LOKALJOURNALISMUS DER BESSERE - FORUM LOKALJOURNALISMUS 2010 IN DORTMUND - BPB
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
02 EDITORIAL Forum Lokaljournalismus 2010 Kompass in der digitalen Welt Berthold L. Flöper zieht nach dem 18. Forum Lokaljournalismus in Dortmund sein persönliches Fazit ten.” Der Ministerpräsident for- derte deshalb: „Der Lokaljourna- lismus braucht mehr Anerken- nung. Lokaljournalisten brauchen bessere Perspektiven.” (Seite 5) Beim Forum Lokaljournalismus wurde zudem deutlich, wie wich- Berthold L. tig das multimediale Arbeiten ist Flöper leitet und dass Lokal- und Regionalzei- das Lokaljour- tungen zu Recht neben der ge- nalistenpro- druckten Tageszeitung auf cross- gramm der bpb. mediale Verbreitungskanäle set- Foto: J. Studnar zen. Mit einem starken Plädoyer trat die britische Medienberaterin Sarah Schantin-Williams dafür Lokaljournalist ist ein Beruf ein, „zurück ins Herz der Leser” zu finden. Die Expertin für mit Zukunft, die Print-Bran- Change Management und mediale Veränderungsprozesse beim Welt- che muss sich aktiv und of- verband für Zeitungen und Nach- richtenmedien WAN-IFRA sieht fensiv mit den Herausforde- auch in der Zukunft „wunderbare rungen des digitalen Zeital- Chancen” für professionellen Lo- ters auseinandersetzen und »Erfolgsrezepte die Tageszeitung zum Kom- müssen sich pass machen. herausbilden« kaljournalismus. Ihre Studien zei- Die 150 Chefredakteure und lei- gen, dass gerade Lokal- und Regi- tenden Redakteure, Wissenschaft- onalzeitungen ein „enormes Po- ler und Medienexperten aus tenzial” haben. (Interview auf Deutschland, Österreich und der Seite 8) Schweiz bekräftigten in Dort- mund, dass die Lokalzeitung trotz Ein Erfolgsrezept gibt es aller- starker Konkurrenz durch die dings nicht. Viele Verlagshäuser elektronischen Medien in der de- beobachten den Markt und fragen mokratischen Gesellschaft unver- sich: Welche Geschäftsmodelle zichtbar bleibt – zumindest bis setzen sich durch, welche ver- auf Weiteres. Denn sie genießt schwinden wieder? Sascha Lobo, unter allen Medien die höchste einer der bekanntesten Blogger Glaubwürdigkeit. Deshalb haben Deutschlands, vermisst klare die lokalen und regionalen Tages- Konzepte und Qualität in der In- zeitungen eine Zukunft. ternetpräsenz der regionalen Ta- geszeitungen. Und Professor Ste- Unter dem Motto „Mutig, multi- phan A. Weichert von der Macro- medial, meinungsbildend” liefer- media-Hochschule in Hamburg ten sich die Teilnehmerinnen und urteilt angesichts des rasanten Teilnehmer beim 18. Forum Lo- Tempos im Internet: „Wir sind kaljournalismus der Bundeszent- Lokaljournalismus hat Zukunft, sagen die Experten. Foto: Knut Vahlensieck die Neandertaler in der digitalen rale für politische Bildung/bpb Entwicklung.” Verlagshäuser und leidenschaftliche Diskussionen ce, Ideen auszutauschen, neue „Der Lokaljournalist hat einen Redaktionen müssten viel stärker über die Zukunft der Zeitung. Be- Impulse für die Arbeit in der Beruf mit Zukunft. Er hat ein Al- den Dialog suchen und ihr Publi- sonders die publizistischen He- heimischen Redaktion zu bekom- leinstellungsmerkmal, das ihm in kum ernst nehmen. (Weitere The- rausforderungen sowie die Aufga- men und über neue Arbeitsfelder der gegenwärtigen Umbruchspha- sen zur Zukunft der Lokalzeitung nachzudenken. se der Medienwelt gute Chancen auf den Seiten 22/23 und 32). »Markt der Chancen Die Konkurrenz durch die elek- verspricht”, so Bodo Hombach, Geschäftsführer der WAZ Medi- Das Forum Lokaljournalismus und Ideen für die tronischen Medien ist für die Lo- engruppe, in seiner Eröffnungsre- hat viele Diskussionen angeregt, Lokalredaktion« kalzeitungen sehr groß. „Der Lo- de (Auszüge auf den Seiten 6/7). Kontroversen angefeuert und kaljournalismus muss sich auf sei- Außerdem spiele die Lokalzeitung Stoff für Visionen vermittelt – im ne Stärken und seine Grundtu- eine tragende Rolle für die Demo- Dienste eines besseren Lokaljour- ben und das Selbstverständnis der genden besinnen – auf solide Re- kratie. nalismus. In diesem Magazin wer- Lokaljournalistinnen und Lokal- cherche, professionelle Analyse den Gespräche und Diskussionen journalisten standen im Fokus des und kritische Meinung”, betonte Davon ist auch NRW-Minister- nachgezeichnet. größten Kongresses für die Ma- Thomas Krüger, Präsident der präsident Jürgen Rüttgers über- cherinnen und Macher lokaler bpb (Interview auf Seite 4). zeugt: „Die Bevölkerung will wis- Viel Vergnügen beim Lesen, Nach- und regionaler Tageszeitungen. Diese Qualitäten erwarte das sen, was in ihrer Gemeinde pas- schlagen und Nachdenken. Beim Forum in Dortmund – in Publikum von seiner Tageszeitung siert. Die wichtigste Informations- Kooperation mit der Journalisten- und sie sicherten am Ende auch quelle ist und bleibt die Lokalzei- schule Ruhr und der WAZ Medi- deren Erfolg. Das Herzstück und tung.” Denn: „Im Lokalen ist der Mehr Infos im Internet engruppe – nutzten Praktiker, Forscher und Politiker die Chan- die Stärke der Tageszeitung liegen im Lokalen, sagen die Experten. Journalismus unmittelbar. Hier kommt er den Bürgern am nächs- @ www.bpb.de/ lokaljournalistenprogramm
Forum Lokaljournalismus 2010 INHALT 03 Mut im medialen Umbruch Menschen und Bilder Kreativ aus der Krise Gruppenbild oder Feature? bpb-Präsident Thomas Krüger Hans Blossey und Jakob Studnar Der „European Newspaper Wem nutzt die beste Story, wenn über die neuen Anforderungen im hielten das Forum Lokaljournalis- Award” zeichnet Zeitungen und die Optik nicht stimmt. Profis er- Lokaljournalismus. Seite 4 mus in Bildern fest. Seite 24/25 ihre Gestaltung aus. Seite 26 zählen. Seite 27 Lokalzeitung unverzichtbar Grußwort von NRW-Ministerprä- sident Jürgen Rüttgers. Seite 5 An die Zeitung, fertig, los! Marktplatz der Demokratie WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach über den Stellenwert des Lokaljournalismus. Seite 6 Newsroom, Newsdesk & Co Experten und Journalisten sprechen über moderne Mög- lichkeiten, um Nachrichten crossmedial zu verarbeiten. Seiten 8 bis 10 Die neuen Medien setzen der Zeitung zu. dere Zeitungsverlage auch – setzt unter an- Junge Leser wachsen nur mühsam nach. derem auf Schulprojekte. Zeus – Zeitung Innovative Formate Die Verlage lassen sich einiges einfallen, und Schule – ist eines davon und erreicht Die TU Dortmund erforscht die um dem Trend entgegenzuwirken. Die Es- jährlich zehntausende Schüler. Wie das Zukunft der Medienwelt. Seite 18 sener WAZ Mediengruppe – wie viele an- Projekt aussieht? Seite 11 Veränderter Journalismus Der Wandel der Medienwelt bringt Veränderungen im Journalismus, Renommiertes Branchentreffen erklärt John Pavlik. Seite 12 Ressortleiter und Chefredakteure beim 18. Forum Lokaljournalismus in Dortmund Drehscheibe startet Blog Mit vielen Antworten. Seite 20 D as Forum Lokaljournalismus ist die zentrale Veranstaltung im Journalistenprogramm der Bun- Das Forum Lokaljournalismus hat immer einen Kooperationspart- ner. In diesem Jahr war es die WAZ sagt Berthold L. Flöper, Leiter des Journalistenprogramms der Bun- deszentrale für politische