppe (HNO, MKG und Häma-
Bei kleineren Tumoren oder Biopsien ist das Patientengewebe               tologie/Onkologie) hat zwischen 11/2018 und 06/2020 Proben
allerdings primär für die Diagnostik notwendig und nur wenig              von 52 Kopf-Hals-Tumorpatienten aus Endoskopien und Resek-
Material kann zur Initiierung von Xenografts genutzt werden.
So wird unter Umständen das gesamte Material für die Schnitt­
randkontrolle benötigt. Große Tumoren, rezidivierte Tumoren
und metastasierte Tumoren werden einer primären Radiothe-
rapie oder Systemtherapie zugeführt und meist nicht operiert
2
  . In beiden Fällen steht nur die initiale Probebiopsie für Patien-
ten-abgeleitete Modelle zur Verfügung. Ein schlechtes An-
wachsen dieser Biopsien birgt die Gefahr hochmaligne (rezidi-
vierte, primär fernmetastasierte) Tumoren aus der präklini-
schen Forschung auszuschließen.
In den letzten Jahren konnten PDX aus Probebiopsien bei Ma-
lignomen der Mamma 20, der Lunge 21–24, des Magens 25, der
Bauchspeicheldrüse 26,27, der Niere 28 und der Haut 29 etabliert
werden. Dabei wurden transkutane Grobnadelbiopsien (Leber-
metastasen), transbronchiale endoskopische Biopsien (kleinzel-
liges- und nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom, Liquid Biopsy
Blutproben (kleinzelliges Lungenkarzinom) und pleurale Aspi-

AUSGABE 9/2021 31. JAHRGANG                                                                                                          Seite 347
AKTUELLES

                                                                                                             Abbildung 2: Zwischenergebnisse
                                                                                                             der bisherigen Untersuchungen.
                                                                                                             Im Zeitraum von 11/2018 bis
                                                                                                             06/2020 wurden 52 Studienpatien-
                                                                                                             ten in den Aufbau der Biobank
                                                                                                             und der Patienten-abgeleiteten
                                                                                                             Modelle eingeschlossen. Die Ziele
                                                                                                             sind der Einschluss weiterer Patien-
                                                                                                             ten, die Implantation und Expansi-
                                                                                                             on der verbleibenden Proben, die
                                                                                                             Aufklärung der geringen An-
                                                                                                             wachsrate endoskopischer Biopsi-
                                                                                                             en und die Komplettierung der im-
                                                                                                             munhistologischen / molekularpa-
                                                                                                             thologischen Untersuchungen
                                                                                                             (u.a. Cancer Hotspot Panel). Ab-
                                                                                                             schließend ist die Therapie der Pa-
                                                                                                             tienten-abgeleiteten Xenografts
                                                                                                             und der daraus etablierten Zelllini-
                                                                                                             en mit Cyclin-abhängigen Kinase-
                                                                                                             Inhibitoren geplant.

    tionen für die Etablierung Patienten-abgeleiteter präklinischer         vergleichende Analyse mit dem jeweiligen Primärtumor. Die
    Modelle rekrutiert (Abb. 2). Die Proben wurden sowohl vital             Zwischenergebnisse der Studie sind in Abb. 2 dargestellt. Hin-
    (in Einfriermedium), als auch nativ (trocken) asserviert (flüssig       sichtlich der endoskopischen Biopsien und chirurgischen Resek-
    N2 bzw. -80°C). Diese umfassen HPV+, als auch HPV- Primärtu-            tate kam es in beiden Gruppen zum Auswachsen von Xeno-
    moren. Von vier Patienten wurden syn- bzw. metachrone                   grafts; die Anwachsrate war für Biopsien allerdings niedriger
    Lymphknotenmetastasen gewonnen sowie bei drei Patienten                 (22% vs. 57%) und die Zeit bis zum Anwachsen länger (12 vs. 6
    mehrere Präparate unterschiedlicher Lokalisation. Ein Teil der          Wochen). Die Wachstumskinetik bei etablierten PDX unter-
    Proben wurde immunhistologisch, durchflusszytometrisch und              schied sich nicht.
    molekularpathologisch charakterisiert. Bislang wurden 34 Pro-
    ben subkutan in immundefiziente Mäuse implantiert und 13                Parallel zum Aufbau der Biobank werden Therapieversuche mit
    PDX in Passage 1 generiert (Abb. 3). Bei allen PDX erfolgte eine        den Cyclin-abhängigen Kinase-Inhibitoren (CDKi) in vitro und

