NACHRICHTEN AKADEMIE FÜR RAUMFORSCHUNG UND LANDESPLANUNG - Akademie für Raumforschung ...

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NACHRICHTEN AKADEMIE FÜR RAUMFORSCHUNG UND LANDESPLANUNG - Akademie für Raumforschung ...
AKADEMIE
                                                FÜR RAUMFORSCHUNG
                                                UND LANDESPLANUNG
                    LEIB NIZ -FO RUM FÜR R A U M WI S S EN S C H A F T EN

                   NACHRICHTEN
                         Multilokale Lebensführung und räumliche
                         Entwicklungen

                         Neues Denken braucht das Land!
                         Lehren aus Stuttgart 21 und Co.

                         Weniger Bundesländer – mehr Leistungskraft?
                         Neugliederung oder Kooperation

                         Mobilität in Stadtregionen – Herausforderungen
                         und Innovationen

                         Räumliche Steuerung von großflächigen
                         Logistikstandorten/-infrastrukturen

                         Spatial Development in Metropolitan Regions

                         Multikulturalität in der Raumentwicklung

                         Neuerscheinungen

                                                                            4
                                                                                   41. Jahrgang

                    www.ARL-net.de                                          2011

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NACHRICHTEN AKADEMIE FÜR RAUMFORSCHUNG UND LANDESPLANUNG - Akademie für Raumforschung ...
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Inhalt

                                                                    Inhalt

                        ARL-       rschung                                      ARL-Neuerscheinungen                          22

                 ■   Multilokale Lebensführung und räumliche
                     Entwicklungen                                   1          ARL-Intern
                 ■   Neues Denken braucht das Land!
                                                                         ■   Profilworkshop 2011 der ARL                       23
                     Lehren aus Stuttgart 21 und Co.                 2
                                                                         ■   ÖKOPROFIT-Auszeichnung
                 ■   LAG Baden-Württemberg                                   für ARL-Geschäftsstelle                           24
                     Neue Arbeitsgruppe „Reurbanisierung“            5
                                                                         ■   Personalien                                       24
                 ■   LAG Bayern diskutiert über die Entwicklung
                     ländlicher Räume                                6
                                                                                 eitschriftenschau                            25
                 ■   Stellungnahme der ARL zum neuen
                     bayerischen Landesplanungsgesetz                7

                 ■   15 Jahre IIK Regionalplanung                    8          Net werk 4R

                                                                         ■   Biodiversität – Was können Russland
                        ARL- eranstaltungen                                  und Deutschland voneinander lernen?              30

                                                                         ■   Praktikum am IfL im Frühjahr 2012                30
                 ■   Weniger Bundesländer – mehr Leistungskraft?
                     Neugliederung oder Kooperation                 10
                                                                                Rau f rschung -entwicklungsp litik
                 ■   16. Konferenz für Planerinnen und Planer NRW
                     Mobilität in Stadtregionen –                        ■   StadtZukünfte – Städtischer Wandel
                     Herausforderungen und Innovationen             12       im 21. Jahrhundert                                31
                 ■   Räumliche Steuerung von großflächigen               ■   Neue Veröffentlichungen aus anderen
                     Logistikstandorten/-infrastrukturen                     Verlagen                                          32
                     Expertenworkshop des IIK Regionalplanung       14
                                                                         ■   Veranstaltungshinweise                            35
                 ■   Erste International Summer School der ARL
                     Spatial Development in Metropolitan Regions    16
                                                                                 R
                 ■   International Summer School 2012:
                     Multikulturalität in der Raumentwicklung       18
                                                                         ■   Neues Mitglied im FRU                             37
                 ■   Landschaften: Theorie, Praxis und
                                                                         ■   FRU – Infobörse                                   37
                     internationale Bezüge
                     Fachtagung und Planerforum
                     der LAG Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland        20

                 ■   ARL-Kongress 2012
                     Infrastrukturgroßprojekte:
                     Akzeptanz durch Raumplanung                    21

                                                                                                      NA   RI     N   R ARL 4 2011        I

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NACHRICHTEN AKADEMIE FÜR RAUMFORSCHUNG UND LANDESPLANUNG - Akademie für Raumforschung ...
KurzprofIl / Impressum

                                                            AR
                                              Die Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) untersucht
                                              die Wirkung menschlichen Handelns auf den Raum und analysiert die
                                              Möglichkeiten einer nachhaltigen Raumentwicklung. Dies geschieht
                                              auf den Feldern Wirtschaft, Soziales, Ökologie und Kultur.
                                                Die ARL ist das zentrale, disziplinübergreifende Netzwerk von Ex-
                                              pertinnen und Experten, die in der Raumforschung und Raumplanung
                                              arbeiten. Damit bietet sie die ideale Plattform für den raumwissen-
                                              schaftlichen und raumpolitischen Diskurs. Forschungsgegenstand
                                              sind räumliche Ordnung und Entwicklung in Deutschland und Europa.
                                                Die Akademie ist eine selbstständige und unabhängige raumwis-
                                              senschaftliche Einrichtung öffentlichen Rechts von überregionaler
                                              Bedeutung und gesamtstaatlichem wissenschaftspolitischem Interesse.
                                              Sie wird gemeinsam von Bund und Ländern finanziert und gehört der
                                              Leibniz-Gemeinschaft an.
                                                Sie vereint Fachleute aus Wissenschaft und Praxis in ihrem Netzwerk.
                                              Dadurch können Grundlagenforschung und Anwendung eine direkte
                                              Verbindung eingehen – eine wichtige Voraussetzung für eine fundierte
                                              Beratung von Politik und Gesellschaft.
                                                 Dank ihrer Netzwerkstruktur und der Arbeitsweise in fachübergrei-
                                              fenden Gruppen ermöglicht die ARL den effizienten Informations- und
                                              Erfahrungsaustausch zwischen allen Akteuren. So sind erfolgreiche
                                              Kommunikation und Wissenstransfer auf allen Ebenen gewährleistet.
                                              Auf der Basis des personellen Netzwerks fungiert die ARL als Mittlerin
                                              zwischen Wissenschaft, Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Öffent-
                                              lichkeit.
                                              Nähere Informationen über die ARL finden Sie unter www.arl-net.de.

                         I                    NACHRICHTEN                ER AR
                                              Akade ie f r Rau f rschung und Landesplanung (ARL )
                                              Leibni - ru f r Rau wissenschaften
                                                 hen llernstra e 11 30161 ann er
                                               el. 49 511 34842-0 a      49 511 34842-41 arl arl-net.de
                                              Redakti n ( .i.S.d.P.) ichaela Gr n n ulli n
                                               el. 49 511 34842-56 bulli n arl-net.de
                                              Schlussredakti n eike egner
                                              Sat und Lay ut li er R se

                                               ruck p ppdruck    urt-Schu acher-Allee 14 30851 Langenhagen
                                               ie Nachrichten der ARL erscheinen ier al i   Jahr.
                                              Nachdruck it uellenangabe gestattet.
                                               eft 4 e e ber 2011 41. Jahrgang
                                              Au age 1850
                                              ISSN 1612-3891 (Printausgabe)
                                              ISSN 1612-3905 (Internetausgabe)

  II         4 2011 NA       RI   N   R ARL

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NACHRICHTEN AKADEMIE FÜR RAUMFORSCHUNG UND LANDESPLANUNG - Akademie für Raumforschung ...
fors           hun

                                                            E
           M      ultilokale Lebensformen hat es in den meisten Ge-
                  sellschaften und zu fast allen Zeiten gegeben. Sie
           können als eine Form von Mobilität verstanden werden,
                                                                          T

           deren eigenständige soziale Praxis eine Kombination
           von Wohnen (Sesshaftigkeit) und Mobilität (Migration)
           darstellt. Die konventionelle Praxis des Wohnens wird
           dadurch mit den Chancen der Mobilität verbunden
           (vgl. Gabriele Sturm und Christine Weiske: Multilokales
           Wohnen – Einführung. In: Informationen zur Raument-
           wicklung, H. 1/2. 2009, S. I). Teilweise wird Multilokalität
           auch als spezifische Form der „Entankerung“ in der spät-
           modernen Gesellschaft interpretiert.
             Multilokale Arrangements beziehen mehrere, z. T. weit
           voneinander entfernte Wohnstandorte in den Lebens-
           alltag von Menschen bzw. sozialen Gruppen ein und
           erweitern so deren Möglichkeits- bzw. Handlungsraum.
           Dadurch werden die Anforderungen an die Gestaltung
           des Alltagslebens komplexer und die raumzeitlichen
           Koordinations-/Synchronisationsbedarfe wachsen.
           Zugleich nimmt der Zeitanteil des Lebens in den (Tran-              uelle P.   eichhart Inf r ati nen ur Rau entwicklung   . 1 2.2009

