Bildung geht Weil es um - AHS-Gewerkschaft

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Bildung geht Weil es um - AHS-Gewerkschaft
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                        Weil es um
                       bildung
 Die Zeitschrift der
 AHS-Gewerkschaft
                                            Foto: Wavebreakmedia Ltd/thinkstock

    67. jahrgang
      juli 2018
         nr. 4            geht
   Gewerkschaft
 Öffentlicher Dienst
                                     Foto: iStock
Bildung geht Weil es um - AHS-Gewerkschaft
zugespitzt                                                      inhalt

         Brasilien im Rausch                                                       top thema
                                                                         BILDUNG IST MEHR ALS
                                                                                                    4

         der Bildung                                                  KOMPETENZVERMITTLUNG

         Der private Bildungssektor in Brasilien wird, so
                                                                       Von Mag. Georg Stockinger
         berichtete die renommierte Neue Zürcher Zei-
         tung Ende Mai, geradezu von einem Goldrausch                          gut zu wissen        8
         erfasst. Im Angebot gibt es u.a. Kinderkrippe            DAS ERSTE UNTERRICHTSJAHR –
         „dreisprachig“, neben Portugiesisch und Englisch              EINE HERAUSFORDERUNG
         üben Babys spielerisch das Programmieren. Dass
         gerade in einem Land wie Brasilien, das auf einen                   Von MMag. Mag. iur
         der hintersten Plätze bei PISA und Co abonniert                      Gertraud Salzmann
         ist, hunderte Millionen $ in den privaten Bildungs-
         sektor gepumpt werden, mag auf den ersten
         Blick erstaunen. Dabei ist es völlig logisch, dass
                                                                        TEILZEITBESCHÄFTIGUNG      12                         4
                                                                     Von MMag. Mag. iur Gertraud
         bildungsaffine und finanziell gut situierte Eltern
         nicht im Alptraum daran denken, ihre Kinder in                                Salzmann
         ein daniederliegendes öffentliches Schulsystem
         zu stecken. Laut NZZ kosten die „Ultra-Premium“-              KINDERBETREUUNGSGELD        13
         Schulen zwischen 1800 und 3000 Dollar monatlich,
                                                                         Von Mag. Andrea Meiser
         exklusive Nebenkosten wie Schulmaterial, Verpfle-
         gung, Uniformen, etc. Am Transfermarkt dieser
         schulischen Champions League kann man ange-                         GÖD – RESOLUTION      14
         sichts prall gefüllter Kassen Top-PädagogInnen aus
                                                                                                   16
                                                                                                                          13
         Singapur, Finnland und der Schweiz engagieren.                                service
         Und damit der Abstand zu den öffentlichen Schu-
         len noch größer wird, werben die schwerreichen
                                                                                   menschen        17
         Schulkonzerne den besten Schulen Brasiliens                          AUSZEICHNUNGEN
         pädagogische LeiterInnen ab. Mit einem Markt-                      UND ERNENNUNGEN
         gewicht von rund 8,5 Mrd. $ ist laut NZZ „Kroton“
         der weltgrößte börsennotierte Bildungskonzern mit                           im fokus      18
         einem kolportierten Jahresumsatz von 2,2 Mrd. $.
                                                                         SPRACHFÖRDERUNG IM
         Brasilianischen Eltern ist längst bewusst, dass ihre
                                                                   INTERNATIONALEN VERGLEICH
         Kinder für einen Platz an einer begehrten Uni-
         versität mehr brauchen als gute Noten an einer                  Von Mag. Gudrun Pennitz
         nationalen öffentlichen Schule. Die NZZ zitiert das
         Institut „ISC Research“, demzufolge die Zahl der
         internationalen Schulen sich in den aufstrebenden
                                                                            facts statt fakes      22                     14
                                                                        Von Mag. Gerhard Riegler
         Gesellschaften Asiens, in Nahost und Lateiname-                                                Redaktionsschluss
         rika seit 2010 mehr als verdreifacht hat, von 2600
                                                                               aktuelle seite      23   Redaktionsschluss für die
                                                                                                        Nr. 5/2018:
         auf rund 9000 Institute. All diesen Fakten zum Trotz
                                                                      ENDLICH KONSEQUENZEN?             11. September 2018
         wischen die VerfechterInnen der Gesamtschule
         unser Argument vom Tisch, dass die Einführung                    Von Mag. Herbert Weiß
         von Einheitsschulen unweigerlich zu einem
         Run auf elitäre Privatschulen führen würde. Sie                    nachgeschlagen         24
         machen sich damit zu HelfershelferInnen schwer-
         reicher Bildungskonzerne.                          NN

2     gymnasium
Bildung geht Weil es um - AHS-Gewerkschaft
Sehr geehrte Frau Kollegin! Sehr geehrter Herr Kollege!                                                                          editorial
                               Vor einiger Zeit hat mich ein Kollege auf die Sendung „Durchgefallen? Schule auf dem Prüf­
                               stand“ aufmerksam gemacht. Darin wird unter anderem der überbordende Einfluss der Wirt-
                               schaft bzw. der OECD auf die Schule angeprangert.
                               In der Sendung wird die These vertreten, dass der PISA-Test „schief liege“, da er ausschließlich
                               jene Fähigkeiten abfrage, die später für die Wirtschaft relevant sind. Nicht nur wir LehrerInnen
                               befürchten also, dass die Qualität unserer Schulen in Hinkunft vor allem unter diesem Blick-
                               winkel beurteilt werden wird, wenn sich die OECD-Lobby durchsetzt.
                               Unterstrichen wird diese These durch die folgende Passage: „Die OECD fragt ja vor allem
                               nach Kompetenzen, die nur für die Wirtschaft von Interesse sind, als ob Schule ein Zulieferer­
                               betrieb sei für die Ökonomie. Und sie hat ihre Klienten gefälligst fit zu machen für die Wirt­
                               schaft. Man spürt hier den Durchgriff des Geldes auf die Schulen. Und diese ständigen Tests,
                               die sollen ja Qualität sichern. Auch so ein Begriff aus der Wirtschaft: Qualitätssicherung. […]
                               Auf jeden Fall wird so aus dem Vertrauensverhältnis zwischen Lehrern und Schülern Misstrau­
                               ensmanagement. Und aus den Tabellen lässt sich dann angeblich der Erfolg ablesen. Also
                               das, was ökonomisch am wünschenswertesten ist.“
                               Im Gegensatz dazu wird betont: „Je emotionaler wir involviert sind, desto tiefer prägt sich uns
                               das Gesehene ein.“ Auch die Hattie-Studie wird erwähnt, die zu Recht betont, wie wichtig
                               die soziale Kompetenz der Lehrkraft ist. „Ein guter Draht zu den Schülern, gegenseitiges Feed­
                               back und Glaubwürdigkeit stehen weit oben auf seiner Liste. Was wir von einer leidenschaft­
                               lichen Lehrkraft lernen, entfaltet größere Wirkung. Schulmaßnahmen sollten deshalb die
                               Motivation der Lehrer stärken und fördern. So profitieren die Schüler am meisten. […] Nicht
                                                                                                                                                          Die Redaktion
                               Digitalisierung und Whiteboard, sondern schlicht das menschliche Miteinander von Lehrern                                        wünscht
                               und Schülern können aus jedem Klassenraum einen Garten der Freude, der Neugier und                                            erholsame
                               der Phantasie machen. Eine glaubwürdige Lehrerpersönlichkeit, die kompetent ist und ent­
                               spannt, überzeugt die Schüler, inspiriert sie und regt sie an. Aber dafür braucht es Freiräume
                                                                                                                                                         Sommerferien!
                               und natürlich viel Zeit, also kein Gehetze durch die Lehrpläne.“
                               Die Aussagen am Ende der Sendung sehe ich als Appell für die Weiterentwicklung der öster-
                               reichischen Schule: „Schule ist doch das humanistische Projekt, inspiriert von der Vorstellung,
                               dass der Mensch sich bilden kann, weil er staunt, weil er neugierig ist und weil er aus seinen
                               Fehlern und Irrtümern lernen kann. Überlassen wir die Schule endlich denjenigen, die dort
                               miteinander versuchen, das Beste zu erreichen, zu dem Schule fähig ist: aus jungen Men­
                               schen Persönlichkeiten werden zu lassen, die mit Selbstbewusstsein und Freude in ihr Leben
                               gehen und mit dem Ziel, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen.“
Foto: Orla/istock/thinkstock

                                  impressum
                               gymnasium. Zeitschrift der AHS-Gewerkschaft in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst. He­            raus­ ge­ber: Gewerkschaft Öffentlicher Dienst,
                               Dr. Norbert Schnedl. Medieninhaber: Die GÖD Wirtschaftsbetriebe Ges. m. b. H., A-1010 Wien, Teinfaltstraße 7. Chefredaktion und für den
                               Inhalt verantwortlich: Mag. Gudrun Pennitz, 1090 Wien, Lac­kie­rer­gas­se 7, Tel.: 01/405 61 48, Fax: 01/403 94 88, E-Mail: office.ahs@goed.at.
                               Redaktion, Pro­  duk­tion, Kon­   zep­
                                                                    tion und Anzeigenverwaltung: Mo­   dern Ti­mes Me­   di­
                                                                                                                           a Ver­
                                                                                                                                lags­ ges. m. b. H.,1030 Wien, Lagergasse 6/35,
                               Tel.: 01/513 15 50. Chefin vom Dienst: Mag. Nina Atzenhofer, Grafik: Marion Leodolter, Hersteller: Druckerei Berger, A-3580 Horn, Wienerstraße
                               80. Verlagsort: Wien. H ­ er­stellungsort: Horn. DVR-­Nr.: 0046655. Namentlich ge­kenn­zeichne­te Bei­trä­ge unterliegen der Verantwortung des Au-
                               tors. Die Redaktion behält sich das Recht der Kürzung vor. Es wird darauf hingewiesen, dass alle Angaben in dieser Zeitschrift trotz sorgfältiger
                               Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung des Herausgebers und Medieninhabers, der Redaktion oder der AutorInnen ausge-
                               schlossen ist.

