BUNDmagazin Fledermaus flieg! - Bund für Umwelt und Naturschutz ...

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BUNDmagazin Fledermaus flieg! - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
BUNDmagazin
                                                       Friends of the Earth Germany

                                                                         www.bund.net

                                                                           2/2016
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland

                                              Fledermaus flieg!
BUNDmagazin Fledermaus flieg! - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
BUNDmagazin Fledermaus flieg! - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
FORUM
                                                                                                                I N HALT
Liebe Leserinnen und Leser,
                                                  4   Leserbriefe / Impressum
»Das haben wir doch immer schon gesagt!«
Nicht selten ist das unsere Reaktion darauf,      MAGAZI N
wenn eine Umweltsauerei für kurze Zeit
doch einmal die Zeitungen und TV-Kanäle           6   Kurznachrichten
erobert. So hat es die Fachleute des BUND
nicht gewundert, als im letzten Herbst der
                                                  KOMMENTAR
systematische Betrug mit Abgaswerten bei
VW, Mitsubishi und Co. öffentlich wurde.          10 Energiewende: rasch, aber richtig!
Wer es wissen wollte, war hier längst miss-
trauisch geworden. Der BUND hatte schon
Jahre zuvor realistischere Messverfahren          TITELTH EMA
gefordert, ohne Erfolg.
                                                  12 Fledermaus flieg!
Oder denken wir an den Super-GAU von              13 Gesellige Nachtschwärmer
Tschernobyl. Der Schock war damals groß.
Doch nur wer an die absolute Beherrschbar-        15 Die größten Gefahren
keit der Atomkraft geglaubt hatte, konnte
                                                  17 Interview mit Andreas Zahn
vollkommen überrascht sein. Alle, die früh
vor der Möglichkeit eines solchen Unfalls         18 Schutzprojekte des BUND
gewarnt hatten, bekamen hingegen die
traurige Gewissheit, mit ihrem Widerstand         20 Grüner Wall im Westen
im Recht gewesen zu sein.                                                                   Seite 12: Fledermaus flieg!
                                                  AKTION                                    Fledermäuse sind Überlebens-
Was nützt alles Recht-haben, was nützt das                                                  künstler mit faszinierenden
beste Argumente, wenn es nicht ausreichend        24 Gemeinsam gegen Glyphosat              Eigenschaften – und gefährdet.
Gehör findet? Wenn die, die vom Status quo                                                  Viele BUND-Gruppen engagie-
profitieren, Mittel und Wege finden, um Poli-
                                                  26 GEO-Tag der Artenvielfalt              ren sich für ihren Schutz.
tik und Öffentlichkeit in Sicherheit zu wiegen?
(Und das tun sie fast immer.) Wenig nützt es.     GUT LEBEN
Deshalb hat der BUND ein Kampagnenteam
zusammengestellt. Es soll unsere Argumente        27 Wie Bisphenol A vermeiden?
schlagkräftiger machen, mehr Menschen für
unsere Anliegen mobilisieren und die Politik
noch gezielter zum Handeln auffordern.            ZU R ZEIT                                  Stock/LKN-SH

                                                  28 Die Kuh als Klimakiller?
Zum Auftakt haben wir uns Glyphosat vorge-
knöpft. Es ist das meistverbreitete Pflanzen-     30 Turbulenter Abschied vom Öl
gift der Welt. Und ein Paradebeispiel dafür,
wie man hohe Umweltrisiken unter den
                                                  31 Widerstand gegen TTIP + CETA
Tisch kehrt, um interessierten Kreisen – hier:
der Agrarindustrie – noch für einige weitere      NATU RA 2000
Jahre ihr einträgliches Geschäft zu sichern.
So lange, bis jegliche biologische Vielfalt auf   32 Sylter Außenriff
unseren Äckern derart gründlich eliminiert
                                                                                            Seite 32: Meeresschutz
ist, dass sich diese Form der Landwirtschaft
ihrer eigenen – und unser aller – Grundlagen
                                                  AKTIV                                     Deutschlands größtes Schutz-
                                                                                            gebiet liegt westlich von Sylt.
beraubt hat. Schon in wenigen Tagen soll          34 Neues aus dem BUND                     Noch wird hier wie überall in
Glyphosat für weitere fünfzehn Jahre EU-weit                                                der Nordsee intensiv gefischt.
zugelassen werden. Protestieren Sie mit uns!      38 Internationales                        Womöglich nicht mehr lange …
Argumentativ richtig liegen: schön und gut.
                                                  40 Die junge Seite
Doch um die Erde besser schützen zu können,
wollen wir uns häufiger durchsetzen.
                                                  MEDI EN
Viel Spaß beim Lesen dieses BUNDmagazins
wünscht Ihr                                       44 Neu und interessant

                                                  PERSÖN LIC H
        Severin Zillich, Redaktion                46 Ingo Valentin

                                                                                   [2-16] BUNDmagazin       3
BUNDmagazin Fledermaus flieg! - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
Das neue BUNDmagazin ist wirk-                 konzerne hinzuweisen: So hatte ich
      FORUM                                                         lich das beste seit Langem. Ihr Titel-         vor ca. 15 Jahren den Eindruck, dass
                                                                    thema freut mich besonders. Regie-             VW den Drei-Liter-Lupo vor allem
                                                                    rung und Autolobby nehmen jähr-                deshalb auf den Markt gebracht hat,
                                                                    lich rund 10 000 Tote durch Atem-              um zu beweisen, dass den keiner
                                                                    wegserkrankungen in Kauf, nur um               will. In den VW-Autohäusern wurde
                                                                    Profite zu sichern. Dazu passte eine           massiv abgeraten, dieses Auto zu
                                                                    ZDF-Sendung, wonach Diesel-Pkw                 kaufen; Probefahrten waren nicht
                                                                    von VW und BMW, Mercedes und                   möglich, man hätte ihn »blind« be-
                                                                    Renault im Echtbetrieb das 2,6- bis            stellen müssen. Ähnliches habe ich
                                                                    6,6-fache an Stickoxiden ausstießen.           auch aus neuerer Zeit gehört.
                                                                    (Weil sich in Deutschland niemand                      Burkhard Karrenbrock, Bullay
                                                                    traute, testete man in der Schweiz.)
                                                                    Damit dürften die meisten Diesel               Der BUND träumt von der CO2-
      Titel der                                                     nicht mehr in die Innenstadt. Rote             freien Mobilität durch Elektroautos
  Ausgabe 1/16                                                      Plakette und Ende – Umweltzone                 – und erwähnt nur im Nachsatz,
                                                                    gerettet. Mal sehen, wann Verkehrs-            dass die Energie dafür aus erneuer-
                     Stadtplanung, Diesel, E-Autos …                minister Dobrindt einknickt.                   baren Quellen kommen muss. Ein
                     Das Drama der deutschen Stadtpla-              Machen wir Druck!                              Traum ist es, da erneuerbare Ener-
                     nung ist, dass sie dem falschen Para-             Mit dem neuen Heft beweist der              gie für den Verkehr absehbar nicht
                     digma folgt. Sie stellt sich städtische        BUND erneut, bei allen aktuellen               zur Verfügung steht. Die Atommei-
                     Straßen idealiter wie Autobahnen               Themen hochprofessionell am Ball               ler werden abgeschaltet (Gott sei
                     vor. So sind wir in Berlin geplagt von         zu sein, von Agrosprit bis zur Zer-            Dank), Gaskraftwerke nicht gebaut
                     doppelspurigen Straßen, Abbiege-               störung unserer Lebensgrundlage.               (weil unrentabel), und der Ausbau
                     spuren nach links und rechts, riesi-           Respekt und weiterhin viel Erfolg!             der Windkraft wird durch das EEG
                     gen Kreuzungen, absurden Tunneln                                Ulrich Wilk, Garbsen          gedeckelt. Wer zusätzliche Verbrau-
                     und Autobahnen mitten in der Stadt.                                                           cher elektrischer Energie generiert
                        Städte, die sehr viel größer und            Sie diskreditieren die Dieselfahrer            (eine Million E-Autos), muss sich
                     wohlhabender sind und viel mehr                mit unsachlichen Argumenten. So                die verfügbare Energie aus Kohle-
                     Autos haben (wie London und Paris),            schreiben Sie, die »Dieselsubven-              kraftwerken zurechnen lassen. E-
                     haben ihre Stadtplanung kaum nach              tion« verleite zum Vielfahren. Doch            Autos sind also echte Klimakiller.
                     den Bedürfnissen des Autoverkehrs              eine geringere Mineralölsteuer ist                 Vorteile bieten derzeit nur
                     ausgerichtet. Wenn Sie von Maut-               keine Subvention. Diesel-Pkw sind              Hybridantriebe und E-Autos in
                     lösungen sprechen, ist das letztlich           in der Anschaffung teurer, und man             Großstädten durch die Vermeidung
                     nur eine Verbreiterung der Abgaben-            zahlt in der Regel eine höhere Kfz-            von Schadstoffen und den (gegen-
                     basis. Es ist immer so viel Verkehr            Steuer. Auch kauft man keinen                  über Dieselfahrzeugen) besseren
                     da, wie Straßen dafür bereitstehen.            Diesel, um mehr fahren zu können.              Wirkungsgrad im Stadtverkehr.
                        Wir brauchen einen radikalen                Eher umgekehrt: Man muss viel fah-             Hier sollten sie Verwendung finden
                     Rückbau des Straßensystems. Wir                ren und kauft deshalb einen Diesel.            für den öffentlichen Nahverkehr,
                     müssen aufhören, den Stadtraum                 Das einzige, was ich wirklich über-            für Taxis, Botenfahrzeuge, Polizei
                     dem Autoverkehr zu opfern. Wenn                prüfen kann, ist der Verbrauch, und            und Verwaltung. Die Infrastruktur
                     es weniger Spuren und Parkraum                 der spricht für den Diesel.                    bräuchte dann auch nicht flächen-
                     gibt, gibt es von allein weniger Autos.           Interessant wäre gewesen, auch              deckend zu sein.
                                      Carsten Eggers, Berlin        auf die Verkaufspolitik der Auto-                      Heiner Dietrich, Oranienburg

