Bergbautechnische Konsequenzen aus dem Kohleausstieg im Rheinische Revier - Betrachtung der drei Felder
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Bergbautechnische Konsequenzen aus dem Kohleausstieg im Rheinische Revier Dr.-Ing. Henry Riße Betrachtung der drei Felder I. Böschungsgestaltung II. Massenbilanzen III. Wasserhaushalt für die Tagebaue Inden, Garzweiler und Hambach
Böschungsgestaltung für die Rheinischen Tagebaue Grundlagen • Unterscheidung Gewinnungsböschung und Kippenböschungen • Gewinnungsböschung mit Neigung 1 : 2 bis 1 : 3 üblich, im TB Hambach derzeit 1 : 7 • Kippenböschungen und geschnittene Böschungen für Restseen mit Neigung 1 : 5 stabil • Böschungswinkel stark vom Material und Bodenfeuchte abhängig • Mischboden 1: Kies, lehmige Sande, Sand = aufbaufähiges Material • Mischboden 2: Feinsand, Ton, Schluff = nicht aufbaufähiges Material, neigt bei Durchfeuchtung zum Fließen, kann dadurch Rutschungen hervorrufen • Mischboden 2 muss daher „verpackt“ werden Poldersysteme
Böschungsgestaltung für die Rheinischen Tagebaue Grundlagen – Geologie TB Hambach Achtung: Dieser Schnitt ist vertikal überhöht! TB Hambach Quelle: Braunkohlenplanänderung Garzweiler II Quelle: Rahmenbetriebsplan 2020 bis 2030 Real 2020 1:7 1:5 1:3 Verfügbare Kohlemenge + 200 Mio. t + 400 Mio. t
Böschungsgestaltung für die Rheinischen Tagebaue Aufbau von Poldersystemen für eine stabile Endböschung (vorwiegend im Unterwasserbereich) „Verpacken“ nicht aufbaufähiger Böden in Poldern Quelle: Braunkohlenplanänderung Garzweiler II Mischboden 1 Mischboden 2 trocken Mischboden 2 nass Quelle: Braunkohlenplanänderung Garzweiler II, 2018
Restlaufzeit, Ausdehnung und Böschungsgestaltung TB Inden (Ende geplant: 2029) • Verkleinerung Abbaufeld am SO-Rand • Verzicht auf ca. 125 Mio. t Kohleförderung • Verfüllung des Lucherberger Sees • Verfüllung mit Rurwasser ab 2031 Quelle: Mitteilung der RWE Power AG an die Landesregierung
Alternative Ausdehnung TB Inden Lucherberger See • Erhalt des Lucherberger Sees (derzeit Kühlwasserreserve für DN Merken Weisweiler, funktionsfähige Anlage 5.000.000 m³ Speicher, >20 m tief) • Umnutzung ggf. als Oberbecken für Modifizierte Pumpspeicherkraftwerk Abbaugrenze • Bei modifizierter (= alter ) Abbaugrenze wären noch ca. 125 Mio. t zu fördern – konfliktfrei ohne Umsiedlungen!