                                                                                                                                                                                     3
Bildung geht Weil es um - AHS-Gewerkschaft
top thema
                                      Bildung ist mehr als
                                      Kompetenzvermittlung
    Von Mag. georg stockinger
         Stv. Vorsitzender der
                Bundesleitung
            AHS-Gewerkschaft
        georg.stockinger@goed.at

             „Man fragt sich ja, wenn das so wichtig ist, dass            In der von OECD & Co. mit Millionenaufwand betrie-
                                                                          benen Propagandamaschinerie spielt die Kompe-
              nur noch Kompetenzen vermittelt werden: Wie
                                                                          tenzrevolution eine ganz große Rolle. Wer will sich
                  haben eigentlich diejenigen, die jetzt diese            schon gegen ein Mehr an Kompetenz aussprechen,
                                                                          wer will unserer Jugend vorenthalten, mit Kompeten-
                Kompetenztheorien aufstellen, lesen gelernt,
                                                                          zen aller Art ausgestattet zu werden?
                 nämlich so viel lesen gelernt, dass sie wissen,          Schon ein kurzer Blick in die schier unerschöpfliche Zita-
                                                                          tenwelt auf der von Gerhard Riegler, dem ZA-Vorsitzen-
            was Kompetenz ist, ohne je kompetenzorientiert
                                                                          den AHS und Bundesleitungsmitglied der AHS-Gewerk-
                                   unterrichtet worden zu sein?“          schaft, und Gudrun Pennitz, der Chefredakteurin dieser
                                                                          Zeitung, befüllten Website www.bildungswissenschaft.at
                 Univ.-Prof. Mag. Dr. Konrad Paul Liessmann,
                                                                          lässt große Zweifel daran aufkommen, ob mit der Kom-
                      NZZ Standpunkte am 2. November 2014                 petenzorientierung der „Stein der Weisen“ der Bildungs-
                                                                          politik gefunden wurde. Ganz im Gegenteil, je mehr ich
                                                                          in die einschlägige bildungswissenschaftliche Literatur
                                                                          eingetaucht bin, umso überzeugter wurde ich, dass wir
                Es scheint wohl nicht nur mir, dass unser Bildungssys-    uns dem Kompetenzfetisch noch viel entschlossener
                                                                                                                                       Foto: ismagilov/istock/thinkstock

                tem einem Trommelfeuer an Kompetenzorientierung           entgegenstemmen müssen, als wir das in den letzten
                ausgesetzt ist, und uns Lehrerinnen und Lehrern per-      Jahren ohnehin schon getan haben.
                manent suggeriert wird, in unserer Arbeit nach wie vor    Gestatten Sie mir, geschätzte Kolleginnen und Kol-
                viel zu wenig(e) Kompetenzen zu vermitteln.               legen, also Schlaglichter auf Aussagen zu werfen,
                Müssen wir Lehrerinnen und Lehrer uns gar päda-           die von höchst renommierten Wissenschaftlern zum
                gogisch „inkompetent“ fühlen, insbesondere dann,          Thema Kompetenzorientierung in wissenschaftlichen
                wenn vorgeblich höchst „objektive“ Kompetenzmess-         Foren und anderen Medien getätigt wurden.
                ergebnisse - zum Beispiel bei der Zentralmatura - nicht   So spricht etwa Univ.-Prof. Dr. Wolfram Meyerhöfer in
                ganz wunschgemäß ausfallen?                               der Neuen Zürcher Zeitung online am 22. Juni 2015

4         gymnasium
Bildung geht Weil es um - AHS-Gewerkschaft
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vielen Lehrerinnen und Lehrern wohl aus der Seele:          „Der multinationale Konzern Pearson mit weltweit 40.000
„Standardisierte Tests entprofessionalisieren die Leh­      Mitarbeiter/innen, der die Verlage Addison-Wesley und
rerschaft. Sie müssen die Schüler auf die Tests hin trim­   Penguin-Random-House, Zeitungen wie der Financi­
men, statt mit ihnen das Spannungsfeld der Bildung          al Times, Vergnügungsparks und Madame-Tussaud-
von Autonomie auszuloten.“                                  Wachsfigurenkabinette besitzt, hat sich in weiten Teilen
                                                            der USA eine Monopolstellung gesichert. Er verkauft
Natürlich zwingt uns Lehrerinnen und Lehrer kein            den US-Bundesstaaten nicht nur Tests, sondern bietet
LSI und schon gar kein Ministerialbürokrat zu einem         auch darauf abgestimmte Lehrbücher sowie Lern- und
„teaching to the test“, aber wer will ernsthaft behaup-     Lehrsoftware an.“
ten, dass der diesbezügliche Trend angesichts des           Univ.-Prof. Mag. Dr. Franz Rauch u. a., Auswirkungen
gigantischen medialen Wirbels, wie z.B. kürzlich um die     von Schulrankings auf Unterricht, Schulorganisation und
Ergebnisse der Mathematik-Klausuren, nicht anhalten         Bildungssystem (2016), S. 22
wird. Ein Blick in die USA und Großbritannien lässt
jedenfalls wenig Optimismus aufkommen, dass diese           Tarn en un d Täuschen
Entwicklung noch zu bremsen ist.                            Sogar im Nationalen Bildungsbericht, mit dem das BIFIE,
„Die große Bedeutung standardisierter Tests als Ent­        mittlerweile von der „Bürde“ der Zentralmaturaerstel-
scheidungsgrundlage für die finanzielle und perso­          lung befreit, beauftragt war, waren schon im Jahre 2013
nelle Ausstattung der Schulen führte in den USA und         kritische Worte über Strategien zu lesen, zu denen der
in England nachweisbar zu einer Anpassung der               Kompetenzfetischismus führt:
pädagogischen Ausrichtung auf die Testerwartungen           „Täuschungsstrategien nehmen zu; die Orientierung auf
(„teaching to the test“).“                                  quantitative Steigerung der gemessenen Leistungen
Univ.-Prof. Mag. Dr. Franz Rauch u. a., Auswirkungen        kann mit einer Verringerung der Breite und qualitativen
von Schulrankings auf Unterricht, Schulorganisation         Tiefe der Lernerfahrungen oder gar mit einem Aus­
und Bildungssystem (2016), S. 15                            schluss von schwachen Schülerinnen und Schülern von
Und nicht genug damit, dass der Unterricht in den           Lern- und Prüfungsgelegenheiten einhergehen.“
Haupttestfächern inhaltlich verarmen wird, der Druck        BIFIE (Hrsg.), Nationaler Bildungsbericht - Österreich 2012
von Schüler- und Elternseite wird mittelfristig auch bei    (2013), Band 2, S. 377
uns wohl dazu führen, dass Zeitressourcen verstärkt in
diese Fächer umgeleitet werden und damit andere             In tel l ektuel l e Verarm un g
an den Rand gedrängt werden.                                Der deutsche Mathematikdidaktiker und Hochschulleh-
„Da die standardisierten Tests sich weitgehend auf          rer Dr. Wolfram Meyerhöfer befürchtet eine intellektuelle
die Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen          Verarmung, sollte der Standardisierungstrend nicht ein-
beschränken, haben viele Schulen in den USA und             gebremst werden können.
England die übrigen Lernangebote reduziert, v.a. in         „Eine gute Testaufgabe – bei der man genau benen­
den Wahlfächern. In über 70 % aller US-Schuldistrikte       nen kann, was sie misst – ist das Gegenteil einer bil­
wird Unterrichtszeit für Geschichte, Kunsterziehung,        denden Schulaufgabe, welche geistige Vielfalt und
Musik oder Fremdsprachen eingespart zugunsten von           Debatte über diese Vielfalt herausfordert. Deshalb
mehr Mathematik und Englisch im Stundenplan.“               führt der Weg der immer stärkeren Standardisierung
Univ.-Prof. Mag. Dr. Franz Rauch u. a., Auswirkungen        von Bildung – getragen von einem nicht hinterfragten
von Schulrankings auf Unterricht, Schulorganisation         Glauben an die mathematische Modellierbarkeit des
und Bildungssystem (2016), S. 15                            menschlichen Geistes – das Schulsystem in eine Kultur
                                                            der intellektuellen Armut.“
Das bedeutet, dass sich Kolleginnen und Kollegen, die       Univ.-Prof. Dr. Wolfram Meyerhöfer, Frankfurter Allge­
derzeit dem hektischen Treiben rund um die schrift-         meine Zeitung vom 27. September 2013
liche Reifeprüfung als Unbeteiligte relativ entspannt
zusehen können, bald mit einer Entwicklung konfron-         Demotivation droht
tiert sehen könnten, die ihren Unterricht qualitativ und    Schon 2010 warnte der Schweizer Universitätsprofessor
quantitativ bedroht.                                        Dr. Walter Herzog, der auch Research Fellow an der Uni-
                                                            versity of California in Berkeley war, davor, welche Kon-
Geld r e g i e r t d i e B ild u n g s w e lt               sequenzen zeitgeistige Schulreformen nach sich ziehen.
Man braucht kein Verschwörungstheoretiker zu sein, um       „In den USA macht man seit mindestens 25 Jahren
massive monetäre Interessen internationaler Player          Erfahrungen mit einer standardbasierten Schulreform.
hinter dem Kompetenz- und Standardisierungsfeti-            Obwohl man immer wieder von großen Erfolgen dieser
schismus zu vermuten:                                       Reform hören kann, trifft bei nüchterner Betrachtung

