Deutschland + 2022 Strategien für die Digitalisierung in Bund, Ländern und Kommunen - Digitaler Staat Online
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+ JAHRBUCH Deutschland 2022 Strategien für die Digitalisierung in Bund, Ländern und Kommunen Impulse zur Verwaltungsdigitalisierung aus den Kongressen und Online-Veranstaltungen des Behörden Spiegel
1.0 0 0 F R A G E N AN DIE ZUKUNFT N r. 4 9 5 WELCHE SEITE HAT ZUKUNFT? Die Zukunft hat viele Seiten. Wir kennen den besten Weg. Nämlich den, der Sie sie alle. Bei Bechtle unterstützen über voranbringt. Denn mit der Zukunft ken 12.000 Kolleginnen und Kollegen in nen wir uns aus – als größtes deutsches Deutschland und ganz Europa Unter ITSystemhaus und ITZukunftspartner nehmen, Bildungseinrichtungen, das in Ihrer Nähe. Gesundheitswesen und andere öffent liche Auftraggeber bei dem, was sie Kontakt: heute brauchen und was morgen wichtig Bechtle ITSystemhaus Bonn/Köln wird. Von Digitalisierung bis Cloud, von Telefon: +49 228 68880 Mobility bis ITSecurity finden wir immer EMail: bonn@bechtle.com bechtle.com P712 21.026_AZ_Bechtle_Behördenspiegel_175x242mm_05lb.indd 1 01.02.21 16:27
JAHRBUCH DEUTSCHLAND+ 2022 Editorial Digitalisierung nicht in die Defensive bringen Digital voranzugehen und dabei optimistisch zu sein trotz aller pandemischen Herausforderungen – oder vielleicht eher gerade wegen dieser – ist unser aller Anliegen. Wir schauen gespannt auf die Agen- Dr. Eva-Charlotte da der neuen Ampel-Koalition auf Bundesebene. Der Koalitionsvertrag enthält zahlreiche Aussagen zu Proll Reformen und infolge neuer Gesetze, doch über die konkrete Ausgestaltung wissen wir wenig. Herausgeberin Wie geht es z.B. mit der IT-Konsolidierung des Bundes trotz neuem Lenkungsausschuss von BMI und Behörden Spiegel BMF weiter? Wie geht es weiter mit dem ewigen Projekt der Konsolidierung der Netze des Bundes? und Mitglied der Wie wird sich die Stärkung einzelner Institutionen bzw. Behörden wie der Fitko und dem BSI auf das Geschäftsleitung Gesamtgefüge der Digitalisierung auswirken? Wie wird auch die Positionierung anderer, wie der BWI, aussehen? Laut Koalitionsvertrag soll es keine aktive Cyber-Abwehr geben. Aber ist das angesichts ständiger Angriffe auf Kritische Infrastrukturen unterhalb des Verteidigungsfalls sinnvoll? Auch das mit der neuen Regierung kein Digitalisierungsministerium eingerichtet wurde, mag wohl einige Verfechter enttäuschen. Der Digitalisierung ist kein eindeutiges Gesicht zugeordnet. Dennoch lautet der Vorteil: Digitales ist überall mit drin und muss überall mitgedacht werden! Wichtig dabei ist – das zeigen alle aktuellen und wichtigen Gesetze und Reformen, das OZG voran – Digitalisie- rung darf nicht in die Defensive geraten. Die „gemeinsamen Zuständigkeiten“ in zentralen Digitalisie- rungsvorhaben, verteilt auf mehr als ein halbes duzend Ministerien, wird nur bei deren Einigkeit ins Ziel führen. Die Regel – so sagt man – ist, dass zwei Jahre regiert und dann zwei Jahre gewählt wird. Doch die Ampel hat nur ganze vier Monate, dann sind 2022 vier wichtige Landtagswahlen zu bestreiten. Auf viele Herausforderungen liefert unser Jahrbuch Deutschland+ mit der Abbildung zukunftsorien- tierter Kongressthemen und -schwerpunkte Antworten. Zahlreiche unserer Veranstaltungen aus dem vergangenen Jahr geben Anlass zu resümieren und die Schlüsse für das begonnene Jahr zu ziehen. Während 2020 noch viele Veranstaltungen verschoben wurden, konnten wir im Jahr 2021 nachholen, was offengeblieben war, real, hybrid oder digital. Dieses Konzept hat sich bewährt und gibt uns, wie unseren Partnern, viel Flexibilität bei der nach wie vor unsicheren Planungslage. Ich freue mich daher sehr, Ihnen mit der vorliegenden Publikation eine Übersicht unseres breitgefächerten Themen- und Veranstaltungsspektrums geben zu können. Neben unserer eigenen fortschreitenden Digitalisierung haben wir auch die Weiterentwicklungen in den einzelnen Ländern genau verfolgt. Dazu gehört zum einen unsere Reihe „Spot On-OZG“, die Sie kos- tenfrei auf unserer Veranstaltungsplattform www.digitaler-staat.online (hier in der Mediathek) einsehen können, aber auch diverse Regionalkongresse, die wir auch im Jahr 2022 wieder anbieten. Dazu gehören der „Zukunftskongress Bayern“, der „Digitalisierungskongress Baden-Württemberg“, „Rheinland-Pfalz 4.0“, der „Nordl@nder-Kongress“, „e-nrw“ und „Hessen Digital“ sowie unser „Innovationssymposium Künstliche Intelligenz“. Auch die Kongresse „Digitaler Staat“ und „PITS“ (Public IT Security) konnten wir 2021 real bzw. hybrid durchführen. Hybrid wurden zudem die „ITSicherheitstage Niedersachsen“ und je ein IT-Sicherheitstag im Freistaat Sachsen und in RheinlandPfalz durchgeführt. All diese Veranstaltungen werden auch 2022 für Expertinnen und Experten der Verwaltungsdigitali- sierung sowie Interessierte wieder inhaltliche Highlights und Begegnungsmöglichkeiten bieten. Das ungebrochene Interesse an diesen hochkarätigen Veranstaltungen veranschaulicht deren thematische Aktualität ebenso wie die hohen Zahlen bei Teilnehmerinnen und Teilnehmern bzw. Zuschauerinnen und Zuschauern. Auch im Jahr 2022 werden wir die fachliche Aufmerksamkeit durch unsere Angebote bündeln! Die Bundesregierung will die erste Klima-Regierung sein, das könnte womöglich der Schlüssel für den Schub werden, den alle Ressorts in der Digitalisierung brauchen. Digitalisierung ist ja in der Tat kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck, zu mehr Effizienz und Effektivität, zu mehr Transparenz und Teilhabe, aber auch zur Erreichung des Klimaziele. Ich freue mich darauf, vielen von Ihnen bei unseren Veranstaltungen – ob virtuell oder persönlich – begegnen zu dürfen. 3
JAHRBUCH DEUTSCHLAND+ 2022 Inhalt S. 5 Grußwort PD Dr. Sönke E. Schulz S. 42 Veranstaltungsplattform neuestadt.org Die Rolle von Austausch und Kooperation auf dem Digitalisierung zum Anfassen: Voraussetzungen Weg in eine leistungsfähige Digitale Verwaltung und Anwendungsoptionen in Kommunen S. 6 Zukunftskongress Bayern S. 44 Digitale Verwaltung Rheinland-Pfalz 2021 – ein Jahr der Umsetzung. Erfolge bewahren und ausbauen S. 9 Gastbeitrag Judith Gerlach S. 49 Gastbeitrag Alexander Schweitzer Erfahrungsbericht: Welche Vorteile/Nachteile Mehr Agilität wagen bietet ein eigenständiges Digitalministerium? S. 52 Innovationssymposion Künstliche Intelligenz S. 12 Digitaler Staat Innovation ermöglichen, Risiken vermeiden Proprietäre Software, Open-Source, Blockchain, S. 54 Gastbeitrag Prof. Dr. Stefan Wolfgang Pickl KI und Digitalisierungsbremsen endlich angehen KI zwischen Privaten und Öffentlich: S. 15 Gastbeitrag Jan Pörksen Wer profitiert wie und wann? Win-Win-Win Situation: Wie Bund, Länder und S. 56 Nordl@nder Digital Kommunen gemeinsam profitieren können