Deutschland + 2022 Strategien für die Digitalisierung in Bund, Ländern und Kommunen - Digitaler Staat Online

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JAHRBUCH

Deutschland                                2022
Strategien für die Digitalisierung in Bund,
Ländern und Kommunen

     Impulse zur Verwaltungsdigitalisierung aus den Kongressen und
     Online-Veranstaltungen des Behörden Spiegel
Deutschland + 2022 Strategien für die Digitalisierung in Bund, Ländern und Kommunen - Digitaler Staat Online
1.0 0 0 F R A G E N   AN DIE ZUKUNFT
                                                                      N r. 4 9 5

       WELCHE SEITE
       HAT ZUKUNFT?
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Deutschland + 2022 Strategien für die Digitalisierung in Bund, Ländern und Kommunen - Digitaler Staat Online
JAHRBUCH DEUTSCHLAND+ 2022

Editorial
Digitalisierung nicht in die Defensive bringen

Digital voranzugehen und dabei optimistisch zu sein trotz aller pandemischen Herausforderungen –
oder vielleicht eher gerade wegen dieser – ist unser aller Anliegen. Wir schauen gespannt auf die Agen-       Dr. Eva-Charlotte
da der neuen Ampel-Koalition auf Bundesebene. Der Koalitionsvertrag enthält zahlreiche Aussagen zu            Proll
Reformen und infolge neuer Gesetze, doch über die konkrete Ausgestaltung wissen wir wenig.                    Herausgeberin
    Wie geht es z.B. mit der IT-Konsolidierung des Bundes trotz neuem Lenkungsausschuss von BMI und           Behörden Spiegel
BMF weiter? Wie geht es weiter mit dem ewigen Projekt der Konsolidierung der Netze des Bundes?                und Mitglied der
Wie wird sich die Stärkung einzelner Institutionen bzw. Behörden wie der Fitko und dem BSI auf das            Geschäftsleitung
Gesamtgefüge der Digitalisierung auswirken? Wie wird auch die Positionierung anderer, wie der BWI,
aussehen?
    Laut Koalitionsvertrag soll es keine aktive Cyber-Abwehr geben. Aber ist das angesichts ständiger
­Angriffe auf Kritische Infrastrukturen unterhalb des Verteidigungsfalls sinnvoll?
    Auch das mit der neuen Regierung kein Digitalisierungsministerium eingerichtet wurde, mag wohl
 einige Verfechter enttäuschen. Der Digitalisierung ist kein eindeutiges Gesicht zugeordnet.
    Dennoch lautet der Vorteil: Digitales ist überall mit drin und muss überall mitgedacht werden! Wichtig
 dabei ist – das zeigen alle aktuellen und wichtigen Gesetze und Reformen, das OZG voran – Digitalisie-
 rung darf nicht in die Defensive geraten. Die „gemeinsamen Zuständigkeiten“ in zentralen Digitalisie-
 rungsvorhaben, verteilt auf mehr als ein halbes duzend Ministerien, wird nur bei deren Einigkeit ins Ziel
 führen. Die Regel – ­so sagt man – ist, dass zwei Jahre regiert und dann zwei Jahre gewählt wird. Doch die
 Ampel hat nur ganze vier Monate, dann sind 2022 vier wichtige Landtagswahlen zu bestreiten.
    Auf viele Herausforderungen liefert unser Jahrbuch Deutschland+ mit der Abbildung zukunftsorien-
 tierter Kongressthemen und -schwerpunkte Antworten. Zahlreiche unserer Veranstaltungen aus dem
 vergangenen Jahr geben Anlass zu resümieren und die Schlüsse für das begonnene Jahr zu ziehen.
    Während 2020 noch viele Veranstaltungen verschoben wurden, konnten wir im Jahr 2021 nachholen,
 was offengeblieben war, real, hybrid oder digital. Dieses Konzept hat sich bewährt und gibt uns, wie
 unseren Partnern, viel Flexibilität bei der nach wie vor unsicheren Planungslage. Ich freue mich daher
 sehr, Ihnen mit der vorliegenden Publikation eine Übersicht unseres breitgefächerten Themen- und
 ­Veranstaltungsspektrums geben zu können.
    Neben unserer eigenen fortschreitenden Digitalisierung haben wir auch die Weiterentwicklungen in
  den einzelnen Ländern genau verfolgt. Dazu gehört zum einen unsere Reihe „Spot On-OZG“, die Sie kos-
  tenfrei auf unserer Veranstaltungsplattform www.digitaler-staat.online (hier in der Mediathek) einsehen
  können, aber auch diverse Regionalkongresse, die wir auch im Jahr 2022 wieder anbieten. Dazu gehören
  der „Zukunftskongress Bayern“, der „Digitalisierungskongress Baden-Württemberg“, „Rheinland-Pfalz
  4.0“, der „Nordl@nder-Kongress“, „e-nrw“ und „Hessen Digital“ sowie unser „Innovationssymposium
  Künstliche Intelligenz“. Auch die Kongresse „Digitaler Staat“ und „PITS“ (Public IT Security) konnten wir
  2021 real bzw. hybrid durchführen. Hybrid wurden zudem die „ITSicherheitstage Niedersachsen“ und je
  ein IT-Sicherheitstag im Freistaat Sachsen und in RheinlandPfalz durchgeführt.
    All diese Veranstaltungen werden auch 2022 für Expertinnen und Experten der Verwaltungsdigitali-
  sierung sowie Interessierte wieder inhaltliche Highlights und Begegnungsmöglichkeiten bieten. Das
  ungebrochene Interesse an diesen hochkarätigen Veranstaltungen veranschaulicht deren thematische
  Aktualität ebenso wie die hohen Zahlen bei Teilnehmerinnen und Teilnehmern bzw. Zuschauer­innen
  und Zuschauern. Auch im Jahr 2022 werden wir die fachliche Aufmerksamkeit durch unsere Angebote
  bündeln!
    Die Bundesregierung will die erste Klima-Regierung sein, das könnte womöglich der Schlüssel für den
  Schub werden, den alle Ressorts in der Digitalisierung brauchen. Digitalisierung ist ja in der Tat kein
  Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck, zu mehr Effizienz und Effektivität, zu mehr Transparenz und
  Teilhabe, aber auch zur Erreichung des Klimaziele.
    Ich freue mich darauf, vielen von Ihnen bei unseren Veranstaltungen – ob virtuell oder persönlich –
  begegnen zu dürfen.