                                                                                                                              5
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              eher das Gegenteil zu. Probleme zeigen sich in mindes­      „Mitunter hat man sogar den Eindruck, dass nichts so
              tens drei Bereichen: Demotivierung der Lehrkräfte, Ver­     sehr in der Wissensgesellschaft verachtet wird, wie der
              engung des Lehrplans und Unzuverlässigkeit der Tests.“      Erwerb von Wissen. ‚Faktenwissen‘ ist zu einem Unwort
              Univ.-Prof. Dr. Walter Herzog, Tagung des Wissenschaftli­   geworden. […] Die flächendeckende Umstellung der
              chen Beirats des Deutschen Philologenverbandes, 8./9.       Lehr- und Studienpläne an Schulen und Universitäten
              Oktober 2010                                                von definierten Kenntnissen und Inhalten auf ‚Kompe­
              Obwohl man in den USA also schon ein Viertel-               tenzen‘, ‚Workloads‘ und ‚Soft Skills‘ ist nur das sichtbars­
              jahrhundert lang eine Demotivierung der Lehrkräfte          te Zeichen einer generellen Entwertung des Wissens.“
              beobachtet, rief hierzulande die „Experten“-Truppe          Univ.-Prof. Mag. Dr. Konrad Paul Liessmann, Was ist
              unermüdlich nach einer dringenden Beschleunigung            und zu welchem Ende erwirbt man gymnasiale Bil­
              einer Reform, die sich andernorts bereits als gewalti-      dung? Die Höhere Schule 250 Jahre nach Humboldt,
              ger Flop erwiesen hatte.                                    Festvortrag im Rahmen des 58. Internationalen Boden­
                                                                          seetreffens, Bregenz am 1. Oktober 2017
              U n d wa s sag e n d ie P h il o s o p h e n?               „Kompetenzorientierung, dieses moderne Schlagwort
              Will man Bildungsreform bildungsphilosophisch analy-        ist nicht Bildung, wie manche glauben. Sie verdrängt
              sieren, führt kein Weg an Konrad Paul Liessmann vor-        die Bildung, denn das Verhältnis zwischen Bildungsan­
              bei. Aus einer schier unendlichen Fülle einschlägiger       spruch und Kompetenz wurde sinnwidrig umgedreht:
              Liessmann-Zitate muss ich mich aus Platzgründen auf         Die formalen Fähigkeiten wurden zu den eigentlichen
              eine schmale Auswahl beschränken. Erstaunlich ist,          Zielen erklärt. Und das, wofür man diese Fähigkeiten
              wie kaltschnäuzig Österreichs Kompetenzfetischisten         eigentlich erwerben soll - wichtige Bücher lesen, große
              Liessmann seit Jahren ignorieren. Dass dies so locker       Kunstwerke verstehen, grundlegende wissenschaftli­
              möglich ist, zeigt, wie weit sich die „Bildungspolitik“     che Theorien nachvollziehen, umstrittene Statistiken
              von der Bildungsphilosophie entfernt hat. Auf die           entschlüsseln zu können -, wird zurückgedrängt.“
              Nähe von Bildungswissenschaft, Bildungsphilosophie          Univ.-Prof. Mag. Dr. Konrad Paul Liessmann, NEWS
              und Lehrergewerkschaft in so grundlegenden Fragen           online am 1. Oktober 2017
              der Bildung bin ich übrigens sehr stolz.                    „Literarische Bildung, die einst im Zentrum der Curricu­
              „Kompetenzorientierung, Praxisnähe, Modularisie­            la der höheren Schulen stand, ist – nicht nur dort – zu
              rungen, Qualifikationsprofile, employability, Wettbe­       einem Fremdwort geworden. […] Die schöne Literatur,
              werbsvorteil, Kostenneutralität: Die Schlagworte aktu­      wie avanciert auch immer, führt nur noch ein Schat­
              eller Bildungspolitik markieren nicht nur neue Moden,       tendasein in den Curricula, in den Bildungsdiskursen, in
              sie signalisieren auch einen gravierenden Bruch mit         denen es von Kompetenzen nur so wimmelt, spielt sie
              den Idealen klassischer Bildungskonzeptionen.“              keine Rolle mehr.“
              Univ.-Prof. Mag. Dr. Konrad Paul Liessmann, Geister­        Univ.-Prof. Mag. Dr. Konrad Paul Liessmann, Der Stan­
              stunde – Die Praxis der Unbildung (2014), S. 28             dard online am 16. September 2017
              „Der gute Deutschlehrer begnügt sich nicht damit,           „Dass es eine Form der Bildung gibt, die sich dem
              Leseprozesse zu coachen, sondern ist von der Not­           Zugriff der qualitätssichernden Behörden entzieht,
              wendigkeit überzeugt, Kafka, Thomas Mann oder               weil sie sich aus einer informellen Beziehung zwischen
              Peter Handke zu lesen.“                                     Schüler und Lehrer entspinnen mag, kratzt an all jenen
              Univ.-Prof. Mag. Dr. Konrad Paul Liessmann, t-online.de     Quantifizierungs- und Messbarkeitschimären, ohne die
              am 26. Dezember 2017                                        die gegenwärtige Bildungsforschung ebenso wenig
              „Blickt man genauer hin, muss man erkennen, dass            auszukommen glaubt wie die Bildungsorganisation.“
              sich unter dem Deckmantel der Kompetenzorien­               Univ.-Prof. Mag. Dr. Konrad Paul Liessmann, Der Stan­
              tierung eine Grundkonstellation des Erkennens und           dard online am 16. September 2017
              damit der Bildung glatt in ihr Gegenteil verwandelt         „Bildung, das macht ihren Stachel aus, lässt sich nicht
              hat. In dem Maße, in dem Kompetenzen als formale            auf formale Fähigkeiten und Anwendungsorientierun­
              Fertigkeiten verstanden werden, die an beliebigen           gen reduzieren. Bildung hat immer auch mit konkreten
              Inhalten erworben werden können, konterkariert man          Inhalten und – horribile dictu – abstraktem Wissen
              die Idee jedes durch Neugier motivierten Erkenntnis-        zu tun. […] Bildung hat auch mit dem Einüben einer
              und damit Bildungsprozesses.“                               Gelassenheit zu tun, die sich von überbordender Affir­
              Univ.-Prof. Mag. Dr. Konrad Paul Liessmann, Was ist         mation des Zeitgeistes ebenso frei halten möchte wie
              und zu welchem Ende erwirbt man gymnasiale Bil­             von einer wohlfeilen Empörung über medial hochge­
              dung? Die Höhere Schule 250 Jahre nach Humboldt,            spielte Nichtigkeiten.“
              Festvortrag im Rahmen des 58. Internationalen Boden­        Univ.-Prof. Mag. Dr. Konrad Paul Liessmann, Bildung als
              seetreffens, Bregenz am 1. Oktober 2017                     Provokation (2017), S. 9

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thema
                                                                                                                                                     top thema
                             „Dass Schulen gerade unter der Perspektive, dass es         und notwendig, sie auch im Unterricht kritisch reflek-
                             nur noch auf Kompetenzen, nicht auf Wissen, nur noch        tierend einzusetzen? Die Digitalisierung der Gesell-
                             auf Anwendbarkeit, nicht auf Verstehen ankomme, zu          schaft ist ja ein Faktum.
                             Verwahranstalten mutieren, ist offensichtlich. Die immer    Türcke: Ja, aber was heißt kritisch reflektierend?

