Baustelle Heimat - Kirchenbote SG

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Baustelle Heimat - Kirchenbote SG
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                                                                                                         0

DER EVANGELISCH-REFORMIERTEN KIRCHE DES KANTONS ST. GALLEN                                 www.kirchenbote-sg.ch

Baustelle Heimat
                                      SEITEN 4, 5 UND 6      SEITE 10               SEITE 11

HEIMAT IST NICHT EINFACH DA.          Auf der Flucht         EKS-Krise              Rassismus
MAN MUSS SIE SICH ERARBEITEN.         REPORTAGE VOM RHEINTAL FAKTEN ZUM FALL LOCHER TALAR GEGEN WILLKÜR
Baustelle Heimat - Kirchenbote SG
EDITORIAL                                                                     IM ANFANG

Baustelle Heimat
Liebe Leserin, lieber Leser

Ein Chalet schwebt an einem Kran wie
ein Spielzeughaus. Es sind 110 Tonnen
Holz und Stahl. Vor zehn Jahren musste
dieses Chalet dem Andermatter Luxus-
projekt von Samih Sawiris weichen. Um
ganze sechs Meter wurde es verschoben.
Eine teure Reise, die mehr als 30 000
Franken pro Meter kostete.

Ein Chalet bietet Gemütlichkeit, Gebor-
genheit und Schutz. Ein sicheres Zuhau-
se zu haben ist nämlich keine Selbstver-
ständlichkeit (Seite 2). Das Andermatter
Chalet etwa war bereits grosser Gefahr
ausgesetzt: Es hat einen Felssturz über-
standen und musste evakuiert werden.

Gefahren ausgesetzt waren auch die           «Was heisst ‹geborgen›?», fragt das Kind beim Abendlied vor dem Einschlafen.
Asylsuchenden des Bundesasylzentrums
Altstätten, bevor sie in der Schweiz
Schutz suchten (Seiten 4 – 6). «Eine Hälf-
te von mir ist noch im Iran, die andere
lebt hier», beschreibt einer seine Zerris-
                                             Geborgen wie ein Kind
senheit. Maximal 140 Tage leben die          «Sei mir ein sicheres Zuhause, wohin ich jederzeit kommen kann» (Ps 71,3)
Asylsuchenden in Altstätten. Die Seelsor-    Text: Kathrin Bolt, Pfarrerin, Straubenzell | Foto: epd-bild / Rainer Oettel
ge der reformieren Kirche gibt ihnen in
dieser Zeit ein Stück Heimat.
                                             Die Frage nach Heimat ist verknüpft mit                   In der Schweiz, meinem Vater- und Mutter-
Das Chalet, der Inbegriff von Schweizer      der Frage nach Geborgenheit. Denn ein si-                 land, fühlte ich mich in diesen Wochen gut
Verwurzelung und Sesshaftigkeit, ist         cheres Zuhause ist nicht selbstverstänlich.               aufgehoben. Für mich war es eine berühren-
mobiler, als man denkt. Das Andermat-                                                                  de Erfahrung, zu merken: Ich lebe in einem
                                             «Was heisst ‹geborgen›?», fragte mich meine               sicheren Land und bin von guten Menschen
ter Chalet, das Sawiris verschieben liess,
                                             fünfjährige Tochter, als ich vor dem Einschla-            umgeben. Ich habe ein sicheres Zuhause, wo-
ist nämlich schon einmal umgezogen:
                                             fen das Taizé-Lied «Bei Gott bin ich geborgen,            hin ich jederzeit zurückkehren kann. Die
1897 in Airolo erbaut, überquerte es spä-
                                             still wie ein Kind» anstimmte. Aus meiner                 Kehrseite dieser Geborgenheit ist, dass in
ter den Gotthard und wurde nach Ander-
                                             eigenen Kindheit habe ich Bilder im Kopf, die             dieser Krisenzeit mehr denn je klar wird, wie
matt versetzt. Auch der biblische Gott       in mir das Gefühl von Geborgenheit auslö-                 wenig selbstverständlich es ist, ein sicheres
war mobil, als der Tempel, sein «Zuhau-      sen: meine Mutter, die mir Essigsocken wi-                Zuhause zu haben. Zu Hause bleiben kann,
se», zerstört wurde: Er «zügelte» in den     ckelt. Die grosse Schwester, die mich in den              wer ein Zuhause hat. Wer aber auf der Stras–
Himmel (Seite 3).                            Arm nimmt bei meinem ersten Liebeskum-                    se lebt, auf der Flucht ist, kein Asyl hat oder
                                             mer. Die ganze Familie am warmen Küchen-                  zu Hause missbraucht und unterdrückt wird,
Wenn die Schweiz am 1. August den            tisch bei «Chnöpfli und Rahmgulasch», wäh-                ist Gefahren hilflos ausgesetzt.
Bundestag begeht, ist dieses Jahr vieles     rend es draussen schneit und stürmt.
anders: Man achtet auf Distanz, wenn                                                                   WO ES MIR GUT GEHT, IST MEINE HEIMAT
man bei einem Bier der Festrede lauscht.     «Sei mir ein sicheres Zuhause, wohin ich je-              Als Kirche ist es uns ein Anliegen, Menschen
Denn Heimat bedeutet nicht, dass man         derzeit kommen kann.» Diese Psalmworte                    dabei zu unterstützen, Heimat zu finden. «Ubi
das Alte nur bewahrt und unter Heimat-       bringen auf den Punkt, was Geborgenheit ist:              bene, ibi patria» – wo es mir gut geht, ist mei-
                  schutz stellt. Man         ein sicheres Zuhause. Ein Ort, an dem ich                 ne Heimat. Dieses lateinische Sprichwort
                  muss sich die Heimat       willkommen bin, jederzeit. Unabhängig da-                 zeigt, dass es nicht allein eine geografische
                  immer wieder neu er-       von, wie es mir geht. Unabhängig davon, was               Frage ist, wo Menschen Heimat finden. Eine
                  arbeiten. Das Ander-       ich angestellt habe.                                      Heimat ohne Geborgenheit ist kein sicherer
                  matter Chalet hat                                                                    Ort. «Bei Gott bin ich geborgen, still wie ein
                  Bergsturz und Umzü-        «BLEIBEN SIE ZU HAUSE!»                                   Kind.» Meine persönliche Suche nach Gott ist
                  ge überlebt. Unter         In den letzten Monaten haben die eigenen                  eng verbunden mit der Frage, wo mein siche-
                  Heimatschutz stand         vier Wände eine neue Bedeutung bekommen.                  res Zuhause ist. Und mit der Sehnsucht, die-
                  es aber nie.               Wie fürsorgliche Eltern verordneten uns die               ses sichere Zuhause auch anderen Menschen
Stefan Degen                                 Bundesrätinnen und Bundesräte Hausarrest.                 zu ermöglichen.

2 AUSGABE 7-8/2020
Baustelle Heimat - Kirchenbote SG
THEMA: HEIMAT

Als Gott in den Himmel zügelte
In der biblischen Tradition hat Gott viele Zuhause – was das für den Menschen bedeutet
Text: Daniel Klingenberg, Pfarrer, Mittleres Toggenburg | Foto: Andreas Ackermann

Gott hatte einst im Tempel seine Heimat.              DER HIMMEL KANN GOTT NICHT FASSEN               Was ist der Sinn dieser Bewegung? Konrad
Die Babylonier zerstören ihn – und Gott               Dann aber geschieht 587 vor Christus die        Schmid, Professor für Altes Testament,
braucht ein neues Daheim.                             erste grosse Zäsur in der Geschichte des        schreibt: «Die königliche Macht Gottes ist
                                                      Judentums. Die Babylonier zerstören             nicht mehr geografisch auf Jerusalem kon-
Jesaja lebt im späten 8. Jahrhundert. vor             Jerusalem, den Tempel und damit auch die        zentriert, sondern ist himmlisch vermittelt
Christus. Er sieht und hört mehr, als andere          «Wohnstatt Gottes». Sie deportieren ganze       und entsprechend universal zu begreifen.»
sehen und hören. Darum ist er ein «Prophet».          Bevölkerungsteile aus Juda nach Babylon.        Anders gesagt: Ist Gott im Himmel, kann er
Im 6. Kapitel des Jesajabuches sieht er Gott          Diese kommen ins Exil und erleben so eine       auch Gebete erhören, wenn der Tempel in
im Tempel «auf einem Thron sitzen». Aller-                                                            Trümmern liegt. Zudem erzählt derselbe
dings ist es nur der unterste Saum seines Ge-                                                         Text, dass Gott noch «mehr als der Himmel»
wandes. Dieser füllt aber den ganzen Tempel                  Ist Gott im Himmel, so kann              ist. «Sieh, der Himmel, der höchste Himmel
in Jerusalem aus: ein Zipfel Gott. Gott selber,                                                       kann dich nicht fassen.»
                                                             er auch Gebete erhören,
so die Vorstellung, türmt sich weit über den
Tempel hinaus bis in den Himmel. Es ist die
                                                             wenn der Tempel in                       ZWANG ZUR «MULTILOKALITÄT»
wohl eindrücklichste Beschreibung in der                     Trümmern liegt.                          In der Bibel gibt es in der Folge verschiedene
Hebräischen Bibel, wie der Tempel in Jerusa-                                                          Konzepte, wie und wo Gott im Himmel
lem «Gottes Wohnstatt» ist. Jesaja sieht, wie                                                         wohnt. Wenn aber Gott weit weg ist, bedeu-
«Türzapfen erzittern» und der ganze Raum              extreme Form des Verlustes von Heimat.          tet das auch Verlust von Nähe. Engel als Zwi-
voller Rauch ist.                                     Das hat auch Folgen für Gottes «Zuhause».       schenwesen überbrücken diesen Abstand.
                                                      Der Tempel als Ort irdischer Präsenz Gottes     Das Christentum schliesslich geht dann
Neben dem Tempel gab es auch lokale Heilig-           fällt weg: Gott thront nun im Himmel.           einen eigenen Weg: Gott «wohnt» mit der In-
tümer im Land. Die Menschen knüpften den              Exemplarisch ist das im 1. Buch der Könige      karnation im Gottmenschen Jesus Christus.
Kontakt zur Gottheit mit Opfern, Gaben und            in Kapitel 8 zu lesen: Mehrfach ist darin vom
Gebeten. Diese Orte heissen in der Bibel bei-         «Himmel» die Rede, der «Stätte deines Thro-     Die «Wohnstatt Gottes» ist also ausgespro-
spielsweise Bet-El, Dan und Sichem.                   nens».                                          chen mobil. Kann man aus dieser flexiblen
                                                                                                      «Heimat Gottes» etwas für die Heimatsuche
                                                                                                      der Menschen schliessen? Albrecht Grözin-
                                                                                                      ger ist emeritierter Professor für Praktische
                                                                                                      Theologie. Das Thema «Gott, Mensch, Hei-
                                                                                                      mat» beschäftigt ihn schon lange, zumal wir
                                                                                                      in Zeiten der Migration leben. Er sagt: «Die
                                                                                                      globalisierte Welt zwingt die Menschen gera-
                                                                                                      dezu, multilokal zu leben.» Wir müssen uns
                                                                                                      immer an verschiedenen Orten zurechtfin-
                                                                                                      den, uns «Heimat schaffen».

