AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT JAPAN - WKO

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AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT JAPAN - WKO
AUSSEN
WIRTSCHAFT
WIRTSCHAFTSBERICHT
JAPAN

AUSSENWIRTSCHAFTSCENTER TOKIO
OKTOBER 2019
AUSSEN WIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT JAPAN - WKO
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                                     Eine Information des
                                 AußenwirtschaftsCenters Tokio

                                      Wirtschaftsdelegierter
                                     Dr. Ingomar Lochschmidt
                                   AußenwirtschaftsCenter Tokio
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AUSSENWIRTSCHAFT WIRTSCHAFTSBERICHT JAPAN (1. Halbjahr 2019)

●    Japans Wirtschaft wächst im ersten Halbjahr (noch?) deutlich
●    Regierungsumbildung – Verfassungsänderung in Abes letzten zwei Amtsjahren?
●    Mehrwertsteuererhöhung von 8% auf 10%
●    Japanische Nationalbank bremst beim Neuankauf von Staatsanleihen
●    Neues Freihandelsabkommen bringt weitere Exporterfolge für EU-Exporteure
●    Österreichs Exporte nach Japan steigen im ersten Halbjahr 2019 deutlich um +6,4%
●    Hoch aktive bilaterale Dienstleistungsbilanz expandiert weiter, Zahl japanischer Touristen
     in Österreich steigt wieder

Wirtschaftskennzahlen
                                                                                 2017             2018    2019     Prognose
                                                                                                                     2020
 Bruttoinlandsprodukt nominell in USD Mrd.                                    4.861           4.970       5.145      5.271
 Bruttoinlandsprodukt nominell in JPY Billionen                                 545             549         557       568
 Bruttoinlandsprodukt/Kopf in USD                                             41.722          42.568      44.031    45.203
 Bevölkerung in Mio.                                                           127,5           127,2       126,9     126,5
 Reales Wirtschaftswachstum in %                                                1,9             0,8         1.0       0,4
 Inflationsrate in %                                                            1,1             0,3         1,5       1,1
 Arbeitslosenrate in %                                                          2,8             2,4         2,4       2,3
 Wechselkurs Japanischer Yen (JPY) zu Euro; EUR 1 = JPY                        135,1           125,6       121,1     124.8
 Warenexporte Japans in USD Mrd.                                               688,6           735,8       711,4     720,4
 Warenimporte Japans in USD Mrd.                                               644,8           724,5       726,9     734,9
 Wirtschaftsleistung Japans, Weltwertung                                         3               3           3         3

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich
                                                                                  2018        Veränderung in %         2017
 Österreichische Warenexporte in EUR Mio.                                         1.529                  +10,7         1.382
 Österreichische Warenimporte in EUR Mio.                                         2,240                   +8,8       2.149,1

                                                                                   2018                                2017
 Österreichische Dienstleistungsexporte, EUR Mio.                                   302                  +27,4          237
 Österreichische Dienstleistungsimporte, EUR Mio.                                   148                  +28,7          115

 Österreichische Direktinvestitionen in JP, EUR Mio.                     153
 Beschäftigte bei österr. Direktinvestitionen in JP                      930
 Direktinvestitionen aus JP in AT, EUR Mio.                              2.530
 Beschäftigte in AT bei Direktinvestitionen aus JP                       5.264

 Wichtigster Warenexportmarkt für Österreich, weltweit                   19. Rang (nach Russland und Schweden, vor Südkorea
                                                                         und der Türkei)
 in Übersee                                                              3. Rang (nach USA und China, vor Südkorea)

Quellen: Statistik Austria, Japanische Nationalbank, Weltbank, ÖNB, Economist Intelligence Unit

                                     Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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1. Wirtschaftslage

 Wachstum         Überraschend gut kann man das Wirtschaftswachstum Japans im momentanen
 2019 bisher      globalen Umfeld bezeichnen. Das ursprünglich von der Regierung für 2019 mit 1,8%
 gut              prognostizierte Wachstum musste zwar auf aktuell 1,3% gekürzt werden, in Anbetracht
                  der schwächelnden Exporte – die Trump‘sche Handelspolitik gegenüber China und der
                  Politstreit mit Korea zeigen Nebenwirkungen – ist aber auch das beträchtlich.
                  Konjunkturmotoren waren zuletzt der private Konsum sowie zu einem etwas geringeren
                  Teil auch Kapitalausgaben und staatliche Investitionen.

 Abschwung zu     Trotzdem mag unter den Wirtschaftsbeobachtern wie auch den Unternehmern selbst
 erwarten?        kein Optimismus aufkommen - eine Verringerung der Wachstumsraten ist zu erwarten.

 Stimmung in      Der wichtigste japanische Stimmungsbarometer in der Industrie, der sog. Tankan-
 der Industrie    Report, zeigt in der aktuellen Septemberbefragung deutlich nach unten, besonders
 sackt ab         stark ist dies in der Elektronik- und Autoindustrie zu sehen. Hier fielen die Zahlen auf
                  den tiefsten Stand seit 2013. Etwas besser ist die Stimmung noch im Handel und
                  Dienstleistungsbereich, auch dort verdichten sich jedoch die Regenwolken.

