Behandlungskonzepte für Patienten mit malignen Gliomen - www.kup.at
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Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie www.kup.at/ JNeurolNeurochirPsychiatr Zeitschrift für Erkrankungen des Nervensystems Behandlungskonzepte für Patienten Homepage: mit malignen Gliomen www.kup.at/ Oberndorfer S, Grisold W JNeurolNeurochirPsychiatr Journal für Neurologie Online-Datenbank mit Autoren- Neurochirurgie und Psychiatrie und Stichwortsuche 2009; 10 (2), 32-35 Indexed in EMBASE/Excerpta Medica/BIOBASE/SCOPUS Krause & Pachernegg GmbH • Verlag für Medizin und Wirtschaft • A-3003 Gablitz P.b.b. 02Z031117M, Verlagsor t : 3003 Gablitz, Linzerstraße 177A /21 Preis : EUR 10,–
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Behandlung maligner Gliome Behandlungskonzepte für Patienten mit malignen Gliomen S. Oberndorfer1, 2, 3, W. Grisold1, 2 Kurzfassung: In der Behandlung von Patienten künftiger Entwicklungen wird es sein, entspre- temozolomide (Stupp protocol). If tumors re- mit malignen Gliomen hat sich in den vergange- chend den individuellen Eigenschaften der mali- lapse or progress, the treatment decision is par- nen Jahren die Standardtherapie der konko- gnen Gliome auch individuelle Therapiekonzep- ticularly challenging. mitanten Radiochemotherapie nach dem so ge- te zu entwickeln. Vielversprechend scheint hier The development of targeted therapies nannten „Stupp-Protokoll“ etabliert. Im Falle ei- für die nähere Zukunft die Kombination von so against key promoters of oncogenesis in glioma nes Nichtansprechens oder einer Tumorprogres- genannten zielgerichteten Therapien und klassi- is promising. However, tumor cells can activate sion ist die Therapieentscheidung nach wie vor schen Chemotherapien wie Alkylantien. several signaling pathways of oncogenesis and nicht einheitlich und wird von Zentrum zu Zen- Um eine optimale Betreuung dieser Patienten their interactions are complex. Novel agents trum unterschiedlich gehandhabt. zu gewährleisten, ist ein neuroonkologisches have been tested but results of most trials are Neue molekularbiologische und neuroradio- Tumor-Board mittlerweile internationaler Stan- moderate. In the near future, the combination of logische Techniken zeigen zunehmend die Hete- dard. classical anti-cancer drugs with new targeted rogenität dieser Tumoren auf und erklären auch therapies seems promising and several phase II teilweise das unterschiedliche Ansprechen auf studies are under way. verschiedene Therapieansätze. Patienten mit Abstract: Treatment for Patients With Ma- To provide optimal care for glioma patients, gleicher histologischer Diagnose zeigen unter- lignant Gliomas. The prognosis of patients today a neurooncological tumor board is manda- schiedlichste genetische Veränderungen und with malignant gliomas remains poor, despite tory and international standard. J Neurol unterschiedliches Wachstumsverhalten. Ziel zu- new standard treatment with radiotherapy and Neurochir Psychiatr 2009; 10 (2): 32–5. Einleitung Auch für Patienten mit malignen Gliomen öffnete sich in den vergangenen Jahren zunehmend das weite und vielver- Im Bereich der malignen Gliome gab es in den vergangenen sprechende Gebiet der „zielgerichteten Therapien“, auch Jahren zunehmende diagnostische und therapeutische Neue- „targeted therapies“ genannt, welches bei anderen Tumor- rungen, die das Behandlungs- und