                                                                                                      HEIMAT MUSS MAN SICH ERARBEITEN
                                                                                                      Heimat ist also nicht einfach «da». Heimat
                                                                                                      muss man sich «erarbeiten». Das ist auch
                                                                                                      eine Aufgabe der Seelsorge. «Der Beitrag der
                                                                                                      Seelsorge in der globalisierten Welt ist, Men-
                                                                                                      schen fähig zu machen, die Ambivalenz der
                                                                                                      vielen Zuhause auszuhalten», sagt Grözinger.
                                                                                                      Dabei gebe es Parallelen zum biblischen Gott
                                                                                                      und zu biblischen Personen. «Wie die Men-
                                                                                                      schen jetzt kennen sie ebenfalls verschiede-
                                                                                                      ne Zuhause und machen ‹Migrationserfah-
                                                                                                      rungen›.»

Die «Wohnstatt Gottes» ist ausgesprochen mobil. Denn Heimat ist nicht einfach da, man muss sie sich
erarbeiten. Ob in der Seelsorge oder bei einem Drink an der ReformierBar.

                                                                                                                        WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 3
Baustelle Heimat - Kirchenbote SG
THEMA: HEIMAT

«Eine Hälfte von mir ist noch im Iran, die
Reportage aus dem Bundesasylzentrum Altstätten im St. Galler Rheintal
Text | Fotos: Stefan Degen

Sie haben die alte Heimat verlassen, sind          ÖFFENTLICHE HINRICHTUNG                           habe.» Reza ist Mitte dreissig und stammt
aber nur auf der Durchreise: die Asylsu-           Einer seiner Bekannten ist Reza: «Eine Hälfte     aus einer Stadt im Zentrum des Iran. Auf ge-
chenden im Bundesasylzentrum Altstät-              von mir ist im Iran geblieben, die andere lebt    nauere Angaben im «Kirchenboten» möchte
ten. Doch für kurze Zeit ist das Zentrum           hier.» Während um uns herum der Speisesaal        er verzichten. Zum Schutz seiner Frau, die
ein Stück Heimat. Dank Freundschaften,             für das Mittagessen hergerichtet wird, er-        ebenfalls am Christentum interessiert ist.
Fischknusperli und Bibelgruppe.                    zählt er mir seine Geschichte: Reza ist im
                                                   Iran zum Christentum konvertiert. Seither         Im Iran sind traditionelle Minderheiten wie
Die Geste lässt mir das Blut in den Adern ge-      fürchtet er um sein Leben. «Niemand steht         armenische Christen oder Zoroastrier per
frieren: eine Hand, die die Kehle durch-           im Iran offen zu seinem christlichen Glau-        Verfassung geschützt. Andere werden ver-
schneidet. Immer wieder taucht die Handbe-                                                           folgt: Bahai, sunnitische Muslime, Atheisten.
wegung auf, als mir Reza* von seiner Vergan-                                                         Und Konvertiten wie Reza. Denn Apostasie,
genheit im Iran erzählt. Sein Blick ist gefasst.         Reza trat im Iran zum Chris-                der Abfall vom Islam, kann im Iran hohe Ge-
Er wirkt, als fehle ihm die Kraft für Tränen.            tentum über und fürchtete                   fängnisstrafen zur Folge haben, wo Folter
Dabei scheint nichts die Idylle zu trüben, als           um sein Leben. Er liess alles               laut Amnesty International weit verbreitet
ich an diesem strahlenden Frühsommertag                                                              ist. Auch die Todesstrafe werde verhängt, et-
                                                         zurück: seinen guten Job, sei-
das Bundesasylzentrum (BAZ) Altstätten be-                                                           wa für vage formulierte Straftatbestände wie
suche. Es ist umgeben von Schrebergärten,
                                                         ne Frau, seinen Sohn. Nun                   «Beleidigung des Propheten» oder «Feind-
Einfamilienhäusern und kleinen Wohnblocks.               sucht er eine neue Heimat.                  schaft zu Gott». Beim Weltverfolgungsindex
Hier ist die Welt in Ordnung. Nur den Nach-                                                          des christlichen Hilfswerks Open Doors er-
barskindern ist ein Huhn ausgebüchst.                                                                reicht der Iran regelmässig Spitzenplätze. Mit
                                                   ben», erzählt er. Er besuchte illegale Hauskir-   achtzehn Jahren sah Reza bei einer öffentli-
Der Öffentlichkeit ist der Zugang zum BAZ          chen, wo vieles verdeckt abläuft und man          chen Hinrichtung zu. Er illustriert dies mit
nur in Ausnahmefällen gestattet. Als Türöff-       voneinander nur den Vornamen kennt. Die           der Geste der durchschnittenen Kehle.
ner fungiert Pfarrer Gregor Weber, der mich        Angst wurde so gross, dass er alles zurück-
auf meinem Besuch begleitet. Er ist refor-         liess: seinen guten Job in der Ölbranche, sei-    ESSEN IN SCHICHTEN
mierter Seelsorger im BAZ Altstätten, spricht      ne Frau, seinen Sohn. «Der muslimische Glau-      Inzwischen ist das Mittagessen bereit: Fisch-
Persisch und Arabisch, er kennt Betreuungs-        be war für mich steinig. Bei Jesus habe ich       knusperli. Wegen des Coronavirus essen die
personal und Asylsuchende.                         eine Liebe gefunden, die ich so nicht gekannt     Asylsuchenden in Schichten. Securitas-Mitar-

  Bundesasylzentren
  Die sechs Bundesasylzentren (BAZ) sind
  die erste Station für Asylsuchende in
  der Schweiz. Der Aufenthalt ist begrenzt
  auf maximal 140 Tage. So schreibt es das
  Asylgesetz vor, das seit 2019 in Kraft ist.
  In dieser Zeit soll das Asylverfahren ab-
  gewickelt werden. Zwei Interviews ha-
  ben die Asylsuchenden in der Regel zur
  Klärung ihres Asylanspruchs.

  Nach den Interviews erhalten einige
  Asylsuchende einen positiven Asylent-
  scheid oder eine vorläufige Aufnahme.
  Andere kommen ins «erweiterte Verfah-
  ren», wenn weitere Abklärungen notwen-
  dig sind. In beiden Fällen werden sie auf
  die Kantone verteilt. Asylsuchende, die
  die Schweiz verlassen müssen, werden
  meist ins Bundesasylzentrum ohne Ver-
  fahrensfunktion nach Kreuzlingen über-
  stellt. (sd)

4 AUSGABE 7-8/2020
Baustelle Heimat - Kirchenbote SG
THEMA: HEIMAT

andere Hälfte lebt hier»

