Das Magazin des Difu 1/2023

Die Seite wird erstellt Nicklas Stahl
 
WEITER LESEN
Das Magazin des Difu 1/2023
1/2023

Das Magazin des Difu

		Aus dem Inhalt

 4   Standpunkt
     Fachkräftemangel in der
     Kinder- und Jugendhilfe –
     Impulse zum Umdenken

 8 Forschung & Publikationen
		 Bauland mobilisieren und
   durch Bodenpolitik
   Wohnraum schaffen

21 Neue Projekte
		 Hitzeaktionspläne in der
   Praxis

26 Veranstaltungen
		 Stadt am Fluss – Wasser in
   der Stadt
Das Magazin des Difu 1/2023
Editorial                                  22 Nachhaltige Mobilität fördern
                                           22 Indikatoren für urbane Mobilität
Standpunkt                                 23 Chancen der Kreislaufstadt
4 Fachkräftemangel in der Kinder- und     23 Velo-city Leipzig 2023
    Jugendhilfe – Impulse zum Umdenken
                                           Veranstaltungen
Forschung & Publikationen                  24 Veranstaltungsvorschau
6 Wie Kommunen mit Baugeboten den         26 Stadt am Fluss – mehr Lebensqualität
    Wohnungsbau voranbringen können            durch Wasserlagen in der Stadt
7 Neue Instrumente zur Schaffung von      27 Zusammen ist man weniger allein:
    Wohnbauland                                Interkommunale Kooperation
8 Bauland mobilisieren und durch          28 Richtwerte für öffentliches Grün:
    Bodenpolitik Wohnraum schaffen             Weiterentwicklung erforderlich
9 Mobilität, Flächen und Bauen neu        29 Jugendämter als lernende Organisation
    denken und gemeinsam qualifizieren     31 Nutzungsansprüche und Konflikte an
11 Wie Städte gesünder werden können:         der Bordsteinkante
    Empfehlungen für die Praxis
12 Abbau von Investitionshemmnissen –     Nachrichten & Service
    auch in angespannten Zeiten            16 Was ist eigentlich Baugebot?
13 #Klimahacks-Update: Zehn Schritte zu   17 Veröffentlichungsüberblick
    mehr Klimaschutz in Kommunen           19 Difu-Service für Zuwender
14 Moderne Stadtgeschichte: Städte im     20 Difu-Informationsangebote/
    Russländischen Imperium vor 1800           Impressum
15 Integrationsmonitoring: Wie gelingt    32 Difu-Intern: Abschied und Neubeginn
    Integration in der Kommune?            33 Difu aktiv
                                           34 Neues im Inter-/Extranet des Difu
Neue Projekte                              35 Difu-Presseresonanz
21 Städtebaurecht vor großer Novelle
21 Hitzeaktionspläne in der Praxis
Das Magazin des Difu 1/2023
Editorial

             Liebe Leserin, lieber Leser,

             was ist das größte Risiko für den Standort Deutschland? Woran scheitert in einigen Verwaltungen
             ein ordnungsgemäßer Vollzug? Oder in Bezug auf die Kommunen: Was steht einem Ausbau von
             Kindertagesstätten oder kleineren Gruppen in Kitas im Wege? Was ist das größte nicht-monetäre
Foto: Difu

             Investitionshemmnis, das einer Schließung der kommunalen Investitionslücke entgegensteht? Die
             häufigste Antwort ist derzeit in allen Fällen der Fachkräftemangel.

             Das Problem ist riesig und die Empfehlungen sind ausgesprochen vielfältig: Längere Lebens- oder
             Wochenarbeitszeit, Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen durch Equal Pay und die Ab-
             schaffung des Ehegattensplittings, mehr qualifizierte Zuwanderung oder eine höhere Innovations-
             geschwindigkeit bei der Digitalisierung.

             Meine Kolleg*innen Dr. Thomas Franke, Dr. Beate Hollbach-Grömig und Kerstin Landua haben –
             jenseits der „großen Lösungen“ für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe im Standpunkt dieses
             Berichte-Heftes etwas genauer hingeschaut: Was ist in der Vergangenheit gut, was schlecht gelau-
             fen und was muss getan werden, damit die Kinder- und Jugendhilfe auch zukünftig handlungsfähig
             bleibt?

             Fachkräfte sucht auch das Difu, und zwar ziemlich genau seit 50 Jahren. 1973 wurde das Institut
             auf Initiative von Mitgliedsstädten des Deutschen Städtetages gegründet. Heute arbeiten rund 200
             Kolleg*innen an unseren Standorten in Berlin und Köln. Wir sind stolz darauf und freuen uns, dass
             unsere Arbeit bei den Kommunen und unseren Auftraggebern so viel Wertschätzung erfährt. Im
             Herbst werden wir unser Jubiläum feiern und im Laufe des Jahres im Berichte-Magazin ein wenig
             über uns erzählen

             Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!

             Prof. Dr. Carsten Kühl
             Wissenschaftlicher Direktor, Geschäftsführer

                                                                                                                 3
Das Magazin des Difu 1/2023
Standpunkt
Berichte 1/2023

                                 Fachkräftemangel in der Kinder- und
                                 Jugendhilfe – Impulse zum Umdenken
                                 Die Kinder- und Jugendhilfe muss handlungsfähig bleiben, Kinderschutz als vorrangige
                                 Aufgabe gewährleisten und Zukunftsaufgaben qualitativ und quantitativ gut integrieren.
                                 Dafür ist ausreichend Fachpersonal dringend notwendig.

                                 In den Kommunen zeigt sich seit einigen Jahren,      Anforderungen weiterhin zuverlässig und quali-
                                 dass neue Fachkräfte vielerorts nur noch schwer      tätsgerecht zu bewältigen und erzieherische/so-
                                 zu finden sind, da zwischen wachsendem Bedarf        zialpädagogische Berufe insgesamt attraktiver zu
                                 und Arbeitskräfteangebot eine immer größer wer-      machen. Dazu müssen auf Bundes- und Länder-
                                 dende Lücke klafft. Öffentliche und freie Träger     ebene vor allem gesetzliche Rahmenbedingungen
                                 der Kinder- und Jugendhilfe sowie Fachverbände       geändert werden. Und in den Kommunen geht
                                 formulieren die Sorge, aktuelle (Basis-)Aufgaben     es vor allem darum, flexibel auf die Situation zu
                                 nicht (mehr) adäquat erfüllen zu können, so z. B.    reagieren. Hierzu gibt es bereits gute Praxiserfah-
                                 im Kinderschutz oder bei der Aufrechterhaltung       rungen, kreative und pragmatische Vorschläge,
                                 anderer stationärer Angebote und Einrichtungen.      innovative Herangehensweisen und fachpolitische
                                 Hinzu kommt, dass mit dem Inkrafttreten des          Forderungen.
                                 Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) im
                                 Jahr 2021 neu hinzugekommene Aufgaben in ver-        Das Difu unterstützt diesen fachlichen Diskurs.
                                 schiedenen Handlungsfeldern sofort umzusetzen        Die Kommunen und das Difu haben insbesondere
                                 sind. Zunehmend Sorgen bereiten der Praxis wei-      den Bund und die Länder immer wieder auf limi-
                                 tere Herausforderungen: die Berücksichtigung von     tierende Rahmenbedingungen und die Haupt-
                                 Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigun-        ursachen für alle Probleme rund um das Thema
                                 gen im SGB VIII, die steigende Zuwanderung von       Fachkräftemangel hingewiesen: das Fachkräf-
                                 unbegleiteten minderjährigen Ausländer*innen         tegebot, unterschiedliche Fachkräftelisten der
                                 (UMA) sowie die geplante Einführung eines An-        Länder, das Tarifrecht, Ausbildungscurricula sowie
                                 spruchs auf Ganztagsbetreuung. Mit den derzeit       eine zu geringe Zahl an Studienplätzen. Da die
                                 vorhandenen Fachkräften können diese Aufgaben        Fachkräftenachfrage seit vielen Jahren die Kapa-
                                 kaum noch bewältigt werden – weder quantitativ       zitäten von Ausbildungseinrichtungen übersteigt,
                                 noch qualitativ.                                     sollten diese insgesamt, vor allem aber bei dualen
                                                                                      Studienplätzen, erhöht werden. Verfahren zur
                                 Zwar hat sich die Zahl der Fachkräfte im sozialen    Anerkennung ausländischer Abschlüsse müssen
                                 Bereich seit 2006 verdoppelt, dennoch deckt das      beschleunigt und entbürokratisiert werden.
                                 Angebot nicht den Bedarf. Zu den Ursachen ge-
                                 hört steigender Personalbedarf, beispielsweise       Initiativen und Programme auf Bundesebene
                                 durch Anforderungen schulischer Ganztagsbe-          zur Fachkräftegewinnung sind ein Schritt in die
                                 treuung und Qualitätsverbesserungen in der Kin-      richtige Richtung – allerdings wurden diese Ak-
                                 derbetreuung. Erschwerend kommen teils wenig         tivitäten nicht verstetigt. Große Resonanz erfuhr
                                 belastbare Prognosen hinzu: Zwar liegt für die       das Bundesprogramm Fachkräfteoffensive (2019-
                   Fotos: Difu

