CIVITAS ECCENTRIC München - Innovative Lösungen für städtische Mobilität
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
„Die Zukunft der Mobilität“ Sehr geehrte Damen und Herren, München wächst beständig. Damit einher gehen große Herausforderungen für unsere Stadt, vor allem bei den zwei großen Themen Wohnen und Mobilität. Die Anzahl zugelassener Autos steigt mit jedem Jahr und somit auch das Verkehrs- aufkommen. Durch die Nachverdichtung in Bestandsvierteln und den Bau neuer Wohnviertel müssen wir auch zukünftig mit einer steigenden Flächenkonkurrenz und Zunahme der Verkehrsprobleme rechnen. Es braucht daher neue Konzepte und nachhaltige Lösungen, um dem wachsenden Verkehrsaufkommen zu begegnen. Genau hier setzt das EU-Projekt CIVITAS ECCENTRIC an. Als Modellprojekt für innovative und integrierte Stadt- und Verkehrsplanung in Neubaugebieten am Stadtrand greift es die aktuellen Herausforderungen auf. Sei es die City-Logistik, der Pendelverkehr zur Arbeit, die Verkehrssicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger, die Förderung von Shared Mobility oder Mobilitätsmanagement für unter- schiedlichste Zielgruppen. Durch diese einmalige Bündelung an Maßnahmen in einem Modellquartier konnten wir wichtige Erkenntnisse für die künftige Gestaltung von Mobilität in unserer Stadt gewinnen. CIVITAS ECCENTRIC soll uns als Vorbild für zukunftsorientierte und stadtverträgliche Mobilität in anderen Münchner Neubau- vierteln dienen, wie etwa dem Prinz-Eugen-Park, der Bayernkaserne oder Freiham. Neben diesen wichtigen Erkenntnissen für die Stadt- und Mobilitätsplanung sehe ich den engen Austausch mit den vier CIVITAS ECCENTRIC Partnerstädten wie auch mit weiteren Kommunen im In- und Ausland im Rahmen dieses Projekts als sehr wertvoll an. Miteinander und voneinander lernen, im Sinne des gelebten europäischen Gedankens, wurde in CIVITAS ECCENTRIC großgeschrieben. Ich möchte mich bei der Europäischen Union bedanken, dass München Teil dieses europäischen Leuchtturmprojekts sein durfte und dabei seinen Beitrag zur Förde- rung innovativer und nachhaltiger Mobilität leisten konnte. Dieter Reiter Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München
Inhalt Kapitel 1 Kapitel 1 Das Projekt CIVITAS ECCENTRIC München 5 CIVITAS ECCENTRIC – Inhalte, Struktur Die EU-CIVITAS-Initiative 6 Das Projekt CIVITAS ECCENTRIC 7 Die Partnerstädte 8 Das Konzept des Reallabors 14 CIVITAS ECCENTRIC München Die Projektpartner Der Domagkpark 16 17 18 und Ziele des EU-Projekts Die Parkstadt Schwabing 20 Kapitel 2 Vorstellung der Projektmaßnahmen 31 Mobilitätsmanagement24 Luftlotse27 Concierge28 Heimat Domagkpark 29 App für blinde und sehbehinderte Menschen 30 ACM – das Nonstop-Elektromobil 31 Elektroroller Emmy 31 Transfer – mobil sein, mobil bleiben 32 Nachbarschaftsportal34 eTrike34 Mikrodepots35 Mobilitätsstationen36 Präventive Verkehrssicherheit 38 Kapitel 3 Ergebnisse und Bewertungen 41 Projektevaluation42 Forschungserkenntnisse aus dem Projekt 44 Mehrwert für die Stadt München 48 Erkenntnisse aus Projektleitungssicht 50 Wie Europa profitiert 51 Bilanz des Projektverantwortlichen Dr. Martin Schreiner 52
CIVITAS – CIVITAS ECCENTRIC Leuchtturmprojekt – neue Ideen für Europa für die Mobilität Saubere Städte, effektives Mobilitätsmanagement, Beim EU-Projekt CIVITAS ECCENTRIC arbeitet München komfortabler Personennahverkehr: Das sind die Visionen zusammen mit vier Partnerstädten an Konzepten für eine der europäischen CIVITAS-Initiative innovative und nachhaltige Mobilität Städte, in denen die Bürgerinnen und Bürger weitgehend ner macht. Das Mobilitätsprojekt – das Akronym CIVITAS Der Zuzug in die Städte ist ungebrochen, nicht nur in Mün- dern (ECCENTRIC steht für „außerhalb des Zentrums“) defi- auf das eigene Auto verzichten können – ist so etwas denk- steht für CIty VITAlity Sustainability – wird von der Europäi- chen ist der weltweite Trend drastisch zu beobachten. Firmen niert haben, in denen die Maßnahmen unter echten Bedin- bar? Aber ja. Die europäische CIVITAS-Initiative unterstützt schen Union finanziert und ist als Netzwerk städte- und siedeln sich an, neue Arbeitsplätze entstehen, der Verkehr gungen erprobt werden. schon seit 2002 ambitionierte Städte, die sich der Vision länderübergreifend organisiert. nimmt zu, der Bedarf an Wohnraum wächst. einer nachhaltigen urbanen Mobilität verschrieben haben. Was im Living Lab erprobt wurde, soll allen Beteiligten zu- Das Ziel: eine umweltfreundliche Verkehrspolitik, die unsere Seit 2002 wurden im Rahmen von CIVITAS mehr als 800 Neue Wohnviertel zu errichten, ist die eine Herausforderung. gute kommen. Am Ende, so die Vorstellung, sollen nicht nur Städte sauberer und die Bürgerinnen und Bürger zufriede- Einzelmaßnahmen in 85 Städten umgesetzt. Jede beteiligte Eine andere ist, die Quartiere an die Versorgungsangebote die teilnehmenden Städte, sondern alle Kommunen in der Stadt geht bei ihrer Verkehrsplanung von einem integrierten der Innenstädte und bestehende Verkehrsinfrastruktur anzu- EU von den Erfahrungen des Projekts CIVITAS ECCENTRIC und partizipatorischen Ansatz aus. Das heißt: Die Maßnah- binden und damit eine lebenswerte Stadt für alle Bewohner profitieren. men finden nicht isoliert statt, sondern bilden gemeinsam zu schaffen. ein durchdachtes, auf die jeweilige Stadt zugeschnittenes CIVITAS Konzept. Und natürlich sollen die Bürgerinnen und Bürger umfassend beteiligt werden. Mehr als 52 Millionen Men- Innovative Mobilitätskonzepte sind integrale Bestandteile nachhaltiger Planung. Die Möglichkeit, das eigene Auto zu schen sind bisher mit den Ideen und Maßnahmen von CIVI- nutzen, soll erhalten bleiben. Aber es soll auch anders gehen. 5 Projektphasen zwischen 2002 TAS in Kontakt gekommen. Ein wirksames Instrument dabei und 2020 sind sogenannte Reallabore: Projektgebiete, in denen ver- In diesem Sinne fördert das EU-Projekt CIVITAS ECCENTRIC kehrspolitische Konzepte getestet und im Anschluss evalu- Maßnahmen, die sichere, zuverlässige und nachhaltige Mo- Gesamtbudget 250 Millionen Euro – iert werden. bilität in den Städten als auch in den Stadtrandlagen ermög- davon 180 Millionen Euro finanziert lichen. Die EU finanziert das Projekt mit 20 Millionen Euro. Zu den Bausteinen für einen integrierten Ansatz zählen bei- Über einen Zeitraum von vier Jahren, von 2016 bis 2020, er- durch die Europäische Union spielsweise „saubere Kraftstoffe und Fahrzeuge“. Diese sol- probte München unter der Federführung des Kreisverwal- len helfen, die Luftverschmutzung sowie Feinstaub- und tungsreferats 12 Maßnahmen für eine umweltfreundliche und 85 beteiligte Städte, in denen mehr Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren. Auch die Lärmbe- innovative Mobilität. Der Domagkpark und die Parkstadt als 800 Einzelmaßnahmen umgesetzt lastung soll verringert werden. CIVITAS-Städte testen Autos Schwabing waren somit ein „Living Lab“, sie wurden zu Real- wurden mit Elektro- und Hybridmotoren ebenso wie Fahrzeuge mit laboren oder Testfeldern für stadtverträgliche Mobilität. Biodiesel- und Erdgasantrieb. Genauso wichtig