Ausgangspunkte der Planung Mächtigkeit der Kohleflöze Garzweiler II Im Westteil drei Flöze mit geringeren Mächtigkeiten, nach Norden hin ein Flöz auslaufend Die 20 - 30 m fünf Dörfer 30 - 40 m 40 - 55 m alte A 61 Holz- ehem. gepl. weiler
Tagebau Garzweiler II (Planung RWE bis Ende: 2038) • Volle Ausnutzung des TB Wanlo Garzweiler gemäß Leitentscheidung 2016: Ausdehnung 36,2 km² Keyenberg A 61 wieder- hergestellt • Planung Restkohleförderung bis ca. 700 Mio. t • Inanspruchnahme der 5 Dörfer am NW Rand des TB • Abraummassen verplant für Restverfüllung von TB Garzweiler I und Holzweiler Schaffung Trasse für A 61 • „Export“ von 30 - 60 Mio. t Jackerath Löss zur Rekultivierung vom TB Hambach • Böschungssystem hier 1 : 5 (ca. 200 m Tiefe, ca. 1000 m Länge am Böschungsfuß) Quelle: Mitteilung der RWE Power AG an die Landesregierung
Garzweiler: Alternative DIW- Gutachten Mai 2020 • Abstand zu Wohnbebauung 400 m. • Zwei verschiedene Ansätze für die Steilheit der Gewinnungsböschung: • Flaches Böschungssystem 1 : 5 (grüne Linie): 138 + 120 = 258 Mio. t Kohle förderbar • Steiles Böschungssystem 1 : 3 (blaue Linie): 227 + 156 = 383 Mio. t Kohle förderbar • Eine 1 : 3 Gewinnungsböschung muss am Ende mit Abraum abgeflacht werden auf 1 : 5, um eine stabile Böschung unter der Wasseroberfläche herzustellen. Quelle: Gutachten Dt. Institut für Wirtschaftsforschung. Mai 2020
Alternativen aus dem Gutachten von BET u.a. für BMWI Garzweiler II, Referenzszenario Alle BKW in D („Business as usual“) • Ausdehnung < 30 km² • Gewinnungsböschung 1 : 2,3 (Nordrand) 1 : 5 (andere Ränder) • Restkohleförderung bis ca. 500 Mio. t • Keine Inanspruch- nahme der 4 Dörfer Keyenberg, Unter- /Oberwestrich und Kuckum • „TB-Gasse“ ca. 2 km zwischen Holzweiler und Keyenberg • A 61 N bleibt wie derzeit vorhanden Quelle: BET & EY Fumico Gutachten
Alternativen aus dem Gutachten von BET u.a. für BMWI Garzweiler II, Ausstiegszenario 1 Alle BKW in D („gemäß Kohlekommission“) • Ausdehnung < 25 km² • Gewinnungsböschung 1 : 2,3 (Nordrand) 1 : 5 (andere Ränder) • Seeböschung unter Wasser 1: 5 • Restkohleförderung bis 456 Mio. t • Alle fünf Dörfer bleiben erhalten • TB-Ende vor Berverath • A 61 N bleibt wie derzeit vorhanden Quelle: BET & EY Gutachten Quelle: BET & EY Fumico Gutachten
Restlaufzeit, Ausdehnung und Böschungsgestaltung Tagebau Hambach, 2020 Ellen/Niederzier Gewinnungsböschung zum Kohle ab ca. Innenkippe Hambacher Wald ca. 1 : 7 350 m Tiefe ca. 1 : 7 Böschung Elsdorf 1 : 3,6
Tagebau Hambach Plan RWE (Ende 2030) • Verkleinerung des TB Hambach von 85 auf 68 km² Erhalt Hambacher (Rest-) Wald • 1 Mrd. (!) t Kohle verbleibt in der Erde • Planung Restkohleförderung nur noch ca. 150 Mio. t • Inanspruchnahme der Fläche der Ortschaft Manheim ca. 6 km² zur Manheim Gewinnung von Abraummassen (nicht für Kohle!) Innenkippe • Manheim zu 90% zerstört • Böschungssystem hier 1 : 5 (ca. 400 m Tiefe: ca. 2000 m Länge) • Böschung Innenkippe ca. 1 : 7 Böschung Elsdorf 1: 3 • Sehr große Massenumlagerungen für Böschungsgestaltung Quelle: Mitteilung der RWE Power AG an die Landesregierung, ergänzt
