Barbarei ist, nach der Funktion von Kultur zu fragen - Pierre Bourdieu
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Anzeige Summertime am Kulturkiosk 8. Juni bis 4. Juli 2021 Kabarett • Konzerte • Kurzfilm Auftakt Bidla Buh • Michael Altinger • LIUN+Thescifiband • Hans Well & Wellbappn • Simon & Jan • Konzert & Kurzfilm • PaierValcic • Hannah Weiss Group • Mathias Kellner • Graceland • Virtual Leak • Gankino Circus • Werner Schmid- bauer • Absolutely Sweet Marie • Mainfelt • Wolfgang Krebs • Sarah Lesch • The Silhouettes • Goethes Erben • Gala zum Independence Day © bayern-online.de CMYK www.bayreuth-summertime.de
PIONTEKS PRÄLUDIUM Glücklich ist... G lücklicherweise vergisst der Mensch schneller als er lernt. Nein, es ist keine Flucht in die Unwirk- lichkeit, danach nicht mehr so schnell auf die Idee zu kommen, dass das Unnormale für ein paar Monate das Normale zu sein schien. Nach der Krise pflegt der Mensch sich zu erholen – der Dichter Novalis meinte um 1800 (einer extremen Krisenzeit), dass der Mensch nach dem Krieg Komödien brauche. Hugo von Hof- mannsthal hat den Novalis gern zitiert; seine eigenen Komödien waren intelligente Theaterstücke. Eben so sollten die Kulturfreunde es mit der Krise halten, die in absehbarer Zeit zwar nicht vergessen, aber nicht mehr so wichtig sein wird. Wir werden uns in der Erinnerung daran wiedertreffen, dass die Kulturleute in den letzten Monaten nicht ganz so gut behandelt wurden, wie sie es verdienen. Wir werden uns im Bedürfnis nach sinn- lich und sinnvoll ausgefüllten Musik-, Theater-, Vor- trags und Ess- & Trink-Begegnungen wiederfinden – nur bedauernd, dass der öffentliche Protest gegen die Theater- und Konzerthausschließungen längst nicht so vehement ausfiel wie der der Fußballfans gegen ihre Aussperrung. Nichts gegen den Fußball, aber es berührt merkwürdig, dass mehr Menschen in Kultur- veranstaltungen als in die Spiele der Bundesliga gehen. Stimmen wir, stimmen Sie also demnächst, wenn‘s wieder losgeht, mit den Füßen - und an den Kassen ab. Zeigen Sie, dass das, was uns „zum Stillstand und zum Umdenken gezwungen“ hat (wie der Münchner Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski sagte), nicht eigentlich gut, aber für etwas gut war: das wiederer- weckte Bewusstsein, dass nichts selbstverständlich ist und dass selbst sog. kleine Kulturveranstaltungen wun- derschön bereichernd sein können. Den Rest können wir dann vielleicht getrost vergessen. Ihr Frank Piontek
VIELEN DANK! Wir danken unseren Mäzenen für Ihr Engagement. Durch Sie wird der Kulturbrief erst möglich. UNTERNEHMEN Alexander von Humboldt Kulturforum Schloss Goldkronach e.V. Bayreuth Summertime - Friedrichsforum Fabio - Fashion for her Metzgerei Imhof Musica Bayreuth PEMA Vollkorn-Spezialitäten Sparkasse Bayreuth Steingraeber & Söhne Kanzlei Treibert PRIVATPERSONEN Angelika Beck - Cornelia Kilchert Irmintraut Jasorka - Kristina Jurosz Karsten Schieseck - Dieter Schweingel Astrid Böhmer - Toni Schug TITELILLUSTRATION Matthias Ose: „Als Vincent van Gogh den leicht ange- säuselten Jean Paul auf dem Heimweg von der Roll- wenzelei zufällig vor die Linse bekam.“ Nach Vincent van Gogh, „Landschaft mit Zypresse und Stern“, 1890, Kröller-Müller-Museum, Ortterlo, NL.
DER KULTURBRIEF Feuilleton und Termine für Bayreuth und Umgebung Bayreuth leuchtet Kulturtermine Musica Bayreuth Einschließlich Sonderaus- stellungen Botanik Eine Kanarische Hinter den Schönheit Kulissen Vom Zeichnen Mark Twain Auschnitte aus der Zeich enlehre von John Ruskin Das alte Buch Das neue Album Le Keepsake Français Wolfram Graf: Vision ... war hier Vom Grünen Hügel Goethe Dmitri Tcherniakov Das neue Buch Baukultur Der Justizpalast Ein Kurkrimi Kulturvereine Nais vom Heiner vorgestellt: Wenn di Siemerglockn Deutsch-Polnische Ge lait sellschaft Aus Bayreuths Stadtkultur Küchen Auf alten Straßen Hähnchenfilet und Ofen gemüse Ein Haiku Von Tessenka Geschichten aus dem Bibliotheken Wald Die Regierungsbibliothek Der Kräuterwichtel
Anzeige „Einen Vorsprung im Leben hat, wer da anpackt, wo die anderen erst einmal reden.“ John F. Kennedy
KULTURTERMINE Bitte beachten Sie: Präsenztermine können kurzfristig ausfallen. 01.06.2021 Flügelschlag der Romantik Junge Meisterpianisten der Musikhochschule Augsburg spielen Brahms, Clara und Robert Schumann, Fanny Hensel, Mendelssohn-Bartholdy 19:30 Uhr ↸ Steingraeber & Söhne, Kammermusiksaal Kuratorenführung Durch Haus Wahnfried, das Siegfried Wagner-Haus und den Neubau 14 - 15:30 Uhr, Jeden Dienstag bis zum 29.6. Anmeldung bis Sonntag 17 Uhr. ↸ Richard Wagner Museum 02.06.2021 Themenführung „Wagners Antisemitismus und die Folgen“ Dr. Sven Friedrich 18 - 19:30 Uhr ↸ Richard Wagner Museum Zu Wasser und zu Lande: Amphibien im ÖBG Führung 17:30 Uhr Weitere Termine am 16.6. und 30.6. ↸ Ökologisch-Botanischer Garten, Universität Bayreuth Klavierkonzert mit Werken von Bach, Händel und Beethoven mit Pianist Martin Stadtfeld Kulturfreunde Bayreuth e.V. 17:00 und 20:00 Uhr ↸ Das Zentrum, Äußere Badstraße 7a. 03.06.2021 Oliver Messiaen Quatuor pour la fin du temps. Nachtkonzert mit Großprojekti- on (MUSICA Bayreuth) 21.30 und 23:30 Uhr ↸ Stadtkirche
KULTURTERMINE 04.06.2021 Bamberger Symphoniker & Andrea Marcon Ein musikalischer Streifzug durch die Wiener Klassik 20:15 -21:15 Uhr ↸ Markgräfliches Opernhaus 05.06.2021 L’arte del mondo Sturmmusiken. Eine Reise in die faszinierende Klangwelt des 18. Jahrhunderts (MUSICA Bayreuth) 20:15 -21:15 Uhr ↸ Markgräfliches Opernhaus Orgel um 12 Orgelandacht im Rahmen der Ausstellung „100 Jahre Kirchen- kreis Bayreuth“ 12 Uhr ↸ Stadtkirche 06.06.2021 Museumsführung Jeden Sonntag bis zum 27.6. 14 - 15:30 Uhr ↸ Richard Wagner Museum Spaziergang im ÖBG Sonntagsführung 10 -11 Uhr ↸ Ökologisch-Botanischer Garten, Universität Bayreuth 07.06.2021 Damaskus im Herzen und Deutschland im Blick Vortrag mit Maen al Darwish 10 - 11:30 Uhr ↸ Kirchplatz 2 08.06.2021 Bidla Buh - Musik-Comedy aus Hamburg. Open-Air-Konzert Kulturfreunde Bayreuth e.V. 18 und 20 Uhr ↸ Kulturkiosk, Wilhelminenaue