                                 Beschäftigtensituation im Bereich der Kita-Be-       2022) des Bundesministerium für Familie, Seni-
                                 treuung gutes Zahlenmaterial vor, im Bereich der     oren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), in dessen
                                 stationären Hilfen, im Allgemeinen Sozialen Dienst   Mittelpunkt unter anderem die praxisintegrierte
                                 (ASD) der Jugendämter sowie mit Blick auf den        vergütete Ausbildung zum/zur Erzieher*in stand.
                                 Fachkräftenachwuchs in Ausbildung sieht dies         Derartige Förderprogramme sollten weitergeführt
                                 aber anders aus. Hier gibt es keine bundesweit       und mit Blick auf die geforderte Qualifikation
Dr. Thomas Franke                belastbaren Daten, die Prognosen und damit eine      der Mitarbeitenden flexibilisiert werden. Erfolg-
+49 30 39001-107                 fundierte Personalbemessung ermöglichen. Der         reiche Module dieses Programms, wie z. B. die
franke@difu.de                   sich beschleunigende Generationenwechsel ver-        praxisintegrierte Ausbildung zur Erzieher*in län-
                                 schärft die Probleme zusätzlich.                     derspezifisch neu aufzulegen, wäre eine wichtige
Dr.
                                                                                      Option zur Fachkräftegewinnung. Auch sollte
Beate Hollbach-Grömig
                                 Verbesserungen sind also auf mehreren Ebenen         die Ausbildung von Erzieher*innen im Sinne der
+49 30 39001-293
hollbach-groemig@difu.de
                                 von Nöten. Es sind wirksame Strategien und           gemeinsamen Stellungnahme von ver.di und den
                                 Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung in der             kommunalen Spitzenverbänden aus dem Jahr
Kerstin Landua                   Kinder- und Jugendhilfe erforderlich – hierüber      2021 neu geordnet werden. Kernpunkte sind eine
+49 30 39001-135                 besteht auf den Ebenen von Bund, Ländern und         Ausbildungsvergütung und eine umfassendere
landua@difu.de                   Kommunen Konsens. Es geht darum, fachliche           Praxisanleitung während der Ausbildung.

4
Das Magazin des Difu 1/2023
Standpunkt
                                                                                                                         Berichte 1/2023

                                                                                                                                           Foto: Adobe Stock, dusanpetkovic1
                             Als größte Hürde für einen flexibleren Umgang           eröffnen sich Handlungsspielräume für Kommu-
                             mit der Herausforderung Fachkräftemangel neh-           nen, das Feld in Frage kommender Mitarbeiter*in-
                             men die Kommunen das Tarifrecht wahr, trotz der         nen über „übliche“ Professionen wie Sozialarbeit
                             Möglichkeiten einer „weiten“ Interpretation der         oder Sozialpädagogik hinaus auszudehnen. Eine
                             Grundlagen für Eingruppierungen. Mit Blick auf          hohe Fachlichkeit ist wichtig. Es sollte bei der
                             die zunehmende Vielfalt unterschiedlicher Fach-         aktuellen Notlage aber vorrangig darum gehen,
                             kräfte in einer inklusiv ausgerichteten Kinder- und     zu definieren, welche Kompetenzen in welchen
                             Jugendhilfe ist zu überlegen, nicht die Ausbildung,     Einrichtungen gebraucht werden, ohne Standards
                             sondern die Tätigkeit zur Grundlage der Bezah-          abzusenken und gleichzeitig ohne auf „Fachlich-
                             lung zu machen. In der Praxis gibt es freie Träger,     keit“ aus Prinzip zu beharren. Es geht um stärker
                             die dies bereits erfolgreich umsetzen. Nur so           inhaltlich statt formal definierte Aufgabenprofile
                             können auch geeignete „Quereinsteiger*innen“            und das Arbeiten in multiprofessionellen Teams.
                             zur Überwindung des Fachkräftemangels ins Spiel         Genutzt werden kann auch § 72 SGB VIII, der
                             kommen. Auch mehr und finanzierte Nachqualifi-          persönliche Eignung, fachliche Qualifizierung,
                             zierungskonzepte für soziale Arbeit und berufsbe-       Fortbildung und Praxiserfahrung als Vorausset-
                             gleitende Weiterbildungsangebote könnten helfen.        zungen für soziale Arbeit nennt: Die „persönliche
                                                                                     Eignung“ (unabhängig vom Abschluss) sollte als
                             Es gilt, insgesamt Anpassungen vorzunehmen,             Kriterium für eine Stellenbesetzung viel stärker
                             auf deren Grundlage die benötigten (Fach-)Kräfte        berücksichtigt werden.
                             leistungsgerecht entlohnt werden können. Dies
                             ist eine Forderung an den Gesetzgeber und die           Unabhängig davon, wie die Bundes- und Länder-
                             Tarifpartner – auch als wichtiger Schritt in Rich-      ebene mit den Forderungen umgehen, beschrei-
                             tung gesellschaftlicher Anerkennung der Relevanz        ten viele Kommunen innerhalb der vorhandenen
zum Weiterlesen              sozialer Arbeit und deren Wertschätzung. Diskus-        Rahmenbedingungen bereits Wege, um schnell
                             sionen über die Bezahlung von Mitarbeitenden in         und flexibel mit dem drängenden Problem um-
                             sozialen Berufen haben in den letzten drei Jahren       zugehen. Dazu gehört die eigene Ausbildung von
Konzept für Quereinsteiger
der Senatsverwaltung         vor allem im Zusammenhang mit der Corona-Pan-           Fachkräften, die erfahrungsgemäß eine hohe Bin-
Berlin:                      demie deutlich zugenommen – Überlegungen,               dungswirkung entfaltet. Auch unbefristete Stellen-
    www.t1p.de/nhsut         dieses Berufsfeld u. a. über Vertragsgestaltungen       ausschreibungen, kommunale Fort- und Weiter-
                             attraktiver machen zu müssen, gelten auch für           bildungsangebote für soziale Berufe sowie flexible
Neuordnung Erzieher*in-      Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe.                 Arbeitszeitmodelle gehören zum Angebotsport-
nennausbildung:                                                                      folio von Kommunen als Arbeitgeberinnen. Diese
   www.t1p.de/l5qi4          Das Fachkräftegebot ist eine weitere übergeord-         Anstrengungen sollten ausgeweitet und im Sinne
                             nete Rahmenbedingung, mit der Kommunen um-              von Erfahrungstransfers ausgebreitet werden,
Personal im Jugendamt –      gehen müssen, wenn sie ihren Personalbedarf de-         wozu auch das Difu einen Beitrag leistet.
Personal gewinnen und
                             cken wollen. In der juristischen Auslegung gilt es
binden
                             nur für die öffentliche Jugendhilfe. Bei freien Trä-    Gleichwohl bleibt die Forderung nach veränderten
    www.t1p.de/mzepa
                             gern gibt es dagegen weder im Hinblick auf das          Rahmenbedingungen in höchstem Maße beste-
Präsentation von Prof. Dr.   Betriebserlaubnisrecht noch das Vertragsrecht           hen, damit die kommunale Situation nicht als
Jan Kepert beim Difu-Semi-   ein zwingendes Fachkräftegebot. Wer „Fachkraft“         dauerhaftes „Not-Provisorium“ zwangsverstetigt
nar am 12./13.12.2022        ist, wurde im Gesetz nicht definiert; es gibt hierfür   wird. Dies hätten unsere Kinder und Jugendlichen
    www.t1p.de/fwbui         also keine bundesgesetzlichen Vorgaben. Damit           wahrlich nicht verdient!

                                                                                                                                      5
Das Magazin des Difu 1/2023
Forschung & Publikationen
Berichte 1/2023

                        Wie Kommunen mit Baugeboten den
                        Wohnungsbau voranbringen können
                        Eine neue Arbeitshilfe, die das Difu im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und
                        Raumforschung (BBSR) entwickelt hat, gibt Empfehlungen, wie Kommunen das
                        Instrument des Baugebots effektiv zur Schaffung von Wohnraum nutzen können.

                        Der Wohnraummangel in Deutschland stellt                                         bebauen oder ein vorhandenes Gebäude an be-
                        Städte und Gemeinden vor sehr große Heraus-                                      stimmte Kriterien anzupassen.
                        forderungen. Es muss bei der Bewältigung dieser
                        Aufgabe jedoch nicht immer nur um die Schaf-                                     Bislang haben Kommunen Baugebote nur selten
                        fung neuer Baugebiete gehen. Auch innerhalb der                                  angewandt. In der Arbeitshilfe zeigt das Deutsche
                        Städte bestehen zahlreiche Möglichkeiten, den                                    Institut für Urbanistik (Difu) Wege auf, in welchen
                        dringend erforderlichen Wohnungsbau zu forcie-                                   Fällen und auf welche Weise das Baugebot einen
                        ren. So gibt es viele Baulücken, Brachflächen oder                               Beitrag zur Schaffung von Wohnraum leisten
                                                                                                         kann.