           sitions-)Räumen zwischen den Wohnstandorten zu und
           prägt die Lebensführung. Beweggründe für multilokales              schen Gebieten vielfach bestehende Flächenproblematik
           Leben können beispielsweise bessere Erwerbs- (Profes-              (Verknappung, steigende Miet- und Immobilienpreise)
           sionalisierung der Arbeitswelt, wachsende Erwerbstä-               zusätzlich verschärfen.
           tigkeit von Frauen) oder Bildungschancen, persönliche                Auf der Grundlage der Ergebnisse eines Fachgesprächs,
           Kontakte, Freizeitwohnsitze und Beziehungen zu (Kultur-)           das am 10. März 2011 in Hannover stattfand, hat das Prä-
           Landschaften sein.                                                 sidium der ARL beschlossen, zur Thematik multilokaler
             Trotz ihrer ausgeprägten sozialräumlichen und raum-              Lebensführung einen Arbeitskreis einzurichten. Er wird
           zeitlichen Bezüge gibt es bisher nur sehr wenige raum-             von Prof. Dr. Rainer Danielzyk, Hannover/Dortmund,
           wissenschaftliche Untersuchungen zum Thema „Multi-                 geleitet. Zur Vorbereitung der Tätigkeit des Arbeitskreises
           lokales Leben“. Dies scheint sich gegenwärtig allerdings           haben sich die Mitglieder einer Kerngruppe am 28. Ok-
           zu ändern. Als Grund hierfür werden Wandlungen in der              tober 2011 in Hannover getroffen, eine erste inhaltliche
           Struktur des Phänomens Multilokalität angeführt. Die               Diskussion durchgeführt und eine fachliche Strukturie-
           zurzeit praktizierten Formen multilokaler Lebensführung            rung des Themenfeldes vorgenommen. Neben dem
           scheinen Rückschlüsse auf gesellschaftlichen Wandel,               Leiter gehören der Kerngruppe außerdem an: Dipl.-Ing.
           veränderte Raumnutzungsansprüche und damit auf                     Raumplanung Andrea Dittrich-Wesbuer, Dortmund; PD
           neue Muster der gesellschaftlichen „Raumproduktion“                Dr. Joachim Scheiner, Dortmund und Prof. Dr. Christine
           zu ermöglichen (ebd.).                                             Weiske, Chemnitz. In einem nächsten Schritt wird ein
             Aus raumplanerischer und raumentwicklungspolitischer             Call for Membership vorbereitet, durch den weitere
           Sicht werden die Folgen einer multilokalen Haushalts-              fachlich ausgewiesene und an dem Thema interessierte
           führung eher kritisch beurteilt; sie führt zu wachsendem           (Raum-)Wissenschaftler/-innen und Vertreter/-innen der
           Verkehrsaufwand und zur Erosion des Humanvermögens                 Planungspraxis für eine Mitwirkung gewonnen werden
           in den Fortzugsgebieten qualifizierter Arbeitskräfte.              sollen. Der Start des Arbeitskreises ist für das Frühjahr
           In positiver Hinsicht ist demgegenüber teilweise ein               2012 geplant.
           (partieller) Einkommenstransfer aus den strukturstarken                                                       Gerd Tönnies  0511 34842-23
           Arbeitsorten in die strukturschwächeren Herkunfts- bzw.                                                                toennies@arl-net.de
           Wohnorte festzustellen. Im Zusammenhang mit Tenden-
           zen der Reurbanisierung, generell wachsenden Anteilen
           der Ein- und Zweipersonenhaushalte und der Zunahme
           urban orientierter alleinerziehender Erwachsener können
           auch Multilokalisierungstendenzen die in innerstädti-

                                                                                                                      NA      RI         N         R ARL 4 2011        1

sch ng_4-11 01-09 .indd 1                                                                                                                                 01.12.2011 11:03:27
NACHRICHTEN AKADEMIE FÜR RAUMFORSCHUNG UND LANDESPLANUNG - Akademie für Raumforschung ...
fors           hun

        N
                                                                                                  C
        N    ein, bei der 107. Sitzung der Landesarbeitsgemein-
             schaft (LAG) Baden-Württemberg am 13. und 14.
        Oktober 2011 in der Mannheimer Kunsthalle ging es
                                                                    dort sofort und direkt
                                                                    auf die vorgebrachten
                                                                    Einwände eingehen.
        nicht um pro oder kontra Stuttgart 21, sondern um die       Des Weiteren sei in
        Lehren, welche die räumliche Planung aus solchen oder       Politik und Verwal-
        ähnlichen Großprojekten ziehen kann. Der Erste Bürger-      tung Wissen über die
        meister der Stadt Mannheim, Christian Specht, berichtete    Möglichkeiten und
        nach der Begrüßung der über 40 Teilnehmer aus der           Grenzen unterschied-
        politisch-administrativen Praxis unter anderem über die     licher Beteiligungs-
        Durchführung eines informellen Bürgerdialogverfahrens,      formen notwendig,
        das die Planung der Stadtbahn Mannheim Nord von der         um die Bürger in Pla-
        Ankündigung des Vorhabens bis zum Planfeststellungs-        nungsprozesse ad-
        beschluss begleitet und konstruktiv beeinflusst hat.        äquat einzubinden         t P. ller
                                                                    oder um geeignete
                                                                                                      Christian Specht
                                                                    Experten hinzuziehen
                                     N
                                                                    zu können, die sich auf die Gestaltung und Moderation
        Nach Spechts Ansicht benötigen Verwaltungen in Zukunft      von Partizipationsprozessen spezialisiert haben.
        auch Mitarbeiter, die potenzielle Konflikte bei der Pla-
        nung von Vorhaben frühzeitig identifizieren. Dazu sei ne-
        ben einem politischen Gespür auch eine gewisse Kompe-
                                                                                              A
        tenz im Umgang mit den digitalen sozialen Netzwerken im     Aber fördert die Bürgerbeteiligung die Akzeptanz von
        Internet erforderlich, zum einen weil Widerstände häufig    Planungsprozessen und -ergebnissen? Diese Frage lässt
        zuerst im Internet zutage treten, zum anderen könne man     sich laut Prof. Dr. Oscar W. Gabriel, Institut für Sozial-

            rgerdial g erfahren Stadtbahn        annhei   N rd

                                                                                                  uelle   lie i   rtrag   n   hristian Specht

2       4 2011 NA           RI   N       R ARL

sch ng_4-11 01-09 .indd 2                                                                                                               01.12.2011 11:03:34
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               t   P.   ller