                                                                                                                                  3
Deutschland + 2022 Strategien für die Digitalisierung in Bund, Ländern und Kommunen - Digitaler Staat Online
JAHRBUCH DEUTSCHLAND+ 2022

Inhalt
S. 5 Grußwort PD Dr. Sönke E. Schulz                                                                                                                                                                     S. 42 Veranstaltungsplattform neuestadt.org
	Die Rolle von Austausch und Kooperation auf dem                                                                                                                                                        	Digitalisierung zum Anfassen: Voraussetzungen
     Weg in eine leistungsfähige Digitale Verwaltung                                                                                                                                                           und Anwendungsoptionen in Kommunen

S. 6 Zukunftskongress Bayern                                                                                                                                                                             S. 44 Digitale Verwaltung Rheinland-Pfalz
	2021 – ein Jahr der Umsetzung.                                                                                                                                                                         	Erfolge bewahren und ausbauen

S. 9 Gastbeitrag Judith Gerlach                                                                                                                                                                          S. 49 Gastbeitrag Alexander Schweitzer
	Erfahrungsbericht: Welche Vorteile/Nachteile                                                                                                                                                           	Mehr Agilität wagen
     bietet ein eigenständiges Digitalministerium?
                                                                                                                                                                                                         S. 52 Innovationssymposion Künstliche Intelligenz
S. 12 Digitaler Staat                                                                                                                                                                                    	Innovation ermöglichen, Risiken vermeiden
	Proprietäre Software, Open-Source, Blockchain,
                                                                                                                                                                                                         S. 54 Gastbeitrag Prof. Dr. Stefan Wolfgang Pickl
      KI und Digitalisierungsbremsen endlich angehen
                                                                                                                                                                                                         	KI zwischen Privaten und Öffentlich:
S. 15 Gastbeitrag Jan Pörksen                                                                                                                                                                                  Wer profitiert wie und wann?
	Win-Win-Win Situation: Wie Bund, Länder und
                                                                                                                                                                                                         S. 56 Nordl@nder Digital
      Kommunen gemeinsam profitieren können
                                                                                                                                                                                                         	Digitalisierung in der Fläche und mit den
S. 22 HEssen Digital                                                                                                                                                                                           Menschen
	Perfektion, Kompetenzen und Exzellenz
                                                                                                                                                                                                         S. 58 Gastbeitrag Ina-Maria Ulbrich
S. 27 Gastbeitrag Prof. Dr. Kristina Sinemus                                                                                                                                                             	Agil in die Zukunft: Von Teams, Vertrauen
	Wo Zukunft zuhause ist: Digitale Souveränität                                                                                                                                                                und Fehlerkultur
      für Hessen, Deutschland und Europa
                                                                                                                                                                                                         S. 62 Public-IT-Security
S. 30 Baden-Württemberg 4.0                                                                                                                                                                              	Mensch, Technik und Staat
	Smarte Kommunen dank Bürgerbeteiligung,
                                                                                                                                                                                                         S. 65 Gastbeitrag Andreas Könen
      Wissenstransfer und Nachhaltigkeit
                                                                                                                                                                                                         	Informationssicherheit in der
S. 33 Gastbeitrag Thomas Strobl                                                                                                                                                                                öffentlichen Verwaltung
	Verwaltung 4.0 in der Industrie 4.0: Zwischenstand
                                                                                                                                                                                                         S. 72 e-nrw
      und Zukunftsaussichten
                                                                                                                                                                                                         	Kleine Schritte und Best-Practice
S. 38 Veranstaltungsplattform digitaler-staat.online
                                                                                                                                                                                                         S. 74 Gastbeitrag Prof. Dr. Andreas Pinkwart
	Alles für den Digitalen Staat: Sicher und
                                                                                                                                                                                                         	Vorreiter statt Getriebene: Digitale Angebote
      anwenderfreundlich in der digitalen Verwaltung
                                                                                                                                                                                                               sind ein Anspruch der Verwaltung selbst
S. 40 Termine 2022
                                                                                                                                                                                                         S. 78   Impressum
	Wer, wo, wie und wann?

                25. Februar 2020, München

           7. Zukunftskongress Bayern

        Den Gipfel im Blick                                                                                                              BADEN-
                                                                                                         Grafik: Mini, stock.adobe.com

                                                                                                                                         WÜRTTEMBERG
         Der Aufstieg der digitalen Verwaltung im Freistaat
                                                                                                                                                                                                                       Grafik: BS/Hoffmann unter Verwendung von stock.adobe.com, artvengers

         25. Februar 2021, Online-Event

                Künstliche Intelligenz                       IT-Sicherheit
            Digitales Rathaus           Smart City             Kulturwandel                                                              1. Juli 2021
          Bayern-Portal           Safe the date                                            Kooperation
                                                                                                                                         Online-Kongress
                   Onlinezugangsgesetz                        Workflow                                                                   www.bw-4-0.de                    #bw40
                               Gigabit             Automatisierung

         www.zukunftskongress.bayern         #zkonbayern21        Eine Veranstaltung des

                                                                                                                                                                                                                                                                                              Der Kongress Deutschlands für IT- und Cyber-Sicherheit bei Staat und Verwaltung
                                                                                                                                               Digitale Verwaltung

                                                                                                                                               Rheinland-Pfalz 2021                                                                                                                                PITS 2021
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                         www.public-it-security.de

                                                                                                                                             Transformation der Arbeitswelt – Transformation der Verwaltung
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                      Panta Rhei – IT-Security by future
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        9.–10. September 2021, bcc Berlin
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     Foto: ©sdecoret - stock.adobe.com

                                                                                                                                             26. August 2021 | Online-Event
                                                                                                                                             www.dv-rlp.de            #dvrlp21
                                                                                                                                             Eine Veranstaltung des                                                                                                                           Eine Veranstaltung des

 HEssenDIGITAL                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Zukünftige IT-Strategien in Nordrhein-Westfalen

                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Die Digitale Dekade 2020/2030 in NRW
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Online-Event