Betreuungskonzept von erkrankungen bereits gute Erfolge zeigte (Mammakarzinome, Patienten mit malignen Gliomen in verschiedene Richtungen Nierenzellkarzinom, hämatologische Malignome etc.). Diese erweitert haben. Therapieformen kommen bei malignen Gliomen vorerst nur im Rezidivgeschehen oder bei Tumorprogression zum Ein- Vonseiten der Diagnostik stehen verschiedenste Magnet- satz und werden in erster Linie im Rahmen von klinischen resonanztomographie- (MRT-) Untersuchungen (MR-Spek- Studien angewandt. troskopie, MR-Perfusion, MR-Diffusion, funktionelles MRT, „diffusion tensor imaging“) zur Verfügung, denen wachsende Darüber hinaus haben Aspekte der Lebensqualität bei Patien- Bedeutung sowohl in der initialen Diagnostik als auch im ten mit malignen Gliomen einen hohen Stellenwert, die bei weiteren Verlauf der Erkrankung, z. B. als Hilfestellung zur sämtlichen Therapiekonzepten prioritär zu berücksichtigen Unterscheidung eines Rezidivgeschehens oder posttherapeu- sind. Dazu gehören auch neueste Erkenntnisse hinsichtlich tischer Veränderungen, zukommt. Auch nuklearmedizinische supportiver Therapien (Hirnödemtherapie, Therapie epilepti- Untersuchungen (Glukose- und Aminosäure-Positronen- scher Anfälle, Schmerztherapie etc.). Die Betreuung der Pati- emissionstomographie [PET]) haben hier ihren Stellenwert. enten durch ein neuroonkologisches Tumor-Board sowie Aspekte der Neurorehabilitation und Neuropalliation sind Vonseiten der Anti-Tumor-Therapie haben sich einerseits ebenfalls ein integrativer Bestandteil des Behandlungskon- neurochirurgische Techniken weiterentwickelt, sind Strahlen- zeptes. therapien präziser und verträglicher geworden und ist die kon- komitante Strahlen/Chemotherapie mit Temozolomid zum Innovationen im Bereich der chirurgischen Gliomtherapie internationalen Standard geworden. In einer randomisierten und auch das weite Spektrum der neuroradiologischen Mög- Studie konnte die mediane Überlebenszeit mit dieser Thera- lichkeiten werden im Speziellen von zwei Schwerpunktarti- pieform von 12 auf 15 Monate und das progressionsfreie keln im Rahmen dieses Themenschwerpunktes abgehandelt. Intervall (PFS) von 5 auf 7 Monate gesteigert werden [1]. Dieser Beitrag beinhaltet das derzeitige Standardtherapiekon- Allerdings zeigen die bisherigen Therapieansätze (Phase-II- zept maligner Gliome und bietet einen Ausblick über mögli- Studien) nach Tumorprogression mit medianen Überlebens- che zukünftige Entwicklungen im Bereich der zielgerichteten zeiten von ca. 6 Monaten und PFS von 2–3 Monaten weniger Therapien. günstige Ergebnisse. Standardtherapie maligner Gliome 1 2 Aus der Abteilung für Neurologie, Kaiser-Franz-Josef-Spital Wien, dem Ludwig- Mittlerweile ist die Betreuung von Patienten mit malignen Boltzmann-Institut für Neuroonkologie, Wien, und der 3ARGE Neuroonkologie der Gliomen durch ein neuroonkologisches Tumor-Board inter- Österreichischen Gesellschaft für Neurologie Korrespondenzadresse: Dr. med. Stefan Oberndorfer, Abteilung für Neurologie, nationaler Standard. Die Variabilität des Krankheitsverlaufs Kaiser-Franz-Josef-Spital, A-1100 Wien, Kundratstraße 3; und die unterschiedlichsten therapeutischen und diagnosti- E-Mail: stefan.oberndorfer@wienkav.at schen Möglichkeiten machen einen interdisziplinären Zugang 32 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (2) For personal use only. Not to be reproduced without permission of Krause & Pachernegg GmbH.