ist ein ver- In 18 Reallaboren testen Bürgerinnen besserter Zugang zum Öffentlichen Personennahverkehr, Neben München testeten vier weitere europäische Städte, und Bürger neue Mobilitätsideen damit er eine attraktive Alternative zum Individualverkehr mit unterschiedlichen Profilen und Herausforderungen, Maß- bietet. Weitere Punkte: ein wirksames Mobilitätsmanage- nahmen im Rahmen des Projekts. Die 3,1-Millionen-Stadt und beteiligen sich Politikerinnen und ment, neue Wege zu mehr Verkehrssicherheit und intelligent Madrid erlebt die Urbanisierung von Subzentren. Stockholm Politiker an innovativen Konzepten gesteuerte Fracht- und Logistikdienstleistungen. wächst zur Millionenstadt heran. Turku in Finnland ist eine für die moderne Stadt rasant wachsende Industriestadt mit vielen Studierenden. Alle diese Bausteine (und noch einige mehr) sind Wegpunkte Ruse in Bulgarien arbeitet am Ausbau des Nahverkehrs und in eine Stadtgesellschaft, zu deren Selbstverständnis eine an einer sicheren Infrastruktur für Fußgänger und Pendler. moderne, nachhaltige Mobilität zählt. Gemeinsam ist den Städten, dass sie Quartiere an ihren Rän- 6 7
Fünf Städte – „Die Art und Weise, wie ein Ziel für Europa München die soziale Dimen- sion in die Die Projektpartner in Madrid, Ruse, Stockholm, Mobilitätsmaß- Turku und München setzen mehr als 50 Maßnahmen nahmen in- zur städtischen Mobilität um tegriert hat, hat Madrid wirklich inspiriert.“ Juan Azcarate Luxan, Site Manager Madrid 4 3 Madrid In den Reallaboren der Metropole ist der Autoverkehr besonders hoch – eine Herausforderung Im Südosten der spanischen Hauptstadt das vollbesetzte Autos (HOV, High Oc- rum in die Peripherie, die Viertel wer- liegen die beiden Viertel Puente de Valle- cupancy Vehicles) sowie abgasarme den Subzentren, sie sind nicht mehr cas und Villa de Vallecas. Hier wohnen Fahrzeuge bei der Vergabe von Park- nur Wohn- und Schlafquartiere. Weite- insgesamt 380.000 Menschen. Madrid plätzen bevorzugt. re Maßnahmen betreffen die Einfüh- hat die Quartiere zu Reallaboren im Rah- rung von Busspuren, die Verbesserung 2 men von CIVITAS ECCENTRIC ausge- von Radwegen sowie fußgänger- sucht, da hier das Verkehrsverhalten eini- freundlichere Gestaltung öffentlicher ge Besonderheiten aufweist. Der Anteil nicht-motorisierter Fahrten liegt mit 22 Bürgerinnen Räume. und Bürger werden 5 beziehungsweise 15 Prozent unter dem Wichtig ist in den Reallaboren von Ma- Durchschnitt der Gesamtstadt (32 Pro- drid der Aspekt der Bürgerbeteiligung. zent). In Villa de Valecas beträgt der Anteil beteiligt Bürgerinnen und Bürger sollen mit ih- des Autoverkehrs 38 Prozent, im Ver- ren Erfahrungen eine Neubewertung gleich zu 29 Prozent in der Gesamtheit von Verkehrsrisiken und Unfallschwer- 1 1 Madrid der 3,1-Millionenstadt. punkten verbessern helfen. Entspre- 2 München Bisher wurden solche Projekte meist in chende Daten können Nutzer über so- 3 Stockholm Um nachhaltige Mobilität zu fördern, Innenstadt-Bereichen umgesetzt. Ma- ziale Medien in ein geographisches 4 Turku wurden im Living Lab eine Reihe von drid erlebt aber wie andere Metropolen Informationssystem (GIS) einspeisen. 5 Ruse Maßnahmen getestet. Darunter ein in- den Trend zur Urbanisierung der Vor- Unfallschwerpunkte sollen so definiert telligentes Park-Management-System, städte. Firmen ziehen aus dem Zent- und entschärft werden. 8 9
Turku „Die Maßnah- men in München Die Stadt im hohen Norden elektrifiziert ihr werden jetzt und Bussystem – und für Radwege gibt es einen Winterdienst in den kommen- Turku, die älteste Stadt Finnlands, erleb- Städten. Um den immer stärker wachsen- ein Verkehrsknotenpunkt, an dem naht- den Jahren te in den vergangenen Jahren ein enor- den Verkehrsdruck einzudämmen, wur- los Car- und E-Bikesharing, sowie ein sicheres, mes Wachstum als Industrie- und Uni- den im Rahmen von CIVITAS ECCENTRIC ÖPNV und Fahrradverkehr zusammen- versitätsstandort. Rund 38.000 der eine ganze Reihe von Bike- und Carsha- laufen sollen. Unterstützt wird die Ko- bequemes und 187.000 Einwohner sind Studierende, im Stadtgebiet liegen 12.000 Betriebe, 30 ring Projekten angeschoben. ordination durch eine App, über die Verkehrs-Informationen abgerufen und nachhaltiges Prozent der finnischen Marineindustrie sind in der traditionsreichen Hafenstadt Tickets gelöst werden können. Situati- onsbedingt durch die Lage im Norden Reisen ermög- an der Ostsee beheimatet. Informationen Europas ist ein Pilotprojekt für besse- lichen.“ ren Winterdienst auf den Radwegen Im Rahmen des Projekts CIVITAS ECCEN- und Tickets über implementiert. Paul Fenton, TRIC wurde das Quartier Kupittaa östlich des Stadtzentrums als Reallabor definiert. die App Dadurch soll der Anteil des Radver- Site Manager Stockholm Auf 2,85 Quadratkilometern befinden sich kehrs in den Wintermonaten um 30 Pro- in diesem Stadtteil Wohnungen, ein Kran- zent und im Jahresschnitt um 15 Prozent kenhaus, ein Universitäts-Campus, ein angehoben werden. Die Verkehrspla- Bahnhof und außerdem Finnlands größter Öffentliche Fahrzeuge, aber auch das nung soll – entsprechend der Living- Stadtpark. Die Herausforderungen ent- Bussystem sollten elektrifiziert werden. Lab-Richtlinien – in enger Abstimmung sprechen denen vergleichbarer urbaner Ein weiterer Schwerpunkt der Maßnah- mit den Bürgerinnen und Bürgern ge- Regionen in anderen hochentwickelten men ist ein sogenannter Mobility Point, staltet werden. „Besonders Stockholm interessant fand Die schwedische Boomstadt hat viele Ideen, ich das Engage- um umweltfreundliche Mobilität attraktiver zu machen ment junger Leute, ältere Die schwedische Hauptstadt steckt mit- sern. Ausgewählten Zielgruppen wird Auto wechseln, wenn ihre Radspuren Menschen in ten in einer Übergangsphase. Mit ihrem eine Testflotte von Elektrofahrzeugen – durch Baustellen blockiert sind oder starken Wachstum entwickelt sich vom E-Lastenbike bis zum Elektro-Pkw Umwege entstehen. Eine eigene Maß- München dabei Stockholm von einer mittleren Großstadt – angeboten. Hinter vielen Maßnahmen nahme zielt deshalb auf den Einsatz zu unterstützen, in hohem Tempo zu einer Millionenstadt, umgeben von einer Metropolregion mit weniger unfallträchtiger Materialien bei der Baustellenkennzeichnung und der sich mit neuer drei Millionen Einwohnern. Die Verkehrs- Sicherung von Radwegen ab. In einer Mobilität zurecht- infrastruktur und das Straßennetz spie- geln aber noch die alten Realitäten. Was tun wachsenden Stadt voller Baustellen eine wichtige Maßnahme. zufinden.“ mit den Die Verantwortlichen wählten das Stadt- Das Living Lab Årsta ist zwar mit Bus zentrum und den schnell wachsenden Baustellen? und Pendelzug erreichbar, nicht aber an Stella Aaltonen, Distrikt Årsta als Reallabor für CIVITAS das U-Bahnnetz angeschlossen. Ein Site Manager Turku ECCENTRIC und für die Erprobung einer Schwerpunkt des CIVITAS ECCENTRIC Reihe von Maßnahmen. Projekts ist deshalb die Beschleuni- des Stockholmer Projekts steht der Leit- gung bestehender Busverbindungen. Diese umfassen unter anderem leise und gedanke, das Angebot umweltfreundli- Ziel der Maßnahme sind zehn Prozent saubere Lieferfahrzeuge für nächtliche cher Mobilität attraktiver zu machen. So Zeitersparnis für die Bürgerinnen und Anlieferungen oder den Ausbau von ergaben Umfragen in der Stadt, dass Bürger bei der Nutzung des öffentli- E-Ladestationen in Mehrfamilienhäu- viele Radfahrerinnen und Radfahrer zum chen Nahverkehrs. 10 11