                                                                                                                                                     top
                             wieder geforderte Wandlung des Lehrers vom fach­            Würde man Fünfjährigen, um sie rechtzeitig auf einen
                             wissenschaftlich ausgebildeten Experten hin zu einem        kritisch-reflektierten Umgang mit Alkohol einzustellen,
                             sozialpädagogisch geschulten Coach und Begleiter            erst mal zur kritischen Reflexion und zum eigenständi-
                             trägt dieser Entwicklung Rechnung.“                         gen Umgang Schnaps verabreichen? Nein. Zum kriti-
                             Univ.-Prof. Mag. Dr. Konrad Paul Liessmann, Bildung als     schen und reflektierenden Umgang gehört zunächst
                             Provokation (2017), S. 55                                   einmal auch, gerade in frühen Jahren, eine gewisse
                             „Wer will, dass die Menschen dumm bleiben, suggeriert       Abstinenz beziehungsweise die äußerste Form der
                             ihnen, dass sie ohnehin alles wissen können. Wissen hat     Dosierung. Kleine Kinder können überhaupt nicht
                             immer mit Verstehen zu tun. Es ist nach wie vor eine        überblicken, was diese neue Technologie mit ihrer
                             zentrale Aufgabe von Schule, Wissen in diesem Sinn zu       seelischen Stabilität zu tun hat.“
                             vermitteln. Es ist eine bildungspolitische Bankrotterklä­   STANDARD: „Sie haben in einem Buch die "Lehrerdäm-
                             rung, wenn man sich davor drückt.“                          merung" ausgerufen. Wer oder was bedroht denn die
                             Univ.-Prof. Mag. Dr. Konrad Paul Liessmann, Die Presse      Spezies Lehrer?
                             online am 28. September 2014                                Türcke: Ein neoliberales Bildungssystem, das unter dem
                             „Die nun vorliegenden kompetenzorientierten Lehr-           Stichwort "Neue Lernkultur" geführt wird, wo die Lehrer
                             und Studienpläne sind nicht nur Ausdruck abstruser          ihre ursprüngliche Rolle, nämlich das Zeigen von Sach-
                             fachlicher und didaktischer Konzepte, sondern auch          verhalten, nicht mehr ausüben, sondern nur noch als
                             ein vorläufiger Tiefpunkt in Hinblick auf sprachlichen      Lernbegleiter fungieren sollen. Die Schüler lernen an
                             Ausdruck und Stil. Kein Mensch mit Sprachgefühl kann        vorgegebenen Lernmaterialien, die die Lernbegleiter
                             solche Curricula lesen, ohne nicht in eine tiefe Depres­    bereitzustellen haben, möglichst für jeden individuell
                             sion zu verfallen.“                                         einen eigenen Arbeitsblattstapel. Das soll ganz wun-
                             Univ.-Prof. Mag. Dr. Konrad Paul Liessmann, Neue Zür­       derbar sein, weil dann jeder nach eigenem Wunsch, in
                             cher Zeitung online am 15. September 2014                   eigener Reihenfolge, in eigenem Tempo voranschreiten
                                                                                         kann und die Autonomie und Selbstständigkeit des
                             Bleib e n w i r o p t i m is t is c h !                     Lernens die schönsten Blüten treibt. Keine autoritären
                             Grund zur Depression gäbe es also genug, umso mehr          Säcke mehr, die einer ganzen Klasse Inhalte vorgeben,
                             bewundere ich Sie, geschätzte Kolleginnen und Kolle-        wo doch jedes Individuum anders tickt und anders
                             gen, dafür, dass Sie mit ungebrochenem Enthusiasmus         gestrickt ist. Statt Lehrern nur noch Ratgeber, die bei
                             das tun, was für die Zukunft unseres Landes so bedeut-      Bedarf zur Stelle sind, Tipps geben und spontanes Coa-
                             sam ist, nämlich die kommenden Generationen zu              ching durchführen.“
                             mündigen, kritischen, aber auch optimistischen Men-         „Die Arbeitsblätter und vor allem die Lückentexte – es
                             schen heranzubilden.                                        werden ja gar keine ganzen Texte mehr geschrieben,
                             Denn unser Wohlstand wird nur von wahrhaft gebilde-         sondern nur noch Lücken ausgefüllt – sind eine Vorform
                             ten jungen Menschen bewahrt werden können, und              der digitalen Masken. Es wird eine Art Lückenfüllermen-
                             nicht von maschinengleich optimierten Kompetenz-            talität eingeübt. Wenn demnächst aller Unterricht digital
                             gebilden.                                                   läuft, wird man die Papierform nicht mehr brauchen.“
                             „Wirklich genau umschreibbare Kompetenzen haben
                             nur Maschinen – in Gestalt ihrer Programme. Maschi­         Nützl iche Komp eten zen
                             nen sind, solange sie funktionieren, reine Könner. Sie      Da diese Zeitung Sie, geschätzte Kolleginnen und Kol-
                             haben Kompetenz pur, es ist aber nichts dahinter.“          legen, in den wohlverdienten Sommerferien erreicht,
                             Sollten Sie noch ein paar Argumente benötigen, um           wünsche ich Ihnen abschließend zwei für Ihre Gesund-
                             jenen Paroli bieten zu können, die dem Kompetenzfeti-       heit unverzichtbare Kompetenzen: Erholungs- und
                             schismus verfallen sind, so kann ich Ihnen ein Interview    Abschaltkompetenz. Mit frischen Kräften werden wir mit
Foto: Gina Sanders/Fotolia

                             im STANDARD vom 21. November 2017 empfehlen,                Schuljahresbeginn den uns anvertrauten Schülerinnen
                             das Lisa Nimmervoll mit Univ.-Prof. Dr. Christoph Türcke    und Schülern weit mehr vermitteln als bloße Kompeten-
                             führte, und dem auch das obige Zitat entnommen ist.         zen, werden sie nämlich weiterhin zu Bildung im besten
                             Einige Türcke-Sager mögen als Anregung zur Lektüre          Sinn den Wortes führen. Denn nur gebildete junge Men-
                             dienen:                                                     schen werden ihren Weg in ein sinnerfülltes Privat- und
                             STANDARD: „Heute sind digitale Geräte aber alltägli-        Berufsleben finden.
                             che Begleiter der Kinder. Ist es da nicht naheliegend       In diesem Sinn: Erholsame Ferien!                    n

                                                                                                                                                         7
Bildung geht Weil es um - AHS-Gewerkschaft
gut zu wissen

                MMag. Mag.iur.
          Gertraud Salzmann
      Dienstrechts­referentin
       der AHS-Gewerkschaft
      gertraud.salzmann@goed.at

               Das erste Unterrichtsjahr –
               eine Herausforderung für jeden!
               Unterrichtspraktikum und Induktionsphase - alt und neu.

               Die Schule lebt von von den vielen gut ausgebilde-        Fundierte Ergebnisse der neu strukturierten Ausbil-
               ten und engagierten Lehrkräften. Dies hat auch die        dung zeigen sich somit noch nicht. An der Universität
               Hattie-Studie klar herausgearbeitet: „Hatties zentrale    Salzburg, die ein Jahr vor den anderen Ausbildungs-
               Botschaft ist der Hinweis, dass mit der Kompetenz         standorten die neue Lehrerausbildung eingeführt
               der Lehrkraft letztlich alles steht und fällt.“1 Umso
                                                                                                                                    Foto: monkeybusinessimages/istock/thinkstock
                                                                         hat, gibt es bereits die ersten Bachelorabsolventen,
               wichtiger ist es, den Fokus auf die Ausbildung der        die gemäß Studienplan eigentlich die erste Unter-
               Lehrkräfte und ihren Einstieg in die Schule zu richten.   richterfahrung im Masterpraktikum im Rahmen des
               Wir brauchen fachlich profund ausgebildete, päda-         berufsbegleitenden Masterstudiums machen sollten.
               gogisch bestens geschulte Lehrerinnen und Lehrer,         Leider fehlen dazu derzeit die Planstellen an den
               die den stark veränderten Bedürfnissen in den Klas-       Schulen, sodass man ersatzweise die „Pädagogi-
               sen gewachsen sind.                                       sche Assistenz“ kreiert hat. Die Studentinnen und
                                                                         Studenten müssen dabei 500 Stunden in diversen
               N e u e L e h r a m t s a u s b ild u n g :               Tätigkeitsbereichen an einer Schule leisten, davon
               B a ch e l o r - un d M a s t e r s t u d iu m            80 Stunden im „Kontakt mit den Schülerinnen und
               In der „neuen“ Lehramtsausbildung mit Bachelor-           Schülern“2. Die Anstellungsvoraussetzungen zum Ein-
               und Masterabschluss gibt es noch keinen Jahrgang          satz in der Sekundarstufe II erfüllen nur Lehrkräfte mit
               von Lehrkräften, die bereits beides absolviert haben.     einem abgeschlossenen Masterstudium.

8       gymnasium
Bildung geht Weil es um - AHS-Gewerkschaft
gut zu wissen
Unte rr i ch t spr a k t ik u m n u r no c h
im Sch u l j a h r 2 0 1 8 /1 9
Das seit vielen Jahrzehnten bewährte Unterrichtsprak-
tikum kann nur noch im kommenden Schuljahr absol-
viert werden, da es mit 31. August 2019 ausläuft. Ab 1.
September 2019 haben dann alle jungen Kolleginnen
und Kollegen die Induktionsphase zu absolvieren. Diese
wurde im Zuge des neuen Lehrerdienstrechtes, das ohne
sozialpartnerschaftliche Einigung beschlossen wurde, als
Ersatz des Unterrichtspraktikums installiert.