    Abbildung 3: In vitro- und in vivo-Therapieversuche mit Cyclin-abhängigen Kinase-Inhibitoren. A) UT-SCC14 Lichtmikroskopie nach Behand-
    lung mit Kontrollmedium (ctrl), Palbociclib (1 µM) oder Dinaciclib (0,025 µM) für 72 Stunden. Kristallviolett-Assay der Zellvitalität nach 72
    Stunden Behandlung mit Palbociclib und Dinaciclib (n = 3, One way ANOVA, *p
AKTUELLES

in vivo durchgeführt (Abb 3.). Cyclin-ab-                                                  sentation des Ursprungstumors in der
hängige Kinasen (CDK) kontrollieren den                                                    präklinischen Forschung.
Zellzyklus und spielen eine entscheiden-                                                   In diesem Zusammenhang ist die Etablie-
de Rolle in der Onkogenese. Auch für                                                       rung von Biobanken, ex vivo Gewebekul-
Kopf-Hals-Tumoren ist die Wirksamkeit                                                      turen und Patienten-abgeleiteten Mo-
von CDKi belegt 35–41. Die Auswirkungen                                                    dellen essenziell, um langfristig eine
der CDK 4/6-Inhibition (Palbociclib) oder                                                  Grundlage für verbesserte prophylakti-
CDK1/2/5/9-Inhibition (Dinaciclib) allein,                                                 sche und therapeutische Ansätze für den
und der CDKi in Kombination mit Che-                                                       klinischen Alltag bereitzustellen. Aller-
mo- und Strahlentherapie sind bislang                                                      dings besteht ein dringender Bedarf, die
jedoch unklar. Darüber hinaus bieten                                                       Anwachsrate und die Zeit zum Anwach-
CDKi ein großes Potenzial als Adjuvanz                                                     sen des Xenografts zu verbessern, um
in der Immuntherapie.                                                                      PDX flächendeckend als Standard in der
Unsere Voruntersuchungen zu CDKi                                                           präklinischen Forschung und zukünftig
konnten in vitro eine höhere Wirksam-                                                      auch in der Klinik einzusetzen9. In die-
keit von Dinaciclib im Vergleich zu Palbo-                                                 sem Zusammenhang fehlen aktuell Un-
ciclib nachweisen. Dabei hatte Dinaciclib                                                  tersuchungen zur Etablierung von PDX
additive Effekte in der Kombination mit                                                    aus endoskopischen Biopsien.
einer Chemotherapie oder einer Radio-                                                      Das Ziel des vorliegenden Projektes ist
therapie. Zusätzlich führte Dinaciclib zur                                                 der Aufbau einer Biobank mit assoziier-
Expression von Calreticulin (Surrogat-                                                     ten Patienten-abgeleiteten Xenografts
marker für immunogenen Zelltod). Un-         Abbildung 4: Protokoll der Implantation       und Xenograft-abgeleiteten Zelllinien.
sere laufenden in vivo-Therapieversuche      und Passagierung Patienten-abgeleiteter       Die Patienten-abgeleiteten Modelle wer-
                                             Xenografts. Die Tumorproben werden en-
mit Zelllinien-abgeleiteten Xenografts (5    doskopisch oder operativ entnommen und        den abschließend in Therapieversuchen
x 106 Tumorzellen; UTSCC14/ UTSCC15;         in Fragmente zerschnitten. Vier Fragmente     mit CycIin-abhängigen Kinase Inhibito-
                                             aus jedem Tumor werden in je zwei NSG-
Primarius und Metastase eines Mund-                                                        ren validiert. In die Biobank werden ne-
                                             Mäuse implantiert (P0). Das verbleibende
höhlenkarzinoms) bestätigen die in vitro     Material wird vital kryoasserviert. Nach      ben chirurgischen Resektaten auch en-
Resultate: Die Dinaciclib-Therapie von       Auswachsen    der Tumoren   erfolgt die Re-   doskopische Biopsien (u.a. aus metasta-
                                             sektion, die histologische Validierung und
Flankentumoren in Nacktmäusen führte         die Transplantation in weitere NSG Mäuse
                                                                                           sierten und rezidivierten inoperablen
zur Wachstumsinhibition der Tumoren          (P1) (bzw. die Kryokonservierung des ver-     Tumoren) eingeschlossen. In den Vorver-
und die Kombination mit Cisplatin zu ad-     bleibenden Gewebes). Nach erneutem An-        suchen deutete sich dabei eine geringere
                                             wachsen der Tumoren erfolgt der Transfer
ditiven Effekten (in den Cisplatin-Mono-     in Nacktmäuse (P2). In der Nacktmaus sta-     Anwachsrate bei den Biopsien an (An-
therapie resistenten Tumoren) (Abb. 3C).     bile PDX werden anschließend für Thera-       wachsrate: Biopsie 5/20; 25% Resektat
Weitere Kombinationen werden aktuell         piestudien mit Cyclin-abhängigen Kinase-      8/14; 57%). Die unterschiedlichen An-
                                             Inhibitoren verwendet.
untersucht: 0,2 % DMSO in 0,9 % NaCl                                                       wachsraten sollen im vorliegenden Pro-
(Kontrollgruppe) - Cetuximab (10 mg/kg                                                     jekt verifiziert werden und dann histolo-
KG, i.p., 1x/Woche; Σ 4 Injektionen) - Dinaciclib (50 mg/kg KG,       gische, molekularpathologische und technische Faktoren für
i.p. 5x/Woche; Σ 10 Injektionen), Palbociclib (150 mg/kg KG,          ein erfolgreiches Anwachsen kleiner Proben identifiziert wer-
p.o., 5x/Woche; Σ 10 Injektionen)                                     den. Ein besseres Verständnis der Mechanismen des Anwach-
                                                                      sens kann zukünftig ermöglichen, vermehrt fortgeschrittene
Ausblick                                                              Tumoren in Patienten-abgeleitete Modelle zu integrieren.