Behandlung maligner Gliome unerlässlich. Neurologen, Neurochirurgen, Pathologen, Strah- läufig interagieren können. Beispiele für solche Signaltrans- lentherapeuten, Radiologen und Onkologen sind in diesem duktionswege sind: „epidermal growth factor receptor“ neuroonkologischen Tumor-Board gleichberechtigte Partner, (EGFR), „platelet-derived growth factor receptor“ (PDGFR), um individuelle diagnostische und therapeutische Strategien „vascular endothelial growth factor receptor“ (VEGFR), für den Patienten festzulegen. weiters PI3k/AKT/mTOR und RAS/MAPK (Abb. 1). Diese molekularen Veränderungen bei Tumorzellen, welche ent- In Österreich wurde in den Jahren 2006 und 2008 durch ein scheidend für Wachstum, Gefäßneubildung und Infiltration multidisziplinäres Expertenteam [2, 3] ein Konsensuspapier sind, sind potenzielle Angriffspunkte für „zielgerichtete The- zur Behandlung maligner Gliome herausgegeben, das sich im rapien“ wie Tyrosinkinasehemmer oder monoklonale Anti- Wesentlichen am Protokoll der Phase-III-Studie von Stupp et körper [4] (Tab. 1). Allein die hohe Heterogenität und die al. orientiert [1]. Dieses postoperative (oder auch postbiopti- niedrige Prävalenz jeder dieser molekularen Veränderungen sche) Therapiekonzept bestehend aus einer kombinierten haben die prognostische Aussagekraft vieler Untersuchungen lokalen Radiotherapie und Chemotherapie mit Temozolomid auf diesem Gebiet jedoch vermindert. stellt mittlerweile den Standard in der Therapie maligner Gliome dar. Viele dieser potenziellen Ziele und deren komplexe Interak- tionen sind mittlerweile identifiziert, deren Blockade oder Innerhalb eines Zeitraums von 4 Wochen postoperativ sollte Ausschaltung ist derzeit Gegenstand intensivster Untersu- die kombinierte Strahlen- (30× 2 Gy) und Chemotherapie chungen. Die Erkenntnisse der präklinischen Forschung (Temozolomid 75 mg/m2 Körperoberfläche [KOF] an 7 Ta- brachten jedoch bis jetzt noch nicht die gewünschten klini- gen in der Woche) beginnen. Zusätzlich wird eine Pneumo- schen Erfolge. cystis carinii-Prophylaxe mit Bactrim forte, 3× wöchentlich 1 Tablette gefordert. Anschließend folgt eine adjuvante Bei ca. 60 % aller Glioblastome (GBM) kommt es zu einer Temozolomid-Therapie: Überexpression des EGFR. Diese Veränderung ist typisch für 1. Zyklus 150 mg/m2 KOF/d1–d5 oral alle 28 Tage und das so genannte primäre Glioblastom, welches im Gegensatz 2.–6. Zyklus 200 mg/m2 KOF/d1–d5 alle 28 Tage. zu den sekundären GBM (entwickeln sich aus niedriggradi- gen Gliomen) de novo entsteht. Studien über zielgerichtete Vor Beginn der Therapie maligner Gliome ist jedenfalls eine Therapien gegen EGFR oder EGFRvIII, eine Variante des Histologie zu fordern. Wichtige radiologische Differenzial- EGFR-Rezeptors, ergaben widersprüchliche Ergebnisse und diagnosen wie Metastasen, „primary central nervous system meist auch keine Korrelation zwischen EGFR-Expression lymphoma“ (PCNSL), Abszesse oder auch demyelinisierende und Outcome der Patienten. Erkrankungen und Insulte erfordern unterschiedliche thera- peutische Strategien. Eine Überexpression des PDGFR ist mit einer schlechteren Prognose korreliert und kommt vor allem bei sekundären GBM vor. Zielgerichtete Substanzen wie Imatinib ergaben Zielgerichtete Therapien jedoch niedrige Ansprechraten, die Kombination mit Hydro- Auch wenn maligne Gliome histologische und radiologische xyurea zeigte bessere Ergebnisse [5]. Weitere Kombinationen Charakteristika aufweisen, sind sie