                                                                                                         Viele Städte scheuen den vermeintlich hohen
                                                                                                         Verwaltungsaufwand bei der Aktivierung unge-
                                                                                                         nutzter Baulücken für den Wohnungsbau. Bei der
                                                                                                         Entwicklung der Arbeitshilfe ging es dem Difu
                                                                                                         daher darum, Wege für ein effizientes und zu-
                                                                                                         gleich rechtssicheres Vorgehen aufzuzeigen. Um
                                                                                                         den Wohnungsbau auszuweiten, sollten Städte
                                                                                                         und Gemeinden alle Möglichkeiten nutzen, die
                                                                                                         vorhandenen Baurechte zu aktivieren. Sie sollten
                                                                                                         auf diejenigen zugehen, die nicht von sich aus ihre
                                                                                                         Grundstücke bebauen oder an Bauwillige veräu-
                                                                                                         ßern. Es gilt, alle Möglichkeiten auszuschöpfen,
                                                                                                         die das Baurecht den Kommunen an die Hand
                                                                                                         gibt. Das heißt auch, bei dringendem Bedarf Bau-
                                                                                                         gebote auszusprechen, um mehr bezahlbare Woh-
                                                                                                         nungen zu schaffen. Und dazu kann die Arbeits-
                                                                                                         hilfe einen Beitrag leisten, indem sie die teilweise
                                                                                                         bestehenden Unsicherheiten in der Anwendung
                                                                                                         dieses Instruments zu überwinden hilft.
                                                                             Foto: Sybille Wenke-Thiem

                                                                                                         Häufig reicht es bereits aus, die Option „Bauge-
                                                                                                         bot“ im Umgang mit Eigentümerinnen und Ei-
                                                                                                         gentümern von Grundstücken zu kommunizieren.
                                                                                                         Erfolgreich sind laut Difu-Arbeitshilfe Strategien,
                                                                                                         die über den Einzelfall hinaus vorhandene Poten-
                                                                                                         ziale identifizieren, Schwerpunkte setzen und
                        Baugrundstücke, die derzeit nur als Parkplätze                                   diese durch ein gestuftes – informelle und for-
                        oder auf sonstige Weise nicht effektiv genutzt                                   melle Handlungsoptionen nutzendes – Vorgehen
                        werden. Diese Potenziale müssen gehoben wer-                                     systematisch erschließen. Die Publikation zeigt
www.difu.de/17735       den, um schnell und ohne aufwändige Planungs-                                    darüber hinaus, was zur rechtssicheren Anwen-
                        verfahren neue Wohnungen bauen zu können.                                        dung des Baugebots erforderlich ist.
                        Städte und Gemeinden sind gefordert, zunächst
                        mit Kooperations- und Unterstützungsangeboten,                                   Die Arbeitshilfe stützt sich auf eine Studie, die
Prof. Dr. Arno Bunzel
                        notfalls aber auch unter Einsatz eines Baugebots                                 das Difu nach Abschluss der Baulandkommission
+49 30 39001-238
                        dem Wohnungsmangel entgegenzuwirken.                                             im Jahre 2019 im Auftrag des BBSR 2020 und
bunzel@difu.de
                        Das Aussprechen eines Baugebots (siehe hierzu                                    2021 umgesetzt hatte. In der Studie erarbeitete
Dipl.-Ing.              auch Seite 16) ermöglicht es den Gemeinden, die                                  das Forschungsteam konkrete Lösungswege, wie
Daniela Michalski       Eigentümer*innen durch Bescheid zu verpflichten,                                 Städte und Gemeinden das Baugebot rechtssi-
+49 30 39001-270        innerhalb einer Frist ihr Grundstück entsprechend                                cher, wirkungsvoll und unter effizientem Einsatz
michalski@difu.de       den Festsetzungen des Bebauungsplans zu                                          von Ressourcen anwenden können.

6
Das Magazin des Difu 1/2023
Forschung & Publikationen
                                                                                                                 Berichte 1/2023

                        Neue Instrumente zur Schaffung von
                        Wohnbauland
                        Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) hat eine Handreichung entwickelt, die
                        Kommunen bei der Anwendung von Instrumenten der Baulandmobilisierung mit
                        praxisorientierten Tipps und Impulsen unterstützt.

                        Die Schaffung bezahlbaren Wohnraums und die          vorhandenen Flächenreserven bzw. -potenziale
                        dafür oft erforderliche Entwicklung von Bauland      wirkungsvoll zu erschließen. Gerade bei kleinteili-
                        sind besondere Herausforderungen unserer Zeit.       geren Potenzialen ist die Aktivierung durch kom-
                        Auch wenn die Antwort auf den drängenden Be-         munales Handeln eine große Herausforderung
                        darf an bezahlbarem Wohnraum nicht allein im         und wird angesichts beschränkter Personalres-
                        Neubau liegt, besteht doch breiter Konsens, dass     sourcen nicht immer mit dem Nachdruck verfolgt,
                        es ohne eine massive Steigerung des Wohnungs-        der möglich wäre. Die Publikation nimmt insbe-
                        neubaus nicht gehen wird. Es gilt, vorhandene        sondere die durch das Baulandmobilisierungsge-
                        städtebaurechtliche Instrumente zu nutzen, um        setz 2021 neu hinzugekommenen Gestaltungsop-
                        den Wohnungsbau zu forcieren. Dies ist bei den       tionen in den Blick. Thematisiert wird das neu in
                        neu durch den Gesetzgeber ergänzten Instru-          § 176a BauGB geregelte Innenentwicklungskon-
                        menten nicht selbstverständlich, denn für die        zept. Hierzu werden Anwendungsbespiele mit un-
                        Einarbeitung in das neue Recht fehlt in der Praxis   terschiedlichen Schwerpunktsetzungen erläutert.
                        angesichts des enormen Handlungsdrucks oft           Ein Kapitel widmet sich auch den Möglichkeiten
                        die Zeit. Um den Einstieg in die neuen städtebau-
                        rechtlichen Gestaltungsoptionen für die Handeln-
                        den in den Kommunalverwaltungen zu erleichtern,
                        hat das Difu eine Handreichung vorgelegt, mit der
                        anhand konkreter Anwendungsfälle Anstöße und
                        Orientierung für die Anwendung dieser Instru-

                                                                                                                                   Foto: Adobe Stock, photo 5000
                        mente gegeben werden. Ermöglicht wurde dies im
                        Rahmen einer Zuwendung des Bundesinstituts für
                        Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt
                        für Bauwesen und Raumordnung (BBSR).

                        Die Handreichung ist in zwei Handlungsbereiche
                        gegliedert: Zum einen geht es um Erleichterun-
                        gen bei Bebauungsplänen zur Schaffung von
                        Wohnraum, zum anderen um die Mobilisierung           zur Nutzung des gemeindlichen Vorkaufsrechts,
                        und Aktivierung von Baurechten. Im ersten Hand-      das ebenfalls in verschiedener Hinsicht erweitert
                        lungsbereich wird insbesondere der neue sek-         wurde. Auch die 2021 vorgenommenen Modifi-
                        torale Bebauungsplan nach § 9 Abs. 2d BauGB          zierungen bei der Regelung zum Baugebot geben
                        behandelt und anhand von drei Anwendungsfällen       Anlass, dieses Instrument hier aufzurufen. Dabei
                        erläutert. Daneben werden die neuen Gebietska-       konnte auf Empfehlungen zurückgegriffen werden,
                        tegorien in der Baunutzungsverordnung „Urbanes       die im Rahmen einer vom BBSR in Auftrag gege-
                        Gebiet“ und „Dörfliches Wohngebiet“ aufgerufen,      benen und vom Difu bearbeiteten Untersuchung
                        da diese Gebietstypen neue Möglichkeiten eröff-      gewonnen wurden. Schließlich stehen auch die
                        nen bzw. erweitern, Wohnungsbau bei teilweise        Erleichterungen bei den Anforderungen, die an die
                        urbaner oder dörflicher Nutzung zu realisieren.      Zulassung von Wohnungsbauvorhaben im Wege
www.difu.de/17766       Schließlich bieten auch die Änderungen in § 17       der Befreiung eingeführt wurden, im Fokus. Die
                        BauNVO neue Gestaltungsoptionen und erleich-         neuen Handlungserfordernisse sind teils nur in
                        tert die Realisierung städtebaulich vertretbarer     Gebieten anwendbar, die durch Rechtsverordnung
                        höherer Dichten, als sie von der BauNVO nun als      der Bundesländer als Gebiete mit angespann-
Prof. Dr. Arno Bunzel
                        Orientierungswert für den Standardfall vorgeben      tem Wohnungsmarkt bestimmt wurden (§ 201a
+49 30 39001-238
                        werden. § 13b BauGB wird nicht behandelt, da die     BauGB), oder sie sind nur befristet eingeführt. Die
bunzel@difu.de
                        nur befristet geltende Vorschrift nach dem Willen    Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag
Magnus Krusenotto,      der Bundesregierung nicht fortgelten soll.           verständigten sich im Koalitionsvertrag darauf, die
Ass.iur.                                                                     Regelungen zu entfristen. Daher ist der Einsatz der
+49 30 39001-157        Der zweite Handlungsbereich bezieht sich auf         Instrumente eine Chance, die Anwendungspraxis
krusenotto@difu.de      die wichtige Aufgabe, die im Siedlungsbestand        auch auf längere Sicht entsprechend zu erweitern.

