Betrachtungen über Krebs im Charles Darwin Jahr 2009 - Schülerforum Life-Science Lab - Heidelberger Life-Science ...

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Betrachtungen über Krebs im Charles Darwin Jahr 2009 - Schülerforum Life-Science Lab - Heidelberger Life-Science ...
Schülerforum Life-Science Lab
16.02.2009   Freitag, 6. Februar 2009

             Betrachtungen über Krebs
             im Charles Darwin Jahr 2009

             H. J. Gebest
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Dr. HJ Gebest

Seite 2         Die häufigsten Todesursachen

                  Infektionskrankheiten       17.000.000 /Jahr

                  Herz-Kreislauf              15.000.000 /Jahr

                  Krebs                        7.000.000 /Jahr

                  Krebsneuerkrankungen        10.000.000 /Jahr
                     • 2002: 10.000.000 neu          7.000.000 
                     • 2020: 16.000.000 neu         10.000.000 
                     • 2030: 20.000.000 neu
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Seite 3         Verbreitung Krebsarten Männer

                Quelle: Centers for Disease Control and Prevention USA
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Seite 4         Verbreitung Krebsarten Frauen

                Quelle: Centers for Disease Control and Prevention USA
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 Seite 5             Krebs in Deutschland

                      In Deutschland erkranken jährlich über
                       436.000 Menschen an Krebs

                      Das mittlere Erkrankungsalter liegt für
                       Frauen bei 69 und Männern bei 68 Jahre

                      3 - 4 Millionen Menschen leben derzeit in
                       Deutschland mit der Diagnose Krebs
                       (WHO: derzeit 24,6 Millionen weltweit)

* bezogen auf 2004
 RKI 2008
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Seite 6                          Krebsformen in Deutschland

©Robert   Koch-Institut / 2008
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Seite 7                          Krebssterbefälle in Deutschland

©Robert   Koch-Institut / 2008
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 Seite 8                   Überlebensraten aller Krebsarten

„Periodenanalyse“

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                                                                                                       42%

Dtsch Arztebl 2005; 102:            Relative 5-Jahres-Überlebensraten von Krebspatienten im Saarland
A 2628–2633 [Heft 39]               in verschieden Zeiträumen zwischen 1978–1982 und 1998–2002
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Seite 9         Krebs ist bösartig - maligne

   Trias            Ungebremstes Zellwachstum
                    Infiltration und Zerstörung von Gewebe
                     Metastasierung (Absiedlung in andere Organe)

                   Ungünstige Prognose
                    Mangel an Symptomen
                    Späte Diagnose (z.B. Bauchspeicheldrüse)
                    Frühe Metastasierung (z.B. Brustkrebs)
                    Biologie des Tumors (z.B. Lunge)
                    Erkrankung von älteren Menschen
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 Seite 10                     Konstanz des Wissens

                                     Keplersche Gesetze
                                      Die Umlaufbahn eines Trabanten
                                       ist eine Ellipse
Johannes Kepler (1571-1630)
                                      In gleichen Zeiten überstreicht
„Die Mathematik allein
befriedigt den Geist durch
                                       die Strecke zwischen Objekt und
ihre außerordentliche
Gewissheit“
                                       Gravizentrum gleiche Flächen

                                     16. Jahrhundert

   Foto. Wikipedia
Dr. HJ Gebest

 Seite 11                Wandel des Wissens

                         Paracelsus: Behandlung von Brustkrebs

                         Man solle einen lebenden Krebs mit verbundenen
                         Scheren auf die befallene Brust legen und ihn dort
                         sterben lassen, dann sei auch der andere Krebs
                         gestorben und vergangen.