 Vernetzte Verwaltung in Land und Kommunen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Strategie und Umsetzung der Verwaltung 4.0 in Land und Kommunen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                  10. November 2021
 22. Juni 2021                                                                                                                                                                                                                                                                                    KEYNOTES:

 www.hedigital.de                           #hedigital21                                                                                                                                                                                                                                                                Prof. Dr. Andreas Pinkwart
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Der Minister für Wirtschaft,
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Prof. Dr. Dörte Diemert,
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Kämmerin der Stadt Köln und Ver-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Mathias Richter,
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Staatssekretär im Ministerium für
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Innovation, Digitales und Energie                          bandsvorsteherin des KDN berichtet                                     Schule und Bildung des Landes
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        des Landes Nordrhein-Westfalen                             über die NRW-Kommunen und ihre                                         Nordrhein-Westfalen skizziert den
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        eröffnet den Kongress mit der                              IT-Dienstleister in der Zukunftsver-                                   Digitalunterricht in der Zukunft.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Digitalstrategie des Landes als                            antwortung.
 Eine Veranstaltung des                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Erfolgsgarant für den Standort NRW.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Foto: Roberto Pfeil                                         Foto: © Stadt Köln                                          Foto: ©MSB / Susanne Klömpges

                                                                                                                                                                                                                                                                                                  Ausführliche Informationen zum Programm und Anmeldung unter: www.e-nrw.info                                                                   Eine Veranstaltung des

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Deutschland + 2022 Strategien für die Digitalisierung in Bund, Ländern und Kommunen - Digitaler Staat Online
JAHRBUCH DEUTSCHLAND+ 2022

// Grußwort von PD Dr. Sönke E. Schulz

Die Rolle von Austausch und Kooperation auf dem Weg
in eine leistungsfähige Digitale Verwaltung
Die Digitalisierung der Verwaltung und immer           Und wer weiß, ob am Ende der Verwaltungscloud-
schnellere Innovationszyklen erfordern es, ergebnis-   Strategie nicht eine gemeinsame Gesellschafts-
offen zu reflektieren, ob die bisherigen Formen der    struktur steht, die dann ebenfalls sicherstellen muss,
Realisierung zukunftstauglich sind. Dies beinhaltet    dass neben den Bundesländern auch kommunale
das kritische Hinterfragen einzelner E-Government-     Gebietskörperschaften möglichst niedrigschwel-
Module ebenso wie eine Analyse, in wessen Ver-         lig partizipieren können. Insofern ist zu begrüßen,
antwortung welche Bausteine des E-Governments          dass der Koalitionsvertrag auf Bundesebene explizit
liegen sollten. Angesichts des drohenden Fach-         formuliert wird, dass die Kommunen im Rahmen
kräftemangels dürften viele, insbesondere kleine       des EfA-Prinzips entwickelte Lösungen übernehmen
Verwaltungen, zukünftig an Grenzen stoßen. Ohne        können müssen. Und auch der IT-Planungsrat hat
mehr Kooperation innerhalb der öffentlichen Verwal-    jüngst den Ansatz eines ganzheitlichen EfA-Nach-
tung und darüber hinaus, im Sinne eines Austauschs     nutzungsmodells und den Aufbau eines anbieter-
mit Unternehmen, NGOs und der Wissenschaft und
deren Einbindung, wird es nicht gehen.                 PD Dr. Sönke E. Schulz
  Mehr Kooperation hinsichtlich der „Verwaltung        Geschäftsführendes Vorstandsmitglied
der Verwaltung“ schwächt die eigenverantwortliche      des Schleswig-Holsteinischen Landkreis-
Gestaltung nicht, sondern ist geeignet, Handlungs-     tages, Vorsitzender des Nationalen E-Go-
fähigkeit hinsichtlich der Sachaufgaben zu erhalten.   vernment-Kompetenzzentrums
Die Erkenntnis, dass nicht jede Verwaltung das                                    Foto: BS/Kathrin Knoll

Rad neu erfinden muss, ist nicht neu, ihre Nicht-
berücksichtigung würde aber im Kontext des OZG
das Scheitern vorprogrammieren. Allein die hohe        offenen Marktplatzes unter Einbindung der Kommu-
Anzahl der zu digitalisierenden Verwaltungsverfah-     nen befürwortet.
ren macht die OZG-Umsetzung zu einer besonderen          Schließlich müssen die vielen Projektergebnisse
Herausforderung, die es zwingend erscheinen lässt,     und Bausteine für eine digitale Verwaltung individu-
arbeitsteilig vorzugehen. Ein wesentliches Element,    ell für jede Verwaltung zusammengefügt und betrie-
um gleichwohl die OZG-Ziele in time, in budget, in     ben werden – unabhängig davon, ob es sich um Ba-
quality zu erreichen, ist das Einer-für-Alle-Prinzip   siskomponenten, EfA-Dienste, eigene Anwendungen
(EfA), also ein kooperativer und wettbewerblicher      und Fachverfahren oder um klassische Standard-
Föderalismus.                                          Software handelt. Hier rücken die IT-Dienstleister der
  Für das EfA-Modell bedarf es einer Drehscheibe,      öffentlichen Hand in den Mittelpunkt. Angesichts
die den Austausch der Leistungen organisiert und       der Komplexität der Herausforderungen dürfte der
die aus den vielen Akteuren – wenige Federführer       klassische „Eigenbetrieb“ überhaupt nur für große
und damit: Betreiber, viele unterschiedliche Nutzer    Verwaltungen noch eine realistische Option sein.
– resultierende Komplexität reduziert. Die Koordi-     In den nächsten Jahren dürften sich daher größere
nierung erfolgt kooperativ durch die Bund-Länder-      Kooperationsstrukturen herausbilden, wobei diese
Anstalt FITKO, die den operativen Unterbau für den     – gerade in der öffentlichen Verwaltung – nicht in
IT-Planungsrat bildet und mithilfe des FIT-Stores      einen Wettbewerb untereinander treten, sondern
die Nachnutzung ermöglichen soll. EfA-Prinzip und      bestimmte Themen gemeinsam, partnerschaftlich
Nachnutzung im FIT-Store dürften aber nur die          angehen sollten, z. B. den Rechenzentrumsbetrieb.
ersten von vielen Anwendungsfällen sein: So ist die    Bei anderen Aspekten dürfte hingegen eine Speziali-
govdigital mit dem Ziel angetreten, die Vorausset-     sierung, ggf. auch über Bundeslandgrenzen hinweg,
zungen für die gemeinsame Entwicklung, Imple-          und unter Einbeziehung externer Expertise anzu-
mentierung und den gemeinsamen Betrieb von             streben sein. Es scheint ausgeschlossen, dass jeder
IT-Systemen zu schaffen, Provitako will durch den      Dienstleister die erforderliche Expertise z. B. für KI,
gemeinsamen Einkauf die Wirtschaftlichkeit und         Cloud, Blockchain oder (Linked) Open Data vorhält.
Wettbewerbsfähigkeit ihrer Mitglieder verbessern.