„Die beein- München druckendste Eine der dichtest besiedelten Städte Deutschlands testet Aktivität bei dem Konzepte, um die Zunahme des Autoverkehr zu begrenzen Projekt war die Zusammen- Die mit knapp 1,6 Millionen Einwohnern verzichten und neue Logistiklösungen Bei all den Herausforderungen hat arbeit mit den drittgrößte Stadt Deutschlands ist auf sind dringend geboten. Auch die benach- München auch gute Voraussetzungen. ungebremstem Wachstumskurs. Wohn- barte Parkstadt Schwabing, wo 12.500 66 Prozent des Modal Splits bei der lokalen Unter- raum ist knapp, die gut ausgebauten Menschen für 200 Konzerne und Firmen Mobilität entfallen auf Fußwege (27 Pro- nehmen bei der Verkehrssysteme sind am Rand ihrer Kapazität. Auf 1.000 Einwohner kommen zent), Fahrrad-Nutzung (17) und ÖPNV (23). Im Schnitt besitzt jeder Haushalt Umsetzung rund 550 Pkw, rund 150.000 Fahrzeuge zwei Fahrräder. des Klimapakts.“ strömen täglich allein über die drei größ- ten Zufahrtsstraßen in die Stadt. Mit ei- Zwei Im Spannungsfeld der Umstände ist ner Bevölkerungsdichte von 4.940 Men- Fahrräder in das Thema Verkehr aber konfliktträch- Lucia Ilieva, schen pro Quadratkilometer ist München tig – und riskant: Im Jahr 2015 gab es im Site Manager Ruse eine der dichtest besiedelten Städte jedem Haushalt Stadtgebiet nicht weniger als 46.657 Deutschlands. Verkehrsunfälle. Den weiteren Anstieg des Autoverkehrs möglichst eingren- Diesen Herausforderungen begegnet die zen, weniger Schadstoff- und Lärmbe- bayerische Landeshauptstadt mit Neu- arbeiten, zeugt vom Wachstum – und lastung, dazu neue Formen der Bürger- bauquartieren wie dem Domagpark im untermauert den Bedarf an innovativen beteiligung erproben: Das sind die Living Lab des EU-Projekts CIVITAS Mobilitätskonzepten: Die Fahrgemein- wichtigsten Ziele der Münchner Maß- ECCENTRIC. Innovative Verkehrskon- schafts-App JobRide ist hier eine zentra- nahmen im Rahmen des CIVITAS zepte, die Möglichkeit auf das Auto zu le Maßnahme. ECCENTRIC Projekts. Ruse „Durch die Vernetzung Die Herausforderung in der bulgarischen mit den Partner- Industriestadt ist der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs städten und Mit eher grundsätzlichen Herausforde- cherstellung und Verbesserung der Die Bürgerinnen und Bürger konnten interessierten rungen hat es Ruse, die Industriestadt in Fußgängerüberwege. Diese gelten als sich bei Seminaren und Workshops an Kommunen Bulgarien, zu tun. Die fünftgrößte Stadt unsicher, vor allem für Personen mit der Erarbeitung eines gemeinsamen und und größte Hafenstadt des Landes eingeschränkter Mobilität. neuen Mobilitätskonzepts beteiligen. konnten wir an der Donau ist ein Zentrum der land- wirtschaftlichen Industrie. Im Stadtteil Als einen ersten Schritt zur Verbesse- wertvolles Druschba leben 15 Prozent der rund rung des ÖPNV ist die Einführung einer Wissen für die 145.000 Einwohner. Die Anbindung an Park-and- Nachtbus-Linie von der Innenstadt die Innenstadt sowie an die Industrie- nach Druschba geplant, das zu Beginn Mobilitätsher- standorte mit ihren Arbeitsplätzen er- Ride als neues des Projekts nach 21 Uhr nur mit Pri- folgt hauptsächlich über Individualver- vat-Pkw und Taxi zu erreichen war. ausforderungen Angebot kehr mit privaten Pkw. Die Folgen sind Staus und viele Unfälle. Der öffentliche Eine völlige Neuorganisation des Bus- und Trolleynetzes, auch mithilfe einer generieren.“ Nahverkehr ist schlecht ausgebaut, er neuen App zur Informationsbeschaf- gilt als langsam und unzuverlässig. Es fung und zum Ticketkauf, soll mit Bür- Stefan Synek, gibt lediglich 14 Kilometer Radwege. Im Rahmen des Projekts fand eine Be- ger- und NGO-Beteiligung in Angriff Projektmanager KVR München gutachtung der Fußgängerüberwege genommen werden. Dem hohen Ver- Ziel des CIVITAS-ECCENTRIC-Projekts im Laborviertel Druschba statt, zwei kehrsaufkommen wird eine Strategie war neben dem Ausbau des Radwege- völlig neue Übergänge sollten an die- mit Park-and-Ride-Parkplätzen entge- netzes im Reallabor Druschba die Si- ser Stelle entstehen. gengesetzt. 12 13
Starke Partner Fast wie im richtigen Leben Ein ambitioniertes Projekt braucht Warum Reallabore geeignet sind, neue Lösungsansätze Koordinatoren, Ideengeber und auf Funktionalität und Akzeptanz zu testen wissenschaftliche Begleitung. Ein Beim KVR lag die Münchner Projektleitung. Es war Überblick über die Partner von Koordinator und Supervisor – und Schnittstelle zwischen den Die Innovationen und Projekte im Rah- men der CIVITAS ECCENTRIC Initiative gitalen Innovationen zu sammeln, ohne sinnvolle und notwendige Standards auf- Stadtebene. Durch die weltweit ver- gleichbare Substrukturierung von Städ- CIVITAS ECCENTRIC MÜNCHEN Münchner Partnern und der in entstehen nicht am Reißbrett. Alle Maß- zugeben. ten in Quartieren von vergleichbaren Grö- Madrid ansässigen Projektleitung nahmen in allen teilnehmenden Städten ßenordnungen besitzen die Erkenntnisse von CIVITAS ECCENTRIC. werden in sogenannten „Living Labs“, zu aus quartiersbezogenen Reallaboren ein Zudem verantwortete das KVR deutsch „Reallaboren“, umgesetzt und höheres Maß an städteübergreifender die Maßnahmen Mobilitäts- getestet. Drei Ebenen Vergleichbarkeit. management, Mobilitätsstatio- nen und Präventive Verkehrs- Ein Reallabor zeichnet sich dadurch aus, urbaner Die Landeshauptstadt München macht sicherheit. dass es eine ergebnisoffene Erprobung neuer Technologien unter der Nutzung Reallabore mit Reallaboren bereits einschlägige Er- fahrungen. Sie ist im EU-Projekt „Smarter rechtlicher Gestaltungsspielräume ver- Together“ zusammen mit Lyon und Wien folgt – und einen Erkenntnisgewinn in eine Leuchtturmstadt zur Erprobung in- Sachen Regulierung liefert. Vor allem novativer Lösungen zur Steigerung der Letzteres kann dabei helfen zu verstehen, Städte haben als Reallabor-Orte einen Energie-Effizienz. Im Projektgebiet Neu- welche Regeln die digitale Welt von mor- besonderen Stellenwert. In der aktuellen aubing/Westkreuz/Freiham sollen 20 gen braucht. Die zeitlich und zumeist urbanen Reallabor-Forschung können Prozent CO2 eingespart werden. Auch auch räumlich begrenzten Experimen- drei grundlegende Ebenen urbaner Real- das Verkehrsprojekt „City 2Share“ findet Das Referat förderte den Einsatz Ohne die tragende Säule des Der gemeinnützige Verein tierräume bieten die Möglichkeit, unter labore unterschieden werden: Die Haus- an den Standorten München und Ham- von Lastenfahrrädern zur öffentlichen Nahverkehrs macht verschreibt sich seit seiner realen Bedingungen Erfahrungen mit di- haltsebene, die Quartiersebene und die burg unter Reallaborbedingungen statt. Reduktion des innerstädtischen ein Mobilitätsprojekt keinen Gründung im Jahr 1990 der motorisierten Lieferverkehrs. Sinn. Unter der Führung