IMPRESSUM
                                                     Verlag: Natur & Umwelt Verlags-GmbH, Am Köll-         weisen Sie Ihre Spende auf das Konto der Bank
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des BUND und erscheint viermal im Jahr.              Mitgliederservice:  (0 30) 2 75 86-479, Fax -4 40,   2802 02, BIC: BfS WDE33. Danke! (siehe hierzu:
                                                     mitgliederservice@bund.net                            www.bund.net/spenden)
Herausgeber: Bund für Umwelt und Naturschutz         Bezugspreis: für Mitglieder im Beitrag enthalten,     Copyright: Alle Beiträge und Abbildungen sind
Deutschland e.V. (BUND) – Friends of the Earth       für Nichtmitglieder 20 Euro pro Jahr.                 urheberrechtlich geschützt. Nachdruck oder
Germany, Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin         Anzeigenverwaltung: Ruth Hansmann, Runze &            sonstige Verwertung nur mit schriftlicher Ein-
V.i.S.d.P.: Yvonne Weber                             Casper Werbeagentur GmbH,  (0 30) 2 80 18-           willigung des Verlags.
Redaktion: Severin Zillich,  (0 30) 2 75 86-4 57,   1 45, Fax: -4 00, hansmann@runze-casper.de.           Druckauflage: 182 082 Exemplare (IVW 1/2016);
Fax -4 40, redaktion@bund.net, www.bund.net/         Es gilt der Anzeigentarif Nr. 24.                     in der Natur + Umwelt: 134 597 Ex. (IVW 1/2016)
bundmagazin                                          Druck: Brühlsche Univ’druckerei GmbH & Co KG          Beilagen: Dieses BUNDmagazin enthält in Teilen
Gestaltung, Produktion: Claudia Gunkel (Pro-         Papier: 100% Recycling, glänzend gestrichen           seiner Auflage eine Beilage der Zeitschrift
duktionsleitung), Marc Venner (Grafik, Layout)       Spenden: Der BUND benötigt für seine Arbeit           »Natur erleben!«.
Titelbild 2/16 (20. Jahrgang): Braunes Langohr,      über die Mitgliedsbeiträge hinaus Unterstützung.
iStock.com/Barry Sutton                              Ihre Spende ist steuerlich absetzbar. Bitte über-     Das BUNDmagazin 3/16 erscheint am 13. August.

                     4   BUNDmagazin [2-16]
BUNDmagazin Fledermaus flieg! - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
Mein Vorschlag: Starten Sie in einer mittelgroßen Stadt mit

                                                                 Anzeige
einer konzentrierten Plakataktion und dem Slogan: »Auto-
fahren tötet« (durch Luftverschmutzung, Flächenversiege-
lung, Naturzerstörung, Verkehrstote, CO2 etc.). Fordern Sie
weiter, dass Autos zum Beispiel auf der Fahrertür mit
Schriften und Bildern versehen werden müssen, die über
die Gefahren des Autofahrens aufklären.
                              Reinhard Krause, Bremerhaven

Zur Asylpolitik
Eine uneingeschränkte Willkommenskultur für »Geflüch-
tete« steht im Widerspruch zu einer nachhaltigen globalen
Flüchtlingspolitik. Es muss unser oberstes Anliegen sein,
Fluchtursachen zu bekämpfen und eine möglichst große
Anzahl hilfsbedürftiger Menschen zu erreichen. Es ist die
teuerste Lösung, Flüchtlinge nach Deutschland einzuladen.
Mit demselben Geld könnten vor Ort drei- bis viermal mehr
Menschen erreicht werden!
   Eine unbegrenzte Willkommenskultur ist nur ein Alibi
für unser schlechtes Gewissen. Ändern wir unsere Politik
                                                                           Saubere Energie
und helfen wir vor Ort. Dann helfen wir den Menschen
wirklich und erreichen viel mehr!                                                                 Jetzt wechseln und 25 €-Strom-
                            Dierk Wagenschein, Müden/Aller                                          bzw. Gasgutschrift erhalten:
Bitte reihen Sie sich doch nicht in die Koalition der Willigen
                                                                                                  www.naturstrom.de/energie16
ein. Es war schon im September 2015 klar – mit den Kom-
mentaren aus der Wirtschaft: »Die Flüchtlinge werden uns
ein zweites Wirtschaftswunder bescheren« –, dass nur das                   ü6WURPDXV:DVVHUXQG:LQGNUDIW
Geschäft angekurbelt werden soll und das Geld endlich im
Lande bleibt. Den unheiligen Glauben, dass nur mit immer                   ü%LRJDVDXV5HVWXQG$EIDOOVWRIIHQ
weiterem Wachstum unsere Welt besser wird, unterstützt
doch Ihr Kommentar indirekt.                                               ü$QELHWHUXQDEK¦QJLJYRQ.RKOH
                                                                              XQG$WRPLQGXVWULH
   Sicher stimmen Ihre Aussagen zur Ausbeutung vieler
Länder durch unser Wirtschaftssystem. Aber noch mehr
Flüchtlinge aufzunehmen macht vielleicht ein gutes Ge-
wissen, trägt aber nichts zur Lösung bei.                                  ü%DXXQG)¸UGHUXQJQHXHU
                                 Reinhardt Link, Rheinfelden
                                                                              NR.UDIWZHUNH
Atomkraft
Sie schreiben sachgemäß über die Folgen der Unglücke in                    üIDLUHU3UHLVNHLQH0LQGHVWYHUWUDJV
Tschernobyl und Fukushima. Doch unterschlägt auch der
BUND die erste Atomkatastrophe, die die Menschheit vor
                                                                              ODXI]HLWHLQIDFKHU:HFKVHO
über 35 Jahren in den USA traf: den Unfall des Reaktors in
Three Mile Island.
                                  Rolf Schäfer, Herzogenrath

BUND-Waldreport
Die Bilder aus Ihrem Waldreport erinnern mich fatal an
                                                                           Öko-Stromtarif
verwüstete Tropenwaldgebiete. Leider sieht es so auch in                   naturstrom
Thüringen aus, sogar in Schutzgebieten. Unser Holz wächst
nicht im Baumarkt, sondern in Polen, Sibirien, Nordeuropa
                                                                           sehr gut
                                                                           Spezial Energie 2015
… Wir sollten nicht nur urwaldvernichtende Länder kriti-
sieren, sondern auch darauf achten, was vor unserer Haus-
tür abgeht. Der BUND tut das.
                              Andreas Rietschel, Rudolstadt
                                                                           NATURSTROM AG
Die Redaktion freut sich über jede Zuschrift, behält sich aber             3DUVHYDOVWUD¡HŦŦüũťũūŭ'¾VVHOGRUIü7HOťŧŦŦŬŬŮťťŨťť
Kürzungen vor. Eine erweiterte Auswahl von Leserbriefen
finden Sie unter  www.bund.net/bundmagazin– etwa vier
Wochen nach Erscheinen der neuen Ausgabe.
BUNDmagazin Fledermaus flieg! - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
Fotowettbewerb
MAGAZI N
           Alleen verbinden

           U     nter dem Motto »Alleen ver-
                 binden« startet am 1. Mai der
           diesjährige Fotowettbewerb zur
           »Allee des Jahres«. Wie grüne Adern
           ziehen sich Alleen durch unsere Kul-
           turlandschaft, verknüpfen bebautes