                                  16. Jahrhundert

Paracelsus (1493-1541)
Dr. HJ Gebest

 Seite 12                      Krebs als Metapher

                                 Krebs ist eine Krankheit…

                                 unzureichender Leidenschaft, die diejenigen befalle, die
Foto: wilhelm-reich-institut
                                 sexuell unterdrückt, gehemmt, unspontan sind und unfähig,
                                 Wut auszudrücken.                     Wilhelm Reich 1897-1957

                                 Psychologische Krankheitstheorien…

                                 sind machtvolle Instrumente, um die Schande auf die
                                 Kranken abzuwälzen. Patienten, die darüber belehrt
Foto: daad.de
                                 werden, dass sie ihre Krankheit unwissentlich selbst
                                 verursacht haben, lässt man zugleich fühlen, dass sie es
                                 verdient haben.
                                                                          Susan Sontag 1933-2004
Dr. HJ Gebest

 Seite 13               Herkunft der Bezeichnung „Krebs“

                            vom Griechischen „karkinos“
                                   (seitwärts laufender Krebs)

                            Venenzeichnung auf der Bauchdecke
                           (Magenkrebs)

Abb. NEJM August 1999

                            Krebs > Malignom > Karzinom > Cancer (engl)
                                   (Tumor, Neoplasie)
Dr. HJ Gebest

Seite 14        Krebs ist …

                 nicht eine Erkrankung
                    (über 100 verschieden Krebsarten!)

                 nicht seelisch bedingt
                 nicht ansteckend (15-20% bedingt durch Infektionen)
                 ohne Zellteilung nicht denkbar
                 eine genetische Störung
                 Störung eines fundamentalen biologischen
                    Prozesses, der Zellzyklusregulation
Dr. HJ Gebest

 Seite 15                  Menschen sind Vielzeller

                            Vielzeller entwickelten sich aus Einzellern
                               vor 700 Millionen Jahren
Schalenamöbe (Protozoen)
Bild: Wikipedia

                            Der Mensch besteht aus 100 Billionen Zellen
                               Eine 1 mit 14 Nullen  100.000.000.000.000

                            Die Zellen stehen in einem Fließgleichgewicht
                               Zellerneuerung – Apoptose (programmierter Zelltod)

                            Pro Minute entstehen ca. 300 Millionen Zellen
                               allein 2,5 Millionen rote Blutzellen pro Sek.
Dr. HJ Gebest

Seite 16             „Omnis cellula e cellula“

                         Alle Zellen
                          entstehen durch Zellteilung

                         Pro Menschenleben
    Rudolf Virchow        erfolgen 1016 Zellteilungen
     (1821-1902)
                           Eine 1 mit 16 Nullen - 10.000.000.000.000.000

                         Eine Zellteilung
                          dauert ungefähr 24 h

                         Jede neue Zelle besitzt
                          das gesamte Genom
Foto: Wikipedia
                                                                           aus: B. Alberts, Molekulare Zellbiologie
Dr. HJ Gebest

Seite 17            Gene - Chromosomen - Genom

                                                             1,1 Gigabyte
                                                             437 USB-Sticks
                                                             a 256 MB

           • Gene befinden sich auf den Chromosomen   • Daten  Gene (DNA)
           • Gene sind bestimmte Abschnitte der DNA   • Diskette  Chromosom
           • Genprodukte sind Proteine (Eiweiße)      • Stapel  Genom
Dr. HJ Gebest

 Seite 18                   Feinbau von Chromosomen

                                                      Die menschliche
                                                      DNA besteht aus
                                                      circa 3 Milliarden
                                                        Basenpaaren

aus: LINDER:
Biologie.Schroedel Verlag
Dr. HJ Gebest

Seite 19        Größenvergleich: Zellkern - DNA

                   Der Zellkern einer menschlichen Zelle hat
                    einen ungefähren Durchmesser von 5-8 µm
                    und enthält ca. 2m DNA (Doppelhelix)
Dr. HJ Gebest

Seite 20            Transkription und Translation

       • 28% des Genoms kann in
         RNA transkribiert werden

       • nur 5% hiervon aber in
         Proteine übersetzt (translatiert)