 Vorziehkäufe     Die bisher stark verlaufenden privaten Konsumausgaben sind vermutlich weniger auf
 aufgrund         eine erhöhte Kaufkraft oder zuversichtliche Zukunftserwartungen der Konsumenten
 einer            zurückzuführen, sondern zumindest teilweise auf Vorziehkäufe vor der
 Mehrwertsteu     Mehrwertsteuererhöhung vom 1.Oktober um zwei Prozentpunkte (siehe dazu mehr
 erhöhung?        unten). Aufgrund der dramatischen Erfahrungen bei der letzten
                  Mehrwertsteuererhöhung 2014 von fünf auf acht Prozent (starke Vorziehkäufe und
                  signifikanter Nachfrageabschwung nach der Erhöhung) hat die Regierung eine Reihe
                  von Abfederungsmechanismen ins Leben gerufen. Japanische Wirtschaftsforscher
                  legen nun auch ein besonderes Augenmerk auf entsprechende Indikatoren, und die
                  meisten geben leichte Entwarnung: die Effekte sollen dieses Mal nicht so signifikant
                  ausfallen.
 Roboter und
 Automatisie-     Auch die Kapitalinvestitionen haben positiv überrascht. Ein Abschwung bei
 rung als         Kapitalinvestitionen wäre nicht unlogisch gewesen - die weltweite Krisenstimmung
 Haupttreiber     gepaart mit dem Handelskrieg der USA gegen China, der deutliche Nebenwirkungen in
 für Industrie-   Japan zeigt; mit den jüngst dramatisch angestiegenen Spannungen zwischen Japan und
 investitionen    Südkorea; und der langfristig negativ wirkenden Bevölkerungsabnahme/Überalterung
 bleiben hoch     (=Konsumrückgang) in Japan haben alle darauf hingewiesen. Eine Analyse der
                  Kapitalinvestitionen der letzten Monate hat aber ergeben, dass gerade die
                  Bevölkerungsabnahme/Überalterung und der entstehende Arbeitskräftemangel der
                  Haupttreiber für Investitionen in Automatisierung war. Japan hinkt diesbezüglich noch
                  hinter vielen OECD Ländern, auch Korea und Singapur, hinterher, sodass mit weiteren
                  Automatisierungsinvestitionen in den nächsten Jahren zu rechnen ist.
 Globale und
 regionale        Neben den auch in Europa gut bekannten Spannungen der USA mit China steckt Japan
 Spannungen       derzeit selbst in einem sich verstärkt auf die Wirtschaft auswirkenden Streit mit
 dämpfen          Südkorea. Die Industrie beider Länder ist über einen jahrzehntelang gut
 Aussichten       funktionierenden, arbeitsteiligen Produktionsprozess tief ineinander verzahnt und
                  eigentlich voneinander abhängig – was Politiker beider Staaten selten zugeben. Der
                  Streit ist ein Wiederaufleben der Diskussion um die Kriegsverbrechen Japans in der
 Jahrzehnte-      Besetzung Koreas vor und während des Zweiten Weltkrieges – die Wunden aus dem
 langer           zweiten Weltkrieg scheinen im Verhältnis dieser beiden Länder noch immer nicht
 Konflikt mit     überwunden. Auslöser für die aktuellen Spannungen war wieder einmal die seinerzeit
 Südkorea         erfolgte Misshandlung und Zwangsverpflichtung zur Prostitution koreanischer Frauen
 wieder           in japanischen Armeebordellen. Japans Regierung und Teile der Öffentlichkeit reagiere
 aufgeflammt,     traditionell sehr empfindlich auf jede Erwähnung dieser, im Deutschen als
                  „Trostfrauen“ bezeichneten, Opfer. Zuletzt hat ein koreanisches Gericht mehrere
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Wirtschafts-    japanische Unternehmen zu Reparationszahlungen verpflichtet, aus Japans Sicht
sanktionen      unzulässig, weil mit der Einrichtung eines milliardenschweren Fonds um die
                Jahrtausendwende alle Probleme aus dem zweiten Weltkrieg abgehakt seien. In
                Trump’scher Manier musste vor allem die am Streit recht unbeteiligte Wirtschaft für
                Sanktionen und Gegensanktionen herhalten. Die Eskalation hat inzwischen dazu
                geführt, dass sich Japan und Südkorea gegenseitig zahlreiche Handelserleichterungen,
                Kooperationen und Sondergenehmigungen entzogen haben, sodass nun japanische und
                koreanische Firmen teilweise nicht mehr oder nur unter großen Umständen bestimmte
                Technologien, Rohstoffe oder elektronische Bauteile voneinander beziehen können.
                Jüngstes konkretes Beispiel sind die japanischen Autobauer, die gerade angefangen
                haben, in Korea hergestellte Nieten und Bolzen zu horten, weil hier Engpässe
Premier Abe     abzusehen sind.
geht in seine
letzten zwei    Innerhalb Japans hat Premierminister Abe seine letzten zwei Jahre mit einer
Jahre           umfassenden Kabinettsumstellung begonnen. Abe, der seit 2012 die Regierung anführt
                und damit längst dienender Premierminister der jüngeren Vergangenheit ist, hat unter
                dem Motto „Stabilität und Herausforderungen“ zwei wesentliche Schlüsselfiguren (Taro
                Aso und Yoshihide Suga als Finanzminister bzw. Generalsekretär des Kabinetts)
                belassen, sonst aber praktisch alle wesentlichen Ministerien neu vergeben. Er scheint
                dabei vorwiegend auf eng Vertraute zu setzen, mit denen er sein großes Anliegen, eine
Umfassende      Verfassungsreform zumindest einzuleiten, angehen kann. Es geht dabei hauptsächlich
Regierungs-     um die nachträgliche Sanktionierung der in Art. 9 der Verfassung eigentlich verbotenen
umbildung um    (seit Jahrzehnten bestehenden und aufgerüsteten) Streitkräfte und die rechtliche
Verfassungs-    Ermächtigung, das Militär auch in internationalen Konflikten an der Seite der USA
änderung        einsetzen zu können. Mehr als zwei Drittel der neuen Minister sind zum ersten Mal
einzuleiten?    Kabinettsmitglieder, besondere Hoffnungen liegen auf Junichiro Koizumi, Sohn des
                früheren und sehr beliebten Premierministers Koizumi, und mit 38 Jahren der jüngste
                Minister. Abe setzt ihn auf den Posten des Umweltministers, vielleicht eine
                Ausgangsposition für einen späteren Aufstieg zum Premier. Motegi als neuer
Börse           Außenminister hat sich vor allem als Chefverhandler des transatlantischen
uneinheitlich   Freihandelsabkommens (TPP 11, nach Ausstieg der USA) einen starken Namen
                gemacht.