Digitalisierung in der Fläche und mit den S. 22 HEssen Digital Menschen Perfektion, Kompetenzen und Exzellenz S. 58 Gastbeitrag Ina-Maria Ulbrich S. 27 Gastbeitrag Prof. Dr. Kristina Sinemus Agil in die Zukunft: Von Teams, Vertrauen Wo Zukunft zuhause ist: Digitale Souveränität und Fehlerkultur für Hessen, Deutschland und Europa S. 62 Public-IT-Security S. 30 Baden-Württemberg 4.0 Mensch, Technik und Staat Smarte Kommunen dank Bürgerbeteiligung, S. 65 Gastbeitrag Andreas Könen Wissenstransfer und Nachhaltigkeit Informationssicherheit in der S. 33 Gastbeitrag Thomas Strobl öffentlichen Verwaltung Verwaltung 4.0 in der Industrie 4.0: Zwischenstand S. 72 e-nrw und Zukunftsaussichten Kleine Schritte und Best-Practice S. 38 Veranstaltungsplattform digitaler-staat.online S. 74 Gastbeitrag Prof. Dr. Andreas Pinkwart Alles für den Digitalen Staat: Sicher und Vorreiter statt Getriebene: Digitale Angebote anwenderfreundlich in der digitalen Verwaltung sind ein Anspruch der Verwaltung selbst S. 40 Termine 2022 S. 78 Impressum Wer, wo, wie und wann? 25. Februar 2020, München 7. Zukunftskongress Bayern Den Gipfel im Blick BADEN- Grafik: Mini, stock.adobe.com WÜRTTEMBERG Der Aufstieg der digitalen Verwaltung im Freistaat Grafik: BS/Hoffmann unter Verwendung von stock.adobe.com, artvengers 25. Februar 2021, Online-Event Künstliche Intelligenz IT-Sicherheit Digitales Rathaus Smart City Kulturwandel 1. Juli 2021 Bayern-Portal Safe the date Kooperation Online-Kongress Onlinezugangsgesetz Workflow www.bw-4-0.de #bw40 Gigabit Automatisierung www.zukunftskongress.bayern #zkonbayern21 Eine Veranstaltung des Der Kongress Deutschlands für IT- und Cyber-Sicherheit bei Staat und Verwaltung Digitale Verwaltung Rheinland-Pfalz 2021 PITS 2021 www.public-it-security.de Transformation der Arbeitswelt – Transformation der Verwaltung Panta Rhei – IT-Security by future 9.–10. September 2021, bcc Berlin Foto: ©sdecoret - stock.adobe.com 26. August 2021 | Online-Event www.dv-rlp.de #dvrlp21 Eine Veranstaltung des Eine Veranstaltung des HEssenDIGITAL Zukünftige IT-Strategien in Nordrhein-Westfalen Die Digitale Dekade 2020/2030 in NRW Online-Event Vernetzte Verwaltung in Land und Kommunen Strategie und Umsetzung der Verwaltung 4.0 in Land und Kommunen 10. November 2021 22. Juni 2021 KEYNOTES: www.hedigital.de #hedigital21 Prof. Dr. Andreas Pinkwart Der Minister für Wirtschaft, Prof. Dr. Dörte Diemert, Kämmerin der Stadt Köln und Ver- Mathias Richter, Staatssekretär im Ministerium für Innovation, Digitales und Energie bandsvorsteherin des KDN berichtet Schule und Bildung des Landes des Landes Nordrhein-Westfalen über die NRW-Kommunen und ihre Nordrhein-Westfalen skizziert den eröffnet den Kongress mit der IT-Dienstleister in der Zukunftsver- Digitalunterricht in der Zukunft. Digitalstrategie des Landes als antwortung. Eine Veranstaltung des Erfolgsgarant für den Standort NRW. Foto: Roberto Pfeil Foto: © Stadt Köln Foto: ©MSB / Susanne Klömpges Ausführliche Informationen zum Programm und Anmeldung unter: www.e-nrw.info Eine Veranstaltung des 4
JAHRBUCH DEUTSCHLAND+ 2022 // Grußwort von PD Dr. Sönke E. Schulz Die Rolle von Austausch und Kooperation auf dem Weg in eine leistungsfähige Digitale Verwaltung Die Digitalisierung der Verwaltung und immer Und wer weiß, ob am Ende der Verwaltungscloud- schnellere Innovationszyklen erfordern es, ergebnis- Strategie nicht eine gemeinsame Gesellschafts- offen zu reflektieren, ob die bisherigen Formen der struktur steht, die dann ebenfalls sicherstellen muss, Realisierung zukunftstauglich sind. Dies beinhaltet dass neben den Bundesländern auch kommunale das kritische Hinterfragen einzelner E-Government- Gebietskörperschaften möglichst niedrigschwel- Module ebenso wie eine Analyse, in wessen Ver- lig partizipieren können. Insofern ist zu begrüßen, antwortung welche Bausteine des E-Governments dass der Koalitionsvertrag auf Bundesebene explizit liegen sollten. Angesichts des drohenden Fach- formuliert wird, dass die Kommunen im Rahmen kräftemangels dürften viele, insbesondere kleine des EfA-Prinzips entwickelte Lösungen übernehmen Verwaltungen, zukünftig an Grenzen stoßen. Ohne können müssen. Und auch der IT-Planungsrat hat mehr Kooperation innerhalb der öffentlichen Verwal- jüngst den Ansatz eines ganzheitlichen EfA-Nach- tung und darüber hinaus, im Sinne eines Austauschs nutzungsmodells und den Aufbau eines anbieter- mit Unternehmen, NGOs und der Wissenschaft und deren Einbindung, wird es nicht gehen. PD Dr. Sönke E. Schulz Mehr Kooperation hinsichtlich der „Verwaltung Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Verwaltung“ schwächt die eigenverantwortliche des Schleswig-Holsteinischen Landkreis- Gestaltung nicht, sondern ist geeignet, Handlungs- tages, Vorsitzender des Nationalen E-Go- fähigkeit hinsichtlich der Sachaufgaben zu erhalten. vernment-Kompetenzzentrums Die Erkenntnis, dass nicht jede Verwaltung das Foto: BS/Kathrin Knoll Rad neu erfinden muss, ist nicht neu, ihre Nicht- berücksichtigung würde aber im Kontext des OZG das Scheitern vorprogrammieren. Allein die hohe offenen Marktplatzes unter Einbindung der Kommu- Anzahl der zu digitalisierenden Verwaltungsverfah- nen befürwortet. ren macht die OZG-Umsetzung zu einer besonderen Schließlich müssen die vielen Projektergebnisse Herausforderung, die es zwingend erscheinen lässt, und Bausteine für eine digitale Verwaltung individu- arbeitsteilig vorzugehen. Ein wesentliches Element, ell für jede Verwaltung zusammengefügt und betrie- um gleichwohl die OZG-Ziele in time, in budget, in ben werden – unabhängig davon, ob es sich um Ba- quality zu erreichen, ist das Einer-für-Alle-Prinzip siskomponenten, EfA-Dienste, eigene Anwendungen (EfA), also ein kooperativer und wettbewerblicher und Fachverfahren oder um klassische Standard- Föderalismus. Software handelt. Hier rücken die IT-Dienstleister der Für das EfA-Modell bedarf es einer Drehscheibe, öffentlichen Hand in den Mittelpunkt. Angesichts die den Austausch der Leistungen organisiert und der Komplexität der Herausforderungen dürfte der die aus den vielen Akteuren – wenige Federführer klassische „Eigenbetrieb“ überhaupt nur für große und damit: Betreiber, viele unterschiedliche Nutzer Verwaltungen noch eine realistische Option sein. – resultierende Komplexität reduziert. Die Koordi- In den nächsten Jahren dürften sich daher größere nierung erfolgt kooperativ durch die Bund-Länder- Kooperationsstrukturen herausbilden, wobei diese Anstalt FITKO, die den operativen Unterbau für den – gerade in der öffentlichen Verwaltung – nicht in IT-Planungsrat bildet und mithilfe des FIT-Stores einen Wettbewerb untereinander treten, sondern die Nachnutzung ermöglichen soll. EfA-Prinzip und bestimmte Themen gemeinsam, partnerschaftlich Nachnutzung im FIT-Store dürften aber nur die angehen sollten, z. B. den Rechenzentrumsbetrieb. ersten von vielen Anwendungsfällen sein: So ist die Bei anderen Aspekten dürfte hingegen eine Speziali- govdigital mit dem Ziel angetreten, die Vorausset- sierung, ggf. auch über Bundeslandgrenzen hinweg, zungen für die gemeinsame Entwicklung, Imple- und unter Einbeziehung externer Expertise anzu- mentierung und den gemeinsamen Betrieb von streben sein. Es scheint ausgeschlossen, dass jeder IT-Systemen zu schaffen, Provitako will durch den Dienstleister die erforderliche Expertise z. B. für KI, gemeinsamen Einkauf die Wirtschaftlichkeit und Cloud, Blockchain oder (Linked) Open Data vorhält. Wettbewerbsfähigkeit ihrer Mitglieder verbessern. 5