Bildung. deszentrale für politische Bildung/ Mediengruppe. Das Forum bietet eine Plattform, bpb. Das wohl renommierteste „Beim Forum stellen wir den Lo- auf der Zukunftsfragen mit Journa- Neun Thesen Branchentreffen für Chefredakteu- kaljournalismus auf den Prüfstand listen, Politikern und Wissenschaft- Chefredakteur Paul-Josef Raue re und leitende Redakteure und analysieren Trends und Ent- lern diskutiert werden. „Außerdem zeigt, worauf es im Lokalen an- deutschsprachiger Lokal- und Re- wicklungen. Wichtig ist aber auch, wollen wir dazu beitragen, die Qua- kommt. Seite 29 gionalzeitungen tagte bereits zum dem Lokaljournalismus immer lität im Lokaljournalismus zu stei- 18. Mal. wieder neue Impulse zu geben”, gern”, so Flöper. Bilder vom W(ahl)-Award Acht Auszeichnungen. Seite 16 IMPRESSUM Nachlese des 18. Forums Lokaljourna- lismus vom 27. bis 29. Januar 2010 in Dortmund. Herausgeber: WAZ Mediengruppe, Friedrich- straße 34-38, 45128 Essen/Journalistenschule Die Schattenspiele Print gegen Hochgejubelt und Ruhr, Schederhofstraße 55, 45145 Essen, Gabriele Bartelt-Kircher der Zeitungshäuser Online niedergemacht Bundeszentrale für politische Bildung / bpb, Fachbereich Multimedia Die Zeitungsverlage sind auf Wie sieht die Zukunft von lo- BVB-Geschäftsführer Hans Jo- Lokaljournalistenprogramm der bpb, Berthold der Suche nach neuen Ge- kalen Tageszeitungen aus? achim Watzke spricht über L. Floeper, Adenauerallee 86, 53113 Bonn, schäftsmodellen. Aber was Printredakteure und Onliner das Verhältnis zwischen Fuß- floeper@bpb.de, www.bpb.de wird auch funktionieren? befragen sich gegenseitig. ballprofis und Lokalzeitung. Layout/Gestaltung/Grafik: Jens Ostrowski Seite15 Seite 22 Seite 31 Redaktion: Anke Vehmeier (CvD), Petra Bäu- mer, Jessica Buschmann, Monique De Cleur, Linda Fischer, Nikolaos Georgakis, Katja Gohs- mann, Jean-Luc Mette, Robert Reick, Maike Kindernachrichten Alles Twitter, oder was? Lokalzeitung 2020? Rellecke, Christoph Winkel, Kerstin Woerdehoff. Anzeigen: Olav Schulte Wie Verlage schon bei den Klei- Beim Forum Lokaljournalismus Junge und erfahrene Journalisten Technische Koordination: Frank Knoll nen punkten wollen. Seite 10 wurde kräftig getwittert. Seite 21 wagen einen Ausblick. Seite 32 Titelgestaltung: Verena Hasken
04 PERSPEKTIVEN Forum Lokaljournalismus 2010 Mut im medialen Umbruch bpb-Präsident Thomas Krüger über neue Herausforderungen im Lokaljournalismus und den Dialog mit dem Nutzer Die Bundeszentrale für politi- Orientierung geopfert werden. Da- her hängt bei diesen Umstrukturie- sche Bildung/bpb hat seit rungen sehr viel davon ab, ob das unternehmerische Ethos im Be- mehr als 30 Jahren ein Lo- reich der Lokalzeitungen Quali- kaljournalistenprogramm. Ihr tätsstandards setzt. Ohne professi- onellen Journalismus berauben Präsident Thomas Krüger sich Zeitungen selbst ihrer wich- tigsten Grundlage, wegen derer sie spricht über die neuen An- – noch – gekauft werden. Es geht darum, eine tragfähige Strategie zu forderungen in der Branche. entwickeln, wie seriöse Berichter- stattung überleben kann, wie jour- nalistische Traditionsmarken ihre Hat das Programm nach so lan- Stärken monetarisieren können. ger Zeit noch seine Berechtigung? Vielleicht wird Zeitung dadurch In jedem Fall. Die Berechtigung für teurer, auch für den Rezipienten. Lokalzeitungen hat ihre Aktualität Aber man darf ruhig mal diskutie- überhaupt nicht verloren: Über die ren, ob die Lokalzeitung weniger lokale Entscheidungsfindung zu in- kosten muss als die Tasse Kaffee, formieren und sie zu kommentie- die man dazu trinkt. ren ist nach wie vor eine der wich- tigsten Aufgaben der Lokalzeitung. Bietet die aktuelle Situation im Lokaljournalismus die Chance, Aber müsste man heute nicht künftig vermehrt die Leser von auch Blogger fördern? morgen zu erreichen? Da ist was dran. Gerade den digita- Viele Zeitungen investieren sehr len Bereich haben manche Lokal- viel in Kinder- und Jugendseiten. zeitungen vernachlässigt. Heute Sie tun das nicht ohne Grund. Zum funktioniert eine Zeitung nicht einen muss ich den Kunden von mehr monomedial, sondern immer „Man darf disku- morgen gewinnen, zum anderen multimedial, weil viele Leser der tieren, ob die sind gerade junge Rezipienten die- klassischen Lokalzeitung mittler- Zeitung weniger jenigen, die die Entwicklung zu kosten muss als crossmedialen öffentlichen Räu- die Tasse Kaffee, »Lokalzeitung die man dazu men anfeuern, weil sie selber als Akteure auf den Plan treten, weil sie muss crossmediale trinkt” – Thomas intervenieren, kommentieren, dis- Marke entwickeln« Krüger, Präsi- dent der Bundes- kutieren. Und genau das ist die Riesen- weile crossmedial agieren. Insofern zentrale für poli- chance der Lokalzeitung: mit dem muss sich jede Lokalzeitung heute tische Bildung. Vorsprung von Glaubwürdigkeit zu umso mehr zu einer lokalen und Foto: bpb ermöglichen, dass all jene, die be- gleichzeitig crossmedialen Marke reit sind, sich aktiv in die Debatte weiterentwickeln, die den Dialog einzumischen, auch ihren Raum mit dem Nutzer ins Zentrum rückt. Gerade sie. Im Lokalen radikali- passgenauen Lösungen, wie man bekommen. So gesehen haben Blogger und hat siert sich sogar der journalistische die Qualität, die die gedruckte Zei- freie Kommunikation ihren Platz Job. Schnell kann man als Nestbe- tung mit sich bringt – präzise, reflek- Das Interview führten auch in den lokalen Medien. schmutzer oder Meckerer daste- tiert und glaubwürdig zu sein – in Petra Bäumer und Robert Reick hen, nur weil man versucht, präzise neue Formen gießt. Für die Zukunft Manche Leute sehen in der In- auszuloten, welche Interessen hin- der Lokalzeitung würde ich mir teraktivität der neuen Medien ter einer Entscheidung stecken. Es noch mehr Risikobereitschaft wün- auch neue Möglichkeiten für den geht darum, die lokale Politik zu schen. Zur Person Qualitätsjournalismus. Sehen Sie begleiten. Und dabei darf man sich in diesem Zusammenhang Per- bitteschön auch kritisch äußern. Die privatwirtschaftlichen Medi- Thomas Krüger gehörte spektiven für die politische Bildung? enunternehmen erleben seit eini- 1989 zu den Gründungs- Ja, in dieser Hinsicht sind sich Jour- Wie mutig finden Sie den Lokal- gen Jahren einen Umbruch mit mitgliedern der SDP und nalismus und politische Bildung journalismus: Hält er zu sehr am Folgen wie knapperen Zeiten für war Mitglied der ersten sehr ähnlich. Politische Entschei- Printprodukt fest, statt neue Ge- Recherche oder häufigen Über- demokratisch gewählten dungsprozesse legitimieren sich ja schäftsmodelle zu suchen? nahmen von Inhalten. Wird die- Volkskammer in der DDR. dadurch, dass Bürgerinnen und Mit dem Mut, Pluralität herzustel- ser Prozess aufmerksam genug Nach dem Mauerfall über- Bürger daran teilhaben und sie mit- len, verhält es sich im Lokaljourna- von Politik und Gesellschaft be- nahm er das Amt des ers- tragen. Und das geht eben nicht als lismus wie überall in der Gesell- gleitet? ten Stellvertreters des Einbahnstraße. Wir versuchen das schaft ambivalent. Das hängt mit Ich glaube, dass die Politik dem