                Der wichtigste japanischen Börsenindex Nikkei bewegte sich entsprechend den blassen
                Wachstumsaussichten bis Ende August nach unten – vom 27-Jahreshoch 24.270 im
Japans          November 2018 auf etwas über 20.000. Seitdem weltweit die Zentralbanken aber wieder
öffentlicher    die Leitzinsen nach unten korrigieren, hat auch die japanische Börse wieder an Fahrt
Haushalt        gewonnen und liegt derzeit bei knapp 22.000.
schön
geredet?        Trotz der jüngsten Erhöhung der Verbrauchssteuer wird Japans Schuldenberg dadurch
                kaum geringer. Im Frühjahr 2019 haben die Gesamtschulden trotz steigenden BIPs die
                Grenze von 250% der Wirtschaftsleistung durchstoßen (zur Erinnerung das Maastricht-
                Kriterium von 60%...). Japan steht mit über EUR 10 Billionen (sic!) in der Kreide.
Weiterhin       Trotzdem ist eine landesweite Wirtschafts- oder Versorgungskrise weit und breit nicht
warten          auszumachen. Die Betriebe verdienen nach wie vor ausgezeichnet, über EUR 2 Billionen
gewaltige       (sic!) sind allein als zurückbehaltene Gewinne in den börsennotierenden Unternehmen
Aufgaben        gelagert. (Wir enthalten uns des hier vielleicht erwarteten Kommentars zu den
                japanischen Gewerkschaften.) Die seit 2012 herrschende Wirtschaftspolitik Abes hat
                zweifellos zu deutlich höheren Steuereinnahmen geführt – ca. EUR 520 Mrd. werden
                diese 2019 bringen, über EUR 160 Mrd. mehr als noch in 2012. Ein ausgeglichenes
                Primärbudget (also vor Schuldenzahlung), wie von der Regierung halbherzig anfixiert,
                scheint in weiter Entfernung und wird auch offiziell aktuell „frühestens für 2025“
Zinserhöhung    erwartet. Im Einklang damit stehen die geringer gewordenen Ausgaben von
hätte           Staatsanleihen (von EUR 370 Mrd. 2012 auf ca. EUR 272 Mrd. in 2019), die steigende
katastrophale   Anzahl von Beschäftigten und die geringste Arbeitslosenrate seit 27 Jahren.
Auswirkungen
auf Budget
                           Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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                 Eine Zinserhöhung der Nationalbank im größeren Ausmaß hätte bei diesem
                 Schuldenstand katastrophale Auswirkungen auf das Budget. Die ca. EUR 8,7 Billionen
                 Schulden der japanischen Regierung liegen als Schuldverschreibungen zwar großteils
                 bei inländischen institutionellen Investoren wie Pensionsversicherungen, es wäre also
                 keine internationale Krise zu befürchten. Die Belastungen für das jährliche Budget
                 engen aber selbst bei niedrigsten Zinsen wie derzeit den politischen
Nationalbank     Gestaltungsspielraum schon stark ein. Ein Alternativplan der Regierung im Falle einer
versucht die     Zinserhöhung ist jedenfalls weit und breit nicht in Sicht, und Japans Bevölkerung
Anleihezinsen    scheint ihrer Regierung und den Institutionen derzeit auch blind zu vertrauen, durch die
zu retten        Investition in japanische Schuldverschreibungen das Beste für ihre Zukunft zu tun.

                 Trotzdem probt die Nationalbank seit September den Aufstand im Kleinen. Um ein
                 weiteres Absinken der Zinsen (derzeit auch für langfristige Anleihen schon negativ) zu
                 verhindern, hat sie die Käufe japanischer Staatsanleihen stark zurückgefahren und
                 droht sogar mit einem (temporären?) völligen Rückzug aus den Anleihekäufen. Nach 25
                 Jahren kontinuierlicher und in den letzten sechs Jahren rasant ausgeweiteten Ankäufen
                 war und ist das ein Schock für den Wertpapiermarkt. Mit derzeit ca. EUR 4 Billionen im
                 Portfolio (verfünffacht seit Beginn der „Abenomics“-Wirtschaftspolitik 2012) hält die
Was bringt die   japanische Nationalbank schon ca. die Hälfte aller japanischen Staatsanleihen. Die jetzt
höhere           zurückgegangenen Neuankäufe haben zu einem leichten Zinsanstieg geführt. Die Frage
Verbrauchs-      ist, wie lange kann die Bank die Käufe aussetzen oder zurückfahren und natürlich, was
steuer für das   passiert mit dem Anleihenberg, den sie schon besitzt?
Budget?
                 Die bereits erwähnte Erhöhung der japanischen Mehrwertsteuer („Verbrauchssteuer“
                 im lokalen Jargon) von acht auf zehn Prozent wurde aufgrund der Schieflage des
                 japanischen Haushalts, des bestehenden Schuldenbergs und der Kostenspirale alternde
                 Bevölkerung – Arbeitskräftemangel – geringere Beiträge zur Sozialversicherung bei
                 gleichzeitig höheren Ausgaben notwendig. Sie war schon vor Jahren parlamentarisch
                 beschlossen worden, dann aber mehrmals kurzfristig verschoben worden. Die
                 Gesamtlast/Mehreinnahmen durch die Erhöhung werden bei ca. JPY 2 Billionen (ca.
                 EUR 16,6 Mrd.) gesehen, etwa ein Viertel im Vergleich zur letzten MWSt-Erhöhung 2014.
                 Der Grund für die wesentlich geringeren Mehreinnahmen liegt in
                 Kompensationsmaßnahmen, wie das ab 2020 kostenlose Vorschuljahr (der Staat bietet
                 derzeit kostenlosen Unterricht während der Schulpflicht) und die Tatsache, dass die
Inflationsrate   Steuer auf Lebensmittel und viele tägliche Verbrauchsgüter nicht erhöht wurde.
weiterhin        Dadurch sind gewollt unterschiedliche Gruppen von der Steuererhöhung
gering bei       unterschiedlich betroffen. Für Eltern mit jungen Kindern könnte die Entlastung sogar
0,5%             überwiegen, für kinderlose oder ältere Personen hingegen schlägt die Belastung
                 stärker durch.