                                                                                                                 5
Deutschland + 2022 Strategien für die Digitalisierung in Bund, Ländern und Kommunen - Digitaler Staat Online
JAHRBUCH DEUTSCHLAND+ 2022
          25. Februar 2020, München

     7. Zukunftskongress Bayern

    Den Gipfel im Blick
    Der Aufstieg der digitalen Verwaltung im Freistaat
    25. Februar 2021, Online-Event

          Künstliche Intelligenz                                 IT-Sicherheit
      Digitales Rathaus            Smart City                        Kulturwandel
     Bayern-Portal           Safe the date                                                        Kooperation

            Onlinezugangsgesetz                                   Workflow
                         Gigabit                     Automatisierung

    www.zukunftskongress.bayern           #zkonbayern21                  Eine Veranstaltung des

Zukunftskongress Bayern

2021 – ein Jahr der Umsetzung
In der Praxis durchzustarten bedeute, Erfolge in die Fläche zu tragen
              ⟩⟩⟩ von Paul Schubert und Thomas Petersdorff, Behörden Spiegel

             N
                        och gut anderthalb Jahre bleiben Bund, Ländern               tigen, um sich künftig noch resilienter aufstellen zu können.
                        und Kommunen, die Anforderungen des Online-                  Wesentlicher Bestandteil einer krisenfesten Verwaltung: die
                        zugangsgesetzes (OZG) zu erfüllen. Für die bayeri-           bürger- und wirtschaftszentrierte Abwicklung des Online-
              sche Staatsministerin für Digitales, Judith Gerlach, höchste           Zugangs. Oberstes Ziel müsse es sein, mit „Qualität und
              Zeit, in der Praxis durchzustarten und messbare Erfolge für            Komfort” zu überzeugen, betont Gerlach. Im Freistaat fahre
              Bürgerinnen und Bürger zu schaffen. Ihr Aufruf: „2021 soll             man darum einen Multi-Kanal-Ansatz, der neben dem sta-
              ein Jahr der Umsetzung werden.” Doch wird mit Blick auf                tionären Angebot auch mobile Lösungen im Portfolio führe.
              das herannahende Fristende vor allem eines deutlich: Die                 „Mobile first ist schon seit Jahren die dominierende Strategie
              Einschätzungen über die Machbarkeit des Großprojektes                  der führenden Unternehmen wie etwa Google und Facebook.
              OZG divergieren mitunter erheblich. In dem Punkt bildet                Entsprechend steigt auch die Erwartungshaltung”, führt
              auch der Freistaat Bayern, der mit einem Multi-Kanal-An-               Gerlach aus. Mit der jüngst gelaunchten „BayernApp” biete
              satz und 55 bereits digitalisierten OZG-Leistungen eine                man Bürgerinnen und Bürger nun auch auf dem eigenen
              Sonderstellung im Konzert der Länder beansprucht, keine                Smartphone Zugriff auf staatliche und kommunale Service-
              Ausnahme. Skeptisch bleiben nicht zuletzt die Kommunen,                leistungen. Die App sei die erste ihrer Art in Deutschland
              die sich mehr Unterstützung wünschen.                                  und müsse als Version 1.0 nun sukzessive mit Leben erfüllt
                „Weg mit den Stuhlkreisen, hin zu tatsächlichen Service-             werden. Nicht zuletzt sei der Go-Live auch als Anstoß zu
              leistungen für Bürgerinnen und Bürger” – der Appell von                verstehen, die Phase der Theorie hinter sich zu lassen und
              Staatsministerin Judith Gerlach fällt eindringlich aus. Ohne           bei der Umsetzung des OZG messbare Erfolge zu schaffen.
              Zweifel habe die Corona-Pandemie der Digitalisierung hier-             Das ginge freilich nur im Team, meint Gerlach und ermun-
              zulande entscheidende Impulse gegeben, doch gelte es nun,              tert die Kommunen, das Projekt gemeinsam mit dem Land
              Errungenschaften und Mindset der letzten Monate zu verste-             voranzubringen.

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Deutschland + 2022 Strategien für die Digitalisierung in Bund, Ländern und Kommunen - Digitaler Staat Online
Zukunftskongress Bayern

                                             https://www.zukunftskongress.bayern.de
             Grafik: Mini, stock.adobe.com