                                                              Blick ins Plenum

           wissenschaften der Universität Stuttgart, nicht eindeutig    und Praxis“ daher auch auf die Wichtigkeit eines klaren
           beantworten. Gabriel erklärte in seinem Vortrag: „Pla-       Mandats hin: zum einen, um bei den beteiligten Akteuren
           nungen finden in unterschiedlichen Kontexten statt und       von Beginn an keine falschen Erwartungen zu wecken,
           beziehen sich auf unterschiedliche Probleme. Planungs-       die später zu Enttäuschung und Frustration führen, zum
           prozesse sind unterschiedlich organisiert. Das Gleiche       anderen, um passende Formate der Beteiligung aus-
           gilt für Beteiligungsprozesse. Sie dienen unterschiedli-     wählen zu können. Die maßgeschneiderte Gestaltung
           chen Zwecken, sind in unterschiedlichen Phasen des           des Beteiligungsprozesses sei neben dem Mandat vom
           Planungs- und Entscheidungsprozesses lokalisiert und         konkreten Problemzuschnitt und den jeweiligen Kontext-
           sehr unterschiedlich strukturiert. Die Möglichkeit, durch    bedingungen abhängig. Für die Planung von Infrastruk-
           Bürgerbeteiligung Akzeptanz zu schaffen, hängt ebenso        turvorhaben bietet sich in seinen Augen das Modell der
           von den gesellschaftlichen und politischen Rahmenbe-         analytisch-deliberativen Partizipation an, um Optionen
           dingungen ab, unter denen partizipative Planung erfolgt,     zu finden oder neu zusammenzustellen, die von allen
           wie von den Charakteristika des Planungsverfahrens und       Beteiligten akzeptiert werden können. Die Abwägung
           seiner partizipativen Ausgestaltung.“ Eine an den jewei-     erfolgt dabei im Diskurs nach den Kriterien Fairness,
           ligen Kontext angepasste Bürgerbeteiligung kann nach         Legitimität, Effektivität, Effizienz, Nachhaltigkeit und Ak-
           Gabriel die Akzeptanz eines Planungsverfahrens erhöhen,      zeptabilität. Erfolgsfaktoren für das Verfahren sind nach
           muss aber nicht unbedingt zu einem Konsens in der Sache      Ulmer das Commitment der Organisatoren, ausreichen-
           führen. Neben Win-win-Lösungen wird es auch in Zukunft       de Ressourcen, eine professionelle Betreuung und „guter
           Win-lose-Situationen in der räumlichen Planung geben.        Wille“ von allen Seiten sowie die Anschlussfähigkeit des
           Jedoch kann die Akzeptanz des Verfahrens, auch wenn es       Ergebnisses an die legalen Entscheidungsprozesse.
           Gewinner und Verlierer gibt, zu einer höheren Akzeptanz
           der Ergebnisse beitragen: Das Ergebnis des Prozesses
           entspricht zwar nicht den eigenen Vorstellungen, aber
           das Verfahren war fair und nachvollziehbar und daher         Auch Carla Schönfelder, team ewen Konflikt- und Pro-
           ist man mit der getroffenen Entscheidung einverstanden.      zessmanagement, Darmstadt, betonte in ihrem Vortrag
                                                                        „Erfahrungen mit Beteiligungsverfahren bei konfliktrei-
                                                                        chen Großvorhaben“ die Relevanz eines klaren Mandats.
                                                                        Die Zielsetzung des Beteiligungsprozesses müsse von
                                                                        Beginn an klar sein, da es einen Unterschied mache, ob
           Beteiligungsprozesse sollten aber nicht dazu dienen,         es um Information und den Austausch von Argumenten
           die Bürger „einzuseifen“, um sich die Akzeptanz für          gehe oder um die kooperative Erarbeitung von Emp-
           ein Ergebnis zu beschaffen, das schon längst feststeht.      fehlungen an die Politik oder gar um einen Konsens im
           Beteiligung sollte auch kein Selbstzweck sein. Der           Rahmen eines Mediationsverfahrens. Ihrer Meinung nach
           Zweck eines informellen Beteiligungsprozesses richtet        werden Beteiligungsverfahren meist zu spät und selten zu
           sich in der Regel nach der fallspezifischen Zielsetzung      früh initiiert. Die Initiative würde oft erst ergriffen, wenn
           der politischen Entscheidungsträger, sie reicht von der      der Konflikt bereits sehr deutlich zutage trete oder sogar
           passiven Information bis hin zur aktiven Mitentschei-        schon eskaliert sei. Eine Ausnahme bilde die Initiative
           dung. Kommunikationsberater Frank Ulmer, Dialogik            eines Unternehmens, das zukünftig in Deutschland die
           – gemeinnützige Gesellschaft für Kommunikations- und         Erdgasförderung aus unkonventionellen Lagerstätten
           Kooperationsforschung mbH, Stuttgart, wies in seinem         („Fracking“) betreiben möchte. Ziel des angestoßenen
           Vortrag „Bürgerbeteiligung: Chancen und Grenzen einer        Dialog- und Informationsprozesses sei es, dass Fragen
           partizipativen Planungspraxis – Erkenntnisse aus Theorie     gestellt werden können und renommierte Experten (Kom-

                                                                                                     NA    RI     N    R ARL 4 2011         3

sch ng_4-11 01-09 .indd 3                                                                                                      01.12.2011 11:03:37
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        petenz) mit neutralem Hintergrund und in ausgewogener          Vorhabens haben zwar alle betroffenen Akteure ein
        Besetzung (Glaubwürdigkeit) diese beantworten, um für          Problem, aber noch kein gemeinsames. Wenn sie die be-
        mehr Transparenz in diesem Handlungsfeld zu sorgen. Ein        stehenden unterschiedlichen Problemwahrnehmungen
        externer Moderator leitet den Dialogprozess und die Be-        nicht reflektieren und keine gemeinsame Problemstel-
        hörden sind eingeladen, den Prozess zu beobachten. Das         lung entwickeln, nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass
        Unternehmen hat sich verpflichtet, nicht zu „fracken“, bis     ihre Kommunikation zu einem „Dialog der Gehörlosen“
                                         die Kriterien für Sicher-     wird, argumentierte Schönwandt. Darüber hinaus wird
                                         heit und Umweltver-           die Kommunikation in solchen Planungsprozessen zu-
                                         träglichkeit erarbeitet       sätzlich erschwert, wenn die benutzten Fachbegriffe für
                                         sind und klar ist, dass       die Empfänger nicht hinreichend klar sind. Der Leiter der
                                         sie eingehalten wer-          LAG Baden-Württemberg plädierte daher für eine pro-
                                         den können.                   blemorientiertere Ausrichtung der räumlichen Planung
                                                Schönfelder wies in    und eine Erweiterung der planerischen Kompetenzen
                                              ihrem Vortrag auch       im Umgang mit den verwendeten Begrifflichkeiten, um
                                              auf die zentrale Rolle   die Gestaltung der Kommunikationsprozesse zur Lösung
                                              des Joint Fact Finding   komplexer Planungsprobleme zu verbessern. Denn nur
                                              hin. Akteure haben bei   wenn die involvierten Akteure aus Politik, Verwaltung,
                                              konfliktreichen Groß-    Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft einander
                                              vorhaben in der Regel    verstehen, können sie gemeinsam an der Lösung eines
           t P.  ller
                                              sehr viel Wissen auf-    komplexen Planungsproblems arbeiten.
                  Carla Schönfelder
                                              gebaut. Es liegen Gut-
        achten und Gegengutachten vor. Aufgabe des Joint Fact          R              R
        Finding sei daher zunächst einmal die Festlegung einer
        konkreten Fragestellung im Konsens, um die bestehenden
        Datenbestände gemeinsam zu „scannen“, Prioritäten zu           PD Dr. Arno Bunzel vom Deutschen Institut für Urbanistik,
        setzen und Lücken durch den Einbezug von Expertenwis-          Berlin, gab in seinem Vortrag „Umgang mit konfliktreichen
        sen zu füllen. Es sei wichtig, dass die Auswahl der Experten   öffentlichen Infrastrukturvorhaben – Die Perspektive des
        ebenfalls im Konsens erfolge, erklärte Schönfelder.            Planungsrechts“ nicht nur einen Überblick über die rele-
                                                                       vanten Planungsverfahren, die Funktionen der formellen
                                                                       Öffentlichkeitsbeteiligung und deren verfahrensrecht-
        E                                                              liche Ausgestaltung, sondern machte auch Vorschläge
                                                                       zur Weiterentwicklung des aktuellen Beteiligungsrechts.
        Um gemeinsam eine Fragestellung festzulegen, braucht           Er stellte in seinem Fazit unter anderem fest, dass „die
        man aber zunächst einmal ein Problem, das man ge-              formelle Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Planung und
        meinsam lösen will. Der Leiter der LAG, Prof. Dr.-Ing.         Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben für den Laien zu
        Walter Schönwandt vom Institut für Grundlagen der              unübersichtlich ist, eher zu spät kommt, zu Frustrationen,
        Planung der Universität Stuttgart, wies in seinem Vortrag      Misstrauen und Konfrontationen bei den involvierten
        „Die Schlichtung Stuttgart 21 – ein Beispiel für „normale“     Akteuren führt und kaum zur Feststellung des Sachver-
        Stadtplanung bei komplexen Planungsproblemen“ unter            halts beiträgt“. In seinen Augen sei eine frühzeitigere
        anderem darauf hin, dass dem Vorhaben „Stuttgart 21“ die       und einfacher strukturierte Beteiligung der Öffentlichkeit
        Problemorientierung fehlt. Es gab in der Anfangsphase des      erforderlich. Eine Art Vorerörterung könne dabei mögli-
        Vorhabens keine                                                cherweise der richtige Ansatz sein. Überlegenswert sei
        gesellschaftlich                                               aber auch eine echte zweistufige Öffentlichkeitsbetei-
        breit angeleg-                                                 ligung wie in der Bauleitplanung. Insgesamt müsse die
        te Diskussion/                                                 Öffentlichkeitsarbeit im mehrstufigen Verfahren jedoch
        Verständigung                                                  sinnvoller gebündelt werden. Ein den Erfordernissen
        darüber, welche                                                des konkreten Falles angepasstes Beteiligungskonzept,
        Pr o b l e m e e i -                                           das alle Verfahrensträger einbindet, ist notwendig,
        gentlich mit dem                                               hielt Bunzel abschließend fest. Bei einer Anpassung der
        Projekt gelöst                                                 rechtlichen Rahmenbedingungen ist jedoch auch darauf
        werden sollen,                                                 zu achten, dass sie die Möglichkeiten der informellen
        so Schönwandt.                                                 Beteiligungsprozesse nicht einschränken oder sogar kon-
        Probleme in der                                                terkarieren. Eine Stärke informeller Beteiligungsprozesse
                                                           t P. ller
        räumlichen Pla-                                                ist die Freiwilligkeit der Teilnahme. Sie lässt sich jedoch
                                      Walter Schönwandt                ebenso wenig regulieren wie die problemorientierte,
        nung definieren
        sich jedoch nicht selbst, sie werden sozial konstruiert        maßgeschneiderte Ausgestaltung des Prozesses.
        und hängen folglich von den unterschiedlichen Wahr-
        nehmungen der beteiligten Akteure ab. Zu Beginn eines