Demo-            Trotz MWSt-Erhöhung wird die Inflation weiter (zu) gering bleiben. Hat die japanische
graphische       Nationalbank und Regierung auch über Jahre hinweg unisono eine Inflationsrate von 2%
Entwicklung      propagiert, liegt der tatsächliche Wert (bereinigt) bei knapp 0,5%, der tiefste Stand seit
langfristig      zwei Jahren. Globale Wirtschaftsschwäche, ein starker Yen, sinkende Ölpreise und
schwierig,       geringere Telekommunikationspreise verbünden sich derzeit gegen einen Preisanstieg.
kurzfristig
entkoppeln       Eine Art vorübergehende Entkoppelung erlebt Japan derzeit in Bezug auf die
sich Bevölke-    demographische Veränderung der Bevölkerung und die Zahl der Erwerbstätigen.
rung und
Erwerbs-         Im gesamtdemographischen Bereich gibt es derzeit eigentlich keinen Indikator, der eine
tätigkeit        positive Einschätzung erlaubt. Seit mehreren Jahren entwickelt sich die Bevölkerung in
                 absoluten Zahlen rückläufig; jedes Jahr verliert das Land damit ca. 400.000 Einwohner.
                 Mit einer Bevölkerung von ca. 126 Mio. ist Japan immer noch unter den Top 15 der
                 bevölkerungsreichsten Staaten der Welt, hat aber seit dem Höchststand von 2010 von
                 128 Mio. schon zwei Millionen Einwohner verloren. Ein langfristig negativer Ausblick
                 ergibt sich vor allem aus der gleichzeitig zunehmenden Alterung der Bevölkerung.
                 Schon jetzt sind schon über 28% älter als 65 und über 20% alter als 70 Jahre. Mit nur
                             Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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Frauen-          knapp 12% Kindern unter 14 Jahren liegt Japan diesbezüglich an letzter Stelle aller
beschäftigung    OECD-Staaten. Die Geburtenrate von nur 1,43% (für 2019 werden erstmals weniger als
deutlich         900,000 Geburten im Jahr erwartet) und fast völlig fehlende Einwanderung lassen hier
angestiegen,     keine wesentliche Änderung erwarten.
Arbeitnehmer
bleiben          Anders die Entwicklung bei den Erwerbstätigen. Durch die Zunahme der
länger im        Erwerbstätigkeit (einschließlich Teilzeit und prekärer Arbeitsverhältnisse…) bei Frauen
Erwerbsleben     und längerem Verbleib oder Wiedereinstellungen im höheren Alter bei beiden
                 Geschlechtern erlebte Japan über die letzten sechs Jahre einen Zuwachs von ca. 4 Mio.
                 Erwerbstätigen und hält jetzt bei der Rekordzahl von 66,6 Mio. Hauptgrund ist der
                 starke Anstieg bei der Frauenbeschäftigung. Hier hat es die Regierung Abe wirklich
                 geschafft, Frauen im Alter zwischen 25 und 45 ins Arbeitsleben zurückzubringen –
Arbeitslosen-    teilweise ein Plus von 50% bei der Beschäftigungsquote gegenüber den Zahlen von
rate bei 2,2%,   2000. Der zweite große Beitrag kommt von den älteren Arbeitnehmern. Als beschäftigt
Hundert-         gemeldet sind 84% und 58% der Männer bzw. Frauen im Alter zwischen 60 und 65, 59%
tausende         bzw. 37% der 65 bis 70-Jährigen und immer noch 39% bzw. 23% der 70 bis 75-Jährigen.
Stellen im IT
und              Nicht zuletzt ist es natürlich auch der überhitzte Arbeitsmarkt, der obige Erwerbszahlen
Pflegebereich    beschert. Die im Industriebereich gedämpfte Stimmung hat dem Bedarf an
unbesetzt        Arbeitsplätzen noch keinen Abbruch erteilt. Sowohl die Arbeitslosenrate (2,2%) als auch
                 die Rate offener Stellen (1,59 offene Stellen auf jeden Arbeitssuchenden bei den
                 Arbeitsämtern) sind Rekordwerte, die zuletzt inmitten der Bubble-Zeiten der 80er Jahre
Abhilfe durch    erreicht wurden. Besonders gesucht werden derzeit Pflegepersonal, Verkaufspersonal,
erstmaliges      Restaurantmitarbeiter, IT-Fachkräfte, Zivil-, Elektro- und Maschineningenieure sowie
Gastarbeiter-    Bauarbeiter. Im IT-Bereich kommen auf einen Arbeitssuchenden fast 10 offene Stellen,
programm         beim Pflegepersonal sind allein derzeit über 170.000 offene Stellen gemeldet.
fraglich
                 Abhilfe verschaffen sollte dem Arbeitskräftemangel eine wahre politische Revolution,
                 nämlich die Einführung eines Gastarbeitervisums. Ein zumindest rhetorischer
                 Tabubruch mit der Vergangenheit, der von Politikern entsprechend kleingeredet wurde.
                 Im April 2019 wurde das Visum eingeführt, bis 2025 sollten eine halbe Million
                 Gastarbeiter Arbeitskräfte in bestimmten Industrien für eine Verbesserung der Situation
                 sorgen. Die ersten Zahlen nach einem halben Jahr Erfahrung zeigen schon, dass der
Olympische       Ansturm ausgeblieben ist. Weniger als 400 derartige Gastarbeiter-Visa wurden bisher
und Para-        ausgestellt, und die Mehrheit davon an Personen, die sich bereits mit anderem
lympische        Aufenthaltstitel in Japan aufgehalten hatten. Das nächste Jahr wird zeigen, ob die
Spiele 2020      Maßnahme insgesamt ein Flop war oder nur noch nicht bekannt genug ist.
im Plan
                 Japans Infrastruktur- und Sicherheitsnetze „üben“ im Herbst 2019 recht erfolgreich mit
                 der im Land ausgetragenen Rugby-Weltmeisterschaft für die Olympischen und
                 Paralympischen Sommerspiele 2020. Die neuen Sportstätten für 2020 sind zum größten
                 Teil fertig oder in der letzten Bauphase. Auch die Orte für Österreich-Häuser bei den
                 Olympischen bzw. Paralympischen Sommerspielen sind nun bestätigt: für beide
                 Veranstaltungen konnten Top-Locations durch das ÖOC bzw. ÖPC fixiert werden. Sie
                 werden eine ausgezeichnete Möglichkeit für die österreichische Wirtschaft darstellen,
                 sich bei ihren japanischen Geschäftspartnern und Kunden in einer Form und einem
                 Rahmen zu präsentieren, wie sie nur bei diesen sportlichen Großereignisse möglich ist.