                                             Digitalisierung ist    Hemmfaktor
                                             Teamarbeit             Föderalismus
                       Kooperation steht für die Staatsministe-       Davon weicht die kommunale Perspektive doch erheblich ab.
                    rin auch bei der Nutzung bereits verfüg-        Für Dr. Uwe Brandl, erster Bürgermeister von Abensberg und
                    barer OZG-Leistungen im Vordergrund.            Präsident des Bayerischen Gemeindetags, ist der Föderalis-
                    Statt die Digitalisierung aller 575 Leis-       mus mit einer der Gründe, weshalb sich die Digitalisierung
                    tungsbündel in Angriff zu nehmen, habe          in Form des OZG eher schleppend anlässt. „Wir sind nicht
                    man sich im Freistaat für eine Strategie        da, wo wir sein sollten”, konstatiert er und fügt an: „Das hängt
                    der Priorisierung entschieden. Nachdem          sicher auch damit zusammen, dass die föderale Systematik
                    man sich einen Überblick verschafft habe,       nicht für die notwendigen einheitlichen Prozesse die beste
                    welche Services am meisten genutzt wür-         Plattform und den besten Katalysator bietet. Da helfen auch
                    den, seien die 55 Top-Leistungen Ende           drei Milliarden Euro für die Umsetzung des OZG kaum.”
                    letzten Jahres online gegangen. Dabei           Brandl sieht Bund und Länder in der Pflicht, gemeinsam mit
                    bedeute Priorisierung keineswegs, den An-       den Kommunen die Voraussetzungen für solch einheitliche
                    spruch auf Vollständigkeit fallenzulassen;      Systeme zu schaffen; die Verwaltung mitsamt ihren Fachver-
                    erweitert werde lediglich das Zeitfenster       fahren eingeschlossen.
für die Umsetzung, so Gerlach. Am Ende entscheide sich                Doch nicht nur das: Wie Brandl ausführt, ist Digitalisierung
der Erfolg des OZG allerdings daran, inwieweit es gelinge,          mehr als nur E-Government und digitale Verwaltungsabläufe.
schon verfügbare Lösungen in die Fläche zu bringen. Es helfe        Digitalisierung bedeute schließlich auch, ein vollkommen
nichts, Leistungen zu digitalisieren, wenn diese daraufhin          neues Ökosystem zu schaffen. Vor allem für den ländlichen
nicht in den Kommunen – und damit bei den Bürgerinnen               Raum seien hier große Potenziale zu heben, die perspektivisch
und Bürgern – ankämen.                                              einen Beitrag zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse
  Nach Ernst Bürger, Abteilungsleiter „Digitale Verwaltung,         leisten könnten. Entscheidend sei, dass nun Tempo aufgenom-
Steuerung OZG” im Bundesministerium des Innern, für Bau             men und sich von einem Denken verabschiedet werde, das
und Heimat (BMI), entwickelt sich der Prozess gut. So seien         analoge Prozesse digitalisieren wolle. „Digitalisierung ist ein
bereits über die Hälfte der OZG-Leistungen verfügbar. Diese         umfassendes und umwälzendes Umbauprojekt, das über die
allerdings nicht flächendeckend und in der erforderlichen           digitale Abbildung bisher analoger Vorgänge weit hinausgeht.
Qualität. Dennoch hätten im Freistaat Bayern „bis Ende              Erst durch die Vernetzung zuvor meist getrennt voneinander
2020 die wichtigsten Leistungen zur Verfügung” gestanden,           agierender Bereiche entstehen bislang ungenutzte Mehrwerte.”
so Dr. Vanessa Greger, vom Referat Digitale Verwaltung im
Bayrischen Staatsministerium für Digitales (STMD). Die
Referatsleiterin erklärt weiter, dass „die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter in den Verwaltungen fit gemacht werden
müssen, die dürfen nicht allein gelassen werden”. Die wich-
tigsten Leistungen sind derweil bereits aktiv, darunter etwa
die Beantragung des Führerscheins, des Bewohnerparkaus-
weises und des Wohngelds. Ermöglicht wird dies u. a. mit
dem Konjunkturpaket des Bundes, das die Förderung des
Projektes mit drei Milliarden Euro unterstützt.
  Besonders wichtig sei es dabei, dass „die Bedienung für die
Bürger benutzerfreundlich” sei, betont Bürger. Der kommuna-
len Ebene falle dabei die wichtigste Rolle zu, da dort der engste
Berührungspunkt mit den Bürgerinnen und Bürgern und den
Unternehmen sei. Bei der Bewältigung der Digitalisierung
bedienten sich kleine Kommunen vor allem am Markt oder              Mit Qualität und Komfort überzeugen: Die baye-
nutzten zentrale Lösungen. Große Kommunen und Städte                rische Staatsministerin Judith Gerlach plädiert für
wollten lieber interne Ansätze verfolgen. Ziel solle es nach        einen Multi-Kanal-Ansatz, um Bürgerinnen und
Dr.Greger aber sein, dass „Deutschlandweit ein eigener Weg          Bürger zu überzeugen.             Foto: BS/Dombrowsky
gefunden wird“.

                                                                                                                                       7
Deutschland + 2022 Strategien für die Digitalisierung in Bund, Ländern und Kommunen - Digitaler Staat Online
JAHRBUCH DEUTSCHLAND+ 2022

„Je zentraler, desto besser”
Kommunalen IT-Betrieb ressourcensparend und sicher ausrichten
        ⟩⟩⟩ von Paul Schubert und Benjamin Stiebel, Behörden Spiegel

       I
           T-Betrieb ist ein Ressourcenfresser. Und er wird aufwendi-     unter anderem kommunal genutzt und gefördert. In Kürze
           ger, je agiler und krisenfester man ihn aufstellen will. Das   steht ein Update an, mit dem der Verein auf die steigende
           betrifft längst nicht nur die Technik. Ohne ein ordentliches   Komplexität der Abläufe reagiert.
        IT-Sicherheitsmanagement geht es nicht. Spätestens seit             Generell wachsen die Aufgaben im IT-Betrieb, je mehr
        den Erfahrungen mit der Pandemie werden auch Rufe nach            Abläufe in einem Unternehmen oder in den Verwaltungen
        einem IT-Notfall-Management oder Business-Continuity-             getätigt werden. Dennoch müssen sich die Sicherheitskonzepte
        Management lauter. Kleine Organisationen und Kommunen             immer der Infrastruktur unterordnen und die Kopplung dieser
        können all das nicht mehr allein leisten. Das Gebot der Stunde    Mechanismen verbessert werden. Auch kleinere Unterneh-
        daher: Zentralisierung. Der Trend geht dahin, möglichst viele     men und Kommunen fangen an, ihre IT-Dienstleistungen
        Aufgaben bei gemeinsamen Rechenzentren zu bündeln. „Je            auszulagern. Der Trend geht vor allem dahin, Aufgaben an
        zentraler, desto besser”. So das Motto von Bernd Katheder,        zentrale Rechenzentren abzugeben. Dies gilt allerdings auch
        Leiter der Abteilung Sicherheitsberatung im Landesamt für         für größere Kommunen und sogar die Bundesländer. Schwierig
        Sicherheit in der Informationstechnik (LSI). Ein kommunales       werde es, wenn selbst Laien in Organisationen die IT über-
        Behördennetz der IT sei zu präferieren, zentrale Dienst-          nehmen, so Kampmann. Er plädiert für eine Zentralisierung
        leistungen resultierten in besserer Qualität und besserer         der Dienstleistungen und fordert mehr Transparenz bei den
        Versorgung, so Katheder.                                          Anbietern und mehr Open-Source-Modelle.
                                                                            Vor allem im Hinblick auf den steigenden Bedarf an Homeof-
        Aufwände steigen                                                  fice bzw. Remote-Aktivitäten wachsen die Herausforderungen
          Die Herausforderungen liegen vor allem bei den kleineren        auch für die IT-Sicherheit. Das soll aber nicht zwangsläufig
        Kommunen. Dort werden aufgrund der mangelnden Per­                bedeuten, dass das Risiko für Sicherheitslücken größer wird.
        sonalstärke mehr Aufgaben auf eine Person konzentriert.
        Dr. Matthias Kampmann, Mitarbeiter im IT-Sicherheitscluster       Homeoffice im Griff
        e. V., weist auf die Bedeutung von ISIS12 hin. Hierbei handelt      Katheder formuliert den Königsweg: „Ich habe keine Daten
        es sich um ein Regelwerk zur Einführung eines IT-Sicher-          zu Hause. Die liegen im zentralen Rechenzentrum. VPN-Tun-
        heitsmanagementsystems, welches spezifische Maßnahmen             nel und Geräte werden gepatcht, genau wie Sicherheits- und
        für die Steigerung der Informationssicherheit enthält. Es wird    Virenscanner.” Dem schließt sich Kampmann an, gleichzeitig
                                                                          legt er aber auch Wert auf „DSGVO-konforme Standards
                                                                          und eine saubere Arbeit auf der rechtlichen deutschen und
                                                                          europäischen Gesetzesgrundlage”.
                                                                            Die IT-Risiken beim Arbeiten außerhalb des Büros sind
                                                                          somit begründet, können aber durch gewissenhafte Sicher-
                                                                          heitsstandards auf ein Minimum reduziert werden.

