AUS RUMMELSBERG - IM FREIEN WIEDER FREIER - Rummelsberger Diakonie

 
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AUS RUMMELSBERG - IM FREIEN WIEDER FREIER - Rummelsberger Diakonie
G r u ß        AUS RUMMELSBERG
02 | 2021

 IM FREIEN

 Naturnahe Projekte
 Seite 4

 WIEDER FREIER

 Corona in der Altenhilfe
 Seite 12

                                 FREI WACHSEN

                                 Spendenprojekt für die
                                 Streuobstwiese
                                 Seite 36

                                       rummelsberger-diakonie.de
AUS RUMMELSBERG - IM FREIEN WIEDER FREIER - Rummelsberger Diakonie
Inhalt

                                                               Freiheit in der digitalen
                                                               Bildung
                                                                                                        16        Jahresbericht Spenden 2020
                                                                                                                                                                      LIEBE LESERINNEN
             Editorial
                                                        3      Vor- und Nachteile der Digitalisierung
                                                                                                                  Die Verwendung der anvertrauten
                                                                                                                                                           22         UND LESER,
             Vergangenheit und Zukunft                                                                            Mittel                                                                    seit dem letzten „Gruß aus Rummels-
                                                                                                                                                                                            berg“ ist viel geschehen. Wir wollen
                                                                                                                                                                                            Ihnen mit diesem Heft wieder neue
             Sich erden und die Seele                                                                                                                                                       Einblicke verschaffen und Ihre Neugier
                                                                                                                  Betroffenheit, Scham und
                                                        4
             baumeln lassen                                                                                                                                                                 wecken. Eine Art „Nach-Corona-Frei-
                                                                                                                  Aufbruch
                                                                                                                                                           26
                                                                                                                                                                                            heit“ beginnt gerade und ist in die Zu-
             Naturnahe Projekte                                                                                                                                                             kunft gerichtet.
                                                                                                                  Buch der Behindertenhilfe                                                 Um in der Zukunft bestehen zu kön-
                                                                                                                                                                                            nen, müssen wir manchmal auch den
                                                                                                                                                                                            Blick zurückrichten. Wir hatten Ihnen
                                                                                        FOTO: Benjamin Molinaro                                                       darüber berichtet, dass wir vier Wissenschaftler*innen da-
                                                                                                                                                                      mit beauftragt hatten, die Lebensumstände von Menschen
                                                                                                                                                                      mit Behinderung in unseren Einrichtungen zu untersu-
                                                                                                                                                                      chen. Nun ist das Buch „Es sollte doch alles besser werden“
                                                               Kurz berichtet                                                                                         – Die Behindertenhilfe der Rummelsberger Diakonie 1945

                                                               Neuigkeiten aus der Rummelsberger
                                                                                                        18                                                            bis 1995 erschienen. Vieles in diesem Buch schmerzt und
                                                                                                                                                                      löst neben Betroffenheit große Scham aus. Neben der ver-
                                                               Diakonie                                                                                               werflichen Gabe von Medikamenten haben Menschen, die
                                                                                                                                                                      in unseren Einrichtungen lebten, auch andere Formen von
                                                                                                                                            FOTO: Arnica Mühlendyck   Gewalt erfahren. Ich entschuldige mich für die Rummels-
                                                                                                                                                                      berger Diakonie bei den Opfern von Gewalt und bitte um
                                                                                                                                                                      Verzeihung.
                                                                                                                  Fantastische Berufe
                                                                                                                                                           30
                            FOTO: Diakonin Arnica Mühlendyck                                                                                                          Unsere Aufgabe heute ist, wach und kritisch zu bleiben und
                                                                                                                                                                      eine Kultur zu schaffen, in der Gewalt kein toleriertes Mit-
                                                                                                                  Recruiting-Kampagne                                 tel ist; heute und in Zukunft.
             Schritt für Schritt in                                                                                                                                   Wenn Sie dieses Heft bekommen, sind in Bayern Sommer-
                                                                                                                                                                      ferien. Wir alle hoffen darauf, dass unser Leben wieder we-
             Richtung Freiheit

             Daniel Obermeiers Erfolgsgeschichte
                                                        8                          FOTO: Simon Malik              Wirksam & Engagiert
                                                                                                                                                           34
                                                                                                                                                                      niger von der Corona-Pandemie bestimmt wird. Vorsichtig
                                                                                                                                                                      zuversichtlich bauen wir darauf, dass nach den Ferien die
                                                                                                                  Corona in Tansania                                  Schulen wieder vollständig in Präsenz öffnen, dass alle ge-
                                                               Genial anders
                                                                                                        19
                                                                                                                                                                      sund aus dem Urlaub zurückkehren und persönliche Tref-
                                                                                                                                                                      fen wieder unbeschwert stattfinden können.
                                                               Erweiterung Hotel & Restaurant Anders                                                                  Lassen Sie uns vorsichtig bleiben und das Erreichte
                                                                                                                  Spendenprojekt
                                                                                                                                                           35
                                                                                                                                                                      erhalten.

                                                                                                                  Ein Zirkuswagen für die                             Herzliche Grüße
                                                                                                                  Streuobstwiese                                      Ihr
                                                                                                                                                  FOTO: Simon Malik

                                  FOTO: Kerstin Smirr                                                                                                                 Reiner Schübel
                                                                                                                                                                      Vorstandsvorsitzender der Rummelsberger Diakonie e.V.
                                                                                                                                                                      Rektor der Rummelsberger Diakone und Diakoninnen
             Freiheit im letzten
             Lebensabschnitt

             Corona-Einschränkungen in der
                                                        12                                 FOTO: Heike Reinhold

             Altenhilfe
2                                                                                                                                                                                                                           3
AUS RUMMELSBERG - IM FREIEN WIEDER FREIER - Rummelsberger Diakonie
Thema                                                                                                                                                                                                                                         Thema

                                                                                                                                 auch zum Essen oft die Tische raus. Und auch
                                                                                                                                 bei Regenwetter geht es in den Garten, auch mit
                                                                                                                                 den Kleinsten.“
                                                                                                                                 Ein Gefühl von Freiheit – das gibt die Aktivität
                                                                                                                                 in der Natur nicht nur den Kleinsten bei der
                                                                                                                                                        Rummelsberger Diakonie.
                                                                                                                              EIN GEFÜHL                „Er genießt es, draußen
                                                                                                                                                        zu sein, das merkt man“,
                                                                                                                              VON FREIHEIT
                                                                                                                                                        sagt Diakon Jochen Fleps
                                                                                                                                                        und meint Jonas Deierling,
                                                                                                                                 der im Fachbereich Autismus in Hersbruck lebt
                                                                                                                                 und der regelmäßig Pferd Moritz besucht. Strei-
                                                                                                                                 cheln, striegeln, am Strick führen – das macht
                                                                                                                                 Jonas Deierling gerne. „Er lacht dann ganz viel.
                                                                                                                                 Und oft legt er sich ins Heu“, so Jochen Fleps.
                                                                                                                                 Auch wenn Jonas Deierling nicht durch Spra-
                                                                                                                                 che ausdrücken kann, was er denkt und fühlt:
                                                                                                                                 Seine Handlungen zeigen, was in ihm vorgeht.
                                                                                                                                                                                          Genau hier im Anschluss an die Terrasse soll das vier
                                                                                                                                 Insgesamt drei Klienten besuchen montags ge-             mal acht Meter große Gewächshaus stehen. Anna Seitz
                                                                                                                                 meinsam das Pferd. Die Besuche mussten aller-            und Ralf Schmidt freuen sich schon darauf.
                                                                                                                                                                                          FOTO: Arnica Mühlendyck
                                                                                                                                 dings wegen Corona einige Monate ausgesetzt
                                                                                                                                 werden. „Es geht gar nicht so sehr ums Reiten“,
                                                                                                                                 so Sabine Hager, Teamleiterin im Fachbereich             wir beim Pferd sind“, so Jochen Fleps.
                                                                                                                                 Autismus. „Im Freien unterwegs sein, einen Zu-           Größtmögliche Freiheit wünscht sich auch Ralf
            Hikma (vorne links) freut sich schon, bald im Weidentipi picknicken zu können. Gemeinsam mit Yana Schmidt
            (hinten links) haben die Hortkinder das Tipi gepflanzt. FOTO: Diakonin Arnica Mühlendyck                             gang zu einem anderen Ort und zum Tier be-               Schmidt für die Beschäftigten der Altmühltal-
                                                                                                                                 kommen, die Abläufe verinnerlichen – das ist             Werkstätten in Treuchtlingen. Montage, Wä-
                                                                                                                                 das Ziel.“ Einige helfen auch gerne beim Reinigen        scherei, Nähstube, Schreinerei: Eigentlich ist

            SICH ERDEN UND DIE SEELE                                                                                             der Boxen oder richten das Futter für das Tier
                                                                                                                                 her. „Menschen im Autismusspektrum brauchen
                                                                                                                                                                                          für jeden die passende Arbeit dabei. Durch ein
                                                                                                                                                                                          Gewächshaus möchte Ralf Schmidt ein noch