aus molekularbiologi- mit zytotoxischen Substanzen werden derzeit untersucht. scher Sicht ausgesprochen heterogen. Verschiedenste Signal- transduktionswege werden derzeit untersucht, die teilweise Die VEGFR-Familie ist vor allem für die Tumorneoangio- aktiviert oder im Ruhezustand sind und parallel oder gegen- genese wichtig. Die Überexpression des VEGFR-A ist mit einer schlechteren Prognose assoziiert. Um den VEGF-Path- way zu blockieren, wurden verschiedene Substanzen ein- Tabelle 1: Zielgerichtete Therapien und deren wichtigste Targets Klasse Substanz Target Monoklonale Antikörper Cetuximab EGFR Panitumumab EGFR Bevacizumab VEGFR Small molecules Gefitinib, Erlotinib EGFR Imatinib, Dasatinib PDGFR Vatalanib VEGFR, PDGFR Sunitinib PDGFR, VEGFR Vandetanib EGFR, VEGFR Lapatinib EGFR, Her2/neu Sorafinib Raf, VEGFR Rapamycin, mTOR Abbildung 1: Schematische Darstellung wichtiger onkologischer Signaltransduk- Temsirolimus, tionswege mit verschiedener zielgerichteten Substanzen und deren Angriffspunkte. Everolimus, Adapted with permission from Omuro AM, Faivre S, Raymond E. Lessons learned in Sirolimus the development of targeted therapy for malignant gliomas. Mol Cancer Ther 2007; 6: Enzastaurin ProteinKinase C-β 1909–19 (fig. 1). J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (2) 33
Behandlung maligner Gliome gesetzt. Monoklonale Anti-VEGF-A- und VEGFR-2-Anti- lung, um entsprechende supportive Therapiemaßnahmen ein- körper, z. B. Bevacizumab, antisense Oligonukleotide, Ribo- zusetzen. enzyme, und VEGFR-TKI, z. B. Vatalanib, Sunitinib und Sorafenib. Obwohl hier vielversprechende präklinische Daten Epileptische Anfälle bei Hirntumorpatienten, vor allem parti- vorliegen, müssen Ergebnisse über die Wirksamkeit dieser ell komplexe Anfälle, können für den Patienten eine große Substanzen im Rahmen von Phase-II- oder -III-Studien noch Beeinträchtigung der Lebensqualität darstellen, können vor- abgewartet werden [3, 6]. bestehende neurologische Defizite für Stunden bis Tage nach- haltig verschlechtern und auch zentralnervöse Nebenwirkun- Aktivierte Proteinkinase C-β ist ein wichtiges Molekül bei der gen verursachen, welche die kognitive Funktion des Patienten VEGF-Signaltransduktion. Eine Substanz, die hier zur An- zusätzlich verschlechtern. Weiters können enzyminduzie- wendung kommt, ist Enzastaurin, das darüber hinaus auch rende Antikonvulsiva auch die Plasmaspiegel oder Wirksam- Tumorzellen direkt attackiert. Die Effektivität dieser Sub- keit von Antitumortherapien beeinträchtigen. Die Wahl des stanz nach den bisherigen Studien ist jedoch bescheiden. Wei- richtigen Antikonvulsivums ist hier besonders wichtig. Sub- tere Studien vor allem in Kombination mit klassischen zyto- stanzen wie Valproinsäure oder Levetiracetam kommen bei toxischen Substanzen und auch in Kombination mit Radiothe- Hirntumorpatienten häufig zur Anwendung [11]. rapie sind geplant. Enzyminduzierende Antikonvulsiva verstärken den Metabo- Überaktivierung von „Mammalian Target of Rapamycin-“ lismus unter anderem von Erlotinib [12] und Imatinib [13] (PI3k/AKT/mTOR-) Signaltransduktionswegen hat entschei- und sollten daher vermieden werden. Auch der Metabolismus denden Einfluss auf Wachstum und Überleben von Tumorzel- von Temisirolimus (mTOR-Hemmer) wird durch enzymindu- len nicht nur bei malignen Gliomen. Die Aktivierung ist durch zierende Antikonvulsiva verstärkt, womit dessen Plasmaspie- Stimulation von Wachstumsrezeptoren (z. B. „growth