Indukt i o n sp h a se a b 1. 9. 20 1 9
Die im § 39 VBG geregelte Induktionsphase dient der
berufsbegleitenden Einführung in das Lehramt. Intention
des Gesetzgebers ist es, dass die neuen Lehramtsaus-
bildungen so konzipiert werden, dass „ihr erfolgreicher
Abschluss einen unmittelbaren Berufseinstieg erlaubt“3.
Einen Rechtsanspruch auf Absolvierung wie beim Unter-
richtspraktikum hat man nicht mehr. Die Induktionsphase
kann daher nur absolviert werden, wenn an einer Schule
freie Stunden übernommen werden können und man
einen Dienstvertrag erhält, sie bildet das erste Dienst-
jahr. Die Induktionsphase ist somit im Unterschied zum
Unterrichtspraktikum auch kein Ausbildungsverhältnis,
sondern zwingend ein Dienstverhältnis und an das Vor-
handensein einer Planstelle gekoppelt, aber nicht von
einem bestimmten Beschäftigungsausmaß abhängig.4

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Bildung geht Weil es um - AHS-Gewerkschaft
wendung als Lehrerin bzw. Lehrer im Umfang einer
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                                                                      richtspraktikumsgesetz nachweisen können, haben
                                                                      ebenfalls keine Induktionsphase zu absolvieren.

                                                                      Beurteil un g der In duktion sphase
                                                                      Die Schulleitung hat aufgrund des Gutachtens der
                                                                      Mentorin bzw. des Mentors sowie aufgrund eigener
                                                                      Wahrnehmungen der Personalstelle über den Ver-
                                                                      wendungserfolg der Vertragslehrperson bis spätes-
                                                                      tens zwei Monate vor Ablauf der Induktionsphase
                                                                      schriftlich zu berichten. Der Vertragslehrperson in
                                                                      der Induktionsphase ist Gelegenheit zu geben, zu
                                                                      diesem Bericht Stellung zu nehmen.

                                                                       Die Beurteilung der Induktionsphase erfolgt gem. §
                                                                       39 Abs. 7 VBG durch die Personalstelle, die dabei
                                                                       feststellt, ob die Vertragslehrperson den zu erwarten-
                                                                       den Verwendungserfolg
                                                                       • durch besondere Leistungen erheblich überschrit-
                                                                          ten (Z 1),
                                                                       • aufgewiesen (Z 2) oder
                                                                       • nicht aufgewiesen (Z 3) hat.
        MentorInnen begleiten bis zu drei JunglehrerInnen im ersten
                                                                      Eine Verlängerung des Dienstverhältnisses über die
        Unterrichtsjahr
                                                                      Induktionsphase hinaus ist nur möglich, wenn der
                                                                      Verwendungserfolg zumindest aufgewiesen wurde.
        Die Induktionsphase beginnt mit dem Dienstantritt             Bei negativer Beurteilung (Z 3) wird die Vertragslehr-
        und endet nach zwölf Monaten. Hat das Dienst-                 person nach Ablauf der Induktionsphase nicht mehr
        verhältnis der Vertragslehrperson wegen einer bloß            weiterbeschäftigt.
        befristeten Verwendung vor Ablauf dieses Zeitraumes
        geendet, wird die Induktionsphase bei neuerlicher             Endet das Dienstverhältnis der Vertragslehrper-
        Begründung eines Dienstverhältnisses als Vertragslehr-        son wegen einer bloß befristeten Verwendung vor
        person fortgesetzt.                                           Ablauf der Induktionsphase, sind das Gutachten
                                                                      der Mentorin oder des Mentors und der Bericht der
        Die Vertragslehrperson hat in der Induktionsphase             Schulleitung anlässlich des Endens des Dienstver-
        gem. § 39 Abs. 3 VBG mit der Mentorin oder dem                hältnisses an die Personalstelle zu erstatten. Der Ver-
        Mentor zusammenzuarbeiten und ihre Tätigkeit den              tragslehrperson ist Gelegenheit zur Stellungnahme
        Vorgaben entsprechend auszurichten. Sie hat den               zu geben (§ 39 Abs. 6 VBG).
        Unterricht anderer Lehrkräfte nach Möglichkeit zu
        beobachten, so weit dies stundenplanmäßig möglich             Bestel l un g un d Aufg abe der Men torin n en
        ist, und im Rahmen ihrer Fortbildung spezielle Indukti-       un d Men toren
        onslehrveranstaltungen an der Pädagogischen Hoch-             Die Vertragslehrperson in der Induktionsphase ist
        schule oder an der Universität zu besuchen.                   gem. § 39 Abs. 1 VBG durch eine Mentorin oder
                                                                      einen Mentor zu begleiten. Die Zuweisung der Ver-
        Üb e rg a n g sb e s t immu n g e n                           tragslehrperson in der Induktionsphase zu einer Men-
                                                                                                                                Foto: Creatas Images/Thinkstock

        Die Gewerkschaft konnte nach Inkrafttreten des                torin oder einem Mentor hat durch die Personalstelle
        neuen Dienstrechtes noch wichtige Übergangsbe-                zu erfolgen. Ist die Mentorin oder der Mentor mehr
        stimmungen für die jungen Kolleginnen und Kol-                als einen Monat vom Dienst abwesend, kann die
        legen ausverhandeln. Auf Vertragslehrpersonen                 Personalstelle die Vertragslehrperson in der Indukti-
        mit Bachelor- und Masterausbildung, die bereits               onsphase (vorübergehend) einer anderen Mentorin
        eine mindestens einjährige Lehrpraxis zurückgelegt            oder einem anderen Mentor zuweisen.
        haben, sind die Bestimmungen der Induktionsphase
        nicht anzuwenden. Vertragslehrpersonen mit einem              Die Mentorin oder der Mentor hat die Vertragslehr-
        Lehramtsstudium „alt“, die bis 31.8.2019 eine Ver-            person in der Induktionsphase

10   gymnasium
gut zu wissen
•b  ei der Planung und Gestaltung des Unterrichts zu         al l es n eu – al l es besser?
   beraten,                                                   „In der Lehrerfort- und Weiterbildung sind Unterrichts­
• mit ihr deren Tätigkeit in Unterricht und Erziehung        beobachtungen mit anschließenden Diskussionen
   zu analysieren und zu reflektieren,                        und Rückmeldungen am wirksamsten, wohingegen
• sie im erforderlichen Ausmaß anzuleiten und                Vorlesungen, Simulationen sowie das Erstellen von
• sie in ihrer beruflichen Entwicklung zu unterstützen.      Unterrichtsmaterialien weniger hilfreich sind.“5 Aus der
                                                              Sicht der erfahrenen Lehrerinnen und Lehrer ist das
Die Mentorin oder der Mentor hat den Unterricht               Auslaufen des Unterrichtspratikums bedauerlich, bie-
der Vertragslehrperson in der Induktionsphase im              tet doch das Unterrichtspraktikum eine sehr gute Basis
erforderlichen Ausmaß zu beobachten. Die Men-                 für ein fachliches, pädagogisches und erzieherisches
torin oder der Mentor hat ein Entwicklungsprofil der          Fußfassen im Lehrberuf.
Vertragslehrperson in der Induktionsphase zu erstel-
len und bis spätestens drei Monate vor Ablauf der             Viele Lehrkräfte haben seit dem Inkrafttreten des
Induktionsphase ein Gutachten zu deren Verwen-                Unterrichtspraktikums im März 1988 zahlreiche junge
dungserfolg zu erstatten.                                     Kolleginnen und Kollegen in ihrem ersten Unterrichtsjahr
                                                              bestens betreut und begleitet, einerseits als fachspe-
Voraussetzung für die Bestellung zur Mentorin oder            zifische Betreuungslehrin bzw. Betreuungslehrerin an
zum Mentor ist eine mindestens fünfjährige Berufs-            den Schulen, andererseits in den profunden allgemein-
erfahrung als Lehrperson und die Absolvierung des             didaktischen und fachdidaktischen Kursen an den
Hochschullehrganges „Mentoring, Berufseinstieg                Pädagogischen Hochschulen. Die jungen Kolleginnen
professionell begleiten“ im Umfang von mindestens             und Kollegen haben im Unterrichtspraktikum zwei Klas-
60 ECTS. Einer Mentorin oder einem Mentor dürfen              sen (je eine pro Fach) selbständig zu unterrichten und
gleichzeitig bis zu drei Vertragslehrpersonen in der          sind dabei immer bestens begleitet von den meist zwei
Induktionsphase zugewiesen werden, es muss keine              fachspezifischen Betreuerinnen bzw. Betreuern (einer
fachspezifische Zuweisung nach Unterrichtsfach                bzw. einem pro Fach). Österreichs Unterrichtspraktikum
erfolgen. Bis zum Schuljahr 2029/2030 dürfen auch             gilt als Vorzeigemodell für einen hocheffektiven Einstieg
Lehrpersonen als Mentorinnen oder als Mentoren                in einen mehr als fordernden Beruf, das von etlichen
eingesetzt werden, die zu Betreuungslehrkräften im            Ländern mittlerweile kopiert wird.
Unterrichtspraktikum oder im Rahmen der schulprak-
tischen Ausbildung bestellt sind oder einen einschlä-         Auch die EU-Kommission hat in ihrem Bericht die
gigen Lehrgang im Umfang von mindestens 30 ECTS               Bedeutung einer guten Einführung junger Lehrerinnen
absolviert haben.                                             und Lehrer in den Beruf betont. „The 2017 European
                                                              Commission Communication on school development
Abge lt u n g f ü r M e n t o r in ne n u n d Me nt o r e n   and excellent teaching stresses the importance of
Die Beauftragung als Mentorin bzw. Mentor kann im             providing specific support to teachers during the early
alten Dienstrecht nur mit Zustimmung der betroffe-            stage of their career.“6
nen Lehrkraft erfolgen. Im neuen Dienstrecht sind
von den 24 Wochenstunden Lehrverpflichtung 22                 So gesehen wird sich erst zeigen müssen, ob die Induk-
Wochenstunden durch Unterrichtstätigkeit und 2                tionsphase, in der junge Kolleginnen und Kollegen im
Wochenstunden anderweitig zu erbringen. Die Ver-              ersten Dienstjahr bis zu 24 Stunden Lehrverpflichtung
tragslehrperson kann gem. § 40a Abs. 3 Z 2 VBG mit            übernehmen, den Ansprüchen gerecht wird und mit
der Mentorentätigkeit beauftragt werden, die dann             dem neu strukturierten Studium einen gleichwertigen
mit einer Wochenstunde in die verpflichtenden zwei            Ersatz für das Unterrichtspraktikum darstellen kann.
Wochenstunden nicht unterrichtliche Tätigkeit einzu-          Wünschenswert wäre es aus gewerkschaftlicher Sicht
rechnen ist.                                                  für die jungen Kolleginnen und Kollegen von morgen
                                                              jedenfalls, das bewährte Unterrichtspraktikum weiter-
Die monatliche Vergütung in der Funktion als Mentorin         hin absolvieren zu können - zumindest für Absolven-
bzw. Mentor beträgt                                           tinnen und Absolventen des Masterstudiums.         n
• für eine zu betreuende Vertragslehrperson in der
   Induktionsphase: € 114,40                                   1   Univ.-Prof. Dr. Klaus Zierer, „Hattie für gestresste Lehrer“ (2016), 7.
• für zwei zu betreuende Vertragslehrpersonen in der          2   https://www.uni-salzburg.at/index.php?id=209771 (10.6.2016).
                                                               3   Erläuterungen zur Regierungsvorlage des § 39 VBG, XXV. GP, 6.
   Induktionsphase: € 153,30                                   4   Erläuterungen zur Regierungsvorlage des § 39 VBG, XXV. GP, 6.
                                                               5   Univ.-Prof. Dr. Klaus Zierer, „Hattie für gestresste Lehrer“ (2016), 76.
• für drei zu betreuende Vertragslehrpersonen in der          6   EU-Kommission (Hrsg.), „Teaching Careers in Europe“ (2018), 51.
   Induktionsphase: € 191,20