                                                                                                                              7
Das Magazin des Difu 1/2023
Forschung & Publikationen
Berichte 1/2023

                        Bauland mobilisieren und durch
                        Bodenpolitik Wohnraum schaffen
                        Eine neue Difu-Studie zeigt, dass Kommunen zunehmend städtebaurechtliche Instrumente
                        einsetzen, um dem Wohnungsmangel zu begegnen. In die vom BBSR geförderte Studie
                        bezog das Institut 16 Fallstudienstädte ein und führte eine Kommunalbefragung durch.

                        Wie knapp ist Bauland in deutschen Städten? Wie                                 Aufgrund dieser Erfahrungen sollten Städte sich
                        viele Kommunen verkaufen ihre Flächen noch zu                                   proaktiv mit der Veränderung von Nutzungen und
                        Höchstpreisen? Wie haben sich die Baulandpreise                                 ihren Stadtstrukturen auseinandersetzen. Es gilt,
                        verändert? Diese und viele weitere Fragen beant-                                frühzeitig Zugriffsoptionen auf Flächen zu planen,
                        wortet die neue Studie „Praxis der kommunalen                                   um diese nicht dem freien Spiel der Märkte zu
                        Baulandmobilisierung und Bodenpolitik“, die das                                 überlassen. Erfahrungsgemäß ist es deutlich
                        Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) für das Bun-                            schwieriger, langwieriger und auch unsicherer,
                        desinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung                                  den Zielen der Kommunen auf den Flächen priva-
                        (BBSR) erarbeitet hat.                                                          ter Akteure – langfristig – Geltung zu verschaffen.
                                                                                                        Beispiele einer solchen Bodenpolitik sind bereits
                                                                                                        in vielen Kommunen zu finden – das Bewusstsein
                                                                                                        ist in den vergangenen Jahren gewachsen.

                                                                                                        Damit aktive Bodenpolitik gelingt, sind laut Studie
                                                                                                        vor allem drei Ebenen von Bedeutung:

                                                                                                        • Vorbereitung: Konsenserzielung innerhalb der
                                                                                                          Verwaltungsressorts und im politischen Raum.
                                                                                                        • Regelwerk: Ableitung eines lokal spezifischen
                                                                                Foto: Ricarda Pätzold

                                                                                                          Handlungsrahmens (Instrumenteneinsatz) und
                                                                                                          Definition grundsätzlicher Verfahrensabläufe.
                                                                                                        • Umsetzung und Monitoring: Klärung von Zu-
                                                                                                          ständigkeiten, Zusammenarbeitsstrukturen und
                                                                                                          Abläufen sowie Verfahren der Beschlusskont-
                        Treiber des aktuellen Interesses am Boden ist                                     rolle respektive Nachsteuerung.
                        meist der Nachfragedruck am Wohnungsmarkt.
                        Aber auch die Wachstumsstrategien von weniger                                   Kommunen sind die Hauptakteure, wenn es um
                        prosperierenden Kommunen setzen auf die Aus-                                    die Bereitstellung von Flächen für die Daseinsvor-
                        weisung von Bauland. Damit sind alle Regionen                                   sorge, als Wohnbauland oder für die Anpassung
                        mit der Herausforderung konfrontiert, Bauen zu                                  an den Klimawandel geht. Insbesondere in wach-
                        ermöglichen und Flächen zu sparen. Die Sensibi-                                 senden Städten zeichnen sich ein zunehmender
                        lität für die „Grenzen des Wachstums“ ist in pros-                              bodenpolitischer Handlungsbedarf und zugleich
                        perierenden Regionen höher, denn dort ist der                                   ein erhebliches Vollzugsdefizit ab. Die Studie
                        Verdichtungsdruck zu spüren und es werden Flä-                                  schließt eine Lücke, denn bislang gab es keinen
www.difu.de/17796
                        chen entwickelt, die vor Jahren noch als ungeeig-                               bundesweiten Überblick über die Anwendung bo-
                        net für den Wohnungsbau galten.                                                 denpolitischer Instrumente. Es geht nicht darum,
                                                                                                        den „richtigen“ Weg zu zeigen, denn die jeweilige
                        In der Langzeitbetrachtung wird allerdings deut-                                bodenpolitische Praxis der Kommunen formt sich
Dipl.-Ing.              lich, dass es sich bei der Bewertung von Flächen-                               aus Traditionen und der Suche nach passgenauen
Ricarda Pätzold         verfügbarkeit und Flächenreserven immer nur um                                  Lösungen für aktuelle Herausforderungen. Die Pu-
+49 30 39001-190        eine Momentaufnahme handeln kann. Es ergeben                                    blikation soll vielmehr verdeutlichen, dass und wie
paetzold@difu.de        sich immer wieder neue Gestaltungsoptionen,                                     sich eine Vielzahl von Kommunen bereits auf den
                        allein weil die räumlichen Nutzungsansprüche                                    Weg gemacht hat, mit einer aktiven Bodenpolitik
Dipl.-Ing.
                        der Akteure einem Wandel unterliegen. Blickt                                    Gestaltungsoptionen für die Zukunft zu gewinnen.
Franciska Frölich
                        man zurück, wurden die Städte immer wieder von                                  Für diese Langzeitaufgabe braucht es einen lan-
+49 30 39001-245
froelich@difu.de
                        Konversionsprozessen überrascht. Insbesondere                                   gen Atem, einen politischen Konsens, finanzielle
                        der Abzug der allliierten Streitkräfte – und parallel                           Spielräume, instrumentelle Unterstützung, per-
Prof. Dr. Arno Bunzel   Veränderungen der Bundeswehr – setzten ein                                      sonelle Kompetenzen und nicht zuletzt innovative
+49 30 39001-238        enormes Flächenpotenzial frei, das zum Teil auch                                Bauherren.
bunzel@difu.de          mit Sorge betrachtet wurde.

8
Das Magazin des Difu 1/2023
Forschung & Publikationen
                                                                                                               Berichte 1/2023

                    Mobilität, Flächen und Bauen neu
                    denken und gemeinsam qualifizieren
                    Leitbild dreifache Innenentwicklung: Neues Hintergrundpapier gibt Empfehlungen für
                    eine umweltorientierte, gesundheitsfördernde und sozial gerechte Stadt- und
                    Raumentwicklung.

                    Das Leitbild der dreifachen Innenentwicklung          auszubalancierendes Feld der Stadt-
                    steht für eine gemeinsame Weiterentwicklung von       entwicklung. In diesem Spannungsfeld bilden die
                    Freiräumen, baulicher Entwicklung und Mobilität       Mobilität von Menschen und die Räume hierfür
                    in den Städten. Mit der Einbeziehung der räumli-      eine herausragende Rolle. Weniger Pkw-Verkehr
                    chen Dimension der Mobilität eröffnet das Leitbild    sowie ein attraktiver Umweltverbund mit ÖPNV
                    neue Handlungs- und Gestaltungsoptionen.              sowie gesundheitsförderndem Fuß- und Radver-
                                                                          kehr verlangen eine neue Verteilung von Flächen
                                                                          im öffentlichen Raum. So entstehen neue Räume
                                                                          für stadtverträgliche Nachverdichtung und Qualifi-
                                                                          zierung der Grün- und Freiräume.

                                                                          Weiterhin werden in der Planung die räumlichen
                                                                          Ebenen dargestellt, in denen die dreifache Innen-
                                                                          entwicklung umgesetzt werden sollte. Planungen
                                                                          und Maßnahmen sollten bereits auf der regionalen
                                                                          Ebene bzw. auf der Ebene von Verflechtungsräu-
                                                                          men beginnen. Für die konkrete Umsetzung von
                                                                          Maßnahmen ist die Quartiersebene ein bedeu-
                                                                          tender Handlungsraum, geht es doch hier um den
                                                                          (energetischen) Umbau des Bestands von Ge-
                                                                          bäuden und Infrastruktur, Nachverdichtung, woh-
                                                                          nungsnahes Grün, Flächen für Regenwasserversi-
                                                                          ckerung, Vermeidung von Hitzeinseln, individuelle
                                                                          Mobilität und Erreichbarkeit, attraktive öffentliche
                                                                          Räume und soziale Interaktionen.