fac- gel sinkt [7]. tor receptors“: EGFR, PDGFR) getriggert. Präklinische Stu- dien zeigten, dass PTEN- („tumor suppressor gene-“) defi- Die Therapie des vasogenen Hirnödems ist ein in der Praxis ziente Tumoren eine vermehrte Empfindlichkeit für mTOR- höchst relevantes und häufiges Problem bei Patienten mit Hemmung (z. B. Temsirolimus) haben. Die Ergebnisse der malignen Gliomen. Eine sich über wenige Tage verschlech- ersten klinischen Phase-II-Studien waren jedoch enttäu- ternde neurologische Symptomatik im Einklang mit der schend [7]. Tumorlokalisation kann neben einer Progression des Tumors auch für eine Zunahme des vasogenen Hirnödems sprechen. Die zielgerichteten Therapien finden derzeit in erster Linie im Die adäquate Therapie ist die Gabe von Dexamethason begin- Rezidiv bzw. bei Tumorprogression Anwendung und sollten nend mit maximal 16 mg/Tag je nach Schweregrad der klini- aufgrund der unzureichenden Datenlage vor allem im Rah- schen Symptomatik. Die einmalige morgendliche Gabe ist men von Studien eingesetzt werden. Die bisherigen Phase-II- aufgrund der langen biologischen Halbwertszeit (HWZ) von Daten im Bereich der zielgerichteten Therapien rechtfertigen > 24 Stunden völlig ausreichend. Ein begleitender Magen- jedoch bis dato noch keine große Phase-III-Studie. schutz ist obligat. Eine beginnende klinisch-neurologische Besserung tritt bereits nach 24–48 Stunden ein. Bei Verdacht auf ein vasogenes Hirnödem wird eine zerebrale Bildgebung Kombinationstherapien empfohlen, um mögliche andere Ursachen der klinisch-neuro- Die Kombination von zielgerichteten Therapien mit klassi- logischen Verschlechterung (Tumorprogression, Einblutung, schen Chemotherapien ist ein neuerer Ansatz in der Therapie Liquorzirkulationsstörung) auszuschließen. Die Dauer der maligner Gliome und brachte auch erste Erfolge bei kleineren Dexamethason-Therapie sollte individuell der Klinik ange- Patientenzahlen. So zeigen z. B. Studien über Imatinib in passt werden. Sie sollte in jedem Fall so kurz und niedrig do- Kombination mit Hydroxyurea bessere Ergebnisse als Stu- siert wie möglich sein, da andernfalls die bekannten und dien mit Imatinib alleine [5]. schwerwiegenden Steroidnebenwirkungen auftreten. Eine Therapiedauer > 7–10 Tagen ist in den seltensten Fällen erfor- Eine Kombination aus Irinotecan und dem monoklonalen derlich. VEGF-Antikörper Bevacizumab zeigte vielversprechende Ergebnisse im Rezidiv [8, 9]. Diese Kombinationstherapie Neuere Entwicklungen weisen auch auf eine mögliche Wirk- wird auch von einigen Zentren im Falle eines Nichtanspre- samkeit von zielgerichteten Therapien mit VEGFR- oder chens auf die Primärtherapie nach dem Stupp-Schema emp- COX-B-Hemmern auf das vasogene Hirnödem bei Patienten fohlen [10]. mit malignen Gliomen hin [14]. Die Kombination von Carboplatin und Erlotinib wird gut tole- Kopfschmerzen treten bei Patienten mit malignen Gliomen riert, zeigt jedoch nur geringe Aktivität im Rezidiv [6]. vor allem zu Beginn der Erkrankung, aber auch im Verlauf z. B. bei Tumorprogression auf. Sie können durch zunehmen- de Raumforderung des Tumors selbst, ein vasogenes Hirn- Supportive Therapien ödem, durch Liquorzirkulationsstörungen (Hydrocephalus) Für Neurologen von besonderer Bedeutung ist die Interpreta- oder wellenartige Steigerungen des intrakraniellen Drucks tion des Auftretens und des Verlaufs von neurologischen („plateau waves“) bedingt sein. Auch Tumorinfiltration von Symptomen und klinisch-neurologischen Defiziten. Der kli- schmerzempfindlichen Strukturen (Meningen, Gefäße, Hirn- nisch-neurologische Befund ist eine wesentliche Hilfestel- nerven) können zu verschiedenen Schmerzsyndromen im 34 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (2)