4       4 2011 NA           RI   N   R ARL

sch ng_4-11 01-09 .indd 4                                                                                                      01.12.2011 11:03:41
NACHRICHTEN AKADEMIE FÜR RAUMFORSCHUNG UND LANDESPLANUNG - Akademie für Raumforschung ...
fors       hun

           N
           „Bürgerbeteiligung ist kein Ersatz für die repräsentative            A
           Demokratie, sondern eine Bereicherung“, so Ulmer.
           Dazu ist aber sowohl im politisch-administrativen Bereich
           als auch in der Zivilgesellschaft ein neues Denken – der      Prof. Dr. Oscar W. Gabriel und Dipl.-Ing. Hans-Martin
           Wille, einander zu verstehen – erforderlich. Auf der ei-      Neumann wurden auf der Mitgliederversammlung
           nen Seite sind die politischen Entscheidungsträger keine      der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Baden-Würt-
           abgehobene politische Klasse, sondern die gewählten           temberg am 13. und 14. Oktober 2011 in Mannheim zu
           Repräsentanten unserer Gesellschaft, die man allerdings       neuen Mitgliedern der LAG gewählt. Oscar W. Gabriel
           gelegentlich sehr bestimmt an diese Tatsache erinnern         leitet am Institut für Sozialwissenschaften der Univer-
           muss, so Gabriel. Auf der anderen Seite sind die Bürger       sität Stuttgart die Abteilung für Politische Systeme und
           keine Störfaktoren in einem sachbezogenen Planungs-           Politische Soziologie. Hans-Martin Neumann arbeitet
           prozess, der nur eine Lösung kennt, sondern relevante         am Institut für Architektur und Raumentwicklung der
           Akteure im politischen Diskurs, die mit ihrem Wissen und      Universität Liechtenstein, Vaduz (FL). Er beschäftigt
           ihren Werten zur Definition eines komplexen Problems          sich dort u. a. mit dem Thema „Voraussetzungen
           beitragen können. Hierfür gibt es in einer pluralistischen    energieautonomer Raumentwicklung und Mobilität“.
           Gesellschaft viele Lösungen, die weder richtig noch falsch
                                                                           Des Weiteren wurde Prof. Dr. Stefan Siedentop vom
           sind, sondern nur besser oder schlechter. Eine erfolg-
                                                                         Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung
           reiche partizipative Planung ist infolgedessen nur dann
                                                                         der Universität Stuttgart von den anwesenden Mit-
           möglich, wenn die Beteiligten einander aktiv zuhören,
                                                                         gliedern als Stellvertretender Leiter wiedergewählt.
           weil sie Wahrnehmungen und Einstellungen der anderen
                                                                         Für fünf weitere Jahre wiedergewählt wurden auch die
           Beteiligten verstehen wollen. Das bedeutet nicht, dass
                                                                         folgenden Mitglieder der LAG B-W: Verbandsdirektor
           man anschließend automatisch einer Meinung ist oder gar
                                                                         Dirk Büscher, Dr.-Ing. Corinna Clemens, Bürgermeis-
           ein Konsens zustande kommt. Aber die Chancen, einen
                                                                         ter Dr.-Ing. Holger Keppel, Ministerialdirigentin Kristin
           Konsens zu finden und die Akzeptanz des Verfahrens zu
                                                                         Keßler, Präsident Thomas Langheinrich, Dipl.-HTL-Ing.
           erhöhen, steigen.
                                                                         Christian Rankl, Stellvertretender Verbandsdirek-
            Die Präsentationen bzw. Vorträge der Referenten kön-         tor Dirk Seidemann, Erster Bürgermeister Christian
           nen unter www.arl-net.de/projekte/lag-bw (unter der Ru-       Specht, Dr. Volker Wille, Stellvertretender Verbands-
           brik „Berichte aus der Arbeit“) heruntergeladen werden.       direktor Dr.-Ing. Sebastian Wilske.
                                         Peter Müller  0511 34842-22      Die Frühjahrsitzung der LAG Baden-Württemberg
                                                   mueller@arl-net.de    findet am 29. und 30. März 2012 statt.

                 A
           N              A                                        R
           D    ie Suburbanisierung hat die Stadtentwicklung in
                Deutschland in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun-
           derts in starkem Maße geprägt, zu Beginn des 21. Jahrhun-
                                                                        Leitung von Axel Fricke, Amt für Stadtplanung und Stadt-
                                                                        erneuerung der Landeshauptstadt Stuttgart, und Prof. Dr.
                                                                        Stefan Siedentop, Institut für Raumordnung und Entwick-
           derts scheint nun die Gegenbewegung der sogenannten          lungsplanung der Universität Stuttgart, wird dieses Thema
           Reurbanisierung einzutreten. In Fachkreisen wird deshalb     aus unterschiedlichen Perspektiven untersuchen. Zum ei-
           über das Ende der Stadtflucht und eine Renaissance           nen befasst sie sich mit den Ursachen und Ausprägungen
           der Kernstädte debattiert. Auch in Baden-Württemberg         der Reurbanisierungsprozesse in Baden-Württemberg.
           werden, wie in anderen Bundesländern, in den letzten         Dabei stehen vor allem statistische Untersuchungen zum
           Jahren Reurbanisierungsprozesse beobachtet. Die Ur-          Wanderungsverhalten der Bevölkerung im Vordergrund.
           sachen, Ausprägungen und Wirkungszusammenhänge               Zum anderen sollen (inner-)städtische Ausprägungen und
           der Bevölkerungs- und Beschäftigungszunahme in den           Wirkungen von Reurbanisierungsprozessen im Rahmen
           Kernstädten, in denen sich diese Entwicklung zeigt, sind     von kommunalen Fallstudien analysiert werden. Wie
           aber häufig noch ungeklärt.                                  verteilen sich die Wanderungsgewinne in städtischen
            Die Arbeitsgruppe „Reurbanisierung“ der Landesar-           Gebieten? Mit welchen baulich-physischen, ökonomi-
           beitsgemeinschaft (LAG) Baden-Württemberg unter der          schen und sozialen Veränderungen geht dies einher? Der

                                                                                                    NA   RI      N    R ARL 4 2011         5

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NACHRICHTEN AKADEMIE FÜR RAUMFORSCHUNG UND LANDESPLANUNG - Akademie für Raumforschung ...
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        Arbeitsgruppe geht es aber nicht nur um die Beschreibung        Die konstituierende Sitzung der Arbeitsgruppe „Reur-
        der ablaufenden Reurbanisierungsprozesse, sie fragt auch      banisierung“ fand am 26. Oktober 2011 im Amt für Stadt-
        nach den Möglichkeiten der raumordnerischen und               planung und Stadterneuerung der Stadt Stuttgart statt. Die
        stadtplanerischen Gestaltung dieser Prozesse. Wo lie-         Arbeit der transdisziplinär zusammengesetzten Gruppe
        gen die Potenziale, aber auch Grenzen der planerischen        ist auf zwei Jahre angelegt. Die Ergebnisse sollen in der
        Steuerung? Welche Handlungsstrategien und Instrumente         Reihe „Arbeitsberichte der ARL“ veröffentlicht werden.
        auf regionaler und kommunaler Ebene eignen sich dazu?                                        Peter Müller  0511 34842-22
                                                                                                               mueller@arl-net.de