Oberbürgermeisters Ost- in der politischen Bildung umzuset- den Kräfteverhältnissen von Lokal- Thema noch nicht ausreichend Berlins, das er von 1990 zen – und Medien tun das natürlich zeitung, Journalisten und lokalen Aufmerksamkeit entgegen bringt. bis 1991 inne hatte. auch. Schon im Rundfunkaufsatz Politikern zusammen. Zudem muss Es geht der Politik um die Organisa- Von 1991 bis 1994 war von Bertolt Brecht aus den 30er man sich mit wirtschaftlichen tion von Pluralität im demokrati- er Senator für Jugend Jahren steht: Die Vision des Rund- Zwängen auseinandersetzen: Es schen Sinn. Dazu gehört auch aus- und Familie in Berlin und funks ist dann erfüllt, wenn der gibt deutlich weniger Geld zu ver- reichend Spielraum für Medienun- in den folgenden vier Jah- Empfänger selber Sender wird. Und dienen als früher. Das heißt: Die ternehmen. Gleichzeitig sollte man ren Mitglied des Deut- das haben wir doch heute mit dem Lokalzeitung als klassische Print- sich nicht ökonomischen Entwick- schen Bundestages. Internet erreicht. marke behält ihre Wirkung weiter- lungen unterwerfen, sondern sie Seit Juli 2000 ist Thomas hin – sie wird sich aber immer weni- entsprechend kritisch und offensiv Krüger Präsident der Bun- Beim Journalismus ist oft von ger darauf beschränken können. begleiten. Qualitätsstandards dür- deszentrale für politische Courage die Rede. Müssen Lo- Was die neuen Geschäftsmodelle fen nicht auf dem Altar billiger Ver- Bildung. kaljournalisten mutig sein? betrifft, so gibt es hier noch keine schlankung und reiner Rendite-
Forum Lokaljournalismus 2010 GRUSSWORTE 05 Alle Foren auf einen Blick 1993: „Ein Forum im Verbundsystem” oder „Ein Marktplatz für den Austausch unter Lokaljournalisten", 13. bis 15. Ja- nuar in Mainz „Lokalzeitung ist 1994: Wahlen, 19. bis 21. Januar in Freising 1995: Geschichte 1945 – 50 Jahre danach, 25. bis 27. Januar in Bad auch weiterhin Urach 1996: Voneinander lernen – Journa- lismus in Ost und West, 24. bis 26. Januar in Schmochtitz unverzichtbar” 1997: Jeden Tag aufs Neue: die Qua- litätszeitung, 29. bis 31. Januar in Bergisch Gladbach 1998: Politikberichterstattung im Lo- kalen, 28. bis 30. Januar in Augsburg Grußwort von NRW-Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers 1999: Mehr Bürger- und mehr Leser- nähe, 27. bis 29. Januar in Passau Zum Auftakt des 18. Forums 2000: Modelle für Morgen – 25 Jahre Lokaljournalistenprogramm, 26. bis 28. Lokaljournalismus bezog Januar in Berlin 2001: Lebenslänglich für den Kopf – NRW-Ministerpräsident Jür- weiter denken, weiter bilden. Lokaljour- nalisten und ihre Zukunft, 24. bis 26. gen Rüttgers Stellung Januar in München zum Thema Lokaljournalis- 2002: Machthaber und Meinungsma- cher – Wer bringt die Demokratie vo- ran? 23. bis 25. Januar in Essen mus. 2003: Schlechte Zeiten, gute Zeiten – „Die Zeitungsbranche befindet sich Konzepte für Redaktionen in der Krise, 22. bis 24. Januar in Freiburg im Wandel. Eine regionale Zeitung ist heute im besten Falle schon ein 2004: Suchst du noch oder liest du Medienhaus. Es zeigt alles, was es schon? 21. bis 23. Januar in Leipzig zu bieten hat. Und zeigt gleichzei- 2005: Zukunft der Vergangenheit. Wie tig, worauf es immer angewiesen Geschichte in der Tageszeitung leben- bleibt: auf guten Journalismus”, ist Jürgen Rüttgers hob die Bedeutung des dig wird, 26. bis 28. Januar in Bre- Rüttgers überzeugt. Die Bevölke- Lokaljournalismus hervor. Foto: J. Studnar merhaven rung wolle wissen, was in ihrer Ge- 2006: Qualität ist das beste Rezept. meinde passiere. „Die wichtigste giger Journalismus sei einer der Die stille Revolution oder Konzepte, Informationsquelle ist und bleibt wichtigsten Garanten für die Zu- Strategien und Best-Practice-Beispiele die Lokalzeitung”, so der Minister- kunft der Zeitung. „Was kann die für erfolgreiche Medienmacher, 25. bis 27. Januar 2006 in Pforzheim präsident. Denn: „Im Lokalen ist Politik tun?”, fragt er und antwortet der Journalismus unmittelbar. Hier selbst: „Wir wollen Vielfalt und 2007: Die Macht des Lokalen – Zwi- kommt er den Bürgern am nächs- Qualität sichern.” schen Quote und Qualität. Internationa- ten.” Rüttgers beschreibt die schwe- Zwar sei es nicht Aufgabe des le Konzepte für die crossmediale Zu- kunft der Tageszeitung, 17. bis 19. Ja- re Situation für Lokaljournalisten Staates, neue und erfolgverspre- nuar 2007 in Osnabrück in wirtschaftlich schwierigen Zei- chende Geschäftsmodelle zu schaf- ten mit fehlenden Geschäftsmodel- fen, die die Talfahrt der Tageszei- 2008: Lesen, Hören, Sehen – Die Zu- kunft des Lokaljournalismus ist cross- len und Entlassungen in Redaktio- tung beenden können. Politik kön- medial, 23. bis 25. Januar 2008 in nen und Verlagen. Er ist aber über- ne aber beim Lösen des Problems Konstanz zeugt, dass die Lokalzeitung unver- helfend zur Seite stehen, indem sie zichtbar ist. „76 Prozent aller Bür- Bedingungen schafft, neue Ge- 2009: Zeitung macht Zukunft – Print x Online = Qualität2, 21. bis 23. Januar ger lesen eine Lokalzeitung”. Und schäftsmodelle zu ermöglichen. 2009 in Schwerin er fordert: „Der Lokaljournalismus „Wir werden sehen, welche Ideen braucht mehr Anerkennung.” sich als lukrativ erweisen. Wir ha- 2010: Mutig, Multimedial, meinungs- bildend. Keine Demokratie ohne die lo- Jürgen Rüttgers spricht sich vehe- ben uns vorgenommen, den Erfin- kale Tageszeitung, 27. bis 29. Januar ment gegen eine Staatsfinanzierung dergeist der Medien zu unterstüt- 2010 in Dortmund von Tageszeitungen aus. Unabhän- zen”, so Rüttgers. Kein Arbeitstag ohne Lokalzeitung „Turmherr” Knut Zschiedrich stärkte in seiner Rede den Wert der lokalen Presse G anz oben, in der 21. Etage des RWE-Towers, mit schönem Blick über Dortmund, begrüßte tende Redakteure sowie Gäste aus Politik und Wissenschaft, die aus ganz Deutschland zum Forum an- Knut Zschiedrich die Gäste des Fo- gereist waren. rums Lokaljournalismus 2010. Knut Zschiedrich betonte in sei- Der Vorstandsvorsitzende der ner Begrüßungsrede unter ande- RWE-Vertriebsgesellschaft war der rem die Bedeutung der lokalen Me- Gastgeber – Turmherr, wie er sich dien für die Wirtschaft und den schmunzelnd selbstbezeichnete – Konzern. Er beginne keinen Ar- Knut Zschiedrich begrüßte die Gäste für rund 150 Chefredakteure, lei- beitstag ohne Lokalzeitung. des 18. Forums. Foto: Jakob Studnar