KULTURTERMINE 09.06.2021 Michael Altinger: Rampensau ohne Bühne Lesung 20 Uhr ↸ Kulturkiosk, Obere Röth. Veranstalter: Friedrichsforum 10.06.2021 Ringvorlesung Jüdisches Leben in Bayreuth Vorstellung von Victor M. Goldschmidt, Vater der modernen Geochemie, und seine Arbeiten zum Fundament der heutigen Umweltwissenschaften 18:00 Uhr Universität Bayreuth - Online Scott Brothes Duo Klavier und Orgel - Werke von Gershwins, Mozart, Händel und Debussy. 19:30 - 21:30 Uhr ↸ Stadtkirche 11.06.2021 Simon & Jan: Alles wird gut Musik 20 Uhr ↸ Kulturkiosk, Obere Röth, 95448 Bayreuth Scott Brothes Duo Klavier und Orgel - Werke von Gershwins, Mozart, Händel und Debussy. 19:30 - 21:30 Uhr ↸ Stadtkirche 12.06.2021 Hans Well & Wellbappn: Didl-Dudl Musik 20 Uhr ↸ Kulturkiosk, Obere Röth. Veranstalter: Friedrichsforum Dante, Die Göttliche Komödie Lesung (Aus Meisterwerken der Weltliteratur) 11 Uhr . Am 19.6. um die selbe Uhrzeit: Rabelais,: Gargantua und Pantagruel und am 26.6.: Petronius: Satyricon ↸ Hoheitengärtlein im Hofgarten
KULTURTERMINE 12.06.2021 Den Sängern auf der Spur - Vögel im ÖBG (mit LBV) Vogelkundliche Führung für Frühaufsteher 5:30 - 7:30 Uhr ↸ Ökologisch-Botanischer Garten, Universität Bayreuth 13.06.2021 Das Märchen vom Fischer und seiner Frau Kinderstück von Dominik Kern nach den Brüdern Grimm 17 Uhr ↸ Bühne am Wasserturm / Eremitage 15.06.2021 Reform: Dieselbe Kirche anders denken? Gesprächsabend mit Prof. Dr. M. Seewald, Münster 20 Uhr ↸ KHG online oder hybrid Beethoven! The next level 70 minütige Musik-und Tanzshow 19:30 - 21:30 Uhr ; am 16.6. von 11 - 13 Uhr Schülerkonzert ↸ Oberfrankenhalle 16.06.2021 Spiritueller Spaziergang mit dem Swahili Chor Andacht (KHG & ESG) 19 - 20 Uhr ↸ Ökologisch-Botanischer Garten, Universität Bayreuth 17.06.2021 „1892“. Gesprächskonzert am Steingraeber 200 von 1892 mit Klaviermusik aus dieser Zeit Ute Weyand spielt Werke von Debussy, Albéniz, Grieg, Rach- maninov und Brahms 19:30 Uhr ↸ Steingraeber & Söhne, Kammermusiksaal 18.06.2021 Mathias Kellner: Irgendwie zu ungefähr Musik 20 Uhr ↸ Kulturkiosk, Obere Röth. Veranstalter: Friedrichsforum
KULTURTERMINE Der Legationsrat - Jean Paul und die Rollwenzelin Stück von Eberhard Wagner, frei nach Jean Paul 20 Uhr . Auch am 19., 23., 26., 27: 17:00 Uhr. und 29. ↸ Bühne am Wasserturm / Eremitage Lieder der Sehnsucht und irische Klangweiten Mit Andy Lang and friends 19 Uhr ↸ Evangelische Stadtkirche Goldkronach 19.06.2021 Tag des guten Lebens 2021 Stadtgestaltung, Transformation, das gute Leben 13:30 - 20 Uhr ↸ Gelände beim Rathaus II im Kreuzviertel 20.06.2021 Graceland – A Tribute to Simon & Garfunkel Musik 17:30 Uhr ↸ Kulturkiosk, Obere Röth. Veranstalter: Friedrichsforum 21.06.2021 Salut Salon Die Magie der Träume (MUSICA Bayreuth) 19:30 -21:30 Uhr ↸ Markgräfliches Opernhaus Live im Schokogarten Antifolk aus Nürnberg von Mäkkelä & John Steam jr. & The Black Elephant Band 19 -21Uhr ↸ Schokofabrik 22.06.2021 Arman Depperschmidt/Klavierklasse Prof. Michael Wessel Klavierabend mit Werken von Schumann, Beethoven, Brahms und Prokofjew 19:30 Uhr ↸ Steingraeber & Söhne, Kammermusiksaal 24.06.2021 Gankino Circus: Bei den Finnen Musik 20 Uhr ↸ Kulturkiosk, Obere Röth. Veranstalter: Friedrichsforum
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KULTURTERMINE 24.06.2021 Junge Meisterpianisten der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar Klavierabend 19:30 Uhr ↸ Kammermusiksaal Steingraeber & Söhne DUEL Klassik Comedy 20 - 21 Uhr ↸ Panzerhalle Bayreuth 25.06.2021 Werner Schmidbauer: Bei mir Musik 20 Uhr ↸ Kulturkiosk, Obere Röth. Veranstalter: Friedrichsforum 26.06.2021 Immer dieses Theater! Lustige Szenen von Shakespeare, Goethe, Kishon und anderen 20 Uhr ↸ Eremitage, Römisches Theater 27.06.2021 Serenaden an der Schlosskirche Kostenloses Freiluftkonzert mit Werken von Brahms, Haydn und Mozart. Veranstalter Kulturfreunde Bayreuth e.V. 19 - 21 Uhr ↸ Schlossterrassen, Schlosskirche und Schlossberglein 29.06.2021 Führung durch die Bayreuther Synagoge Führung zum Thema Judentum in Deutschland 20 Uhr ↸ Bayreuther Synagoge 30.06.2021 Führung zu Cosima Wagner Mit Melanie Möbius. Jeden Mittwoch 17 - 18:30 Uhr ↸ Richard Wagner Museum
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SONDERAUSSTELLUNGEN Di-So 10-17 Uhr Kunstmuseum Plakatmuseum im Kunstmuseum Bayreuth – Die Bunte Welt der Musik ↸ Altes Rathaus, Maximilianstr. 3 Kunstverein 105. Kabinettausstellung: Cornelia Morsch ↸ Altes Rathaus, Maximilianstr. 3 Richard-Wagner-Museum rosalie und wagner. licht – mythos – material Besuche nur mit Terminbuchung am Vortag (Tel. 0921 75728-16 oder an kasse@wagnermuseum.de) ↸ Richard-Wagner-Str. 48 Urwelt-Museum Oberfranken Faszinierende Kristallwelt - Calcite aus der Sammlung Weiß- negger. Terminbuchung während der Öffnungszeiten und 2 Stunden vor dem Besuch (Tel. 0921 511211 oder anmeldung@urwelt-museum.de) ↸ Kanzleistrasse 1 Di-Fr 10-18 Uhr RW21 Stadtbibliothek 40 Jahre Studiobühne Bayreuth. Theaterfotos, Dokumente und Erinnerungen von Karlheinz Beer. Künstlerische Arbeit – Skizzen, Entwürfe, Modelle zu Bühnenbildern und Kostümen Bis 25. Juni. Di-Fr, 10-18 Uhr ↸ Richard-Wagner-Str. 41 Die Termine liegen in der Verantwortung der Veranstalter. Der Kulturbrief ist von der Haftung ausgeschlossen.