JAHRBUCH DEUTSCHLAND+ 2022 25. Februar 2020, München 7. Zukunftskongress Bayern Den Gipfel im Blick Der Aufstieg der digitalen Verwaltung im Freistaat 25. Februar 2021, Online-Event Künstliche Intelligenz IT-Sicherheit Digitales Rathaus Smart City Kulturwandel Bayern-Portal Safe the date Kooperation Onlinezugangsgesetz Workflow Gigabit Automatisierung www.zukunftskongress.bayern #zkonbayern21 Eine Veranstaltung des Zukunftskongress Bayern 2021 – ein Jahr der Umsetzung In der Praxis durchzustarten bedeute, Erfolge in die Fläche zu tragen ⟩⟩⟩ von Paul Schubert und Thomas Petersdorff, Behörden Spiegel N och gut anderthalb Jahre bleiben Bund, Ländern tigen, um sich künftig noch resilienter aufstellen zu können. und Kommunen, die Anforderungen des Online- Wesentlicher Bestandteil einer krisenfesten Verwaltung: die zugangsgesetzes (OZG) zu erfüllen. Für die bayeri- bürger- und wirtschaftszentrierte Abwicklung des Online- sche Staatsministerin für Digitales, Judith Gerlach, höchste Zugangs. Oberstes Ziel müsse es sein, mit „Qualität und Zeit, in der Praxis durchzustarten und messbare Erfolge für Komfort” zu überzeugen, betont Gerlach. Im Freistaat fahre Bürgerinnen und Bürger zu schaffen. Ihr Aufruf: „2021 soll man darum einen Multi-Kanal-Ansatz, der neben dem sta- ein Jahr der Umsetzung werden.” Doch wird mit Blick auf tionären Angebot auch mobile Lösungen im Portfolio führe. das herannahende Fristende vor allem eines deutlich: Die „Mobile first ist schon seit Jahren die dominierende Strategie Einschätzungen über die Machbarkeit des Großprojektes der führenden Unternehmen wie etwa Google und Facebook. OZG divergieren mitunter erheblich. In dem Punkt bildet Entsprechend steigt auch die Erwartungshaltung”, führt auch der Freistaat Bayern, der mit einem Multi-Kanal-An- Gerlach aus. Mit der jüngst gelaunchten „BayernApp” biete satz und 55 bereits digitalisierten OZG-Leistungen eine man Bürgerinnen und Bürger nun auch auf dem eigenen Sonderstellung im Konzert der Länder beansprucht, keine Smartphone Zugriff auf staatliche und kommunale Service- Ausnahme. Skeptisch bleiben nicht zuletzt die Kommunen, leistungen. Die App sei die erste ihrer Art in Deutschland die sich mehr Unterstützung wünschen. und müsse als Version 1.0 nun sukzessive mit Leben erfüllt „Weg mit den Stuhlkreisen, hin zu tatsächlichen Service- werden. Nicht zuletzt sei der Go-Live auch als Anstoß zu leistungen für Bürgerinnen und Bürger” – der Appell von verstehen, die Phase der Theorie hinter sich zu lassen und Staatsministerin Judith Gerlach fällt eindringlich aus. Ohne bei der Umsetzung des OZG messbare Erfolge zu schaffen. Zweifel habe die Corona-Pandemie der Digitalisierung hier- Das ginge freilich nur im Team, meint Gerlach und ermun- zulande entscheidende Impulse gegeben, doch gelte es nun, tert die Kommunen, das Projekt gemeinsam mit dem Land Errungenschaften und Mindset der letzten Monate zu verste- voranzubringen. 6
Zukunftskongress Bayern https://www.zukunftskongress.bayern.de Grafik: Mini, stock.adobe.com Digitalisierung ist Hemmfaktor Teamarbeit Föderalismus Kooperation steht für die Staatsministe- Davon weicht die kommunale Perspektive doch erheblich ab. rin auch bei der Nutzung bereits verfüg- Für Dr. Uwe Brandl, erster Bürgermeister von Abensberg und barer OZG-Leistungen im Vordergrund. Präsident des Bayerischen Gemeindetags, ist der Föderalis- Statt die Digitalisierung aller 575 Leis- mus mit einer der Gründe, weshalb sich die Digitalisierung tungsbündel in Angriff zu nehmen, habe in Form des OZG eher schleppend anlässt. „Wir sind nicht man sich im Freistaat für eine Strategie da, wo wir sein sollten”, konstatiert er und fügt an: „Das hängt der Priorisierung entschieden. Nachdem sicher auch damit zusammen, dass die föderale Systematik man sich einen Überblick verschafft habe, nicht für die notwendigen einheitlichen Prozesse die beste welche Services am meisten genutzt wür- Plattform und den besten Katalysator bietet. Da helfen auch den, seien die 55 Top-Leistungen Ende drei Milliarden Euro für die Umsetzung des OZG kaum.” letzten Jahres online gegangen. Dabei Brandl sieht Bund und Länder in der Pflicht, gemeinsam mit bedeute Priorisierung keineswegs, den An- den Kommunen die Voraussetzungen für solch einheitliche spruch auf Vollständigkeit fallenzulassen; Systeme zu schaffen; die Verwaltung mitsamt ihren Fachver- erweitert werde lediglich das Zeitfenster fahren eingeschlossen. für die Umsetzung, so Gerlach. Am Ende entscheide sich Doch nicht nur das: Wie Brandl ausführt, ist Digitalisierung der Erfolg des OZG allerdings daran, inwieweit es gelinge, mehr als nur E-Government und digitale Verwaltungsabläufe. schon verfügbare Lösungen in die Fläche zu bringen. Es helfe Digitalisierung bedeute schließlich auch, ein vollkommen nichts, Leistungen zu digitalisieren, wenn diese daraufhin neues Ökosystem zu schaffen. Vor allem für den ländlichen nicht in den Kommunen – und damit bei den Bürgerinnen Raum seien hier große Potenziale zu heben, die perspektivisch und Bürgern – ankämen. einen Beitrag zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse Nach Ernst Bürger, Abteilungsleiter „Digitale Verwaltung, leisten könnten. Entscheidend sei, dass nun Tempo aufgenom- Steuerung OZG” im Bundesministerium des Innern, für Bau men und sich von einem Denken verabschiedet werde, das und Heimat (BMI), entwickelt sich der Prozess gut. So seien analoge Prozesse digitalisieren wolle. „Digitalisierung ist ein bereits über die Hälfte der OZG-Leistungen verfügbar. Diese umfassendes und umwälzendes Umbauprojekt, das über die allerdings nicht flächendeckend und in der erforderlichen digitale Abbildung bisher analoger Vorgänge weit hinausgeht. Qualität. Dennoch hätten im Freistaat Bayern „bis Ende Erst durch die Vernetzung zuvor meist getrennt voneinander 2020 die wichtigsten Leistungen zur Verfügung” gestanden, agierender Bereiche entstehen bislang ungenutzte Mehrwerte.” so Dr. Vanessa Greger, vom Referat Digitale Verwaltung im Bayrischen