der Reduzierung des Autover- Das RAW verantwortete die Münchner Verkehrsgesellschaft kehrs und einer nachhaltigen Maßnahme „Mikrodepots“. In wurde die App für Sehbehinderte Verkehrspolitik in München. Kooperation mit Wissenschaft zur Indoornavigation entwickelt. Im Rahmen von CIVITAS und Industrie wurden vier flexible Der eTrike-Prototyp war inte- ECCENTRIC betreute Green Mikrodepots zur Stärkung grierbar in das Radverleihsystem City die App Luftlotse und nachhaltiger Citylogistik erprobt. der MVG. das Intergenerationen-Lern- Die Die Die programm Transfer. Haushaltsebene Quartiersebene Stadtebene In einzelnen Haushalten Auf dieser Ebene werden Stadt- Diese Ebene umfasst gesamt- oder Wohnblöcken werden quartiere untersucht. Diese städtische Prozesse. Erst hier neue Technologien oder haben den Vorteil, dass sich die wird die Einbeziehung der haushaltsbezogene Interven- Effekte von kulturellen Identi- Wirkungen von gesamtstädti- tionsstrategien untersucht. täten und sozialen Diffusions- schen Infrastrukturen (Verkehrs-, Für diese Ebene der Reallabore prozessen beobachten lassen. Erholungs- und Energie- Über den gesamten Zeitraum Elektromobilität ohne Auszeiten Die Erfahrungen und hat sich international der Der Untersuchungsraum bleibt infrastrukturen) möglich, die von vier Jahren begleitete für das Laden der Batterien? Bedürfnisse der Menschen vor Begriff „Living Labs“ durch- für den Forschungsprozess über- für eine große Zahl von die TU München das Projekt Von der Idee zur Realität: Die Ort flossen in die Maßnahmen gesetzt. Auf europäischer schaubar. Durch die weltweit Transformationsprozessen wissenschaftlich. Green City Experience GmbH des CIVITAS ECCENTRIC Ebene besteht derzeit schon vergleichbare Substrukturierung von Relevanz sind. Zur Verantwortlich dafür war der stellte sich der Herausforderung Projekts ein. Dafür sorgte die eine umfassende vernetzte von Städten in Quartiere von Beherrschung der mit einer Lehrstuhl für Siedlungs- und übernahm die Projekt- Beteiligung der Domagkpark Infrastruktur solcher Living vergleichbaren Größenordnun- gesamtstädtischen Betrachtung struktur und Verkehrsplanung. leitung für den Elektroroller Genossenschaft. Die Inhalte Labs. Soziale Interaktionen gen besitzen die Erkenntnisse verbundenen Komplexität Der Lehrstuhl für Produkt- „Emmy“ und das ACM, das für das Nachbarschaftsportal über eine große Zahl von aus quartiersbezogenen kann die Konzentration des entwicklung entwickelte emissionsfreie City-Mobil mit www.Domagkpark.de und das Haushalten hinweg können Reallaboren ein höheres Maß Reallabors auf einzelne urbane darüber hinaus den ersten Wechselbatterien. Concierge-Projekt wären ohne in diesen Laboren allerdings an städteübergreifender Ver- Funktionen (z.B. Mobilität, Prototyp des eTrikes. die Arbeit der Genossenschaft nur teilweise untersucht werden. gleichbarkeit. Wohnen, Ernährung) sinnvoll sein. nicht zustande gekommen. 14 15
Gut leben Die Beteiligten ohne eigenes Auto EU Kommission (Förderprogramm HORIZON 2020) Mehr Lebensqualität und innovative Mobilität CIVITAS ECCENTRIC Projektkoordination (Madrid) in den Randlagen der Großstadt – dieses Ziel verfolgt CIVITAS ECCENTRIC MÜNCHEN. CIVITAS ECCENTRIC Projektstädte Zwei große Stadtquartiere werden zu Testfeldern Technische Universität München: Leitung der Evaluation Madrid Turku München Stockholm Ruse Niemand muss auf sein eigenes Auto verzichten – aber es soll Wie kann man Shared Mobility attraktiver machen? Wie erfolg- auch ohne gehen. Starker Zuzug, mehr Menschen, mehr Ver- reich sind Mobilitätsstationen, die innovativen Netzwerkknoten kehr: Das ungebremste Wachstum stellt München wie viele für E-Bike- und Carsharingangebote? Hilft moderne Kommunika- Observer Cities andere Großstädte beim Thema Mobilität vor große Heraus- tionstechnologie, Verkehrswege sicherer zu machen? Mindert (Projektbegleitende Städte) forderungen. Die relativ jungen Stadtquartiere Domagkpark eine gut funktionierende Fahrgemeinschafts-App für Pendler den und Parkstadt Schwabing waren für die Landeshauptstadt Parkdruck in den Vierteln? Antworten sollten die Maßnahmen im deshalb ein ideales Testfeld. Das EU-Projekt CIVITAS ECCEN- Living Lab liefern. TRIC erprobte Maßnahmen für eine innovative und integrierte Kreisverwaltungsreferat Landeshauptstadt München: Stadt- und Verkehrsplanung in Neubaugebieten. Das Ziel: die Im Gegensatz zu traditionellen Projektverfahren war das Ziel der Projektleitung CIVITAS ECCENTRIC München langfristige Änderung des Mobilitätsverhaltens. Maßnahmen nicht starr vorab definiert, es passte sich den Be- dürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer an. Bürgerinnen und Bürger sollten mitreden und die Prozesse mit beeinflussen, noch während der laufenden Laborphasen. Unter dem Begriff „Co- Stakeholder Projektpartner Alle Kommunen creation“ wurden verschiedenste Stakeholder von Anfang an eingebunden, um eine möglichst hohe Akzeptanz der Maßnah- in der EU men unter der Bürgerinnen und Bürgern zu erlangen. sollen profitieren Es sollte evaluiert werden, ob sich die Maßnahmen in die Stadt- Mobilitäts- anbieter: Lokale Bewohner- und Verkehrsplanung integrieren lassen. CIVITAS ECCENTRIC Sharing- Unternehmen schaft sollte Erkenntnisse liefern für andere Münchner Neubauviertel. Anbieter, ÖPNV Green City Die EU unterstützt das Programm mit 20 Millionen Euro, vier Green City Experience Millionen davon fließen nach München. Insgesamt wurden e.V. Lokale Lokale soziale GmbH über den Zeitraum von vier Jahren im Domagkpark und in der Parkstadt Schwabing elf Maßnahmen getestet: in den Berei- Projektziele Wohnungs- Institutionen, Politik: Bezirks- chen Carsharing, Bikesharing, Elektromobilität, Multimodali- bau- Vereine, ausschuss, tät, Mobilitätsmanagement, City-Logistik und Verkehrssicher- genossen- Bildungsein- Nachhaltige Änderung des Stadtrat heit. Die Projektleitung lag beim Kreisverwaltungsreferat. schaften richtungen Münchner Mobilitätsverhaltens Referat für DomagkPark Partner waren das Referat für Arbeit und Wirtschaft, Green Verkehrsge- Arbeit und Genossen- City e.V Experience GmbH, die Quartiersgenossenschaft Do- sellschaft Reduktion des Parkdrucks und Referat für Wirschaft schaft eG magkpark sowie die Münchner Verkehrsgesellschaft mbH. Die Referat für mbH TU München begleitete das Projekt über die gesamte Dauer der Flächenkonkurrenz Baureferat Gesundheit Stadtplanung wissenschaftlich. Eng eingebunden im Rahmen einer Projekt- und Förderung von Shared Mobility und Umwelt und Maßnahmenevaluation war das Referat für Stadtplanung Bauordnung und Bauordnung. 16 17