         A
        E                                                                         R
        A    m 14. Oktober 2011 kamen die Mitglieder der Landes-
             arbeitsgemeinschaft Bayern zu ihrer Herbstsitzung
        in Cham zusammen. Der Sitzungsort war nicht zufällig
                                                                        In einem weiteren Vortrag stellte Dipl.-Ing. Kaspar Sam-
                                                                      mer die Initiative der „Europaregion Donau-Moldau“
                                                                      vor. Hintergrund ist die mittlerweile eng verzahnte
        gewählt. Der Landkreis Cham ist bei mehreren überregi-        wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Entwick-
        onalen Wettbewerben als ein dienstleistungsfreundlicher       lung in Bayern, Böhmen und Österreich. Die Grenzre-
        und innovativer Standort ausgezeichnet worden. So er-         gionen haben sich in den letzten 15 Jahren immer mehr
        hielt er 2010 beim Wettbewerb „Region des Jahres 2010“        angenähert und arbeiten an gemeinsamen Projekten,
        den zweiten Preis für innovatives Regionalmanagement.         zum Beispiel in den Bereichen Wirtschaft, Tourismus,
        Dies war Anlass, sich vor Ort mit den Akteuren aus Politik,   Kultur, Soziales oder Bildung. Für die beteiligten Kom-
        Verwaltung und Regionalentwicklung über die Perspek-          munen und Teilregionen wird es als gewinnbringend
        tiven der Region auszutauschen.                               erachtet, die Nachbarn einzubeziehen, auch wenn
         Der stellvertretende Landrat des Landkreises Cham,           diese in einem anderen Land zu Hause sind. So wurden
        Egid Hofmann, begrüßte die Gäste und stellte den Kreis        im Lauf der Jahre Netzwerke über die Grenzen hinweg
        kurz vor. Insbesondere ging er auf die prosperierende         aufgebaut und es wurde eine Vielzahl von Projekten
        Wirtschaftsentwicklung der vergangenen Jahre und die          durchgeführt. Diese Zusammenarbeit soll nun weiter
        Auswirkungen der Grenzöffnung zu Tschechien sowie             ausgebaut werden. Die Grenzregionen im Dreiländereck
        der sich anschließenden europäischen Integration ein.         Tschechien, Deutschland und Österreich streben daher
        Während die Region um Cham, Furth im Wald und                 die Gründung einer „Europaregion Donau-Moldau“ an,
        Waldmünchen früher zu den „Armenhäusern“ Bayerns              weil sie hoffen, gemeinsame Vorhaben und Projekte
        gerechnet werden musste, sehen die Vorzeichen der             noch effizienter und enger abgestimmt bearbeiten zu
        wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung heute     können. Die Mitglieder der Landesarbeitsgemeinschaft
        ganz anders aus. Eine mittelständische Wirtschaftsstruktur    diskutierten das Vorhaben, zeigten mögliche Grenzen
        und ein Fachkräftemangel kennzeichnen den Raum, so-           auf und bewerteten die Potenziale der Anerkennung der
        dass sich derzeit viele Bemühungen auf die Gewinnung          Region auch als „Europäischen Verbund für territoriale
        von Arbeitskräften und deren Familien richten.                Zusammenarbeit (EVTZ)“.
          Dipl.-Ing. Klaus Schedlbauer und Prof. Dr. Markus             Caroline Heß von der Industrie- und Handelskammer
        Lemberger erläuterten die verschiedenen Maßnahmen             Regensburg stellte schließlich das Projekt „Neue Wege
        der Wirtschafts- und Innovationsförderung im Landkreis        – Neue Welten“ vor, das zum Ziel hat, die betriebliche
        Cham im Rahmen des übergeordneten Regionalmanage-             Wettbewerbsfähigkeit kleinerer und mittlerer Unter-
        ments. Grundlage der Maßnahmen ist ein Kreisleitbild,         nehmen in den Grenzregionen zu stärken. Gemeinsam
        das sich auf verschiedene Aktionsfelder erstreckt, wie        mit den anderen ostbayerischen Kammern werden im
        beispielsweise auf den natürlichen Lebensraum, auf in-        Rahmen des Projektes vielfältige Angebote entwickelt.
        novative Industrien und auf kulturelle Aktivitäten. Darauf    Dabei handelt es sich vor allem um Unterstützungs- und
        aufbauend wurde eine Reihe von Förder- und Unter-             Begleitmaßnahmen für die Unternehmen hinsichtlich
        stützungsprogrammen entwickelt. Ein Großteil davon            der Umsetzung und Entwicklung von innovativen Ge-
        fokussiert auf Bildungsmaßnahmen im weitesten Sinn.           schäftsideen, der Vorbereitung und Schaffung von Ko-
        Denn die Region hat erkannt, dass der Schlüssel für eine      operationen und Netzwerken sowie für die Vorbereitung
        weitere wirtschaftliche Entwicklung in der Verfügbarkeit      und Umsetzung von Markteintrittsstrategien, vor allem
        gut ausgebildeter Fachkräfte liegt.                           in den neuen EU-Mitgliedsstaaten und Beitrittsländern.
                                                                      Die angestrebten Maßnahmen sollen sich an der be-
                                                                      trieblichen Praxis orientieren. Wesentlicher Aspekt der

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fors      hun

           unterschiedlichen Projekte ist, dass vor allem kleine und    beitsgebiete oder Forschungsschwerpunkte vorzustellen.
           mittlere Unternehmen zusammenkommen, um sich über            Schließlich standen in Cham Neu- und Wiederwahlen von
           konkrete betriebliche Probleme und mögliche Lösungs-         Mitgliedern auf der Tagesordnung. Eine Reihe bisheriger
           ansätze auszutauschen.                                       Gäste wurde einstimmig zugewählt, darunter zahlreiche
             Die Landesarbeitsgemeinschaft Bayern hatte zur Sitzung     Mitglieder, die früher im Jungen Forum der ARL aktiv
           nach Cham zahlreiche Mitglieder des Jungen Forums der        waren. Damit umfasst die Landesarbeitsgemeinschaft nun
           ARL aus Bayern eingeladen. Viele sind der Einladung ge-      knapp 40 Mitglieder.
           folgt und haben die Gelegenheit genutzt, sich und ihre Ar-                                Andreas Klee  0511 34842-39
                                                                                                                   klee@arl-net.de

                                                                        AR

           D     ie Bayerische Staatsregierung möchte die mit der
                 Föderalismusreform 2006 geschaffenen verfassungs-
           rechtlichen Grundlagen dazu nutzen, das Bayerische
                                                                        detaillierte Ausführungen vorgenommen und Vorschläge
                                                                        erarbeitet.
                                                                          Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe ist der Meinung, dass der
           Landesplanungsgesetz (BayLplG) im Verhältnis zum bun-        Gesetzgeber mit der Neufassung des Bayerischen Lan-
           desrechtlichen Raumordnungsgesetz (ROG) als Vollgesetz       desplanungsgesetzes als ein Vollgesetz viel eher die
           auszugestalten. Die Landesarbeitsgemeinschaft Bayern         Chance nutzen sollte, die Wirksamkeit der Landes- und
           der ARL hat im vergangenen Jahr eine Ad-hoc-Arbeits-         Regionalplanung im Freistaat Bayern zum Wohle seiner
           gruppe gebildet, deren Aufgabe es ist, den Prozess der       Bevölkerung, seiner Wirtschaft und seiner Umwelt und
           Erstellung des Gesetzes zu begleiten und Anregungen für      nicht zuletzt zur Schaffung und Erhaltung gleichwertiger
           seine Ausgestaltung zu geben. Die Ad-hoc-Arbeitsgruppe       Lebens- und Arbeitsbedingungen in allen Teilräumen des
           hat unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Jacoby, Uni-   Landes zu erhöhen – und damit gleichzeitig nachfolgende
           versität der Bundeswehr, Neubiberg, mehrfach getagt und      Planungs- und Zulassungsverfahren durch frühzeitige
           im letzten Jahr eine öffentliche Diskussionsveranstaltung    Koordination von Raumnutzungsansprüchen und Aus-
           – gemeinsam mit der Deutschen Akademie für Städtebau         gleich von Raumnutzungskonflikten zu entlasten und zu
           und Landesplanung, der Bayerischen Akademie für den          beschleunigen.
           ländlichen Raum sowie weiteren Partnern – durchgeführt.                                   Andreas Klee  0511 34842-39
           Im Sommer dieses Jahres hat die Bayerische Staatsregie-                                                 klee@arl-net.de
           rung einen Gesetzentwurf vorgelegt. Hierzu hat die Ad-
           hoc-Arbeitsgruppe im Namen der ARL im Rahmen der
           sogenannten Verbändeanhörung Stellung genommen.
                                                                                                             R

             Im Interesse der Rechtssicherheit, Rechtsklarheit und        andw rterbuch
           Anwenderfreundlichkeit des Raumordnungs- und Lan-
           desplanungsrechts wird es grundsätzlich begrüßt, dass
                                                                         der Rau rdnung
           die Staatsregierung das Bayerische Landesplanungsgesetz
           als „Vollgesetz“ ausgestalten möchte. Es ist aus Sicht der
           ARL auch zu begrüßen, dass einige der Regelungen des

                                                                         D
           geltenden Gesetzes, die sich nicht bewährt haben, wie-               as „Handwörterbuch der Raumordnung“ (4.
           der korrigiert werden sollen und dass der Bestand der                Auflage 2005) bietet einen umfassenden Über-
           Regionalen Planungsverbände nicht mehr infrage gestellt       blick über alle wesentlichen Bereiche von Raumord-
           wird, sondern dass ihnen sogar ein weiteres Aufgabenfeld      nung, Raumforschung und
           eröffnet werden soll.                                         Raumentwicklung. Die ARL
             Allerdings weist der Gesetzentwurf auch eine Reihe von      stellt auch auf ihrer Website
           Einschränkungen der Gestaltungsfreiheit und Leistungsfä-      (www.arl-net.de) Lesepro-
           higkeit der Träger der Landes- und Regionalplanung auf,       ben dieses Standardwerkes
           die nach den bereits erfolgten Beschränkungen durch die       zur Verfügung.
           zurückliegenden Gesetzesnovellen nunmehr die Steue-           Das Handwörterbuch kann über den Onlineshop der
           rungsfähigkeit der Landes- und Regionalplanung gerade         ARL oder im Buchhandel (ISBN 978-3-88838-555-1)
           auch gegenüber den Fachplanungen substanziell infrage         bestellt werden.
           stellen würden. Hierzu hat die Ad-hoc-Arbeitsgruppe