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WAR HIER: GOETHE A uch er war hier. Vom 15. auf den 16. Juni 1790 über- nachtete er „in einem guten Gasthof, die Sonne“, um am nächsten Tag weiterzureisen. Wir verdanken die Kenntnis dem Fräulein Louise von Göchhausen, der Hofdame der Anna Amalia von Sachsen-Weimar, von der gemeinhin zwei biographische Einzelheiten bekannt sind: dass sie bucklig war, und dass sie uns die einzige zeitgenössische Abschrift der ersten Fassung des Faust, also den Ur-Faust, überliefert hat. Wie aber kam Goethe nach Bayreuth? 1790 ereilte ihn der Befehl seiner Fürstin, die gerade in Italien weilte, ihr entge- genzureisen. Goethe traf Anna Amalia in Venedig und brach Anfang Juni mit ihr und einer Reisegesellschaft von 14 Personen auf, um nach Weimar zurückzukeh- ren. Was tat er am Vormittag? Es wurde beschloßen wohl auszuruhen und erst nach 12 Uhr abzugehen. Es kam der Hr. v. Imhof, Bergamtmann, mit seiner Frau, und Toch- ter und den Ernst Imhof zur Herzogin, es wurde viel von denen Veränderungen in Anspach gesprochen. Nach dem Eßen gingen wir ab. Man reiste am Nachmittag ab, um nach der Fahrt durch die Vorstadt St. Georgen über Berneck und Münchberg (eine „hüpsche Gegend“, wie die Göchhausen schrieb) gen Norden zu fahren. Goe- thes Aufenthalt währte also kaum einen Tag. Leider ist das Hotel, in dem er nächtigte, nicht mehr erhalten: das Gasthaus „Zur goldenen Sonne“ in der heutigen Richard-Wagner-Str. 4. Goethe hat Bayreuth nie wie- der gesehen, wenn er sich auch später immer wieder in der Hofer Gegend aufhielt – doch an den Aufenthalt eines der größten deutschen Dichter erinnert eine Ge- denktafel am Nachfolgebau des Gasthofs. Frank Piontek
IM BILDE Bilderrätsel: Wo ist das zu finden?
BAYREUTH LEUCHTET Bayreuth leuchtet – in naher Zukunft A m 3. Juni wird Bayreuth nicht nur bildlich, son- dern auch in Bildern leuchten – denn das Festival MUSICA BAYREUTH bietet einen außergewöhnli- chen, multimedialen Konzertabend an. Während das En- semble Kontraste ein Hauptwerk der Kammermusik des 20. Jahrhunderts spielt, wird der Zuschauer auf Licht- und Videoprojektionen schauen, die von Christoph Brech in die Bayreuther Stadtkirche gebracht werden. Im Mittelpunkt des Abends steht Oliver Messiaens Quatu- or pour la fin du temps, das „Quartett für das Ende der Zeit“. Der junge Komponist, einer der herausragenden Musiker Frankreichs, komponierte es mitten im Krieg – und mitten in einem deutschen Kriegsgefangenenlager, dem STALAG VIII A bei Görlitz. Messiaen saß während der Uraufführung im Jahre 1941 vor den Lagerinsassen am Klavier, seine Freunde an Klarinette, Violine und Violoncello. So entstand ein beseeltes Werk, geschrieben von einem tief gläubigen Komponisten. „Note für Note atmet die Musik des Quartetts tiefste Gläubigkeit und Spiritualität, sie vermittelt eine Vision der Endzeit, die keinesfalls im Nichts endet und nie vom Glauben an das ewige Heil abfällt – eine Klangsprache, die gerade in der aktuellen Zeit substanziell erscheint“, wie es auf der Seite der MUSICA heißt. Sie ist, anlässlich des 70. Jahrestags der Uraufführung, zweimal zu erleben: am 3. Juni um 21.30 und um 23.20.
Anzeige Kultursommer 2021 Herzliche Einladung zu: „Lieder der Sehnsucht und irische Klangweiten mit Andy Lang & friends“ (Sibylle Friz, Cello und Wolfgang Rieß, Bass und Doppelbass) am Freitag, 18. Juni 2021 um 19.00 Uhr in der Evangelischen Stadtkirche Goldkronach Das Konzert findet unter Einhaltung aller Corona-bedingten Vorgaben statt. Teilnahme nur nach telefonischer Anmeldung unter: 09241 / 48 58 59 2 www.humboldt-kulturforum.de
IN NAHER ZUKUNFT In naher Zukunft E s sieht gut aus – zumindest mit Freiluftveranstal- tungen. So wird die Bayreuther Summertime eine Neuauflage erfahren. Im Mittelpunkt steht wieder der Kulturkiosk an der Seebühne in der Wilhelminenaue; zur Stunde plant man dort bis in den Juli hinein: mit Jazz, Pop und Rock – und im Juli und August wird‘s dann hoffentlich wieder heißen: Bayreuth wird klas- sisch! So wie bei Steingraeber, wo ein reiches Klavier- und Theaterprogramm (in Steingraebers Hoftheater) für ein musikloses Frühjahr entschädigt: mit Elisabeth Leonskaja wie jungen und alten Meisterpianisten. Schließlich werden auch die Bayreuther Festspiele über die Bühne gehen: mit einer Neuinszenierung des Flie- genden Holländers und einigen wagnerischen Kunst- und Theaterprojekten, die außerhalb der Grenzmauern des Festspielhauses über diverse Bühnen gehen werden.
KULTURVEREINE Deutsch-Polnische Gesellschaft V on Bayreuth aus ist Polen zwar nicht ganz so schnell erreichbar wie von Berlin. Dennoch gibt es beste Gründe, sich dem Nachbarland zu widmen – 2003 war es die in Bayreuth lebende Polin Barbara Sa- barth, die den Kreis der Internationalen Gesellschaften um eine neue erweiterte, weil in Bayreuth inzwischen so viele Polen lebten, dass sich eine Gründung lohn- te. Das Programm ist klar: „Zweck und Aufgabe des Vereins ist: Förderung der Verständigung zwischen den Bevölkerungen Polens und Deutschlands durch Pfle- ge der zwischenmenschlichen Beziehungen auf kul- turellem, sozialem, politischem und wirtschaftlichem Gebiet.“ Gerade in den Zeiten, in denen sich die pol- nische Politik zunehmend gegen die demokratischen Werte des Westens und der EU abschließt, stiftet die Begegnung zwischen der älteren und der neueren pol- nischen Kultur und ihren Vertretern interessante Ver- bindungen, die wichtiger sind als das, was gerade in Polen über die politische Bühne geht. Eben deshalb war auch – eine der letzten großen Veranstaltungen vor Corona – der Vortrag von Rafał Dutkiewicz so fes- selnd. Dutkiewicz, der 2002-2018 Oberbürgermeister von Breslau / Wroclaw war, sollte vier Wochen nach seinem Bayreuther Auftritt im Plenarsaal des Deut- schen Bundestages die offizielle Rede zum Volks- trauertag halten. Fragt man die damalige und jetzige