       • Proteinkodierende Abschnitte
         (Exons) werden von
         nichtkodierenden Abschnitten
         (Introns) unterbrochen

       • Spleißen > Herausschneiden
         von Introns
Dr. HJ Gebest

Seite 21
Dr. HJ Gebest

 Seite 22                   Vom Organismus zur DNA

aus: LINDER:
Biologie.Schroedel Verlag
Dr. HJ Gebest

  Seite 23                     Anzahl der Gene nicht entscheidend

                                    Fadenwurm C. elegans  19.000 Gene
                                     ~ 1mm lang, Lebenszeit: 7 bis 10 Tage, Genom 1998 entschlüsselt

Columbia Desaster 01.02 2003

                                    Reis  60.000 - 80.000 Gene

                                    Mensch  20.000 - 25.000 Gene*
                                     98,7% mit dem Schimpansen identisch

* Human Gene Project,
Nature 21 October 2004
Dr. HJ Gebest

Seite 24        Arten der Mutation

                  • stille Mutationen
                  • letale Mutationen
                  • loss of function
                  • gain of function
                   (0,001%)

                Alle Menschen sind zu 99,9 Prozent ihrer Erbinformation gleich

                Nur 0,1 Prozent unserer Gene begründen unsere Individualität
Dr. HJ Gebest

Seite 25              Wachstumsregulation von Zellen

                 Zellen teilen sich in unserem Körper nicht einfach
                  grundlos, sondern nur bei spezifischem Bedarf

                 Beispiel: Nachproduktion von Erythrozyten
                    O2-Partialdruck im Gewebe (Nieren)
                    Bildung des Hormons Erythropoeitin
                    über Blutweg ins Knochenmark
                    Nachschub von Erythrozyten angeregt
Dr. HJ Gebest

 Seite 26                                  Zellzyklus-Checkpoints

                                                           Die Zellteilung ist äußerst streng geregelt

                                                                  Proto-
                                                                  Onkogene

                                                             Tumor
                                                             Suppressor-
                                                             Gene

aus: B. Alberts, Molekulare Zellbiologie
Dr. HJ Gebest

Seite 27        Krebsgene

                Die plakativen Begriffe

                Onkogen, Tumorsuppressorgen oder Tumorgen

                verweisen nicht auf die physiologische Bedeutung

                dieser Gene, sondern auf eine besondere

                Konsequenz ihrer Fehlregulation
Dr. HJ Gebest

Seite 28        Krebsgene

                 Tumorgene sind Mitglieder einer heterogenen

                 Gruppe von positiven und negativen Regulatoren

                 der normalen Zellproliferation, Apoptose und

                 Gewebedifferenzierung
Dr. HJ Gebest

Seite 29        Krebsgene

                 Die Anhäufung von Störungen solcher Gene,

                 seien sie ererbt oder im Laufe des Lebens

                 erworben, können schließlich nicht mehr

                 kompensiert werden und führen zur malignen

                 Transformation
Dr. HJ Gebest

 Seite 30               Mutation und Selektion

aus: www.camcases.com
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Seite 31                      Das Chaos in den Chromosomen

  Quelle:
  Spektrum der Wissenschaft
  Oktober 2007
Dr. HJ Gebest

 Seite 32                 Krebswissen dank “Omics”

                                         Kebsentstehung ein mehrstufiger Prozess

Foto: v.Eschenbach, NCI   Quelle:The Biology of Cancer, © Garland Science 2007)
Dr. HJ Gebest

Seite 33        Stammzellen und Krebs

                     Krebs eine Erkrankung von Stammzellen?