Alternative Abbauplanung für den TB Hambach Tagebau Hambach – Ansichten/Kohlemächtigkeiten/Böschungen ca. 2,5 km Blick von Westen in den TB auf ca. 60 m Flöz und Elsdorfer Böschung Innenkippe Blick auf die Gewinnungsböschung mit der Vielzahl Terrassen Böschung Elsdorf 1: 3
Alternative Abbauplanung und Böschungsgestaltung TB Hambach, Elsdorfer Seite und überhöhte Innenkippe Elsdorf Manheim/Hambacher Wald • Ausdehnung 68 km² • Erhöhung Restkohleförderung Böschung Elsdorf 1: 3,6 nach BET & EY auf 190 Mio. t • nach DIW Option bis 400 Mio. t durch vorübergehendes Steiler- stellen der Böschung möglich Innenkippe 1 : 7 • Ermöglicht weitere Reduzierung der Förderung in Garzweiler Quelle: BET & EY Foto: AHU • Keine Inanspruchnahme der Manheimer Flur für Massen (Kies-) Gewinnung ! Überhöhte • Massenbeschaffung durch Innenkippe partiellen Rückbau der Innenkippe (Überhöhung) Innenkippen-Überhöhung erreicht Level der Sophienhöhe Innenkippe = riesiges (nicht der Sophienhöhe!) Abraumlager
Alternative Abbauplanung für den TB Hambach Tagebau Hambach – Idee seitlicher Vorschnitt und Wiederauffüllung Innenkippe Böschung Elsdorf 1: 3 • Schematische Darstellung: Vorschnitt auf Böschungswinkel ca. 1 : 3 und Wiederauffüllung auf Böschungswinkel von ca. 1 : 5 • Abbau praktisch rechtwinklig zur jetzigen Abbaufront (seitliches Auffahren und Verfüllen)
Massenbilanzen - Alternativkonzept TB Hambach, 2020: RWE Planung vs. Alternativkonzept Innenkippe Kritisch / besonders fraglich: Kies Wie kann der Rückbau der überhöhten zur Gestaltung der überhöhten Innenkippe Innenkippe erfolgen?
Massenbilanzen – selektiver Rückbau TB Hambach, Ansatz selektiver Rückbau Innenkippe (Überhöhung) M1 Mischboden 1 M2 trocken Mischboden 2 trocken 0) M2 nass Mischboden 2 nass 3) 1) Abraumschüttung Innenkippe Hambach 2) Quelle: BET & EY Foto: AHU
Wasserwirtschaft – TB Sümpfung TB Hambach, Karte Sümpfungsbrunnen Innenkippe • TB Betrieb erfordert Sümpfung bis deutlich unter die Sohle des untersten abgebauten Kohleflözes • TB Inden und Garzweiler : Böschung Elsdorf 1: 3 ca. 200 m • TB Hambach: 450 (!!) m Quelle: Antrag wasserrechtliche Genehmigung TB Hambach RWE 2019
Wasserwirtschaft TB Hambach, Ausdehnung Grundwasserabsenkung • Auswirkungen Sümpfung TB Hambach bis ca. 30 km südöstlich vom Tagebaurand Innenkippe • Gesamte Erftscholle betroffen • Grundwasser im Umfange von vielen km³ abgepumpt (1 km³ = 1 Mrd. m³) Böschung Elsdorf 1: 3 Quelle: Antrag wasserrechtliche Genehmigung TB Hambach RWE 2019
Wasserwirtschaft - Verwendung der Sümpfungswässer • Sümpfungswasser: Einsatz als Kühlwasser für Kraftwerke, Rohwasser für Trinkwasser, Bewässerung für Landwirtschaft, Ökologiewasser und Erhöhung Minimalabfluss (Erft) • TB Garzweiler 100 … 140 Mio. m³/a – dort sehr viel für Speisung Schwalm Nette Gebiet und Grundwasservorräte um Mönchengladbach (fast gesamte Menge) • Quelle Schwalm + Niers = 100% Sümpfungswasser • TB Hambach Sümpfungswasser bis ca. 400 Mio. m³/a Innenkippe Verwendung Sümpfungswasser 10,3 31,8 Brauchwasser Ökowasser Böschung Elsdorf 1: 3 37,9 Trinkwasser Abgabe Erft 12,1 Abgabe Rur + Inde 6,9 Schwalmquelle: 100% Sümpfungswasser
Wasserwirtschaft - Verwendung der Sümpfungswässer Karte der Infiltrationsbrunnen im Schwalm–Nette–Gebiet nordwestlich vom Tagebau Garzweiler Innenkippe Böschung Elsdorf 1: 3 Quelle: Monitoring Garzweiler