            BAUMELN LASSEN
                                                                                                                                 klare Grenzen, aber innerhalb dieser Grenzen,            breiter angelegtes Arbeitsangebot für die Klien-
                                                                                                                                 die ihnen Orientierung geben, dann die größt-            tinnen und Klienten schaffen. „Die Menschen,
                                                                                                                                 mögliche Freiheit – und die genießt Jonas, wenn          die in der Werkstatt arbeiten, sind ganz unter-
                                                                                                                                                                                          schiedlich und haben verschiedene Interessen.
                                                                                                                                                                                          Mir ist es wichtig, dass sie nicht nur Produk-
            Naturnahe Projekte bei der Rummelsberger Diakonie schaffen                                                                                                                    tionshelfer sind, sondern nach ihren jeweiligen
                                                                                                                                                                                          Fähigkeiten tätig sein können.“ Dass einige Be-
            ein Gefühl der Freiheit
                                                                                                                                                                                          schäftigte eine große Affinität zur Gartenarbeit
            „Wir können darin Verstecken spielen, sind                   terhin so gut grün bleiben, dann können die                                                                      haben, weiß Ralf Schmidt: Als Vorbereitung auf
            vor dem Regen sicher und können ein Picknick                 Kinder bald darin spielen“, so Karin Leiner, Ein-                                                                die Anschaffung eines Gewächshauses hat die
            machen.“ Die 8-jährige Hikma findet das neue                 richtungsleiterin in der Kinderinsel. Das Tipi ist                                                               Einrichtung letztes Jahr mit einigen Hochbeeten
            Weidentipi im Garten der Kindertagesstätte                   nur ein Teil des Gartens der Kinderinsel. Seit                                                                   experimentiert. Und auch die Schafe, die in un-
            „Kinderinsel“ in Nürnberg großartig. Noch ist                einigen Jahren pflegen die Kinder und die Mit-                                                                   mittelbarer Nähe zum Haus grasen, locken die
            diese Freude eine reine Vorfreude, denn bisher               arbeitenden gemeinsam einige Hochbeete. „Alle                                                                    Beschäftigten nach draußen. „Einige versorgen
            sind die Weidenbäumchen, aus denen das Tipi                  helfen gerne beim Gießen und Unkrautzupfen.                                                                      die Tiere regelmäßig und haben auch begeistert
            besteht, nicht vollständig angewachsen. Vor                  Und natürlich beim Ernten und Essen“, lacht Ka-                                                                  mit den Hochbeeten gearbeitet. Die Tätigkeit
            einigen Wochen hat Hikma sie gemeinsam mit                   rin Leiner. „Wir suchen auch oft Insekten und                                                                    an der frischen Luft erdet, das geht mir selbst
            den anderen Hortkindern und der Erzieherin                   schauen sie uns in den Becherlupen an oder                                                                       ja auch so“, sagt Schmidt. Auch Anna Seitz, die
            Yana Schmidt gepflanzt. „Wir haben die Bäum-                 machen Experimente im Garten. Der Garten                                                                         als Werkstatträtin die anderen Beschäftigten
            chen festgehalten und dann die Erde ganz fest-               ist ein bisschen wie ein magischer Ort für die                                                                   vertritt, glaubt, dass die Arbeit mit dem Ge-
            geklopft und dann haben die Erzieherinnen die                Kinder. Sie können hier ganz frei Spielideen ent-                                                                wächshaus ein voller Erfolg wird. „Da sind auf
            Bäumchen oben zusammengebunden“, erinnert                    wickeln. Wir gehen viel raus. Vor allem im Mo-          Für Jonas Deierling ist die Zeit mit Pferd Moritz eine   jeden Fall einige dabei, denen die Arbeit Spaß
            sich Hikma an den Bau. „Wenn die Ruten wei-                  ment ist das besonders wichtig, da tragen wir           echte Entspannungszeit. FOTO: Diakon Jochen Fleps        machen wird“, ist sie überzeugt, auch wenn sie

4                                                                                                                                                                                                                                                         5
AUS RUMMELSBERG - IM FREIEN WIEDER FREIER - Rummelsberger Diakonie
Thema

                                                                                                                                     PROJEKTE IN DER NATUR
                                                                                                                                     Die meisten Menschen gehen gerne raus in die Natur.
                                                                                                                                     Sie arbeiten gerne im Garten oder machen draußen Sport.
                                                                                                                                     In der Natur fühlen Menschen sich frei.
                                                                                                                                     Darum gibt es für die Klient*innen bei der Rummelsberger Diakonie
                                                                                                                                     viele Projekte in der Natur.

                                                                                                                                     Hikma geht in die Kinder-Tagesstätte „Kinderinsel“ in Nürnberg.
                                                                                                                                     Sie hat mit anderen Kindern und einer Erzieherin ein Weiden-Tipi im Garten gebaut.
                                                                                                                                     Ein Weiden-Tipi besteht aus vielen jungen Weiden-Bäumen.
                                                                             Die Beschäftigten der Altmühltal-Werkstätten verbrin-
                                                                             gen ihre Pause gerne damit, den benachbarten Schafen    Die Kinder haben die Bäume eingepflanzt und
                                                                             beim Grasen zuzuschauen. FOTO: Arnica Mühlendyck
                                                                                                                                     an den Spitzen zusammengebunden.
                                                                                                                                     Das Weiden-Tipi sieht aus wie ein spitzes Indianer-Zelt.
                                                                            selbst nicht so großes Interesse am Gärtnern
                                                                                                                                     Die Kinder können in dem Tipi spielen oder ein Picknick machen.
                                                                            hat. „Aber Erde in Töpfe füllen, das könnte mir
                                                                            schon gefallen.“
                                                                            Im Naturgarten in der Berufsschule zur sonder-           Jonas Deierling lebt im Fachbereich Autismus in Hersbruck.
                                                                            pädagogischen Förderung auf der Wülzburg in
                                                                                                                                     Er besucht jede Woche das Pferd Moritz.
                                                                            Weißenburg wird schon lange Erde in Töpfe ge-
                                                                            füllt. Dass die Natur frei und ohne Zutun wächst,        Er geht gerne raus und kann sich beim Pferd sehr gut entspannen.
                                                                                                   das ist für die Schülerinnen      Er kuschelt zum Beispiel gerne mit dem Pferd.
                                                                          DEN UMGANG               und Schüler häufig ein ganz
                                                                                                   neues Erleben. „Unter frei-
                                                                          MIT DER NATUR
                                                                                                   em Himmel erleben sie die         Ralf Schmidt ist der Leiter der Altmühltal-Werkstätten in Treuchtlingen.
                                                                          LERNEN                   Freude am Umgang mit den
                                                                                                                                     Er möchte nächstes Jahr ein Gewächs-Haus für die Klient*innen haben.
                                                                                                   Nutzpflanzen und Blumen.
            Karin Leiner ist froh, dass die Kinder durch die viele Zeit
            im Garten auch während der Pandemie ein großes Maß              Jetzt können sie schon wieder gemeinsam drau-            In einem Gewächs-Haus wachsen verschiedene Pflanzen,
            an Freiheit genießen können. FOTO: Arnica Mühlen-               ßen arbeiten, natürlich mit Abstand. Es wird ge-         für die es draußen zu kalt oder zu nass ist.
            dyck
                                                                            graben, gesät, gegossen und geerntet und dann
                                                                            bereiten wir miteinander Leckeres zum Essen
                                                                                                                                     Er glaubt: Vielen Klient*innen wird die Arbeit im Gewächshaus gefallen.
                                                                            zu“, so Schulleiterin Susanne Göpel. „Fernab von
                                                                            Corona einfach mal die Seele baumeln lassen,
                                                                                                                                     In der Berufsschule auf der Wülzburg in Weißenburg gibt es einen Garten.
                                                                            darum geht es bei dem Projekt aber auch.“ Auch
                                                                            eine Imkerei ist Teil des Schulgartens, ebenso           In dem Garten lernen die Schüler*innen,
                                                                            wie bienenfreundliche Wildblumenflächen und              wie sie mit Pflanzen richtig umgehen.
                                                                            Hecken. Bei Führungen und Workshops können
                                                                            die Schülerinnen und Schüler dann das gewon-
                                                                                                                                     Die Schüler*innen machen auch Führungen durch den Garten und zeigen,
                                                                            nene Wissen mit anderen teilen. „Artenvielfalt           was sie gelernt haben.
                                                                            erhalten, Freude an der Arbeit in der Natur,
                                                                            Rücksichtnahme und ein sorgsamer Umgang
                                                                            mit der Schöpfung, das steht im Mittelpunkt
            Welches Kraut wofür verwendet werden kann, wie es
                                                                            unserer Arbeit“, erklärt Anna-Maria Rupp, die
            haltbar gemacht werden kann und welche Pflege es                gemeinsam mit Susanne Göpel für den Schul-
            braucht: Dieses Wissen teilen die Schülerinnen und              garten verantwortlich ist.
            Schüler der Berufsschule zur sonderpädagogischen
            Förderung bei Workshops mit anderen.
            FOTO: Anna-Maria Rupp                                            TEXT: Diakonin Arnica Mühlendyck

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AUS RUMMELSBERG - IM FREIEN WIEDER FREIER - Rummelsberger Diakonie
Thema                                                                                             Thema

            SCHRITT FÜR SCHRITT
            IN RICHTUNG FREIHEIT
            Daniel Obermeier fand den Weg als Klient der Be-
            hindertenhilfe zurück in ein eigenständiges Leben.