06 PERSPEKTIVEN Forum Lokaljournalismus 2010 Marktplatz der Demokratie WAZ-Chef Bodo Hombach über den Lokaljournalismus In seiner Eröffnungsrede tägliche, kurze und lebenswichtige Moment der Freiheit. Und unter- zum 18. Forum Lokaljourna- haltsam war es auch. lismus beschreibt Bodo Der alltägliche Gang zum Brun- nen war Ort und Anlass der alltägli- Hombach, Geschäftsführer chen Kommunikation. Die hat be- kanntlich ihre eigene Peristaltik. der WAZ Mediengruppe, die Gestaute Nachrichten blähen sich auf und vergiften die Luft. Wer über Symbiose von Lokaljournalis- die Dinge mit anderen reden kann, hat sie schon fast im Griff. (…) mus und lebendiger Demo- Und was ist mit der Linde? Auch kratie. Wir dokumentieren sie war Meetingpoint des Dorfes. Der Baum spendete Schatten, er die Rede in Auszügen: wurde zum beschützenden Blätter- dach und erreichte oft ein hohes Alter. Hier versammelten sich eher „Am Brunnen vor dem Tore, da die Männer zum Palaver. Hier wur- steht ein Lindenbaum” – Keine Sor- den Geschäfte getätigt, Töchter und ge! Ich werde jetzt nicht den un- Söhne verkuppelt, Felder zusam- glücklich verliebten Romantiker mengelegt und natürlich das Auf nachsummen, den Franz Schubert und Ab der weiten Welt diskutiert, so trefflich in Töne setzte. Mich in- kommentiert und einsortiert. Am teressieren ganz sachlich zwei Din- Wochenende wurde hier manch- ge: Der Brunnen und der Linden- mal getanzt und gesungen. baum als Ausdruck für Sammel- „Wann kommt er nun endlich platz, Marktplatz, Platz des Mei- zum Lokaljournalismus und dessen nungsaustausches und der Mei- Symbiose mit der Demokratie?” nungsbildung. Das wissen nämlich die Sozialhistoriker: Brunnen wa- ren schon immer die wichtigsten »Das Interesse Treffpunkte. Zunächst aus einem richtet sich vor ganz elementaren Grund: Dort gab allem aufs Lokale« es sauberes Wasser, und das war die Lebensader der Siedlungsgemein- fragen Sie sich nun. Ich bin längst schaft. Und da das Waschen und schon dabei. Die Lokalzeitung hat Kochen Sache der Frauen war, war in der größeren und komplexeren der Brunnen ihr ganz eigener Treff- Gesellschaft der Gegenwart auch punkt. Dort waren sie unter sich, die Funktion, die weiland Brunnen tauschten Leid und Freud, erzähl- und Lindenbaum hatten. Und das ten und tratschten. Es ging um umso mehr, da es für uns kaum Ängste und Hoffnungen. Es ging noch Linden und Brunnen – also um Moden, Spleens und das „Wer- Versammlungsplätze – gibt. Sie mit-wem,-wenn-nicht,-warum?”. macht aus Menschen Leute und Man erfuhr das Nötige und – versammelt sie an einem vertrauten spannender noch – das Unnötige. Platz. Sie verdichtet den Meinungs- Große Ereignisse wurden erörtert austausch und transportiert die und auf ihre Bedeutsamkeit abge- Neuigkeiten der nahen Umgebung, klopft, kleine rasch abgehandelt und diese ist der Raum, in dem sich oder wichtig gemacht. Es war der der größte Teil des Lebens abspielt. (…) „Die Lokalzei- Außenpolitik ist Weltinnenpoli- tung hat in der tik, aber Europa oder die UNO sind größeren und fern, abstrakt und unübersichtlich. komplexeren Das gesellschaftliche und damit po- Gesellschaft litische Interesse der meisten Leute der Gegenwart richtet sich wieder vor allem auf auch die Funk- den regionalen und lokalen Be- tion, die wei- reich. Dort verbringt man den größ- land Brunnen ten Teil seines Lebens. Man kennt und Linden- die Traditionen, man versteht die baum hatten. Witze, man kocht nach den ver- Sie macht aus trauten Rezepten. Was „die da in Menschen Leu- Brüssel” treiben, treibt nur die we- te und versam- nigsten um. melt sie an ei- (Ich wette: Noch nicht 1 Prozent nem vertrauten der Deutschen hat den Lissabonner Platz”, sagt Bo- Vertrag gelesen.) Wichtig sind aber do Hombach, die geplante Umgehungsstraße, die Geschäftsführer Im RWE-Tower verfolgten die Teil- gefällten Pappeln in der Parkallee, der WAZ Medi- nehmer des Forums Lokaljourna- der Krieg am Gartenzaun und die engruppe. lismus Bodo Hombachs Rede. Wartezeit im Einwohnermeldeamt. Fotos: J. Studnar
Forum Lokaljournalismus 2010 PERSPEKTIVEN 07 Wichtig ist der korrupte Bürger- meister oder der sichere Schulweg. Wichtig sind die Todesanzeigen, weil sie einen für heute verschont haben. (…) Was so wichtig ist, so konstitutiv für das Lebens- und Wohlgefühl der Leute, ist kostbar. Man muss es pflegen, schützen und entwickeln. Man darf es nicht vergeuden oder aufs Spiel setzen. Es ermöglicht ei- ne ganz elementare Form von Teil- habe und ist damit Voraussetzung und Grundlage der Demokratie. Diese ist die bisher intelligenteste Journalismus Methode, Macht zu legitimieren werde im lo- und ihre gefährlichen Neigungen in kalen Bereich relativ unschädlichen Grenzen zu nicht etwa ge- halten. Wer politische Machtaus- ringfügig oder übung durch andere hinzunehmen gar entbehr- hat, soll die Entscheidungsträger lich. Er sei selbst gewählt haben, und zwar auf hier wichtiger Widerruf, so dass er einen Irrtum denn je, be- nach vier oder fünf Jahren korrigie- tont Bodo ren kann. Der Machtwechsel ist ein Hombach. ganz normaler Vorgang. Die De- Fotos: J. Studnar mokratie ist unaufgeregt und glanz- los, aber sie erhöht die Lebenser- fassung das Papier nicht wert ist, des einzelnen Bürgers und gleich- daneben greifen und krächzende wartung. (…) auf dem sie steht. gesinnter Gruppen. (...) Aufgabe Töne produzieren. Schlecht re- Teilhabe und Mitwirkung sind Ein zweiter Grund: Die moderne der Presse und eines wohlverstan- cherchierte Berichte vernebeln, an- nicht möglich ohne die Einübung Gesellschaft ist ein hochkomplexes denen Journalismus ist es, die Kom- statt aufzuklären. Miserabel formu- demokratischer Techniken. Sie er- Gebilde. Zahlreiche Systeme aus plexität der Probleme und Prozesse lierte Artikel verbarrikadieren den unzählbaren Fakten und Faktoren zu verringern, nicht in schreckli- Zugang zu ihrem Inhalt, und lang- »Kontrolle der vernetzen sich zu einer Gleichung mit verwirrend vielen Unbekann- cher Vereinfachung, sondern mit der Gabe der Unterscheidung des weilige Geschwätzigkeit stiehlt kostbare Lebenszeit. Nicht nur der Macht ist die ten. Das Gespräch am Brunnen Wesentlichen vom Unwesentli- demokratische Bürger, sondern zentrale Aufgabe« oder unter der Linde reicht bei wei- chen. (...) Eine Zeitung, der es nicht ebenso der Journalist bedarf gewis- tem nicht mehr aus, einen adäqua- gelingt, im Lokalteil mitvollziehbar ser Fähigkeiten, Fertigkeiten und möglichen Kommunikation, eine ten Überblick, geschweige denn und hilfreich zu berichten, darf sich der Bereitschaft, sie einzusetzen. Kultur des Streitens und der Ver- Durchblick zu finden. Dies ist aber nicht wundern, wenn man ihr auch Ein Journalismus, der nicht dient, ständigung. Sie artikulieren politi- in der Demokratie die Vorausset- auf Seite 1 nicht mehr traut. dient zu nichts. Übrigens: Der Lo- sche Ziele, organisieren Mehrhei- zung für Teilhabe und Mitwirkung Und der dritte Grund: Presse und kaljournalist hat einen Beruf mit ten und Koalitionen und machen Journalismus haben die öffentlich- Zukunft. Er hat ein Alleinstellungs- aus Programmen, auch Parteipro- rechtliche Aufgabe (auch wenn sie grammen, politische Realität. (…) Muss ich noch betonen, dass Jour- sich kommerziell organisieren), das Selbstgespräch der Gesellschaft »Qualität hängt nalismus und Presse bei alledem ei- umfassend zu ermöglichen und zu vom einzelnen ne wesentliche Rolle spielen? Drei befeuern. Das bedeutet: Sie müssen Spieler ab« Gründe sollen mir hier genügen, vor allem auch denjenigen eine und sie sind so selbstverständlich, Stimme geben, die sich aus eigener merkmal, das ihm in der gegenwär- dass es sich fast um Gemeinplätze Kraft nicht artikulieren können. Sie tigen Umbruchsphase der Medien- handelt. Handeln würde, wenn sie müssen Ideen ans Licht verhelfen, welt gute Chancen verspricht. (…) denn schon überall