Ein Stadtquartier der kurzen Wege Familienfreundliches Wohnen, attraktive Architektur und Arbeitsplätze nah an den Menschen: Der Domagkpark, ein relativ neues Quartier im Norden der Stadt, ist ein ideales Testfeld für alternative Mobilitätskonzepte Große Räder, kleine Räder. Pink oder grün, ordentlich auf 2010 beschloss der Münchner Stadtrat den Bau dringend dem Ständer stehend oder gerade mal umgefallen – vor der benötigter Wohnungen auf dem Areal mit den Begrenzun- Grundschule am Bauhausplatz parken die Scooter der Kin- gen Frankfurter Ring im Norden, Autobahn A9 Berlin-Mün- der. Roller oder Fahrräder sind die Verkehrsmittel der Wahl im chen im Osten und Domagkstraße im Süden. Geplant und Domagkpark, und die Kleinsten können sie hier im Quartier schließlich umgesetzt wurde ein „mehrteiliges bauliches ohne großes Risiko nutzen. Auf breiten Wegen zwischen und freiräumliches Ensemble mit hohem Wohnanteil und Grünflächen und Wohnhäusern übt der Vater mit dem Zwei- ergänzenden Arbeitsplätzen“, wie es im „Gestaltungsleitfa- jährigen das Laufradfahren, der Kleine fürchtet sich nur vor den Funkkaserne“ des Referats für Stadtplanung heißt. Vor 30 Jahren fuhren hier noch Panzer, heute ist der Domagkpark ein lebendiges Münchner Wohnquartier. der motorisierten Heckenschere, die eine Buchenhecke Heute umfasst das Areal 1.700 Wohnungen und ist Heimat stutzt. Sie ist das lauteste an diesem kühlen Herbsttag, und für circa 4.000 Menschen. der Frankfurter Ring ist nur einen Block entfernt. Es formte sich auf Initiative einzelner Bauherren ein Konsor- tigt wurden. So entstanden um einen Stadtpark mit altem ner Charta Quartiersvernetzung verpflichteten sich die teilneh- tium aus Baugenossenschaften, Baugemeinschaften sowie Baumbestand Wohngebäude in verschiedenen Architekturen menden Bauherren auch, ein innovatives und nachhaltiges städtischen und privaten Wohnungsbaugesellschaften. Sie für verschiedene Bevölkerungsgruppen. Es gibt eine neue Mo- Verkehrskonzept für das neue Viertel zu entwickeln. Zentraler Nach den Soldaten sorgten dafür, dass ab den ersten Planungsphasen die Be- lange der künftigen Bewohnerinnen und Bewohner berücksich- dellschule für kooperative Ganztagsbetreuung. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag stellt Studierendenwoh- Bestandteil des Mobilitätsangebots sind Mobilitätsstationen. Die beiden Stationen in der Gertrud-Grunow-Straße und der kommen die Künstler – nungen zur Verfügung. Der Verein „Gemeinsam Leben Lernen“ Max-Bill-Straße sind leicht an den gekennzeichneten Flächen betreibt Wohngemeinschaften von Menschen mit und ohne – wie der grauen Stele und den leuchtend grünen Parkplätzen ein neuer Stadtteil entsteht Behinderung. Ein Nachbarschaftstreff soll die Kontakte der Be- – zu erkennen. Hier finden sich Räder zum Ausleihen, Elekt- wohnerinnen und Bewohner fördern. Mehrere Gasthäuser und ro-Roller, Ladeinfrastruktur sowie Stellplätze für Carsha- Cafés laden dazu ein. Das kulturelle Leben wird durch Bühnen ring-Angebote. Weitere Angebote, wie E-Lastenräder, bietet und Ateliers bereichert. Für pflegebedürftige Seniorinnen und zudem die Mobilitätsstation auf Privatgrund der Wohnungs- Es war nicht immer so idyllisch hier, in der Nazizeit baute die Senioren soll ein ambulanter Dienst allen bedürftigen Bewoh- baugenossenschaft WOGENO eG. Luftwaffe ab 1936 die sogenannte Funkkaserne. Nach dem nern im Quartier rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Die Zweiten Weltkrieg errichtete die US-Armee eine Sammelunter- Domagkpark Genossenschaft eG stellt als Non-Profit-Organi- Hat man also seinen Bedarf und seine Reise geplant, kann man kunft für ehemalige Zwangsarbeiter. Von hier aus kümmerte saton Mitgliedern Dienstleistungen und Vergünstigungen zur sich über die Buchungs-Apps der Shared Mobility Anbieter sich die UN um die Rückführung der verschleppten Men- Verfügung. Von der Schlagbohrmaschine bis zum elektrischen sein Fahrzeug ausleihen. Langfristig soll die Idee die Abhängig- schen. 1956 ging das Gelände in die Verantwortung der Bun- Fensterputzer und zum Beamer können sich Mitglieder Alltags- keit vom eigenen Auto mindern, was in einem Wohnquartier mit deswehr über, bis 1992 waren diverse Pionier- und Panzerein- gegenstände ausleihen und „Sharekultur“ leben. niedrigerem Stellplatzschlüssel (im Domagkpark ist der Schlüs- heiten auf dem Areal stationiert. 1993 waren die Soldaten weg, sel zwischen 0,5 und 1,0 realisiert) essentiell ist. und die Künstlerinnen und Künstler kamen. Bis zu 300 Ateliers Einzelne Häuser sind mittlerweile architektonisch preisgekrön- machten das Viertel zu einer der größten Künstlerkolonien te Beispiele des Zusammenlebens. Vom zentralen Stadtpark Trotz aller Innovationen sind auch die klassischen Verkehrsan- Deutschlands. Heute zeugen noch das Städtische Atelierhaus mit seinen Hügeln und großen Spielplätzen gehen geräumige gebote und damit die Münchner Innenstadt schnell zu errei- am Domagkpark und einige neuerrichtete Ateliers in der Ger- Wege ab, auf denen sich Fußgänger und Radlerinnen gleich- chen. Von der Endhaltestelle Schwabing Nord braucht die Tram trud-Grunow-Straße von diesem künstlerischen Erbe. Eine Idylle wie auf dem Land. Dabei ist der Frankfurter Ring gleich nebenan. zeitig bewegen können. Alle Angebote sind barrierefrei. In ei- acht Minuten zur Münchner Freiheit. 18 19
Nicht nur die Türme Den Verkehrsdruck zu mindern, dabei aber nachhaltige orts München, dennoch ist die Parkstadt ein lebendiges sind hier Highlights Verkehrsalternativen anbieten: In diese Richtung gehen Zuhause für rund 4.000 Menschen. Wie in der Bürobebau- auch die beiden Mobilitätsstationen, die im Viertel entstan- ung ist auch die Architektur der Wohnhäuser an den klaren den sind. Unter den großen grauen Stelen mit dem „M“ Linien des Bauhaus orientiert. Breite Wege und viel Grün finden sich Ladestationen für E-Autos, aber auch Standorte sollen die Lebensqualität steigern. Es gibt Spielplätze und für Carsharing und Leihfahrräder. „Bei allen Neubauvierteln Kitas, ein Nahversorgungszentrum sowie ein gastronomi- Die Parkstadt Schwabing ist ein Geschäftszentrum mit kommt es darauf an, Mobilität von Anfang an zukunftsori- sches Angebot. entiert zu gestalten“, sagte Münchens Oberbürgermeister mehr als 12.500 Arbeitsplätzen und ein Wohngebiet mit Dieter Reiter bei der Eröffnung im Jahr 2018: „Ziel ist es, Für lebendige Strukturen in der Parkstadt Schwabing steht 1.500 Einheiten. Hier zeigt sich, ob innovative Maßnahmen mehr Lebensqualität zu ermöglichen, ohne dass ein eige- nes Auto nötig ist.“ Allerdings, und auch das gehört zur auch der Nachbarschaftstreff. Babytreffs, Wandergruppen, aber auch eine offene Werkstatt, in denen handwerklich wie Bikesharing und City-Logistik funktionieren Realität, stehen immer wieder mal Autos, die nicht zu den Unternehmen gehören, auf den eigentlich reservierten Interessierte kreativ sein können, sind im Angebot – auch in Corona-Zeiten, wo alle Kontakte eingeschränkt sind. Parkpätzen. Ein Zeichen für die angespannte Parksituation im Viertel. Apropos Corona: „Jetzt sind viele Menschen im Home Of- fice“, sagt Gerlinde Gottlieb vom Nachbarschaftstreff und In der Parkstadt wird aber nicht nur gearbeitet, sondern unterstreicht nebenbei die Wichtigkeit von nachhaltiger auch gelebt. Zwar sind auch hier mehr Büros entstanden Mobilität: „Damit kriegen die Parkstädter endlich auch mal als geplant, eine Folge des boomenden Wirtschaftsstand- Parkplätze.