          Den Schlüssel zur eigenen Wohnung umdrehen zu können und hinter der Tür
          niemand anderen als seine Ehefrau Jacqueline anzutreffen: Für Daniel Obermeier
          ist das ein Gefühl der Freiheit. Allein über seinen Alltag zu bestimmen und zu ent-
          scheiden, mit wem er zusammenlebt, war für ihn in den vergangenen Jahren nicht
          selbstverständlich. Es ist seine Willenskraft, die ihn an diesen Punkt gebracht hat.
          „Heute habe ich endlich mein Leben wieder“, erzählt der 38-Jährige.
          Wer verstehen will, welche Bedeutung sein Wohnungsschlüssel für ihn hat, muss
          erst einmal in die Vergangenheit blicken. Denn die Kindheit von Daniel Obermeier
          ist aufgrund familiärer Probleme alles andere als einfach. Er wächst in verschie-
          denen Heimen auf. Lernschwierigkeiten begleiten ihn auf seinem Lebensweg.
          Schließlich bestimmt der Alkohol seinen Alltag. Mit Anfang 30 hat er keinen Job
          und steht kurz davor, seine Wohnung zu verlieren, „weil ich zu viel Mist gebaut
          habe“, wie er sagt.
          Der Wendepunkt beginnt im April 2013. Daniel Obermeier zieht von Regensburg
          auf den Auhof in Hilpoltstein, eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung
          unter Trägerschaft der Rummelsberger Diakonie. Auch wenn ein Alkoholentzug zu
                                 Beginn keinen dauerhaften Erfolg zeigt, bietet ihm sein neuer
       DER WENDE-                Alltag jene Struktur, die ihm zuletzt abhandengekommen war.
                                 Auf dem Auhof lernt er Mitbewohnerin Jacqueline kennen.
       PUNKT FÜR DA-
                                 Schnell werden die beiden ein Paar. „Er war mir auf Anhieb
       NIEL OBERMEIER            sympathisch“, erzählt sie.
                                 In der Schreinerei, in der Menschen mit Behinderung arbei-
          ten, findet Daniel Obermeier als Klient Arbeit. Doch als sich ihm nach drei Jahren
          keine Perspektive bietet, als Hilfskraft angestellt zu werden und besser zu verdie-
          nen, lässt er die fast unkündbare Stelle hinter sich. Eine neue Arbeit als ungelernte
          Pflegehilfskraft findet er kurz darauf ebenfalls am Auhof.
          Dominic Portisch, der Daniel Obermeier als pädagogischer Mitarbeiter begleitet,
          hat nun einen Kollegen mehr: „Plötzlich war Daniel Bewohner und gleichzeitig
          Kollege, den ich auf der Mitarbeiter-Weihnachtsfeier treffe.“ Sein neuer Job er-
          möglicht es Daniel Obermeier, sich einen großen Wunsch zu erfüllen: den Roller-
          führerschein zu absolvieren und sich ein Zweirad anzuschaffen.
          Und er geht einen weiteren Schritt in Richtung Eigenständigkeit. Mit Jacqueline
          und weiteren Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern zieht er nach Roth in eine
          neu gegründete Außenwohngruppe. „Daniel und Jacqueline gehören nicht in die
          Behinderten- und Jugendhilfe und sind auch unter Menschen mit psychischer
          Erkrankung nicht am richtigen Platz. Am Auhof hätte sich Daniel nicht frei ent-
          falten können“, sagt Dominic Portisch. „Unsere Klientel in Roth sind sogenannte

                                   Der Roller war für Daniel Obermeier ein langgehegter Wunsch,
                                    den er sich dank seiner Arbeit erfüllt hat. FOTO: Kerstin Smirr

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AUS RUMMELSBERG - IM FREIEN WIEDER FREIER - Rummelsberger Diakonie
„Zu heiraten war schon lange ein großer                    DANIELS GROSSER WUNSCH
                                                              Wunsch von mir“, sagt Daniel Obermeier. Noch
                                                              sei er aber nicht dort angekommen, wo er im
                                                              Leben stehen möchte: „Eine Familie und eine                Daniel Obermeier ist 38 Jahre alt.
                                                              Arbeit sind für mich das Wichtigste.“ Seine Tä-            Er wohnt in Roth.
                                                              tigkeit als Pflegehilfskraft am Auhof gab er nach
                                                              zwei Jahren auf. Dominic Portisch konnte die-
                                                                                                                         Seine Frau heißt Jacqueline.
                                                              se Entscheidung nachvollziehen: „Als Springer
                                                              in mehreren Wohngruppen hat man von Daniel                 Daniel und Jacqueline haben sich am Auhof kennengelernt.
                                                              zu viel verlangt, denn jede Wohngruppe hat
                                                              ihre eigenen Herausforderungen. Er war nie                 Am Auhof in Hilpoltstein wohnen und arbeiten Menschen mit geistiger Behinderung.
                                                              in einem Team verwurzelt.“ Zuletzt gestaltete              Auch Daniel und Jacqueline haben einige Jahre am Auhof gewohnt und gearbeitet.
                                                              sich die Arbeitssuche wegen Corona schwierig.
                                                              Daniel Obermeier würde am liebsten im pflege-
                                                              rischen Bereich bleiben, wie er sagt: „Ich mag             Daniel hat Lernschwierigkeiten.
                                                              es, Menschen zu helfen, die sich selbst kaum               Erst hat er in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung gearbeitet.
                                                              helfen können. Es ist eine schöne Bestätigung
                                                              zu sehen, wenn es ihnen dadurch gut geht.“
                                                                                                                         Später hat er geholfen,
                                                                                                                         Menschen mit geistiger Behinderung am Auhof zu pflegen.
        Jacqueline und Daniel Obermeier haben im April „Ja“
        zueinander gesagt. FOTO: Dominic Portisch
                                                                                                                         Daniel und Jacqueline benötigen nicht so viel Hilfe
        Systemsprengerinnen und Systemsprenger. Es                                                                       wie andere Bewohner am Auhof.
        sind Menschen, die durch das Raster der sozia-
                                                                                                                         Deshalb sind Daniel und Jacqueline mit anderen Menschen zusammen
        len Hilfseinrichtungen fallen“, erklärt der Heil-
        erziehungspfleger. Ziel sei es, die Klientinnen                                                                  in eine Wohngruppe nach Roth gezogen.
        und Klienten auf ein selbstständiges Leben vor-                                                                  Dort haben sie gelernt,
        zubereiten.
        In Roth gelingt es Daniel Obermeier, sich vom                                                                    selbstständig zu leben.
        Alkohol zu lösen. „Ich habe von einem Tag auf                                                                    Dominic Portisch hat ihnen im Alltag geholfen.
        den anderen aufgehört und seit vier Jahren kei-
                                                                                                                         Dominic Portisch arbeitet als Heilerziehungs-Pfleger
        nen Tropfen mehr angerührt“, erzählt er. Für
        eine positive Überraschung unter den Mitarbei-                                                                   für die Rummelsberger Diakonie.
        tenden sorgt er im vergangenen Jahr, als er ver-
        kündet, auszuziehen. Als erster Mitbewohner
        hat er das Ziel erreicht. „Ich hatte in der Wohn-
                                                              Dominic Portisch (rechts) begleitet das Paar seit vielen   Daniel braucht heute keine Hilfe mehr von Dominic Portisch.
                                                              Jahren. Zur Hochzeit von Jacqueline und Daniel war er
        gruppe immer das Gefühl, eingesperrt zu sein,         als Trauzeuge geladen und hielt die schönsten Momen-       Früher hat Daniel zu viel Alkohol getrunken.
                                                              te des Tages auf Foto fest. FOTO: Kerstin Smirr
        obwohl ich kommen und gehen konnte, wann
                                                                                                                         Heute trinkt Daniel keinen Alkohol mehr.
        ich wollte. Ich wollte nicht mehr mit anderen
        zusammenleben, sondern mein eigener Herr              Selbst Geld zu verdienen und nicht mehr ab-                Im April haben Daniel und Jacqueline geheiratet.
        sein“, sagt er.                                       hängig von der Agentur für Arbeit zu sein, wäre
        Mit Jacqueline bezieht er im vergangenen Som-         für ihn ein weiterer Schritt in Richtung Freiheit,
        mer eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Roth. Ein             erzählt Daniel Obermeier. Was ihn in all den Jah-
                                                                                                                         Daniel und Jacqueline wohnen heute allein in einer Wohnung.
                              halbes Jahr lang unter-         ren angetrieben hat, seinen Weg zu gehen? „Der             Daniel sucht in Moment eine neue Arbeit in einem Pflegeheim.
     EIGENE WOH-              stützt Dominic Portisch         Wunsch, eine eigene Familie zu gründen“, ant-              Daniel hat einen großen Wunsch: Er und Jacqueline wollen ein Kind.
                              das Paar weiter im Alltag.      wortet er. „Du kannst aber keine Familie grün-
     NUNG, HOCH-                                                                                                         Er will einmal sagen können: Mit meiner Arbeit sorge ich für meine Familie.
                              „Es ist schön, ihren Weg        den, wenn du in einer Wohngruppe lebst und
     ZEIT, JOB                zu begleiten. Inzwischen        keine Arbeit hast. Ich will gerne sagen können,
                              komme ich als Bekannter         dass ich eine Familie zu ernähren habe. Und das
        zum Kaffeetrinken.“ Zur Hochzeit von Jacque-          wird kommen.“
        line und Daniel im April war Dominic Portisch
        als ihr Trauzeuge eingeladen.                         TEXT: Kerstin Smirr

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AUS RUMMELSBERG - IM FREIEN WIEDER FREIER - Rummelsberger Diakonie
Thema                                                                                                                                                                                                                                   Thema