  beiter, die ich im BAZ auf Schritt und Tritt      wohl fühlen: «Wenn das Zusammenleben gut
  antreffe, kontrollieren, dass die Abstands-       funktioniert, wenn die Asylsuchenden einer
  und Hygienevorschriften eingehalten wer-          Beschäftigung nachgehen und ein Lächeln
  den. Einer schickt uns freundlich nach            auf dem Gesicht haben, dann wissen wir: Wir
  draussen. Der Hof ist eingezäunt, angrenzend      machen unsere Aufgabe gut.» Besonders
  an Schrebergärten. Eine Wiese, ein Schaukel-      freut es ihn, wenn sich ehemalige Bewohner
  pferd, Holztische. Wir setzen uns an einen        melden. Wie zwei afghanische Knaben, die er
  freien Tisch und führen das Gespräch fort.        später wieder angetroffen habe, die auf ihn
                                                    zugerannt seien und gefragt hätten: «Grüezi,
                                                    kennen Sie mich noch?» Auch wenn die Asyl-
        Pizza, Spaghetti, Hamburger:                suchenden maximal vier Monate hier seien,
        eine Hitliste wie aus einem                 so baue man doch eine gewisse Beziehung zu
                                                    ihnen auf: «Wir sind ja alle Menschen.»
        Schweizer Klassenlager.
                                                    STREIT UM STINKENDE SOCKEN
                                                    Inzwischen ist auch der stellvertretende Lei-
  Seit knapp vier Monaten lebt Reza in der          ter Betreuung eingetroffen. Der Sozialpäda-
  Schweiz. Viel mehr als das BAZ kennt er           goge ist gebürtiger Iraner und spricht
  nicht. «Aber ich habe Freunde gefunden», er-      fliessend Deutsch, Persisch, Arabisch und
  zählt er: «Zum Beispiel Rolf und Stefan.» Seel-   Kurdisch. Er führt mich durch das Zentrum
  sorger Weber hat die Kontakte vermittelt. Zu-     und hilft beim Übersetzen. Stolz ist er auf
  sammen mit Rolf besucht Reza eine Bibel-          das Kinderspielzimmer, die hauseigene Wä-
  gruppe. Im BAZ fühle er sich wohl. «Die Secu-     scherei und die Werkstatt. Dort haben Asyl-     Der stellvertretende Leiter Betreuung ist stolz auf
  ritas und die Betreuer behandeln mich gut»,       suchende aus alten Paletten Gartenmöbel         die Gartenmöbel. Asylsuchende haben sie in der
  findet er. «Hier habe ich keine Angst.»           hergestellt, die vor dem Eingang des Zen-       hauseigenen Werkstatt aus Paletten gezimmert.
                                                    trums zum Verweilen einladen. «Manchen
  Auch dem Leiter Betreuung des BAZ Altstät-        Asylsuchenden tut es gut, das Zentrum zu
  ten ist wichtig, dass sich die Asylsuchenden      verlassen und hier draussen zu sein», erklärt   er. «Dann fühlen sie sich freier.» Als wir hin-
                                                                                                    ausgehen, kontrolliert ein Securitas-Mitarbei-
                                                                                                    ter einen Asylsuchenden. Eine Leibesvisita-
                                                                                                    tion, wie man sie von Fussballspielen kennt.
                                                                                                    Das sei zu ihrer eigenen Sicherheit. Pikto-
                                                                                                    gramme weisen darauf hin, was im BAZ ver-
                                                                                                    boten ist: Alkohol, Drogen, Waffen und Le-
                                                                                                    bensmittel, die schnell vergammeln.

                                                                                                    Obschon das BAZ Altstätten einen friedli-
                                                                                                    chen Eindruck macht, gibt es immer wieder
                                                                                                    Konflikte. «Manchmal kommen Asylsuchende
                                                                                                    alkoholisiert ins Zentrum. Oder die Stim-
                                                                                                    mung ist schlecht, weil sie einen negativen
                                                                                                    Asylentscheid erhalten haben», sagt der stell-
                                                                                                    vertretende Leiter Betreuung. Streit entzün-
                                                                                                    de sich an alltäglichen Dingen, wie an stin-
                                                                                                    kenden Socken. «Die Asylsuchendem haben
                                                                                                    halt weniger Möglichkeiten, einander aus
                                                                                                    dem Weg zu gehen», resümiert er. Zum Zeit-
                                                                                                    punkt meines Besuchs ist die Situation aller-
                                                                                                    dings entspannt: Aufgrund tiefer Asylzahlen
                                                                                                    ist das Zentrum nicht mal zur Hälfte belegt.
                                                    Reza* zusammen mit einem iranischen Freund im
                                                    Hof des BAZ Altstätten                          POULET, POULET, POULET
                                                                                                    Inzwischen ist das Mittagessen vorbei. Vier
                                                                                                    Asylsuchende unterstützen den Koch und
                                                                                                    den Zivi bei der Zubereitung der Mahlzeiten.

                                                                                                                         WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 5
Baustelle Heimat - Kirchenbote SG
THEMA: HEIMAT

                                                                                                               men oder eine Lehre suchen. «Ich möchte
                                                                                                               Bauer werden», erzählt er von seinen Träu-
                                                                                                               men und zeigt nach draussen ins Grün, «aber
                                                                                                               ohne Vieh. Ich möchte Gemüse und Getreide
                                                                                                               anbauen.» Mit dem Asylentscheid wird Omid
                                                                                                               dem Kanton Thurgau zugewiesen, der nun
                                                                                                               für ihn zuständig ist: Er wird ihm einen Bei-
                                                                                                               stand zur Seite stellen, da Omid noch min-
                                                                                                               derjährig ist. Im Thurgau lebt bereits seine
                                                                                                               Tante, die er nun öfter besuchen kann.

                                                                                                               VERSTECKT ZWISCHEN GÜTERWAGEN
                                                                                                               Auch Rezas Zeit im BAZ geht zu Ende. Einen
                                                                                                               Asylentscheid hat er aber noch nicht erhal-
                                                                                                               ten. Er kommt ins erweiterte Verfahren und
                                                                                                               wird einem Kanton zugeteilt, dem Kanton
                                                                                                               St. Gallen. Vorläufig kann er also mit Rolf und
                                                                                                               Stefan – seinen Schweizer Freunden – in Kon-
                                                                                                               takt bleiben kann. Ob er längerfristig in der
                                                                                                               Schweiz bleiben darf, ist aber ungewiss.

                                                                                                                     Der Glaube ist für Reza
                                                                                                                     Grund seiner Flucht und
                                                                                                                     neue Heimat zugleich.

Yasser* und Omid* im Unterrichtszimmer des BAZ Altstätten. Sie freuen sich jeden Tag auf die Deutschlektion.   Rezas Flucht in die Schweiz dauerte dreizehn
                                                                                                               Monate. Zu Fuss ging er vom Iran in die Tür-
                                                                                                               kei, per Boot setzte er nach Griechenland
«Das Kochen selbst ist keine grosse Heraus-              nistan als Koch gearbeitet, bevor er vor dem          über. «In Serbien habe ich mich zwischen
forderung», findet der Koch, während er den              Krieg floh. Seine Augen leuchten, als ich ihn         zwei Güterwagen versteckt», erzählt er. «Es
Steamer reinigt. «Aber die Betreuung, die Ar-            frage, ob es ihm hier gefällt. «Ich war dreiein-      war gefährlich. Ein anderer Flüchtling erlitt
beit mit den Menschen, das gefällt mir un-               halb Jahre im Camp Moria», erzählt er. «Über-         einen Stromschlag.» Zwei Tage habe er zwi-
glaublich.» Anspruchsvoll seien die dauern-              all ist es besser als dort.»                          schen den Wagen gelegen, schwarz vor Dreck
den Wechsel im Küchenteam. Es hat einen                                                                        und völlig durchnässt. Aber sein Glaube ha-
Turnus von zwei Wochen, denn der Küchen-                 Das Flüchtlingslager Moria befindet sich auf          be ihm geholfen: «Wäre Jesus nicht da, so
dienst ist beliebt. Doch auch zwischendurch              der griechischen Insel Lesbos und ist völlig          wäre ich nicht da.» Diese Aussage kann man
gibt es immer wieder Wechsel. «Zur Verstän-              überfüllt. Die Zustände sind katastrophal:            im doppelten Sinne verstehen. Denn der
digung arbeiten wir viel mit Bildern.»                   Drei Ärzte sind für 20 000 Flüchtlinge zustän-        christliche Glaube ist für Reza beides: Grund
                                                         dig, auf 1300 Menschen kommt ein Wasser-              seiner Flucht und neue Heimat zugleich.
                                                         hahn. Yasser hält sich die Nase zu, als er von
       Yasser hält sich die Nase zu,                     Moria erzählt. In Altstätten aber ist er fröh-        *Namen der Redaktion bekannt. Zum Schutz
       als er von Moria erzählt.                         lich: «Hier ist es sauber», lacht er.                 vor Verfolgung sind die Bilder der Asyl-
                                                         Yasser hat bereits beide Interviews zu sei-           suchenden verpixelt.
                                                         nem Asylverfahren abgeschlossen. Während
                                                         er auf den Entscheid wartet, besucht er den
Woher aber weiss der Koch, was die Asyl-                 hausinternen Deutschkurs und arbeitet im
suchenden gerne essen, die aus aller Welt                Beschäftigungsprogramm mit, beim Abfall-                Mithilfe erwünscht
stammen? «Wir haben Erfahrung», meint er,                sammeln zum Beispiel. «So geht die Zeit
«und wissen, was ankommt.» Beliebt seien                 schneller vorbei», findet er. Allerdings ver-           Die reformierte und die katholische Kir-
neben Fischknusperli auch Spaghetti, Pizza               misst er seine Mutter, die noch in Afgha-               che betreiben in Altstätten gemeinsam
oder Hamburger, «und natürlich Poulet: Pou-              nistan lebt. «Seit sieben Monaten habe ich              das Café51, ein Begegnungscafé für Asyl-
letschenkel, Pouletgeschnetzeltes, Poulet-               nichts mehr von ihr gehört», beklagt er. Denn           suchende. Für den Betrieb sind sie auf
flügeli, Pouletragout.» – Eine Hitliste, wie sie         seine Mutter könne weder lesen noch schrei-             freiwillige Mitarbeiterinnen und Mitar-
auch aus einem Schweizer Klassenlager                    ben: «Das Telefon hält sie verkehrt rum.»               beiter angewiesen. Bei Interesse wenden
stammen könnte.                                                                                                  Sie sich an Pfarrer Gregor Weber. (sd)
                                                         Yassers Freund Omid*, 17-jährig, hat heute
EIN WASSERHAHN FÜR 1300 MENSCHEN                         seinen Asylentscheid erhalten: Er bekommt               gregor.weber@ref-sg.ch
Auch Yasser* war schon Teil des Küchen-                  Bewilligung F, wird also vorläufig aufgenom-            071 227 05 50
teams. Der 23-jährige hat bereits in Afgha-              men. Omid darf nun eine Arbeitsstelle anneh-

6 AUSGABE 7-8/2020
Baustelle Heimat - Kirchenbote SG
THEMA: HEIMAT

Heimatort Himmel
Christinnen und Christen sind bloss zu Gast auf Erden
Text: Marcel Wildi, Pfarrer, Buchs | Foto: Friedrich Stark, epd-Bild

Schweizerinnen und Schweizer haben et-
was, was viele andere nicht haben: einen
Heimatort. Zur Personenidentifikation ist
er wichtiger als der Wohnort, sichtbar auf
jeder Identitätskarte und in jedem Pass.
Haben Christinnen und Christen auch so
etwas wie einen besonderen Heimatort?