                                                                                                                                                  11
gut zu wissen

                                       gefragt ❏ geantwortet

                 MMag. Mag.iur.
                                       Teilzeitbeschäftigung
           Gertraud Salzmann
       Dienstrechts­referentin         ❏ Frage: Aus persönlichen Gründen würde ich gerne im nächsten
        der AHS-Gewerkschaft
       gertraud.salzmann@goed.at       Jahr meine Lehrverpflichtung reduzieren. Ist das möglich? Welche Auswir­
                                       kungen hat das?

                ❏ Antwort:
                Eine freiwillige Reduktion der Lehrverpflichtung aus    BDG in Anspruch nehmen. Allerdings ist für Vertrags-       FotoS: Rifrazione, Rostislav_Sedlacek/istock/Thinkstock
                beliebigem Anlass (= gem. § 50a BDG) ist für ein        bedienstete jedes beliebige Beschäftigungsausmaß
                ganzes Schuljahr möglich, sofern keine dienstlichen     für jede beliebige Dauer vertraglich festlegbar, wenn
                Interessen entgegenstehen. Die Herabsetzung der         beide Vertragspartner (DienstnehmerIn und Dienstge-
                Lehrverpflichtung kann nur bis auf die Hälfte einer     ber) das wollen.
                vollen Lehrverpflichtung erfolgen.                      Der Bezug wird entsprechend dem Beschäftigungs-
                Unter Wahrung des Rechtes auf Vollbeschäftigung         ausmaß aliquot ausbezahlt.
                können beamtete LehrerInnen insgesamt maximal           Fällt in die Zeit der Reduktion ein Dienstjubiläum, wird
                zehn Jahre eine Reduktion der Lehrverpflichtung         bei BeamtInnen die Jubiläumszuwendung nach dem
                gem. § 50a BDG in Anspruch nehmen. Ab dem elften        fiktiven vollen Gehalt berechnet. Bei Vertragsbe-
                Jahr hat man nur noch einen Rechtsanspruch auf das      diensteten ist sie nach jenem Teil des ihrer Einstufung
                Beschäftigungsausmaß des zehnten Jahres.                entsprechenden Monatsentgeltes zu bemessen, der
                VertragslehrerInnen können maximal fünf Jahre eine      ihrem durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß im
                Reduktion der Lehrverpflichtung mit Verweis auf § 50a   bisherigen Dienstverhältnis entspricht.               n

12       gymnasium
aktiv
bundesleitung
gut zu wissen
    aktiv
                                   gefragt ❏ geantwortet

                                                                                                                      im landesleitung
                                   Kinderbetreuungsgeld
     Mag. Andrea Meiser

                                                                                                                          fokus
   frauenreferentin Der
      AHS-Gewerkschaft             ❏ Frage: Aufgrund des berechneten Geburts­
     andrea.meiser@goed.at
                                   termins unserer Tochter endet der Mutterschutz
                                   voraussichtlich in den Sommerferien. Ich
                                   möchte im Anschluss in Karenz gehen und
                                   ein Jahr lang das einkommensabhängige
                                   Kinderbetreuungs­geld beziehen.
                                   Worauf muss ich achten?

   ❏ Antwort:
   Eine Karenz nach Mutterschutzgesetz (§ 15 MSchG)          bezogen wird, ist dies vor allem dann relevant, wenn
   beginnt in der Regel direkt im Anschluss an das           das Beschäftigungsverbot im Juli endet. Endet es erst
   Beschäftigungsverbot nach der Entbindung. Fällt die-      im August, so wird nur das anteilige Septembergehalt
   ser Termin für LehrerInnen in die Hauptferien, so         für die Berechnung des Zuverdienstes herangezogen,
   beginnt die Karenz aber immer erst mit dem neuen          was normalerweise keine Probleme verursacht, sofern
   Schuljahr. In der Zwischenzeit kommen daher Bezüge        kein weiteres Einkommen bezogen wird.
   vom LSR /SSR in derselben Höhe zur Auszahlung wie         Einen Online-Rechner zur Berechnung des Zuver-
   vor Eintritt der Schwangerschaft.                         dienstes finden Sie unter www.bmfj.gv.at/kbg-online-
   Das Kinderbetreuungsgeld wird grundsätzlich eben-         rechner
   falls ab dem Ende des Beschäftigungsverbots nach          Um ein Überschreiten der Zuverdienstgrenze zu ver-
   der Entbindung ausbezahlt, wodurch es in diesem           meiden, gibt es die Möglichkeit, im Vorhinein einen
   Fall zu einer parallelen Auszahlung von Gehalt UND        Monat auf den (parallel zum Gehalt ausbezahlten)
   Kinderbetreuungsgeld kommt.                               Bezug des Kinderbetreuungsgeldes zu verzichten.
   Wird dadurch die Einkommensgrenze für das KBG             Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Grenze doch
   überschritten, so kann das zu einer unverhältnismäßig     nicht überschritten worden wäre (etwa bei einem
   hohen Rückzahlung führen! Da für die Berechnung           verspäteten Geburtstermin), kann man den Verzicht
   der Zuverdienstgrenze jene Monate herangezogen            rückwirkend rückgängig machen. Umgekehrt ist ein
   werden, in denen zur Gänze Kinderbetreuungsgeld           rückwirkender Verzicht aber unzulässig!             n

   Dienstrecht                                              Finanzielles
   Geburtstermin 25.5.2018                                  Kinderbetreuungsgeld ruht
                                                            Wochengeld wird ausbezahlt
   Mutterschutz endet 19.7.2018                             letzter Tag Wochengeld
   20.7. – 9.9.2018 (Ferienzeit)                            Einkommen und Kinderbetreuungsgeld wird ausbezahlt.
                                                            Zur Zuverdienstgrenze zählt daher das Einkommen vom
                                                            August und anteilsmäßig vom September (bis zum 9.9).
                                                            Mit 1 ½ Monatsgehältern wird wahrscheinlich die Zuver-
                                                            dienstgrenze überschritten und es droht eine Rückzah-
                                                            lung, die weit höher ausfallen kann, als das bezogene
                                                            Gehalt.
   Karenzbeginn mit 10.9.2018 (erster Schultag)             Kinderbetreuungsgeld wird bezogen

                                                                                                                            13
göd resolution

         Diskussion des Resolutions-Textes im Rahmen der GÖD-Bundeskonferenz

           Resolution der
           GÖD-Bundeskonferenz
           vom 28. Mai 2018

           S o z i a lv e r s ic h e r u n g                           Das soll freilich nicht heißen, dass man das Sys-
           Das österreichische Sozialversicherungssystem ist           tem nicht noch besser machen kann. Allerdings
           hervorragend und effektiv. Die Verwaltungskosten            sind Umstrukturierungen kein Selbstzweck. Es muss
           in Prozent der Einnahmen betragen in Österreich             jedenfalls Folgendes gewährleistet sein:
           keine drei Prozent, in der Schweiz und in Deutsch-
                                                                                                                           Foto: manfred jantscher

           land sind es fast fünf Prozent. Die Verwaltungs-            •D
                                                                         ie – auch verfassungsrechtlich vorgesehene
           kosten je Anspruchsberechtigter/m zeigen einen               – Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträ-
           noch krasseren Gegensatz. Sie sind in den beiden             ger muss bestehen bleiben. Die Versicherten-
           genannten Nachbarländern fast dreimal so hoch                gemeinschaft muss entsprechend abgebildet
           wie hierzulande.                                             sein.