                                                                                                                                             habe sie im ganzen letzten Jahr
                                                                                                                                             nur dreimal aus der Ferne gesehen.
                                                                                                                                             Aber mein Sohn zeigt mir immer
                                                                                                                                             Videos auf seinem Telefon.“ Eva-
                                                                                                                                             Maria Hofmann und ihre Familie –
                                                                                                                                             zwei Söhne, zwei Enkelkinder, vier
                                                                                                                                             Urenkelchen – halten sich sehr
                                                                                                                                             zuverlässig an die Regeln. Die ehe-
                                                                                                                                             malige Sportlehrerin leidet an der
                                                                                                                                             Lungenkrankheit COPD. „Corona
                                                                                                                                             hätte ich nicht überlebt“, ist sie
                                                                                                                                             sich sicher. Die Regeln im Schert-
                                                                                                                                             linhaus sind streng. „Aber ich war
                                                                                                                                             nie eingesperrt“, schaut sie auf die
                                                                                                                                             Pandemie zurück. „Mein Sohn, der
                                                                                                                                             in Burtenbach lebt, durfte immer
                                                                                                                                             kommen und mich besuchen und
                                                                                                                                             seit ein paar Wochen darf auch der
                                                                                                                                             zweite kommen. Er reist dann von
                                                                                                                                             Würzburg mit dem VW-Bus an und
                                                                                                                                             bringt Kaffee mit und Kuchen und
                                                                                                                                             dann sitzen wir draußen auf dem
                                                                                                                                             Parkplatz im Bus, man kann ja nir-
                                                                                                                                             gends ins Café gehen.“ Sie ist trotz
                                                                                                                                                                                    Hausleiter Stephan Mücke setzt auf Selbstverantwor-
                                                                                                                                             aller Einschränkungen froh, dass       tung – Flatterbänder und große Verbotsschilder gibt es
                                                                                                                                             sie im Schertlinhaus lebt. „Was        im Schertlinhaus nicht.
                                                                                                                                             meinen Sie, wie es mir daheim ge-
                                                                                                                                             gangen wäre? Da wäre ich so ein-       schen uns doch wieder mehr Nähe und Mensch-
                                                                                                                                             sam gewesen.“ Im Schertlinhaus ist     lichkeit. Je mehr Menschen geimpft sind, desto
                                                                                                                                             sie nicht alleine. Im Wohnbereich      größer ist die Hoffnung darauf.“
             Eva-Maria Hofmann sehnt sich danach, wieder ganz frei entscheiden zu können über ihr Leben.
                                                                                                                               wird viel gebastelt und Kniffel gespielt oder        Hausleitung Stephan Mücke ist zufrieden: Fast
                                                                                                                               Galgenraten. Und sie hat eine Freundin. „Sie ist     90 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner
                                                                                                                               zwar ganz anders als ich, aber wir brauchen uns      und mehr als 50 Prozent der Mitarbeitenden ist

             FREIHEIT IM LETZTEN                                                                                               gegenseitig. Wir können über alles reden.“
                                                                                                                               Ein wenig Sicherheit hat Eva-Maria Hofmann
                                                                                                                               durch die Impfung bereits bekommen. Aber
                                                                                                                                                                                    bereits doppelt geimpft. Er setzt auf das Ver-
                                                                                                                                                                                    antwortungsgefühl der Bewohnerinnen und Be-
                                                                                                                                                                                    wohner und auch der Angehörigen. „Ich wollte

             LEBENSABSCHNITT                                                                                                SICHERHEIT
                                                                                                                                                     noch sind die Lockerungen
                                                                                                                                                     nicht wirklich zu spüren.
                                                                                                                                                                                    keine Absperrbänder und riesige Verbotsschil-
                                                                                                                                                                                    der im Haus. Maske, Abstand, Hygienemaß-
                                                                                                                                                     Das merkt auch Claudia         nahmen, auch bei den Besuchen zu Hause, an
                                                                                                                            DURCH
                                                                                                                                                     Wirth, die als Pflegefach-     diese Regeln halten sich alle.“ Über 1.700 Coro-
                                                                                                                            IMPFUNGEN
             Dank strenger Regeln sind die Bewohnerinnen und Bewohner                                                                                kraft im Schertlinhaus ar-     na-Schnelltests haben er und die Kolleginnen
                                                                                                                                                     beitet. „Im Moment bringt      und Kollegen seit Beginn der Pandemie ge-
             im Schertlinhaus in Burtenbach bisher sicher durch die Pande-                                                     mir die Impfung zwar die Sicherheit, dass ich        macht. Für Angehörige und Mitarbeitende. „Die
             mie gekommen.                                                                                                     niemanden in der Einrichtung gefährde. Aber          Mitarbeitenden lassen sich freiwillig testen. Alle
                                                                                                                               sie bringt mir auch eine Menge Neid. Ich muss        sind diszipliniert und motiviert trotz der Bedin-
             „Ich bin ein erwachsener Mensch und ich wün-                 mir sicher, dass wir nur deshalb so gut durch        ständig diskutieren, warum ich schon geimpft         gungen.“ Die zusätzlichen Hygienemaßnahmen,
             sche mir die Freiheit, die erwachsenen Men-                  die Pandemie gekommen sind. Jeder muss sich          bin und jemand anders nicht.“ Dieser Impf-Neid       Arbeiten mit Maske, die Betreuung der Kinder
             schen zusteht. Aber jetzt gibt es überall Vor-               daran halten, man muss sich aufeinander verlas-      macht sie wütend. „Die Geimpften und die Un-         oder von Angehörigen, die gepflegt werden
             schriften“, fasst Eva-Maria Hofmann zusammen.                sen können.“ Kein gemeinsamer Gesang, keine          geimpften, das ist doch Blödsinn“, so die 51-Jäh-    müssen. „Und wenn dann irgendwo im privaten
             Die 92-Jährige lebt seit drei Jahren im Schert-              Bingo-Runden im Foyer, nur sehr wenig Besuch.        rige. „Meine Pflicht als Pflegefachkraft ist es,     Umfeld jemand positiv getestet wird, dann muss
             linhaus in Burtenbach. „Ich weiß, es muss halt               Am meisten vermisst die Seniorin ihre Familie.       meine Umwelt zu schützen und die Menschen            jedes Mal der ganze Dienstplan umgeworfen
             grad so sein. Die Regeln sind streng, aber ich bin           „Meine Urenkel verändern sich so schnell. Ich        in der Einrichtung gleich zweimal. Wir alle wün-     werden – das ist schon sehr belastend.“

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AUS RUMMELSBERG - IM FREIEN WIEDER FREIER - Rummelsberger Diakonie
Thema

                                                                                                                                     STRENGE CORONA-REGELN
                                                                                                                                     Eva-Maria Hofmann ist 92 Jahre alt und lebt im Schertlinhaus.
                                                                                                                                     Das Schertlinhaus ist ein Alten- und Pflegeheim in Burtenbach.

                                                                                                                                     Wegen der Corona-Pandemie muss Eva-Maria Hofmann sich an Regeln halten:
                                                                                                                                     • Nur ein Sohn darf sie im Schertlinhaus besuchen.
                                                                                                                                     • Sie darf sich nur mit den Bewohner*innen aus ihrem eigenen Wohnbereich
                                                                                                                                       treffen.
                                                                                                                                     • Es finden keine gemeinsamen Freizeit-Angebote für alle Bewohner*innen im
                                                                                                                                       Schertlinhaus statt.

                                                                                                                                     Eva-Maria Hofmann findet die Regeln sehr streng.
                                                                                                                                     Sie vermisst ihre Söhne, ihre Enkelkinder und ihre Urenkelkinder.
                                                                                                                                     Urenkelkinder sind die Kinder von ihren Enkelkindern.
                                                                                                                                     Aber Eva-Maria Hofmann weiß,
                                                                                                                                     dass die Regeln wichtig sind.
                                                                                                                                     Sie hat eine Lungenkrankheit.
             Claudia Wirth sieht es als ihre besondere Pflicht als Pflegefachkraft, die Menschen im Schertlinhaus vor dem Virus zu
             schützen.                                                                                                               Sie sagt: „Wenn ich Corona bekomme, dann sterbe ich daran.“
                                                                                                                                     Sie möchte nicht einsam sterben.
       Die Arbeit in den letzten Monaten war schwie-                        war eine der fünf Erkrankten“, erzählt Claudia
       rig. „Es fehlt so viel. Die Gespräche oder dass                      Wirth. „Während sie in Quarantäne war, konnte            Stephan Mücke ist der Leiter im Schertlinhaus.
                      man sich mal drückt, das ist immer                    ich nur in kompletter Schutzkleidung zu ihr. Ich         Er ist froh, dass sich die Bewohner*innen und die Mitarbeiter*innen
SCHWIERIGE            noch alles weg. Und gerade die Ar-                    habe so viel meine Hände desinfiziert, dass mir
                      beit mit Menschen mit Demenz ist                      fast die Haut abgefallen wäre. Umarmen konnte            gut an die Corona-Regeln halten.
ARBEITS- UND
                      ein Problem, denn durch die Mas-                      ich sie auch nicht, denn ich wollte ja niemand           9 von 10 Bewohner*innen sind schon gegen Corona geimpft.
LEBENSBEDIN-          ke erschrecken sich die Bewohne-                      anderen gefährden. Das war wirklich furchtbar.
GUNGEN
                                                                                                                                     Mehr als die Hälfte von den Mitarbeiter*innen ist auch schon gegen Corona geimpft.
                      rinnen und Bewohner immer noch                        Aber sie hat die Infektion gut überstanden, hat-
                      oft“, sagt Claudia Wirth. Vor allem                   te nur ein bisschen Geschmacks-Probleme.“ Im             Stephan Mücke hofft,
       am Anfang der Pandemie hatten auch die Mitar-                        März ist Claudia Wirths Mutter verstorben, al-           dass die Corona-Pandemie bald vorbei ist.
       beitenden mit vielen Ängsten zu kämpfen, so die                      lerdings nicht an Corona. „Hier im Wohnbereich
       Bereichsleiterin. Niemanden anstecken und das                        konnte ich wenigstens am Ende für sie da sein.“
                                                                                                                                     Und dass die Regeln dann weniger streng sind.
       Virus auch nicht mit nach Hause nehmen – das                         Am Ende ihres Lebens alleine sein: Davor fürch-
       war und ist allen besonders wichtig. Fünf Be-                        tet sich Eva-Maria Hofmann am meisten. „Ich              Claudia Wirth arbeitet im Schertlinhaus.
       wohnerinnen und Bewohner hatten sich gleich                          weiß, dass ich im allerletzten Lebensabschnitt
                                                                                                                                     Sie findet das Arbeiten in der Corona-Pandemie sehr anstrengend.
       zu Beginn der ersten Welle angesteckt. „Wir wa-                      bin, es kann jeden Tag zu Ende sein. Ich wünsche
       ren quasi eine der Piloteinrichtungen im Land-                       mir, wieder mehr Kontakt zu meiner Familie ha-           Aber Claudia Wirth weiß,
       kreis“, erinnert sich Stephan Mücke mit Galgen-                      ben zu können und zu den anderen Menschen                dass die Corona-Regeln wichtig sind und Leben retten.
       humor an die Osterfeiertage 2020 zurück. „Wir                        im Haus.“ Auch wenn ihr bewusst ist, dass die
       hatten dann eine Quarantäne-Einheit im Haus,                         Maßnahmen sinnvoll und notwendig sind: Sie
                                                                                                                                     Einige Menschen sind neidisch,
       glücklicherweise lebten alle positiv Getesteten                      sehnt sich danach, wieder frei zu sein, eigene           weil Claudia Wirth schon geimpft ist.
       in einem Wohnbereich. Starke Symptome hat-                           Entscheidungen zu treffen und selbstbestimmt             Das findet Claudia Wirth blöd.
       te niemand, obwohl alle über 90 waren.“ Auch                         leben zu können.
       die beiden erkrankten Mitarbeitenden kamen                                                                                    Sie sagt: „Wenn sich viele Menschen impfen lassen,
       glimpflich durch die Infektion. „Meine Mama                          TEXT UND FOTOS: Diakonin Arnica Mühlendyck               dann ist Corona bald nicht mehr so gefährlich.“