                                                                                                   NA   RI     N    R ARL 4 2011

sch ng_4-11 01-09 .indd 7                                                                                                    01.12.2011 11:03:49
fors              hun

                                             II   R
        A    m 28. und 29. Oktober 2011 trafen sich die Mitglieder
             des Informations- und Initiativkreises (IIK) Regional-
        planung der ARL in Kassel zu ihrer 30. Zusammenkunft
                                                                        Die Europäische Kommission hat aktuell eine Fortschrei-
                                                                      bung der Transeuropäischen Netze (TEN) mit Blick auf
                                                                      Trimodalität sowie auf Korridore und Knoten vorgelegt.
        seit der Gründung des Gremiums vor 15 Jahren. Seinen          Entsprechend haben sich auch in Deutschland Logistik-
        Ausgangspunkt hat der IIK im Arbeitskreis „Regionalpla-       schwerpunkte (Korridore und Knoten) herausgebildet.
        nung 2000“, der im Jahr 1995 seine Ergebnisse der Fachöf-     Daneben finden sich aber auch dezentrale Strukturen
        fentlichkeit vorlegte. ARL-Generalsekretär Prof. Dr.-Ing.     in einzelnen Ländern. Welche Lösung auch bevorzugt
        Dietmar Scholich, Hannover, und der damalige AK-Leiter        wird, notwendig ist die raumplanerische Einflussnahme
        Prof. Dr. Hans Kistenmacher, Kaiserslautern, die beide zu     im Zuge von Standortsicherung und Vorsorgeplanung,
        den Gründungsmitgliedern des IIK gehören, würdigten           denn die Nachfrage steigt und führt zu Flächenbedarfen,
        die Arbeit, die dieses einzigartige Forschungsnetzwerk        die auf bestehenden Standorten nicht realisiert werden
        unter dem Dach der Akademie in den zurückliegenden            können. Dafür werden bereits Masterpläne Logistik und
        eineinhalb Jahrzehnten geleistet hat. Der Kreis wurde von     regionale Logistikkonzepte erarbeitet.
        Beginn an schrittweise und gezielt personell weiterentwi-      Zum Handeln aufgerufen ist aufgrund der großräumi-
        ckelt. In Kassel nahmen erstmals die neu berufenen Mit-       gen Wirkungen logistischer Maßnahmen zunächst die
        glieder Dipl.-Ing. Ansgar Kuschel, Regionalplaner bei der     Landesplanung. Daneben ist wegen der Koordinierungs-
        Regionalen Planungsgemeinschaft Prignitz-Oberhavel,           notwendigkeiten vor allem die Regionalplanung gefragt,
        Neuruppin, Reg.-Rätin Stefanie Mattern, Regierung von         die dafür aber Hilfestellungen benötigt. Insofern strebt
        Unterfranken, Würzburg, Dipl.-Ing. Stefano Panebianco,        der IIK an, einen Leitfaden für die Regionalplanungspraxis
        Regionalplaner beim Landkreis Harburg, und Dipl.-Ing.         mit bspw. wichtigen Standortanforderungen (Kriterien),
        Christoph Trinemeier, Ltd. Direktor des Verbandes Region      Akteuren und Best Practices für die Beurteilung von Stand-
        Rhein-Neckar, Mannheim, teil. Neu im IIK ist auch Reg.-       orteignungen zu erarbeiten.
        Dir. Roland Wernig, Planungsgemeinschaft Region Trier.

                                                                                I
                                                                            R
        Im Rahmen der bisherigen Beschäftigung mit dieser             Die ARL befasst sich bereits seit einiger Zeit mit der Frage,
        raumbedeutsamen Thematik hat der IIK am 29.09.2011            inwieweit raumplanerische Instrumente und Maßnahmen
        in Hannover einen Expertenworkshop durchgeführt, bei          die Akzeptanz von Infrastrukturgroßvorhaben verbessern
        dem Vertreter von Unternehmen der Logistikbranche             können, etwa im Bereich der Energieversorgung oder
        eingebunden wurden. Die Ergebnisse des Workshops              des Verkehrs. Der ARL-Kongress 2012 ist dieser Thema-
        (siehe den gesonderten Bericht in diesem Heft) bildeten       tik ebenso gewidmet wie Kooperationsvorhaben mit
        den Ausgangspunkt für die Diskussion in Kassel.               Österreich, Russland und der Schweiz. Der IIK prüft, ob
                                                                                                                er einen weiteren
                                                                                                                Forschungsbau-
                                                                                                                stein beisteuern
                                                                                                                kann. Dafür fand
                                                                                                                in Kassel eine ers-
                                                                                                                te Beratungsrun-
                                                                                                                de statt.
                                                                                                                  Es bestand Ei-
                                                                                                                nigkeit darüber,
                                                                                                                dass zunächst an
                                                                                                                konkreten Bei-
                                                                                                                spielen aus un-
                                                                                                                terschiedlichen
                                                                                                                Infrastrukturbe-

                                                                                                                Beispiel für markt-
                                                                                                                optimale Logistik-
                                                                                                                flächen: Airport
                                                                                                                Business Park
            uelle   .     hle 2011                                                                              Langenhagen

8       4 2011 NA            RI      N   R ARL

sch ng_4-11 01-09 .indd                                                                                                          01.12.2011 11:03: 1
fors      hun

           reichen (Projekttypen)
           aufgezeigt werden
           muss, wer planerisch
           verantwortlich ist und
           wo die spezifischen
           Zuständigkeiten der
           Regionalplanung liegen.
           Vor diesem Hintergrund
           können Änderungs- und
           Ergänzungserfordernis-
           se bei der Regionalpla-
           nung aufgezeigt wer-
           den. Konsens herrschte
           auch bezüglich der Ein-
           schätzung, dass Kom-
           munikation der zen-
           trale Schlüssel für eine
           erfolgreiche Planung
           ist. Es ist wichtig, früh-
           zeitig abzuklären, wer
           wann und wie in den
                                       uelle h. iwitt 2011
           Informationsprozess
           einzubeziehen ist. Um                                       Innenbereich – Außenbereich
           Planverfahren frühzeitig
           und dauerhaft kommunikativ zu begleiten, sind entspre-
           chende finanzielle und personelle (am besten professi-          A
           onelle) Ressourcen zwingend erforderlich. Mit beidem
           ist die Regionalplanung in Deutschland in nur wenigen       Der planerische Außenbereich ist Interessengebiet
           Teilräumen ausgestattet.                                    unterschiedlichster Nutzungen und er steht unter zu-
                                                                       nehmendem Nutzungsdruck. Insbesondere mit dem Pla-
                                                                       nungsrecht, hier vor allem § 35 Baugesetzbuch (BauGB),
                                                                       und dem Naturschutzrecht besteht auf der einen Seite
           Am Beispiel der Energiewende werden die Anforderun-         ein wirksames Instrumentarium der Gestaltung. Auf der
           gen an Geodaten deutlich. Die planerischen Konzepte         anderen Seite enden diese Möglichkeiten dort, wo der
           müssen mit qualitativ angemessenen Daten untermauert        Gesetzgeber bestimmte Nutzungen ausdrücklich privile-
           werden, denn hier legen bspw. Gerichte immer höhere         giert hat, so die Landwirtschaft, den Bodenabbau und die
           Messlatten an. Allerdings ist der Datenzugang für die       Windkraft. Und wie die zunehmende Zersiedelung im Au-
           Regionalplanung nicht immer gegeben, etwa infolge           ßenbereich zeigt, sollte der § 35 BauGB auf den Prüfstand
           von Privatisierungen bei den Netzinfrastrukturen (z. B.     gestellt werden, denn mit der Zersiedelung steigt zugleich
           Energieleitungen), oder der Zugang ist durch hohe Kosten    das Steuerungserfordernis seitens der Regionalplanung.
           erschwert.                                                    Die Definition der Raumbedeutsamkeit wird zum
             Auf der anderen Seite ist es lohnenswert, Beispiele aus   entscheidenden Aspekt. Hier fehlt es bislang an Einheit-
           dem Bereich der Regionalplanung, wie den Energie-Atlas      lichkeit. Nach § 35 (3) BauGB dürfen raumbedeutsame
           und das Projekt DACH+ aus dem Grenzraum Deutsch-            Vorhaben nicht im Widerspruch zu Zielen der Raumord-
           land/Österreich/Schweiz/Liechtenstein, stärker in die       nung stehen. Bedenkt man die räumlichen Wirkungen
           Planungsszene zu kommunizieren. Diese Beispiele ver-        und vor allem auch Summenwirkungen z. B. von groß
           deutlichen, welche Daten seitens der Regionalplanung        dimensionierten Anlagen der Agrarindustrie (Tiermast-
           benötigt werden, wo sie zu finden sind und wie sie ge-      anlagen etc.) oder der Energiewirtschaft (Biogasanlagen
           wonnen werden können.                                       etc.), wird deutlich, dass der Koordinierungsanspruch der
                                                                       Regionalplanung auch für raumbedeutsame (bisherige)
            Der IIK wird zunächst mit der zuständigen Bund-Länder-
                                                                       privilegierte Vorhaben gelten muss.
           Arbeitsgruppe in Kontakt treten, um Schritte für eine
           verbesserte Geodatenverfügbarkeit abzustimmen.                Der IIK wird sich mit der Thematik auf der Grundlage
                                                                       einer Diskussionsvorlage bei seiner nächsten Zusammen-
                                                                       kunft ausführlicher beschäftigen. Es geht dabei vor allem
                                                                       um die Rolle und die Instrumente der Regionalplanung.
                                                                                                 Dietmar Scholich  0511 34842-37
                                                                                                               scholich@arl-net.de