Vorsitzende, welche zwei oder drei Veranstaltungen be- sonders wertvoll und bemerkenswert waren, bekommt man gleich mehrere Antworten: z.B. 2018 das Jubilä- umskonzert im Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium aus Anlass des 100. Jahrestages der wiedererlangten polnischen Souveränität, also Staatsgründung, fünf Jahre zuvor das Konzert zum 10jährigen Jubiläum der DPG in der Städtischen Musikschule, wobei für die Bayreuther die Aufführung von Wagners Polonia-Ou- vertüre ebenso wichtig war wie der Besuch des polni- schen Botschafters und ein Vortrag des ehemaligen OB Dr. Dieter Mronz. Die Verbindungen zur Politik sind auch sonst gut: schon 2006 war der Botschafter zusam- men mit der polnischen Generalkonsulin zu Gast im Internationalen Zirkel. Kommen hinzu Studienreisen (mit Opernbesuch!) nach Breslau und Krakau, wäh- rend polnische Neu- oder Altbürger die Gelegenheit erhalten, ihrerseits die Kulturlandschaft der Bayreuther Region und der Oberpfalz kennenzulernen. Dafür fuh- ren dann einige Bayreuther zu den Masurischen Seen, um zu segeln und die Erinnerungsfotos zu einer Aus- stellung zu vereinigen. Im Grunde stehen alle diese Kultur-Aktivitäten unter dem Stichwort „Europa“; die Beteiligung am Neudrossenfelder Europafest ist kein Zufall. Barbara Sabarth weiß, dass der große Dichter Josef von Eichendorff, dem man sich in einer deutsch- und polnischsprachigen Veranstaltung mit Klavier- liedern gewidmet hat, zwischen dem alten Schlesien, dem neuen Polen und dem heutigen Deutschland gut vermitteln kann. Bei all diesen Veranstaltungen wird die deutsch-polnische Geschichte nicht weißgewa- schen, sondern aufgearbeitet: „Es gab“, erinnert sich die Vorsitzende, „eine schöne Veranstaltung mit jun- gen Leuten: ‚Die Kriegskinder erzählen.‘ Einige deut- sche und polnische Frauen erzählten, wie sie als Kinder das Kriegsende erlebt haben. Es war am 8. Mai 2015, die Frauen haben Blumen bekommen, auch ich: stell- vertretend für eine Frau, die nicht da sein konnte, aber ich habe ihre Geschichte erzählt“. Da wundert es einen
nicht mehr, einen Abend mit polnischen Schriftstel- lern jüdischer Abstammung, mit polnisch-irakischen Themen (und Bauchtanz und vielen Flüchtlingen als Zuschauer) und mit der Deutsch-Türkischen Gesell- schaft über 600 Jahre polnisch-türkischer Beziehungen (mit polnischer und türkischer Tanzgruppe und eben- solchem Essen) zu entdecken. Wie überhaupt bei der DPG, neben der Literatur (verstanden als Poesie), die Musik eine wichtige Rolle spielt. „Polen mit allen Sin- nen“: so hieß 2004 eine der ersten Veranstaltungen der Kulturgesellschaft. Was immer schön und wichtig ist, bringt das jährliche Bürgerfest an die Öffentlichkeit, denn auch die DPG ist dort, wie auf dem Weinfest, mit einem Stand und den typischen Köstlichkeiten vertre- ten. Die Zuneigung zu einem Land geht bekanntlich ja auch durch den Magen – so wie das polnische Weih- nachtsfest mit seinen kulinarischen Kulturgütern, die bald wieder im Zirkel auf die Tische gestellt werden können. Frank Piontek Anzeige Industrie- und Glasmuseum Fichtelgebirge e.V. Kleines Museum sucht Vorstands- mitglied für Kulturbetrieb. Telefon: 09276-787
AUS BAYREUTHS KÜCHEN Hähnchenfilet und Ofengemüse mit Erdnuss-Dip Für 2 Personen Zutaten: 400 g Hähnchenfilet, 600 g Karotten, 2 Bund Früh- lingszwiebeln, 2 rote Spitzpaprika. Etwas Olivenöl, Salz und Paprikapulver. Für die Soße: ca. 5 g Ingwer, ½ Li- mette, 1 EL Sojasoße, 1 TL Honig, 90 g Erdnussbutter. D en Backofen auf 190 Grad Umluft vorheizen und zunächst den Dip zubereiten: Dazu den Ingwer sehr fein reiben und mit Limettensaft, Sojasoße, Honig und Erdnussbutter verrühren. Am Schluss noch 3 Esslöffel Wasser untermischen. Anschließend die Karotten schä- len, halbieren und der Länge nach vierteln. Die Wurzeln und vertrockneten Teile der Frühlingszwiebeln abschnei- den. Zunächst die Karotten auf ein mit Backpapier aus- gelegtes Backblech legen, mit Olivenöl vermengen, salzen und in den Backofen geben. Nach ca. 10 Minuten die Frühlingszwiebeln und die Spitzpaprika dazulegen und weitere 15 bis 20 Minuten lang backen. In der Zwischen- zeit die Hähnchenfilets in 1 cm dicke Scheiben schnei- den, mit Paprikapulver würzen, pro Seite ca. 4 Minuten in Olivenöl braten und warm stellen. Das Ofengemüse kann natürlich auch ohne Fleisch als Vorspeise oder leichtes Sommergericht serviert werden. Guten Appetit! Cornelia Kilchert
HINTER DEN KULISSEN Mark Twain Am Schrein des Heiligen Wagner Bayreuth, den 2. August 1891 E s war in Nürnberg, als wir uns inmitten einer Flut von musikverrückten Fremden wiederfanden, die auf Bayreuth zurollten. Es war lange her, dass wir eine sol- che Menge aufgeregter und sich abquälender Menschen gesehen hatten. Es dauerte eine gute halbe Stunde, bis sie alle in den Zug verfrachtet und sortiert waren - und es war der längste Zug, den wir bisher in Europa gese- hen hatten. Seit etwa zwei Wochen widerfährt Nürnberg ein paar Mal am Tag dieses Schauspiel. Es vermittelt einem das beeindruckende Gefühl von dem Ausmaß dieser alle zwei Jahre stattfindenden Wallfahrt. Denn eine Pilgerfahrt ist das, was sie ist. Die Anhänger kom- men aus den entferntesten Ecken der Welt zusammen, um ihren Propheten in seiner Kaaba in seinem eigenen Mekka zu verehren. Wenn Sie in New York oder San Francisco oder Chicago oder sonst wo in Amerika le- ben und Mitte Mai beschließen, zweieinhalb Monate später die Bayreuther Oper zu besuchen, müssen Sie sich augenblicklich darum kümmern und telegrafieren, sonst bekommen Sie keine Plätze, und für eine Un- terkunft müssen sie ebenfalls telegrafieren. Wenn Sie dann Glück haben bekommen Sie Plätze in der letzten Reihe und eine Unterkunft am Rande der Stadt. Wenn Sie aufhören sich zu bemühen, bekommen Sie nichts. Als wir uns in Nürnberg aufhielten, trafen wir auf viele
Leute, die ihre Pilgerfahrt angetreten hatten, ohne sich vorher Plätze und Unterkunft zu sichern. Sie fanden weder das eine noch das andere in Bayreuth. Sie durch- streiften eine Weile die Straßen von Bayreuth, fuhren zurück nach Nürnberg fanden auch dort weder Betten noch Aufenthaltsräume, waren die ganze Nacht durch die malerischen Gassen gelaufen, darauf wartend, dass die Hotels öffneten und ihre Gäste in die Züge ent- luden, um so für sie, die vom Schicksal geschlagenen Glaubensbrüder und -schwestern Platz zu machen. Sie hatten bereits eine dreißig- bis vierzigstündige Eisen- bahnfahrt auf dem europäischen Kontinent ertragen - mit allem, was das an Mühen, Müdigkeit und finan- zieller Verelendung mit sich bringt - und alles, was sie dafür bekommen hatten und bekommen sollten waren Geschicklichkeit und Treffsicherheit, über die eigenen Füsse zu fallen, erworben durch praktische Übungen in den Seitengassen der beiden Städte, derweil andere Leute in ihren Betten schlummerten. Und obendrein, um ihre fromme Mission gebracht, mussten sie die un- sägliche Rückreise antreten. Diese gedemütigten Aus- gestoßenen hatten den mürrischen Blick und das un- gebürstete und bedauernswerte Aussehen von nassen Katzen. Ihre Augen waren glasig vor Schläfrigkeit, ihre Körper wirkten, vom Scheitel bis zur Sohle, zusam- mengesunken. Und alle gutherzigen Menschen unter- ließen es, sie zu fragen, ob sie in Bayreuth gewesen sei- en oder den Anschluss verpasst hätten, da sie wussten, dass sie lügen würden. Textauswahl: Stephan Jöris Auszug aus: „Am Schrein des Heiligen Wagner“ - Erschie- nen in der ‚New York Sun‘ am 6. Dezember 1891. Mark Twain (1835-1910) bricht im Juni 1891 mit sei- ner Familie zum wiederholten Male nach Europa auf und verbringt die nächsten drei Jahre vorübergehend dort; ein halbes Jahr lang auch Bayern und besucht 1891 mehrere Vorstellungen der Bayreuther Festspiele. Buchempfehlung: Mark Twain in Bayern - Erzählungen, Reiseberichte, Briefe Allitera Verlag ,München 2016