Wasserwirtschaft - Befüllung der TB-Restlöcher Konsequenzen Kohleausstieg • Ab 2030/31 Flutung des TB Inden mit Wasser der Rur, Begrenzung Füllmenge durch Mindestabfluss der Rur an der Grenze zu NL auf 5 m³/s • Ab 2030/31 plant RWE den TB Hambach mit Rheinwasser zu fluten, hier sehr große Mengen von ca. 270 Mio. m³/a geplant • Ende 2020er / Anfang der 2030er Jahre Sümpfungswasser TB Garzweiler nicht ausreichend für Sicherung Wasserbereitstellung Ökologie (Schwalm Nette) • Daher ursprüngliche Planung Rheinwasserüberleitung ab 2030 ins Garzweilergebiet, nun Innenkippe Rheinwasserüberleitung gleichzeitig auch nach Hambach • Limitierung Entnahme Rheinwasser durch Niedrigwasser im Rhein • Füllzeiten TB Hambach 40 bis 60 Jahre, danach 100 bis 150 (!!) Jahre Speisung mit geringeren Mengen zur weiteren Auffüllung der Grundwasserleiter • Bedarf TB Hambach unmittelbar 4,5 Mrd. m³ Füllwasser, Grundwasser Böschung Elsdorf 5…10…x 1: (?) 3 Mrd. m³ • Mit Aussetzen der Sümpfung TB Hambach – starker Rückgang der Abflusses in der Erft über Jahrzehnte Quelle: Monitoring Garzweiler
Wasserwirtschaft und Klimawandel Auswirkungen Klimawandel auf Rheinwasser, Wasserbedarf Landwirtschaft, Ökologiewasser, Trinkwasser Trockenjahre 2018 bis 2020: Statistische Ausnahmen oder zukünftig neue Normalität? Innenkippe Trocken gefallene Nette 2018 Böschung Elsdorf 1: 3 Rüben bei Morschenich 2020
Wasserwirtschaft und Klimawandel Auswirkungen Klimawandel auf Rheinwasser, Wasser- bedarf Landwirtschaft und Ökologiewasser Zukunftsprognosen für NRW: Trockenszenarien ab 2040 schon jetzt?! Innenkippe Böschung Elsdorf 1: 3 Quelle: FZ Jülich: Simulation GW-Neubildung und Evapotranspiration in NRW nach Szenario R4
Wasserwirtschaft und Alternative Befüllung der TB Alternativen zur alleinigen Befüllung mit Rheinwasser – anteilige Rückverfüllung TB Hambach mit Material der Innenkippenüberhöhung Innenkippe Vorteile: • Verminderter Flächenverlust für Kerpen • Verringerung Füllvolumen um bis zu 20% • Zeitliche Entzerrung der Füllung Hambach und der Ökowasserbereitstellung Garzweiler • Böschung Elsdorf 1: 3 Verringerung der extremen Seetiefe um >100 m • Verbesserung gebirgsmechanischer Stabilität • Erhöhung des Anteils der landwirtschaftlich zu rekultivierenden Fläche • Erhaltung von Arbeitsplätzen über weitere 5 a
Ausblick • Kohleausstieg hat z.T. gravierende Veränderungen der TB Planung zu Folge • Flächeninanspruchnahme TB Hambach deutlich reduziert • Flächeninanspruchnahme TB Garzweiler nach Plan RWE unverändert ggü. 2016 • Praktikable Alternativen zur RWE Planung liegen vor • Allgemeine Richtschnur für Böschungsgestaltung: Hangneigung 1 : 5 • Unbedingt Nutzung der aufgetürmten Massen der Innenkippen-Überhöhung, dort 1 Mrd. m³ Material Innenkippe • Vermeidung der Inanspruchnahme der „Manheimer Bucht“ • Vermeidung des Abbaus der (Manheimer) Kiese für Innenkippengestaltung • Lösung des Problems der (qualitativ) selektiven Wiederaufnahme verkippter Massen • Nutzung der Massen der Innenkippen-Überhöhung auch Böschung Elsdorf 1: 3 Seetiefe, zur Verringerung Verringerung des Wasserfüllvolumens
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