                                                                          Möglich wird die Erschließung neuer Spielräume
                                                                          mit dreifacher Innenentwicklung allerdings nur mit
                    Verkehrsflächen, die bislang als graue – versie-      der besseren Verknüpfung von Landschafts-, Ver-
                    gelte – Flächenpotenziale galten, werden im Zuge      kehrs- und Stadtplanung sowie einer Stärkung der
                    der Mobilitätswende anders bzw. neu genutzt: als      Umweltbelange in der Bauleitplanung. Hierfür be-
                    Flächen für Klimaschutz und Klimaanpassung, für       darf es u.a. einer zielgerichteten Kooperation aller
                    die Bereitstellung von Erholungsflächen, für mehr     relevanten Akteure in den Kommunen. Das Um-
                    Grün, zur Förderung von Stadtnatur, für umwelt-       weltbundesamt strebt an, hierfür tragfähige An-
                    freundliche Mobilität oder als Orte für Begegnung     sätze und Vorgehensweisen weiterzuentwickeln,
                    und Kommunikation. Die damit verbundenen Ver-         z. B. im Rahmen des UBA-Eigenforschungspro-
                    besserungen der Umweltqualität und neuen Spiel-       jekts „Neues Europäisches Bauhaus weiterden-
                    räume der Raumaneignung schaffen mehr Lebens-         ken: Nachhaltige Mobilität und resiliente urbane
www.t1p.de/jk6gw    qualität für alle, die sich in der Stadt aufhalten.   Räume für mehr Lebensqualität (AdNEB)“.

                    In einer vom Difu und dem Umweltbundesamt             Das Difu hat im Rahmen des UBA-Vorhabens
                    erstellten Broschüre werden die bauliche Innen-       „Umwelt im Quartier: Fachliche Grundlagen für
Dipl.-Ing. agr.     verdichtung, die Grün- und Freiflächensicherung       eine Strategie zur kommunalen Nachhaltigkeit
Thomas Preuß
                    sowie die Mobilitätswende als die zentralen He-       und Entwicklung eines Kommunikationskonzep-
+49 30 39001-265
                    rausforderungen nachhaltiger Stadtentwicklung         tes“, das in Kooperation mit dem Institut für öko-
preuss@difu.de
                    beschrieben. Die Deckung des Wohnraumbedarfs          logische Wirtschaftsforschung GmbH (IÖW) und
Dipl.-Ing.          durch Innenentwicklung und Nachverdichtung            der Gröschel Branding GmbH durchgeführt wird,
Daniela Michalski   im Bestand sowie die Entwicklung und Qualifi-         an dem Hintergrundpapier zur dreifachen Innen­
+49 30 39001-270    zierung der urbanen grün-blauen Infrastruktur         entwicklung mitgewirkt.
michalski@difu.de   bilden angesichts des Klimawandels ein sorgfältig

                                                                                                                            9
Das Magazin des Difu 1/2023
Forschung & Publikationen
Berichte 1/2023

10
Forschung & Publikationen
                                                                                                                       Berichte 1/2023

                           Wie Städte gesünder werden können:
                           Empfehlungen für die Praxis
                           Im Auftrag des Umweltbundesamts erarbeiteten das Difu und weitere Partner die
                           Publikation „Gemeinsam planen für eine gesunde Stadt“. Sie gibt Empfehlungen, wie
                           Gesundheitsaspekte künftig adäquater in der Planung Berücksichtigung finden.

                           Die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen,           wird aufgegriffen. Zudem wird in der Publikation
                           zu erhalten und zu fördern ist nicht nur eine He-     besonders auf die Situation mehrfach belasteter
                           rausforderung für die Gesundheitsbehörden.            Gebiete und die Bedürfnisse vulnerabler Bevöl-
                           Diese Aufgaben spielen auch eine wichtige Rolle       kerungsgruppen eingegangen. Neben guten
                           in räumlichen Planungen und Konzepten, für die        Beispielen aus der Praxis in Kommunen gibt die
                           in den Kommunen eine Reihe unterschiedlicher          Publikation Tipps zu weiteren Fachveröffentli-
                           Ämter zuständig sind. In wichtigen Planungs-          chungen, in denen u.a. Planungsinstrumente
                           prozessen der Kommunen, wie der Grün- und             ausführlich beschrieben sind. Benannt werden
                           Freiraumplanung, der Lärmaktionsplanung und           außerdem notwendige Veränderungen der Rah-
                           der Stadt(entwicklungs)planung werden die ge-         menbedingungen, damit gesundheitliche Belange
                           sundheitlichen Belange der Bevölkerung jedoch         in den Kommunen stärker als bisher zum Tragen
                           bisher nicht ausreichend berücksichtigt. Dies liegt   kommen können.
                           unter anderem an der mangelnden Kooperation
                           Planender mit Akteuren des Gesundheitssektors.        Die Anregungen und Tipps sind für Mitarbeitende
                           Im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) erar-          vieler Bereiche für die praktische Arbeit hilfreich:
                           beitete das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu)   Gesundheitsämter und kommunale Ämter, die für
                           in Kooperation mit LK Argus und der Hochschule        die Themen Lärm, Grün sowie Stadtentwicklung
                           für Gesundheit Bochum eine Veröffentlichung für       bzw. Stadtplanung zuständig sind. Ebenso richtet
                           die kommunale Praxis.                                 sich die kostenfrei zum Download zur Verfügung
www.difu.de/17743                                                                stehende Veröffentlichung an gesundheitsrele-
                           Wie lassen sich gesundheitliche Belange fachlich      vante Akteure in Zivilgesellschaft, Gesundheits-
                           in die Planungen integrieren und welche Koope-        konferenzen, Verbänden, Krankenkassen sowie in
                           rationsformen in der Verwaltung und darüber           der Kommunalpolitik.
Dipl.-Ing. agr.
                           hinaus eignen sich hierfür? Die Publikation „Ge-
Thomas Preuß
+49 30 39001-265
                           meinsam planen für eine gesunde Stadt“ gibt           Die Broschüre „Gemeinsam planen für eine ge-
preuss@difu.de             praxisorientiert Empfehlungen, wie Gesundheits-       sunde Stadt – Empfehlungen für die Praxis“ wurde
                           schutz und -förderung für die Stadtbevölkerung        im Projekt „Kooperative Planungsprozesse zur
Dipl.-Ing. Christa Böhme   künftig adäquater berücksichtigt werden können.       Stärkung gesundheitlicher Belange – modellhafte
+49 30 39001-291           Auch die Frage nach den jeweils passenden Ko-         Erprobung und Entwicklung von Ansätzen zur
boehme@difu.de             operationsformen der verschiedenen Akteure            nachhaltigen Umsetzung“ erarbeitet.

                                                                                                                                   11
Forschung & Publikationen
Berichte 1/2023

                             Abbau von Investitionshemmnissen –
                             auch in angespannten Zeiten
                             Kommunen in Deutschland haben 2022 über die Hälfte aller öffentlichen Sach- und
                             Bauinvestitionen getätigt. Gleichzeitig schieben sie einen Investitionsrückstand von rund
                             159 Mrd. Euro vor sich her. Oft sind nichtmonetäre Investitionshemmnisse Ursache dafür.

                             Der Umstand steigender Investitionsrückstände         Fördernetzwerke oder Förderlotsen auf Landes-
                             trotz steigender Investitionsausgaben verweist auf    oder Landkreisebene ausgebaut werden, um
                             Herausforderungen, die nicht in erster Linie fiska-   gebündelte Beratungsangebote für Kommunen
                             lisch-haushalterischer Natur sind. Dazu zählen die    bereitzustellen. Spiegelbildlich dazu entfaltet auch
                             Kapazitätsauslastung im Baugewerbe, die defizi-       die Institutionalisierung eines zentralen Förder-
                             täre Personalsituation in den Bauverwaltungen,        mittelmanagements innerhalb der Kommunen
                             die Vielzahl an gesetzlichen Standards und admi-      po­sitive Wirkungen, da es eine Anlaufstelle für die
                             nistrativen Genehmigungsverfahren einschließlich      gesamte Verwaltung gibt.
                             des Vergaberechts sowie der öffentlichen Beteili-
                             gungsverfahren. Das Deutsche Institut für Urba-       Auch Kommunen sind gefordert: Eine effiziente
                             nistik (Difu) hat deshalb im Auftrag des Bundesmi-    und effektive Investitionspolitik erfordert eine Pro-
                             nisteriums der Finanzen – auf Basis von Interviews    fessionalisierung der Be- und Zustandserfassung
                             mit der Kommunalpraxis – Vorschläge erarbeitet,       kommunaler Infrastrukturen. Hierfür bietet sich
                             mit denen nichtmonetäre Investitionshemmnisse         eine gezieltere Nutzung der doppischen Anlagen­
                             abgebaut werden können.                               buchhaltung an. Dies erfordert eine weitere Digi-
                                                                                   talisierung. Bund und Länder könnten hierzu ein
                             Im Sinne einer Verstetigung der öffentlichen          Förderprogramm „Digitalpakt Bauverwaltung“
                             Investitionstätigkeit wäre eine Anhebung der          auflegen. Für die Priorisierung des Infrastruktur-
                             allgemeinen Finanzausstattung der Kommunen            bedarfs in den Kommunen bietet sich die Einset-
                             und eine substantielle Rückführung des unüber-        zung einer fachübergreifenden Steuerungsgruppe
                             sichtlichen Dschungels an Förderprogrammen            an, in der die Bereiche Stadtplanung, Liegen-
                             wünschenswert, auch wenn die Realisierung un-         schafts- und Gebäudemanagement, Finanzver­
                             wahrscheinlich scheint. Alternativ sollte über die    waltung sowie die jeweiligen Bedarfsträger ver-
                             Gewährung von Förderpauschalen unter Zugrun-          treten sind. Ziel ist der regelmäßige Austausch zu
                             delegung einer stärkeren Wirkungsorientierung         grundlegenden Bedarfen, möglichen Beschaf-
                             nachgedacht werden, um so den Verwaltungs-            fungsvarianten sowie personellen Ressourcen
                             aufwand und die Verwendungsnachweise zu mi-           zur Realisierung von Projekten. Dazu kann ein
                             nimieren. Dies würde es den Kommunen ermög-           standardisiertes Investitionssteuerungsverfahren
                                                                                   aufgesetzt werden, dessen Federführung z. B.
                                                                                   bei der Kämmerei liegt. So ließe sich die „Phase
                                                                                   Null“ stärken, in der alle Grundlagenplanungen
                                                                                   vor der ersten Bauphase vorgenommen werden
                                                                                   sollten, jedoch häufig wichtige Weichenstellungen
                                                                                   versäumt werden. Zur Entlastung in vergaberecht-
                                                                                   lichen Fragen ließe sich über die Einrichtung inter-
                                                                                   kommunaler Vergabestellen nachdenken.