VOM ZEICHNEN B ei jeder Landschaft gibt es viele Dinge, die, wenn überhaupt, nur von vollendeten Künstlern ge- zeichnet werden können, und doch sind es fast immer gerade diese Dinge, worauf sich ein Anfänger stürzt; oder, wenn nicht eben diese, dann etwas, was ihm zwar gefällt, sich dabei aber überhaupt nicht für eine Dar- stellung eignet, und woran er selbst, hat er es einmal gezeichnet, wenig Freude haben wird. Zum Schutz vor diesem typischen Anfängerfehler können die fol- genden Warnhinweise ganz nützlich sein: 1. Zeichne nichts, was in dir angenehme Gefühle weckt oder bloß, weil du es liebst, außer du findest gerade nichts anderes zum Zeichnen. John Ruskin. In „Grundlagen des Zeichnens“. Aus dem Englischen von Helmut Moysich. Dieterich`sche Verlags- buchhandlung, Mainz 2019. HAIKU Als es sich vollfraß, Da war des Pferdes Auge So voller Sanftmut. Tessenka
DAS NEUE ALBUM Wolfram Graf: Vision K langflächen und nervöse Begegnungen, meditative Einsichten und Schlagzeugkaskaden, lange Linien und Eruptionen: Grafs Vision bündelt vier durchaus ver- schiedene Stücke zu einem Großwerk, beginnend mit einem Cellosolo, übergehend in ein Violinsolo, kulminie- rend in einem knapp halbstündigen, packenden Konzert für Violine, Schlagwerk und Streichorchester, mündend in einen kurzen fröhlichen Ausklang: einer typischen Zu- gabe. Wolfram Graf, einst Student in Bayreuth, lebend in Hof, Leiter des Bayreuther Festivals Zeit für Neue Mu- sik, spricht verschiedene Sprachen, aber zusammenge- halten wird die meist bei Steingraeber eingespielte Suite vom Hang zur kontrollierten Einfachheit. Sekundschritte und Terzen reiben sich so lange im Vision-Konzert an- einander, bis es kracht. Den Einstig macht der Ich-Blick 1, eine Themenaufstellung für Violoncello, die den Hö- rer in jene Regionen treibt, in der Musik und Beisichsein gleich werden. Tobias von der Pals und der Geiger Florian Meierott treffen sich nach dem Geigensolo Bestimmung terzennah im tänzerischen Notturno Little Mermaid‘s litt- le Melody. Grafs Melodien bestehen nicht aus Schlagern, sondern aus Bewusstseinszuständen, die zu Rhythmus und zartem wie rauem Klang werden. Die Vision öffnet den Himmel in einen Bereich, in dem die Stimmen sich schmerzhaft-schön überlagern – bevor die Violine uns in einen Himmel entlässt, der nur von der Musik beschrie- ben werden kann. Wolfram Graf: Vision. Violinkonzert und Solowerke. Label: audiotransit. Frank Piontek
DAS ALTE BUCH Le Keepsake Français E in Ausschnitt aus den Memoiren des Prince de Lig- ne, ein Gedicht von Émile Deschamps, eine Ode und ein Gedicht an die französische Jugend von Vic- tor Hugo, ein Aufsatz über Lord Byron und Thomas Moore, eine Conte fantastique und ein Text über die Stadt Dieppe von Charles Nodier, ein Chanson von Béranger, ein Gedicht A Marie von Jules Janin, ein Fragment von Monsieur Sainte-Beuve, Le Malheur von Alfred de Vigny, eine Erzählung von Stendhal, ein Widmungsgedicht von Madame Desbordes-Valmo- re, die Derniers Moments de Francois Ier von Alfred de Musset, ein Reichenau-Gedicht von Alexandre Dumas d.Ä., ein Souvenir de la Sicile von Alphonse de Lamar- tine, einige Briefe von Madame de Stael – dies sind nur die Werke der bekanntesten Autoren, die sich 1831 in einem Band der populären Reihe Le Keepsake Français zwischen Einbänden, die mit meergrünem Moiré be- spannt wurden, finden ließen. Dazugeheftet (und the- matisch integriert): einige Stahlstiche, u.a. von William Turner, nach französischen und englischen Vorlagen – die junge Rosamond Croker, verewigt vom berühmten Porträtisten Thomas Lawrence entzückt heute ebenso wie die hübsche Schweizerin aus der Werkstatt des mit Delacroix befreundeten Alexandre-Marie Colin: auch er ein beliebter Maler, ein Verfertiger vieler Genre-Sze- nen, die lange als kitschig galten und im Zeitalter der Wiederentdeckung der französischen Romantik und der Salon-Kunst wiederentdeckt wurden. Ein Camil- le Roqueplan gilt heute als Wegbereiter der späteren Schule von Barbizon – so wie Victor Hugo zu den wichtigsten Vertretern der Romantik gehörte, bevor er mit Les Misérables einen bedeutenden sozialkritischen Roman veröffentlichte. Das französische Andenken – wie der Titel des Buchs übersetzt werden muss – erfreute sich seinerzeit größ- ter Beliebtheit. Seit 1830 kamen die Anthologien nach
dem Vorbild des seit 1828 veröffentlichten The Keepsa- ke auf den französischen Markt, wobei den beliebten (und modernen) Autoren, unter denen einige noch heute bekannte Frauen herausragen, die Werke der ebenso beliebten Maler, von denen die feinen Stiche wenigstens einen schwarzweißen Eindruck geben, an die Seite gestellt wurden. So changierte die Buchreihe reizvoll zwischen Kommerz und Kunst, also qualität- voller Unterhaltung. Zwischen dem Widmungsgedicht an die Königin Marie-Amélie und den Scenes fantas- tiques des Jules Lacroix war viel Platz für das Sentiment und den Bericht, das Gedicht und die Prosa. Wenn man sich mit Richard Parkes Boningtons Don Qui- jote in die Bücher und Camille Roqueplans neugieri- gen Frauen über die geheimen Briefe beugt, bekommt man eine Ahnung vom Reiz der schönen Literatur, die durch die gelungene Bild-Text-Montage nur verschö- nert wird: von den lesenden Damen auf dem Fronti- spiz über die sinnende Schweizerin und dem Eintritt in die Kirche (eine historisierende Opernszene nach dem Geschmack der Zeit) zu einer religiösen Szene im landschaftlichen Genrestil. Mit einem Wort: eine rei- che Erinnerung an die französische Almanach-Kultur des 19. Jahrhunderts. Le Keepsake Français pour 1831 wird zur Zeit nicht im deutschen Internet-Antiquariatshandel angeboten. Bei Breuer & Sohn kann man eines der sehr seltenen Ex- emplare des Buchs erwerben. Le Keepsake Français pour 1831. Whittaker, Tracher & Arnot, London / Giraldon-Bovinet et. Co, Paris, 1831. Gebunden, mit Moiré bespannt. 17 Stahlstiche (nach Vorlagen von Colin, William Turner, Johannot, Roque- plan, Thomas Lawrence u.a.) auf Tafeln hinter Seiden- papier. Frontispiz mit Stahlstich. Goldschnitt, vergoldetes Rückenschild. 302 Seiten. Format: 19 x 12,5. Preis auf Anfrage. Frank Piontek