                                                                                                     NA   RI   N    R ARL 4 2011         9

sch ng_4-11 01-09 .indd 9                                                                                                   01.12.2011 11:03:
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        N
        W      irtschaftliche Leistungsfähigkeit und politischer
               Handlungsspielraum der Bundesländer in unserer
        föderalen Demokratie standen im Mittelpunkt der Tagung
                                                                       Starke Regionen sind von zentraler Bedeutung für das
                                                                     Zusammenwachsen Europas. Eigenständige und wirt-
                                                                     schaftlich leistungsfähige Gebiete haben mehr Gewicht
        „Neugliederung des Bundesgebiets – oder Kooperation          im „Europa der Regionen“. Dies gilt nicht nur für die
        der Bundesländer?“, die die Akademie für Raumforschung       Mitgliedsstaaten der EU, sondern insbesondere auch für
        und Landesplanung (ARL) Ende September in Berlin             die deutschen Bundesländer. Der dramatische Anstieg
        organisiert hatte. Vor dem Hintergrund der aktuellen         der Staatsverschuldung infolge von Wirtschafts- und
        Euro-Krise diskutierten Rechts- und Politikwissenschaftler   Finanzkrise erfordert drastische Maßnahmen. Nationale
        mit Praktikern aus Länderverwaltungen und Parlamenten        und europäische Förderprogramme werden zulasten
        die Möglichkeiten und Chancen beider Lösungen. Dabei         der (neuen) Bundesländer abgebaut und ab 2020 gilt
        sprachen sich die Staatsrechtler mehrheitlich für eine       für alle Länder ausnahmslos die verfassungsrechtliche
        Neugliederung gemäß Art. 29 GG aus, die Vertreter der        Schuldenbremse.
        Länderverwaltungen setzten hingegen auf Kooperation.
                                                                                                  „Die Finanzlage verschärft
            ntwicklung n L nder nan ausgleich und undeserg n ungs uweisungen                    sich, die Kluft zwischen Arm
             n 1995 200                                                                         und Reich wächst“, skizzier-
        I
                                                                                                te Prof. Dr. Wilfried Erbguth
                                                                                                (Universität Rostock), ehe-
                                                                                                maliger Vizepräsident der
                                                                                                ARL, die derzeitige Lage.
                                                                                                Der Länderfinanzausgleich
                                                                                                und weitere Bundesergän-
                                                                                                zungszuschüsse nivellieren
                                                                                                diese Unterschiede zwar
                                                                                                weitgehend, führen aber zu
                                                                                                mehr Kontrolle und weni-
                                                                                                ger Transparenz. Auf Dauer
                                                                                                sind es keine passenden
                                                                                                Instrumente, „um Kranke
                                                                                                lebensfähig zu erhalten“,
                                                                                                so der Initiator der Tagung.

                                                                                                                 T
                                                                                                Seit den 70er Jahren hat
                                                                                                sich die Abhängigkeit der
                                                                                                finanzschwachen Länder
                                                                                                von diesen Ausgleichsin-
                                                                                                strumenten verdreifacht,
                                                                                                weiß Dr. Reinhard Timmer,
                                                                                                früherer Ministerialdirektor
                                                                                                im Bundesinnenministeri-
                                                                                                um, Berlin. So liege die wirt-
                                                                                                schaftliche Leistungsfähig-
                                                                                                keit der Länder, gemessen
                                                                                                am Bruttoinlandsprodukt
                                                                                                (BIP) pro Einwohner heute
  uelle Statistisches undesa t Statistisches Jahrbuch 2008                                      zwischen 162 Prozent für
Li en    reati e          ns by-nc-nd 2.0 de
  undes entrale f r p litische ildung 2008                                                      Hamburg und 71 Prozent für

10      4 2011 NA          RI        N      R ARL

ans al ng n_4-11 10-21 .indd 10                                                                                           01.12.2011 11:2 : 0
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           Mecklenburg-Vorpommern. Nimmt man das Pro-Kopf-                   L nder nan ausgleich und undeserg n ungs uweisungen 2010
           Steueraufkommen als Messlatte für die Leistungsfähigkeit,
           dann liegen die finanzstarken Länder noch deutlicher in                                  I                                                        E
                                                                                                E
           Führung, weit abgeschlagen sind hingegen die neuen
                                                                                                        H              A
           Bundesländer.
             Die wachsenden Bundeszuweisungen beeinträchtigten                                                         E
                                                                                                                           H                  H
           die eigenen wirtschaftspolitischen Anstrengungen, das                                                                                                             H
           Investitionsverhalten und die Effizienz der Steuerverwal-         aden-                          110            11 2                   103 8                   103 8
                                                                               rtte berg
           tung und damit die Eigenständigkeit der Länder. Wegen
                                                                             ayern                          116            129 3                  105 5                   105 5
           der vielfältigen Interdependenzen im Bundesstaat seien
                                                                              essen                         121            12 4                   105 6                   105 6
           Kooperationen über die Ländergrenzen hinweg grund-
                                                                         N rdrhein-                         100            100 5                   99 2                    99 4
           sätzlich nützlich und notwendig, um Leistungsschwächen
                                                                           estfalen
           und unzweckmäßige Grenzverläufe zu kompensieren.              Niedersachsen                       88                85                  98 8                    99 3
           Aber Kooperationen reichen nach Timmers Einschätzung          Rheinland-                          88                9 4                 9 9                     99 1
           nicht aus. Ein weiteres Problem dabei: Kooperation findet     Pfal
           vor allem auf der exekutiven Ebene der Regierungen statt.     Saarland                            96                 96                 9 4                     99 0
           Die Länderparlamente geraten mehr und mehr in Gefahr,         Schleswig-                          8                 93 4                98                      99 3
           Entscheidungen nur noch abzusegnen, anstatt sie zu dis-          lstein
                                                                          randenburg                             3             61 8                96 3                    98 8
           kutieren und zu beschließen. Das widerspricht jedoch
                                                                          ecklenburg-                            1             49 0                95 2                    98 5
           der parlamentarischen Demokratie und dem geltenden              rp    ern
           Subsidiaritätsprinzip.                                        Sachsen                                 5             50 3                95 6                    98 6
             Deshalb zog Timmer das Fazit: „Die föderative Ordnung       Sachsen-                                3             48 3                95 6                    98 6
           kann Funktionen wie Machtbegrenzung und Demokra-              Anhalt
                                                                          h ringen                               3             48                  95 6                    98 6
           tisierung, politische und kulturelle Vielfalt sowie eine
                                                                             erlin                           90                88 2                90 5                    9 5
           bürgernahe und effiziente Verwaltung nur gewährleisten,
           wenn sie von leistungsfähigen und zweckmäßig abge-                re en                      138 (123)              95 1                91 9                    9 8

           grenzten Ländern getragen werden.“ Außerdem müsse                  a burg                    162 (142)          15 5                   101 0                   101 0

           ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Ländern und Bund         L nder                             100            100 0                  100 0                   100 0
                                                                         insgesa t
           hergestellt werden, ohne gegenseitige Abhängigkeiten.
           Die Neugliederung des Bundesgebietes im Sinne eines
                                                                         1
                                                                             L nderanteil an Ge einschaftssteuern hne               sat steuer u    glich L ndersteuern
                                                                         2
                                                                              uelle undes inisteriu der inan en
           „Weniger ist mehr“ böte dazu die Chance.                           uelle    rtrag   r. Reinhard i         er 20.09.2011