                 Kopfzerbrechen bereiten den Olympia-Organisatoren im Moment die benötigten
                 Tausenden Arbeitskräfte für verschiedenste Bereiche. Während die Rekrutierung von
Expo Osaka       Zigtausenden Freiwilligen für Aushilfsarbeiten während der Spiele gesichert scheint,
2025 am          wird derzeit etwa fieberhaft nach Sicherheitskräften (geschätzter Bedarf: 60.000
Horizont         Personen) gesucht, andererseits aber auch auf den umfangreichen Einsatz etwa von
                 Gesichtserkennungssoftware gesetzt.

                 Die Olympischen Sommerspiele Tokio 2020 werden nicht die letzte Großveranstaltung in
                 Japan sein. Osaka, Zentrum der zweiten großen Wirtschaftsregion Japans, des Kansai-
                            Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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Bald schon       Gebietes (Großraum Osaka –Kyoto – Kobe), hat ja den Zuschlag für die Weltausstellung
Mega-Kasinos     2025 erhalten, was Ausgangspunkt für einen neuen Investitionsboom in der gesamten
in Japan?        Region werden kann.

                 Eine solche massive Investition soll auch dazu führen, dass die Region eines der neuen
                 Glückspielzentren Japans wird. Die Regierungspartei hat ihre solide
                 Parlamentsmehrheit 2018 ja dafür genützt, Spielcasinos im Prinzip zu genehmigen.
                 Heuer noch sollen die detaillierten Verordnungen zur Lizenzvergabe fertiggestellt und
                 im Frühjahr 2020 die ersten drei Lizenzen vergeben werden. Casinos sollen nur
                 innerhalb großer, „integrierter Ressortanlagen“ betrieben werden – diese sollen den
                 ohnehin schon boomenden Incoming-Tourismus weiter ankurbeln. Die bisher
Gewinne der      durchgesickerten Details wie mindestens 2.000 Hotelzimmer und Veranstaltungsräume
Unternehmen      für 6.000 Personen verdeutlichen, dass es sich um stadtverändernde Mega-
sinken leicht,   Investitionen mit jeweils ca. EUR 10 Mrd. Investitionskosten handelt. Neben Osaka
Rücklagen auf    dürften Hokkaido, Yokohama, Okinawa und Nagasaki gute Chancen haben. Interesse
neuem            gezeigt haben auch Tokyo, Wakayama, Nagoya und Chiba.
Rekordniveau
                 Die japanischen Unternehmen schreiben trotz des weltwirtschaftlichen Gegenwinds
                 noch gute Gewinne. Ein Abschwung gegenüber dem sehr guten Jahr 2018 hat zwar
Freude vor       eingesetzt, im Schnitt sanken die Gewinne im zweiten Quartal April bis Juni um ca. 12%
allem für        im Jahresvergleich. Der Rückgang hatte Großunternehmen stärker getroffen, KMUs
Aktionäre        hingegen konnten sogar noch einmal ca. 4% zulegen, was sicher der guten
                 Inlandsnachfrage geschuldet ist. Weiter zugenommen haben auch die Kapitalreserven
                 der Unternehmen. Über EUR 3,9 Billionen bedeuten ein 7-Jahreshoch und wecken
Exporte und      Begehrlichkeiten in der Wirtschaftspolitik. Steuerpläne der Partei des Premierministers
Importe          wollen dieses Kapitalpolster bewegen, nicht durch Strafzahlungen, sondern
rückläufig,      Steuergutschriften bei Investitionen in andere Firmen (Übernahmen) oder Startups.
Einkommen        Bisher flossen die Gelder vor allem in den Aktienrückkauf, der heuer erstmals die JPY
aus Auslands-    10 Billionen (= ca. EUR 85 Mrd.) überschreiten soll.
investitionen
bleiben stabil   Ob dies in der gegenwärtigen globalen Wirtschaftslage genug ist, um die japanischen
und hoch.        Unternehmen zu massiven Investitionen zu bewegen, bleibt abzuwarten. Die
                 Volkswirtschaften einiger wichtiger Handelspartner, allen voran China, zeigen eine
                 Abkühlung, was sich unmittelbar auf die japanischen Exporte auswirkt. Exporte nach
                 Asien und China schwächeln, die besseren Zahlen für Exporte nach Europa retten
                 derzeit nicht das Gesamtbild. Die Exportzahlen für August zeigen das neunte Monat in
                 Folge nach unten, im Jahresvergleich standen minus 8% (ca. EUR 1,1 Mrd.) vor der
                 Warenbilanz. Der Trend des ersten und zweiten Quartals 2019 setzt sich also fort, die
                 ebenfalls rückläufigen Importe genügen nicht für eine ausgeglichene Warenbilanz. Die
                 Leistungsbilanz, die die Einnahmen aus dem Tourismus, anderen Dienstleistungen und
                 Rückflüssen japanischer Tochterfirmen im Ausland inkludiert, bleibt weiterhin deutlich
                 positiv und liegt im ersten Halbjahr 2019 bei ca. EUR 87 Mrd. (minus 4,2% im
                 Jahresvergleich).