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AUS RUMMELSBERG - IM FREIEN WIEDER FREIER - Rummelsberger Diakonie
Thema                                                                                                                                                    Thema

             FREIHEIT IN DER
             DIGITALEN BILDUNG
             Im Interview spricht Achim Falk, Leiter der Diakonischen
             Akademie, über die aktuelle Lage und die Vor- und Nachteile
             der digitalen Bildung

           Die Digitalisierung bringt uns viele Freiheiten.   Auf der anderen Seite berichtet Diakon Falk
           Einen besonderen Einfluss hat sie auf den Be-      von den Chancen der digitalen Bildung. Beson-
           reich der Fort- und Weiterbildungen. In der        ders für Mitarbeitende der Rummelsberger sei
           Rummelsberger Diakonie haben die Spezialis-        die örtliche Freiheit eine große Bereicherung.
           ten aus der Diakonischen Akademie große Teile      „Da ist man schon dankbar, dass man für eine
           ihrer Angebote digitalisiert. Sie haben Schulun-   eintägige Schulung nicht aus Garmisch an-
           gen und Weiterbildungen, wie zum Beispiel die      reisen muss“, erklärt der Diakon. Dazu komme
           Schulung zum/r sozialpsychiatrischen Assis-        die zeitliche Flexibilität, die den Nutzer*innen
           tent*in, von rein analogen zu vorrangig digita-    zum Beispiel bei den Pflichtschulungen gebo-
           len Veranstaltungen umgewandelt – und das in       ten wird. „Wenn mein/e Vorgesetzte*r mir die
           Rekordzeit.                                        Aufgabe gibt, in der nächsten Woche die Daten-
           Ein Paradebeispiel für eine inzwischen voll-       schutzschulung zu machen, kann ich mir dafür
           digitale Schulung ist die Arbeitssicherheits-      eine Stunde Zeit nehmen, wann immer ich es
           schulung für Mitarbeitende. Mit einer Reihe        möchte. Da die Schulung in einem interaktiven
           von interaktiven Folien, Videos und einem Test     Präsentationsformat stattfindet, ist man nicht
           zum Abschluss können Teilnehmende sich die         an einen Dozenten oder andere Lernende ge-
           vorgeschriebenen Inhalte aneignen, ohne den        bunden.“
           eigenen Arbeitsplatz zu verlassen. Das geht im     Freiheit dazugewonnen haben aber nicht nur
           Homeoffice oder in der Einrichtung. Und wenn       die Lernenden. Auch Dozierende, die sich auf
           einmal etwas dazwischenkommt, wird pausiert        die neuen Formate einlassen, haben viel Frei-
           und später weitergemacht.                          raum erkunden können. Neue Formate und
                                „Nicht immer“, sagt Dia-      Techniken ermöglichen bisher ungeahnte Lehr-
        GANZ SCHÖN              kon Achim Falk, Leiter der    konzepte. Achim Falk bringt es auf den Punkt:
                                Diakonischen      Akademie,   „Man muss sich nur darauf einlassen. Das gilt
        VIEL FREIHEIT,
                                im Interview. „Es gibt auch   für Lehrende, wie auch Lernende.“
        ODER?                   Nutzerinnen und Nutzer,       Eine sehr erfreuliche Entwicklung, die Achim
                                denen die Digitalisierung     Falk durch die intensive Digitalisierung des Port-
           solcher Einheiten Schwierigkeiten bereitet. Sie    folios beobachten konnte, war die wachsende
           sind in der digitalen Welt nicht zu Hause und      Beteiligung junger Mitarbeitender an Angebo-
           es fällt ihnen schwer, diese Angebote wahrzu-      ten der Diakonischen Akademie. Für Nutzer, die
           nehmen.“ Ein weiteres Problem sei die fehlende     im digitalen Raum ohnehin bereits beheimatet
           WLAN-Anbindung in manchen Einrichtungen,           sind, ist die Hemmschwelle, eine Einheit mitzu-
           so Falk. Durch die plötzlich auftretende Pande-    machen, geringer denn je. „Freiheit in unserem
           mie sind die Rummelsberger noch nicht bei al-      Bereich ist, dass wir zukünftig wählen können,
           len Einrichtungen hinterhergekommen, die di-       ob wir Angebote in digitalen Formaten oder in
           gitale Ausstattung nachzurüsten. Hinzu kommt,      live anbieten und/oder wahrnehmen können“,
           dass die Kostenträger den finanziellen Aufwand     schließt Achim Falk.                                 Diakon Achim Falk weiß, wie er auch bei
                                                                                                                   digitalen Bildungsangeboten die Teilneh-
           für digitale Ausstattung in der Regel nicht an-                                                         menden bei der Stange hält.
           erkennen.                                          TEXT: Benjamin Molinaro und Tizian Blank             FOTO: Benjamin Molinaro

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AUS RUMMELSBERG - IM FREIEN WIEDER FREIER - Rummelsberger Diakonie
Kurz berichtet                                                                                                                    Thema                                                                                                   Thema
                                                                                                                                                                                                                                        Kurz berichtet