“ „Rettende Einfälle“, „Guter Kaffee“, „Mehr Einnahmen, weni- durch die Schenkendorfstraße im Süden und die Straßen- ger Ausgaben“... Endlos aneinandergereiht zieren Redensar- bahnlinie 23 im Westen erstreckt sich das Areal auf 40 Hektar. ten, Sinnsprüche und geflügelte Worte die Fassade des impo- Ab 2000 wurde das Gebiet im Rahmen der städtischen Richt- santen Bürogebäudes an der Marcel-Breuer-Straße. Sie linie zur sozialgerechten Bodennutzung (SOBON) umgestal- sollen positives Lebensgefühl vermitteln, gute Laune – Moti- tet. Bisherige Straßen sind verlegt oder überbaut, die neuen vation am Bau sozusagen. In der Parkstadt Schwabing, dem Straßen tragen die Namen der Designer und Designerinnen größeren der beiden Quartiere im Münchner CIVITAS ECCEN- des Bauhaus. TRIC Living Lab, ist Tatkraft und Aufbruch tatsächlich ein passendes Motto. Hier allerdings ist die Mischung eine ande- Der Anspruch an gute Form und Architektur im Viertel ist im- re als im reinen Wohnviertel Domagkpark. Mehr als 12.500 mer wieder zu sehen. Da sind zum Beispiel die Highlight-Tow- Arbeitsplätze sind hier entstanden, dazu kommen 1.500 ers. Als die zweit- und vierthöchsten Häuser der Stadt sind sie Wohnungen, davon 500 im sozialen Wohnungsbau. Münchner Adresse internationaler Firmen. Die Liste der Un- ternehmen in der Parkstadt liest sich wie ein Handelsregister Die Anfänge der Parkstadt reichen bis ins Jahr 1989 zurück. aus aller Welt. Amazon und Microsoft, Fujitsu und Osram, IBM Begrenzt durch die Domagkstraße im Norden, die Wal- und MAN, General Electric und ARRI haben hier Niederlas- ter-Gropius-Straße im Osten – parallel zur Autobahn A9, sungen oder Filialen. Insgesamt sind 200 Firmen angesiedelt. Auch wenn zwei U-Bahnstationen und die Tram 23 in der Nähe sind: Wenn 12.500 Menschen zu ihren Arbeitsplätzen kommen müssen, entstehen Engpässe und Staus im Berufs- verkehr. Hier setzt eine der erprobten Maßnahmen von CIVI- TAS-ECCENTRIC an. Auf Initiative des Kreisverwaltungsrefe- rats entstand JobRide, eine App-basierte Plattform für Mitfahrgelegenheiten. Sie soll im Viertel ansässige Firmen und ihre Mitarbeiter dazu bewegen, Fahrgemeinschaften zu bilden. Die Unternehmen müssen sich anmelden, über eine App können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter passende Partner suchen, mit denen sie den Weg zur Arbeit im Viertel teilen. Mit wenigen Klicks können die Teilnehmer auch selbst Routen und Mitfahrgelegenheiten anbieten. Ziel ist die besse- re Besetzung der Autos während der Stoßzeiten. Mit vier großen Firmen, MAN, Osram, Fujitsu, Züblin können rund 2.500 Beschäftigte auf das Angebot zugreifen. Angenehmer Nebeneffekt der Aktion sind geringere Emissionen und ein Bike oder Roller? In der Parkstadt kann man sich beides ausleihen. paar mehr zwischenmenschliche Kontakte. Tatkraft und Aufbruch – das strahlt die Parkstadt Schwabing aus. 12.500 Arbeitsplätze sind entstanden, 4000 Menschen leben hier. 20 21
Das Wichtigste aus Kapitel 1 Kapitel 2 Neue Mobilität in München – 1 2 Vorstellung der 12 Projekt- Die Ziele von CIVITAS Fünf europäische Partner- ECCENTRIC sind städte arbeiten gemeinsam mehr Lebensqualität an Mobilitätskonzepten. und nachhaltige Mobilität. Der Fokus des EU-Projekts liegt auf den Randlagen der Städte. Hier Die Partner in Madrid, Ruse, Stockholm, Turku und München setzen mehr als 50 Maßnahmen maßnahmen zur städtischen Mobilität um – entstehen neue Quartiere für viele und tauschen sich dazu stetig aus. Menschen. Daher der Projektname. ECCENTRIC heißt: außerhalb des Zentrums. 3 4 Zwei große Stadtquartiere CIVITAS ECCENTRIC in München werden zum München ist ein Living Lab. gemeinsames Projekt Die Ideen und Maßnahmen von von sieben Partnern. CIVITAS ECCENTRIC München werden Gemeinsames Planen und Handeln in Reallaboren umgesetzt. Zwei Stadt- von Partnern aus Verwaltung, Wissen- quartiere am Stadtrand, der Domagk- schaft und praktischer Bürgerarbeit park und die Parkstadt Schwabing, in kennzeichnen die Zusammenarbeit denen 12 Maßnahmen erprobt werden, über eine Laufzeit von 50 Monaten. werden zu Testfeldern.
Das Projekt Zahlen Fakten Zitate
Zahlen 126 14 8.000 50 Meter Meetings Personen Monate hoch ist der gab es mit den wohnen im Living betrug die Projekt- höhere der beiden Projektpartnern Lab – dem laufzeit von CIVITAS Highlight-Towers in München Domagkpark ECCENTRIC in der Parkstadt und der Parkstadt Schwabing Schwabing 89 87 Prozent 12 Prozent 4,5 der Bewohnerschaft Projekte Millionen im Domagkpark der Bewohnerschaft und in der Parkstadt wurden im Living im Living Lab sind Euro Budget Schwabing errei- Lab in München sehr zufrieden oder hatte München zur chen in fünf Minuten umgesetzt zufrieden mit dem Verfügung zu Fuß eine Mobili- Mobilitätsangebot tätsstation
Juli: Eröffnung der beiden Mai: Präsentation beim Januar: Beginn der Projekt- ersten Mobilitätsstationen Europatag auf dem evaluation im Living Lab sowie des Münchner Marienplatz Concierge-Dienstes im Februar: Start von Domagkpark durch OB Juni: Start der Direkt- und „kreuz und quer“ im Domagk- Februar: Vollversammlung Dieter Reiter. Einweihung Dialogmarketingkampagne park. Februar: Eine Delegation aller Partnerinstitutionen des ersten Mikrodepots für private Haushalte im aus Amsterdam besichtigt von CVITAS ECCENTRIC Living Lab März: Präsentation auf der Oktober: CIVITAS als erste Fachdelegation Juli bis November: Launch in München. Launch der September: Mobilitätsfest 3rd Global Ministerial ECCENTRIC Kick-off das Living Lab von CIVITAS des Nachbarschaftsportals Mitfahrer-App JobRide in für die Bewohnerschaft im August: ACM Experience Conference on Road Safety in Madrid ECCENTRIC München domagkpark.de der Parkstadt Schwabing Domagkpark Days im Domagkpark in Stockholm Einführungsveranstaltung im Mai: ECCENTRIC München November: Offizielle Vor- März: Einführung der Park- November: Auszeichnung September / Oktober: zweite September: Präsentation auf Domagkpark am 27. Oktober. präsentiert sich auf der stellung des eTrike-Proto- raumbewirtschaftung im im Wettbewerb „Erfolgreich Haushaltsbefragung im den European Urban Mobility Dabei sind Projektpartner, 21. „European Conference typs durch die MVG und TU Domagkpark. Stadtratsreise vernetzt in Europa – gemein- Living Lab Days der Europäischen Mitglieder des BA12, Mitglie- of Mobility Management“ München. Nutzertest der zum Thema „Verkehr und sam Städte und Regionen Kommission der der Münchner Stadtver- in Maastricht. Beacon-gesteuerten In- Mobilität“ in die CIVITAS gestalten“ durch das Bundes- Oktober: Präsentation beim waltung und viele Interessierte door-Routing-App für blinde ECCENTRIC Partnerstadt innenministerium. ECCEN- CIVITAS Forum 2019 in Graz 30.11.2020: Projektabschluss aus dem Quartier und sehbeeinträchtigte Stockholm TRIC als wichtiges Teilpro- CIVITAS ECCENTRIC Menschen in der U-Bahn jekt für die Vernetzung November: Präsentation Haltestelle Münchner Freiheit Mai: erste Haushaltsbefra- am Smart City Expo World gung im Living Lab Congress in Barcelona