Bis vor acht Jahren hatte der Heimatort tat-
sächlich eine konkrete Bedeutung: Konnte je-
mand nicht mehr für den eigenen Lebens-
unterhalt aufkommen, so war die Heimat-
gemeinde verpflichtet, als letzte Anlaufstelle
für ihren Bürger zu sorgen. Ortsbürger sind
ausserdem Mitinhaber des gemeinsamen
Landbesitzes der Ortsgemeinde.

       Die christliche Gemeinschaft
       vereint Menschen aus allen
       Nationen, Sprachen, Kultu-
       ren und sozialen Schichten.

Für viele ist der Bürgerort auch heute noch
mit einem Gefühl von Verbundenheit und Be-
heimatung verknüpft: ein Ort, mit dem sie
sich identifizieren. Als man sich vor ein paar
Jahren im ganzen Kanton St. Gallen ohne Kos-
tenfolge an seinem Wohnort einbürgern las-
sen konnte, haben das in Buchs beispielswei-
se mehr als tausend Personen getan. Der Hei-                                      Ab in den Himmel: Am letztjährigen evangelischen Kirchentag in Dortmund
matort ist auch der Ort, wo die eigene Fami-                                      erklimmt ein Mädchen die «Himmelsleiter», assistiert von einem Helfer. Den
lie ihre Wurzeln hat. Bekannt ist die sprich-                                     Heimatort Himmel muss man aber nicht erklimmen. Er ist ein Geschenk Gottes.
wörtliche «Grabser Dreieinigkeit: Eggenber-
ger, Vetsch und Gantenbein».
                                                          wäre, hätte ich dann etwa zu euch gesagt,         seine Gerichtsverhandlung vor dem Kaiser
VIELFÄLTIGE GEMEINSCHAFT                                  dass ich dorthin gehe, um einen Platz für         zu seiner Freilassung oder zu seiner Hinrich-
Warum das alles wichtig ist? Weil es Anhalts-             euch vorzubereiten?»                              tung führt, schreibt er den Mitchristen in
punkte bietet zur Beantwortung der Frage,                                                                   Philippi: «Christus ist mein Leben und Ster-
wo eigentlich Christinnen und Christen ihren              FREMDLINGE AUF ERDEN                              ben mein Gewinn.» Wenn er stirbt, ist Paulus
Heimatort haben. Die Christenheit ist ja eine             «Wir sind Fremdlinge und Gäste auf Erden»,        überzeugt, dann kommt er in seinem wirkli-
vielfältige Gemeinschaft von Menschen aus                 lesen wir darum folgerichtig an mehreren          chen Heimatort an. Dann ist er vereint mit
allen Nationen, Sprachen, Kulturen und                    Stellen in der Bibel. Wo aber sind wir dann       der welt- und zeitumspannenden Familie der
sozialen Schichten. Das Verbindende ist der               zu Hause? Der Hebräerbrief hält fest: «Diese      an Christus Glaubenden.
Glaube an Jesus Christus, den Mensch ge-                  Welt ist nicht unsere Heimat; wir erwarten
wordenen Sohn Gottes, der an Weihnachten                  unsere zukünftige Stadt erst im Himmel.» Ein-     Zugegeben: eine Provokation für heutige
aus seiner himmlischen Heimat auf die Welt                drücklich beschreiben die letzten beiden Ka-      Menschen aus dem westlichen Kulturkreis,
kommt und an Auffahrt wieder dorthin zu-                  pitel der Bibel in Offb 21-22 diese himmlische    wo nur noch eine Minderheit eine Weiterexis-
rückkehrt. In seiner letzten langen Rede zu               Stadt, das neue Jerusalem.                        tenz nach dem Tod überhaupt in Betracht
seinen Jüngern öffnet Jesus die Perspektive                                                                 zieht. Gleichzeitig eine hoffnungsvolle Per-
für diese jenseitige Heimat. Er verspricht den            Auf den Umzug in diese, seine eigentliche,        spektive für die, die sich nach mehr sehnen,
Jüngern in Joh 14: «Im Haus meines Vaters                 Heimat freute sich der Apostel Paulus. In         als diese irdische Welt zu bieten hat:
gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so                 Rom in Gefangenschaft, nicht wissend, ob          Heimatort Himmel.

                                                                                                                                WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 7
Baustelle Heimat - Kirchenbote SG
IN KÜRZE                                                            PANORAMA GEMEINDEN

St. Galler Sommersynode
fand nicht statt                              Treu im Dienste
Die Session des St. Galler Kirchenparla-      Mörschwil-Goldach: Reinhard Ziegler wirkte 30 Jahre als Pianist
ments vom Montag, 29. Juni, fand wegen
Covid-19 nicht wie geplant physisch statt     Per Anfang 2020 ging das Dienstverhältnis              text eingegangen und habe ein passendes Ins-
und musste abgesagt werden. Dies hat das      zwischen der Kirchgemeinde Goldach und                 trumentalstück gefunden, das der Gemeinde
Präsidium des Synodebüros am 29. Mai          Reinhard Ziegler zu Ende. Er griff 30 Jahre            die Möglichkeit gab, über den gehörten Pre-
beschlossen. Über anstehende Geschäfte        lang in die Tasten des Klaviers.                       digttext nachzudenken. Reinhard Ziegler ar-
wurde brieflich abgestimmt. Das Abstim-                                                              beitete während seiner Zeit als Pianist in der
mungsprotokoll ist ab dem 30. Juni ein-                                Roger Poltera, Pfarrer        Kirchgemeinde Goldach mit den Dörfern Gol-
sehbar unter www.ref-sg.ch. Den bis zum                                von Mörschwil, schrieb        dach, Mörschwil, Steinach, Tübach und Unte-
7. Juni neugewählten Synodalen wurde die                               in einem Dank, dass           reggen mit über zehn Pfarrerinnen und Pfar-
Wahl angezeigt. Die Wintersynode ist am                                Reinhard Ziegler vor-         rern, verschiedensten Religionslehrern und
7. Dezember geplant. (pd)                                              wiegend in Mörschwil          Mesmerinnen zusammen. Zusammenarbeit
                                                                       zahllose Gottesdienste,       schätzte Ziegler auch bei der Musik, die von
                                                                       Andachten und Trauer-         Solistinnen und Instrumentalisten begleitet
                                                                       feiern musikalisch be-        wurde. Dank Zieglers Einfühlungsvermögen
Auf Internet und                                                       reichert habe. Immer          und bescheidener Art sei es einfach gewesen,
Smartphone verzichtet                                                  sei der Pianist einfühl-      mit allen gut auszukommen und miteinander
                                              Reinhard Ziegler         sam auf den Predigt-          etwas zu bewirken.
40 Tage ohne digitale Medien, Internet
oder das Smartphone: Das geht. Viele jun-
ge Erwachsene aus dem Kanton St. Gallen
haben sich während der Fastenzeit für
diesen Verzicht entschieden. An der
13. Ausgabe der Aktion «40 tage ohne»
                                              Flicken statt fortwerfen
nahmen dieses Jahr 130 Personen teil,         Der b’treff in Bütschwil führt seit Kurzem             im Monat von 14 bis 17 Uhr im ehemaligen
davon 100 junge Menschen zwischen 18          eine Reparaturwerkstätte. Nun ist das                  Bahnhof von Bütschwil Reparaturen von
und 35 Jahren. Einige beliessen es nicht      Angebot bereits erweitert worden.                      Elektrokleingeräten an. Nun gesellt sich Vreni
bei einem Verzicht, sondern stellten sich                                                            Widmer dazu. Sie flickt Kleider und nimmt
mehreren Herausforderungen. In den            Die «Flicki», wie sie im Volksmund genannt             kleinere Änderungen vor. Mit diesem Ange-
letzten Jahren war zu beobachten, dass        wird, besteht seit Januar dieses Jahres. Dia-          bot ist der b’treff bestrebt, Ressourcen zu
häufiger auf das Smartphone, die Nutzung      kon der Seelsorgeeinheit Unteres Toggen-               schonen und das Leben der Kleider und Ge-
des Internets oder das Konsumieren            burg, Alex Schmid, bietet am ersten Dienstag           räte zu verlängern. (meka)
von Online-Medien verzichtet wird. 2020
wählten 60 Prozent der Teilnehmenden
diesen Verzicht. Klassiker aber bleibt auch

                                                                                                                                                            Foto: Jana Birchmeier
nach über zwölf Jahren der Verzicht auf
Süssigkeiten. (pd)

Ein Gemeinschaftsprojekt:
Schreiben aus dem Herzen
Die Kirchgemeinde Rapperswil-Jona hat
den Aufruf der Landeskirche «Wir halten
Abstand. Aber im Glauben zusammen.»
mit dem Projekt «Schreiben aus dem Her-
zen» in die Tat umgesetzt und den Wunsch
vieler gehört, auch in der Krise in Kontakt
zu bleiben und gemeinsam im Leben und
Glauben unterwegs sein zu können. Bis
Ende Juni konnten deshalb handschriftli-
che Gedanken und Gebete, illustriert oder
nicht, eingereicht werden. Die Betenden       Spatenstich in Buchs – Ging dies mit rechten Dingen zu?
konnten dabei danken, loben, preisen,
bitten, klagen, jammern, bekennen und         Der Spatenstich für das neue evangelische Kirchgemeindehaus in Buchs ist erfolgt. Dies ist in Zeiten der
hoffen mit Gott. Die Einsendungen werden      Pandemie kein einfaches Unterfangen. Doch die Verantwortlichen liessen es sich nicht nehmen, trotz er-
zu einem Kirchgemeinde-Gebetsbuch aus         schwerter Bedingungen ein richtiges Spatenstichfoto zu schiessen. Aber ging hier wirklich alles mit rechten
der Krisenzeit gebunden. (pd)                 Dingen zu und her? (nf/meka)

8 AUSGABE 7-8/2020
Baustelle Heimat - Kirchenbote SG
PANORAMA KANTON

Zwingli und Zwinglihaus: Bis 1935 eröffnen die Zeichnungen des Wildhauser Pfarrers Georg Bührer den Kirchenboten.