Staatsministerium für Digitales (STMD). Die Referatsleiterin erklärt weiter, dass „die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen fit gemacht werden müssen, die dürfen nicht allein gelassen werden”. Die wich- tigsten Leistungen sind derweil bereits aktiv, darunter etwa die Beantragung des Führerscheins, des Bewohnerparkaus- weises und des Wohngelds. Ermöglicht wird dies u. a. mit dem Konjunkturpaket des Bundes, das die Förderung des Projektes mit drei Milliarden Euro unterstützt. Besonders wichtig sei es dabei, dass „die Bedienung für die Bürger benutzerfreundlich” sei, betont Bürger. Der kommuna- len Ebene falle dabei die wichtigste Rolle zu, da dort der engste Berührungspunkt mit den Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen sei. Bei der Bewältigung der Digitalisierung bedienten sich kleine Kommunen vor allem am Markt oder Mit Qualität und Komfort überzeugen: Die baye- nutzten zentrale Lösungen. Große Kommunen und Städte rische Staatsministerin Judith Gerlach plädiert für wollten lieber interne Ansätze verfolgen. Ziel solle es nach einen Multi-Kanal-Ansatz, um Bürgerinnen und Dr.Greger aber sein, dass „Deutschlandweit ein eigener Weg Bürger zu überzeugen. Foto: BS/Dombrowsky gefunden wird“. 7
JAHRBUCH DEUTSCHLAND+ 2022 „Je zentraler, desto besser” Kommunalen IT-Betrieb ressourcensparend und sicher ausrichten ⟩⟩⟩ von Paul Schubert und Benjamin Stiebel, Behörden Spiegel I T-Betrieb ist ein Ressourcenfresser. Und er wird aufwendi- unter anderem kommunal genutzt und gefördert. In Kürze ger, je agiler und krisenfester man ihn aufstellen will. Das steht ein Update an, mit dem der Verein auf die steigende betrifft längst nicht nur die Technik. Ohne ein ordentliches Komplexität der Abläufe reagiert. IT-Sicherheitsmanagement geht es nicht. Spätestens seit Generell wachsen die Aufgaben im IT-Betrieb, je mehr den Erfahrungen mit der Pandemie werden auch Rufe nach Abläufe in einem Unternehmen oder in den Verwaltungen einem IT-Notfall-Management oder Business-Continuity- getätigt werden. Dennoch müssen sich die Sicherheitskonzepte Management lauter. Kleine Organisationen und Kommunen immer der Infrastruktur unterordnen und die Kopplung dieser können all das nicht mehr allein leisten. Das Gebot der Stunde Mechanismen verbessert werden. Auch kleinere Unterneh- daher: Zentralisierung. Der Trend geht dahin, möglichst viele men und Kommunen fangen an, ihre IT-Dienstleistungen Aufgaben bei gemeinsamen Rechenzentren zu bündeln. „Je auszulagern. Der Trend geht vor allem dahin, Aufgaben an zentraler, desto besser”. So das Motto von Bernd Katheder, zentrale Rechenzentren abzugeben. Dies gilt allerdings auch Leiter der Abteilung Sicherheitsberatung im Landesamt für für größere Kommunen und sogar die Bundesländer. Schwierig Sicherheit in der Informationstechnik (LSI). Ein kommunales werde es, wenn selbst Laien in Organisationen die IT über- Behördennetz der IT sei zu präferieren, zentrale Dienst- nehmen, so Kampmann. Er plädiert für eine Zentralisierung leistungen resultierten in besserer Qualität und besserer der Dienstleistungen und fordert mehr Transparenz bei den Versorgung, so Katheder. Anbietern und mehr Open-Source-Modelle. Vor allem im Hinblick auf den steigenden Bedarf an Homeof- Aufwände steigen fice bzw. Remote-Aktivitäten wachsen die Herausforderungen Die Herausforderungen liegen vor allem bei den kleineren auch für die IT-Sicherheit. Das soll aber nicht zwangsläufig Kommunen. Dort werden aufgrund der mangelnden Per bedeuten, dass das Risiko für Sicherheitslücken größer wird. sonalstärke mehr Aufgaben auf eine Person konzentriert. Dr. Matthias Kampmann, Mitarbeiter im IT-Sicherheitscluster Homeoffice im Griff e. V., weist auf die Bedeutung von ISIS12 hin. Hierbei handelt Katheder formuliert den Königsweg: „Ich habe keine Daten es sich um ein Regelwerk zur Einführung eines IT-Sicher- zu Hause. Die liegen im zentralen Rechenzentrum. VPN-Tun- heitsmanagementsystems, welches spezifische Maßnahmen nel und Geräte werden gepatcht, genau wie Sicherheits- und für die Steigerung der Informationssicherheit enthält. Es wird Virenscanner.” Dem schließt sich Kampmann an, gleichzeitig legt er aber auch Wert auf „DSGVO-konforme Standards und eine saubere Arbeit auf der rechtlichen deutschen und europäischen Gesetzesgrundlage”. Die IT-Risiken beim Arbeiten außerhalb des Büros sind somit begründet, können aber durch gewissenhafte Sicher- heitsstandards auf ein Minimum reduziert werden. // SAVE THE DATE Die Vorbereitungen für den nächsten Zukunftskongress Bayern laufen bereits. Das Event findet am 17. Februar 2022 digital statt. 8
Zukunftskongress Bayern Erfahrungsbericht Welche Vorteile/Nachteile bietet ein eigenständiges Digitalministerium? ⟩⟩⟩ von Judith Gerlach, Staatsministerin für Digitales in Bayern. D ie Berliner Ampel-Koalition ist mit vielen wohlklin- Seite stehen und Digitalvorhaben auch operativ unterstützen. genden Vorsätzen angetreten. Aus digitalpolitischer Digitalisierungsprozesse werden durch die Agentur von Anfang Sicht ist der Start jedoch eine Enttäuschung. Es ist an eng begleitet. Was mir an dieser Stelle enorm wichtig ist: eine vertane Chance, dass die neue Bundesregierung auf ein Die künftigen Nutzerinnen und Nutzer der digitalen Angebote durchsetzungsstarkes Digitalministerium verzichtet hat. Alle der staatlichen Verwaltung müssen mitreden. Nur so erreichen reden über die Digitalisierung – und nun wird DAS Thema wir eine hohe Zufriedenheit. unserer Zeit durch eine künstliche Anbindung ans Verkehrs- Zur Steuerung der Digitalen Transformation innerhalb der ressort zum Anhängsel degradiert. Staatsregierung setzen wir zudem einen Digitalrat ein, in dem Aus meiner Erfahrung kann ich klar sagen: Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob am Kabinettstisch die Digitalisierung eine eigene Stimme hat. In Bayern wurde 2018 mutig ein neuer Ressortzuschnitt für das Digitalministerium gewählt. Einige Bereiche wurden aus bestehenden Häusern losgelöst, andere Bereiche ganz neu entwickelt. Das sorgte von Anfang für einen Geist des Aufbruchs. Ich kann mich dabei voll auf Strategien zur Gestaltung der digitalen Transformation Judith Gerlach ist Mitglied des konzentrieren. Als Think-Tank der Staatsregierung bayerischen Landtags und für das Querschnittsthema Digitalisierung ist es die Staatsministerin für Digitales Foto: BS/Nds. Ministerium für Aufgabe des Digitalministeriums, übergreifende Ent- Inneres und Sport wicklungen früh zu erkennen und in die richtigen Bahnen zu lenken. Mit dem Entwurf des Bayerischen Digitalgesetzes setzen wir alle Ressorts vertreten sind. Dabei legen wir ein großes Au- aktuell die rechtlichen und strategischen Leitplanken für die genmerk darauf, dass die für die Digitalisierung