14   gymnasium
im resolution
                                                                                                                   fokus
•D  ie Beitragseinhebung und Prüfung der Betriebe     •A  ufgabenreformen unter Einbeziehung unserer
   müssen weiterhin durch die Versicherungsträger         KollegInnen, der ExpertInnen vor Ort
   erfolgen – aus wirtschaftlichen und organisa-       • Ausbildungsplanstellen, um den Wissenstransfer
   torischen Gründen. Die Einbringungsquote der           zwischen ausscheidenden und neu einsteigen-

                                                                                                             göd
   Sozialversicherung liegt bei 99,7 Prozent.             den KollegInnen sicherzustellen
• Die AUVA, ihre Leistungen und Einrichtungen
   müssen erhalten bleiben.                            Sozial partn erschaft
• Veränderungen im System der Krankenversiche-        Die Geschichte der Zweiten Republik ist eine
   rungen müssen zu besseren Leistungen für die        Erfolgsgeschichte. Unsere Heimat gehört zu den
   Versicherten führen.                                reichsten Ländern der Welt. „Dieser Erfolg hat
                                                       viele Väter und sicher auch eine Mutter: die
D e m o gr a p h i e s e n s ib le u nd                öster­reichische Sozialpartnerschaft“, schrieb Karl
v o r a u ssch a u e nd e P e r s o n a lp o l it ik   Aiginger, der langjährige Leiter des Österreichi-
Die dem öffentlichen Dienst und den ausgeglie-         schen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo),
derten Einrichtungen übertragenen Aufgaben             2014 in der „Presse“. Sie nützt ArbeitgeberInnen
können mit den zur Verfügung stehenden Res-            und Arbeitnehmer­    Innen, wie eine Wifo-Studie
sourcen kaum mehr bewältigt werden. Deswe-             eindrucksvoll belegt. Staaten mit ausgeprägter
gen sind weitere Personalrestriktionen wie die im      Sozialpartnerschaft haben die Wirtschaftskrise
Raum stehende Nachbesetzung von nur jeder              des letzten Jahrzehnts schneller und besser über-
dritten freiwerdenden Planstelle völlig realitäts-     standen als andere.
fremd und nicht machbar.                               Sozialpartnerschaftliche Mitsprache erstreckt
Der bevorstehenden großen Pensionierungswel-           sich nicht nur auf Kollektivvertrags-bzw. Gehalts-
le muss mit proaktiver Personalpolitik, Wissens-       verhandlungen, sondern die Organisation und
management und Neuaufnahmen dringend                   Regelungen der sozialen Sicherungssysteme
gegengesteuert werden.                                 gehören ebenso dazu wie Verteilungsfragen in
Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit, gleiche und           allen Lebensbereichen. Mit diesem institutionali-
faire Bedingungen für alle am funktionieren-           sierten Interessensausgleich wird auch der sozia-
des Gesundheitssystem, gut ausgebaute soziale          le Friede in Österreich sichergestellt.
Sicherungssysteme und ein sozialer Ausgleich,          „Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst erwar-
sodass alle vom Wachstum profitieren, sind             tet von allen Verantwortlichen der Republik
keine Selbstverständlichkeit. Eine hervorragend        Österreich, dass sie die sozialpartnerschaftlichen
funktionierende öffentliche Verwaltung führt zu        Gepflogenheiten einhalten“, stellte der GÖD-
Gerechtigkeit und sozialem Frieden.                    Vorstand bereits in einer Resolution am 23. Okto-
Um diese Errungenschaften aufrechtzuerhalten,          ber 2017 u. a. fest.
braucht es die Bereitschaft der Politik, auch in
diese Bereiche zu investieren. Einsparungsvor-         Die GÖD fordert daher:
schläge nach der Rasenmähermethode demo-               • Bekenntnis der Bundesregierung zur Sozialpart-
tivieren und sind zur Bewältigung der großen              nerschaft
Herausforderungen der Zukunft völlig unge­             • Sozialpartnerschaftlichen Dialog auf Augen-
eignet.                                                   höhe
                                                       • E inhaltung der sozialpartnerschaftlichen
Die GÖD fordert daher:                                    Gepflogenheiten bei allen Gesetzesvorhaben
• Anerkennung der Bedeutung und der Leistun-          • Erhalt der Kammern mit gesetzlicher Mitglied-
   gen des öffentlichen Dienstes und der ausge-           schaft und Beibehaltung der derzeitigen
   gliederten Einrichtungen                               Umlagehöhe
• Ausreichend Ressourcen, um die hohe Qualität
   des öffentlichen Dienstes und der ausgeglie-        Im Übrigen wird auf die Resolution des ÖGB vom
   derten Einrichtungen auch in Zukunft aufrecht-      23. Mai 2018 verwiesen, die einstimmig beschlos-
   erhalten zu können                                  sen wurde.

                                                                                                                 15
service

        „Il Barbiere di Siviglia“
        20 Jahre Klassik Festival Schloss Kirchstetten im Weinviertel.

        Im Sommer 2018 feiert das Opern- & Klassikfestival auf         der Liebe und des Geldes, die Träume, Sehnsüchte und
        Schloss Kirchstetten seinen 20. Geburtstag. Als kleines        Schwächen des Menschen stehen im Vordergrund.
        Kammermusikfestival gegründet, hat sich die Spielstätte        Regie: Joanna Godwin-Seidl
        unter der Intendanz von Stephan Gartner zum umfang-            Musikalische Leitung: Hooman Khalatbari
        reichsten Opern- & Klassikfestival des Weinviertels entwi-     Graf Almaviva: Juan de Dios Mateos
        ckelt. Entsprechend der Maxime „Belcanto hautnah!“             Dr. Bartolo: Daniele Macciantelli
        dürfen Besucher im „KLEINSTEN Opernhaus Österreichs“           Rosina: Karolina Wieczorek
        sowie im stimmungsvollen Ehrenhof des Schlosses 2018           Figaro: Thomas Weinhappel
        zahlreiche Programm-Höhepunkte erwarten. Herzstück             Basilio: Leszek Solarski
        ist Rossinis flotte Belcanto-Oper „Der Barbier von Sevilla“.   Bertha: Biljana Kovac
        Fulminante Klassik-Hits stehen bei der offiziellen Festiva-
        leröffnung mit KLASSIK UNTER STERNEN IX – Französische         Zu ausgewählten Vorstellungen steht ein Bus-Transfer
        Nacht am 21. Juli im Vordergrund. Herzstück des Festi-         von ELITE TOURS von Wien nach Kirchstetten und
        vals auf Schloss Kirchstetten ist die Belcanto-Oper: Von       retour bereit. Infos & Buchung: Reisebüro ELITE TOURS
        4. bis 18. August ist Rossinis IL BARBIERE DI SIVIGLIA – DER   - Wien, Tel: 01 - 513 22 25 / Email: travel@elitetours.at
        BARBIER VON SEVILLA im einzigartigen Maulpertschsaal
        zu erleben (Vorpremiere: 2. 8.). „Der Barbier von Sevilla“     Einzelkarten: www.oeticket.com
        zählt zu den erfolgreichsten Werken von Gioachino              Abo- und Gruppenbuchungen: Tel: +43 2523 831415
        Rossini – ein Werk, das sich durch Witz, Tempo und             info@schloss-kirchstetten.at,
        überraschende Wendungen auszeichnet. Die Macht                 www.schloss-kirchstetten.at

16   gymnasium
menschen
menschen
                                   Auszeichnungen und Ernennungen
 IN DEN NATIONALRAT WURDE BERUFEN:
 MMag.a Mag.a iur. Getraud Salzmann            BG/BRG Zell am See
 DER BUNDESPRÄSIDENT HAT VERLIEHEN:
 DEN TITEL HOFRÄTIN
 Dir.in Mag.a Gabriele Schletz                 BORG/BHAS f. Leistungssportler St. Pölten, Bimbo-Binder-Promenade

 DEN TITEL OBERSTUDIENRÄTIN/OBERSTUDIENRAT
 Prof. Mag.a Brigitte Biedermann-Pilz          BG/BRG Klagenfurt, Ingeborg-Bachmann-Platz