Die heterogene Molekularpathologie von Plattenepithelkarzi-                                                 Literatur beim Autor:
nomen des Kopfes und Halses führt zu einem variablen Thera-                                                                Kontakt:
pieansprechen. Ein besseres Verständnis des Einflusses der                                                  Dr. med. Daniel Strüder
biologischen Unterschiede auf das Therapieansprechen und                     Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde,
die Identifikation molekularer Marker ist daher von erhebli-                               Kopf- und Halschirurgie „Otto Körner“
cher Relevanz.                                                                                         Universitätsmedizin Rostock
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erfordern die Etablierung präklinischer Modelle, welche die                                                      Tel.: 0381 494 8377
biologische Heterogenität humaner Tumoren wiedergeben5.                                                          Fax: 0381 494 8302
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AUSGABE 9/2021 31. JAHRGANG                                                                                                    Seite 349
AKTUELLES

     ePA – zentrales Element in einem digital ver-
     netzten Gesundheitswesen
     Mit dem Aufbau und der Einführung der Telematikinfrastruk-              c) die elektronischen Notfalldaten11,
     tur im deutschen Gesundheitswesen sind hohe Erwartungen                 d) elektronische Arztbriefe1,
     an eine Verbesserung der Patientenversorgung geknüpft. Ins-       2.    das elektronisches Zahn-Bonusheft2,
     besondere durch eine verbesserte, schnellere und idealerwei-      3.    das elektronische Untersuchungsheft für Kinder2,
     se vollständige Bereitstellung von relevanten Informationen       4.    der elektronische Mutterpass und Daten, die sich aus der
     zu Patienten soll die Behandlung unterstützt werden. Als „Kö-           Versorgung mit Hebammenhilfe ergeben2,
     nigsdisziplin“ der Digitalisierung in der Gesundheitsversor-      5.    die elektronische Impfdokumentation2,
     gung wird hierbei gerne die elektronische Patientenakte be-       6.    Gesundheitsdaten, die durch den Versicherten zur Verfü-
     nannt. Sie soll in der Hand der Patienten das zentrale Element          gung gestellt werden1,
     einer vernetzten Gesundheitsversorgung werden. In der per-        7.    Daten des Versicherten aus der elektronischen Gesund-
     sönlichen elektronischen Patientenakte können Patienten die             heitsakte bei seiner Krankenkasse2,
     bislang an verschiedenen Orten vorliegenden Dokumente zu          8.    bei den Krankenkassen gespeicherte Daten über die in
     Behandlungen, Therapien, anamnestische Informationen oder               Anspruch genommenen Leistungen des Versicherten2,
     Befunde an einer Stelle digital zusammenführen, verwalten         9.    Daten aus digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) des
     und für die Behandlung verfügbar machen.                                Versicherten3,
                                                                       10.   Daten zur pflegerischen Versorgung des Versicherten ,
     Alle gesetzlichen Krankenkassen müssen ihren Versicherten seit    11.   Verordnungsdaten und Dispensierinformationen elektro-
     Anfang 2021 eine elektronische Patientenakte anbieten. Weder            nischer Verordnungen (eRezepte inkl. Arzneimittelhisto-