                Quelle: Andreas Trumpp
Dr. HJ Gebest

Seite 34        Auf die Verpackung kommt es an…

                Genetik
                 Organisation der DNA in Genen und regulatorischen
                  Sequenzen,
                 Veränderung von DNA durch Mutationen
                 Vererbung

                Epigenetik
                 Genregulation und -expression
                 Expression kodierter Gene
                 individuelle Ausprägung von Merkmalen (Phänotyp)
Dr. HJ Gebest

 Seite 35        Genexpression

                                      Das Realisieren der
                                 Information, die in der DNA
                                  eines Gens gespeichert ist,
                                 nennt man Genexpression

BioTeach
Dr. HJ Gebest

Seite 36        Genexpression
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Seite 37        Epigenetische Regulation

                 DNA-Hypermethylierung
                  Promotorregion (Startregion für RNA-Polymerase)
                  gesteuert von Histonproteinen

                  Promotorregion  Gen-Inaktivierung (gene silencing)

                  Cytosin (gefolgt von Guanin) CpG-Dinukleotid (CG-Suppression)
                  Hypomethylierung  genetische Instabilität (Neoplasie)
                  Tumorzelle  Methylierung  Wachstumsvorteil
Dr. HJ Gebest

 Seite 38                  DNA-Methylierung

                           HTA: Histonacetyltransferase, DMNTs: DNA-Methyltransferase
                           HDACs: Histonacetylasen, MBDS: Methylgruppen bindende Domänen
DÄB 101, 27, 2.Juli 2004
                           T: Transskriptionsfaktoren
Dr. HJ Gebest

 Seite 39                  DNA-Methylierung beim Prostata-CA

DÄB 101, 27, 2.Juli 2004
Dr. HJ Gebest

Seite 40        Krebsverlauf

                 Mit einer Krebserkrankung beginnt ein
                  willentlich nicht beeinflussbarer Prozess

                 Der spontane Verlauf ist von
                  eigendynamischen biologischen Prozessen
                  gekennzeichnet

                 Spontanheilungen sind möglich, werden
                  aber nur sehr selten beobachtet
Dr. HJ Gebest

Seite 41        Krebsentstehung

                 Triebkraft ist das Prinzip der Evolution
                  Mutation und Selektion

                 Krebszellen entkommen der Zellzyklusregulation

                 Störungen der zellulären Signalmechanismen

                 Krebsentstehung ist ein mehrstufiger Prozess
Dr. HJ Gebest

 Seite 42                       Krebsprävalenz in Schweden

aus: The Lancet 1999; Vol 354           Causes of increasing cancer prevalence in Sweden
Dr. HJ Gebest   Krebs und Alter
Seite 43

                    Die Krebsgefahr steigt mit zunehmenden Lebensalter
Dr. HJ Gebest

 Seite 44        Ernährung und Krebs

Foto: Stern.de   Quelle: W. Hiddemann, Die Onkologie
Dr. HJ Gebest

 Seite 45                 Lebensstil und Krebs

Bild: Edgar Maxence       Quelle: W. Hiddemann, Die Onkologie
"La femme à l’orchidée"
Dr. HJ Gebest

Seite 46                  Kein „Alles-oder Nichts-Gesetz“

                          Warum erkranken manche Menschen nicht an
                          Krebs - trotz Risikofaktoren?

                           DNA-Reparatur

                           Detoxifikation

                           p53 Gen

                           Apoptose

Foto: dpa, Oktober 2007
Dr. HJ Gebest

Seite 47        Fragen - forschen - erklären

                 Krebsforscher fragen „wie“
                    Wie entsteht Gebärmutterhalskrebs?

                  (Harald zur Hausen, DKFZ - Nobelpreisträger für Medizin 2008)

                 Evolutionsforscher fragen „warum“
                    Warum merzen Selektionsprozesse den Krebs nicht aus?

                  (Bernard J. Crespi, Simon Fraser University, Vancover Canada)
Dr. HJ Gebest

Seite 48              Erstaunen

                                    Der Beginn aller
                                     Wissenschaften
                                   ist das Erstaunen,
    Aristoteles
(384 - 322 v. Chr.)
                                  dass die Dinge sind,
                                       wie sie sind.

                                    Vielen Dank!
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