                                                                                                                                 Wolfgang Schielke
           Land und freie Natur, vernetzen
           wertvolle natürliche Lebensräume
           in der oft öden Agrarsteppe, verbin-
           den Dörfer und Kulturdenkmäler.
           »Eine Wanderung oder Radtour
           unter dem grünen Dach der Alleen         Dieses Bild einer Allee an einer alten Pflasterstraße zwischen Greifswald und
           ist zu jeder Jahreszeit ein Erlebnis.    Stralsund gewann im vergangenen Jahr den zweiten Platz.
           Halten Sie Ihr Motiv in Bildern fest«,
           rät Katharina Brückmann, BUND-
           Expertin für den Schutz der Alleen.         Aus allen Motiven wird eine Jury     senden, oder an den BUND Meck-
               Die Besonderheit einer Allee         die »Allee des Jahres« küren – und      lenburg-Vorpommern, Wismarsche
           kann sich in ihrer Geschichte, ihrer     am 20. Oktober zum »Tag der Allee«      Str. 152, 19053 Schwerin. Kontakt-
           Struktur oder Artenvielfalt zeigen.      öffentlich präsentieren. Ein Kontakt-   Telefon: (03 85) 52 13 39-0.
           Schicken Sie Ihr schönstes Foto          formular zum Hochladen Ihrer Fotos
           (digital oder als Papierbild) mit kur-   finden Sie unter  www.bund-mv.de,
           zem Kommentar an die Geschäfts-          Projekt Alleenschutz.                   Mehr zu dem Wettbewerb und eine
           stelle des BUND in Schwerin. Ein-           Ihre Fotos können Sie zudem an       Übersicht der eingesendeten Fotos:
           sendeschluss ist der 16. September.      katharina.brueckmann@bund.net            www.allee-des-jahres.de

                        Die Zahl

            705 Azurjungfern

            A    uch nach über 25 Jahren Ein-
                 satz für das Grüne Band kön-
            nen sich die Aktiven des BUND
                                                    Aussterben bedroht. In den ver-
                                                    netzten Gräben einer Modellregion
                                                    des BUND bei Salzwedel fühlt sie
                                                                                            zuständige Wasserverband konnte
                                                                                            schon mit ins Boot geholt werden.

            darauf verlassen: Es bietet immer       sich wohl: die Vogel-Azurjungfer.       Zugute kommt den Libellen auch,
            wieder schöne Überraschungen!                                                   dass der BUND seinen Flächen-
            Die jüngste ist blau-schwarz ge-        Diese Libelle gehört zu den Tier-       besitz in dieser Region deutlich
            mustert und in Deutschland vom          arten, für deren Erhaltung die EU       ausweiten konnte*. Über 70 Hektar
                                                    besondere Schutzgebiete fordert.        – ungefähr hundert Fußballfelder –
                                                    Darum haben Fachleute im Auftrag        wurden am Grünen Band erworben.
                                                    des BUND Sachsen-Anhalt die Grä-        Hier sind die Gräben vor einer
                                                    ben auf einer Länge von 150 Kilo-       Überdüngung durch Nährstoffe
                                                    metern systematisch untersucht.         aus der Landwirtschaft sicher. Das
                                                    Maximal 705 Individuen konnten          garantiert die nötige Wasserqualität
                                                    sie feststellen – und damit das         und fördert zum Beispiel die Berle:
                                                    bedeutendste Vorkommen der Art          Auf diesem Doldenblütler legt die
                                                    in Sachsen-Anhalt. Nun soll die         Vogel-Azurjungfer ihre Eier ab.
                                                    Pflege der Gräben an die ökologi-
                                                    schen Ansprüche der Azurjungfer                     www.gruenesband.info
                                                    angepasst und diese bald noch
                                                    deutlich häufiger werden. Dann          * in dem Projekt »Lückenschluss
                                                    wäre das bundesweit nördlichste         Grünes Band«, gefördert vom Bun-
                                                    Vorkommen der Art gesichert. Der        desprogramm Biologische Vielfalt

           6   BUNDmagazin [2-16]
BUNDmagazin Fledermaus flieg! - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
KURZ & GUT
»Only bad news is good news« heißt es, vor allem schlechte Nachrichten erregen also unsere Aufmerksamkeit.
Doch positive Neuigkeiten aus unserem Verband und dem Umwelt- und Naturschutz tun einfach gut. Ein paar
aus jüngster Zeit haben wir für Sie ausgewählt.

 Der BUND hat die Zahl seiner UnterstützerInnen ein weiteres Mail aus-
bauen können. 2015 stieg sie um knapp fünf Prozent auf 564 727. Die Zahl
unserer Mitglieder und Spender erreichte damit einen neuen Höchststand.
Zu verdanken ist diese Entwicklung vor allem dem vielfältigen und erfolg-
reichen Einsatz unserer Gruppen vor Ort.

 Immer mehr Deutsche kaufen Bioprodukte: 2015 stieg der Umsatz deut-

                                                                               bio-markt.info
lich um elf Prozent – und verzeichnete das erste zweistellige Wachstum
seit 2008. Mehr Bioware wurde offenbar besonders in Supermärkten und
Discountern abgesetzt. Viele hatten letztes Jahr ihr Sortiment erstmalig
um Produkte wie Milch, Mehl oder Speiseöl in Bioqualität erweitert.

 Im Leipziger Auwald hat der BUND Sachsen jüngst Wildkatzen entdeckt.
Mithilfe von Fotofallen und Lockstöcken konnte er einen kleinen Bestand
der scheuen Art nachweisen: das zweite derzeit bekannte Vorkommen in
Sachsen. Der Lebensraum – ein Wald im Stadtgebiet Leipzig mit vielen
Natur- und Landschaftsschutzgebieten – gehört zu den größten intakten

                                                                                                                     H. Neumann
Auenwäldern Mitteleuropas. »Wir sind selbst überrascht von dieser Nach-
richt«, erklärte der Landesvorsitzende Felix Ekardt.

 Schottland hat den Kohleausstieg bereits geschafft: Am 24. März ging
der letzte Block des Kohlekraftwerks »Longannet« im Norden Edinburghs
vom Netz. Seitdem produziert Schottland – nach über hundert Jahren –
erstmals keinen Strom mehr mit klimaschädlicher Kohlekraft. Longannet
war mit 2 400 Megawatt das größte Kohlekraftwerk Europas, als es 1969
den Betrieb aufnahm.

 Dazu passt der Konkurs des weltweit größten privaten Kohlekonzerns
Peabody. Der US-amerikanische Konzern mit Sitz in St. Louis hatte jahre-
                                                                               Nick Jaussi

lang den Klimawandel und damit seine gesellschaftliche Verantwortung
geleugnet. Auf Milliardenverluste in jüngster Zeit folgte nun der Bankrott.
Weltweit beklagen Kohlekonzerne inzwischen hohe Defizite.

 Der Hessische Landtag hat die Verwaltung des Nationalparks Kellerwald-
Edersee aus der Forstverwaltung gelöst und als Sonderbehörde direkt dem
Umweltministerium unterstellt. Damit ist der Nationalpark endlich dort
                                                                               Nationalpark

angesiedelt, wo er als Premium-Schutzgebiet auch hingehört. Der BUND
Hessen hatte dies schon zur Gründung des Nationalparks 2004 gefordert.
Teile seiner Buchenwälder zählen zum UNESCO-Weltnaturerbe.

 Nach dem Erfolg vom letzten Jahr gibt es in diesem Sommer eine neue
Auflage des Elbe-Aktions-Camps! Vom 1. bis 7. August können Jugendliche
zwischen 16 und 20 Jahren praktischen Naturschutz mit Abenteuern am
Fluss verbinden. Während des Camps wollen wir z.B. den Auen-Lehrpfad
erweitern und Biberburgen besuchen; zudem gemeinsam kochen, in der
Elbe baden und anderes mehr. Kosten fallen nur für An- und Abreise an.
Interesse an einem der 15 Plätze? Siehe:  www.bund.net /aktionscamp
(im Rahmen des BfN-geförderten Projekts »Lebendige Auen für die Elbe«)

 Dünen und Trockenrasen: Die Sandachse Franken beherbergt von Bam-
berg über Nürnberg bis Weißenburg viele bedrohte Arten. Mithilfe auch des
BUND konnten seit dem Jahr 2000 über 500 Hektar Sandlebensräume ge-
                                                                               W. Dötsch

sichert werden. Eine Koordinationsstelle soll nun die Schutzarbeit bündeln.

                                                                                                [2-16] BUNDmagazin     7
BUNDmagazin Fledermaus flieg! - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
Saisonstart
   MAGAZI N
                    Was tun für Schmetterlinge?

                    H    äufig bieten Parks und Gärten
                         unseren Schmetterlingen kei-
                    nen geeigneten Lebensraum mehr.
                                                                                     Mehr darüber, wie Sie in Ihrem
                                                                                 Garten aktiv werden können, er-
                                                                                 fahren Sie unter  www.bund.net/
                    Dabei können sie zu Oasen in einer                           schmetterling und in unserer Bro-
                    zunehmend lebensfeindlichen Um-                              schüre »Schmetterlinge schützen«.
                    welt werden. Gestalten auch Sie Ihre                         Das Wissen über diese vielfältige
                    Umgebung falterfreundlich!                                   Tiergruppe helfen Sie zu erweitern,
                                                                                 indem Sie die Schmetterlinge beob-
                                                                                 achten und zählen und Ihre Daten
                                                                                 notieren:  www.naturgucker.de/
                                                                                 faltertage.
                                                                                     Damit Sie auch erkennen, was
                                                                                 dort umherflattert, bietet Ihnen der
                                                                                 BUND gratis eine Bestimmungshilfe
                                                                                 für 25 verbreitete Arten – darunter
                                                                                 den prächtigen Trauermantel (Foto).
                                                                                     Sollten noch weitere Falter Ihren    Gewinnen Sie eines von zehn Be-
                                                                                 Garten besuchen – immerhin gibt          stimmungsbüchern! Schreiben Sie
                                                                                 es bundesweit etwa 3 700 Arten –,        uns auf  www.bund.net/bestimmt
                                                        flickr/Hans Peter Gera

                                                                                 empfiehlt Ihnen der BUND aus dem         oder per Postkarte an den BUND,
                                                                                 Haupt-Verlag »Schmetterlinge ent-        Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin,
                                                                                 decken, beobachten, bestimmen«.          Stichwort »Bestimmt«. Unsere Pub-
                                                                                 Dieses Buch stellt die 150 häufigsten    likationen erhalten Sie über bundla-
                                                                                 tagaktiven Falter vor und ist auch als   den@bund.net, Tel. (0 30) 2 75 86-4 80.
                                                                                 App erschienen.                           www.bund.net/publikationen

                                         Ökotipp
                                         Keine Kohle für Klimasünder!