CORONA-MUSIKEN – EINE BILANZ
Schwarzenbruck

MUSIKALISCHE GÄSTE IN DER PHILIPPUSKIRCHE

Am Sonntag den 30.05 endeten die Rummelsberger „Coro-
                                                                INTERNAT AM WICHERNHAUS
na-Musiken“. Nun ziehen die Verantwortlichen Bilanz. Zu         IN ALTDORF SCHLIESST
Beginn des zweiten Lockdowns mussten Theater und Kon-           Altdorf
zerträume schließen. Da bei Gottesdiensten weiter musi-
ziert werden durfte, beschloss der Kirchenvorstand der          ANGEBOTSVERÄNDERUNG
Kirchengemeinde Rummelsberg, Fonds bereitzustellen, um
jeden Sonntag einen anderen musikalischen Gast zur Ge-          Im Sommer nächsten Jahres wird es am Altdorfer Wichern-
staltung des Gottesdienstes einzuladen.                         haus eine Veränderung geben. Von den vielen Angeboten
An 24 Sonn- und Feiertagen waren Musiker*innen mit ver-         für Menschen mit Behinderung und ihren Angehörigen wird
schiedensten Musikgenres vertreten. Insgesamt 3.000 Euro        es ein Arbeitsfeld nicht mehr geben. Zum Schuljahresende
ließ sich die Gemeinde das kosten.                              2021/22 schließt das Internat.
Die Gottesdienste blieben streng reglementiert – Abstand,       Das schulbegleitende Wohnangebot wurde in den vergan-
Masken, Desinfektion.                                           genen Jahren von immer weniger Familien nachgefragt.
Dennoch hat die Musik ungeahnte Räume geschaffen. Die-          Wohnten vor drei Jahrzehnten noch mehr als 90 Kinder
se Empfindung teilten zwischen 40 und 60 Menschen wö-           im Internat, so sind in diesem Schuljahr von den aktuell 43
chentlich aus der ganzen Region.                                Plätzen gerade noch 35 belegt. Offenbar sind die Unterstüt-
                                                                zungsangebote für Familien mit Kindern mit Behinderung
TEXT: Dr. Thomas Greif                                          inzwischen so gut, dass viele Kinder zu Hause in ihrer Fami-
                                                                lie wohnen bleiben können.
NEUER BRÜDERSENIOR                                              Am Ende des nächsten Schuljahres werden bis auf 10 Schü-
                                                                lerinnen und Schüler alle ihre Schulzeit abschließen und
Schwarzenbruck
                                                                das Internat wie geplant wieder verlassen. Die wenigen
DIENSTBEGINN ZUM 1. OKTOBER 2021                                Neuanfragen für Internatswohnplätze betreffen Kinder und
                                                                Jugendliche mit höchst unterschiedlichen Bedarfen. Diese
                                      Die    Rummelsberger      einfach zusammen zu würfeln, um eine Wohngruppe füllen
                                                                                                                               Bestellungen aufnehmen, Essen und Getränke servieren: Angelika Konrad arbeitet gern im Hotel & Restaurant Anders
                                      Brüderschaft ist eine     zu können, würde den Kindern und ihren Bedarfen nicht          in Rummelsberg.
                                      Dienst-,    Sendungs-     hinreichend gerecht. Ein Beschluss des Vorstandes der
                                      und Lebensgemein-         Rummelsberger Diakonie zur Schließung dieses einen An-
                                      schaft von Männern        gebots folgte dieser Entwicklung.
                                      und ihren Partnerin-
                                      nen und Partnern,
                                      die ihr Leben in den
                                                                „Selbstverständlich helfen wir den verbliebenen Internats-
                                                                schülern und ihren Angehörigen dabei, dass sie nach der
                                                                Schließung nicht alleine dastehen,“ versichert Wichern-
                                                                                                                               GENIAL ANDERS
                                      Dienst Jesu Christi       hausleiter Diakon Thomas Jacoby. Jede betroffene Familie
                                      stellen. Diakon Peter     bekommt eine Begleiterin zur Seite gestellt, um eine ganz
Barbian ist mit 71,48 Prozent der abgegebenen Stimmen           persönliche Perspektive für die Zukunft zu entwickeln. Für
                                                                                                                               Hotel & Restaurant Anders in Rummelsberg hat nach dem
zum neuen Brüdersenior der Brüderschaft gewählt worden.         die ein oder andere Schüler*in konnte schon ein Folgeange-     Umbau mehr Zimmer und einen neuen Tagungsbereich
Er wird am 1. Oktober 2021 die Nachfolge von Diakon Mar-        bot angebahnt werden.
tin Neukamm antreten, der in den Ruhestand verabschiedet        Die rund 40 betroffenen Mitarbeitenden können in ande-         Rummelsberg – In der Mittagszeit machen sich                Restaurant auch während der Corona-Pande-
wird. An der Stichwahl hatten sich 68,47 Prozent der wahl-      ren Bereichen des Wichernhauses oder im nahen Umkreis          viele Mitarbeiter*innen der Rummelsberger                   mie mit einem durchdachten Hygienekonzept
berechtigten Gemeinschaftsmitglieder beteiligt.                 weiterbeschäftigt werden. Rund fünfhundert Menschen mit        Diakonie auf den Weg zum Hotel & Restaurant                 geöffnet. Seit Anfang Juni haben Biergarten und
Der 57-jährige Diplom-Sozialpädagoge wurde 1987 als Dia-        Behinderung werden weiterhin im Wichernhaus und seinem         Anders. „Wenn ich in Rummelsberg bin, gehe                  Innengastronomie wieder für alle geöffnet. „Wir
kon eingesegnet. Derzeit ist er als geschäftsführender Vor-     Umkreis wohnen, arbeiten, zur Schule gehen und gewohnte        ich gerne mit Kolleg*innen essen“, erzählt Ing-             freuen uns über die neuen Freiheiten“, sagt Pia
stand in der Bildungs- und Erholungsstätte Langau e.V. tätig.   therapeutische Angebote in Anspruch nehmen.                    rid Schön, Regionalleiterin Nürnberg der Rum-               Angele, Leiterin des „Anders“. Wieder ein Glas
                                                                Das schulische Angebot am Wichernhaus bleibt bestehen.         melsberger Behindertenhilfe. Manchmal nur                   Wein im urigen Biergarten unter den alten Bäu-
TEXT: Diakonin Arnica Mühlendyck FOTO: Privat                   Die rund 250 Schulplätze sind gefragt und werden gebraucht.    zum Quatschen und manchmal, um Berufliches                  men zu trinken, ist für sie wie Urlaub.
                                                                                                                               in einem stilvollen Ambiente zu klären.                     Seit 2012 gibt es das Hotel & Restaurant Anders
                                                                TEXT: Diakon Georg Borngässer FOTO: Simon Malik                Für Mitarbeiter*innen war der Mittagstisch im               mit seinem inklusiven Konzept. „Wir beschäfti-

18                                                                                                                                                                                                                                                       19
Thema                                                                                                                                                                                    Thema

          gen Menschen mit und ohne Behinderung“, so                                          Angelika Konrad ist seit 9 Jahren im Team vom Hotel Anders.
          Pia Angele. Angelika Konrad ist seit neun Jahren                                    Vorher hat sie in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung
                                im Team vom Hotel An-
                                                                                              am Auhof in Hilpoltstein gearbeitet.
                                ders. Vorher hat sie in der
        INKLUSIVES
                                Werkstatt für Menschen                                        Angelika sagt: „Mir gefällt es im Hotel sehr gut.“
        KONZEPT                 mit Behinderung am Auhof
                                in Hilpoltstein gearbeitet.
          „Mir gefällt es hier sehr gut“, sagt die Mitarbei-
                                                                                              Ihre Aufgaben sind zum Beispiel:
          terin. Sie nimmt die Bestellungen der Gäste auf                                     • Angelika nimmt die Bestellungen der Gäste auf.
          und serviert Essen und Getränke. Das 16-köp-
                                                                                              • Sie serviert Essen und Getränke.
          fige Team freut sich, dass der Umbau nun ab-
          geschlossen ist und dass wieder Gäste kommen
          dürfen.                                                                             Das Hotel und Restaurant Anders wurde umgebaut.
          Mit der Erweiterung hat das Hotel Anders 29                                         Es gibt jetzt mehr Zimmer für Gäste.
          Zimmer, davon sind elf Zimmer neu dazuge-
          kommen. Es gibt drei rollstuhlgerechte Zimmer.
                                                                                              Menschen mit Behinderung können drei barrierefreie Zimmer mieten.
          Neu ist auch der Tagungsbereich. Der große                                          Diese befinden sich im Erdgeschoss im Neubau.
          Konferenzsaal bietet Platz für bis zu 100 Perso-
                                                                                              Neu ist auch ein sogenannter Tagungsbereich.
          nen. Den Tagungsbereich können Unternehmen
          und Organisationen buchen und dort zum Bei-                                         Eine Tagung ist zum Beispiel:
          spiel Seminare, Weiterbildungen, Besprechun-                                        Wenn Mitarbeiter*innen von verschiedenen Firmen sich treffen
          gen und kleine Kongresse anbieten.
                                                                                              und über ihre Arbeit sprechen.
             TEXT UND FOTOS: Heike Reinhold
                                                                                              Tipp:
                                                                                              Neben dem Hotel Anders befindet sich der Waldseilpark Rummelsberg.
                                                                                              Menschen mit und ohne Behinderung können dort Spaß haben.
             Seit 2012 gibt es das Hotel & Restaurant Anders in
             Rummelsberg mit seinem inklusivem Konzept.                                       Der Waldseilpark ist eine Art Klettergarten.
                                                                                              Die Teilnehmer*innen laufen auf vorbereiteten Wegen zwischen den Bäumen.
                                                                                              Die Wege werden auch Parcours genannt.
                                                                                              Ein Parcours ist barrierefrei und für Rollstuhlfahrer*innen geeignet.
                                                                                              Haben Sie jetzt Lust
                                                                                              auf einen Besuch im Biergarten und im Waldseilpark bekommen?
             HOTEL & RESTAURANT ANDERS IST WIEDER
             GEÖFFNET
                                                                                               INTERESSE?
             Das Hotel & Restaurant Anders steht mitten in Rummelsberg.
             Zum Hotel gehört ein schöner Biergarten.                                          Die Öffnungszeiten von Restaurant und Biergarten sowie eine Buchung von Zimmern und
                                                                                               des Tagungsbereichs ist online möglich.
             Dort kann man unter Bäumen im Schatten sitzen und gemütlich essen und trinken.
             Das Hotel und Restaurant Anders ist nach den aktuellen Corona-Regeln geöffnet.    Kontakt                                       Waldseilpark Rummelsberg
                                                                                               Hotel & Restaurant Anders                     Rummelsberg 61
             Chefin Pia Angele sagt:                                                           Rummelsberg 61                                90592 Schwarzenbruck
             „Wir freuen uns, dass wir wieder Gäste begrüßen können.“                          90592 Schwarzenbruck                          Tel.: 0171 35 72 27 5
                                                                                               Telefon: 09128 91 92 0                        E-Mail: waldseilpark@rummelsberger.net
             Das Hotel und Restaurant Anders ist ein inklusives Hotel.                         https://anders.rummelsberger-diakonie.de      https://waldseilpark.rummelsberger-diakonie.de
             Hier arbeiten Mitarbeiter*innen mit und ohne Behinderung zusammen.

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Jahresbericht Spenden 2020                                                                                                                                                                                                                                              Jahresbericht Spenden2020

            JAHRESBERICHT SPENDEN 2020                                                                                                                            GEHALTSABGABEN DER
                                                                                                                                                                  DIAKONE UND DIAKONINNEN
                                                                                                                                                                                                                   VERMÄCHTNISSE