Zitate „CIVITAS ECCENTRIC hat es „Als Umweltverein konnten wir ermöglicht, dass die Menschen viele der innovativen Ideen im Domagkpark an konkreten und Learnings in unsere lokale Beispielen Quartiersentwicklung Arbeit einfließen lassen. Das und Mobilitätsveränderungen Konzept unseres Bildungspro- erleben können.“ jekts „Transfer“ fand so großen Anklang, dass es in andere Tom Kremer, Städte verbreitet werden konnte.“ Vorstand Domagkpark Genossenschaft eG Lea Wiser, Green City e.V., Projektleitung „Transfer“ „Wir konnten eine Menge über urbane Mobilität im Austausch „Wichtig ist die Vernetzung mit den europäischen Partnern nachhaltiger Mobilitätsformen lernen. CIVITAS ECCENTRIC zu einem Gesamtsystem, das ein hat es uns ermöglicht, außerhalb autoarmes Leben ermöglicht. der normalen Grenzen zu denken Der ÖPNV ist umweltfreundlich, und ein innovatives Logistikkon- platzeffizient und sozial inklusiv. zept zu erproben.“ Daher ist er das Rückgrat nachhaltiger urbaner Mobilität.“ Johannes Horvath, Referat für Arbeit und Wirtschaft Pia Fuchs, der LH München Stadtwerke München GmbH, Projektleitung Neue Mobilitätsformen „ECCENTRIC hat uns die wertvol- le Chance gegeben, innovative „Wissenschaft und Praxis haben Produkte in einem realen Kontext sehr viel voneinander gelernt – und zu testen. Dadurch konnten wir wir sind sehr dankbar, dass wir mit sowohl den Mehrwert eines so vielen engagierten Menschen neuartigen Leichtfahrzeugkon- in München und in vielen weiteren zepts als auch die Potenziale von europäischen Städten ein Stück an E-Roller-Sharing-Systemen vor der Zukunft der Mobilität bauen Ort live evaluieren.“ durften.“ Dr. Jessica Le Bris, Prof. Dr.-Ing. Gebhard Wulfhorst, Leitung Mobilität Green City GmbH TU München, Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt
Mobilitätsmanagement Direkt- und Dialogmarketing Mit Bus oder Auto in die Schule? Nicht im Domagkpark. für private Haushalte Im Testgebiet lernen Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte, wie man auch anders ans Ziel kommt – mit Die Menschen informieren und sie anregen, spielerischem Ansatz Neues auszuprobieren – so funktioniert’s Wie kann ich mich bewegen in meinem Im Living Lab Domagkpark und Park- auch das Angebot einer kostenlosen Viertel, was wird angeboten, und wie stadt Schwabing bekamen mehr als Wochenkarte für den MVV, mit der Be- funktioniert das alles? Wenn solche ein- 3.700 Haushalte wichtige Informationen wohnerinnen und Bewohner die Verbin- fachen Fragen nicht beantwortet sind, dung in die Innenstadt nutzen konnten. dann nützen die schönsten Innovatio- Daneben sollten Testangebote für ver- nen und Angebote nichts. Deshalb gin- schiedene Shared Mobility Anbieter die gen die Verantwortlichen für das Mobili- In die City mit teilweise sicher vorhandene Schwellen- tätsprojekt CIVITAS ECCENTRIC aktiv angst reduzieren, mal neue Formen der auf die betroffenen Bürgerinnen und der kostenlosen Mobilität auszuprobieren. Bürger zu. Wochenkarte Die Empfänger konnten sich Infomate- Mit Direkt- und Dialogmarketing wurden rial auf Anforderung individuell zusam- alle Haushalte angesprochen, informiert menstellen lassen und auf einem falt- und angeregt, die Mobilitätsmöglichkei- per Post. Ein Selfmailer der Stadt mit baren Quartiersplan alle Möglichkeiten ten der Initiative zu nutzen. Mit erstaun- dem CIVITAS ECCENTRIC-Logo infor- und verschiedene Angebote zum The- lichem Erfolg, wie sich bald herausstel- mierte nicht nur über die Mobilitätssta- ma Mobilität in ihrem Wohnquartier len sollte. tionen und Sharing-Angebote. Es gab kennenlernen. Mobilitätsmanagement für Kinder und Jugendliche Lieber gemeinsam zu Fuß als mit dem Elterntaxi zur Schule: Kinder werden für neue Ideen sensibilisiert Kinder sind die Zukunft. Nicht nur gene- dem konnten sie zu Fuß, auf dem Rad haben Spaß draußen und lernen ihr rell, sondern ganz konkret im Alltag wer- oder dem Roller rund 30 gekennzeichne- Quartier kennen. Auch der „Bus mit Fü- den sie das Zusammenleben formen – te Boxen in ihrem Viertel suchen. ßen“ spielt sich draußen ab. Er ist im auch in den Modelllaboren des Grunde eine Laufgemeinschaft zur CIVITAS-ECCENTRIC-Projekts. Des- Schule, die das Elterntaxi per Auto zur halb wendet sich das Mobilitätsma- und von der Schule ersetzen soll. Acht nagement im Domagkpark und der Gemeinsam fühlen bis zehn Kinder der ersten beiden Jahr- Parkstadt Schwabing konkret an die gangsstufen bewegen sich – zunächst Zielgruppe Kinder und Jugendliche. Sie sich die Kinder unter Begleitung eines Erwachsenen – sollen für umweltfreundliche Verkehrs- alternativen sensibilisiert werden, und sicherer gemeinsam auf dem Schulweg. Das er- höht das Sicherheits- und Gemein- nicht zuletzt sollen sie – spielerisch – ihr schaftsgefühl. Viertel kennenlernen. An den Boxen gab es elektronische Beim Theaterprojekt „Let’s go“ für äl- Exemplarisch dafür steht „kreuz und Punkte auf die Karte. Angenehmer Ef- tere Kinder wurde das Thema Mobilität quer“. Bei einer Art Schnitzeljagd beka- fekt neben der Gruppenerfahrung und künstlerisch aufgegriffen und zu Dis- men die Kinder einen Spielausweis. Mit der Lust am Wettbewerb: Die Kinder kussionen angeregt. 24 25
Mobilitätsmanagement für Unternehmen Weniger Stress in der Fahrgemeinschaft: Die Maßnahme JobRide bewegt Pendler zum Ridesharing Die Wachstumsregion Münchner Nor- in einem Wagen sind drei Autos weniger Bisher sind mit Fujitsu Technology Solu- den ist ein Magnet – nicht nur rund 8.000 auf Parkplatzsuche. JobRide bietet die tions GmbH, MAN Truck & Bus Deutsch- Menschen leben in den beiden Vierteln Möglichkeit, mit Hilfe einer App Fahrgele- land GmbH, OSRAM GmbH und Ed. Zü- Domagkpark und Parkstadt Schwabing. blin AG / STRABAG AG vier große Player Jeden Tag zieht es auch rund 12.500 involviert. Damit haben 2.500 Beschäftig- Menschen an ihre Arbeitsplätze in der te über eine App, die Website oder einen Parkstadt. Viele kommen mit dem Auto, und viele suchen einen Parkplatz – Vier große Player Online-Kalender die Möglichkeit, mit Job- Ride umweltfreundlicher zu pendeln. Stress, Stau und Frust sind oft die Folge. sind in das Weitere Unternehmen haben bereits ihr Interesse an JobRide bekundet. An dieser Stelle setzt JobRide an, eine Projekt involviert Maßnahme des Kreisverwaltungsrefe- Auf Basis der eingegebenen Daten stellt rats, die Pendler zum Carsharing bewe- JobRide automatisch mögliche Fahrge- gen soll. meinschaften zusammen. Die Folge: Es genheiten anzubieten, und zwar firmen- gibt weniger Emissionen und weniger Im Kern ist es die gute alte Fahrgemein- übergreifend. Voraussetzung: Die Firmen Parkplatzsorgen, JobRide schafft Kon- schaft, nach der Logik: vier Autopendler müssen sich bei JobRide registrieren. takte und spart Geld. Wie ist die Luftqualität heute? Die Luftlotsen-App gibt Auskunft. Luftlotse Eine App liefert aktuelle Daten über die Luftqualität und ermittelt den saubersten Weg durch die Stadt Luftverschmutzung ist und bleibt eine sollte die Nutzer über die aktuelle Luft- Außerdem kann die App einen persön- Realität in der Stadt. Ziel einer nachhal- qualität in der Umgebung informieren. lichen CO₂-Fußabdruck abbilden. Die tigen Verkehrspolitik muss sein, sie zu Folgen des eigenen Verkehrsverhaltens verringern – und ihr möglichst zu