                                                                                 O     b Unternehmen, Kommunen
                                                                                       oder Privatpersonen: Wer Geld
                                                                                 anlegt, also in Aktien, Anleihen oder
                                                                                                                          dauerhaft fast 90 Prozent der glo-
                                                                                                                          balen Kohlereserven unangetastet
                                                                                                                          bleiben. Und dazu etwa ein Drittel
                                                                                 andere Vermögensanlagen investiert,      der Öl- und die Hälfte der Erdgas-
                                                                                 finanziert oft unwissentlich klima-      vorkommen.
                                                                                 schädliche Konzerne. Der BUND               Die Divestment-Bewegung hat
                                                                                 empfiehlt Kapitalanlagen genau           die 200 klimaschädlichsten Unter-
                                                                                 unter die Lupe zu nehmen und jene        nehmen der Welt ermittelt, unter
                                                                                 aufzulösen, die noch auf Kohle, Öl       ihnen RWE und BASF. Allein deren
                                                                                 und Gas setzen.                          Vorräte an fossilen Brennstoffen zu
                                                                                    Ein Trend der Zeit: Immer mehr        nutzen, hieße fünfmal mehr Kohlen-
                                                                                 Initiativen fordern, nicht länger in     dioxid auszustoßen, als weltweit
                                                                                 fossile Energien zu investieren und      noch in die Atmosphäre gelangen
                                                                                 stattdessen erneuerbare zu fördern.      darf.
                                                                                 Diese Bewegung ist unter dem                Als erste deutsche Stadt beschloss
                                                                                 Schlagwort »Divestment« bekannt          Münster Ende 2015, sich von seinen
                                                                                 geworden. Vor allem große Anleger –      RWE-Aktien zu trennen. Wer die
                                                                                 also Städte, Gemeinden und Institu-      Divestment-Bewegung unterstützen
                                                                                 tionen wie Kirchen, Stiftungen oder      will, stößt online auf viele ähnliche
                                                                                 Universitäten – sollen dazu bewegt       Initiativen aus anderen Städten und
                                                       J. Farys

                                                                                 werden, unökologische Investitionen      Gemeinden.
                                                                                 zurückzuziehen.
                                                                                    Um die Erderwärmung auf unter         Weitere Ökotipps des BUND finden
Protest zum globalen Klima-Aktionstag am 29.11. in Berlin.                       zwei Grad zu begrenzen, müssen           Sie hier:  www.bund.net/oekotipps

                    8   BUNDmagazin [2-16]
BUNDmagazin Fledermaus flieg! - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
Gerettete Landschaft

Seit 1989 setzt sich der BUND für das
Grüne Band ein. Der Todesstreifen an
der einstigen innerdeutschen Grenze
wurde zu einer Achse des Lebens.
An der thüringisch-bayerischen Grenze
ging jüngst das Naturschutzprojekt
»Grünes Band Rodachtal – Lange Berge
– Steinachtal« an den Start. Sein Ziel:
127 Kilometer der Lebenslinie für die
Zukunft zu sichern.
Otmar Fugmann
BUNDmagazin Fledermaus flieg! - Bund für Umwelt und Naturschutz ...
Umsetzung der Energiewende
KOMMENTAR

                                  Rasch, aber richtig!
            Seit Ende April ist der Klimavertrag von Paris nun unterzeichnet. Doch statt dessen Ziele zügig
            umzusetzen, legt die Bundesregierung der Energiewende Steine in den Weg. Auch einige Bundes-
            länder erschweren den Klimaschutz – weil sie, auf Kosten von Natur und Anwohnern, den Ausbau
            der erneuerbaren Energien nicht richtig planen.

            N    ach den Landtagswahlen ist vor den Wahlen. Dies
                 ist sicherlich eine gute Überschrift für das Jahr
            2016 – gerade mit Blick auf den Klimaschutz. Im Herbst
                                                                        Gabriel verhindern, dass die erneuerbaren Energien
                                                                        bis 2025 mehr als 45 Prozent unseres Stromes erzeugen
                                                                        – vorgeblich, um Zeit für den nötigen Netzumbau zu
            werden der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern und            gewinnen. In Wahrheit würde er damit den Energie-
            das Abgeordnetenhaus in Berlin neu gewählt. 2017 fol-       konzernen die gewünschte Bestandsgarantie für ihre
            gen die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen, Saar-        schädlichen Kohlekraftwerke liefern. Mit bürokrati-
            land und Schleswig-Holstein und schließlich im Herbst       schen Hürden für Kleininvestoren wie Bürgerinnen und
                                                                        Genossenschaften soll die dezentrale Energiewende in
                                                                        Bürgerhand zusätzlich ausgebremst werden. Klar ist:
                                                                        So wird Deutschland seinen internationalen Verpflich-
                                                                        tungen für den Klimaschutz nicht gerecht!

                                                                           Nun kommt es auf Bundestag und Bundesländer an,
                                                                        diese Beerdigung des deutschen Klimaschutzes zu ver-
                                                                        hindern. Wir als BUND wenden uns derzeit direkt an
                                                                        die MinisterpräsidentInnen der Länder, damit gerade
                                                                        sie sich weiter für eine naturverträgliche Energiewende
                                                                        in Bürgerhand einsetzen. Kurz vor dem Druck dieses
                                                                        Beitrags kam die erfreuliche Nachricht, dass die Länder
                                                                        im Bundesrat eine Initiative des BUND aufgegriffen
                                                                        und weitgehende Ausnahmen für die Bürgerenergie-
                                                                        genossenschaften gefordert haben. Auch wenn an den
                                                                        Regelungen im Detail noch zu feilen wäre, konnten wir
                                                                        als BUND hier schon Verbesserungen erkämpfen.

                                                                           Gleichzeitig wird die Energiewende auch von einzel-
                                                                        nen Landschaftsschützern in Misskredit gebracht. So
                                                                        behaupten inzwischen viele »Anti-Windkraftkämpfer«,
                                                                        der Ausbau der Windkraft könne die weltweiten CO2-
                                                             J. Farys

                                                                        Emissionen gar nicht reduzieren. Oder sie bestreiten
                                                                        den menschengemachten Klimawandel gleich ganz.
                                                                        Derartige Auslassungen haben mit Fakten nichts mehr
            die Bundestagswahl. Hier stehen alle Parteien vor der       zu tun. Sie sind wohl eher als emotionale Antwort auf
            Frage: Wollen sie den Pariser Klimavertrag – unter-         massive Fehlplanungen in den Ländern und Gemein-
            zeichnet am 22. April von 165 Ländern in New York –         den zu verstehen.
            ernsthaft umsetzen? Oder wollen sie es weiter bei
            Schönwetterzielen belassen?                                    Tatsächlich erfolgt der Bau neuer Windkraftwerke in
                                                                        bestimmten Bundesländern ohne landesplanerische
               Dabei kommt dem Erneuerbare-Energien-Gesetz              Steuerung, geprägt vorrangig von den wirtschaftlichen
            als Fundament der Energiewende in Deutschland eine          Interessen der Betreiber und Grundeigentümer. Der
            zentrale Bedeutung zu. Doch statt den Weltklimaver-         BUND fordert schon lange ein Ausbauprogramm, das
            trag von Paris zum Anlass zu nehmen, die notwendige         hohen Anforderungen an den Naturschutz genügt und
            Energiewende zu beschleunigen, legt die Große Koali-        die immer wieder erkennbaren Konflikte mit den
            tion ihr Steine in den Weg. Klimaschutz? Hat für diese      Anwohnern löst.
            Bundesregierung keinen Vorrang.
               So plant das von Vizekanzler Gabriel geführte Wirt-         Im November beschlossen die Bundesdelegierten
            schaftsministerium die bisherige Einspeisevergütung         des BUND nach intensiver Debatte ein Konzept, das
            für erneuerbare Energien abzuschaffen. Auch will            die Energiewende mit einer Offensive für mehr Land-

            10   BUNDmagazin [2-16]
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                                                                        I like my
schafts- und Naturschutz kombiniert. Kernpunkte der
Initiative sind der Ausstieg aus der Atomenergie und
Braunkohleverstromung – und unsere Forderung an
                                                                        Girokonto
die Länder, dem Ausbau der Erneuerbaren einen natur-
schutzfachlich und raumplanerisch klaren Rahmen zu
geben, mit konkreten Energie- und Flächenszenarien.