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STADTKULTUR Auf alten Straßen durch die Region W ir lieben die Ordnung. Sicher, in Anbetracht mancher vom Home-Office-Siegeszug mit Pa- pier und Unterlagen überhäuften Schreibtische scheint diese Aussage auf den ersten Blick recht abwegig zu sein. Aber dennoch braucht der Mensch eine gewisse Struktur, um sich an ihr zu orientieren und eine tiefer- gehende Logik zu erkennen. In der Geschichte ist dies durch die „Chronologie“ möglich, mit deren Hilfe die abertausenden Handlungsstränge der Vergangenheit in eine aufeinander aufbauende Folge gebracht werden können. Manches mal aber spielt uns die starre Kon- zentration auf „das Logische“ einen Streich, da sich Entwicklungen eben nicht immer direkt aneinander anschließen oder gegenseitig bedingen, sondern in vie- len Fällen schlicht und ergreifend „passieren“. Auch bei der Besiedlung unserer Heimat sind „Logik“ und historische Realität zwei komplett unterschiedli- che Dinge. Logisch nämlich wäre gewesen, wenn sich Menschen in die karge Landschaft gewagt, hier ihre Siedlungen und Dörfer gegründet und sie anschlie- ßend durch Straßen miteinander verbunden hätten. Tatsächlich aber lief die „Landnahme“ genau umge- kehrt ab, was noch vor einigen Jahrzehnten für hand-
feste Streitereien in der Heimatforschung gesorgt hat. Schon in der karolingischen Zeit haben, das wissen wir mittlerweile, erste Straßen die Region durchzogen, doch verbanden sie keineswegs lokale Weiler und Städ- te miteinander, sondern entfernter liegende Räume. Von West nach Ost und von Nord nach Süd zogen die Reisenden damals auf Trassen, die sich durch ihre Nut- zung von selbst entwickelt hatten. Es gab also keinen Plan - und damit auch keinerlei logische Überlegung - zu ihrem Bau, sondern sie folgten schlichtweg den natürlichen Begebenheiten. Es war also die Landschaft, die den Menschen vorgab, wie sie durchquert werden wollte, wo es Berge gab, die man meist durch ein Strei- fen entlang der Hänge passierte und wo seichte Stellen in Flüssen oder Bächen die Anlage von „Furten“ er- möglichten. In jenen Jahren gab es abseits dieser Strukturen so gut wie keine menschliche Existenz in Fichtelgebirge und Frankenwald, von einigen wenigen Siedlern, die sich in die dichten Wälder vorgewagt hatten, einmal ab- gesehen. Grund dafür war wiederum die Landschaft, die sich vehement gegen nachhaltige Bewirtschaftung wehrte: Das Klima war aufgrund der Mittelgebirgslage kalt, im Vergleich zu Bamberg waren die Temperaturen mehrere Grad kühler (an dieser Stelle mögen manche überrascht die Augenbraue lüpfen, da es bis heute so ge- blieben ist) und auch der Boden aus anstehendem Gra- nit und anderen zerklüfteten Gesteinen, die weniger Grundwasser aufzunehmen vermögen, tat sein Übri- ges. Daher um- oder durchzog man die Landschaft zwar, doch ließ man sie möglichst schnell hinter sich. Nachdem im Laufe des Hochmittelalters auch der Handel zugenommen hatte, was die Macht und den Einfluss der frühen Markt-Metropolen stärkte, führte der gesteigerte Verkehr auf den Altstraßen zu immer ernsteren Problemen. Durch ihre fehlende Befestigung
gruben sie sich an manchen Stellen tief in den Boden ein und wurden, sobald Schnee und Regen einsetzten, richtiggehend ausgewaschen, was zu den typischen „Hohlwegen“ führte, die man bis heute hie und da er- kennen kann. Das im umfangreichen Wortschatz der Franken vorhandene Schimpfwort „Huhlweechlaue- rer“, das u. a. gerne für Menschen genutzt wird, die andere über den Tisch ziehen oder betrügen, spricht Bände. Um den ursprünglichen „Hohlweg-Lauerern“, die man auch als Placker oder Heckenreiter bezeichne- te, entgegentreten zu können, begann ab dem 11. Jahr- hundert eine zunehmende Siedlungstätigkeit entlang der Straßen, wobei vor allem neuralgische Punkte wie Kreuzungen und Flussüberquerungen dazu genutzt wurden, um sich daneben niederzulassen. Oftmals in Form von frühen Wehranlagen, den Turmhügeln, vielerorts auch durch kleine Herbergen, wo „Anspann- dienste“ angeboten wurden, oder durch kirchliche Gründungen begannen in jener Zeit, die mit einer Erwärmung des Klimas einherging, umfangreiche Ro- dungstätigkeiten, wovon die unzähligen „-reuth“ und „-grün“-Namen der Siedlungen noch immer berichten. Insofern lief die Besiedlung der Landschaft tatsächlich genau anders herum ab als in anderen Regionen oder als es die Logik vergäbe: Erst kam die Infrastruktur, dann kamen die Menschen und die Dorfstruktur, die man noch immer in der Landschaft erahnen kann. Wenn es demnach eine Konstante in der Geschichte des nördlichen Oberfrankens gibt, dann ist es die im- mense Bedeutung des Verkehrs, der heute auf der A9 in Teilen einer Trasse folgt, die bereits vor gut 1200 Jahren existierte. Adrian Roßner
DAS NEUE BUCH Kurkrimi L esen Sie gerne Krimis? Ich meine echte Krimis, nicht die vielen Abwandlungen wie Thriller oder Suspense oder diesen unsäglichen Real Crime-Käse. Wenn Sie also ein echter Krimienthusiast sind, dann haben Sie bereits Simenons „Maigrets“ gelesen. Nicht? Sehr bedauerlich. Aber schnell zu ändern. Nehmen Sie sich einen Maigret, irgendeinen der 75 Romane und 28 Erzählungen des Autors Georges Simenon und le- gen Sie los. Jeder einzelne Maigret ist lesenswert, jeder
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einzigartig und alle leben sie von intelligenten Dialo- gen und toll entwickelten Plots. Der Hauptcharakter ist „le Commissaire“ Maigret, ein kluger und gemütli- cher Pariser Monsieur, der am Tag seine fünf bis fünf- zehn Pfeifchen raucht, gerne bereits zum Frühstück ein Bier oder einen Weißwein genießt und seine Fälle auf sehr unkonventionelle Art löst. Und ja, die Krimis spie- len in einer Zeit, in der so etwas noch salonfähig war. Einer leider lange vergangenen Zeit, wie mir scheint. Jedenfalls in unseren Breitengraden. Aber genug da- von. In einigen Maigrets wird nahezu der gesamte Fall nur über Dialoge gelöst. Und es ist unbegreiflich, wie spannend Simenon Gespräche zu gestalten vermag. Immer wieder ist man fasziniert von der Kunst des Autors Charaktere, Situationen, Stimmungen und Orte mit wenigen Worten plastisch darzustellen. Der Hit für alle, die Maigrets vor vielen Jahren bereits im Diogenes Verlag gelesen haben, aber ist: Daniel Kampa legt in seinem Kampa Verlag sämtliche Maigrets neu auf. Alle überarbeitet und teilweise neu übersetzt, in einem schönen, handlichen Format mit richtig gu- ten Titelbildern – sehr bibliophil. Kurzum: Lesen Sie Maigret! Und für die Pfingstferien empfehle ich Ihnen „Maigret in Kur“. Eine gedankliche Reise nach Vichy, die uns allen jetzt gut bekommt. Zum Wohle! Benjamin Breuer