«Für Fabrikanten
und das entlegenste Gehöft»
Vor 100 Jahren gründen Kirchenvorsteher den «Kirchenboten für das evangelische Toggenburg»
Text | Foto: Daniel Klingenberg, Pfarrer, Mittleres Toggenburg

«Und fest zusammenhalten wie die                        historisch-theologische Arbeit notwendig,          kriegs spannend wäre. Auf die Schnelle steht
Nagelfluh»: Diesen Rat gibt die Probenum-               die gerade für die Zeit des Zweiten Welt-          immerhin fest, dass der Kirchenbote damals
mer des «Kirchenboten für das evange-                                                                      mehrfach Bilder von Willy Fries mit ihrer
lische Toggenburg» den Kirchbürgern. Dies                                                                  überdeutlichen sozialen Botschaft abdruckt.
täten nämlich die Katholiken, warum also                                                                   Als Redaktoren amten Pfarrpersonen, von
nicht auch die Reformierten?                               Im Geist des Aufbruchs                          denen aufgrund der Amtsdauer Carl Gsell
                                                                                                           heraussticht. Der Wattwiler Pfarrer und
Das im Juli 1920 erschienene achtseitige                   Seit der Gründung des Bundesstaates             Rechtsanwalt, der im Zweitstudium Theologe
Blatt soll als «freundlicher Bote» von Fabri-              1848 erlebte die Schweiz eine Vervielfa-        wird, beginnt seine Redaktorentätigkeit Ende
kanten und Arbeitern gelesen werden, und                   chung der Mediendichte. Auch in der             1945. Ab 1952 erscheint, nicht ohne kritische
bis ins «entlegenste Gehöft» vom protestanti-              Ostschweiz. Motor dieser Entwicklung            Nebengeräusche aus dem Toggenburg, der
schen Geist zeugen. Das Toggenburg wird in                 ist die liberal-konservative Polarisierung.     kantonale Kirchenbote. Gsell ist bis 1962
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von                Michael Walther ist Autor einer «Medien-        der erste Redaktor des kantonalen Blattes.
einer Agrar- zu einer Industrieregion, zu der              geschichte des Kantons St. Gallen». Darin       Er schreibt über sich: «Ich versuchte, eine
auch der Tourismus im oberen Toggenburg                    stellt er im 19. Jahrhundert eine Ver-          positiv-biblische Theologie mit sozialer Auf-
gehört. Im November 1919 beraten daher                     zwölffachung der Mediendichte fest. Da-         geschlossenheit zu verbinden.»
Kirchenvorsteher an einer Tagung über die                  zu gehören auch viele kirchliche Blätter.
«neuzeitlichen Aufgaben» der Kirche. Die                   So entstehen in den 1910er-Jahren im            DAS VOLK STEHT AUF
Kirche müsse eine Dienerin der «Volksseele»                Rheintal und in der Stadt St. Gallen meh-       Weiter fällt das Geschichtsbewusstsein auf.
sein. Die Gründung eines «toggenburgischen                 rere regionale und lokale reformierte Kir-      In loser Folge werden Kirchen mit ihrer
Kirchenboten» ist ihnen das geeignete Mittel.              chenblätter. «Der Toggenburger Kirchen-         Entstehungsgeschichte porträtiert. Zum
                                                           bote entstand wohl in diesem Auf-               Jubiläum «400 Jahre Synode Toggenburg»
NICHT ERSCHLOSSENES ZEITDOKUMENT                           bruchsgeist, in dem sich auch die Region        im Jahr 1929, dem Beginn der verfassten
Bis zum Advent 1951 erscheint dieser                       befand», sagt Walther. Einen Rückschluss        reformierten Kirche im Thurtal, erscheint
Kirchenbote im Auftrag des Kapitels Toggen-                auf die Haltung des Toggenburger                eine 12-seitige Sondernummer. Der Titel in-
burg, dannzumal mit einem Einzugsgebiet                    Kirchenboten lässt der Druckort Flawil          terpretiert die Reformation, und man könnte
von Rapperswil bis Gossau. Eine Würdigung                  zu. Wie Walther schreibt, ist der Ort eine      ihn auch im Jahr 2020 setzen: «Das Volk steht
und Einordnung seiner Haltung ist mit                      «Hochburg der Freisinnigen».                    auf».
Durchblättern nicht möglich. Dafür wäre eine

                                                                                                                             WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 9
Baustelle Heimat - Kirchenbote SG
IN KÜRZE                                                             PANORAMA SCHWEIZ

Weg frei für Fusion von
Heks und Brot für alle
Der Fusion von Heks und Brot für alle
(Bfa) steht nichts mehr im Weg. Ohne Ge-
genstimme wurde der entsprechende An-
trag bei der Synode der Evangelisch-refor-
mierten Kirche Schweiz (EKS) vom 15. Ju-
ni angenommen.

Für Gesprächsstoff sorgte das Anliegen,
die kirchliche Anbindung des Hilfswerks
sicherzustellen. So forderte der St. Galler
Kirchenrat Heinz Fäh: «Wenn wir als Kir-
che Projekte und Kampagnen des Werkes
mittragen sollen, dann muss ein mög-
lichst hohes Mass an Mitbestimmung
durch das Stitungsstatut und das Stif-
tungsreglement ermöglicht werden.» Das
Anliegen stiess grundsätzlich auf offene
Ohren. «Die Kirche ist unsere Heimat», be-
tonte Heks-Stiftungsratspräsident Walter      Ulrich Knoepfel klärt die Synode der EKS in einer persönlichen Mitteilung über die Vorgänge im Rat auf.
Schmid.

Zu reden gab auch der niedrige Frauen-
anteil in der Geschäftsleitung. Die Zür-
cher Kirchenrätin Esther Straub forderte
                                              Fall Locher: Die Fakten
deshalb ein ausgeglichenes Geschlechter-      Mutmassliche Grenzverletzungen und eine Affäre stürzen EKS in die Krise
verhältnis im neuen Hilfswerk. Der Antrag     Text: Stefan Degen | Foto: Nadja Rauscher, EKS
wurde klar angenommen. (sd/ref.ch)

                                              Nach den Rücktritten von Ratsmitglied Sa-             te sie die Beschwerde dem Rat. Locher trat
                                              bine Brändlin und Ratspräsident Gottfried             in den Ausstand. Am 17. April informierte
Pädophiler Pfarrer                            Locher kamen an der Synode der Evangeli-              Brändlin den Rat über eine intime Liaison
kommt nicht frei                              schen Kirche Schweiz (EKS) Fakten auf den             mit Gottfried Locher, wie Ratsmitglied Ulrich
                                              Tisch.                                                Knoepfel die Synode in einer privaten Mittei-
Im März 2018 verurteilte das Bezirksge-                                                             lung aufklärte. Die Liaison habe nach seinem
richt Aarau einen reformierten Seelsorger     Am 23. April trat Sabine Brändlin aus dem Rat         Kenntnisstand bis Oktober 2019 bestanden.
wegen Austausch von Kinderpornografie         der EKS zurück. Am 27. Mai gab der Rat den            «Danach habe ich beide aufgefordert, ihr
zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten.      Rücktritt von Präsident Gottfried Locher be-          Amt zur Verfügung zu stellen.» Es gehe ihm
Die Massnahme wurde allerdings zuguns-        kannt. Das gab zu medialen Spekulationen              nicht um Fragen der Sexualmoral, sondern
ten einer psychiatrischen stationären Be-     Anlass, die Faktenlage war dünn. Bis zur Sy-          um die Vermischung von Beruflichem und
handlung aufgeschoben. Nun hat das            node vom 15. Juni.                                    Privatem. «Es darf vermutet werden, dass die
Bundesgericht einen Antrag auf Freilas-                                                             Ratsarbeit unterschwellig durch sachfremde
sung abgelehnt. Die bisherigen Therapie-      GRENZVERLETZUNGEN BENANNT                             Interessen beeinflusst worden ist.» Brändlin
fortschritte seien ungenügend, das Rück-      Laut Informationen des Rates ging im No-              trat wenige Tage darauf zurück. Locher erst
fallrisiko gestützt auf Gutachten sei «un-    vember letzten Jahres eine Beschwerde bei             einen Monat später, als Medien das Thema
verändert hoch». (ref.ch)                     Esther Gaillard ein, Vizepräsidentin des Ra-          bereits aufgegriffen hatten.
                                              tes der EKS. Eine ehemalige Angestellte der
                                              EKS (damals SEK) berichtete von einer Bezie-          ES GIBT NOCH FRAGEN
                                              hung zu Gottfried Locher und benannte laut            Beinahe hätte die Synode die Angelegenheit
Schweiz soll mehr                             GPK-Bericht verschiedene Gegebenheiten als            hinter verschlossenen Türen diskutiert. Ein
Flüchtlinge aufnehmen                         «Grenzverletzungen». Die Beschwerde ist nun           Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit er-
                                              Gegenstand einer externen Untersuchung                hielt zwar eine einfache Mehrheit, scheiterte
Zahlreiche Organisationen, darunter das       durch die Zürcher Anwältin Christine Baum-            aber knapp am geforderten Quorum von
kirchliche Netzwerk Migrationscharta.ch,      gartner von der Kanzlei Rudin Cantieni. Es            zwei Dritteln. Unklar bleibt, weshalb Gaillard
haben beim Bundesrat eine Petition zur        gilt die Unschuldsvermutung.                          laut GPK-Bericht bereits im Januar 2020 von
Aufnahme von Flüchtlingen aus griechi-                                                              der Beziehung zwischen Locher und Bränd-
schen Lagern eingereicht. Zudem solle         KEINE FRAGE DER SEXUALMORAL                           lin erfuhr und daher über ihre mögliche Be-
sich die Schweiz am Aufbau eines Sys-         Gaillard bezog im Januar 2020 Ratsmitglied            fangenheit in der Causa Locher wusste, diese
tems zur solidarischen Verteilung der         Sabine Brändlin in die Behandlung der Be-             Information dem gesamten Rat aber bis zum
Schutzsuchenden beteiligen. (ref.ch )         schwerde ein. Am 13. April 2020 unterbreite-          17. April 2020 vorenthielt.