Behandlung maligner Gliome Kopf- und Gesichtsbereich führen. Der klinisch-neuro- Literatur: Central Cancer Treatment Group. Phase II trial of temsirolimus (CCI-779) in recurrent glio- logische Befund kann hier ebenfalls wichtige differenzial- 1. Stupp R, Mason WP, van den Bent MJ, blastoma multiforme: a North Central Cancer Weller M, Fisher B, Taphoorn MJ, Belanger K, Treatment Group Study. J Clin Oncol 2005; diagnostische Aspekte liefern. Die Therapie richtet sich Brandes AA, Marosi C, Bogdahn U, Curschmann 23: 5294–304. dementsprechend nach der Ursache. Darüber hinaus kommt J, Janzer RC, Ludwin SK, Gorlia T, Allgeier A, Lacombe D, Cairncross JG, Eisenhauer E, 8. Bokstein F, Shpigel S, Blumenthal DT. auch hier das WHO-Stufenschema in der symptomatischen Mirimanoff RO; European Organisation for Treatment with bevacizumab and irinotecan Schmerztherapie zur Anwendung. Research and Treatment of Cancer Brain Tumor for recurrent high-grade glial tumors. 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Galanis E, Buckner JC, Maurer MJ, Kreisberg Amsler U, Rentsch K, Meier-Abt PJ, Meier gerichteten Therapien gegen verschiedene Signalwege der JI, Ballman K, Boni J, Peralba JM, Jenkins RB, UR, Bernays RL. Avoiding glucocorticoid ad- Dakhil SR, Morton RF, Jaeckle KA, Scheithauer ministration in a neurooncological case. Tumorzelle oder der Einsatz von Substanzen, die mehrere BW, Dancey J, Hidalgo M, Walsh DJ; North Cancer Biol Ther 2005; 11: 1186–9. Targets angreifen („multi-targeting“) oder auch die Kombina- tion mit klassischen zytotoxischen Chemotherapien bzw. Strahlentherapien synergistische Effekte bringen. Aufgrund des Mangels an evidenzbasierten Therapien im Falle Dr. med. Stefan Oberndorfer eines Rezidivs bei malignen Gliomen und der auf der anderen Geboren 1969. 1988–1995 Medizinstudium Seite steigenden Zahl an verfügbaren Substanzen steigt der in Wien. 2003 Facharzt für Neurologie, seit Druck, neue Therapien in die klinische Praxis einzuführen. 2004 an der Abteilung für Neurologie, Kaiser-Franz-Josef-Spital Wien. Seit 2007 Die diesbezüglich vorliegenden Phase-II-Studien geben Grund Vorsitzender der ARGE-Neurologie der zur Hoffnung. Es sollte jedoch auch in Betracht gezogen wer- Österreichischen Gesellschaft für Neuro- den, dass man hier neben dem Umstand, eine potenziell effek- logie. 2008 Einreichung der Habilitation. tive Therapie anzubieten, den Patienten auch einem erhöhten Risiko von therapiebedingten Nebenwirkungen aussetzt. Relevanz für die Praxis Patienten mit Hirntumoren werden im Rahmen von multiprofessionellen Teams (neuroonkologisches Tumor- Board) betreut. Sowohl Diagnose als auch das Zustande- kommen von Entscheidungen hinsichtlich der geeigneten Anti-Tumortherapie und der symptomatischen Therapie (epileptische Anfälle, Schmerzen, Hirnödem) erfordert einen interdisziplinären Zugang. Durch die zunehmende Verbesserung der Prognose und Symptomkontrolle ist in der Behandlung von tumorbeding- ten neurologischen Defiziten (Gangstörungen, Sprachstö- rungen etc.) auch die Neurorehabilitation zunehmend ge- fordert. J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2009; 10 (2) 35
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