                                                                                                                                                                                                                   Fünf Personen haben über ihren eigenen Tod
                                                                                                                                                                  Die Rummelsberger Diakone und Diakoninnen        hinaus verfügt, dass die Rummelsberger Diako-
                                                                                                                                                                  haben im vergangenen Jahr mit 783.077 Euro       nie und ihre Dienste im Jahr 2020 Vermächtnis-
            Unter dem Eindruck der Coronapandemie und                                      Sie verteilen sich wie folgt:                                          zum Erhalt der Gemeinschaften beigetragen.       se in Höhe von 1.550.717 Euro erhielten.
            den damit verbundenen Belastungen für die                                                                                        309.882,87 Euro
            Klient*innen und Mitarbeiter*innen haben im                                                                               Rummelsberger Dienste für
                                                                                                                                        junge Menschen gGmbH
            Jahr 2020 zahlreiche private Spenderinnen und                                                                                                         FREUNDE UND FÖRDERER                             SOZIALLOTTERIEN
            Spender, Unternehmen, Soziallotterien und                                      1.447.448,55 Euro
                                                                                           Rummelsberger Diakonie e.V.
                                                                                                                                             367.820,79 Euro
                                                                                                                                                                  (DAUERSPENDER)
            Stiftungen die Arbeit der Rummelsberger Diako-                                                                           Rummelsberger Dienste für                                                     Die Aktion Mensch förderte verschiedene Pro-
                                                                                                                               Menschen mit Behinderung gGmbH
            nie e.V. und ihrer angeschlossenen Dienste mit                                                                                                        Aktuell unterstützen 522 Freunde und Förde-      jekte der Behinderten- und Jugendhilfe mit
            einer Geldspende oder Sachzuwendung unter-                                                                                      198.833,91 Euro       rer die Rummelsberger Diakonie e.V. und ihre     282.115,01 €.
                                                                                           29.714,89 Euro                            Rummelsberger Dienste für
            stützt. Darüber hinaus haben die im Rummels-                                   Rummelsberger Dienste                     Menschen im Alter gGmbH      Dienste oder Stiftungen mit einer regelmäßigen
                                                                                           für Menschen gGmbH
            berger Stiftungszentrum geführten Stiftungen                                                                                                          Spende. Diese Spenden sind meist auf bestimm-
            Geldspenden, Zustiftungen oder Vermächtnisse                                                                                                          te Einrichtungen oder aber Projekte innerhalb    STIFTUNGSZENTRUM/STIFTUNGEN
            erhalten. Die von der Rummelsberger Diakonie                                                                                                          aller Arbeitsfelder der Rummelsberger Diakonie
            e.V., der Rummelsberger Brüderschaft oder von                                  19 Einzelspenden mit jeweils mehr als 10.000                           e.V. in Bayern und Tansania bezogen. Eine dau-   Vier weitere Personen haben sich im Geschäfts-
            Privatpersonen gegründeten Stiftungen werden                                   Euro trugen zu diesem Ergebnis bei. Dazu ge-                           erhafte Spende hilft uns enorm, da wir dadurch   jahr 2020 entschlossen, die Rummelsberger
            von den Rummelsberger Diensten für Menschen                                    hörten beispielsweise folgende Hilfsorgani-                            in den Einrichtungen und Projekten mit festen    Diakonie e.V. und deren Dienste langfristig und
            gGmbH zentral verwaltet.                                                       sationen: Sternstunden e.V., Stiftung RTL-Wir                          Spendeneinnahmen kalkulieren können. Das gibt    dauerhaft mit der Gründung einer eigenen
                                                                                           helfen Kindern e.V., Stiftung ANTENNE BAY-                             uns Planungssicherheit bei der Umsetzung der     Treuhandstiftung zu unterstützten. Drei Stif-
            Das Vertrauen zahlreicher Freunde und Förde-                                   ERN hilft, Manfred Roth Stiftung, Carl Friedrich                       Projekte und damit können wir den Menschen       tungen wurden gegründet und so wurden zum
            rer ist uns Ansporn und Verpflichtung, gewis-                                  Eckart Stiftung, Freude für Alle e.V.; Evang.-luth.                    direkt und unmittelbar helfen. Es sind 41 Dau-   Jahresende 2020 50 rechtlich unselbstständige
            senhaft und dem Spenderwunsch entsprechend                                     Landeskirche in Bayern, u.v.m.                                         erspender mehr als im Vorjahr. Einmal jährlich   Treuhandstiftungen vom Rummelsberger Stif-
            mit den anvertrauten Mitteln umzugehen sowie                                                                                                          erhalten Freunde und Förderer zum Dank zwei      tungszentrum verwaltet. Die Treuhandstiftun-
            über ihre Verwendung zu berichten.                                             Bei allen eingehenden Spenden beachten wir                             Lebkuchen des Rummelsberger Cafés als kleine     gen unterstützen mit ihren Erträgen aus Zinsen
                                                                                           die Zweckbindung und machen den Umgang                                 Aufmerksamkeit für ihre Treue und eine Einla-    und Spenden die Rummelsberger Diakonie e.V.
                                                                                           mit den verwendeten Spenden durch Verwen-                              dung zum „Adventsnachmittag“ in Rummelsberg.     und deren Dienste, sowie Projekte in Tansania.
            SPENDENEINNAHMEN                                                               dungsnachweise transparent.                                                                                             Verwaltet werden die rechtlich selbstständigen
                                                                                                                                                                                                                   Stiftungen, „Die Rummelsberger Stiftung“ als
            9.261 Einzelspenden haben die Rummelsberger                                                                                                                                                            Dach des Stiftungszentrums, die „Stiftung Hil-
                                                                                                                                                                  2016     435 Freunde und Förderer
            Diakonie e.V. und deren Dienste im Berichtsjahr                                                                                                                                                        fe zur Verbreitung des Evangeliums durch die
            als Bar- oder Sachspende erreicht. Insgesamt                                                                                                                                                           und in der Rummelsberger Brüderschaft“, die
                                                                                                                                                                  2017     464 Freunde und Förderer
            wurden 2.353.701,01 Euro an Geldspenden ver-                                                                                                                                                           „Johann-Karl-Leonhard-Balbach-Stiftung“, die
            einnahmt.                                                                                                                                                                                              „Lotte Schopper Stiftung“, sowie die Stiftung
                                                                                                                                                                  2018     474 Freunde und Förderer
                                                                                                                                                                                                                   „Hilfen für Tansania der Rummelsberger Anstal-
                                                                                                                                                                                                                   ten“. In der Verwaltung neu hinzugekommen ist
                                                                                                                                                                  2019     481 Freunde und Förderer
                                                                                                                                                                                                                   die „Dieter & Edith Seidel Stiftung“

                                                                                                                                                                  2020     522 Freunde und Förderer
                                                                                           Spendenübergabe mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner
                                                                                           und Thomas Jansing von Sternstunden e.V.
                                                                                           FOTO: Diakonin Arnica Mühlendyck
                                                 1.549.280 €
                                   1.720.605 €

                                                                             2.353.701,€
                                                               1.925.419 €
                     1.871.544 €

                                                                                                                                                                                                                                                             50 Stiftungen

                                                                                                                                                                                                                                                                                              56 Stiftungen
                                                                                                                                                                                                                                             46 Stiftungen
                                                                                                                                                                  BUSSGELDER/

                                                                                                                                                                                                                                                                              52 Stiftungen
                                                                                                                                                                                                                             42 Stiftungen
                                                                                           MITGLIEDER UND MITGLIEDSBEI-                                           BUSSGELDZUWEISUNGEN
                                                                                           TRÄGE DER RUMMELSBERGER
                                                                                           DIAKONIE E.V.                                                          Im vergangenen Jahr hat die Rummelsberger
                     2016          2017          2018          2019          2020                                                                                 Diakonie 32.725 Euro an staatsanwaltlich oder
                                                                                           Die Rummelsberger Diakonie e.V. hat 2020 ins-                          gerichtlich verfügten Zuweisungen erhalten.               2016             2017            2018             2019            2020
                                                                                           gesamt 35.035 Euro an Mitgliedsbeiträgen er-
                                                                                           halten.

22                                                                                                                                                                                                                                                                                                            23
Jahresbericht Spenden 2020                                                                                                                                                                      Jahresbericht Spenden 2020

           Zu den geförderten Hilfsprojekten der Stiftung       HILFSFONDS                                             Organisation der Kleiderkammer. Unterstützt      Die Werbung erfolgt unter der Maßgabe, dass
           „Hilfen für Tansania“ gehört unter anderem das       „VON MENSCH ZU MENSCH“                                 wird das Team von ehrenamtlich Mitarbeiten-      die guten Sitten und anständigen Gepflogen-
           Hilfsprojekt der „Aktion-Feuerkinder“. Aufgrund                                                             den in der Betreuung von Freunden und Förde-     heiten eingehalten werden. Alle Werbemateria-
           der Corona-Pandemie fanden im Jahr 2020 kei-         In 267 Fällen konnte Menschen jeden Alters             rern und in der Kleiderkammer.                   lien werden im Ausbildungsbetrieb Areal K3 der
           ne Operationseinsätze der „Aktion-Feuerkinder“       in akuter Not durch Zuwendungen durch den                                                               Rummelsberger Dienste für junge Menschen
           in Tansania statt. Stattdessen half die „Aktion-     Hilfsfonds „Von Mensch zu Mensch“ mit ins-                                                              gGmbH erstellt und tragen dazu bei, dass Aus-
           Feuerkinder“ mit Lebensmittelspenden an die          gesamt 108.146,29 Euro geholfen werden. Bei-           VERGÜTUNG DER                                    bildungsplätze erhalten bleiben und weitere
           Bevölkerung in Tansania und leistete, gemein-        spielsweise wurde durch die Zahlung von Miet-          MITARBEITENDEN                                   entstehen können.
           sam mit der Stiftung „Hilfen für Tansania“, finan-   rückständen die Kündigung der Wohnung und
           zielle Nothilfe zum Erhalt der Infrastruktur der     die drohende Obdachlosigkeit verhindert, oder          Die Vergütung der Mitarbeitenden richtet sich    Beim Druck und Versand von größeren Aufla-
           Brüderschaft von Faraja, dem Usa River Training      wir konnten im Coronajahr zahlreichen Fami-            nach den Arbeitsvertraglichen Richtlinien        gen wie bei Spendenmailings oder dem „Gruß
           Center und vor allem in Nkoaranga-Kranken-           lien mit einem Zuschuss zum Erwerb eines ge-           Bayern AVR. Die Entgelttabellen sind im Inter-   aus Rummelsberg“ werden externe Dienstleis-
           haus.                                                brauchten Laptops die Beteiligung der Kinder           net frei zugänglich. Die Eingruppierung jedes    ter unter Berücksichtigung der Datenschutz-
                                                                am Distanzunterricht ermöglichen.                      Einzelnen ist abhängig von den Aufgabeninhal-    grundverordnung der Evangelischen Kirche in
           Alle Stiftungen erhielten, zusammen mit der                                                                 ten und den Verantwortungsbereichen.             Deutschland beauftragt. Sie werden zudem auf
           Aktion-Feuerkinder,                                                                                                                                          Umweltpapier mit FSC-Siegel gedruckt.
                                                                SPENDENKAMPAGNE
           465.256 Euro an Spenden und                          „WIR SIND HIER.“                                       PROVISIONS- UND
           70.399 Euro an Zustiftungen in das Grundstock-                                                              ERFOLGSBETEILIGUNGEN
           vermögen, sowie 518.870 Euro an Zustiftungen
           aus Vermächtnissen.                                                                                         Die Rummelsberger Diakonie zahlt keine Provi-
                                                                                                                       sions- und Erfolgsbeteiligungen zum Einwerben
                                                                                                                       von Spenden.
           SPENDENAKTIONEN