10 AUSGABE 7-8/2020
PANORAMA WELT

«Im Talar liessen mich die Polizisten
in Ruhe»
Pfarrer Scotty Williams hat in den USA oft Rassismus erlebt – und manchmal auch in der Schweiz
Interview: Tilmann Zuber, Kirchenbote online | Foto: zVg

Am 25. Mai tötete ein Polizist George Floyd                                                                   Die Bibel sagt klar Nein zu Rassismus. Wie
bei einer Festnahme in Minneapolis. Darauf                                                                    sieht es da mit den Kirchen in den USA aus?
protestierten in den USA Hunderttausende                                                                      Es gibt Gemeinden, auch weisse, die
gegen Rassismus und Polizeigewalt. Der                                                                        kämpften schon in der Vergangenheit gegen
St. Galler Pfarrer Scotty Williams kennt die                                                                  Rassismus. Andere wollen keine Farbigen in
Hintergründe. Er stammt aus dem Süden                                                                         ihren Reihen.
der USA und hat in Minneapolis gearbeitet.
                                                                                                              Wirklich?
Scotty Williams, was dachten Sie, als Präsident                                                               Sicher. In Louisiana predigte ein Pastor in
Donald Trump mit der Bibel in der Hand vor                                                                    den 1980er-Jahren gegen die Vermischung
der St. John’s Episcopal Church in Washington                                                                 der Rassen. Und einige Kirchen pflegen Be-
posierte?                                                                                                     ziehungen zu Gruppierungen, die Andersfar-
Das war respektlos. Präsident Trump hatte                                                                     bige unterdrücken wie der Ku-Klux-Klan. Es
keine Erlaubnis, sich vor der Kirche fotogra-                                                                 gibt auch heute einige Orte, wo die Kirchen
fieren zu lassen. Er wollte mediale Aufmerk-                                                                  nach der Hautfarbe getrennt sind.
samkeit erreichen. Er missbrauchte die Bibel
und die Kirche für seine Rede über «Law and                                                                   Haben Sie auch in der Schweiz Rassismus
Order».                                                                                                       erlebt?
                                                                                                              Ja, zweimal. Einmal verlangte eine ältere
Zurzeit protestieren Tausende Menschen in                                                                     Dame nach einem Pfarrer. Ihre Angehörigen
den USA auf der Strasse gegen Rassismus. Hat                                                                  hatten mich gewarnt, dass sie Angst vor
Sie das überrascht?                                                                                           schwarzen Menschen habe. Als ich sie be-
Ja und nein. Ich war nicht überrascht über                                                                    suchte, merkte ich, dass ihre Vorurteile auf
den Ausbruch der Unruhen angesichts des                                                                       den TV-Krimis beruhen, in denen Schwarze
brutalen Vorgehens der Polizei, der sozialen                                                                  Drogen verkaufen und Menschen überfallen.
Ungerechtigkeit und des Rassismus-
problems. Damit musste man seit längerem
rechnen. Überraschend war, dass George                                                                              «Egal, ob ich aus den USA
Floyd in Minneapolis starb und die Proteste                                                                         oder Nigeria komme: Jeder
dort begannen. Minneapolis ist eine liberale,                                                                       hat das Recht, mitzureden.»
weltoffene und multikulturelle Stadt.

Haben Sie auch Rassismus erlebt?                                                                              Der zweite Vorfall geschah in einer Diskus-
Ich stamme aus Louisiana im tiefen Süden                                                                      sionsrunde unter Pfarrern. Einer der Pfarrer
der USA. In der Stadt lebten damals die                                                                       fiel mir dauernd ins Wort und widersprach
Weissen und Schwarzen getrennt in eige-                                                                       mir permanent. Als die anderen ihn darauf
nen Quartieren. Als ich ein Teenager war,                                                                     ansprachen, zeigte sich, dass er Mühe mit
zog meine Familie nach Minnesota. Dort                                                                        Afrikanern hat. Ich sagte ihm, dass ich Ame-
besuchte ich die Schule, die Universität                                                                      rikaner sei, studiert und doktoriert hätte und
und das Theologische Seminar. Ich habe oft             Scotty Williams ist Pfarrer der All Souls Protestant   in der Landeskirche arbeite. Aber es sollte
Rassismus erlebt und wurde mit dem N-Wort              Church, die zur evangelisch-reformierten Kirche        keine Rolle spielen, ob ich aus den USA oder
beschimpft. Während meines Vikariats trug              des Kantons St. Gallen gehört.                         Nigeria komme, jeder Mensch hat das Recht,
ich auf der Strasse einen Talar, sodass mich                                                                  mitzureden. Und dann gibt es noch den gut
die Polizei in Ruhe liess. Eine schwarze Pfarr-                                                               gemeinten Rassismus.
kollegin hatte mir dazu geraten.
                                                                                                              Gut gemeint?
Was ist der Grund?                                                                                            Ja, wenn Leute mir erklären, dass sie nicht
So konnte ich mich schützen. Die Polizei                                                                      die Hautfarbe sehen, sondern den Menschen.
respektiert einen Pfarrer oder Priester.                                                                      Das ist gut gemeint, aber rassistisch. Denn
Ansonsten wird man als Schwarzer leicht                                                                       an meiner Hautfarbe ist nichts falsch, man
zum Opfer einer Verwechslung, wie es dann                                                                     soll sie sehen. Sie gehört zu Scotty und ist
später heisst.                                                                                                Teil meiner Identität. Und das ist gut so.

                                                                                                                                WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 11
BILDUNG                                                                     PALETTE

                                             Gottesdienste                                         Jung und frisch
                                             AUF DER SCHWÄGALP                                     HAPPY HOUR
                                             Sonntags, um 9.45 Uhr, Kapelle                        Sa, 15. August, 19.30, Ref. Kirche Bütschwil
                                             16. August: René Häfelfinger, Waldstatt               Gottesdienst von jungen Erwachsenen mit
                                             23. August: Johannes Stäubli, Schwellbrunn            Theater und moderner Musik, anschliessend
                                             30. August: Ursula Fröhlich, Herisau                  Cocktailbar
                                             6. September: Markus Grieder, Urnäsch
                                                                                                   SPOTLIGHT – FÜR 16- BIS 35-JÄHRIGE
                                             ÉGLISE FRANÇAISE DE SAINT-GALL                        Fr, 21. August, 19.45, Gossau
                                             www.eglisefrancaise.ch                                miteinander – erleben – reden – sein
                                             Pasteur Rédouane Es-Sbanti, 071 801 96 02             im KGH Witenwis, Neuchlenstr. 38.
                                                                                                   Erlebe spannende Inputs, lerne neue Leute
                                             ALL SOULS PROTESTANT CHURCH                           kennen!
                                             Jeweils am Sonntag um 12 Uhr
Tagung in der Kartause:                      Anlässe der englischsprachigen Kirche mit             GO2BE
«Kunst & Kirche heute»                       Pfr. Scotty Williams in der Kirche Rotmonten:         So, 30. August, 18.30 Uhr, Ref. Kirche Buchs
                                             Worship Service: 26. Juli, 9. und 23. August          Ein musikalischer Gottesdienst für junge
Kirche und Kunst, die beiden Begriffe ge-    Table Talk: 2., 16. und 30. August                    Erwachsene und alle, die miteinander und
hörten jahrhundertelang zusammen wie         www.allsouls.ch / Scotty Williams, 079 559 09 40      mit Gott feiern wollen.
das Amen zum Vaterunser. Doch wie ist
das heute, in einer zunehmend säkularen
Welt?