●   2. Besondere Entwicklungen

Japan hat        Für das traditionsbewusste Japan war 2019 vor allem geprägt durch die Abdankung von
einen neuen      Kaiser Akihito und die Thronbesteigung durch seinen Sohn Naruhito. Akihito ist der
Kaiser, das      erste japanische Kaiser der letzten mehreren hundert Jahre, der vor seinem Tod den
Reiwa-           Thron verlässt. Mit dem Kaiserwechsel beginnt in der klassischen japanischen
Zeitalter        Zeitrechnung auch eine neue Epoche, die von der Regierung offiziell „REIWA“ benannt
beginnt          wurde (nicht ganz eindeutig, aber übersetzbar als „schöne Harmonie“). 2019 ist damit in
                 Japan auch das Jahr „Reiwa 1“.

                            Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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Verwüstung      Mitte Oktober trifft der bisher stärkste Typhoon in Jahrzehnten namens Hagibis auf
durch Taifun    Japan und hinterlässt trotz umfangreicher Präventivmaßnahmen nicht nur großen
Hagibis         Sachschaden in weiten Teilen des Landes, sondern auch über 70 Tote sind zu beklagen.

Freihandel      Das EU-Japan-Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (Economic Partnership
mit Japan!      Agreement, EPA) mit einem umfassenden Freihandelsabkommen im Zentrum ist am 1.
                Feber 2019 in Kraft getreten. Für 97% aller europäischen Produkte hieß es ab
97% unserer     Inkrafttreten (oder einem stufenweisen Abbau über die nächsten Jahre) zollfrei nach
Lieferungen     Japan exportieren zu können. Die gemeinsame Freihandelszone betrifft über 600 Mio.
zollfrei!       Menschen, ist das für die EU größte jemals abgeschlossene Abkommen und betrifft ca.
                ein Drittel des Welt-BIP. Der Zollabbau soll europäischen Exporteuren ca. EUR 1
                Milliarde pro Jahr sparen.
Marktöffnung
nicht nur für   Neben großen Zugeständnissen im Bereich landwirtschaftlicher Produkte,
unsere          Nahrungsmittel und Getränke sowie Textilien, Kleidung und Lederwaren wurden
Landwirt-       Verbesserungen auch beim öffentlichen Beschaffungswesen und Zugangshürden
schaft und      erreicht. Im Automotivbereich konnten längere Übergangszeiten für
Lebensmittel    Zollerleichterungen japanischer Produkte herausverhandelt werden (zumeist 7 Jahre).
                Umsetzungshürden – vor allem die Bestimmungen zur Ursprungskennzeichnung –
                konnten inzwischen von den meisten österreichischen Firmen genommen werden.
                Zusätzliche Vereinfachungen und Digitalisierungen traten/treten schrittweise mit 1.
Landwirt-       August und 1. Dezember 2019 in Kraft.
schaftliche
Produkte und    Ersten statistischen Erhebungen der EU zu den landwirtschaftlichen Exporten im
Getränke        Zeitraum Februar bis Juli entnehmen wir eine durchwegs erfreuliche Zwischenbilanz –
profitieren     ein Plus von über 20% über alle Produkte mit besonders starken Steigerungen bei
                großen Positionen wie Wein (+21% auf EUR 500 Mio.), andere Getränke (+31% auf EUR
                269 Mio.), Getreidemischungen (+580% auf EUR 21 Mio.) oder gar Tabakwaren (+83% auf
DBA fördert     EUR 700 Mio.).
Technologie-
transfer        Weitere aktuell abgeschlossene Verträge betreffen das im Herbst 2018 in Kraft
                getretene neue Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Japan, vor
Freier          allem mit deutlichen Senkungen/Entfall von Steuern auf Dividenden aus
Datenverkehr    Firmenbeteiligungen, Zahlung aus Lizenzverträgen und Zinszahlungen, sowie das
EU-Japan        Äquivalenzabkommen zur Datensicherheit zwischen der EU und Japan. Letzteres trat
                im Sommer 2019 in Kraft und ermöglicht den einfacheren Datenfluss zwischen in der
Japan gibt      EU und in Japan befindlichen Unternehmenseinheiten von Firmen etc.
US-Firmen
nun einige      Der Konkurrenzvorteil, den EU-Firmen in der letzten Zeit gegenüber US-Produzenten
Zugeständ-      durch den Ausstieg von US-Präsident Trump aus dem TPP-Abkommen hatten, wird
nisse, die      durch die jüngste Einigung Japans mit den USA auf ein bilaterales Handelsabkommen
Präsident       nur teilweise wieder ausgeglichen. Die sich von den USA nun in Japan geholten
Trump 2016      Handelsvergünstigungen stehen zwar nicht im Einklang mit den völkerrechtlichen
vergeben hat    Verpflichtungen beider Länder (das geltende WTO-Abkommen erlaubt
                Handelsvergünstigungen außerhalb der Meistbegünstigungsklausel nur im Rahmen
                umfassender, nicht auch punktueller Freihandelsabkommen), aber allem geltenden
                Recht zum Trotz ist davon auszugehen, dass die den USA gewährten Zugeständnisse im
                landwirtschaftlichen Bereich (ca. EUR 6,5 Mrd. Erleichterungen inkl. einigen für Europa
                wichtigen Gruppen wie Fleisch und Wein) im Laufe des Jahres 2020 in Kraft treten
                werden. Amerikanisches Fleisch wird damit wieder mit den gleichen niedrigeren Zöllen
                belastet werden wie Fleisch aus der EU und den TPP-Ländern, und auch bei Wein wird
                unser Zollvorteil geringer. Da die Zugeständnisse aber eben sehr punktuell sind, bleibt
                beim Großteil unserer Exporte der Zollvorteil für unsere Firmen bestehen. Japan hat
                sich auch insofern durchgesetzt, als es in keinem Fall den USA mehr Zugeständnisse
Datenverkehr    gemacht als der EU.
und Online-
handel mit
                           Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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USA ebenfalls    Auch die genauen Bestimmungen im zweiten Abkommen zwischen den USA und Japan
geregelt         betreffend den Datenverkehr und die kolportierte Nicht-Besteuerung von Internet-
                 Unternehmen werden von den EU-Behörden genau analysiert werden müssen, und
                 Auswirkungen auf das jüngste EU-Japan-Datenverkehrsabkommen und die laufenden
                 Verhandlungen im Rahmen der WTO können nicht ausgeschlossen werden.