                                                                                   Die Investitionstätigkeit wird derzeit durch galop­
                                                                                   pierende Baustoff- und Energiepreise ausge-
                                                                                   bremst, die durch die Förderprogramme von Bund
                                                                                   und Ländern nicht abgedeckt werden. Daher sollte
www.difu.de/17612            lichen, Investitionshilfen autonomer einzusetzen.     überlegt werden, ob diese Programmzuschüsse
(Der vollständige Bericht
                             Zumin­dest sollte die Entwicklung neuer Förderpro-    nicht mehr als Festkostenbeträge, sondern als
kann demnächst hier herun-
                             gramme langfristiger, stärker ebenenübergreifend,     vom-Hundert-Betrag der kommunalen Gesamt-
tergeladen werden)
                             mit größerem Vorlauf und entlang der eigentlichen     kosten gewährt werden. So würden Bund und
                             Bedarfe der Kommunen erfolgen. So sollten an          Länder Preisrisiken partiell mittragen.
                             der Formulierung von Förderzwecken auch die
Dr. Henrik Scheller          kommunalen Spitzenverbände sowie ausge-               Wichtig sind ebenenübergreifende Anstrengun-
+49 30 39001-295             wählte Kommunen mitwirken. Flankierend dazu           gen, um die Investitionstätigkeit der Kommunen
scheller@difu.de             sollten Institutionen wie Kommunal-Agenturen,         nicht weiter auszubremsen.

12
Forschung & Publikationen
                                                                                                               Berichte 1/2023

                    #Klimahacks-Update: Zehn Schritte
                    zu mehr Klimaschutz in Kommunen
                    Was bringt ein Jugendklimarat? Sind ressourcenintensive Printmaterialien noch
                    zeitgemäß? Und wer sollte eine Mobilitätsstation betreiben? Im Mittelpunkt der neu
                    aufgelegten #Klimahacks-Reihe stehen Tipps für die praktische Umsetzung.

                    Klimaschutzinitiativen anhand detaillierter Infor-    die Klimaschutzprojekte jeweils anhand von zehn
                    mationen und Arbeitsabläufe so beschreiben,           Umsetzungsschritten dargestellt.
                    dass die Umsetzung vor Ort gelingen kann – das
                    ist das bewährte Konzept der Difu-#Klimahacks.        Drei #Klimahacks-Ausgaben im neuen Design
                    Besonders Kommunen, die noch am Anfang der            sind bereits erschienen: Die Themen sind Grün-
                    Klimaschutzaktivitäten stehen, soll die Online-       dung eines Jugendklimarats, klimafreundliche
                    Publikationsreihe als praktische Arbeitshilfe die-    Öffentlichkeitsarbeit sowie Planung, Umsetzung
                    nen. Aber auch Klimaschutzpersonal, das mit           und Betrieb von Mobilitätsstationen. In der letzt-
                    der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen                genannten Ausgabe der #Klimahacks geht es
                    beziehungsweise der Begleitung der Umsetzung
                    vertraut ist, soll durch die Arbeitshilfen neue
                    Klimaschutzprojekte leichter planen und umset-
                    zen können. Idealerweise sind die #Klimahacks
                    Ausgangspunkt für konkrete Überlegungen auf
                    kommunaler Ebene: Wo und wie können wir tätig
                    werden? Welche Hebel können wir in Bewegung
                    setzen, um der Nettonull in Sachen Klima näher zu
                    kommen?

                    Mit der Neuauflage der Publikationsserie wird der
                    Zugang zu einzelnen Themen und Handlungsfel-
                    dern im kommunalen Klimaschutz noch leichter.
                    Neben einer Einführung mit sorgfältig recherchier-
                    ten Zahlen, Fakten und nützlichem Hintergrund-
                    wissen gibt es künftig auch eine Know-how-Karte
                    mit Praxisbeispielen und hilfreichen Anlaufstellen.
                    Herzstück jeder neuen Ausgabe ist weiterhin die
                    „Roadmap“ – eine Schritt-für-Schritt-Anleitung
                    zur Umsetzung konkreter Projekte. Der Anspruch
                    ist dabei, die Roadmap so anwendungsnah wie
                    möglich zu gestalten, mit Hinweisen zur Planung
                    und Realisierung. Damit soll es leichter werden,
                    ein Projekt in Angriff zu nehmen. Neben dem kos-
                    tenlosen und barrierefreien PDF gibt es ein Flip-
                    book mit vertiefenden multimedialen Inhalten.

                    Auch mit der Neuauflage wird sich künftig jede        darum, wie Mobilitätsangebote gebündelt, welche
                    #Klimahacks-Ausgabe einem bestimmten Hand-            Services an Mobilitätsstationen bereitgestellt und
                    lungsfeld widmen, zum Beispiel „Klimafreundliche      wie diese betrieben werden können. Klar ist, dass
                    Verwaltung“, „Kommunikation und Partizipation“        Mobilitätsstationen einen wichtigen Beitrag zur
                    oder „Klimafreundliche Mobilität“. Das Spektrum       zwingend notwendigen Verkehrswende und zum
www.difu.de/17762   wird im Vergleich zur Erstauflage aber erweitert.     Klimaschutz leisten können.
www.difu.de/17467   Geplant sind unter anderem #Klimahacks zu The-
www.difu.de/17578
                    men wie der Renaturierung von Mooren oder so-         Die #Klimahacks-Serie wird im Rahmen des
                    laren Wärmenetzen. Bereits aufgegriffene Themen       Difu-Projekts „GemKli – Gemeinsam mehr Kli-
                    werden nochmals vertieft oder aktualisiert, wenn      maschutz schaffen! Wissens- und Aktionspaket
Dipl.-Geogr.        nötig. Ziel ist es, die große Themen- und Projekt-    von und für Kommunen“ erarbeitet, das über die
Björn Weber         vielfalt abzudecken und in möglichst vielen Berei-    Nationale Klimaschutzinitiative (NKI) des Bun-
+49 221 340308-10   chen wirksame Impulse für mehr Klimaschutz vor        desministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz
bweber@difu.de      Ort zu geben. In der #Klimahacks-Reihe werden         (BMWK) gefördert wird.

                                                                                                                           13
Forschung & Publikationen
Berichte 1/2023

                         Moderne Stadtgeschichte: Städte im
                         Russländischen Imperium vor 1800
                         Die neue Ausgabe der vom Difu vertriebenen Zeitschrift „Moderne Stadtgeschichte –
                         MSG“ widmet sich dem Themenschwerpunkt „Städte im Russländischen Imperium“ in
                         der Zeit vor 1800.

                         Die schon länger vorbereitete Ausgabe hat, wie die    meldeten, die sich jedoch dieser vielfach zu entzie-
                         Herausgeber Boris Belge (Basel) und Ulrich Hof-       hen suchten.
                         meister (München) in ihrer Einleitung hervorheben,
                         eine unerwartete, dramatische Aktualität erfahren,    Michel Abesser (Freiburg) beschreibt in seinen
                         da das Zarenreich sich im 18. Jahrhundert mit den     beiden Beiträgen das spannungsreiche Verhältnis
                         Regionen rund um die Städte Dnipro, Cherson           von Ethnizität und Städtekonkurrenz am Beispiel
                         und Odessa genau jene Gebiete einverleibte, die       der Städte Rostow am Don und Nakhichevan,
                         im Fadenkreuz des russischen Angriffskriegs auf       und Boris Belge analysiert die Erinnerung der
                         die Ukraine stehen. Neben einer Erläuterung der       Bevölkerung Odessas im 19. Jahrhundert an die
                         wichtigen Unterscheidung zwischen „russländisch“      hymnisch verklärte Gründungszeit des 18. Jahr-
                         – für das imperiale Herrschaftsgebiet der Zaren –     hunderts. Abschließend und zusammenfassend
                         und „russisch“ – für die Kultur der ostslawischen,    weist Ricarda Vulpius auf die Bedeutung der im-
                         orthodoxen Kernbevölkerung des Reichs – disku-        perialen Bezüge gerade in den Randzonen des Za-
                         tieren die Herausgeber verschiedene Grundfragen       renreiches sowie auf die vielfältigen Facetten einer
                         der russländischen Urbanisierung. Dazu gehören        Politik der Differenz hin, bei der zum Beispiel eth-
                         etwa deren Passfähigkeit zu Max Webers Konzept        nische Heterogenität akzeptiert und eine Stadt-
                         der europäischen Stadt, die Westorientierung der      förderung mit Privilegien und weiteren rechtlichen
                         russischen Stadtpolitik im 18. Jahrhundert sowie      Instrumenten betrieben wurde.
                         die Welle an Neugründungen in dieser Zeit.