                                                                                                                                                        Foto: Heinrich Gebert Kulturstiftung
Statt Anfang Juli wird das Kunstmuseum
Thurgau in der Kartause Ittingen nun vom
16. bis 17. Oktober 2020 zum Gastgeber
für die Tagung «Kunst & Kirche heute».
Das Programm geht mit prominent be-
setzten Vorträgen, kreativen Workshops
und Kunstwanderungen der Frage nach,
wie der Dialog von Spiritualität und Kunst
auch heute lebendig bleiben kann. (ktg)

Mehr unter: Agenda – www.kirchenbote-sg.ch
oder www.bodensee-kloester.eu

Was im Leben und
Sterben trägt
Viele Menschen wünschen es sich, selbst-
bestimmt zu leben bis zum Lebensende.
Seit 2013 gilt das revidierte Erwachsenen-
schutzrecht, welches die Patientenverfü-
gung erstmals gesamtschweizerisch im
Bundesrecht regelt. Die Patientenverfü-
gung ermöglicht es, persönliche Wünsche
zuhanden von Angehörigen, Ärzten und
Pflegenden festzuhalten. Was ist richtig
wichtig am Ende des Lebens?                  Zahl, Rhythmus, Wandlung – Emma Kunz in Appenzell
Montag, 7. September, 14 – 18 Uhr,           Emma Kunz, Heilpraktikerin, Visionärin und Künstlerin, hat mithilfe eines Pendels zwischen 1938 und 1963
Kirchgemeindehaus St. Mangen, Manig-         mehr als 400 Diagramme geschaffen, die sie selbst als «für das 21. Jahrhundert bestimmt» bezeichnete.
halde 15, St. Gallen. Leitung: Maya Hauri,   Die Ausstellung in der Kunsthalle Ziegelhütte in Appenzell, an einem ihrer Lebens- und Wirkorte, zeigt,
Arbeitsstelle Diakonie. (pd/sd)              dass das zeichnerische Werk der Grenzgängerin Emma Kunz als Vorläufer heutiger künstlerischer Strate-
                                             gien, die den Raum und die Aufgaben der Kunst in Richtung Naturwissenschaft und Holismus erweitern,
Anmeldung bis 2. September unter             gelten kann. «Zahl, Rhythmus, Wandlung – Emma Kunz und Gegenwartskunst» ist bis Anfang Januar 2021
www.ref-sg.ch/veranstaltungen                zu sehen. (Werk Nr. 139, o.D.; Bleistift, Kreide, Pastell auf Millimeterpapier) (pd)

12 AUSGABE 7-8/2020
PALETTE                                                                        TIPPS

                                                                                                          Geschlechtergerechtigkeit
                                                                                                          und Klimakrise
                                                                                                          Die evangelischen Frauen Schweiz (EFS)
                                                                                                          treffen sich am Samstag, 19. September,
                                                                                                          zur Delegiertenversammlung im Bullin-
                                                                                                          gerhaus in Aarau. Neben der Abwicklung
                                                                                                          der ordentlichen Traktanden kommt
                                                                                                          es zu einem Podiumsgespräch zu den
                                                                                                          Themen Geschlechtergerechtigkeit und
                                                                                                          Klimakrise mit Anne Mahrer, ehemalige
                                                                                                          Nationalrätin (Grüne) aus dem Kanton
                                                                                                          Genf, und Rebecca Rutschi, Kanti-Schüle-
                                                                                                          rin und Klimaaktivistin.

                                                                                                          Details: Agenda, kirchenbote-sg.ch

                                                                                                          Austausch: Asyl, Flucht
                                                                                                          und Migration
«Nonnen. Starke Frauen im Mittelalter»                                                                    Am Donnerstag, 2. Juli, 14 – 17 Uhr findet
                                                                                                          im Kirchgemeindehaus Heiligkreuz,
Das Mittelalter war eine raue Zeit. Besonders für Frauen und ihre Perspektiven. Das Leben in einem        Lettenstr. 8, St. Gallen, ein Treffen zur ge-
Kloster war da ein willkommener Ausweg, der nicht nur mehr Freiheiten, sondern auch Bildung, Einfluss     genseitigen Unterstützung, für Austausch
und zuweilen Macht möglich machte. Die Ausstellung im Landesmuseum in Zürich zeigt bis am                 von Ideen und Bewährtem, Infos von der
16. August anhand verschiedener Persönlichkeiten, wie vielfältig die Lebensformen geistlicher Frauen im   Arbeitsstelle Weltweite Kirche statt. Für
Mittelalter waren. Unser Bild wirft einen Blick in die Ausstellung. (pd)                                  alle, die sich diesem Thema neu widmen
                                                                                                          wollen, und ebenso für alle, die bereits
                                                                                                          bewährte Ideen durchführen.

                                                                                                          Information und Anmeldung:

Meditation
                                                     EIN TAG DER STILLE                                   gregor.weber@ref-sg.ch, 071 227 05 50
                                                     Sa, 22. August, 9 – 15.30 Uhr, St. Gallen
                                                     Kirchgemeindezentrum Heiligkreuz, Let-
HEILMEDITATION                                       tenstr. 18. Mit gemeinsamem Essen. Längere
Mi, 12. August, 14.30 Uhr, St. Gallen                Zeiten der Stille vertiefen den Weg in die in-
Böcklinstrasse 2, offene Kirche.                     nere Mitte. www.meditation-sg.ch                     Europe Spirit
hedda.schurig@bluewin.ch, 071 333 30 28                                                                   Songwriting Seminar
                                                     OFFENER MEDITATIONSABEND
KONTEMPLATION NACH VIA INTEGRALIS                    Mo, 24. August, 18.30 – 20 Uhr, St. Gallen           Das Songwiting Seminar findet dieses
Angebote in St. Gallen / Kontaktangaben              Kirche Halden. Es braucht keine Anmeldung.           Jahr vom 9. – 16. August Corona-bedingt
– Gabrielle Bregenzer-Ris: 071 244 32 35,            Jede halbe Stunde ist während der Gehme-             virtuell statt. Dozenten und Teilneh-
  gabrielle.bregenzer@hotmail.com                    ditation ein Dazukommen oder Gehen mög-              mende arbeiten dabei über halb Europa
– Eveline Felder: 079 269 09 39,                     lich. Gabrielle Bregenzer und Margrit Wenk           verteilt zusammen. Die Teilnehmenden
  www.meditation-sg.ch                                                                                    müssen keine professionellen Musiker
– Margrit und Charlie Wenk: 071 288 65 88,           EINFÜHRUNG KONTEMPLATION                             sein, schon viele haben an diesem Semi-
  www.meditation.margritwenk.ch                      Mo, 3., bis Mi, 5. August, 16.30 bis 13 Uhr          nar ihren ersten Song geschrieben.
                                                     Meditationszentrum Felsentor, Vitznau.
SITZEN IN DER STILLE                                 Leitung und Auskunft: Margrit und Charlie            Zu Beginn gibt es Impulseinheiten zu
Mi, 5. und 19. August, 18 – 20.30 Uhr                Wenk, 071 288 65 88                                  Harmonielehre, Songaufbau und Arran-
Kirchgemeindezentrum Heiligkreuz,                                                                         gement, bevor dann alle ans Schreiben
Lettenstr. 18, St. Gallen. Schnuppern gerne          MEDITATIVES TANZEN                                   gehen und dabei Unterstützung erhalten.
mit Voranmeldung. www.meditation-sg.ch               Mo und Do, 14-täglich, St. Gallen                    Das Seminar wird in Zusammenarbeit
                                                     Ökum. Gemeinde Halden, Oberhaldenstr. 25             mit der Arbeitsstelle Populäre Musik der
SCHWEIGEMEDITATION                                   Mo, 19.00 – 20.30 Uhr, Do, 9.15 – 10.45 Uhr          ev.-ref. Kirche St. Gallen durchgeführt
Freitags, 12.15 – 13.15 Uhr, Kirche Halden           Mo, 1x im Monat, Kreistänze, 18.30 – 19.30           und unterstützt durch die Konferenz der
St. Gallen. Es ist möglich, um 12.45 Uhr wäh-        Schnuppern/Eintritt jederzeit möglich!               Kirchen am Rhein.
rend der Gehmeditation zu kommen oder zu             Krisztina Sachs-Szakmàry, 071 288 31 92
gehen. Leitung: Margrit Wenk                         www.meditatives-tanzen.ch                            Details und Anmeldung: dhrecords.com

                                                                                                                          WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 13
LESETIPP                                                                  LESERBRIEF

                                                Kraft im täglichen Leben-
                                                - «Kuratorin eingesetzt» 6-7/2020                   sonntäglichen Kirchgang aus – sondern wir
                                                - «Rücktritt aus EKS-Rat» 6-7/2020                  versuchen einfach, in unserem Umfeld «gute»
                                                - «Verabschiedung von Pfarrer Albin Rutz,           Menschen zu sein.
                                                  Monika Oberholzer und Katrin Blome»
                                                  Pfarreiforum 06/2020 (Toggenburg Nord)            Aber die vielen Streitigkeiten in und um die
                                                                                                    christliche Kirche, über die man immer wie-
                                                Wir sind über 60-jährig, haben zwischen             der hören und lesen kann, geben uns doch
                                                evangelisch und katholisch fusioniert, sind         sehr zu denken. Für uns wäre ein christliches
                                                ökumenisch. In unserem Bekanntenkreis               Leben gedacht mit Frieden, Güte, Toleranz,
                                                ist der Austritt aus der Kirche sehr beliebt        Nächstenliebe, mitmenschlichem Verständ-
                                                geworden. Sei es aus Steuergründen, Religion        nis für andere Meinungen und nicht mit sol-
                                                hat keine Bedeutung, der Frauenchor durfte          chen Spannungen, Differenzen und Querelen!
                                                das Konzert nicht in einer Kirche vortragen         All diese Streitigkeiten zwischen Menschen,
                                                oder aus welchen Gründen auch immer. All            die ihre Arbeit und Dienste der Kirche wid-
                                                dies hat uns nie dazu bewogen, der Kirche           men, wären für uns ein Grund, aus diesem
                                                den Rücken zu kehren, obwohl wir nicht so           Verein auszutreten …
                                                sehr religiös sind. Doch gibt uns der Glaube
«Kraft-Training» für                            an «Irgendetwas» im täglichen Leben Kraft.                                      Zita und Albin Huser
Junge mit Sportsgeist                           Das leben wir nicht unbedingt mit dem                                              Mühlau, Lütisburg