verfügbaren digitale Transformation in den verschiedenen Lebensbereichen Haushaltsmittel wirklich genutzt werden. Auch das passt zu im Freistaat. Darauf aufbauend erarbeiten wir mit den Ressorts unserer bayerischen Sichtweise: Nicht nur schöne Sachen in und unter enger Einbindung der Öffentlichkeit den Digitalplan einen Koalitionsvertrag reinschreiben, sondern auch wirklich Bayern. Das wird unsere umfassende Strategie für die digitale anpacken. Transformation im Freistaat: „Bayern 2030 - digital besser leben“. Mit dem zusätzlichen Beschleunigungsbudget aus dem Digital- Die Zusammenarbeit mit den Ressorts ist aus meiner Sicht paket erreichen wir genau das. Wir nehmen 16 Millionen Euro bei einer Querschnittsaufgabe wie der digitalen Transformation in die Hand, um damit Digitalvorhaben der Staatsregierung entscheidend: Es reicht nicht, wenn nur das Digitalministerium flexibel und zügig umzusetzen. Alle Ressorts können und digital denkt und der Rest macht weiter wie bisher. Durch den sollen hier partizipieren. Das Digitalministerium setzt damit fortschreitenden digitalen Wandel muss sich künftig jedes gezielt Anreize, um ressortübergreifend an Lösungen zu arbei- Ministerium als Digitalministerium und jede Behörde als ten, die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmer zugleich Digitalbehörde verstehen. überzeugen. Darauf setzen wir auch bei unserem Programm Als Digitalministerium können wir nicht jedes Digitalprojekt „Digitalschmiede Bayern“, das im Januar 2022 gestartet ist. selbst durchführen oder gar die ganze IT-Infrastruktur selbst Hier bringen wir engagierte Kolleginnen und Kollegen aus der betreiben. Das würde so niemals funktionieren. Aber wir haben staatlichen Verwaltung mit kreativen und tatkräftigen Digital- festgestellt, dass die Ressorts mehr Beratung und operative talenten zusammen, um digitale Lösungen für den staatlichen Unterstützung bei Projekten der digitalen Transformation Bereich zu entwickeln. wünschen. Daher hat die Bayerische Staatsregierung Anfang All das sind Punkte, die wir als eigenständiges Digitalmi- Dezember 2021 ein Paket zum Aufbau neuer Strukturen im nisterium mutig und entschlossen vorantreiben – und damit Bereich der Digitalisierung beschlossen. einen wichtigen Beitrag leisten, um den Ansprüchen von Kern der neuen Struktur ist unsere im Januar 2022 gegründete Gesellschaft und Wirtschaft gerecht zu werden. Vor diesem Digitalagentur. Damit schaffen wir einen schlagkräftigen Do- Hintergrund danke ich auch dem Behörden Spiegel herzlich Tank im Portfolio. Die Agentur soll den Ressorts der Staats- für sein großes Engagement. regierung als fachlich hochkompetente Beratungsstelle zur 9
JAHRBUCH DEUTSCHLAND+ 2022 Amazon für Kommunen statt bloßer Online-Zugang – Thesen zur OZG-Umsetzung ⟩⟩⟩ von Thomas Petersdorf, Behörden Spiegel F ür Thomas Bönig, CDO und CIO der Landeshauptstadt München, stehen die Zeichen im Jahr 2021 auf Tempo. Um die auf Fax und Drucker angewiesen sein wird. Man konzentriere sich auf die falschen Dinge – das aber so konsequent wie möglich. Neben Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) der Digitalisierung des Backoffices fordert mit Blick auf das nahende Fristende im Jahr Bönig mehr Zentralismus. Weit effektiver 2022 in die richtige Spur zu lenken, plädiert er als das Prinzip „Einer für alle” (EfA) sei eine für eine gezielte Auswahl derjenigen Themen, Plattform, die zentral alle Prozesse zur Ver- die bei Bürgerinnen und Bürgern tatsächlich fügung stelle, ein „Amazon” für Kommunen. nachgefragt sind. Statt auf Vollständigkeit So könnten diese sich auf das fokussieren, was aller 575 Leistungsbündel solle man sich auf zählt: das eigene Angebot sowie die dahinter- qualitativ hochwertige Services konzentrieren. stehenden Prozesse zu verbessern. Für Bönig ein Manko des OZG: Das Aus- klammern der Verwaltung, die ungeachtet des Online-Zugangs für Bürger auch künftig Foto: BS/Dombrowsky RegMoG – Die nächste Mammutaufgabe ⟩⟩⟩ von Benjamin Stiebel, Behörden Spiegel C hristian Bähr, Abteilungsleiter Digitale Verwaltung im Bayerischen Staatsminis- terium für Digitales, sieht im vom Bundesrat Bürgerinnen und Bürger ebenfalls zentral mithilfe einer einheitlichen Bürgernummer. Gleichzeitig weist Bähr auf die Sensibilität beschlossenen, Registermodernisierungsgesetz der Daten und die besondere Verantwortung (RegMoG) einen wesentlichen Meilenstein der Verwaltung hin, die Systeme und Abläufe für die nächsten Jahre. Damit werde ein gor- datenschutzkonform und sicher zu gestalten. discher Knoten für die digitale Verwaltung Der Beschluss zur Registermodernisierung sei zerschlagen. Die vonseiten der Datenschüt- nur die Grundlage – mit der praktischen Ver- zer vorgetragenen grundsätzlichen Vorbe- knüpfung der Register stehe die Verwaltung halte gegen eine Personenkennziffer hält er vor einer neuen Mammutaufgabe. für unbegründet, schließlich organisierten inzwischen 21 EU-Länder die Daten ihrer Foto: BS/Dombrowsky Cyber-Sicherheit – Bayern ist vorbereitet ⟩⟩⟩ von Paul Schubert, Behörden Spiegel N ach Bernd Katheder, Leiter der Abteilung Sicherheitsberatung im Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) in Kommunen richte und sich spezifisch mit aktuellen Interessenfeldern in der IT befasse. Auch das kommunale IT-Sicherheitssiegel in Bayern, ist der Freistaat in puncto Trans- trage zu diesem Erfolg bei. Mit dem Besitz parenz in der IT-Sicherheit gut aufgestellt. des Siegels könnten einzelne Kommunen Das Land besitze die entsprechenden Kom- Rabatte bei einzelnen Versicherungen erhal- munikationskanäle zwischen den Behörden ten. Besonderen Augenmerk legt Katheder und könne im Einzelfall zielgerichtet über auch auf die Bildung von Arbeitsgruppen IT-Gefahren informieren. Im Allgemeinen zwischen Ländern und Kommunen, in denen ist Katheder zuversichtlich, was die Cyber- vor allem Fälle aus der Praxis diskutiert und Sicherheit in seinem Bundesland angeht. So gelöst werden sollen. besitze Bayern einen „Awareness-Kurs” der sich an Staatsbedienstete oder Mitarbeitende Foto: BS/privat 10