 Prof. Mag. Serge Claus                        BORG an der Theresianischen Militärakademie Wiener Neustadt

 Prof.   Mag.a   Ingrid Hilbrand               BORG Bad Aussee

 Prof.   Mag.a   Michaela Hofer                BG/BRG Stainach

 Prof. Mag. Karl Kogelnik                      BG/BRG Fürstenfeld

 Prof. Mag. Gottfried Kopinits                 BG/BRG Wien XIV, Astgasse

 Prof. Mag. Wolfgang Kuranda                   BG/BRG Freistadt

 Prof.   Mag.a   Adelheid Leeb                 BG/BRG Innsbruck, Sillgasse

 Prof. Mag. Günther Leitner                    Bischöfliches Gymnasium Graz, Lange Gasse

 Prof.   Mag.a   Andrea Lischka                BG/BRG Wien XVI, Maroltingergasse

 Prof.   Mag.a   Melitta Lobnig-Ploder         BG/BRG Klagenfurt, Mössingerstraße

 Prof. Mag. Reinhard Molnar                    BG/BRG Klagenfurt, Ingeborg-Bachmann-Platz

 Prof.   Mag.a   Gabriele Neugebauer           Bischöfliches Gymnasium Graz, Lange Gasse

 Prof. Mag. Heimo Nindl                        BG/BRG Völkermarkt

 Prof.   Mag.a   Elisabeth Novak               BORG Bad Radkersburg

 Prof. Mag. Peter Schicher                     BG/BRG Klagenfurt, Ingeborg-Bachmann-Platz

 Prof.   Mag.a   Ulrike Stocker                BG/BRG Stainach

 Prof. Mag. Ernst Stoiber                      BG/BRG Wels

 Prof. Mag. Gert Zellnitz                      BG/BRG Klagenfurt, Ingeborg-Bachmann-Platz

 Prof. Mag.a Krista Zwinger                    BG/BRG Wien XVI, Maroltingergasse

 Die Bundesleitung gratuliert herzlich!

                                                 Bitte geben Sie zur Erhaltung Ihrer Ansprüche

                                              Ä nd erun gen Ihrer Adresse, Ihres Namen s
                                                          oder Karen zurl aube
                                                    möglichst rasch unserem Büro bekannt.

                                             Adresse: AHS-Gewerkschaft, Lackierergasse 7, 1090 Wien
                                         Bei Karenzurlauben bitten wir um Angabe der Art (bezahlt oder
                                                unbezahlt), der voraussichtlichen Dauer und des
                                                       voraussichtlichen Geburts­termines.

                                                                                                                     19
                                                                                                                     17
im fokus

                                 Sprachförderung im
                                 internationalen Vergleich
       Mag. gudrun pennitz
            Chefredakteurin      Es herrscht allgemeiner Konsens darüber, dass Integration sowie schulischer
     gudrun.pennitz@my.goed.at
                                 Erfolg für mehrsprachige SchülerInnen sehr davon abhängen, wie weit ent-
                                 wickelt ihre Kompetenz in der Unterrichtssprache ist. Doch seit Jahren zeigen
                                 Tests wie PIRLS, PISA oder der „Nationale Bildungsbericht“ des BIFIE 2 auf, dass
                                 in Österreich sehr viele Kinder mit nichtdeutscher Umgangssprache leistungs-
                                 mäßig um ein bis zwei Jahre hinter ihren Altersgenossen zurückliegen.3

                                                                                            „The single most
                                                                                            important skill for
                                                                                            succeeding in local
                                                                                            labour markets and,
                                                                                            indeed, in society at
                                                                                            large is mastery of
                                                                                            host countries’
                                                                                            official languages." 1

18     gymnasium
im thema
                                                                                                                                                                    fokus
                                      So liegt z. B. der Anteil der SchülerInnen der 4. Schul-    Die Bilanz der im Vorjahr erschienenen Eurocities-
                                      stufe, die die Bildungsstandards in Mathematik nicht        Studie fällt eindeutig aus:
                                      oder nur teilweise erreichen, bei Kindern mit Migrati-      „Migrant children often need additional help to

                                                                                                                                                              top
                                      onshintergrund bei 42 %.                                    successfully integrate, such as intensive language
                                                                                                  training or support classes. […] Some 82 % of the sur­
                                      Anteil der SchülerInnen der 4. Schulstufe, die die Bil-     veyed cities’ answers indicate that special classes for
                                      dungsstandards in Mathematik nicht oder nur teilwei-        migrant pupils in public schools were created. Most
                                      se erreichen (Stand 2012)4                                  of the time, these classes are administered or funded
                                       ohne Migrationshintergrund              19 %               by the national level and they bridge the knowledge
                                       mit Migrationshintergrund               42 %               and language gap of migrant students until they can
                                                                                                  join standard classes.“10

                                      Anteil der SchülerInnen der 8. Schulstufe, deren Lese-      Spr achför derkl assen im in tern ation al en
                                      verständnis nicht oder nur teilweise die Lernziele          Vergl eich – ein Bl ick über den Tel l erran d
                                      erreicht (Stand 2016)5                                      Beispiel Finnland:
                                                                                                  In Finnland beträgt der Unterschied beim erfolgrei-
                                       Deutsch als Erstsprache      39 %
                                                                                                  chen Abschluss der Sekundarstufe II zwischen Schü-
                                       andere Erstsprache:          71 %
                                                                                                  lerInnen ohne Migrationshintergrund und SchülerIn-
                                                                                                  nen mit Migrationshintergrund der ersten Generation
                                      26 % der Kinder mit Migrationshintergrund erreichten        mehr als 10 Prozentpunkte. Dieser Herausforderung
                                      bei der Bildungsstandard-Testung der 4. Schulstufe          begegnet man unter anderem durch spezielle Vorbe-
                                      im Jahr 2015 im Bereich Hörverständnis die Standards        reitungsklassen.11
                                      nicht.6 PISA 2015 ergab, dass der Rückstand der             „The City of Helsinki has established preparatory clas­
                                      Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Österreich        ses with a specific curriculum for immigrants and refu­
                                      im Schnitt 79 Punkte betrug.7 Diese Werte und das           gees. They provide instruction in the Finnish/Swedish
                                      Faktum, dass das durchschnittliche Bildungsniveau           language and all other core school subjects for one
                                      von AsylwerberInnen und Asylberechtigten meist              year. Those under 10 receive 900 hours of instruction
                                      noch geringer ist, geben Anlass zur Sorge.                  and those over 10 receive 1 000 hours of instruction.“12
                                      Ein Blick auf diese und weitere Erkenntnisse, die in der
                                      Rubrik „Statistiken“ auf www.bildungswissenschaft.at        „Zugewanderte Sechs- bis Zehnjährige besuchen min­
                                      nachzulesen sind, offenbart, dass, was bisher von politi-   destens 900 Stunden einen Finnischkurs, bevor sie am
                                      scher Seite unternommen wurde, um Abhilfe zu schaf-         Regelunterricht teilnehmen.“13
                                      fen, als unzureichend bis untauglich zu bezeichnen ist.     „In Finland, measures to further promote the educa­
                                      Dass ab dem Schuljahr 2018/19 eigene Sprachförder-          tion of immigrant children, including strengthening
                                      klassen für neu eintretende Kinder eingeführt werden,       reception classes and increasing language training,
                                      die über wenig bis gar keine Deutschkenntnisse ver-         appear in the 2011-2016 Development Plan for Edu­
                                      fügen, um sie möglichst rasch „schulfit“ zu machen,         cation and Research.“14
                                      stößt jedoch auf Kritik. Reflexartig spricht man von
                                      „Ghettoklassen“ und „Segregation“ und beschwört             Dabei belässt man es allerdings nicht: Zusätzlicher
                                      den pädagogischen Erfolg des bisher gepflogenen             Förderunterricht für alle, die es brauchen, wird in den
                                      „Sprachbads“ in den Stammklassen.                           Volksschulen angeboten:
                                      Was dabei übersehen (oder bewusst verschwiegen)             „In the early years of primary school, intensive special
                                      wird, ist die Tatsache, dass es in vielen Ländern bereits   support – mostly in reading, writing, and arithmetic – is
Foto: Marta Ortiz/istock/Thinkstock

                                      Usus geworden ist, neu ankommende Kinder in Vor-            offered to all children who have major or minor spe­
                                      bereitungsklassen einem intensiven Sprachtraining zu        cial needs.“15
                                      unterziehen, bevor sie ins Regelschulwesen eingeglie-
                                      dert werden.8                                               Beispiel Dänemark:
                                      „Welcome/reception/introductory classes and quali­          Dänemark forciert die sprachliche Frühforderung
                                      fication assessments are a common feature in many           durch eine Reihe von Maßnahmen. Vor einigen Jah-
                                      city strategies, with the intention of getting children     ren wurde bereits eine verpflichtende Sprachstands-
                                      quickly up to speed with the curriculum and to ensure       feststellung für alle 3-Jährigen mit Migrationshinter-
                                      they have a good enough grasp of the local langua­          grund eingeführt, mit dem Ziel, mögliche Sprachpro-
                                      ge to be placed in regular classes.“9                       bleme noch vor dem Schuleintritt zu diagnostizieren

                                                                                                                                                                 19
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