   Gleichzeitig fordert der BUND die staatlichen Mittel                 Wie muss eine Bank sein, damit man sie liken
                                                                        kann? Konsequent grün, fair und transparent!
für den Naturschutz im nächsten Jahrzehnt zu verfünf-
                                                                        Das ist die erste sozial-ökologische Bank.
fachen: um auch über den Schutz von Mooren, alten
                                                                        www.gls.de
Wäldern etc. zum Klimaschutz beitragen zu können.
Als ein Kernpunkt des BUND-Konzeptes fordern wir
die schon begonnene Erdverkabelung auszuweiten auf
bestehende Freileitungen; und nicht mehr benötigte
Leitungen zu entfernen. Dies soll helfen, die Beein-
trächtigung des Landschaftsbildes durch erneuerbare
Energien zu kompensieren.

   Wir sind uns sicher: Würden Bund und Länder end-
lich einen gesteuerten Ausbau der erneuerbaren Ener-
gien eng in eine solche Naturschutzinitiative einbinden,
ließen sich viele lokale Konflikte vermeiden – und
trotzdem das dringend nötige Tempo beim Klimaschutz
erreichen. Daher, liebe Leser, werden wir als BUND in
den kommenden Monaten weiter eine Doppelrolle
wahrnehmen, und dies als einziger deutscher Umwelt-
verband: Wir kämpfen dafür, die Energiewende enga-
giert fortzuführen – und pochen dabei auf verbindliche
und für uns nicht verhandelbare Leitplanken des
Naturschutzes!
                          Olaf Bandt und Hubert Weiger

Olaf Bandt ist Bundesgeschäftsführer »Politik und Kom-
munikation«, Hubert Weiger Vorsitzender des BUND.

                                    [2-16] BUNDmagazin   11
TITELTH EMA
 A. Zahn (2)

Mausohren bilden große Kolonien auf Dachböden. Sie sind damit stark auf unser Wohlwollen angewiesen.

Fledermaus flieg!
Fledermäuse beflügeln unsere Phantasie. Als Geschöpfe der Nacht waren sie
früher eher schlecht angesehen. Heute ist das zum Glück anders: Viele Menschen
– auch und gerade im BUND – tun etwas für ihren Schutz. Der Imagewandel hat
dazu beigetragen, dass sich einige heimische Arten deutlich erholen konnten.
Viele andere gelten weiter als gefährdet. Wie und wo leben unsere Fledermäuse?
Und womit können wir ihnen helfen? Lesen Sie unser Titelthema!

                    12   BUNDmagazin [2-16]
Die Welt der Fledermäuse

                    Gesellige Nachtschwärmer
Fledermäuse haben sich vor Jahrmillionen auf die nächtliche Insektenjagd spezialisiert. So konnten
sie weltweit die unterschiedlichsten Lebensräume erobern. Auch in Deutschland sind sie verbreitet
und leben häufig in direkter Nachbarschaft mit uns.

E   in dunkles Etwas flattert im Dämmerlicht. Kurz
    taucht es in den Schein einer Laterne. Und ist dann
rasch und lautlos wieder unseren Blicken entzogen.
                                                                 Noch mehr heimische Arten leben im Wald. Abend-
                                                              segler und Braunes Langohr, Bechstein-, Fransen- oder
                                                              Rauhautfledermaus nutzen alte Bäume als Quartier. In
Flüchtige Eindrücke – mehr dürften die meisten Men-           ihren Höhlen und Spalten finden sie Schutz.
schen kaum je erfahren von der Welt der Fledermäuse.             Was sind das für Tiere, mit denen wir nicht selten
Nach der nächtlichen Jagd verschwinden sie in ihren           unter einem Dach leben? In vieler Hinsicht ungewöhn-
Verstecken – um gänzlich unsichtbar zu werden.                liche Tiere, so viel steht fest.
   Sie leben im Verborgenen. Ihre Rufe sind für uns
meist unhörbar. Und im Flug sind sie kaum einer               Tiere der Superlative
bestimmten Art zuzuordnen. All dies macht die Fleder-            Fledermäuse bevölkern schon seit über 50 Millionen
mäuse zu großen Unbekannten unserer Tierwelt.                 Jahren unsere Erde. Als sehr alte und hoch spezialisier-
                                                              te Tiergruppe halten sie eine ganze Reihe von Rekor-
In Bäumen und Gebäuden                                        den. So sind Fledermäuse die einzigen Säugetiere, die
   Dabei leben nicht wenige Fledermäuse ganz in               aktiv fliegen können. Ihre Flughaut spannt sich von
unserer Nähe. Von den 25 heimischen Arten gilt fast die       den Hand- zu den Fußgelenken und den Schultern,
Hälfte als Kulturfolger. Unsere Häuser dienen ihnen als       zwischen den stark verlängerten Fingern und zwischen
Quartier, dauerhaft oder zu bestimmten Jahreszeiten.          den Beinen.
Sie kriechen unter Verschalungen, hinter Fensterläden,           Zudem wissen sie sich bei völliger Dunkelheit zu
in Mauerfugen. Oder sie ziehen in Dachstühlen ihre            orientieren, durch ein akustisches Radar mit Ultra-
Jungen groß. Zu den häufigen Arten in unserer Nach-           schalllauten. Nicht nur Hindernisse, sondern auch
barschaft zählen Zwerg- und Breitflügelfledermaus             kleinste Beutetiere reflektieren die Schallwellen und
sowie Große und Kleine Bartfledermaus.                        werden so im Jagdflug aufgespürt.

Ein Großer Abendsegler in seinem Tagesversteck. Diese Art verunglückt neuerdings relativ häufig an Windrädern.

                                                                                                    [2-16] BUNDmagazin   13
Fledermäuse sind meist klein und leicht. Die thai-        Wird im Spätsommer die Nahrung knapp, suchen
TITELTH EMA         ländische Schweinenasen-Fledermaus gilt mit ihren          sich unsere Fledermäuse ein passendes Winterquartier.
                    zwei Gramm gar als leichtestes Säugetier der Welt.         Arten wie der Abendsegler können sich dafür weit über
                    Noch immer kaum schwerer als ein Stück Würfelzucker        tausend Kilometer von ihrem Sommerlebensraum ent-
                    ist die heimische Zwergfledermaus. Ihr Mindestgewicht:     fernen. In Höhlen, Stollen oder Gewölben, mitunter
                    3,5 Gramm. Trotzdem sind Fledermäuse relativ lang-         auch in Holzstapeln oder hinter Wandverkleidungen
                    lebig, manche Arten werden über 30 Jahre alt.              suchen sie Schutz vor Feinden, um bei stark reduzierter
                        Dank ihrer vielfältigen Spezialisierung sind Fleder-   Körpertemperatur in Winterschlaf zu fallen.
                    mäuse fast weltweit verbreitet. Mit Ausnahme der
                    Antarktis konnten sie alle Kontinente erobern. Auf         Wo zu sehen?
                    zahllosen Inseln – zum Beispiel Neuseeland – stellten         Fledermäuse sind ganz überwiegend in den Tropen
                    sie ursprünglich die einzigen Säugetiere.                  verbreitet. Die meisten der weltweit knapp tausend
                        Fledermäuse bilden auch die weitaus größten An-        Arten kommen rund um den Äquator vor. Nach Norden
                    sammlungen von Säugetieren. So schätzt man die Zahl        zu wird ihre Artenzahl immer geringer. Auch in Deutsch-
                    der Tiere, die allabendlich aus einer einzigen Höhle in    land ist der Süden etwas artenreicher als der Norden.
                    Texas schwärmen, auf 20 Millionen.                         Arten wie die Wimper- und Alpenfledermaus sind in
                                                                               der Regel nur südlich der Mainlinie zu finden.
                    Sozial und nachtaktiv                                         Abgesehen davon: Wo lassen sich bei uns besonders
                       Alle bei uns vorkommenden Fledermäuse sind              gut Fledermäuse beobachten? Vor allem dort, wo sie
                    nachtaktiv und ernähren sich von Insekten und Spin-        viel Nahrung finden. Insektenreiche Orte sind Gewäs-
                    nen. Als hochsoziale Tiere leben die meisten Arten in      ser in Waldnähe, vielgestaltige Waldränder und
                    Gruppen zusammen. Zur Fortpflanzung in ihren               Hecken, auch Parks und Viehweiden.
                    Wochenstuben wie auch im Winterquartier halten die            Im Lichtkegel der Straßenlaternen machen Fleder-
                    Tiere oft engen Körperkontakt. Dabei können mehrere        mäuse ebenfalls leichte Beute. Wer allerdings mehr
                    Arten gemeinsam auftreten.                                 erkennen will als einen flüchtigen Schatten, muss sich
                       Ihre hohe Lebenserwartung ist schon deshalb nötig,      ExpertInnen anschließen. Der BUND bietet vielerorts
                    weil Fledermäuse jedes Jahr nur ein bis (seltener) zwei    Fledermausführungen an (siehe Seite 18/19). Erfahren
                    Junge gebären. Die niedrige Fortpflanzungsrate führt       Sie hier mehr über die Arten in Ihrer Nachbarschaft –
                    dazu, dass Fledermäuse rasch seltener werden, wenn         wie sie leben, was sie gefährdet und was wir für ihren
                    negative Umwelteinflüsse – wie Pestizide oder falsch       Schutz tun können.
                    geplante Windräder – ihre Sterblichkeit erhöhen.                                                    Severin Zillich

Ein Großes Maus-
ohr wird begut-
achtet: Ist der
Flügel noch heil?
Zum Schutz vor
                                                                                                                                    Thomas Stephan

Tollwut sollten
Fledermäuse
möglichst nur
mit Handschuhen
berührt werden!