                                                                          // SAVE THE DATE

                                                                             Die Vorbereitungen für den
                                                                             nächsten Zukunftskongress Bayern
                                                                             laufen bereits. Das Event findet am
                                                                             17. Februar 2022 digital statt.
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Deutschland + 2022 Strategien für die Digitalisierung in Bund, Ländern und Kommunen - Digitaler Staat Online
Zukunftskongress Bayern

Erfahrungsbericht
Welche Vorteile/Nachteile bietet ein eigenständiges Digitalministerium?
                 ⟩⟩⟩ von Judith Gerlach, Staatsministerin für Digitales in Bayern.

D
          ie Berliner Ampel-Koalition ist mit vielen wohlklin-        Seite stehen und Digitalvorhaben auch operativ unterstützen.
          genden Vorsätzen angetreten. Aus digitalpolitischer         Digitalisierungsprozesse werden durch die Agentur von Anfang
          Sicht ist der Start jedoch eine Enttäuschung. Es ist        an eng begleitet. Was mir an dieser Stelle enorm wichtig ist:
eine vertane Chance, dass die neue Bundesregierung auf ein            Die künftigen Nutzerinnen und Nutzer der digitalen Angebote
durchsetzungsstarkes Digitalministerium verzichtet hat. Alle          der staatlichen Verwaltung müssen mitreden. Nur so erreichen
reden über die Digitalisierung – und nun wird DAS Thema               wir eine hohe Zufriedenheit.
unserer Zeit durch eine künstliche Anbindung ans Verkehrs-              Zur Steuerung der Digitalen Transformation innerhalb der
ressort zum Anhängsel degradiert.                                     Staatsregierung setzen wir zudem einen Digitalrat ein, in dem
  Aus meiner Erfahrung kann ich klar sagen: Es macht
einen gewaltigen Unterschied, ob am Kabinettstisch
die Digitalisierung eine eigene Stimme hat. In Bayern
wurde 2018 mutig ein neuer Ressortzuschnitt für das
Digitalministerium gewählt. Einige Bereiche wurden
aus bestehenden Häusern losgelöst, andere Bereiche
ganz neu entwickelt. Das sorgte von Anfang für einen
Geist des Aufbruchs. Ich kann mich dabei voll auf
Strategien zur Gestaltung der digitalen Transformation          Judith Gerlach ist Mitglied des
konzentrieren. Als Think-Tank der Staatsregierung                    bayerischen Landtags und
für das Querschnittsthema Digitalisierung ist es die               Staatsministerin für Digitales
                                                                           Foto: BS/Nds. Ministerium für
Aufgabe des Digitalministeriums, übergreifende Ent-                                  Inneres und Sport
wicklungen früh zu erkennen und in die richtigen
Bahnen zu lenken.
  Mit dem Entwurf des Bayerischen Digitalgesetzes setzen wir          alle Ressorts vertreten sind. Dabei legen wir ein großes Au-
aktuell die rechtlichen und strategischen Leitplanken für die         genmerk darauf, dass die für die Digitalisierung verfügbaren
digitale Transformation in den verschiedenen Lebensbereichen          Haushaltsmittel wirklich genutzt werden. Auch das passt zu
im Freistaat. Darauf aufbauend erarbeiten wir mit den Ressorts        unserer bayerischen Sichtweise: Nicht nur schöne Sachen in
und unter enger Einbindung der Öffentlichkeit den Digitalplan         einen Koalitionsvertrag reinschreiben, sondern auch wirklich
Bayern. Das wird unsere umfassende Strategie für die digitale         anpacken.
Transformation im Freistaat: „Bayern 2030 - digital besser leben“.      Mit dem zusätzlichen Beschleunigungsbudget aus dem Digital-
  Die Zusammenarbeit mit den Ressorts ist aus meiner Sicht            paket erreichen wir genau das. Wir nehmen 16 Millionen Euro
bei einer Querschnittsaufgabe wie der digitalen Transformation        in die Hand, um damit Digitalvorhaben der Staatsregierung
entscheidend: Es reicht nicht, wenn nur das Digitalministerium        flexibel und zügig umzusetzen. Alle Ressorts können und
digital denkt und der Rest macht weiter wie bisher. Durch den         sollen hier partizipieren. Das Digitalministerium setzt damit
fortschreitenden digitalen Wandel muss sich künftig jedes             gezielt Anreize, um ressortübergreifend an Lösungen zu arbei-
Ministerium als Digitalministerium und jede Behörde als               ten, die Bürgerinnen und Bürger und Unternehmer zugleich
Digitalbehörde verstehen.                                             überzeugen. Darauf setzen wir auch bei unserem Programm
  Als Digitalministerium können wir nicht jedes Digitalprojekt        „Digitalschmiede Bayern“, das im Januar 2022 gestartet ist.
selbst durchführen oder gar die ganze IT-Infrastruktur selbst         Hier bringen wir engagierte Kolleginnen und Kollegen aus der
betreiben. Das würde so niemals funktionieren. Aber wir haben         staatlichen Verwaltung mit kreativen und tatkräftigen Digital-
festgestellt, dass die Ressorts mehr Beratung und operative           talenten zusammen, um digitale Lösungen für den staatlichen
Unterstützung bei Projekten der digitalen Transformation              Bereich zu entwickeln.
wünschen. Daher hat die Bayerische Staatsregierung Anfang               All das sind Punkte, die wir als eigenständiges Digitalmi-
Dezember 2021 ein Paket zum Aufbau neuer Strukturen im                nisterium mutig und entschlossen vorantreiben – und damit
Bereich der Digitalisierung beschlossen.                              einen wichtigen Beitrag leisten, um den Ansprüchen von
  Kern der neuen Struktur ist unsere im Januar 2022 gegründete        Gesellschaft und Wirtschaft gerecht zu werden. Vor diesem
Digitalagentur. Damit schaffen wir einen schlagkräftigen Do-          Hintergrund danke ich auch dem Behörden Spiegel herzlich
Tank im Portfolio. Die Agentur soll den Ressorts der Staats-          für sein großes Engagement.
regierung als fachlich hochkompetente Beratungsstelle zur