     Krankenkassen noch deren Dienstleister haben Zugriff auf die            rie)2,
     Daten. Die Nutzung der ePA ist für Versicherte freiwillig.        12.   elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (eAUs)3,
                                                                       13.   sonstige von den Leistungserbringern für den Versicher-
     Gesetzliche Grundlagen                                                  ten bereitgestellte Daten, insbesondere aus strukturierten
                                                                             Behandlungsprogrammen bei chronischen Erkrankungen3.
     Basierend auf dem Patientendaten-Schutz-Gesetz sind die
     Funktionalitäten, die Zugriffsberechtigungen der Beteiligten      Einführungsstufen und Funktionalitäten
     und die Einführungsphasen der ePA in § 341 ff. SGB V gere-
     gelt. Allein die Patientin bzw. der Patient besitzt alle Rechte   Geplant ist, die elektronische Patientenakte stufenweise ein-
     an den Daten in der ePA. Diese ersetzt also nicht die Primär-     zuführen und dabei sukzessive um Funktionalitäten und Nut-
     dokumentation der Praxis bzw. des Krankenhauses. Bedingt          zerkreise zu erweitern.
     durch das Recht des Versicherten, sämtliche Einträge eigen-       In der ersten Stufe, die im Januar 2021 begonnen hat, konnte
     ständig löschen bzw. darüber entscheiden zu können, welche        der Versicherte lediglich von ihm selbst erhobene Daten und
     Informationen überhaupt in seine ePA aufgenommen wer-             ihm vorliegende medizinische Dokumente in seine Akte ein-
     den, sollten behandelnde Ärztinnen und Ärzte nicht von einer      stellen – wie etwa Arztbriefe, Medikationspläne oder Patien-
     Vollständigkeit der medizinischen Informationen zum Patien-       tenpässe. Die ePA dient also zunächst vor allem als Dokumen-
     ten ausgehen.                                                     tenablage des Patienten. Seit Januar 2021 bieten alle Kranken-
     Die ePA ermöglicht es, stufenweise einen umfangreichen Ka-        kassen ihren Versicherten zur Einrichtung und Verwaltung
     talog von medizinischen Daten aufzunehmen. Dazu zählen:           ihrer ePA eine App für das Smartphone an. Der Zugriff einer
     1. medizinische Informationen über den Versicherten für           Ärztin bzw. eines Arztes auf die Daten in der ePA der Patien-
         eine einrichtungs-, fach- und sektorübergreifende Nut-        ten ist seit 1. Juli 2021 möglich – vorausgesetzt, die Praxis ver-
         zung, insbesondere                                            fügt über die erforderlichen technischen Komponenten. Mit
         a) Daten zu Befunden, Diagnosen, durchgeführten und           einer flächendeckenden Verfügbarkeit der Technik in den
              geplanten Therapiemaßnahmen, Früherkennungsun-           Arztpraxen ist nicht vor Herbst 2021 zu rechnen.
              tersuchungen, Behandlungsberichten und sonstige
              untersuchungs- und behandlungsbezogene medizini-
              sche Informationen1,                                     		1. Ausbaustufe seit dem 01.01.2021
                                                                       1

                                                                       		2. Ausbaustufe ab dem 01.01.2022
                                                                       2

         b) der elektronische Medikationsplan1,                        		3. Ausbaustufe ab dem 01.01.2023
                                                                       3