                    14   BUNDmagazin [2-16]
A. Zahn (2)

                                                                                                                                            T. Stephan
                                                                                    Zu den Raritäten unserer Tierwelt zählen (von links):
                                                                                    Kleine Hufeisennase, Mops- und Nymphenfledermaus.

Fledermäuse in Gefahr

Schutzbedürftig
Den Fledermäusen ging es in Deutschland schon einmal schlechter. Und doch bleiben sie anfällig,
viele Arten sind weiterhin bedroht. Was vor allem bringt sie in Bedrängnis?

N     ur fünf der 26 heimischen Fledermausarten gel-
      ten vorläufig als ungefährdet. Über fünf weitere
Arten wissen wir noch zu wenig, um einschätzen zu
                                                                Zudem wurden Insektengifte wie das heute verbotene
                                                                DDT in großem Stil über die Felder verteilt. Auch hat-
                                                                ten die Fledermäuse keinen guten Ruf; viele ihrer
können, ob und wie stark sie bedroht sind. Die rest-            Quartiere wurden daher illegal »wegsaniert«.
lichen 16 Arten verteilen sich auf alle Gefährdungs-                Erst in den 80er und 90er Jahren scheinen sich die
klassen: von der Vorwarnliste (wie Großes Mausohr,              meisten Arten etwas zu erholen. Weil nun gezielt etwas
Abendsegler) bis zu »Vom Aussterben bedroht« (Nym-              für ihren Schutz getan wird und bestimmte Pestizide
phenfledermaus, beide Hufeisennasen). Als verschollen           verboten sind. Und weil sich die Öffentlichkeit bewuss-
gilt bei uns die Langflügelfledermaus.                          ter wird, wie schlecht es um die Zukunft der Fledertiere
   Wie viele Fledermäuse einst in Sommernächten                 steht. Seitdem ist die Mehrzahl der Arten offenbar sta-
durch die Lüfte jagten, ist heute kaum mehr vorstellbar.        bil geblieben (siehe das folgende Interview), wenngleich
Verlässliche Angaben zu ihrer Häufigkeit in vorindus-           auf niedrigem Niveau.
trieller Zeit gibt es nicht. Wer sich aber erinnert, wie viel
mehr Insekten früher an Kühlergrills und Windschutz-            Weiterhin gefährdet
scheiben klebten, mag eine Ahnung davon bekommen,                  Für eine Entwarnung ist es jedenfalls zu früh.
wie ungleich reicher einmal unsere gesamte Tierwelt             Unverändert sind Fledermäuse vielen Gefahren ausge-
gewesen sein muss.                                              setzt. Was macht ihnen heute das Leben schwer?

Historisches Tief                                               ➾Verlust natürlicher Lebensräume
   Schon der Raubbau an den Wäldern muss den Fle-                   Je einförmiger und intensiver wir Wald und Flur nut-
dermäusen einst stark zugesetzt haben. So war um das            zen, desto seltener finden Fledermäuse dort Nahrung.
Jahr 1800 nur noch ein Viertel Deutschlands von Wald            Noch immer werden Wiesen in Äcker umgebrochen,
bedeckt – heute ist es wieder ein Drittel. Die halboffene,      breiten sich Mais und Raps aus, verarmt die Restnatur
mosaikartig und extensiv genutzte Kulturlandschaft              außerhalb der Schutzgebiete im Sprühnebel von Pesti-
aber bot den Insektenjägern mit Sicherheit noch reich-          ziden und Gülle. Noch immer werden Hecken und
lich Nahrung.                                                   Streuobstwiesen gerodet und zu wenige alte Bäume im
   Einen historischen Tiefpunkt erreichte die Zahl der          Wald geduldet. Noch immer verschwinden 70 Hektar
Fledermäuse wohl erst in den 1960er und 70er Jahren.            pro Tag (!) unter Beton und Asphalt. Auf großer Fläche
Giftige Holzschutzmittel sorgten damals bei allen               ist die biologische Vielfalt auf dem Rückzug, und mit ihr
gebäudebewohnenden Arten für immense Verluste.                  insektenreiche Jagdgründe für unsere Fledermäuse.

                                                                                                     [2-16] BUNDmagazin   15
➾ Insektengifte                                                   Gedankenlosigkeit und Profitstreben – oder zur »Ver-
TITELTH EMA        Im Zuge der Industrialisierung                                kehrssicherung« am Straßenrand.
               der Landwirtschaft werden immer                                      Auch jede Altbausanierung kann zum Verlust von
               mehr Insektizide und Pflanzengifte                                Tagesverstecken, Wochenstuben- und Winterquartie-
               versprüht – übrigens auch in den                                  ren führen, desgleichen der Verschluss von Höhlen und
               Gärten. Die Nahrung der Fleder-                                   Stollen, die Sprengung alter Bunker oder die Wiederin-
               mäuse wird damit vielerorts knapp.                                betriebnahme alter Eisenbahntunnel. Aller gesetzliche
               Zudem kann sich die Agrochemie in den langlebigen                 Schutz bleibt unwirksam, wenn die dort lebenden
               Tieren anreichern, ihr Kommunikations- und Lernver-               Tiere nicht rechtzeitig entdeckt werden. Fleder-
               mögen stören, ihr Immunsystem schwächen und zu                    mauskästen an Bäumen oder Gebäuden sind kein ech-
               weniger Nachwuchs führen. Indirekt ermöglichen Pes-               ter Ersatz.
               tizide erst Agrarwüsten wie den intensiven Maisanbau
               – ein für Fledermäuse völlig wertloser Lebensraum.                ➾ Straßenverkehr
                                                                                    Die meisten Insekten fliegen
               ➾Windkraft                                                        niedrig. Entsprechend jagen viele
                  Mit dem Ausbau der Windkraft steigt die Gefahr,                Fledermausarten in Bodennähe. Wo
               dass Fledermäuse an Rotorblättern verunglücken. Am                Straßen durch nahrungsreiche
               häufigsten scheinen Abendsegler, Rauhaut-, Zweifarb-              Feuchtgebiete und Wälder führen
               und Zwergfledermaus betroffen, und regelmäßig auch                oder ihre traditionellen Flugschnei-
               seltenere Arten wie Kleinabendsegler oder Nordfleder-             sen kreuzen, kann ihnen das zum Verhängnis werden.
               maus. Am konfliktträchtigsten sind Gebiete in Küsten-             Autos mit hohem Tempo werden von Fledermäusen
               nähe, Wälder, Gewässer und Höhenzüge. In der Agrar-               meist nicht rechtzeitig wahrgenommen. So verunglü-
               steppe gibt es ebenfalls ein Kollisionsrisiko – entlang           cken jedes Jahr viele Tausend Tiere an Landstraßen.
               von Zugrouten oder in Quartiernähe.
                  Die höchsten Verluste werden in milden und trocke-             ➾ Störungen
               nen Spätsommernächten registriert, nach Auflösung                    Auch wenn die meisten Störun-
               der Wochenstuben und zur Zugzeit mancher Arten. Die               gen (etwa durch das boomende
               Verluste sind oft schwer zu quantifizieren. An einzelnen          Geocaching) heute unabsichtlich
               Windrädern ohne Abschaltmechanismus (siehe Inter-                 erfolgen, bleiben sie ein Risiko. Vor
               view) wurde eine Vielzahl von Schlagopfern belegt.                allem während des Winterschlafs
                                                                                 reagieren Fledermäuse darauf sehr
               ➾ Quartierverlust                                                 empfindlich. Um Herztätigkeit, Stoffwechsel und
                  Die Forstwirtschaft gesteht unse-                              Atmung wieder in Schwung zu bringen, benötigen die
               ren Bäumen nur ganz ausnahms-                                     Tiere viel Energie – so viel wie für 20 Tage Tiefschlaf.
               weise ein Alter zu, in dem sie Höh-                               Wiederholte Störungen können die Reserven der Tiere
               len und damit Quartiere für Fleder-                               vorzeitig erschöpfen, die Tiere verhungern dann.
               mäuse ausbilden. Und viele dieser                                    Auch für ihre Wochenstuben sind Fledermäuse auf
               Quartierbäume fallen jedes Jahr der                               störungsfreie Quartiere angewiesen. Weibchen und ihre
               Säge zum Opfer: aus Unkenntnis,                                   Jungtiere sollten ganz in Ruhe gelassen werden.      sz

  Der BUND bietet unter www.bundladen.de/fledermaeuse Kostenlos an:
                                   Broschüre
                                   28 Seiten

                                               Bechsteinfledermaus retten …
                                                                                                      Nr.: 22 146
                                                                                                      35,95 €

                                                                                                                             Nr.: 66003
                                                       rten                                                                  65,90 €
                                                 POStka
                                                   Graues Langohr retten …      Faltblatt
                                                                                                                                              Piktogramme: V. Hoff

                Pestizide
              Eine Bedrohung für                                              Fledermäuse
              unsere Fledermäuse
                                                                                  retten         Hier               bestellung@bundladen.de
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               16   BUNDmagazin [2-16]
Interview

Es kann rasch wieder kritisch werden …
Andreas Zahn koordiniert den Schutz der Fledermäuse in Südbayern. Er zählt und erforscht sie,
bildet ehrenamtliche Artenschützer aus, berät Bürger und Behörden und entwickelt Programme
für besonders gefährdete Arten. Zudem ist er in der BUND-Kreisgruppe Mühldorf am Inn aktiv.