verwirklicht Ressortleiter und Chefredakteure der die noch zu neu sind, um schon Im scharfen und kalten Wind der wären: Regionalzeitungen wollen das Lokale nicht mehr verlacht oder be- Globalisierung streben viele nach Zentrale Aufgabe von Presse und weiter stärken. schimpft zu werden. Sie müssen die stärkerer Verwurzelung und Bin- Journalismus ist die Kontrolle der kalten Lötstellen und Brachen der dung in ihrer Nahwelt. Aber eine Macht. Sie ist dem einzelnen Bür- Gesellschaft ausfindig machen und reale Entsprechung in Kompetenz- ger nicht oder nur in begrenztem Zur Person wiederbeleben. Damit korrespon- zuweisung und politischer Struktur Umfang möglich. Er verfügt häufig diert auch ihre Aufgabe, das Ver- hat das nicht. Im Gegenteil: Kom- nicht über die Mittel, in die Verlo- Bodo Hombach war ab trocknete, Muffige und Überlebte munen und Regionen werden tat- gen- und Verlegenheitszonen der 1990 acht Jahre SPD- zu entsorgen und ins allgemeine sächlich politisch und finanziell sogenannten „Eliten” hineinzu- Landtagsabgeordneter in Vergessen zu schreddern. Und wie- entkernt. Die Lokalzeitung hat leuchten, die Teppiche zu lüften NRW und 1998 Minister derum können das nur Journalis- auch hier eine Mission. Sie berich- und die Leichen in den Kellern auf- für Wirtschaft und Mit- ten, die sich in täglicher Übung da- tet das Lokale, aber sie muss auch zuspüren. Er hat auch nicht das telstand, Technologie und für sensibilisieren. Und wiederum sein Fürsprecher sein. Sie muss die „Backing”, um die damit verbunde- Verkehr. Danach leitete ist die lokale Sphäre dafür der rich- regionale und kommunale Selbst- nen Konflikte durchzustehen. Er er bis 1999 als Chef das tige und ergiebige Ort. (...) Wo ver- ständigkeit, Gestaltungskraft pro- bedarf also der Kompetenz, der Be- Bundeskanzleramt. Bis lässliche Lokalberichte schwinden, pagieren. Und mehr. Sie sollte auch harrlichkeit und der Unbestech- 2001 war er Sonderkoor- überlassen sie den Gerüchten das stärker als zuvor dabei sein, wenn lichkeit professioneller Journalis- dinator des Stabilitäts- Feld, und dann entsteht nicht Ge- es gilt, das kommunale und regio- ten. Er bedarf ebenso der Existenz pakts für Südosteuropa. staltung, sondern zerfallene Masse. nale Ereignis zu organisieren, Platt- von Medienunternehmen, die ihre Als Geschäftsführer leite- Dies alles – Sie ahnen es längst – form, Forum und Treffpunkt sein. Verantwortung ernst nehmen, ihre te er von 1991 bis 1998 ist nicht allein eine Frage des Woll- Hans Fallada sagte einmal: „Das Mitarbeiter qualifizieren und die Preussag (Salzgitter) ens, sondern vor allem auch eine schweinischste Handwerk auf der mächtigen Pressuregroups stand- Handel GmbH und die des Könnens. Journalismus, ob im Welt: Lokalredakteur sein in der halten können. Dieser Job wird im Preussag (Salzgitter) In- Lokal- oder Mantelteil, ist zunächst Provinz.” – Ich bin überzeugt: Er lokalen Bereich nicht etwa gering- ternational GmbH in Düs- nur ein Instrument. Vom Spieler hat sich geirrt. Wenn nicht, Sie und fügig oder gar entbehrlich. Er ist seldorf. hängt es ab, welche Stücke er spielt ich können das ändern. hier wichtiger denn je. Hier näm- Seit 2002 ist Bodo Hom- und wie sie klingen. Wer seine Etü- lich, in der unmittelbaren Erlebnis- bach Geschäftsführer der den geübt hat und vielleicht sogar sphäre der Leute, entscheidet sich, Essener WAZ Medien- kreativen Schwung in den Fingern Die komplette Rede ob sie den gewählten Institutionen vertrauen können oder ob die Ver- gruppe. hat, bringt ein tolles Konzert zu- stande. Der eitle Dilettant wird nur @ finden Sie im Internet auf www.waz-mediengruppe.de
08 PERSPEKTIVEN Forum Lokaljournalismus 2010 Lanze für den Newsroom Multiplattform, Workflow und Integration. Und das alles in einem Raum – Sarah Schantin-Williams erklärt wie Integration statt Scheuklap- pen-Denken: Ein Grundprob- lem von Redaktionen ist die Aufteilung der Ressorts, die in der täglichen Produktion aneinander vorbeiarbeiten. Medienexpertin Sa- Laut Sarah Schantin-Williams rah Schantin-Wil- liams schlägt moder- bringt der Newsroom Abhilfe. ne Newsrooms vor, um Synergieeffekte Bislang sind in den meisten Zei- in den Redaktio- tungsredaktionen nicht nur die nen von Tageszei- Aufgabengebiete klar aufgeteilt, tungen zu erzeu- sondern auch die Arbeitsplätze. Je- gen. Fotos: J. Studnar dem Ressort sein eigenes Büro. Räumliche Trennung führt dabei je- doch leicht auch zu geistiger, nach dem Motto: „Was hat die Wirt- schaft mit der Kultur zu tun?” So gehen Synergieeffekte verloren. Die Lösung sollen moderne News- desks und Newsrooms sein, in de- nen transparent, ressort- und medi- enübergreifend gearbeitet wird. Sa- rah Schantin-Williams, „Associate Consultant WAN-IFRA”, und „n- indem sie Arbeitsabläufe und schaft gelangen, ohne die Ressour- vertreten – besonders in sehr großen able consulting”, Österreich, berät Strukturen neu ausrichten, um die cen der Redaktion übermäßig zu Organisationen, die meist Tisch an Zeitungshäuser in Großbritannien, Koordination zu verbessern. Jour- beanspruchen. Tisch strukturiert sind. In kleineren Europa und Kanada bei der Um- nalisten und der Content Desk ha- Newsrooms besteht eine Tendenz strukturierung der Redaktionen. ben mehr Einfluss auf die Präsenta- Wie schätzen Sie das Prinzip zum horizontalen Journalismus – Ein Gespräch über die Chancen des tion ihrer Artikel. Gleichzeitig ha- „Online first” ein? also ein Thema auf allen Kanälen zu Wandels, die Umsetzung im Loka- ben Print- und Online-Produktion Gut, wenn das Thema die Leser in- spielen, um die Ressourcen effektiv len und halbherzige Kompromisse. mehr Gespür für die Geschichte teressiert und auch zur Art des In- zu nutzen. Jeder Newsroom arbei- und die beste Art der Darstellung. halts und des jeweiligen Titels passt. tet unterschiedlich, daher gibt es Die Entscheidung „Online first” nicht den einen idealen Mix. Wie definieren Sie den News- Ist der integrierende Newsroom sollte aber kein genereller An- room der Zukunft? auch ein Konzept für den Lokal- spruch sein, sondern bei jeder Story Welche Probleme können bei der Im integrierenden Newsroom soll- journalismus? neu getroffen werden. Restrukturierung von Zeitungen ten alle Ressorts Seite an Seite ar- Integration hat in vielen Lokalre- entstehen? beiten und eine Vielfalt an Produk- daktionen funktioniert, da sie die Was ist der ideale Mix aus hori- Eins der Hauptprobleme entsteht ten und Diensten über mehrere Ka- Kontrolle wieder an die Journalis- zontalem (ein Thema, alle Kanä- durch Mitarbeiter, die sich gegen näle kreieren, die die Bedürfnisse ten und Deskleiter dort zurückgibt. le) und vertikalem (ein Kanal, al- diesen Wandel sträuben – meist als ihrer speziellen Leserschaft abde- So können sie entscheiden, wie ihre le Themen) Journalismus? eine Folge von mangelndem strate- cken. Genau das sollte das Ziel Geschichte auf mehreren Kanälen Beide Modelle können sehr erfolg- gischen Denken und Planen von sein: Rezipient, Titel und Content erzählt werden soll. Der Lokaljour- reich sein. In einigen Fällen sind Beginn an – sowie schwachem bewusst ins Zentrum der täglichen nalist hat einen starken Bezug zu beide Ansätze in einem Newsroom Change Management während der Entscheidungen und langfristigen seiner Kommune. Mit der richtigen Einführung. Das ist ein Symptom Planungen zu rücken. Technik und Ausbildung sowie ef- eines größeren Problems innerhalb fektiven Strukturen und Routine Mehr Infos im Internet dieser Branche. Einige der ernsten Was ist der Vorteil eines moder- nen Newsrooms im Vergleich zu kann dieser Inhalt auf dem best- möglichen Weg zur lokalen Leser- @ www.drehscheibe.org/ weblog/dortmund2010/ Probleme betreffen das Senior Ma- nagement. So ein Wandel erfordert, traditionellen Redaktionen? dass über einen längeren Zeitraum Redaktionen arbeiten weiterhin in genau überprüft werden sollte, ob ihren Ressorts mit nur wenig Kom- die Bedürfnisse der Leser getroffen munikation und Koordination zwi- werden oder nicht. Tun sie es nicht, schen den Desks, während die Ge- müssen die Verantwortlichen ak- schichten entstehen. Das ist vor al- zeptieren, dass ein Problem besteht lem ein Problem in Redaktionen, in – und effektive Entscheidungen denen Content-Desk, Print-Pro- treffen. Sie sollten investieren und duktion und Online-Desk isoliert so das Geschäft stärken, weiterent- von einander arbeiten. Wenn Jour- wickeln und die Abläufe verbessern nalisten dort kaum Kontakt mit den – allerdings ohne die Qualität zu anderen Abteilungen haben, hat gefährden. Leider ist das noch im- das zur Folge, dass sie nicht wissen, mer die Domäne einiger Weniger. wie und wo ihre Geschichten prä- Viele Verleger reagieren nicht auf sentiert werden. Fehler passieren, diese Herausforderungen. Einige Chancen gehen verloren und die tun es halbherzig und verursachen Qualität der Geschichte und ihrer so noch mehr Probleme. Darstellung kann leiden. Modelle integrierender Newsrooms versu- Newsroom einer überregionalen Tageszeitung: Von hier aus verteilen die „Welt”- Das Interview führten chen diese Problematik zu lösen, Redakteure Nachrichten auf mehrere Kanäle. Foto: Axel Springer Verlag Linda Fischer und Katja Gohsmann
Forum Lokaljournalismus 2010 PERSPEKTIVEN 09 Das Konzept des lokalen Newsdesk wurde beim Fo- rum Lokaljournalismus heftig Lokales zentral diskutiert. Dr. Wolfram Kiwit, Newsdesks auf dem Vormarsch Chefredakteur der Ruhr Nachrichten, und Horst Sei- Dr. Wolfram Kiwit, Chefre- denfaden, Chefredakteur der dakteur der Ruhr Nach- Hessischen/Niedersächsi- richten in Dortmund. schen Allgemeinen, stellten ihre Konzepte dem kriti- Horst Seiden- schen Publikum vor. faden, Chef- redakteur der Hessi- Über die Zukunft des lokalen News- schen/Nieder- desks diskutierten Horst Seidenfa- sächsischen den, Chefredakteur der Hessischen Allgemeinen. /Niedersächsischen Allgemeinen Fotos: J. Studnar (HNA) und Dr. Wolfram Kiwit, Chefredakteur der Dortmunder Ruhr Nachrichten (RN). Beide Zei- tungen haben in den vergangenen Jahren ihre Redaktionsstrukturen umgebaut: Bei den Ruhr Nachrich- ten traten lokale Reporter-Pools an Oft gehörte Kritikpunkte die Stelle weitgehend autonom ar- beitender Lokalredaktionen. Ihre Aufgabe ist es, Inhalte an den loka- len Desk zu schicken. Bei der HNA Und dazu passende Antworten dagegen ist die Online-Redaktion der zentrale Knotenpunkt. »Die wenigsten Lo- kalredakteure wollen »Der Drang nach entweder nur Editor Immer öfter greifen Verlagshäuser (hier die WR Lüdenscheid) auch im Lokalen auf Hause ist Newsdesks zurück. Sie wollen Synergien bündeln, neue Medien bedienen und oder Reporter sein« erlernt und drin« nicht zuletzt die Qualität der Zeitung steigern. Foto: Guido Raith Kiwit: „Wir haben mit Einführung des Desks klare Jobprofile ausgeschrie- Konkret bedeutet das etwa für die Bei der HNA geht es dezentraler alle Kanäle allein bedienen müss- ben, auf die sich die Kollegen bewer- RN: Ein Reporter besucht einen zu: „Wie sind eine Zeitung in einem ten, ändere nichts am modernen ben konnten. Es kommt in der Regel Termin, um dort zu fotografieren, großen Flächenkreis, in der zwei Berufsprofil, denn „jeder Redak- gut an, wenn man den Leuten endlich mit der Flip-Kamera zu filmen so- Lokalausgaben erscheinen. Beide teur, der bei einer lokalen Tageszei- mal sagt, was man von ihnen will.” wie Notizen in den Block zu schrei- produzieren je 16 Seiten. Da reicht tung arbeitet, muss Multimediare- ben. „Wir müssen die Reporter da- zu kriegen, mehr unterwegs zu sein. es, wenn die Redakteure uns die großen Themen mitteilen“, erklärt dakteur sein“. »Desks ziehen Ar- Das ist oft ein Problem, denn der Horst Seidenfaden. Aber, ob Jour- Zusammengefasst von beitskräfte aus den Drang nach Hause, in die Redakti- nalisten dem Desk zuarbeiten oder Maike Rellecke und Linda Fischer meist unterbesetzten on, ist erlernt und drin”, so Kiwit. Die Inhalte, die die Lokalen liefern, Lokalredaktionen« „können natürlich nur eine gewisse Kiwit: „Wenn jede Redaktion für sich Fertigungstiefe erreichen“. Den Rest erledigten Editoren am Desk. Das Modell der Ruhr Nachrichten arbeitet, machen die nur Zeitung. Aber das Verteilen der Inhalte kriegen „Der Reporter muss sich am En- sie nicht kanalaffin hin. Man MUSS de nicht darum kümmern, ob sein sie dafür an die Hand nehmen.” Vorspann teaserfähig ist, ob noch ein Bild mehr zum Online-Artikel dazugestellt wird oder ein Hinweis »Durch telefonische auf Google-Maps“, erklärt Kiwit. Absprachen entsteht Am Desk entscheide sich auch, viel verbrannte Zeit« welche Themen der sechs Lokalre- Die Blattplanung von sechs Lokalre- Ein Redakteur und ein Assistent be- Ronald Pfaff, stellv. Regiodesk-Leiter daktionen am nächsten Tag er- daktionen wird zentral am Desk ge- treuen jeweils eine Lokalredaktion. Sie der Westfälischen Rundschau Lüden- scheinen. Die Redakteure vor Ort steuert. Die Redakteure vor Ort liefern geben Themen vor und übernehmen scheid: „Das tritt in der Anfangsphase haben Mitspracherecht: „Wir wä- die Themen zu. Fotos: Ruhr Nachrichten u.a. Layout und Meldungen. auf und kann durch die Erstellung ei- ren ja blöd, wenn wir nicht auf die nes Produktionsplans, den die Lokal- Reporter hören, was gerade Stadt- redaktion morgens zur Verfügung gespräch ist“, betont Philipp Os- stellt, reduziert werden.“ trop, Chef des RN-Desks. „Es ist ein klassisches Reporter-Editoren-Mo- dell. Die Editoren führen die Aus- »Die Kompetenzen gabe, es gibt keine Lokalchefs müssen bei den mehr, sondern vor Ort Chefrepor- Lokalen bleiben« ter”, so Kiwit über das Modell. „Wir Am Desk wird der Content für Print Der Spätdienst hat alle sechs Lokalre- Ronald Pfaff: „Die inhaltliche Kompe- haben eine stärkere Kontrolle über verarbeitet, für Online und andere Ka- daktionen im Blick, übernimmt noch tenz bleibt natürlich vor Ort. Im Zwei- die Qualität. Die Lokalausgaben näle aufbereitet. Die Lokalredakteure offene Aufgaben und aktualisiert – felsfall muss der Desk aber entschei- sind vergleichbarer geworden. Wir sind von diesen Aufgaben befreit. wenn’s brennt – die Ausgaben. den. Nur so kann eine flächendecken- sind heute im Print besser.“ de Qualität gewährleistet werden.”