ent- werden auf diese Weise plastisch. gehen. Dabei soll der „Luftlotse – der saubere Weg durch die Stadt“ helfen. Das ist eine von Green City eigens für Die App Nach geplanter Weiterentwicklung er- möglicht der Luftlotse die Reisewege das Reallabor entwickelte App mit zwei plant die der Nutzerinnen und Nutzer mit ver- zentralen Funktionen. schiedenen Verkehrsmitteln zu planen. Reisewege Die App soll über Schnittstellen Zugang Die App ist einerseits verbunden mit zu Sharing-Anbietern sowie zum öffent- einem Netz von Messstationen im Li- lichen Nahverkehr bieten. ving Lab, die aktuelle Daten über die Luftqualität liefern. Die Messgeräte Die Daten fließen dabei aber auch in die Die Routenplanungsfunktion wurde im wurden vom Münchner Start-Up Ha- Routing-Funktion der App ein. Das be- Living Lab erprobt. Bei entsprechen- wa-Dawa entwickelt und auf Flächen deutet: Die Nutzer können ihren Weg dem Ausbau der Messinfrastruktur von Privathaushalten im Reallabor in- von A nach B so planen, dass er oder sie kann der Wirkungsbereich der App er- stalliert. Feinstaub, CO₂, Stickoxid, den akuten Belastungen entgeht. Emp- weitert werden. Die App greift dabei auf Kohlenmonoxid wurden analysiert. Ein fohlen werden aufgrund der Datenlage Messdaten des Bayerischen Landes- schneller Blick auf das Smartphone Alternativen für Fuß- oder Radwege. amtes für Umwelt zurück. 26 27
Concierge Heimat Weniger blockierte Straßen, weniger Emissionen – Domagk- das wollte man mit einem Quartiersladen erreichen park Ein Ort, an dem man seine Pakete ab- Handwerker-Aufträge, Reinigungs- und werk. Im Praxistest stieß die Maßnah- holen kann, zugleich eine Anlaufstelle Putzdienste et cetera. Außerdem war me allerdings auf einige unerwartete Maria Knorre für Handwerker-Aufträge und Service- eine Verteilerstation für Pakete und Schwierigkeiten. Diensteistungen – die Idee klingt beste- Päckchen vorgesehen, an der die Liefer- hat den Aufbau chend und attraktiv. Mit der Maßnahme „Concierge“ im Reallabor Domagkpark Vor allem die Zulieferer wollten ihre Pa- kete auch auf der letzten Meile nur un- des neuen Vier- wurde die Praxistauglichkeit des Plans gern aus der Hand geben. Außerdem tels von Anfang an Ort und Stelle überprüft. Erkenntnisse stauten sich in den Quartiersläden im- mer wieder viele Pakete, die nicht zuge- an begleitet Ziel der Maßnahme war einerseits, den für die stellt werden konnten oder nicht abge- stets wachsenden Lieferverkehr in das holt wurden. Stadtquartier einzudämmen: Weniger ganze Stadt blockierte Straßen und Gehwege, weni- Der Nachbarschaftsladen hingegen Im Domagkpark nennen sie viele nur flächen, Gemeinschaftseinrichtungen entstanden. Was war der ger Stau, weniger Emissionen. funktionierte mit einem geänderten Ge- „die Maria“. Ob jemand eine Bohrma- oder die Verkehrsführung. Das hat viele Grundgedanke? schäftsmodell zunehmend gut. Ein ab- schine ausleihen möchte oder ein Paket Vorteile gebracht. Es sollte eine richtige Quartierszentrale Zum anderen ging es um Aufbau und wagen der großen Auslieferer sämtliche gespeckter Paketshop-Service, Kaffee abgeben will – Maria Knorre hilft immer mit einer umweltfreundlichen Paketver- Ausbau sozialer Strukturen: Im Quar- online bestellten Waren abliefern und und Bio-Eisangebot, ein Ticketservice weiter. Sie arbeitet bei der Domagkpark Wie sieht es mit dem teilung werden. Das heißt, möglichst tiersladen sollten auch Dienstleistungen Lastenfahrräder diese an die Endabneh- sowie weitere Dienstleistungen machen Genossenschaft eG und kümmert sich Verkehr aus? alle Paketdienste liefern die Sendungen gebucht werden können, die es im neu- mer ausliefern sollten. Entstehen sollte den neuen Concierge zu einem belieb- – um fast alles. Auch um die Mobilität Wir haben breite Gehwege und keinen bei der Station ab und die Empfänger en Viertel nicht oder noch nicht gibt: ein Knotenpunkt für ein soziales Netz- ten Treffpunkt im Quartier. im Viertel. Pkw-Querverkehr durch das Viertel. Das holen sie selbst, oder der Concierge bringt wesentlich mehr Sicherheit und bringt sie mit dem Lastenrad. Es gibt Frau Knorre, wie lange wohnen führt zum Beispiel dazu, dass schon weniger Lieferverkehr und die Nach- Sie schon im Domagkpark? Erstklässler alleine in die Schule gehen barn treffen sich. Seit März 2016. Von Anfang an hat mir können. Außerdem gibt es drei Sha- gefallen, dass ich an der Entwicklung ring-Stationen, bei denen man verschie- Gute Idee, aber es hat dieses Stadtviertels mitarbeiten kann. dene Fahrzeuge ausleihen kann, vom nicht richtig funktioniert. Zunächst in der Planungsphase bei der E-Lasten-Bike bis zum normalen Auto. Was war das Problem? Bürgerbeteiligung, die letzten vier Jahre Manche Paketdienstleister wollten habe ich dann bei der Domagkpark Ge- Wie kommt das an bei den Leuten auch auf der letzten Meile nicht auf ih- nossenschaft zwei Projekte im Rahmen im Viertel? ren exklusiven Vertriebsweg verzichten. von CIVITAS ECCENTRIC geleitet. Unsere Nutzung hier ist höher als beim Mit Konkurrenten in einer gemeinsa- Durchschnitt in München. Wobei man men Anlaufstelle, das war für diese An- Welche Projekte waren das? natürlich zugeben muss, dass der Ver- bieter schwierig. Außerdem ist das un- Das erste war der Aufbau einer Quar- kehr nicht reduziert wird, wenn ich statt endlich aufwändig in der Abwicklung: tiers-Webseite, auf der möglichst viele mit dem eigenen Auto mit dem Leihauto Der Empfänger ist nicht da, das Paket Informationen über das Viertel angebo- zum Flughafen fahre. Aber vielleicht muss zurückgeschickt werden, an ten werden. Das zweite Projekt war der macht dieses Angebot auf Dauer das manchen Tagen kommen so viele Sen- Aufbau einer Concierge-Station, also eigene Auto überflüssig. dungen an, dass man nicht weiß, wohin einer Quartierszentrale mit Schwer- damit. Obwohl die Anwohner das Pro- punkt Logistik. Hat das Projekt CIVITAS ECCENTRIC jekt gut angenommen haben, mussten München das Stadtviertel nach wir es nach zwei Jahren aus finanziellen Was ist das Besondere am vorne gebracht? Gründen stoppen. Es wird aber in klei- Domagkpark, wie unterscheidet Das kann man schon sagen. Es hat uns nerer Form mit nur einem Paketdienst- er sich von anderen Stadtteilen? die Aufmerksamkeit der städtischen leister weitergeführt. Ein wichtiger Unterschied ist, dass er Referate gebracht. Auch die finanzielle komplett auf städtischem Grund errich- Unterstützung war hilfreich. Die Mobili- Gibt es im Domagkpark so tet wurde. Das heißt, die Stadt hat viel tätsstationen sind ein echter Gewinn. etwas wie ein Heimatgefühl? mehr Einflussmöglichkeiten als bei pri- Die bleiben uns hoffentlich auch nach Potential dafür gibt es. Die Fluktuation vaten Bauprojekten. Zum Beispiel hat dem Ende des EU-Projekts erhalten. ist sehr gering, die Menschen wohnen sie den Investoren klare Vorgaben ge- gerne hier. Und ein Kind, das hier auf- macht. Da ging es um die Zusammen- Im Rahmen von CIVITAS ECCENTRIC wächst, sagt später vielleicht mal: Ich setzung der Bewohnerschaft, um Grün- ist auch die Concierge-Station bin vom Domagkpark. 28 29
Sie können auch lesen