Business Intelligence im Public Sector Den digitalen Wandel auf Bundes- und Landesebene gestalten und von datengesteuerten Erkenntnissen profitieren D as Thema Digitalisierung bleibt ein Dauerbrenner, auch für Bund und Länder. Oder sollte man sagen, gerade für Bund und Länder? Schließlich gilt nicht zuletzt durch die Datenstrategie der Bundesregierung der Staat als Vorreiter einer neuen Datenkultur. Die Daten sind vielerorts bereits vorhanden, bieten zahlreiche Chancen und ungeahnte Poten- tiale. Das ist auch oft klar, aber wie lassen sie sich am besten nutzbar machen? Der Begriff Business Intelligence taucht im Public Sector noch eher selten auf. Unberechtigt, denn die damit verbundenen Prozesse und Methoden bieten viele Möglichkeiten, gerade auch für die öffentliche Verwaltung. Was ist Business Intelligence? Business Intelligence (kurz BI) ist ein Sammelbegriff, der Prozesse und Methoden zur Erfassung, Speicherung und disy Cadenza überzeugt durch hohe Skalierbarkeit und die smarte Analyse von Daten umfasst. BI ist ein iterativer Prozess mit Kombination von Business und Location Intelligence. Foto: BS/Disy dem Ziel, anhand einer validen Datenbasis konkrete Frage- stellung zu beantworten sowie übersichtliche Analysen für Entscheidungen und Planung zu erstellen. ein visuelles Wesen, das auf Farben und Muster mehr anspricht Ursprünglich wurden BI-Tools von Datenanalysten und als auf eine Zahlenwüste. Visualisierung erweckt die Daten anderen IT-Experten in den Bereichen Finanzen und Con- also sprichwörtlich zum Leben. trolling verwendet. Moderne BI ist allerdings einer deutlich Diagramme, Graphen und Karten machen es möglich, breiteren Zielgruppe zugänglich, was vor allem auf die Ent- schnell und einfach Trends, Ausreißer und Muster in Daten wicklung von Selfservice- und Datenerfassungs-Tools sowie zu erkennen. Eine gute Visualisierung erzählt dem Betrachter Dashboards zurückzuführen ist. Denn auch für Fachkräfte eine Geschichte, richtet sein Augenmerk auf die wesentlichen wird es zunehmend wichtig, datengetriebene Entscheidungen Informationen und hilft dabei, diese zu verstehen. zu treffen und Sachverhalte durch ansprechende Visualisie- rung für andere zugänglich zu machen. Dafür ist eine solide BI durch Raumbezug erweitern Datenbasis unabdingbar. Mittlerweile gibt es viele BI-Tools, mit denen sich Daten analysieren und visualisieren lassen. Aber nicht jedes Tool Daten reflektiert sammeln kann mit Branchen- oder Unternehmensanforderungen Daten werden in der öffentlichen Verwaltung in Fachsyste- skaliert werden oder gar in der öffentlichen Verwaltung, mit men erfasst, die in der Regel aus einer Fachanwendung, also ihren ganz eigenen Anforderungen, bestehen. Schließlich einer Software, und den Daten bestehen. Die Nutzung der haben etwa zwei Drittel aller Behörden auch mit räumlichen Fachdaten einschließlich Reporting ist häufig beschränkt auf Daten zu tun. Das führt dazu, dass der Raum (Orte, Flächen, die Möglichkeiten der jeweiligen Fachanwendung. Durch die Wege) auch in der ganzheitlichen Analyse berücksichtigt Nutzung von BI-Software können die Daten nach unterschied- werden muss. lichen, auch ursprünglich nicht vorgesehenen, Blickwinkeln Die Datenanalyse-Software disy Cadenza kombiniert Busi- betrachtet und analysiert werden. ness Intelligence mit Location Intelligence und ist damit die Dabei kann auf zwei Ebenen Mehrwert geschaffen werden: Nr.1 für die öffentliche Verwaltung. Die Lösung setzt auf Innerhalb einzelner Fachverfahren kommt es durch den reflek- die vorhandene Infrastruktur auf und unterstützt gängige tierten Umgang mit Daten mittels entsprechendem Mindset Datenbanken, Kartendienste und Datenformate. Über eine und Software-Unterstützung oft zu einem Perspektivwechsel. gemeinsame Oberfläche werden Daten aus unterschiedlichen Die Kombination von Daten aus unterschiedlichen Fachsys- Fachsystemen und Digitalisierungsprojekten, zentralen Aus- temen kann darüber hinaus für weitere Erkenntnisse sorgen. wertedatenbanken sowie Data Warehouses organisationsweit zugänglich. Anwender können selbst Dashboards erstellen, Daten optimal visualisieren Daten visualisieren und datengestützte Antworten auf ihre Die Visualisierung der Daten ist ein wesentlicher Schritt, Fragen finden. um die damit verbundenen Informationen zugänglich zu machen und Interesse zu wecken. Schließlich ist der Mensch Kommen Sie mit uns ins Gespräch: www.disy.net/bi-public 11 11
JAHRBUCH DEUTSCHLAND+ 2022 Digitaler Staat Ein Ökosystem für digitale Identitäten „Nicht jammern, sondern selber machen!” ⟩⟩⟩ von Benjamin Stiebel, Behörden Spiegel M ehr digitale Souveränität: Das Ziel ist gesetzt und gar pauschal von deren Nutzung abzuraten, solange diese was der schillernde Begriff in seinen verschiedenen schlicht die überzeugendsten Angebote am Markt seien. „Wenn Facetten bedeutet, darüber entwickelt sich allmäh- wir selbst keine guten und nutzerfreundlichen Lösungen an- lich Konsens. Auf der staatlichen und volkswirtschaftlichen bieten, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass andere das Ebene geht es nicht um technische Autarkie, sondern darum, Feld bestellen“, so Bär. Ihr Appell: „Nicht jammern, sondern Kontroll- und Gestaltungsfähigkeit bei der Digitalisierung zu selber machen!” erlangen. Das geht am besten durch handeln und vorantreiben eigener Lösungen. So will die Bundesregierung ein europäi- Eigene digitale Ökosysteme schaffen sches Ökosystem für digitale Identitäten schaffen – mit selbst Das Bundeskanzleramt versucht es. Im Schulterschluss mit gesetzten Standards und im Schulterschluss mit der hiesigen den zuständigen Bundesressorts und Unternehmen wird an Wirtschaft. Wie bei früheren Ansätzen zur elektronischen einem Ökosystem für digitale Identitäten gebaut. „Wir brau- Identifizierung, namentlich beim neuen Personalweis, wird sich chen digitale, medienbruchfreie und sichere Möglichkeiten, Erfolg nur einstellen, wenn spürbarer Mehrwert mit Nutzer- Identitäten nachzuweisen und überprüfen zu können“, so die freundlichkeit einhergeht. Der Beweis soll mit der digitalen Staatsministerin. Anders als etwa beim neuen Personalausweis Hotelanmeldung als Pilot-Anwendungsfall erbracht werden. soll die Technik nicht nur sicher, sondern auch zeitgemäß sein, Deutschland und Europa müssen in Schlüsselbereichen eige- Hürden wie umständliche Lesegeräte dürfe es nicht geben. „Ich ne digitale Lösungen anbieten. Sofern hoheitliche Aufgaben gehe davon aus, dass noch vor der Bundestagswahl im Herbst berührt sind, soll auch der Staat mit von der Partie sein. Das viele Bürgerinnen und Bürger ihre eigene digitale Identität forderte Dorothee Bär, Staatsministerin im Bundeskanzleramt in ihrer Hosentasche mit sich führen werden.” Gemeint ist und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, zur die sogenannte „ID Wallet“, eine digitale Brieftasche, die auf Eröffnung des Digitalen Staats. Die Diskussion um digitale dem Smartphone gespeichert ist und bei Anmeldungen oder Souveränität werde meist sehr abstrakt geführt, findet Bär. Es Anträgen elektronisch ausgelesen werden kann. Technische mache aber keinen Sinn, die Vorherrschaft digitaler Techno- Grundlage ist ein hardwareseitig gesondert gesicherter Bereich logien und Plattformen aus USA oder China zu beklagen oder auf den Geräten. In der ID Wallet können Bürger/-innen ihre 12