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AKTUELLES

Die Daten in der Akte sind verschlüsselt. Nur der Patient sowie   entsprechenden Updates aller drei Konnektor-Hersteller für
von ihm berechtigte Ärztinnen und Ärzte oder andere Heilbe-       die ePA sind mittlerweile von der gematik zugelassen. Für die
rufler können die Daten lesen. Der Patient erteilt die Berech-    Nutzung der ePA brauchen Ärztinnen und Ärzte zusätzlich zu
tigungen über die ePA-App auf seinem Smartphone. Anschlie-        den genannten Komponenten einen elektronischen Heilbe-
ßend kann medizinisches Personal Daten auch ergänzen, ohne        rufsausweis (eHBA) mindestens der Generation 2 sowie ein
dass der Patient dabei anwesend sein muss. Dies kann bei-         entsprechendes Modul ihres Praxisverwaltungssystems.
spielsweise relevant sein, wenn nach einer Blutabnahme            Technisch betrachtet ist für den Zugriff auf die ePA zwar nur
Labor­ergebnisse später in der Praxis eintreffen.                 der sogenannte Praxisausweis (SMC-B) erforderlich, doch muss
                                                                  jede Ärztin bzw. jeder Arzt, der auf Daten der ePA zugreift,
Patienten, die kein Smartphone besitzen, können alternativ        einen eHBA besitzen. Denn nur eHBA-Inhaber dürfen aus
bei einem Arztbesuch „ad-hoc“ Berechtigungen vor Ort mit-         rechtlicher Sicht auf medizinische Daten zugreifen. Vertrags-
tels der Infrastruktur bei der Ärztin bzw. bei dem Arzt verge-    ärztinnen und -ärzten wird deshalb dringend geraten, einen
ben. In der ersten Ausbaustufe kann der Patient Zugriffsbe-       eHBA zu beantragen. Denn verfügen Vertragsärztinnen und
rechtigungen lediglich „grobgranular“ erteilen. Demnach           Vertragsärzte – auch ohne eigenes Verschulden – bis zum
kann er Berechtigungen nicht auf einzelne Dokumente, son-         30.9.2021 nicht über die erforderlichen Komponenten,
dern lediglich pauschal auf zwei Dokumentenbereiche – ärzt-       um auf die ePA zuzugreifen, drohen gesetzlich vorgese-
liche Dokumente und vom ihm selbst eingestellte Dokumente         hene Sanktionen.
– erteilen.
Mit der zweiten Ausbaustufe wird ab 2022 ein differenzierte-      Finanzierung
res Berechtigungskonzept eingeführt. Der Patient kann dann
Berechtigungsfreigaben auf Basis von Dokumenten- bzw.             Die Vertragspartner der Selbstverwaltung haben Finanzie-
Facharztgruppen erteilen („mittelgranulares Berechtigungs-        rungsvereinbarungen für den Betriebsaufwand und den Um-
management“) oder Dokumente einzeln freigeben („feingra-          gang mit der elektronischen Patientenakte geschlossen. Die
nulares Berechtigungsmanagement“). Zudem wird unter an-           Kosten für die Grundausstattung und das Update auf die E-
derem die Speicherung des Impfausweises und von eRezepten         Health-Anwendungen sind bereits von anderen Pauschalen
möglich. Auf Wunsch des Patienten können zusätzlich Abrech-       der Telematikinfrastruktur abgedeckt. Für die ePA kommen
nungs- und Leistungsdaten, die bei den Krankenkassen zum          folgende Pauschalen hinzu:
Patienten vorliegen, in die ePA übertragen werden. Auch
kann der Patient Daten aus einer vorher genutzten elektroni-
schen Gesundheitsakte seiner Krankenkasse in die ePA migrie-
                                                                   Komponente                          Pauschale
ren.
Ein Zugriffsrecht ist in der ersten ePA-Stufe standardmäßig auf
eine Woche beschränkt. Patienten können die Dauer mittels          Update zum ePA-Konnektor            400 Euro
Smartphone-App oder ad-hoc bei der Ärztin bzw. beim Arzt
selbständig für einen Zeitraum von einem Tag bis zu höchstens      PVS-Anpassung ePA                   150 Euro
18 Monaten festlegen. In der zweiten ePA-Stufe ist die Spann-
weite der Dauer frei wählbar; auf Wunsch auch unbefristet.         Betriebskostenzuschlag ePA          4,50 Euro je Quartal
In der dritten Ausbaustufe – also ab 2023 – soll die ePA „for-
schungskompatibel“ werden. Auf freiwilliger Basis kann der        Für das Erfassen, Verarbeiten und Speichern der Daten in einer
Patient dann Daten aus seiner ePA der Forschung zur Verfü-        ePA können Ärztinnen und Ärzte entsprechende Gebühren-
gung stellen. Außerdem können Daten aus der pflegerischen         ordnungsziffern abrechnen. Hinzu kommt eine gesetzlich für
Versorgung, eAUs und Daten aus strukturierten Behandlungs-        das Jahr 2021 festgelegte Erstbefüllungspauschale von 10 Euro
programmen sowie Daten aus den DiGAs in die ePA übertra-          pro ePA.
gen werden.                                                       In einem Informationsvideo der gematik erfahren Sie, welche
                                                                  Möglichkeiten Sie mit der elektronischen Patientenakte (ePA)
Erforderliche Komponenten und deren                               in Ihrem Praxisverwaltungssystem haben.
Verfügbarkeit                                                     Auf der Website der Bundesärztekammer können Sie außer-
                                                                  dem FAQs zu Haftungsfragen der elektronischen Patien-
Ärztinnen und Ärzte benötigen verschiedene technische Kom-        tenakte einsehen.
ponenten, um Einträge in der ePA lesen oder einstellen zu
können. Zunächst bedarf es eines Software-Updates des Kon-                                 Mitteilung der Bundesärztekammer
nektors auf die Produkttypversion 4 (PTV 4) oder höher. Die

AUSGABE 9/2021 31. JAHRGANG                                                                                                   Seite 351
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