                                                                                                                                       9
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Amazon für Kommunen statt bloßer Online-Zugang –
Thesen zur OZG-Umsetzung
                 ⟩⟩⟩ von Thomas Petersdorf, Behörden Spiegel

F   ür Thomas Bönig, CDO und CIO der
    Landeshauptstadt München, stehen die
Zeichen im Jahr 2021 auf Tempo. Um die
                                                   auf Fax und Drucker angewiesen sein wird.
                                                   Man konzentriere sich auf die falschen Dinge
                                                   – das aber so konsequent wie möglich. Neben
Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG)          der Digitalisierung des Backoffices fordert
mit Blick auf das nahende Fristende im Jahr        Bönig mehr Zentralismus. Weit effektiver
2022 in die richtige Spur zu lenken, plädiert er   als das Prinzip „Einer für alle” (EfA) sei eine
für eine gezielte Auswahl derjenigen Themen,       Plattform, die zentral alle Prozesse zur Ver-
die bei Bürgerinnen und Bürgern tatsächlich        fügung stelle, ein „Amazon” für Kommunen.
nachgefragt sind. Statt auf Vollständigkeit        So könnten diese sich auf das fokussieren, was
aller 575 Leistungsbündel solle man sich auf       zählt: das eigene Angebot sowie die dahinter-
qualitativ hochwertige Services konzentrieren.     stehenden Prozesse zu verbessern.
Für Bönig ein Manko des OZG: Das Aus-
klammern der Verwaltung, die ungeachtet
des Online-Zugangs für Bürger auch künftig                                    Foto: BS/Dombrowsky

RegMoG – Die nächste Mammutaufgabe
       ⟩⟩⟩ von Benjamin Stiebel, Behörden Spiegel

C    hristian Bähr, Abteilungsleiter Digitale
     Verwaltung im Bayerischen Staatsminis-
terium für Digitales, sieht im vom Bundesrat
                                                                                                      Bürgerinnen und Bürger ebenfalls zentral
                                                                                                      mithilfe einer einheitlichen Bürgernummer.
                                                                                                      Gleichzeitig weist Bähr auf die Sensibilität
beschlossenen, Registermodernisierungsgesetz                                                          der Daten und die besondere Verantwortung
(RegMoG) einen wesentlichen Meilenstein                                                               der Verwaltung hin, die Systeme und Abläufe
für die nächsten Jahre. Damit werde ein gor-                                                          datenschutzkonform und sicher zu gestalten.
discher Knoten für die digitale Verwaltung                                                            Der Beschluss zur Registermodernisierung sei
zerschlagen. Die vonseiten der Datenschüt-                                                            nur die Grundlage – mit der praktischen Ver-
zer vorgetragenen grundsätzlichen Vorbe-                                                              knüpfung der Register stehe die Verwaltung
halte gegen eine Personenkennziffer hält er                                                           vor einer neuen Mammutaufgabe.
für unbegründet, schließlich organisierten
inzwischen 21 EU-Länder die Daten ihrer                                                               Foto: BS/Dombrowsky

Cyber-Sicherheit – Bayern ist vorbereitet
       ⟩⟩⟩ von Paul Schubert, Behörden Spiegel

N     ach Bernd Katheder, Leiter der Abteilung
      Sicherheitsberatung im Landesamt für
Sicherheit in der Informationstechnik (LSI)
                                                   in Kommunen richte und sich spezifisch mit
                                                   aktuellen Interessenfeldern in der IT befasse.
                                                   Auch das kommunale IT-Sicherheitssiegel
in Bayern, ist der Freistaat in puncto Trans-      trage zu diesem Erfolg bei. Mit dem Besitz
parenz in der IT-Sicherheit gut aufgestellt.       des Siegels könnten einzelne Kommunen
Das Land besitze die entsprechenden Kom-           Rabatte bei einzelnen Versicherungen erhal-
munikationskanäle zwischen den Behörden            ten. Besonderen Augenmerk legt Katheder
und könne im Einzelfall zielgerichtet über         auch auf die Bildung von Arbeitsgruppen
IT-Gefahren informieren. Im Allgemeinen            zwischen Ländern und Kommunen, in denen
ist Katheder zuversichtlich, was die Cyber-        vor allem Fälle aus der Praxis diskutiert und
Sicherheit in seinem Bundesland angeht. So         gelöst werden sollen.
besitze Bayern einen „Awareness-Kurs” der
sich an Staatsbedienstete oder Mitarbeitende                                            Foto: BS/privat

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Business Intelligence im Public Sector
Den digitalen Wandel auf Bundes- und Landesebene gestalten und
von datengesteuerten Erkenntnissen profitieren

D      as Thema Digitalisierung bleibt ein Dauerbrenner, auch
       für Bund und Länder. Oder sollte man sagen, gerade für
Bund und Länder? Schließlich gilt nicht zuletzt durch die
Datenstrategie der Bundesregierung der Staat als Vorreiter
einer neuen Datenkultur. Die Daten sind vielerorts bereits
vorhanden, bieten zahlreiche Chancen und ungeahnte Poten-
tiale. Das ist auch oft klar, aber wie lassen sie sich am besten
nutzbar machen? Der Begriff Business Intelligence taucht
im Public Sector noch eher selten auf. Unberechtigt, denn
die damit verbundenen Prozesse und Methoden bieten viele
Möglichkeiten, gerade auch für die öffentliche Verwaltung.