Digitaler Staat https://www.digitaler-staat.org digitalen Identitätsnachweise hinterlegen – Initiative läuft weiter allen voran den Personalausweis in digitaler „In den kommenden Monaten werden wir noch viel er- Ausführung. Mit einem Smart-eID-Gesetz reichen, unsere Initiative muss dann auch unbedingt in der sollen die rechtlichen Voraussetzungen ge- nächsten Legislaturperiode vorangetrieben werden“, so Bär. schaffen werden. Das Ökosystem müsse aber auch auf die europäische Ebene gehoben werden, für mehr digitale Souveränität müsse Europa Pilot gestartet zusammenstehen. Mit den EU-Mitgliedsländern und der Zur digitalen Identität gehört aber weit Kommission sei ein „intensiver Dialog“ angestoßen. Rücken- mehr. So sollen auch andere Nachweise und wind für das Thema erhofft sich Bär zudem im Rahmen der Berechtigungen wie die Fahrerlaubnis, der bevorstehenden Revision der eIDAS-Verordnung. Diese regelt Studierendenausweis oder Bildungsabschlüsse den europäischen Rahmen für den Einsatz von Vertrauens- Teil des Ökosystems werden. Die Vision: diensten und elektronischer Identifizierung. Wenn für Verwaltungsangelegenheiten oder auch für alltägliche Dienstleistungen Nach- Aller Anfang… weise erforderlich sind, sollen diese zukünftig Schließlich hängt bei digitalen Ökosystemen und Plattformen komfortabel, datensparsam und für alle Seiten der Erfolg entscheidend von einer starken Nutzerbasis ab. Je sicher digital erbracht werden können. Der mehr Bürger/-innen die digitale Identität nutzen, desto eher erste Anwendungsfall wird seit Mitte Mai pilotiert: der digi- werden Anwendungsfälle aus dem Boden sprießen und ein tale Check-in für Hotelübernachtungen. Für Gastgeber und wirklich großes Ökosystem bilden. Wie schon bei der eID- Geschäftsreisende soll so das Prozedere von Anmeldung und Funktion des neuen Personalausweises wird hier der Knack- Aufnahme der persönlichen Daten vereinfacht und weniger punkt liegen. Den elektronischen Personalausweis nutzt bis anfällig für Fehler gemacht werden. Per ID Wallet können nun heute kaum jemand: zu wenig Anwendungsmöglichkeiten, Mitarbeiter der BWI GmbH, der Deutschen Bahn AG, der zu kompliziert. Auch die nächste Stufe Smart-eID droht im Lufthansa AG sowie der Robert Bosch GmbH in Hotels von Sande zu verlaufen, wenn nicht rechtzeitig eine kritische drei großen Ketten einchecken (Steigenberger, Motel One und Masse erreicht werden kann. Das Problem: Der vollwertige Lindner). Die Geschäftsreisenden erhalten von ihren Arbeitge- digitale Personalausweis auf dem Smartphone muss auf einem bern digitale Nachweise über die Rechnungsadresse des Unter- gesondert geschützten Bereich des Endgerätes hinterlegt wer- nehmens. Zur Übertragung der persönlichen Meldeanschrift den, dem Secure Element. Technische Voraussetzungen und kommt die von der Bundesdruckerei ausgegebene „Basis-ID“ die nötige Zulassung des Bundesamtes für Sicherheit in der hinzu. Leitend ist das Konzept der selbstsouveränen Identität Informationstechnik sind bisher nur bei wenigen Smartphone- (Self Sovereign Identity, SSI). Das heißt, die Bürger/-innen Modellen gegeben. Wie der Markt sich in dieser Hinsicht verwalten und teilen ihre Identitätsnachweise mit ihrer ID Wallet eigenständig. Behörden oder Unternehmen erhalten nur die Informationen, die jeweils für die konkrete Dienstleistung Auf dem Online-Kongress Digitaler erforderlich sind. Staat 2021 rief Staatministerin Doro- Zum Start des Piloten sagte BWI-CEO Martin Kaloudis: „Wir thee Bär dazu auf, in Deutschland und sind davon überzeugt, dass die Umsetzung der digitalen Identi- Europa eigene digitale Ökosysteme täten ein guter Beitrag für die digitale Souveränität Deutsch- zu schaffen, statt nur einen Mangel lands ist und freuen uns, dass wir unsere Erfahrungen aus der an digitaler Souveränität zu beklagen. technischen Umsetzung des Piloten auch in die Bundeswehr Screenshot: BS/Stiebel einbringen können werden.” Darüber hinaus würden bereits viele weitere Anwendungsfälle vorbereitet, freut sich Bär. Als weiterentwickelt, ist schwer vorherzusagen. Bisher haben die weiteres Beispiel nannte die Staatsministerin das Bewerbungs- Hersteller wenig Liebe für deutsche E-Government-Lösun- wesen. Das Erbringen von Nachweisen über Schulabschlüsse gen gezeigt. So dauerte es Jahre, bis Apple bei iOS-Geräten oder absolvierte Lehrgänge sei bei Unternehmen und in der das Auslesen des Personalausweises per AusweisApp über Verwaltung unterschiedlich gestaltet und zumeist aufwendig. die NFC-Schnittstelle ermöglichte. Eine flächendeckende Zudem bestehe bei einfachen PDF-Dokumenten immer ein Ausstattung mit Smart-eID-fähigen Smartphones wird noch gewisses Fälschungsrisiko. Mit Sicherheitszertifikaten ließen auf sich warten lassen. Und ohne starke Nachfrage werden sich diese Informationen mit der digitalen Identität verknüpfen mittelklassige oder preiswerte Geräte sobald nicht Teil des und nutzerfreundlich und sicher übermitteln. angestrebten Ökosystems werden. 13
JAHRBUCH DEUTSCHLAND+ 2022 Unsicherheitsfaktor Cloud-Systeme Proprietäre Software und Open-Source-Lösungen in ähnlichem Maße gefährdet ⟩⟩⟩ von Paul Schubert, Behörden Spiegel D er wichtigste Aspekt einer digitalen Souveränität besteht darin, sich aus Abhängigkeiten zu befreien und immer alternative Angebotsmöglichkeiten in der Hinterhand zu Heino Reinartz, IT-Sicherheitsbeauftragter der StädteRegion Aachen pflichtet Handschuh bei: „Im Allgemeinen haben wir gute Erfahrung mit nationalen Verbindungs- und Austausch- haben – das gilt auch für die Anbieter von Cloud-Services. ebenen bei digitalen Themen gemacht. Ich würde mir hier Um die Marktalternativen zu prüfen, eignet sich ein Proof auch eine kommunale Verbindungsebene wünschen.” Vor of Concept. Damit kann auch Transparenz über bestehende allem IT-Sicherheitsvorfällen, die sich für die Kommunen oft Open-Source-Lösungen hergestellt werden. als eklatant teuer und langwierig herausstellen, könnte damit Dr. Bruno Quint, Director Cloud Encryption von Rohde vorgebeugt werden. Weitere Problemfelder der Kommunen & Schwarz Cybersecurity weist in diesem Kontext darauf blieben die Kompetenz der Mitarbeitenden und die Stellung der hin, dass „alle großen Cloud-Anbieter nicht wirklich sicher IT in der Verwaltung: „Obwohl mittlerweile viele Kommunen sind“. Ferner erklärt er, dass sämtliche Daten, welche in eine einen Informationssicherheitsbeauftragten beschäftigen, muss Cloud überführt werden „mehr oder weniger kompromittiert die Wertschätzung der IT weiter gesteigert werden. Gelingen sind“. Des Weiteren bestärkt der IT-Sicherheitsberater die kann das auch nur in Kombination mit einer Steigerung der Bemühungen, Microsoft Teams für Bildungseinrichtungen IT-Kompetenz von allen Mitarbeitenden in der Verwaltung“, und Verwaltungen weiter verfügbar respektive überhaupt sagt der IT-Sicherheitsbeauftragte auf einer Diskussionsrunde