10 JUNGE LESER Forum Lokaljournalismus 2010 Neue Zielgruppen zu erschließen: Die Mädchen und Jungen von heute sind das Publikum von morgen. Auch neue oder andere Wege der Kom- munikation mit der Zielgruppe sind denkbar. Leserbeteiligung und Meinungs- austausch mit den Leserinnen und sie Lesern werden bei der Braun- sich für etwas schweiger Zeitung groß geschrie- interessieren. „Es reicht ben. Dabei gehen die Redakteurin- aber nicht, nur die Zeitung in die nen und Redakteure auf Augenhö- Kitas zu liefern, sondern die Re- he mit ihrem Publikum – auch mit daktionen müssen sich Mühe mit den kleinsten Lesern. Taki (Tages- ihrem Publikum geben. Kinder zeitung im Kindergarten) heißt ein müssen auch in der Zeitung etwas besonderes Projekt. „Das hat Stirn- finden, was sie interessiert, wie Mit dem KinderEcho will runzeln in der Redaktion und Ge- zum Beispiel Kindernachrichten”, Chefredakteur Jörg Rie- lächter in der Branche ausgelöst: so Kläsener. Bei den regelmäßigen bartsch Kinder begeistern. Was wollen Kinder, die nicht lesen Kinderpressekonferenzen schlüp- können, mit der Tageszeitung?”, fen die Mädchen und schaftsEcho. „Wir haben – völlig sagt Chefredakteur Stefan Kläse- Jungen in die Rol- bekloppt – ein lokales Wirtschafts- ner. Redaktionen würden unter- le der Reporter sere magazin auf den Markt gebracht, schätzen, mit welcher Qualität Er- und befragen Redakteure als alle anderen ihre Ausgaben zu- ziehung in den Kitas stattfindet. Er- Politiker. müssen sehr kritikfä- rückgefahren haben”, sagt der zieherinnen und Kinder sind sehr Die Interak- hig sein, wenn Leser über Chefredakteur. Wer ein großes Ho- kreativ im Umgang mit der Tages- tion mit den ihre Texte meckern. Das ist ein tel im Odenwald zur Hundepensi- zeitung. Kinder lernen gerne, wenn Lesern ist auch schwieriger Lernprozess”, so der on umbaut, findet sich hier wieder. das Fundament Fachmann. „So entsteht eine Geschichte, von der „Bürgerzeitung”, für die die Das KinderEcho setzt wie Taki der man weiß, ohne dass es einer ins Braunschweiger Zeitung mit dem bei den ganz Kleinen an: „Wir ver- Facebook rein geschrieben hat.” Deutschen Lokaljournalistenpreis suchen, das Medium Zeitung bei Auch die Westfälische Rund- der Konrad-Adenauer-Stiftung Kindern bekannt zu machen”, er- schau setzt künftig auf mehr Kin- ausgezeichnet wurde: „Die Leser- klärt Jörg Riebartsch, Chefredak- dernachrichten. „Unser Ziel ist es, redaktion bestimmt die Inhalte mit, teur der EchoZeitungen. „Wir wol- dass jede Lokalausgabe jeden Tag Leser üben Blattkritik, jede Woche len Kindern nicht die Atompolitik eine Kinder-Meldung veröffent- gibt’s ein Leser-Interview einer be- des Iran erklären. Sondern wir wol- licht”, sagt der stellvertretende kannten Persönlichkeit”, sagt Klä- len Kindern die Welt erklären.” Chefredakteur Frank Fligge. Die Nachwuchsleser locken: Stefan Kläse- sener, der statt auf Forums-Einträ- Zum KinderEcho kommen noch WR wird den Projektstart auf der ner und Jörg Riebartsch. Fotos: J. Studnar gen auf lebendige Leser setzt. „Un- das MittagsEcho und das Wirt- Titelseite ankündigen. Mit dem „Superdesk” zurück „Wozu noch Journalismus?” – zum Geschichten erzählen Wie bisher geht’s nicht weiter Bruno Ingemann erklärt, wie die dänische „Nordjyske” arbeitet Stephan Weichert und Leif Kramp stoßen im Internet einen Diskurs an D er „Superdesk” ist bei mitteleu- ropäischen Verlagen ein bis- lang unbekanntes Instrument für S chieben wir alle Bedenken bei- seite, hören auf, zu zaudern und vergessen die Panikattacken der die Nachrichtenaufbereitung. Die letzten Monate. Ignorieren wir die norddänische Lokalzeitung „Nord- Krise, die all das zu bedrohen jyske” nutzt ihn. Und Bruno Inge- scheint, wofür in Deutschland rund mann stellt ihn vor. 50 000 hauptberufliche Journalis- Dabei handelt es sich um einen Bruno Ingemann. ten stehen: professionelle Recher- Leif Kramp und Stephan Weichert. runden Tisch im Zentrum der Re- che, Aufbereitung und Vermittlung daktion, der alle medialen Formen zu vermitteln. „Das war nicht ein- von Informationen. Stellen wir uns Kramp. Sie wollen mit ihrer Serie vereint. 90 Prozent der Bevölke- fach”, gibt Ingemann zu. „Es musste vor, wir seien die Bewohner einer „Wozu noch Journalismus?“ einen rung des Verbreitungsgebiets er- ein Umdenken in den Köpfen der neuen Steinzeit, die mit der Erfin- medienübergreifenden Diskurs an- reicht die Zeitung seitdem. Bei der Redakteure stattfinden.“ Der Desk dung des Internet begann: Gemes- regen und lassen Journalisten, Wis- „Nordjyske” gibt es keine reinen diskutiere zuerst die Aufbereitung. sen daran, wie wenig die Potenziale senschaftler und Blogger zu Wort Print-, Radio-, TV- oder Online- Dann schwärmen Reporter aus der Netzkommunikation heute ge- kommen. Sie sind überzeugt: Ohne journalisten. Alle Redakteure seien Print, TV, Radio oder Online aus, nutzt werden, sind Journalisten die versierte und vorbehaltlose Journa- mit Einrichtung des „Superdesks” um für deren Umsetzung zu sorgen. Neandertaler der digitalen Ära. listen löst sich der Urgedanke der vielmehr in allen medialen Berei- „Wir wollen zurück zum Geschich- Journalisten müssen über ihren Presse in Nichts auf. Mehr unter chen geschult worden, um ihnen tenerzähler“, sagt Ingemann. Job nachdenken. So wie bisher www.sueddeutsche.de/medien. ein Gespür für die zahlreichen Auf- kann es nicht weitergehen, meinen bereitungswege einer Geschichte Katrin Wördehoff Stephan A. Weichert und Leif Leif Kramp, Stephan Weichert
Forum Lokaljournalismus 2010 JUNGE LESER 11 Drei Fragen an den Zeus-Projekt-Grün- der Harald Heuer. Schüler einbeziehen Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Zeus-Projekt? Wir verstehen Zeus als ein journalistisches Projekt mit pädagogischem Anspruch Zeus: Lokales und betreiben effiziente Lese-, Schreib und Medienkompe- tenzförderung. Dies erreichen wir, indem wir Kinder und macht Schule Jugendliche aktiv in die re- daktionelle Arbeit einbezie- hen. Zeitungssozialisation ist in Familien heutzutage leider kaum noch ein Thema. Mit WAZ-Projekt punktet crossmedial mit Bildungsthemen Zeus sprechen wir Schüler an und bringen darüber die Zei- tung in Nichtleser- und Mi- Kinder und Jugendliche aktiv und das Internetportal www.zei- grantenhaushalte. Jugendliche tungszeit.de redaktionell in den fühlen sich bei Zeus ernst ge- am Zeitungsgeschehen be- Händen von Zeus – Zeitung und nommen. Sie bestimmen die teiligen – das ist das Ziel Schule. Initiiert vom Zeitungsverle- Themen, schreiben Artikel, gerverband NRW, vom Ministeri- machen Bilder, die wir veröf- der Zeitungsschulprojekte um für Schule und Weiterbildung fentlichen. NRW und der Landesanstalt für der WAZ Mediengruppe. Medien, nehmen an dem landes- Inwieweit stärkt das Projekt weiten Projekt zur Leseförderung das politische Interesse? Auch die Redaktionen profi- in den 9. Hauptschulklassen jähr- Durch eigene Themen und lich mehr als 20 000 Schüler in Beiträge erfahren die Schüler, tieren. Die starke Einbindung NRW teil. Infos: www.zeusteam.de. dass Zeitung politisches Han- der Schüler sorgt für Aktua- deln beeinflussen kann. Zusammengefasst von Dr. Andrea Dahms lität im Lokalen. 