                         Die ersten beiden thematischen Beiträge diskutie-
                         ren die Bedeutung ausländischer Händler in den
                         drei Hafenstädten St. Petersburg, Riga sowie
                         Archangel’sk Tilman Plath (Greifswald) hebt am
                         Beispiel der beiden erstgenannten Städte das
                         Spannungsverhältnis zwischen den finanziell und
                         handelspolitisch oft potenten auswärtigen Kauf-
                         leuten und der merkantilistischen Politik Peters I.
Darstellung der Region
                         und seiner Nachfolger hervor, die mit wenig Erfolg
und des Holzhandels um
                         den Absatz russischer Manufakturen und Händler
Archangelsk auf einem
                         fördern wollten. Städtekonkurrenzen und Wirt-
Kupferstich von 1740.
Quelle: Wikipedia        schaftsförderung wirkten dabei stets zusammen,
                         wie Simon Dreher (Münster) an den Restriktionen
                         gegen ausländische Händler in Archanlangs´k
                         zugunsten des konkurrierenden St. Petersburg im       Das Heft schließt mit Beiträgen aus der Rubrik
                         mittleren Drittel des 18. Jahrhunderts zeigt.         Forum: Carlos Hernández Quero und Luis de la
                                                                               Cruz Salanova (beide Madrid) beschreiben die
                         In zwei weiteren Beiträgen geht es um Fragen der      politische Besetzung des Straßenraums in den
                         militärischen Sicherung und Rekrutierung in den       Vororten von Madrid während der 1930er-Jahre im
                         russländischen Städten. Natalia Tuschinski (Stutt-    Zeichen der Kämpfe zwischen den Anhängern der
                         gart) diskutiert Fragen der Verteidigungspolitik      Volksfront und der Falangisten. Olga Malinova-
                         und Stadtplanung in den heutigen südukrainischen      Tziafeta (Erlangen) untersucht den Ausbau von
                         Städten rund um Cherson, die das Zarenreich           Wasser-Infrastrukturen in St. Petersburg zwischen
www.difu.de/17676
                         zwischen 1768 und 1792 vom Osmanischen Reich          1864 und 1927 und reflektiert grundsätzliche
                         erobert hatte und erfolgreich zu Handelsstädten       Fragen von Zentrum und Peripherie in der Stadt-
                         ausbaute. Mikail Belan (Oxford) zeigt die Praktiken   geschichtsschreibung. Abschließend widmen sich
Prof. Dr.                der Rekrutierung von Soldaten zwischen 1800           zwei Berichte Tagungen zu den Themen „Stadtge-
Christoph Bernhardt      und 1812 im Rahmen der Kriege gegen Napo-             schichtliche Blogs in der Wissenschaftskommuni-
christoph.bernhardt@     leon auf, bei denen die Behörden unter anderem        kation“ in München und „Konfliktfeld Stadt. Histo-
hu-berlin.de             „sozial unerwünschte“ Bewohner zur Einberufung        rische Perspektiven“ in Hamburg.

14
Forschung & Publikationen
                                                                                                                      Berichte 1/2023

                           Integrationsmonitoring: Wie gelingt
                           Integration in der Kommune?
                           Monitoringsysteme helfen bei der Einschätzung, wie gut die Integration vor Ort gelingt
                           und wo noch Maßnahmen fehlen, um Teilhabe zu stärken. Das Difu hat in einem
                           Forschungsprojekt mit zehn Kommunen Handlungsempfehlungen entwickelt.

                           Integrationsmonitoring ist ein wichtiges Unterstüt-   wurden in der Publikation „Kommunales Integra-
                           zungsinstrument für Kommunen. Für die strategi-       tionsmonitoring. Status Quo und Perspektiven zur
                           sche und konzeptionelle Steuerung, aber auch für      Weiterentwicklung“ gebündelt.
                           die gemeinsame Gestaltung der Einwanderungs-
                           gesellschaft bieten Monitorings für Städte und        Zu den Handlungsempfehlungen gehört, dass
                           Landkreise daher große Chancen. Damit Kommu-          Kommunen Ziel und Nutzen der Datenerhebung
                           nen diese Chancen künftig besser nutzen können,       klar definieren, ein schlüssiges Vorgehen entwi-
                           hat das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) ein   ckeln und Indikatoren gut auswählen und begrün-
                           Forschungsprojekt zum Integrationsmonitoring          den. Zudem wird verdeutlicht, dass Integrations-
                           umgesetzt, in das zehn Kommunen ihre Erfahrun-        monitoring erst in einem „Dreiklang“ Wirkung
                           gen und Expertise einbrachten: die Landeshaupt-       entfaltet: Das Monitoring ist in eine Integrations-
                           städte München, Potsdam, Saarbrücken und              berichterstattung einzubetten, die Daten sind zu
                           Wiesbaden, die Städte Augsburg, Kaiserslautern,       interpretieren und durch qualitative Erhebungen
                           Jena und Ludwigshafen am Rhein sowie der Land-        zu ergänzen. Um die Praxistauglichkeit eines Mo-
                           kreis Goslar und der Kreis Pinneberg.                 nitorings sicherzustellen, ist zudem unerlässlich,
                                                                                 dass die Fachstellen Integration und Statistik eng
                           Das Projekt wurde als Kernvorhaben des Nationa-       zusammenarbeiten, wie es beispielsweise in Ar-
                           len Aktionsplans Integration von der Beauftragten     beitsgruppen der Städte München und Augsburg
                           der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge        praktiziert wird.
                           und Integration gefördert. Auch Staatsministerin
                           Reem Alabali-Radovan lobte die kommunalen             Auf eine Herausforderung weisen die beteiligten
                           Monitorings, da sie mit klug gewählten Indikatoren    Landkreise hin: Daten sind nicht in allen Kommu-
                           Diversität in der Einwanderungsgesellschaft best-     nen gleich gut verfügbar. Gerade Landkreise be-
www.difu.de/17500          möglich abbilden. Zudem werde Teilhabe vor Ort        nötigen Unterstützung. Zudem ist die Funktions-
                           gestärkt, denn Städte, Gemeinde und Landkreise        fähigkeit des Datentransfers zwischen Bund, Län-
                           schaffen Perspektiven für Integration und Zusam-      dern und Kommunen ausbaufähig – vor allem von
                           menhalt, selbst mit knappen Ressourcen.               den Ländern zu den Kommunen.
Dr. Bettina Reimann
+49 30 39001-191
                           Das Difu-Forschungsteam untersuchte u.a., wel-        Als Fazit kann festgehalten werden: Integrations-
reimann@difu.de
                           chen Unterstützungsbedarf Kommunen mit Blick          monitoring ist ein wichtiges Steuerungsinstrument
Dr.                        auf das Thema haben, welche Leistungen sie            für das zielorientierte Handeln der Kommunen.
Beate Hollbach-Grömig      erbringen und wie diese für ein breites Spektrum      Der intensive Erfahrungsaustausch der beteiligten
+49 30 39001-293           der Kommunen nutzbar gemacht werden können.           Kommunen unterstützt den Wissenstransfer und
hollbach-groemig@difu.de   Die Erfahrungen der zehn beteiligten Kommunen         sorgt für die notwendige Praxistauglichkeit.

                                                                                                                                  15
Bild: Biotürme    Lauchhammer
      Was ist eigentlich ... ?  in der Lausitz.
 lternativ etwas in der Art hier unten oder
       Baugebot
 as Bild von der Website?

       Begriffe aus der kommunalen Szene,
       einfach erklärt.