Sport nimmt im Leben vieler junger Men-
schen eine bedeutende Rolle ein: Kraft
und Leistungsfähigkeit des eigenen Kör-
pers werden erlebt, Grenzen ausgelotet,
Seilschaften geknüpft, Talente entdeckt
uvm. Im Sport ist aber auch Platz für
Emotionen und Gefühle, denen man viel-
leicht an anderer Stelle nicht so freien
Lauf lassen würde. Und wenn der Körper
beschäftigt ist, werden die Gedanken frei.
So hat Jugendbuchautor Stephan Sigg in
seinem neuesten Jugendgebetbuch die
spirituelle Ebene des Sports zu seinem
Thema gemacht. Der St. Galler Autor
macht klar, wie Erfahrungen bei Fussball,
Schwimmen, Laufen & Co. auch im allge-
meinen Leben weiterhelfen können – und
natürlich auch umgekehrt. Er gibt Impul-
se und Tipps für verschiedene Situatio-
nen bei Training oder Wettkampf, beim
Freizeitsport oder auf der Fanmeile. Und
er hat auch Ratschläge parat, um gelasse-
ner mit Niederlagen und verpatzten
Torchancen umzugehen. Ein Gebetbuch
mit viel Power und cooler Grafik, das mit
seinen spritzigen Texten Lust macht,
gleich in die Sportschuhe zu schlüpfen
und loszusprinten. Stephan Sigg, geb.
1983, Theologe und erfolgreicher
St. Galler Autor, ist in der kirchlichen
Medienarbeit tätig. Der Autor hält Work-
shops und Schreibwerkstätten für Ju-
gendliche. Hier und beim Sport findet er
Ideen für seine Bücher. (pd)
                                                Leserbilder: Kleine Freuden während der Pandemiezeit
Stephan Sigg: «Startklar – Sportliche Jugend-   In Rheineck brüteten unlängst Schwäne acht Eier aus. Immer wieder hat auch Agatha Sonderegger den
gebete für Teamplayer und Einzelkämpfer»,       Brutplatz in der Nähe ihres Wohnortes besucht und aufmerksam beobachtet. Nun sind die Tiere geschlüpft
96 S., 11 x 15 cm, durchgehend farbig illus-    und bieten einen wunderbaren Anblick. Unsere Leserin möchte diese Freude – auch in Anbetracht der
triert, ISBN 978-3-7022-3845-2, ca. Fr. 11.–    nicht immer einfachen Corona-Zeit – gerne teilen. (Fotos: Christoph Baumgartner) – (meka)

14   AUSGABE 7-8/2020
PORTRÄT

Bürgerort – Schon mal dort gewesen?
Auf dem Heimatschein steht der Bürgerort – Bedeutet er etwas? Franziska Ryser, Linda Fäh und Barbara Damaschke erzählen
Texte zusammengestellt: Katharina Meier und Stefan Degen | Fotos: zVg

Sympathisch in Erinnerung                            liche Bürgerort der Familie Ryser. Basel kam       beigerufen. Er bestätigte, dass die Hälfte der
                                                     später als Wohnort meines Ururgrossvaters          Niederönzer Familien Ryser heissen – mit
                     «Geboren und aufge-             hinzu. Als die Familie Ryser in den letzten        dem typischen berneroberländischen y. Die
                     wachsen in St. Gallen,          150 Jahren über Winterthur nach St. Gallen         kleine Gemeinde ist mir sympathisch in Erin-
                     fühle ich mich stark in         wanderte, hatte der Bürgerort bereits an Be-       nerung. Doch meine Heimat ist St. Gallen. Der
                     der Ostschweiz veran-           deutung verloren.                                  Ort, an den Erinnerungen geknüpft sind: der
                     kert: Mein Vater                                                                   erste Schultag, die juvenilen Streifzüge durch
                     stammte aus der Stadt           Als ich zwölf Jahre alt war, nahm meine Tan-       die Stadt, die vielen Samstage beim Unter-
                     St. Gallen, meine Mut-          te mich und meinen Zwillingsbruder an ei-          schriftensammeln auf der Strasse. Der Ort,
                     ter wuchs im Rheintal           nem Wochenende mit ins Berner Oberland.            an dem ich meine ersten politischen Erfah-
                     auf. Doch meine Bürger-         Wir hielten in Niederönz an und besichtigten       rungen gesammelt habe. Der Ort, an dem
Franziska Ryser,     orte – Basel Stadt und          die (sehr kleine) Gemeinde an der solothur-        man durch die Strassen geht und nicht nur
Nationalrätin Grüne, Niederönz im Kanton             nischen Grenze. Wir kehrten im einzigen Res-       Menschen, sondern Bekannte antrifft. Der
St. Gallen           Bern – erinnern an viel         taurant ein, und als wir uns als Bürger dieser     Ort, an dem mein Grossvater unser Familien-
                     frühere Stationen mei-          Gemeinde zu erkennen gaben, wurde der Ge-          unternehmen aufgebaut hat. Der Ort, an dem
ner Vorfahren. Niederönz ist der ursprüng-           meindepräsident aus dem Nachbarhaus her-           meine Familie zu Hause ist.»

Linda-Fäh-Weg als Geste                                                   deutet für mich defini-       wo ich aufgewachsen bin. Diese Geste ist
                                                                          tiv ein Stück Heimat.         sehr schön, zeigt den Stolz der Gemeinde auf
«Mein Bürgerort ist Benken SG. Und ob ich                                 Viele Erinnerungen ver-       das, was ich damals erreicht habe.
ihn kenne. Hier bin geboren und aufgewach-                                binden mich mit Ben-          Es ist auch eine starke Verbundenheit mit
sen, habe bis zu meinem 22. Lebensjahr ge-                                ken und meiner Fami-          dem Dorf vorhanden. Die Menschen grüssen
lebt. Da ich dort aufgewachsen bin und mei-                               lie. Ich fühle mich dort      mich auf der Strasse, freuen sich und sind
ne Freizeit verbracht habe, ist der Bezug zu                              immer noch ein Stück          stolz, dass eine Benkerin, eine von ihnen,
meinem Heimatort sehr gross. Hier habe ich                                weit zu Hause. Die Ge-        den Weg ins internationale Showgeschäft ge-
viel mit meinen Freunden erlebt, bin um den                               meinde hat mir 2009,          schafft hat. Heimat ist für mich da, wo man
‹Benkner Büchel› Inline-Skates und Velo ge-          Linda Fäh, Sängerin, als ich Miss Schweiz          sich zu Hause fühlt, und es kann auch ein Ge-
fahren, ging spazieren oder in der Linth ba-         wohnt am oberen      geworden bin, einen           fühl von Liebe zu einem Menschen sein, bei
den. Noch heute besuche ich dort regelmäs-           Zürichsee            ‹Linda-Fäh-Weg› ge-           dem und mit dem man sich zu Hause fühlt.
sig meine Eltern und meine Grossmutter, die                               schenkt. Das Stras-           Aber auch die Schweiz – mein Land – ist für
nach wie vor in Benken wohnen. Benken be-            senschild steht nun bei meinem Elternhaus,         mich Heimat.»

Erste Frau mit Stipendium                            ich im Studium einen neuen Zugang. Vor fast                           ein Kreis, als mein
                                                     400 Jahren haben nämlich Reformierte aus                              Mann und ich ins Pfarr-
«Meine Bürgerorte sind St. Gallen und Mo-            dem Obertoggenburg die Evangelisch-Tog-                               amt in Hemberg ge-
gelsberg. Darin spiegelt sich meine Biografie        genburgische Stipendienstiftung gegründet.                            wählt wurden, weil
wider. In einem St. Galler Quartier aufgewach-       Noch heute haben die Geschlechter Bösch,                              schon meine Urgrossel-
sen, fühle ich mich dieser Stadt, in der meine       Bräker, Giger, Grob und Looser Anteil an die-                         tern dort gelebt hatten.
Vorfahren seit Generationen wohnten, hei-            ser Stiftung. Sie erleichtert den Nachkommen                          Wegen einer Gemeinde-
matlich verbunden. Viel Prägendes habe ich           das Studium der Theologie durch ein Stipen-                           fusion heisst unser
in St. Gallen erlebt, während meiner Kindheit        dium. Es fiel mir die Ehre zu, als erste Frau in                      Bürgerort nun «Necker-
und Jugend. In der Gallusstadt haben wir ge-         den Genuss eines solchen Stipendiums zu            Barbara            tal». Falls auch noch
heiratet, hier sind unsere Kinder zur Welt ge-       kommen. Aufgrund dieser Stiftung lässt sich        Damaschke-Bösch,   Hemberg dazustossen
kommen. Durch mein Amt als Kirchenrätin              die Familie Bösch zurückverfolgen. Bevor sie       Pfarrerin, Hemberg sollte, werden wir viel-
bin ich heute noch regelmässig in St. Gallen         nach Mogelsberg «ausgewandert» ist, war sie                           leicht bald in unserer
anzutreffen.                                         in Kappel (Ebnat-Kappel) heimatberechtigt,         Heimatgemeinde leben.
                                                     wo mein Mann und ich ordiniert wurden.
Während meines Theologiestudiums kam                                                                    Von der deutschen Familie meines Mannes
Mogelsberg wieder mehr in den Fokus. Ob-             Nicht nur meine Vorfahren väterlicherseits,        habe ich gelernt, dass der Verlust von Hei-
wohl ich diesen Ort – und sein ehemaliges            auch jene mütterlicherseits prägten mich –         mat – als Kriegsfolge – noch viele Generatio-
Hallenbad! – seit Kindheitstagen kannte, fand        mitsamt ihren Erzählungen. So schloss sich         nen nachwirken kann.»

                                                                                                                          WWW.KIRCHENBOTE-SG.CH 15
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