14 Jahre gibt es das Projekt. Sind Veränderungen geplant? Die Zeus-Seiten werden fort- Wenn montags um acht in der 9b an zentral geplant und am der Heinrich-Lübke-Schule in Bri- Produktionsdesk in Essen lon absolute Ruhe herrscht, steht umgesetzt. Zudem setzen wir nicht unbedingt eine Klassenarbeit künftig noch stärker auf an. 30 Schüler lesen konzentriert Crossmedialität. Doch die Zeitung. Artikel, die auf der Zeus- Lokalredaktionen sind weiter Seite der Westfalenpost stehen. Es gefordert. Zeus braucht die sind ihre eigenen Artikel und Fotos. Verankerung vor Ort. Mehr als 93 000 Schüler in NRW haben im vergangenen Jahr an Zeus oder ZeusKids, dem Grundschul- projekt, teilgenommen und erlebt, wie Zeitung funktioniert. Und er- fahren, dass auch sie an journalisti- Mehr schen Inhalten partizipieren kön- als 1200 nen. Für WAZ, NRZ, WR, WP oder Zeus-Sei- IKZ waren sie als Zeus-Reporter ten fül- unterwegs, recherchierten, führten len Schü- Interviews, schrieben Berichte, Re- ler jedes portagen und Kommentare, die in Jahr wie- den Zeitungen und auf dem Nach- der in Redakteure erzählen in den Schulen aus richtenportal DerWesten.de veröf- den Blät- ihrem Alltag. Foto: Ulrich von Born fentlicht wurden. Unter der Dach- tern der marke „ZeusMedienwelten” sind WAZ Me- die medienpädagogischen Projekte diengrup- digital verortet, als komplementäre pe. Dabei Onlineprodukte zur Printvariante. lernen Beiderseitige Vernetzung heißt das sie, wie Prinzip, das junge Leser vom Inter- Zeitung net in die Tageszeitung zieht – und funktio- andersherum. niert und Erfolgreich erprobt übrigens wie Nach- auch bei „ZeitungsZeit – Nachrich- richten Schüler greifen selbst zu Block und Fo- ten für die Schule”. Seit vier Jahren wirken. toapparat. Foto: Jens Ostrowski liegen die Unterrichtsmaterialien
12 PERSPEKTIVEN Forum Lokaljournalismus 2010 Die neuen Medien machen der Lokalzeitung zu schaffen. Wie sieht die Zukunft der Lokalnachrichten aus? Foto: WAZ Mediale Welt im Wandel Wie sieht die Mediennutzung der Zukunft aus? – Der New Yorker Prof. John Pavlik im Interview Die mediale Welt ist im einige können schief gehen. Aber: Die Kosten dieses Experimentie- Wandel. Was diese entschei- rens können sehr gering sein, denn denen Veränderungen für das Ausprobieren digitaler Techno- logien ist nicht teuer. Zum Beispiel den Journalismus bedeuten, wäre es ein sehr interessantes Expe- riment, mehr Geschichten durch erklärt Prof. Dr. John V. Pav- Geotagging zu erzählen. lik, Professor und Depart- Wenn Mediennutzer nicht mehr länger passive Empfänger, son- ment Chair, „Journalism and dern aktive Teilhaber an der Media Studies” der Rutgers Nachrichtenproduktion sind, in- dem sie Berichte auf den Web- University in New Jersey. seiten von Zeitungen kommentie- ren, bloggen oder podcasten – wird dann der professionelle Welche Entwicklungen, die digi- Links: „Mobile Medien werden allge- Journalist trotzdem in der Zu- tale Medien derzeit zu bieten ha- genwärtig sein und eindringliche kunft weiterhin von großer Wich- ben, sind für Sie die besten? Medienerfahrungen alltäglich wer- tigkeit sein? Das ist schwierig zu sagen und ehr- den.” Prof. Dr. John Pavlik über die Der professionelle Journalist wird lich, ich denke, das Beste wird erst Mediennutzung der Zukunft. mehr denn je von großer Bedeu- noch kommen. Allerdings, einige Oben: Interessierte Zuhörer lauschen tung sein. Er wird ein Lenker oder der besten Entwicklungen, die den Pavliks Vortrag. Foto: Jakob Studnar Sinnstifter sein, wenn es darum Journalismus heute verändern, sind geht, wichtige Ereignisse wiederzu- erstens: digitales Video und digitale geben. Und er wird Trends und Ent- Fotografie. Sie ermöglichen es Bür- beinhalten das Ausmaß, in dem und Twitter . Eine zweite Stufe soll- wicklungen durchschauen, die für gerjournalisten, an jedem Ort sich neue Formen der digitalen Ge- te sich auf das Experimentieren die Bürger schwerer ersichtlich sein Nachrichten zu verfassen. Zwei- schichtserzählung entwickelt ha- konzentrieren, die Gelegenheiten könnten. tens: Mobile Medien, die Journalis- ben wie vergrößerte Wirklichkeits- zu nutzen, bis an die Grenzen zu ten und Bürgern erlauben, den gan- darstellungen – durch Geotagging gehen. Hier können sich einige Was macht die digitale Medien- zen Tag über an jedem Ort wichtige von Inhalten – und 3D-Abbildun- Versuche als gut herausstellen und welt besser als die „alte Form” Nachrichten zu erhalten. Und drit- gen. Auch die ökonomischen Mo- des Journalismus? tens: Google Earth, das für alle delle digitaler Medien haben sich in Nicht alles Digitale ist besser als die Nachrichtenorganisationen und verschiedenen Stufen entwickelt. analoge Welt. Aber es gibt heute Bürger frei zugänglich ist und zeigt, Zur Person keinen Weg zurück. Damit meine wie wir Nachrichten visualisieren Wie sollten Journalisten und Me- ich: Eine der großen Leistungen ist und verorten können. dienkonzerne mit dem raschen Prof. Dr. John Pavlik es, dass es eine größere Einfluss- Wandel des Medienkonsums um- ist ein amerikanischer nahme der Bürger auf ihre ganz ei- Verwenden europäische Medien- gehen? Medienwissenschaftler. gene Medienerfahrung gibt. Dies konzerne bereits alle zur Verfü- Sie sollten in zwei Stufen vorgehen. Er veröffentlichte u.a. zeigen auch elektronische Bücher. gung stehenden Möglichkeiten Die erste Stufe sollte auf das fokus- „Media in the Digital Konsumenten können einfach zu der digitalen Medien? siert sein, was heute weit verbreitet Age”. Sein neuestes Werk jeder Zeit an jedem Ort jedes Buch Nein, nirgends gibt es Medienkon- und relativ einfach anzuwenden ist, „Converging Media: A in eBook-Form erhalten. Und dies zepte, die vollständig die Möglich- wie das Bereitstellen von Inhalten New Introduction to Mass gewöhnlich für einen sehr viel keiten der digitalen Technologie für mobile Geräte in einem konven- Communication” ist im günstigeren Preis als im Buchge- ausschöpfen. Es gibt verschiedene tionellen Format, darunter opti- Januar 2010 erschienen. schäft. Manchmal gibt es sie sogar interessante Unterschiede, und sie mierte Websites für Mobilgeräte kostenlos.
Sie können auch lesen