                 Die USA haben Japan in diesem bilateralen Akt kaum Vergünstigungen zugestanden,
                 allein die weitere zumindest temporäre Verhinderung weiterer zusätzlicher Zölle auf
Nervosität       japanische Autos und Autoteile in den USA musste die Regierung Abe als Erfolg im
zum BREXIT       eigenen Land verkaufen.
steigt
                 Während die britische Regierung auf Last-Minute-Verhandlungen setzt, steigt unter
                 Japans Firmen die Nervosität vor dem neuen BREXIT-Datum 31. Oktober 2019. Sie
                 haben auch allen Grund zur Beunruhigung - nur in den USA haben japanischen Firmen
                 noch mehr investiert hat als im Vereinigten Königreich (schätzungsweise EUR 135 Mrd.).
                 Japanische Neuinvestitionen im UK sind schon vor zwei Jahren praktisch eingestellt
Akira Yoshino    worden, viele haben nun bereits Zweigniederlassungen in anderen EU-Ländern
gewinnt          gegründet oder aufgestockt.
Nobelpreis in
Chemie           Wieder zeigt das starke Forschungsengagement japanischer Großkonzerne seine
                 Stärke. Der jüngste Chemie-Nobelpreisträger Akira Yoshino des Chemiekonzerns Asahi
                 Kasei ist der Vater der Lithium-Ionen-Batterien, die es erst ermöglicht haben, dass wir
                 wirklich mobile Telefone mit sicheren, leistungsstarken Batterien verwenden können.
                 Schon die letzten beiden Chemienobelpreisträger Japans haben ihre bahnbrechenden
                 Erfindungen in der privaten Forschung erzielt.

●   3. Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

Exporte 2018     Japan hat im Gesamtjahr 2018 Waren aus Österreich im neuen Rekordwert von über
stark            JPY 206 Mrd. eingeführt, das sind über 15% mehr als im Jahr davor, zum derzeitigen
gestiegen,       Kurs über EUR 1,66 Mrd. Unser jährliches Handelsvolumen geht damit in Richtung 4
fast 4 Mrd.      Mrd.-Euro-Grenze bei weiterhin steigender Tendenz, nicht zuletzt dank des neuen
Handels-         Freihandelsabkommens. Nach österreichischer Exportstatistik haben unsere Firmen
volumen          2018 Waren im Wert von 1,529 Mrd. Euro direkt nach Japan geliefert, dies sind um fast
                 11% mehr als noch im Jahr davor.

Exporte auch     Dieser positive Trend scheint sich 2019 fortzusetzen, zumindest das erste Halbjahr
im 1. Halbjahr   stimmt sehr positiv. Über alle Warengruppen hinweg sind die Direktexporte Österreichs
stark            bis Juni 2019 um ca. 6,4% gestiegen (auf über EUR 800 Mio.), die Importe aus Japan
                 leicht gesunken (-0,5%).

Autos, Prüf-     Unter den wertmäßig wichtigen Warengruppen österreichischer Ausfuhren besonders
instrumente,     zulegen konnten im ersten Halbjahr 2019 Kraftfahrzeuge (+19% auf EUR 212 Mio.), Holz
Holzprodukte     und Holzprodukte (+8,6% auf EUR 101 Mio.), Mess- und Prüfinstrumente (+28,4% auf
etc. legen       EUR 55 Mio.), pharmazeutische Erzeugnisse (+17% auf EUR 39,6 Mio.), elektrische
weiter zu        Maschinen (+16,9% auf EUR 30 Mio.) und Fleisch (+66% auf EUR 22 Mio.).