BOTANIK Eine Kanarische Schönheit Canarina canariensis E s ist nicht verwunderlich, dass die Kanarische Glo- ckenblume Canarina canariensis wegen ihrer schö- nen, cognacfarbenen und auffälligen Blüten zur Na- tionalblume der Kanarischen Inseln wurde. Canarina ist eine kahle, bereifte Staude, die dicke, knollige Spei- cherwurzeln ausbildet und wie unsere Glockenblumen einen gummiartigen Milchsaft führt. In jeder Vegetati- onsperiode werden die bis etwa 3 m langen, bisweilen auch klimmenden Sprosse neu gebildet. Wer zur Weih- nachtszeit den Monte Verde auf Teneriffa besucht, wird dieser Schönheit an allen Böschungen in voller Blüte begegnen. Bei uns im Gewächshaus blüht sie meist erst im zeitigen Frühjahr. Die Blüten von Canarina bilden reichlich Nektar und werden in der Heimat von Vö- geln (Weidenlaubsänger, Phylloscopus collybitacanari- ensis) bestäubt. Für eine Glockenblume ist nicht nur die Farbe der Canarinablüte ungewöhnlich. Sie hat im Gegensatz zu unseren bekannten blauen Glockenblu- men Campanula eine sechszählige Blütenhülle und saf- tige, essbare, zwetschgengroße, exotisch schmeckende Beerenfrüchte (Campanula: fünfzählig und trockene Kapselfrüchte). Die nächsten Verwandten von Cana- rina finden sich in den Gebirgen Ostafrikas, eine Ver- breitung, die sie mit zahlreichen Pflanzensippen der Kanaren teilt. Man nimmt an, dass noch in der wärme- ren Tertiärzeit (vor 65 bis 5 Millionen Jahren) von den Kanaren bis nach Asien ein zusammenhängendes Areal für diese Arten existierte. Wir danken dem Ökologisch-Botanischen- Garten der Universität Bayreuth für die Bereitstellung dieses Textes und die freundliche Zusammenarbeit. Jetzt jeden Monat - die Planze des Monats
VOM GRÜNEN HÜGEL © Picture-Alliance Dmitri Tcherniakov U m zu begreifen, welchen Rang dieser Regisseur ein- nimmt, genügt es schon, sich die Personenbeschrei- bungen durchzulesen, die er den Figuren in Francis Poulencs Dialoge der Karmeliterinnen schenkte. Oder sich an die Briefszene der Tatjana in der bewegenden Moskauer Inszenierung des Eugen Onegin zu erinnern, die inzwischen an der Wiener Staatsoper angekommen ist – oder die Rezensionen durchzublättern, die kürz- lich seiner Münchner Inszenierung des Freischütz ge- widmet wurden. Zugegeben: Seine Arbeiten sind meist das, was man als „umstritten“ zu bezeichnen pflegt – aber kalt lassen sie wohl keinen Zuschauer. In Bayreuth wird er in diesem Sommer einen neuen Holländer auf die Bühne bringen: Dmitri Tchernia- kov. Geboren wurde er in Moskau, wo er auch, laut Vita, lebt, aber wer so fleißig im Operngeschäft unter- wegs ist, hat seine Zelte eher in den großen Häusern als in einer kleinen russischen Wohnung aufgeschla- gen. Nach seinem akademischen Abschluss öffnete sich ihm schon relativ schnell die Opernwelt, und dies wohl auch, weil er bereits in seiner Heimat exzellen-
te Produktionen inszeniert hatte. Der phänomenale Onegin ragt aus einer Reihe anderer russischer, teils preisgekrönter Opern-Abende heraus: in Novosibirsk kamen Aida und Macbeth heraus, am Bolschoi neben dem umjubelten Onegin Glinkas Ruslan und Ludmila und jüngst Rimski-Korsakows Sadko, am Mariinski in Petersburg dessen Legende von der unsichtbaren Stadt Kitesch und Glinkas Ein Leben für den Zaren. Im Wes- ten gilt er als Spezialist für das russische Repertoire: an der Lindenoper erschienen Rimski-Korsakows Die Za- renbraut, Boris Godunow, Prokofiews Der Spieler und dessen Verlobung im Kloster, in München Mussorgskijs Chowanschtschina, in Lyon und Londons English Na- tional Opera die Lady Macbeth aus Mzensk, in Paris Tschaikowskys Jolanta und Rimski-Korsakows Snegu- rotschka, schließlich Borodins Fürst Igor an der Met. Man sieht: der Mann ist ein Spezialist für selten ge- spielte Meisterwerke, doch hat er den Blick auch ins „klassische“ Repertoire geworfen: von Don Giovanni über Carmen zu Wozzeck und Lulu. Tcherniakovs Bühnenproduktionen wirken vielleicht auch deshalb so überzeugend, weil er sein eigener Bühnenbildner ist, der mit einem sicheren Blick für eine Ästhetik, die über die schöne Form hinausgeht, das Innere seiner Figuren mit dem Äußeren der Sze- ne souverän verbindet. Ihn interessieren vor allem Be- findlichkeiten, Motive, Traumata und die Frage, wieso ein Simon Boccanegra oder ein Boris so sind, wie sie sind. Die Räume, in denen die Dramen vor sich ge- hen, sind nicht selten halböffentliche Räume – Tris- tan und Isolde bewegen sich durch die Kabine eines Oligarchen-Dampfers, einen Jagdsalon und ein Zim- mer in einer städtischen Altbauwohnung, in die sich der wohl eher innerlich als äußerlich verletzte Tristan zurückgezogen hat. Tcherniakov hat sich bislang mit zwei Werken Richard Wagners auseinandergesetzt: an der Lindenoper kamen Tristan und Parsifal heraus, nachdem er bereits am Mariinski-Theater den Tris- tan inszeniert hatte, dieses Gegenstück zu Pelléas und
Mélisande, das er auch inszeniert hat. „Alle psychischen Dämme sind dann gebrochen, alle blasierten Allüren sind dahin, und kein fauler Zauber namens Persön- lichkeit kann der nackten Seele mehr Schutz bieten“, wie Julia Spinola anlässlich der Berliner Inszenierung und des 3. Tristan-Akts schrieb. Im Parsifal waren die Gralsritter schließlich die Entrechteten, also die heillo- sen Clochards. Es wird also spannend werden in Bayreuth – weil sich Tcherniakov tief in die Psychen seiner Gestalten und die alten Geschichten hineinzugraben pflegt. Oper als schmerzhafte Erleuchtung: so könnte auch sein Hol- länder aussehen. Frank Piontek Anzeige NEUE HOMEPAGE 2021 WWW.KLEINESMUSEUM- WEISSENSTADT.DE
NAIS VOM HEINER Wenn di Siemerglockn lait W enni so spaziern geh, denki oft, wie wor des schee als klaaner Bu so vor boor Johr allas wor einfoch und klor di Mudda soochd, du wassd Bescheid haam geht’s, wenn die Siemerglockn lait. Am Samsdooch bäggd di Mudda Kung, mir Kinner tun denn Taag versung di Oma und der Opa kumma alla Wochn, Winder, Summa mir Klann spilln draußn, vuller Freid und kumma, wenn die Siemerglockn lait. Wie schee wor unser Gungalebn, es hot ja nuch ka Handy gebn und Uhr hot kaana vo uns ghabt und trotzdem hot des Haamgeh klappt. Mir sin halt haam zu selbn Zeit wenn di Siemerglockn lait. Mir worrn aa net, des kennta glaam, in unsrer Strossn bloss dahaam des ganza Vertl hod uns ghert do hod kaaner sich drum gschert und irgendwann, do wors soweit simma haam, wenn die Siemerglockn lait. Egool, wo mir uns rumgetriem, mir sin meistns broov gebliem aa hod uns kaaner suung wohl missn wall mir domols alla wissn und do drieber gibt’s kann Streit, haam, wenn die Siemerglockn lait. Is truckn gwesn odder noss mir worn immer auf der Stross habn Fangerlas und Fussboll gspillt borfass aa im Dreeg rumgwühlt obber dann wors wohl soweit haam, wenn die Siemerglockn lait. Reinhold Hartmann