           Neben Geld- und Sachspenden wurden Spen-                                                                    WERBEMASSNAHMEN
           denaktionen durchgeführt, wie beispielswei-
           se der Verkauf von Weihnachtskarten durch                                                                   Die Rummelsberger Diakonie macht auf ver-
           die Primoza GmbH aus Nürnberg. Ein Teil des                                                                 schiedenen Kommunikationskanälen auf ihre
           Verkaufserlöses der Karten wurde für den Au-                                                                Arbeit aufmerksam. Dazu gehören das Magazin
           hof gespendet. Kurz vor Weihnachten erreich-                                                                „Gruß aus Rummelsberg“, Spendenmailings,
           te uns eine große Sachspende von Playmobil:                                                                 Plakate, Onlinenewsletter, Werbeanzeigen
           Spielwaren für die Kinder in den Einrichtungen.      Mit der Spendenkampagne „Wir sind hier.“ wur-          in Printmedien, in Sozialen Medien (Google,
           Darüber hinaus gibt es seit Jahren eine gute         den insgesamt rund 76.058,70 Euro gespendet.           Facebook, Instagram), auf Veranstaltungen
           Partnerschaft mit der Consorsbank. Immer im          Damit wurden unter anderem in Rummelsberg              und im persönlichen Gespräch. Auf eine offen-
           Dezember schnüren die Mitarbeitenden klei-           und Nürnberg Therapieräume für schwerbe-               sive Fördererwerbung mit Promotern an öffent-    Weihnachtsaktion von „Burgthann hilft e.V.“
           ne, liebevoll verpackte Geschenke für die Kin-       hinderte Kinder neu gestaltet. Im Rahmen der           lichen Plätzen wird bewusst verzichtet.          FOTO: Eva Neubert
           der der Ambulanten Erzieherischen Dienste in         Coronapandemie wurden für die Klient*innen
           Nürnberg.                                            in Alten- und Behinderteneinrichtungen kleine
                                                                Konzerte, Clown- und Tierbesuche gegen die
                                                                Einsamkeit finanziert.
           MITTELVERWENDUNG

           Die Spenden werden für die Menschen in den           FUNDRAISING UND
           Einrichtungen und Diensten der Rummelsber-           FÖRDERERBETREUUNG
           ger Diakonie e.V. und ihre Stiftungen verwendet.                                                            IMPRESSUM:
           Ein geringer Teil der Erträge wird für die Pro-      In der Fundraisingabteilung der Rummelsberger                                                           Redaktion: Diakon Georg Borngässer,
           jekt- und Kampagnenarbeit und die effiziente         Diakonie waren im Jahr 2020 sechs Personen in          Herausgeber: Reiner Schübel, Vorstandsvorsit-    Lara März, André Höfig, Mathias Kippenberg
           Verwaltung verwendet. Zwei Beispiele sind:           Teil- und Vollzeit (Vollzeitkräfte = 3,7) fest ange-   zender der Rummelsberger Diakonie e.V.           (verantwortlich)
                                                                stellt. Sie übernehmen die Spendenakquise, Be-         Rummelsberg 2, 90592 Schwarzenbruck,             Grafik: Andrea Kewel, www.maxundmedia.de
                                                                treuung von Freunden und Förderern, die Ver-           Telefon 09128 500, Fax 09128 50 21 50            Auflage: 32.000
                                                                waltung der Spenden und Stiftungen, sowie die          spenden@rummelsberger.net                        rummelsberger-diakonie.de

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Buchvorstellung                                                                                                                                                                                                       Buchvorstellung

            BETROFFENHEIT,
            SCHAM UND AUFBRUCH
            Rummelsberger Diakonie stellt Untersuchung zur
            Behindertenhilfe vor

          „Es sollte doch alles besser werden“, lautet der     wird oder Medikamente verabreicht bekommt,“
          Titel des Buches zur Behindertenhilfe der Rum-       sagte der Theologe und fuhr fort: „Wir bekla-
          melsberger Diakonie in den Jahren 1945 – 1995.       gen jede Form der Verletzung von Menschen in
          In einem videogestützten Pressegespräch stell-       unseren Einrichtungen.“ Für Schübel ist eines
          ten Vorstandsvorsitzender Rektor Reiner Schü-        besonders wichtig: „Unsere Aufgabe heute ist,
          bel, Vorstand Dienste Karl Schulz, der Leiter        wach und kritisch zu bleiben, eine Kultur zu
          des Auhof in Hilpoltstein Andreas Ammon, so-         schaffen, in der Gewalt kein toleriertes Mittel
          wie die Autor*innen Dr. Sylvia Wagner, Prof. Dr.     ist und bleibt.“
          Hans-Walter Schmuhl und Dr. Karsten Wilke            Erstmals hatte sich der Vorstand der Diakonie
          das jüngste Buch der Rummelsberger Reihe vor.        entschieden, die Geschichte der Behinderten-
          „Vieles in diesem Buch schmerzt und löst ne-         hilfe von unabhängigen Wissenschaftler*innen
          ben Betroffenheit große Scham aus. Neben der         untersuchen und dokumentieren zu lassen.
                                                                                                                   Bei der hybrid angelegten Pressekonferenz zur Buchvorstellung waren (v.l.) Andreas Ammon, Leiter des Auhofs, Rektor
          verwerflichen Gabe von Medikamenten haben            Dazu gab es mehrere Anlässe. Karl Schulz er-        Reiner Schübel, Vorstandsvorsitzender der Rummelsberger Diakonie, und Karl Schulz, Vorstand Dienste, im Raum.
          Menschen, die in unseren Einrichtungen leb-          klärte: „Mit der Gründung der bundesweiten          FOTO: Diakonin Arnica Mühlendyck
          ten, auch andere Formen von Gewalt erfahren,“        Stiftung Anerkennung und Hilfe für Menschen
          führte Rektor Schübel in das Werk ein. Zu dem        mit Behinderung im Januar 2017 hat sich die
          Buch gehöre allerdings auch, ohne die schlim-        Rummelsberger Diakonie ihrer Verantwortung          schichte der Rummelsberger Dienste für Men-
          men Erfahrungen von Menschen mit Behinde-            gestellt und in die Stiftung mit eingezahlt.“ Da-   schen mit Behinderung vorgelegt.
          rungen relativieren zu wollen, die geschilderten     rüber hinaus, so das Vorstandsmitglied, sei die     Dr. Karsten Wilke, unter dessen Koordination
          Ereignisse in die Zeit einzuordnen, in der sie ge-   Anfrage des Bayerischen Rundfunks im Novem-         das Team der Expert*innen für Diakonie-Ge-
          schehen seien.                                       ber 2017 ein letzter Impuls für die bereits be-     schichte arbeitete, befasste sich mit dem Wi-
          Bei allen von Gewalt Betroffenen bat der Vor-        stehende Absicht gewesen, die Lebensumstände        chernhaus in Altdorf und dem Auhof in Hilpolt-
          standsvorsitzende der Rummelsberger Diakonie         von Menschen mit Behinderung von unabhän-           stein. Er beschreibt die Entstehung der Arbeit
                                    herzlich um Vergebung.     gigen Wissenschaftler*innen untersuchen zu          bis zu ihrer Ausgestaltung in den 1990er Jahren.
        ENTSCHULDIGUNG              In einem ausführlichen     lassen. „Der Verdacht, dass in unseren Häusern      Neben den gesetzgeberischen Grundlagen er-
                                    Diskussionsprozess ha-     Medikamententests durchgeführt wurden, hat          läutert der Wissenschaftler medizinische und
        DES VORSTANDS-
                                    ben wir Rummelsber-        uns sehr erschreckt,“ sagte Schulz.                 pädagogische Entwicklungen wie die baulichen
        VORSITZENDEN                ger uns entschieden, in    Die im Januar 2018 in Auftrag gegebene Unter-       Voraussetzungen und Veränderungen. Für die
                                    der Betrachtung unter-     suchung sollte eine Dokumentation mit einem         Nachforschungen des Teams waren die Voraus-
          schiedlicher Formen der Gewalt keine Unter-          möglichst umfassenden Überblick darüber lie-        setzungen denkbar ungünstig. „Die Quellenlage
          scheidung zu treffen. „Gewalt ist immer ein Ein-     fern, wie Menschen mit Behinderung nach dem         in Rummelsberg ist nicht gut,“ bedauerte Wil-
          griff in die Persönlichkeit eines Menschen. Wir      Krieg bis in die 1990er Jahre in Rummelsberger      ke. Viele Akten seien nach der gesetzlich vor-
          trauen uns kein Urteil zu, was schwerer wiegt:       Einrichtungen lebten. Mit den Ergebnissen der       geschriebenen Auf bewahrungszeit vernichtet
                                                                                                                                                                                Die Autor*innen und die Vertreter*innen der Presse
          ob jemand gegen seinen Willen der Freiheit be-       vorliegenden Untersuchung wird ein bisher           worden. So konnte zum Teil nur ein unvollstän-               waren per Videokonferenz zugeschaltet.
          raubt, in seiner Würde verletzt oder geschlagen      nicht erreichter Erkenntnisgewinn über die Ge-      diges Bild gezeichnet werden.                                FOTO: Arnica Mühlendyck

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