                 Japan bleibt damit nach China mit großem Abstand unser zweitwichtigster Wirtschafts-
                 partner in Asien. In der Hitparade der österreichischen Exportmärkte in Übersee liegen
                 nur die USA und China vor Japan.

Mercedes G       Der starke Trend bei Autoimporteuren aus Österreich liegt großteils wohl an der
und Supra        Beliebtheit der Mercedes G-Klasse in Japan. Nun wird aber auch ein japanisches Auto
                 der Spitzenklasse in Österreich gefertigt: der neue Toyota Supra läuft ebenfalls in Graz
                 vom Band.

                             Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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Heimisches      Die Steigerung bei Holzprodukten spiegelt den hohen Bedarf im Bauwesen und bei der
Holz im Bau,    Verwendung hochwertiger Panelplatten wieder. Bei Fleisch dominieren nach wie vor
Fleisch auf     unsere Schweinefleischexporte; die 2018 erreichte Öffnung des Marktes für Rindfleisch
Japans          schlägt sich ebenfalls bereits in der Statistik nieder, eine zusätzliche Euromillion im
Tellern         ersten Halbjahr! Gefragt sind vor allem Rindfleischinnereien, allen voran
                Rindfleischzunge.

                Insgesamt haben wir eine höchst gesunde, breite Exportpalette mit über 1360
KMUs            österreichischen Japan-Direktexporteuren, davon über 80% KMUs.
exportieren
                Bei den Importen aus Japan zeigt sich keine wesentliche Veränderung in der ersten
Importe         Jahreshälfte. Die Importe stagnieren bei ca. EUR 1,17 Mrd. Unsere wichtigsten
stagnieren      Importpositionen sind dabei wenig überraschend PKW, Bagger und Planierraupen,
auf hohem       Toner (sechsmal so viel wie Drucker selbst!), Akkus, andere Elektrotechnik,
Niveau          Medizintechnik, Prüf- und Messgeräte, KFZ-Ersatzteile und Zubehör, KFZ-Motoren
                sowie Motorräder.

Hoch aktive     Unsere Dienstleistungsbilanz mit Japan ist an und für sich schon sehr hoch, sie
Dienstleis-     expandiert nun auch nach Jahren der Stagnation auf diesem hohen Niveau wieder
tungsbilanz,    kräftig. 2018 hat unsere Wirtschaft Dienstleistungen im Wert von EUR 302 Mio. nach
Touristenzahl   Japan exportiert. Der wichtigste Posten in unserem Dienstleistungsexport nach Japan
steigt wieder   ist weiterhin der Tourismus: der langsame aber stetige Rückgang der Ankunftszahlen
                japanischer Touristen in Österreich konnte 2017 bei 208.000 angehalten werden und
                stieg auch 2018 um 5,7%, auf 221.000 Ankünfte und 457.000 Nächtigungen (+5,8%). 2019
                setzt sich dieser erfreuliche Trend fort, in den ersten acht Monaten 2019 konnten wir in
                Österreich 166.500 Ankünfte (+14,5%) und 335.500 Nächtigungen (+11,8%) aus Japan
                verzeichnen.

Im Sommer       Die Wiederaufnahme der 2016 von Lufthansa/Austrian abrupt beendeten direkten
zwei, im        Flugverbindung zwischen Wien und Tokio war im Mai 2018 zögerlich und im Winter
Winter ein      neuerlich unterbrochen. Ab Mitte Feber 2019 fliegt nun jedoch die größte japanische
Direktflug      Fluglinie ANA täglich von Tokyo Haneda direkt nach Wien, im Sommerflugplan dazu
Wien – Tokio    parallel die Austrian vom – aus Zentrumssicht entfernteren – Flughafen Tokyo Narita
täglich         aus. Im anlaufenden Winterfahrplan fällt der Austrian-Flug wieder aus.

150 Jahre       Die 150 Jahrfeiern zum ersten Freundschafts- und Handelsabkommen zwischen
Wirtschafts-    Österreich und Japan (1869/2019) 2019 erreichen ihr Ende. Es gab eine Vielzahl von
beziehungen     Wirtschafts-, Kultur- und politischen Veranstaltungen in beiden Ländern. Der
mit Japan       “Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen der österreichisch-
                ungarischen Monarchie und dem Kaiserthume Japan vom 18. October 1869” war ein
                wichtiger Meilenstein für die vor allem wirtschaftliche Öffnung Japans zum Westen, der
                über Jahrzehnte einen ungeheuren Einfluss auf Österreicher wie Japaner ausgeübt hat
                - vom „Japonisme“ Europas und insbesondere unserer Jugendstilkünstler dank der
                erstmaligen Teilnahme an der Weltausstellung in Wien 1873 über die Einführung vieler
                moderner Industrietechniken, der Photographie, des Skifahrens u.v.a.m. durch
                Österreicher in Japan. Begonnen hat das alles mit jenem ersten Freihandelsabkommen
                unserer beiden Länder, denn etwas Anderes war der erwähnte Vertrag ja nicht. Erst
                durch den 1. Weltkrieg, bei dem die Soldaten der beiden Länder auf verschiedenen
                Seiten gekämpft haben, ist diese gedeihliche Zusammenarbeit der Wirtschaft, Kunst
                und allgemeinen Gesellschaft abrupt zu Ende gegangen.

                Das neue Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU mit Japan kann der
                lang erwartete Grundstein sein, um diese Beziehungen zwischen Europa und Japan mit
                dem gleichen Elan zu intensivieren, wie es vor 150 Jahren der Fall war.

                           Ein Service der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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