BIBLIOTHEKEN Die Regierungsbibliothek S ie steht schon in einem noblen Raum: unter einer Kassettendecke des Jahres 1630 inmitten der alten Mauern der alten „Canzley“ – wobei sie nicht mit der eigentlichen Kanzleibibliothek identisch ist. Die Re- gierung der Bibliothek von Oberfranken schaut auf eine kürzere Geschichte zurück; gegründet wurde sie, basierend auf den Buchbeständen in den einzelnen Re- gierungsbüros, erst 1980, aber auch ihre Bestände sind einen genauen Blick wert. Susanne Faber und Waltraud Werner, die jetzige und vorige Verwalterin der Biblio- thek, zeigen mir einige Prachtstücke der 5000 Bände umfassenden Sammlung. Es sind nicht allein die ju- ristischen Werke, die v.a. von den Mitarbeitern und Referendaren der Regierung genutzt werden und in die Geschichte des einstigen Obermainkreises und des jet- zigen Bezirks Oberfranken hineinführen, obwohl sich auch hier schon interessante Literatur befindet: begin- nend mit dem Königlich-Bayerischen Kreisamtsblatt von 1807 über das Kreis- und Amtsblatt von Ober- franken (1855-1921) zu diversen anderen Gesetzblatt- sammlungen, zu denen seit 1919 auch das Coburger Regierungsblatt gehört, das mit den Jahrgängen seit 1880 im großen Neorenaissance-Schrank verwahrt wird. Wer vermutet, dass es sich bei der Regierungsbi- bliothek um eine reine Rechts- und Verwaltungs-Bib-
liothek handelt, irrt jedoch. Gewiss nehmen die Abtei- lungen Gesetesblätter und Gesetzesbücher den größten Raum ein, wobei die jüngeren Jahrgänge im Hauptsaal und die älteren in einem Nebenraum und im großen Schrank gehütet werden. Gebraucht werden sie alle: auch die Bücher aus dem 19. Jahrhundert, in denen jene Gesetze fixiert wurden, die z.T. heute noch gül- tig sind. Der Blick in die deutschen, bayerischen und oberfränkischen Regierungs-, Justizamts-, Ministerial- und Gesetzesblätter ist jedoch nur das Eine. Hinzu kommen eine Abteilung mit nicht allein statistischen Jahrbüchern und Lexika, daneben eine Spezialabtei- lung zur oberfränkischen Kultur- und Landesgeschich- te – und schließlich noch kulturgeschichtliche Werke, die durch Schenkungen in die Sammlung gelangt sind. Die Vielfalt der Themen ergibt sich aus der Institution, die eine „Bündelungsbehörde“ ist, so dass wir Bücher zum Denkmalschutz neben Werken zur Kommunal- aufsicht und zum Forstrecht finden, nicht zuletzt zur fränkischen Geschichte. Die wertvollste Edition ist da zweifellos das mehrbändige, seltene Bavaria-Werk zur „Landes- und Volkskunde des Königreichs Bayern“ aus den 1860er Jahren. Aber auch die „reine“ Regierungs- literatur enthält spannende Dokumente zur politi- schen und sozialen Kultur- und Menschheitsgeschich- te der letzten 200 oberfränkischen Jahre. Wer sich über Münzfälscher, tote Frauen in Bächen und vagabundie- rende Individuen informieren möchte, muss nur ei- nen Blick in die alten Bücher werfen. Dass die ältere Literatur der Regierungsbibliothek gelegentlich auch von Richtern des Amtsgerichts genutzt wird: auch dies spricht für die Qualität und den rechtswissenschaft- lichen Reichtum der Lokalbibliothek, die zwischen Praxis und Geschichte, unmittelbarer Nutzung und historischem Gedächtnis, analogem Gebrauch und di- gitalem Einsatz vermittelt. Man sieht: Zwischen dem Königlich-Bayerischen Kreisamtsblatt aus der Ära König Max Josephs I.
und dem neuesten BGB-Kommentar, zwischen dem Schulanzeiger und der Geschichte Heinersreuths ist viel Platz für das wahre Leben, das in den wertvollen Büchern der Regierungsbibliothek festgehalten wurde. Frank Piontek
BAUKULTUR Der Justizpalast B ayreuther Bauwerke, die in der lupenreinen Form des Jugendstils erbaut wurden, kann man an ei- ner Hand ablesen. Der Justizpalast gehört zwar nicht dazu, doch repräsentiert er einen reizvollen Mischstil. Er verwirklichte damit eine Kunstrichtung, die in der wilhelminischen Kaiserzeit äußerst populär war, weil sie im Sinn des Historismus das Alte mit dem Neuen koppelte und gerade bei großen staatlichen Gebäuden in Erscheinung trat. Die vom Kgl. Landbauamt angestellten Arbeiter haben das wuchtige Sandsteingebäude in der relativ kurzen Zeit von 1901 bis 1904 als „Zentraljustizgebäude“ er- baut: als neue Heimstatt des Amtsgerichts, des Land- gerichts und der Staatsanwaltschaft. Der Direktor der Obersten Baubehörde war damals Hugo von Höfl, der sich im Bamberger Justizpalast und seit 1909 im be- rühmten Nürnberger Justizgebäude als Architekt ver- ewigte, doch die Bayreuther Pläne stammten von ei- nem anderen Meister: Adolf Fröhlich. Ihm gelang ein harmonischer Bau, der nicht zufällig – zumindest auf den ersten Blick – an barocke Schlossbauten erinnert. Die Aufgabe war klar: Stilistisch sollte der Bayreuther Justizpalast nicht mit den markgräflichen Bauten kon- kurrieren, ihnen aber auch nicht widersprechen. Kein Wunder, dass ihn die Architekturhistoriker als neoba- rock bezeichnet haben, wobei der Blick zum einen in die Vergangenheit – etwa zum Schloss Weißenstein
in Pommersfelden, zum Schloss Werneck und zu den Bamberger Palästen, weniger zu den nüchterneren Bay- reuther Markgrafenbauten –, zum anderen in die Zeit um 1900 richteten, in der die Justizpaläste in München und Brüssel zum Vorbild gedient haben mögen. Wer es noch genauer haben will, könnte von einer „Anver- wandlung des heiter verspielten süddeutschen Barock in der Phase des Übergangs zum Klassizismus an eine moderne Bauaufgabe“ sprechen – was herauskam, war, in der Gesamtlage mit Mansardendach, Pavillon und Risaliten (den aus der Fassade vorspringenden Gebäu- deteilen), eine Mixtur aus Neubarock, Neoklassizis- mus und einigen wenigen Jugendstil-Elementen wie den kleineren Reliefs der Bauzier der Fassade – in den Fensterschürzen findet sich sogar ein Stück originalen fränkischen Bauschmucks. Den unvermischten Jugendstil findet man nicht au- ßen, sondern innen: im spektakulären Schwurgerichts- saal mit seinen drei großen Rundbogenfenstern hinter der geschwungenen Richterbank, die hinter den Zu- hörerbänken von drei weiteren gespiegelt werden, mit seinen kassettierten Holzpaneelen, der geschwungenen Wandtäfelung, vor allem aber mit seinem gläsernen, von bunten Blumenornamenten, stilisierten Vasen und geometrisierten Türmen eingefassten Deckenspie- gel samt zentraler Sonne in einem geschwungenem Metallrahmen. Es ist auch der Dreiklang der Farben Grün, Braunrot und Gold, der dazu beiträgt, aus die- sem Raum ein Meisterstück des Bayreuther Jugendstils zu machen. Man erwartet ihn nicht, wenn man den Bau betritt, das Vestibül durchquert hat und dann das Treppenhaus mit seiner dreischiffigen und dreijochigen Anlage und seinen Kreuzgratgewölben hochgegangen ist. Die im- periale Treppe, die von vier marmorverkleideten pro- filierten Pfeilern getragen wird, zwingt geradezu den Blick zur Decke und zu den Wänden, deren vergol- dete Stuckpilaster und stuckierte Ornamente an eine viel frühere Zeit denken lassen: die Epoche des anci-
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