möglich zu machen. des Kongresses Digitaler Staat. Ansgar Kückes, Chief Architect Public Sector bei Red Hat Besonders in der IT-Sicherheit drängt sich des Öfteren ein wirbt in diesem Kontext nicht nur für die üblichen Lösun- Vergleich mit den Corona-Maßnahmen auf. Die Rede ist vom gen von proprietärer Software, sondern drängt auch auf Präventionsparadoxon. Während in der Pandemie retrospektiv Open-Source-Anwendungen: „Für Open Source braucht bestimmte Maßnahmen und deren Notwendigkeit hinterfragt man – anders als oft behauptet – keine speziellen Skills. Das werden, gilt das für auch für die IT-Sicherheit: „Die Menschen gilt nur für Änderungen am Code selbst. Für die restliche sind sich oft nicht bewusst, wie wichtig gute Präventionsarbeit Handhabung der Programme sind keine besonderen Tech- im Digitalen ist“, so Reinartz. Das kann dann dazu führen, niken nötig. Das ist an manchen Stellen sogar einfacher als dass die Notwendigkeit von Personal und Budget hinterfragt Windows zu bedienen. Ich persönlich finde Open Source wird, weil die vorbeugende Wirkung der Cyber-Sicherheit nicht chaotisch, sondern sehr geregelt.” Darüber hinaus sei schwer zu messen ist, urteilt der IT-Sicherheitsbeauftragte. für den IT-Experten Open Source ein wichtiger Treiber der digitalen Souveränität: „Ich fühle mich einfach wohler, wenn ich gute proprietäre Software und auch Open-Source-Optio- nen nutzen zu kann“, so Kückes. Es fehlt an Know-how und Geld Diese Angebotsdichte hätten auch einige Kommunen ger- ne. Allerdings weist Alexander Handschuh, Sprecher des deutschen Städte- und Gemeindebunds, darauf hin, dass den Städten und Kommunen das Geld, Know-how und Unterstützung durch Bund und Länder fehlt. „Wir müssen die Kultur des Voneinander-Lernens mehr einbringen. Damit meine ich nicht nur die Kommunen von Bund und Ländern, sondern auch untereinander.” Wenn die Pandemie gut bewältigt wird, werden im Nachhinein Fragen laut, ob bestimmte Maßnahmen überhaupt nötig waren. Dieses so- genannte Präventionsparadoxon ist auch in der IT-Sicherheit zu beob- achten. Foto: BS/P Tate, pixabay.com 14
Digitaler Staat Win-Win-Win Situation Wie Bund, Länder und Kommunen gemeinsam profitieren können ⟩⟩⟩ Gastbeitrag von Jan Pörksen, Staatsrat und Chef der Hamburger Senatskanzlei V iele Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen fragen kultur dar. Dessen Bedeutung wird bald für alle sichtbar. zu Recht, warum die Verwaltung noch immer viel Für in ganz Deutschland einheitliche Verfahren – die einen weniger digital ist als ihr Alltag. Der Blick auf das sehr großen Anteil der Routineaufgaben der Verwaltungen zurückliegende Jahr zeigt uns jedoch wichtige Fort-schritte ausmachen – entwickelt ein Land einen Online-Dienst und der Verwaltungsdigitalisierung, die wir schon unmittelbar alle anderen Länder können diesen anschließend nutzen. zu spüren beginnen. Und mit der nahenden Umsetzungs- Dadurch werden mehrfache Entwicklungen des gleichen frist des Onlinezugangsgesetzes Ende 2022 im Blick werden Dienstes vermieden und es können erhebliche Ressourcen- Bund, Länder und Kommunen in einer gemeinsamen Kraft- einsparungen erzielt werden. Mittelfristig werden sich in der anstrengung dieses Jahr mehr Verwaltungsleistungen online Folge zudem die heute teilweise ausufernden Fachverfahrens- verfügbar machen als je zuvor. Das wird Bürgerinnen, Bürgern landschaften konsolidieren, was zu weiteren Einsparungen und Unternehmen viel Zeit und Aufwand ersparen. Gerade führen wird. So werden alle Ebenen profitieren – Länder und die Digitalisierung von Massenverfahren wird aber auch der Kommunen von einer Reduktion der täglichen Aufgabenlast Verwaltung selbst neue Möglichkeiten eröffnen. Bund, Länder im Vollzug, der Bund und alle Nutzenden zudem von einer und Kommunen können dabei gemeinsam profitieren – eine weiteren Harmonisierung des Vollzugs bundeseinheitlicher Win-Win-Win-Situation ist zumindest möglich. Regelungen. Das Ziel ist einleuchtend und eigentlich kann keiner dagegen sein – es erfordert aber in der Umsetzung Lassen Sie mich ein Beispiel geben: Für die Ummeldung die Beseitigung mancher bürokratischen Hürden und einen nach dem Umzug als eine der Top-10-Verwaltungsleistungen Kulturwandel auf allen Ebenen der Verwaltung, der nur können wir – für den Anfang nur in Hamburg, aber bald auch gelingen wird, wenn alle Verwaltungsspitzen mutig voran- bundesweit - noch im schon bald eine volldigitale Lösung schreiten und diesen Kurs unterstützen. anbieten. In Deutschland gibt es 5,5 Millionen Umzüge pro Jahr. Das bringt neben unzähligen, oftmals zeitraubenden Behördengängen für die Bürgerinnen und Bürger auch für die Verwaltungen einen hohen Aufwand mit sich. Für jeden einzelnen Umzug setzt die Verwaltung im Schnitt sieben Minuten Bearbeitungszeit an, real dauert es oft länger. Das bindet große Personalkapazitäten mit Routineaufgaben, die durch digitale Angebote vermeidbar werden. Die Digitalisierung eröffnet den Verwaltungen so Spielräume Jan Pörksen ist Staatsrat und Chef für Innovation und mehr Qualität in der Dienstleistung. Das der Hamburger Senatskanzlei gilt insbesondere für diejenigen, die heute das Rückgrat des Foto: BS/Senatskanzlei Hamburg/ Daniel Reinhardt Verwaltungsvollzugs sind: Die Landes- und Kommunalver- waltungen. Sie werden perspektivisch von der Entlastung von massenhaften Routineaufgaben am meisten profitieren. Konsequente Digitalisierung brauchen wir darüber auch, Damit ergeben sich neue Möglichkeiten für einen gelebten wenn wir den Blick auf Europa richten. Mit der Umsetzung Föderalismus, in dem Länder und Kommunen mehr Kun- der Single-Digital-Gateway-Verordnung ermöglichen wir, denorientierung und Raum für eigene Projekte haben. Also dass Menschen und Unternehmen in Europa noch enger zu- genau das, was wir von einer Verwaltung erwarten, die nah sammenwachsen können. Denn wenn Verwaltungen digital an den Bedürfnissen der Menschen im Land ist. arbeiten, lassen sich Sprachbarrieren viel leichter überwinden, Anträge und Nachweise müssen nicht mehr umständlich Alle gemeinsam werden wir zudem von geringeren Kos- auf Papier durch Europa reisen. Gerade für Deutschland ten profitieren, die aus dem Prinzip „Einer-für-Alle“ (EfA) als exportorientierte Wirtschaftsnation mit einer alternden resultieren werden. Erstmalig im Konjunkturpaket der Bun- Bevölkerung ist es wichtig, für Unternehmen und Menschen desregierung 2020 für die beschleunigte Umsetzung des aus anderen europäischen Mitgliedsstaaten nahbar und offen Onlinezugangsgesetzes eingeführt, stellt das EfA-Prinzip zu sein. Mit einer konsequent digitalen Verwaltung tragen einen Paradigmenwechsel in der deutschen Verwaltungs- wir dazu an wichtiger Stelle bei. 15
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