Agrarlandschaft und Wälder werden immer stärker ge-         wie Sie richtig gesagt haben, die intensivere Nutzung
nutzt, mehr und mehr Gebäude saniert und Windräder          der Wälder, seitdem Brennholz wieder etwas wert ist.
errichtet: Was heißt das für unsere Fledermäuse?            Oder die Tatsache, dass unsere Agrarlandschaft immer
   Derzeit sehe ich für die heimischen Fledermäuse gar      insektenärmer wird und Arten wie die Zwergfledermaus
nicht so schwarz – zumindest legen unsere Zahlen das        seltener werden, offenbar weil es ihr an Nahrung fehlt.
nicht nahe. Die meisten Arten, deren Entwicklung wir        Nicht zu vergessen der Ausbau der Windkraft.
in Bayern überprüfen können, halten seit etwa 25 Jah-
ren ihr Niveau oder haben zugenommen. Und die zwei          Was können wir tun, damit alle heimischen Fledermaus-
Hufeisennasen-Arten, deren Zahl besonders dramatisch        arten eine Zukunft bei uns haben?
gesunken war, vermehren sich sogar deutlich.                   Zum einen brauchen wir in unseren Wäldern mehr
                                                            Inseln mit ungenutztem Altholz, damit Fledermäuse
Woran liegt das?                                            genug natürliche Quartiere finden und nicht am Tropf
   Positiv wirkt sich heute die deutlich niedrigere Gift-   der Nistkästen hängen. Nur mit dem Schutz einzelner
belastung aus. In den 60er/70er Jahren hatten Agrar-        Höhlenbäume ist es nicht getan.
und Holzschutzpestizide viele Arten stark dezimiert.           Dann benötigen wir wieder mehr extensiv genutzte
Was seither zum Schutz der Fledermäuse getan wurde,         Wiesen und Weiden, auch im Ökolandbau. Und größere
scheint tatsächlich zu fruchten. So hat sich dank inten-    Flächen für die Natur, wo sich zum Beispiel der Biber
siver Öffentlichkeitsarbeit das Bild der Fledermäuse        austoben darf – da entstehen ganz tolle Lebensräume.
geändert. Arten an Gebäuden werden nicht mehr auto-            Aufmerksam müssen wir bei der Gebäudedämmung
matisch vertrieben, Hausbesitzer freuen sich über die       bleiben, ihr fallen weiter Quartiere zum Opfer. Hand-
harmlosen Untermieter und holen sich Rat, was sie zu        werker und Architekten müssen gut geschult werden,
beachten haben. Beim Umbau öffentlicher Gebäude             um die rechtlichen Vorgaben umsetzen zu können.
und Kirchen werden meist Experten hinzugezogen.                Um die Verluste von Fledermäusen an Windrädern
Unter den heimischen Arten haben wir ja ein paar aus-       erträglich zu halten, brauchen wir ein bundesweites
gesprochene Kulturfolger, die wirklich auf unser Wohl-      Konzept. Bedroht scheinen vor allem Arten, die sich
wollen und dauernde Betreuung angewiesen sind.              nicht gut zählen lassen, da wissen wir noch zu wenig.
                                                            Letztlich müssen wir akzeptieren und durchsetzen,
Gezielter Schutz ist also weiterhin nötig?                  dass Windräder häufiger abgeschaltet werden, wenn
  Auf jeden Fall, zumal bestimmte Faktoren für man-         viele Fledermäuse unterwegs sind. Die Betreiber weh-
che Arten rasch wieder kritisch werden können. Etwa,        ren sich da oft noch vehement, was auf berechtigte Kri-
                                                            tik aus Naturschutzkreisen stößt. Der Energiewende
                                                            leisten sie damit einen Bärendienst.

                                                            Können wir selbst auch den Fledermäusen helfen?
                                                               Sicherlich. Als Hausbesitzer können wir Quartiere
                                                            von Fledermäusen erhalten oder neu schaffen. Unsere
                                                            Gärten sollten wir möglichst naturnah und giftfrei
                                                            gestalten. Mehr noch können wir beim Einkauf tun:
                                                            Lebensmittel aus ökologischem Landbau kaufen und –
                                                            im Kontakt mit Direktvermarktern – durchaus einmal
                                                            nachfragen, was die für den Naturschutz tun. Neue
                                                            Hecken, Obstwiesen, Weiher oder Brachen entstehen ja
                                                            nicht allein dadurch, dass man auf Gift verzichtet.          Andreas Zahn in
                                                               Und natürlich kann sich jeder ehrenamtlich an dem         Aktion: bei einer
                                                            Schutz der Fledermäuse beteiligen. Und uns im BUND           Führung (li.) und
                                                            darin unterstützen, politischen Druck auszuüben, etwa        auf der »Jagd« (o.).
                                                            für mehr Vielfalt und alte Bäume im Wald …

                                                                                          Interview: Severin Zillich

                                                                                               [2-16] BUNDmagazin   17
Wo der BUND Fledermäuse schützt
    Sie leben im Verborgenen und sind für Laien nicht leicht zu                Der Einsatz der Gruppen zeigt übrigens Wirkung.
    bestimmen. Doch um den Schutz der Fledermäuse bemühen                      Vom Schutz ihrer Quartiere oder beispielsweise
    sich etliche BUND-Gruppen: engagiert und sehr vielseitig.                  der Rettung geschwächter Tiere profitieren die
    Diese Karte zeigt eine Auswahl ihrer Aktivitäten.                          gefährdeten Säuger ganz unmittelbar.

1                                                                                                          2
      Hannover                                                                                                 Frankfurt (Oder)
      Beinahe täglich bekommt das Fledermauszentrum Hannover neue                                              Vor gut 30 Jahren entdeckten Frankfurter Naturschützer eines der
      Patienten. Über einen Notruf sind Renate Keil und andere Exper-                                          größten deutschen Winterquartiere. In der Ruine einer Brauerei
      tInnen Tag und Nacht erreichbar. Sie bergen Tiere, die sich in Wohn-                                     fanden sie Hunderte Fledermäuse: Großes Mausohr (Foto), Wasser-
      räume verirrt haben, verlassene Jungtiere und verletzte Fleder-                                          und Fransenfledermaus sowie weitere geschützte Arten. Die unter-
      mäuse. Im Zentrum werden sie medizinisch überprüft, bei Bedarf                                           irdischen Gewölbe mit ihren unzähligen Rissen und Spalten hatten
                                       gesund gepflegt und wieder aus-                                         die Tiere angelockt. Mithilfe der Behörden gelang es, den drohenden
                                       gewildert. Über 250 Tiere gelang-                                       Abriss zu verhindern. Doch diente
                                       ten so 2015 zurück in die Freiheit.                                     die Ruine als Abenteuerspielplatz
                                       Und das BUND-Zentrum leistet                                            und Lager für Zigarettenschmuggler,
                                       noch mehr. Es beantwortet An-                                           wildernde Katzen lauerten den Fle-
                                       fragen aller Art, informiert über                                       dermäusen auf. Norbert Bartel und
                                       heimische Arten und bietet eine                                         seine Mitstreiter vom örtlichen
                                       persönliche Bürgerberatung. Die                                         BUND sorgten für die Sicherung der
                                       Umweltbildung ist ein Schwer-                                           Ruine. Fenster wurden vergittert und
                                       punkt: Regelmäßig wird zu Vor-                         Kiel             Zäune gesetzt, die Katzen wanderten
                                                                                                       7
                                       trägen, Seminaren und Führun-                                           ins Tierheim. Damit zog Ruhe ein.
                                                                                                               Rostock
                                       gen eingeladen. Interessierte                                           Gut für die 1 500 bis 2 400 Fledermäu-
                                       Schulklassen erhalten einen The-                                        se von 13 Arten, die hier im Winter
                                       menkoffer, ein Kinderaktions-                                           bislang erfasst wurden.
                                       team entwickelt Angebote für die                                        Die BUND-Aktiven helfen bei der
                                                                                                                                         5
                                                                                          Hamburg
                                       Jüngsten. Im Spätsommer findet                                          weiter nötigen Sicherung der Ruine,
                                       ein großes Fledermausfest statt.                                        sie kontrollieren das Quartier laufend
                                       Nicht zu vergessen die Gelände-                                         und zählen die Überwinterer. Das
                                       arbeit – der Schutz von Höhlen-       Bremen                            Brauereigelände steht heute unter
                                       bäumen, die Suche nach Opfern                                           nationalem und europäischem
                                       von Windrädern etc. – und eine         8                                Naturschutz.  www.bund.net/
                                                                                                                                                        Bernd Heuer

                                       vielseitige politische Lobbyarbeit                                      Ostquellbrauerei
                                       in der Region. Ein eigener Online-
                                       shop bietet diverse Artikel an.