                                                                              wenn Fusionen politisch nicht durchsetzbar sind.“ Sollte
                                                                              jedoch der Druck zur Fusion künftig wachsen, weil sich
           Die anwesenden Ländervertreter waren sich hingegen                 die Rahmenbedingungen veränderten, so müsse dafür
           einig, dass aus ihrer Sicht kein akuter Fusionsbedarf              das Grundgesetz geändert werden.
           bestehe. „Große Länder sind kein Erfolgsfaktor per se“.              Dazu erfuhr man Näheres aus berufenem Munde. Für
           sagte Dr. Bodo Hasenritter, Leiter der Zentralabteilung der        Prof. Dr. Drs. h. c. Hans-Jürgen Papier, München, ist die
           Staatskanzlei Schleswig-Holstein in Kiel. Gerade in Zeiten         Länderneugliederung – mit dem Ziel deutlich weniger,
           zunehmender Globalisierung und europäischer Integra-               aber dafür gleich große und gleich leistungsfähige Bun-
           tion suchten die Menschen Sicherheit. Die fänden sie in            desländer zu schaffen – Vorbedingung für die Neuord-
           vertrauten Gemeinden, Regionen und Ländern. Er lobte               nung der Finanzverfassung und aller anderen Schritte auf
           die gut funktionierende Kooperation mit Hamburg, die               dem Wege der nötigen Föderalismusreform. „Erst wenn
           auf gemeinsamen Interessen basiere und klare politische            die Bundesländer in der Lage sind, Handlungsspielräu-
           Ziele verfolge. Für einen Nordstaat sieht er derzeit keine         me im Sinne eigenständiger Politik zu nutzen, macht die
           Mehrheiten. Kein Wunder, befürchten doch die Länder,               föderalistische Ordnung auch Sinn“, sagte der ehemalige
           dass Fusionen zum einen Stimmen im Bundesrat kosten                Präsident des Bundesverfassungsgerichtes.
           würden und zum anderen Mittel aus dem Länderfinanz-
           ausgleich.
             Länderneugliederung sei nur eine Möglichkeit, die
           Leistungskraft zurückzugewinnen, In Niedersachsen                  Der erste Schritt in diese Richtung ist auch für ihn die
           stehe jedoch die „Kooperation im Vordergrund“. Ernst               Änderung des Artikels 29 des Grundgesetzes. Nach
           Hüdepohl, der stellvertretende Leiter der niedersächsi-            dem Willen der Mütter und Väter des Grundgesetzes
           schen Staatskanzlei in Hannover, will bestehende Gren-             sollte damit der jungen Bundesrepublik ein Instrument
           zen nicht verschwinden lassen, aber sie im Alltag für die          an die Hand gegeben werden, die nach 1945 durch die
           Bürger möglichst unsichtbar machen: „Kooperationen                 Besatzungsmächte festgelegten Ländergrenzen sinnvoll
           sind immer dann sinnvoll, wenn sie zur Bewältigung von             zu verändern und so eigenständige und wirtschaftsstarke
           Herausforderungen ausreichend erscheinen und/oder                  Territorien zu schaffen. Dies gelang allerdings nur einmal

                                                                                                                                 NA      RI             N   R ARL 4 2011               11

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eranstaltun en

        in der Geschichte der Bundesrepublik mit der Zusammen-         Verwaltungseffizienz in größeren Ländern bislang nicht
        legung von Baden und Württemberg 1952.                         erbracht werden. Und auch die vergleichende Forschung
          In den 70er Jahren wurde im Zuge der Anpassung der           über andere Bundesstaaten (USA, Schweiz) lieferte keine
        Verfassung an aktuelle Bedürfnisse die verfassungsrecht-       Anhaltspunkte für die Vorteile von Länderfusionen. Zwar
        liche Verpflichtung zur Neugliederung in eine Kann-            habe man in der Schweiz lange darüber diskutiert, dann
        Bestimmung umgewandelt. So lautet Art. 29 Abs. 1 in der        aber doch einer verstärkten interkantonalen Kooperation
        aktuellen Form: „Das Bundesgebiet kann neu gegliedert          den Vorzug gegeben, so Benz. Aber die Länderkooperati-
        werden, um zu gewährleisten, dass die Länder nach Größe        on fördere auch „Fachbruderschaften in der Verwaltung“.
        und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben          Es bestehe die Gefahr, dass sich „Kooperationsformen
        wirksam erfüllen können. Dabei sind die landsmannschaft-       verfestigen, weil Beteiligte davon profitieren und die ho-
        liche Verbundenheit, die geschichtlichen und kulturellen       rizontale Verflechtung so in die Politikverflechtungsfalle
        Zusammenhänge, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit sowie        führt“, warnt Benz.
        die Erfordernisse der Raumordnung und der Landesplanung          Weiter berichtete er von sozialwissenschaftlichen
        zu berücksichtigen.“                                           Studien, die das Bedürfnis der Menschen nach Landesi-
         Hans-Jürgen Papier hält das für „wenig praktikabel und        dentität und Orientierung in überschaubaren Raumein-
        eher hinderlich“. Eine „Rückumwandlung“ des Artikels 29        heiten bestätigten – allerdings nicht auf der Basis eines
        GG ist für ihn unter rechtlichen Aspekten unverzichtbare       historisch-kulturellen Erbes, wie oft behauptet, sondern
        Voraussetzung für eine Neugliederung. Das Votum dafür          vielmehr aus ökonomischen Erwägungen heraus. Die
        muss freilich per Volksentscheid erfolgen und zwar nicht       „landsmannschaftliche Verbundenheit“ schließlich sei in
        nur in den Ländern, sondern auch auf Bundesebene.              der modernen, pluralistischen Gesellschaft überholt. Ins-
                                                                       gesamt wird es von allen Experten als schwierig erachtet,
                                                                       eine Mehrheit der Bevölkerung von den Vorteilen einer
                       A                                               Neugliederung zu überzeugen. Wenn sich die Regierun-
                                                                       gen jedoch dazu entschieden, müsse die Bevölkerung
        Der Politologe Prof. Dr. Arthur Benz (TU Darmstadt) ver-       unbedingt über Referenden beteiligt werden.
        suchte eine Einordnung der Debatte um Neugliederung              „Die territoriale Gliederung eines föderativen Staa-
        oder Kooperation aus der Sicht der fächerübergreifenden        tes“ – so das Fazit von Benz – „stellt die Grundlage der
        Föderalismusforschung.                                         demokratischen Ordnung dar. Sie zu ändern bedeutet,
          Aus ökonomischer Sicht seien die Schuldenbremse              Menschen mit anderen politischen Verhältnissen, öffentli-
        und die anstehende Reform des Länderfinanzausgleichs           chen Leistungen und Ressourcenverteilungen sowie einer
        Argumente für eine Länderfusion. Auch der hohe Koordi-         neuen Rechtsordnung zu konfrontieren. Politiker, die eine
        nationsaufwand zwischen Bund und 16 Ländern und die            Neugliederung durchsetzen wollen, brauchen langfristige
        erheblichen Koordinationskosten zwischen den Ländern           Strategien und Konzepte und einen langen Atem.“
        sprächen dafür. Allerdings konnten Beweise für mehr                                      Michaela v. Bullion  0511 34842-56
                                                                                                                   bullion@arl-net.de

                                                                                                                      NR
                                                                            H
                       I
        D     ie gegenwärtigen und die bereits absehbaren He-
              rausforderungen für die Entwicklung der Verkehrs-
        infrastruktur mit ihren Teilsystemen erfordern entschlosse-
                                                                         Das „Denken in Stadtregionen“ ist schon in vielen
                                                                       Köpfen angekommen. Dennoch bestehen Möglich-
                                                                       keiten einer Weiterentwicklung der Angebote für eine
        nes Handeln. Detaillierte Kenntnisse über die Bedürfnisse      zukunftsfähige Mobilität. Hierzu gehört nicht zuletzt die
        unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen sind hilfreich,   enge Kooperation der an der Gestaltung des Verkehrs-
        um zielgerichtete Maßnahmen und Mobilitätsangebote zu          systems beteiligten unterschiedlichen Akteure. Das gute
        entwickeln. Hierbei ist nicht nur an die technische Gestal-    Zusammenwirken ist eine wesentliche Voraussetzung
        tung im Hinblick auf die Forderung nach einer stärkeren        und eine große Chance für ein erfolgreiches regionales
        Energieeffizienz zu denken. Der demographische Wandel in       Mobilitätsmanagement.
        seinen unterschiedlichen Ausprägungen und der notwendi-          Diese aktuelle Thematik stand im Mittelpunkt der dies-
        ge Klimaschutz sind weitere Maßstäbe für alle Entscheidun-     jährigen (16.) Konferenz für Planerinnen und Planer in
        gen zum Aus- und Umbau der Verkehrsinfrastruktur.              Nordrhein-Westfalen, die am 7. Oktober 2011 in Bochum

12      4 2011 NA          RI     N   R ARL

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