       Der Wohnraummangel in Deutschland stellt
       Kommunen vor große Herausforderungen.
       Vor der Ausweisung neuer Flächen für den
       Wohnungsneubau sollte jedoch stets ein Blick
       auf oft zahlreich vorhandene Baulücken, leer-
       stehende Häuser, Brachen oder nicht effektiv
       genutzte Flächen geworfen werden – auch
       um eine unnötige Flächenversiegelung zu ver-
oder   das    Bild von der Website?
       meiden. Nicht selten kommt es vor, dass vor-
       handene Grundstücke teils aus spekulativen
       Gründen gehalten und nicht bebaut werden.
       Oder vorhandene Wohnhäuser verfallen und
       werden nicht instandgehalten und vermietet.
       Mit dem Aussprechen eines Baugebots kann
       eine Gemeinde die Eigentümer*innen eines
       Grundstücks zum Handeln verpflichten. In
       einem solchen Fall ist das Grundstück inner-
       halb einer angemessenen Frist entsprechend
       den Festsetzungen des Bebauungsplans zu
       bebauen.
       --------------------------------------------------
       „Baugebote können für Kommunen eine wirk-
       same Handlungsoption sein, um dem Wohn-
       raummangel entgegenzuwirken.“
       --------------------------------------------------
       Das Baugebot kann auch in Gebieten ohne
       Bebauungsplan angeordnet werden, soweit
       Baurecht nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB)
       besteht. Es greift daher für alle unbebauten
       oder geringfügig bebauten Baugrundstücke
       in Ortsteilen, die im Zusammenhang bebaut
       sind. Wenn es sich um ein Grundstück inner-
       halb eines nach § 201a BauGB bestimmten
       Gebiets mit angespanntem Wohnungsmarkt
       handelt, können – soweit Wohnen zulässig ist
       – auch Vorgaben zur Zahl der zu errichtenden
       Wohneinheiten und zum Maß der Nutzung
       gemacht werden.
       Das Aussprechen eines Baugebots oder oft
       auch nur die Ankündigung, es einsetzen zu
       wollen, kann für Kommunen daher ein hilfrei-
       ches Instrument sein, um mehr Wohnraum zu
       schaffen.

       Weitere Begriffe online:
       www.difu.de/6189

       16
Veröffentlichungen
                                                                                                                                         Berichte 1/2023

Edition Difu –                                      Difu-Arbeitshilfen                                  Vielfalt und Sicherheit im Quartier
Stadt Forschung Praxis                                                                                  Konflikte, Vertrauen und sozialer Zusammenhalt
                                                    Verfahren zur Aufstellung von                       in europäischen Städten
Radverkehr und Verkehrswende                        Bebauungsplänen                                     G. Bartl, N. Creemers, H. Floeting (Hrsg.)
Eine Geschichte von Gegenwind und                   3., grundlegend überarbeitete Auflage unter         Bd. 3/2020, 182 S., 20€
Rückenwind                                          Berücksichtigung des Baulandmobilisierungs-         ISBN 978-3-88118-667-4,             16,99 €
Tilman Bracher                                      gesetzes – Muster, Tipps und Hinweise für eine          www.difu.de/16006
2021, Bd. 19, vierfarbig, zahlreiche Fotos,         zweckmäßige und rechtssichere Verfahrens­
168 S., 34 €                                        gestaltung                                          Verkehrswende nicht ohne attraktiven
ISBN 978-3-88118-680-3,             29,99 €         M.-L. Wallraven-Lindl und A. Uhmann                 ÖPNV
    www.difu.de/16867                               2022, 224 S., 39 Euro                               Wie lassen sich große ÖPNV-Projekte
                                                    ISBN 978-3-88118-682-7,           33,99 Euro        erfolgreich umsetzen?
So geht‘s                                                www.difu.de/17149                              Jürgen Gies (Hrsg.), Bd. 2/2020, 104 S., 18 €
Fußverkehr in Städten neu denken und umsetzen                                                           ISBN 978-3-88118-648-3,           15,99 €
Uta Bauer (Hrsg.)                                   Die Satzungen nach dem Baugesetzbuch                    www.difu.de/13360
2019, Bd. 18, 240 S., vierfarbig, zahlreiche Abb.   3. Auflage, A. Bunzel (Hrsg.), von A. Strunz,
und Fotos, 39 €                                     M.-L. Wallraven-Lindl, 2013, 172 S.,                Checkpoint Teilhabe
ISBN 978-3-88118-643-8,             33,99 €         zahlreiche Satzungsmuster, 29 €                     Kinder- und Jugendhilfe + BTHG –
    www.difu.de/12984                               ISBN 978-3-88118-526-4                              Neue ganzheitliche Lösungen entwickeln!
                                                        www.difu.de/9055                                Veranstaltungsdokumentation
Vielfalt gestalten                                                                                      Dialogforum „Bund trifft kommunale Praxis“
Integration und Stadtentwicklung in                 Difu-Impulse                                        Bd. 1/2020, 160 S., 20 Euro
Klein- und Mittelstädten                                                                                ISBN 978-3-88118-653-7,         16,99 €
Bettina Reimann u.a. (Hrsg.)                        Praxis der kommunalen Baulandmobili-                    www.difu.de/13166
2018, Bd. 17, 364 Seiten, kostenlos                 sierung und Bodenpolitik
ISBN 978-3-88118-618-6                              Ergebnisse einer Kommunalumfrage (2020) und         Was gewinnt die Stadtgesellschaft durch
    www.difu.de/12236                               von Untersuchungen in 16 Fallstudienstädten         saubere Luft?
                                                    (2021)                                              Die lebenswerte Stadt: Handlungsfelder und
Wasserinfrastruktur: Den Wandel                     Ricarda Pätzold, Franciska Frölich von              Chancen
gestalten                                           Bodelschwingh, Arno Bunzel, i.A. des BBSR           Tilman Bracher u.a., Bd. 2/2019, 68 S., 15 €
Technische Varianten, räumliche Potenziale,         Bd. 3/2023, 135 S., kostenlos, nur online           ISBN 978-3-88118-642-1,           12,99 €
institutionelle Spielräume                          ISBN 978-3-910624-22-1                                  www.difu.de/12719
Martina Winker und Jan Hendrik Trapp (Hrsg.),           www.difu.de/17799
2017, Bd. 16, 272 S., vierfarbig, 39 €                                                                  Öffentlichkeitsbeteiligung beim
ISBN 978-3-88118-584-4                              Neue Instrumente der Baulandmobili-                 Netzausbau
     www.difu.de/11299                              sierung                                             Stephanie Bock, Jan Abt, Bettina Reimann
                                                    Handreichung                                        Bd. 1/2019, 98 S., 15 €
Kommunaler Umgang                                   Arno Bunzel, Diana Coulmas, Franciska Frölich       ISBN 978-3-88118-640-7,           12,99 €
mit Gentrifizierung                                 von Bodelschwingh, Magnus Krusenotto, Petra             www.difu.de/12611
Praxiserfahrungen aus acht Kommunen                 Lau, Wolf-Christian Strauss, i.A. des BBSR
Thomas Franke u.a., 2017, Bd. 15, 316 S.,           Bd. 2/2023, 77 S., kostenlos, nur online            Straßen und Plätze neu entdecken –
vierfarbig, zahlreiche Abb., 39 €                   ISBN 978-3-88118-692-6                              Verkehrswende gemeinsam gestalten
ISBN 978-3-88118-579-0                                  www.difu.de/17766                               Fachtagungsdokumentation
    www.difu.de/11026                                                                                   M. Hertel, T. Bracher, T. Stein (Hrsg.)
                                                    Baugebote für den Wohnungsbau –                     Bd. 8/2018, 90 S., 15 €
Sicherheit in der Stadt                             von der kooperativen Aktivierung bis zur            ISBN 978-3-88118-625-4,              12,99 €
Rahmenbedingungen – Praxisbeispiele –               Anordnung                                               www.difu.de/12375
Internationale Erfahrungen                          Arbeitshilfe für die kommunale Praxis
Holger Floeting (Hrsg.), 2015, Bd. 14, 392 S.,      Arno Bunzel, Stefanie Hanke, Magnus Kruse-          Neue Konzepte für Wirtschaftsflächen
zahlreiche Abbildungen, 39 €                        notto, Daniela Michalski, i.A. des BBSR             Herausforderungen und Trends am Beispiel des
ISBN 978-3-88118-534-9,            33,99 €          Bd. 1/2023, 100 S., kostenlos, nur online           Stadtentwicklungsplanes Wirtschaft in Berlin
    www.difu.de/9850                                ISBN 978-3-910624-21-4                              S. Wagner-Endres u.a.
                                                        www.difu.de/17735                               Bd. 4/2018, 84 S., 15 €
Städtebauliche Verträge – Ein Handbuch                                                                  ISBN 978-3-88118-614-8,        12,99 €
Vierte, aktualisierte und erweiterte Auflage.                                                               www.difu.de/12224
Mit Berücksichtigung der BauGB-Novelle 2013
A. Bunzel, D. Coulmas und G. Schmidt-               ————————————————————————————————————————————
Eichstaedt, 2013, Bd. 12, 466 S., 39 €              Übersicht aller Publikationen + Bestellmöglichkeit
ISBN 978-3-88118-508-0,             33,99 €
                                                    www.difu.de/publikationen
    www.difu.de/9002
                                                    eBooks: http://difu.ciando-shop.com/info/einside/ – Info für Zuwender: www.difu.de/12544

                                                    Vertrieb: Difu gGmbH, Zimmerstraße 13-15, 10969 Berlin,
                                                    Tel. +49 30 39001-253, Fax: +49 30 39001-275, Mail: vertrieb@difu.de

                                                    Alle Difu-Veröffentlichungen und -eBooks sind für Difu-Zuwender kostenlos.

                                                                                                                                                        17
Sie können auch lesen