                                  R. Keil (2)
                                       Hinter all dem steht die AG Fle-                                                         Berlin
                                       dermäuse mit rund 60   Osnabrück
                                                                Aktiven.
                                                                               Hannover
                          www.bund-fledermauszentrum-hannover.de
                                                                                          1          Magdeburg                                                        2
                                                Münster

                                                                                                                        Weitere Schutzprojekte
                                                  Dortmund                                                              5 Neubrandenburg: Erfassung und Betreuung von Quartieren,
Halle       Umweltbildung, Exkursionen.  www.bund-neubrandenburg.de
                                                                                                                                                                                             Leipzig
                                                                                                                                                                                         6 Hohe Schrecke: Schutz alter Laubwälder mit vielen Höhlenbäumen,
                                                                                                   Düsseldorf                                                              6               Erfassung der Fledermäuse.  www.bund.net/hohe_schrecke
                                                                                                                                                                                                        Axel Kramer: Führungen, Bau von Nistkästen, Beratung
                                                                                                                                                                                         7 Ostholstein, Dresden
                                                                                                   Köln                                                               Erfurt
                                                                                                                                                                                           von Hausbesitzern etc.  www.bund-ostholstein.de
                                                                                      Aachen                                                                                             8 Bremen: Quartierberatungen, Umweltbildung, Exkursionen.
                                                                                                                                                                                            www.bund-bremen.net/fledermaeuse
                                                                                                     Bonn
                                                                                                10                                                                                       9 Waldkraiburg, Mühldorf, Wasserburg: Erfassung von Abendseglern
                                                                                                                                                                                           mit Monitoringprogramm.  www.muehldorf.bund-naturschutz.de
                                                                                                    Koblenz                                                                             10 Rhein-Sieg-Kreis: Anlage von Quartieren, Exkursionen, Betreuung
                                                                                                                                                     11                                    der größten Mausohr-Wochenstube in NRW etc.  www.bund-rsk.de
                                                                                                                                                                                        11 Bad Kissingen: Umweltbildung, Pflege verletzter Tiere, Quartier-
                                                                                                                                  Frankfurt/Main                                           schutz, Erfassung.  www.bad-kissingen.bund-naturschutz.de
                                                                                                                                                                                        12 Gottmadingen: Naturschutzzentrum, Spezialversand, Ausstellungs-
                                                                                                                 Mainz                                                4                    verleih, bundesweiter Terminkalender.  www.all-about-bats.net
                                                                                           Trier                                              Würzburg

                                                                                                                              3                                           Nürnberg
                                                                                                   Saarbrücken

                                                                                                                        Karlsruhe

                                                                                                                              Stuttgart

                                                                                                                                                          Augsburg                          9
                                                                                                                                                                     München
                                                                                                                 Freiburg
                                                                                            3                                      12
                                                                                            Heidelberg
                                                                                            1994 startete der BUND Heidel-
                                                                                            berg sein Projekt »Fledermäuse
                                                                                            suchen Freunde«. Es sollte dazu
                                                                                            dienen, die in Heidelberg noch
                                                                                            vorkommenden Fledermäuse
                                                                                            samt ihrer Lebensräume besser
                                                                                            zu schützen.
                                                                                                                                             4
                                                        Seitdem hat sich viel getan. So ist das Umweltzentrum der Kreis-                           Forchheim
                                                        gruppe unter Geschäftsführerin Brigitte Heinz (Foto) zur wichtigs-                         Seit 2009 beteiligt sich die BUND-Kreisgruppe
                                                        ten regionalen Anlaufstelle geworden – für alle Fragen rund um die                         Forchheim (Oberfranken) an einem großen
                                                                                                                                                                                                        Johannes Mohr

                                                        Fledermäuse. Der BUND berät Haus- und Gartenbesitzer, bietet                               Gemeinschaftsprojekt zur Erforschung der Fle-
                                                        kostenlose Hilfe vor Ort an und wirbt für den Schutz der Tiere.                            dermausfauna im Landkreis. Hierbei kommen
                                                        Außerdem kontrolliert und reinigt er Sommer- und Winterquartie-                            »Batcorder« zum Einsatz, deren Prototyp der BUND-Aktive Friedrich Oehme (Foto) mit entwi-
                                                        re und betreut 250 Fledermauskästen im Stadtwald. Verletzte und                            ckelt hat. Der frühere Professor für Elektronik leitet das Projekt mit zehn Partnerorganisationen,
                                                        geschwächte Tiere werden wieder aufgepäppelt. Auch sammelt                                 darunter Staatsforst, Jägerschaft und Bauernverband. In keinem deutschen Landkreis weiß man
                                                        der BUND alle Fledermausmeldungen und analysiert den Bestand.                              nun wohl genauer Bescheid, wo sich welche Fledermausarten wann aufhalten. 18 Arten konnte
                                                        Das Quartierangebot wird stetig erhöht, und die Lebensräume der                            die Kreisgruppe bisher akustisch nachweisen, darunter Raritäten wie Nymphen- und Wimper-
                                                        Fledermäuse werden aufgewertet – im Dialog mit der Stadt, die                              fledermaus oder Kleine Hufeisennase. Ständig liefert das Projekt neue Erkenntnisse – etwa zur
                                                        den BUND dabei finanziell unterstützt. Die vielen Menschen, die                            Unterscheidung nah verwandter Arten und zu den Lebensgewohnheiten der Tiere. Oder zu bis-
                                                        sich von der Begeisterung für die Fledermäuse anstecken lassen,                            lang unbekannten Sommer- und Winterquartieren, die dann gezielt geschützt werden können.
                                                        zeigen der Kreisgruppe, dass sie mit ihrer Arbeit auf dem richtigen                        Der lokale Arbeitskreis des BUND ist darüber hinaus vielfältig aktiv.

Karte: ubahnverleih/fotolia · Infografik: Marc Venner
                                                        Weg ist.  www.bund-heidelberg.de/fledermaeuse                                                                                  www.forchheim.bund-naturschutz.de/ak-fledermaus/fmm
TITELTH EMA

              Biotopverbund

              Wahlheimat Westwall
              Seit den 70er Jahren bemüht sich der BUND darum, den »Grünen Wall im Westen«
              zu erhalten – als Refugium für selten gewordene Tiere und Pflanzen. Besonders
              Fledermäuse wissen die Vielzahl alter Bunker zu schätzen.

              Z   wei ehrenamtliche Naturschützer steigen in einen
                  versteckt liegenden Stollen am ehemaligen West-
              wall. Das Licht ihrer Taschenlampen flackert an den
                                                                        Denkmal- und Naturschutz
                                                                           Die größte Gefahr droht den Zufluchtsorten durch
                                                                        die »Verkehrssicherung«. Einen Abriss versucht der
              Wänden entlang, von oben tropft es. Plötzlich fliegen     BUND möglichst immer zu verhindern. Etwa durch
              den beiden gleich mehrere Fledermäuse dicht um die        Gitter und Zäune, die uns Menschen vor Unfällen
              Ohren. Da hilft nur eins: ducken. Doch nun sind sie       schützen, tierische Bewohner aber nicht ausschließen.
              sicher – sie sind auf ein Quartier gestoßen!              Das Ausmauern zerstörter Außenwände kann ebenfalls
                 In den letzten Jahrzehnten ist entlang des einstigen   hilfreich sein – und frostfreie Innenräume schaffen, für
              Westwalls ein wichtiger Biotopverbund entstanden.         überwinternde Fledermäuse und andere Tierarten.
              Speziell Fledermäusen bietet die ehemalige Angriffs-         An der Decke befestigte Lochsteine sorgen für zu-
              und Verteidigungslinie der Nazis einen attraktiven        sätzlichen Unterschlupf. Zumal sich die Tiere bei Kon-
              Lebensraum. Auf mehr als 600 Kilometern Länge rei-        trollen hier viel einfacher entdecken lassen als in den
              hen sich etwa 15 000 alte Stollen und Bunkerruinen.       tiefen Mauerrissen, die bei der Sprengung der Bunker
              Häufig finden Fledermäuse in ihrem Inneren ideale         entstanden sind.
              Bedingungen vor: zwei bis neun Grad Celsius und eine         Der BUND hat in Rheinland-Pfalz verschiedenste
              Luftfeuchtigkeit von 70 bis 98 Prozent. Mindestens        Maßnahmen zur Sicherung der Ruinen erprobt. Hier
              zehn Fledermausarten konnten bisher nachgewiesen          wie in Baden-Württemberg steht der Grüne Wall flä-
              werden. Zum Schutz von Großem Maus- und Braunem           chendeckend unter Denkmalschutz. Anders im Saar-
              Langohr, Fransen- und Zwergfledermaus ist besondere       land: Dort kämpft der BUND weiter dafür, alle Ruinen
              Rücksicht geboten.                                        als Denkmale auszuzeichnen. Auch in Nordrhein-

              20   BUNDmagazin [2-16]
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