Was ist Business Intelligence?
  Business Intelligence (kurz BI) ist ein Sammelbegriff, der
Prozesse und Methoden zur Erfassung, Speicherung und               disy Cadenza überzeugt durch hohe Skalierbarkeit und die smarte
Analyse von Daten umfasst. BI ist ein iterativer Prozess mit       Kombination von Business und Location Intelligence.     Foto: BS/Disy
dem Ziel, anhand einer validen Datenbasis konkrete Frage-
stellung zu beantworten sowie übersichtliche Analysen für
Entscheidungen und Planung zu erstellen.                           ein visuelles Wesen, das auf Farben und Muster mehr anspricht
  Ursprünglich wurden BI-Tools von Datenanalysten und              als auf eine Zahlenwüste. Visualisierung erweckt die Daten
anderen IT-Experten in den Bereichen Finanzen und Con-             also sprichwörtlich zum Leben.
trolling verwendet. Moderne BI ist allerdings einer deutlich         Diagramme, Graphen und Karten machen es möglich,
breiteren Zielgruppe zugänglich, was vor allem auf die Ent-        schnell und einfach Trends, Ausreißer und Muster in Daten
wicklung von Selfservice- und Datenerfassungs-Tools sowie          zu erkennen. Eine gute Visualisierung erzählt dem Betrachter
Dashboards zurückzuführen ist. Denn auch für Fachkräfte            eine Geschichte, richtet sein Augenmerk auf die wesentlichen
wird es zunehmend wichtig, datengetriebene Entscheidungen          Informationen und hilft dabei, diese zu verstehen.
zu treffen und Sachverhalte durch ansprechende Visualisie-
rung für andere zugänglich zu machen. Dafür ist eine solide        BI durch Raumbezug erweitern
Datenbasis unabdingbar.                                              Mittlerweile gibt es viele BI-Tools, mit denen sich Daten
                                                                   analysieren und visualisieren lassen. Aber nicht jedes Tool
Daten reflektiert sammeln                                          kann mit Branchen- oder Unternehmensanforderungen
  Daten werden in der öffentlichen Verwaltung in Fachsyste-        skaliert werden oder gar in der öffentlichen Verwaltung, mit
men erfasst, die in der Regel aus einer Fachanwendung, also        ihren ganz eigenen Anforderungen, bestehen. Schließlich
einer Software, und den Daten bestehen. Die Nutzung der            haben etwa zwei Drittel aller Behörden auch mit räumlichen
Fachdaten einschließlich Reporting ist häufig beschränkt auf       Daten zu tun. Das führt dazu, dass der Raum (Orte, Flächen,
die Möglichkeiten der jeweiligen Fachanwendung. Durch die          Wege) auch in der ganzheitlichen Analyse berücksichtigt
Nutzung von BI-Software können die Daten nach unterschied-         werden muss.
lichen, auch ursprünglich nicht vorgesehenen, Blickwinkeln           Die Datenanalyse-Software disy Cadenza kombiniert Busi-
betrachtet und analysiert werden.                                  ness Intelligence mit Location Intelligence und ist damit die
  Dabei kann auf zwei Ebenen Mehrwert geschaffen werden:           Nr.1 für die öffentliche Verwaltung. Die Lösung setzt auf
Innerhalb einzelner Fachverfahren kommt es durch den reflek-       die vorhandene Infrastruktur auf und unterstützt gängige
tierten Umgang mit Daten mittels entsprechendem Mindset            Datenbanken, Kartendienste und Datenformate. Über eine
und Software-Unterstützung oft zu einem Perspektivwechsel.         gemeinsame Oberfläche werden Daten aus unterschiedlichen
Die Kombination von Daten aus unterschiedlichen Fachsys-           Fachsystemen und Digitalisierungsprojekten, zentralen Aus-
temen kann darüber hinaus für weitere Erkenntnisse sorgen.         wertedatenbanken sowie Data Warehouses organisationsweit
                                                                   zugänglich. Anwender können selbst Dashboards erstellen,
Daten optimal visualisieren                                        Daten visualisieren und datengestützte Antworten auf ihre
 Die Visualisierung der Daten ist ein wesentlicher Schritt,        Fragen finden.
um die damit verbundenen Informationen zugänglich zu
machen und Interesse zu wecken. Schließlich ist der Mensch          Kommen Sie mit uns ins Gespräch: www.disy.net/bi-public

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JAHRBUCH DEUTSCHLAND+ 2022

Digitaler Staat

Ein Ökosystem für digitale Identitäten
„Nicht jammern, sondern selber machen!”
        ⟩⟩⟩ von Benjamin Stiebel, Behörden Spiegel

       M
                    ehr digitale Souveränität: Das Ziel ist gesetzt und   gar pauschal von deren Nutzung abzuraten, solange diese
                    was der schillernde Begriff in seinen verschiedenen   schlicht die überzeugendsten Angebote am Markt seien. „Wenn
                    Facetten bedeutet, darüber entwickelt sich allmäh-    wir selbst keine guten und nutzerfreundlichen Lösungen an-
        lich Konsens. Auf der staatlichen und volkswirtschaftlichen       bieten, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass andere das
        Ebene geht es nicht um technische Autarkie, sondern darum,        Feld bestellen“, so Bär. Ihr Appell: „Nicht jammern, sondern
        Kontroll- und Gestaltungsfähigkeit bei der Digitalisierung zu     selber machen!”
        erlangen. Das geht am besten durch handeln und vorantreiben
        eigener Lösungen. So will die Bundesregierung ein europäi-        Eigene digitale Ökosysteme schaffen
        sches Ökosystem für digitale Identitäten schaffen – mit selbst      Das Bundeskanzleramt versucht es. Im Schulterschluss mit
        gesetzten Standards und im Schulterschluss mit der hiesigen       den zuständigen Bundesressorts und Unternehmen wird an
        Wirtschaft. Wie bei früheren Ansätzen zur elektronischen          einem Ökosystem für digitale Identitäten gebaut. „Wir brau-
        Identifizierung, namentlich beim neuen Personalweis, wird sich    chen digitale, medienbruchfreie und sichere Möglichkeiten,
        Erfolg nur einstellen, wenn spürbarer Mehrwert mit Nutzer-        Identitäten nachzuweisen und überprüfen zu können“, so die
        freundlichkeit einhergeht. Der Beweis soll mit der digitalen      Staatsministerin. Anders als etwa beim neuen Personalausweis
        Hotelanmeldung als Pilot-Anwendungsfall erbracht werden.          soll die Technik nicht nur sicher, sondern auch zeitgemäß sein,
          Deutschland und Europa müssen in Schlüsselbereichen eige-       Hürden wie umständliche Lesegeräte dürfe es nicht geben. „Ich
        ne digitale Lösungen anbieten. Sofern hoheitliche Aufgaben        gehe davon aus, dass noch vor der Bundestagswahl im Herbst
        berührt sind, soll auch der Staat mit von der Partie sein. Das    viele Bürgerinnen und Bürger ihre eigene digitale Identität
        forderte Dorothee Bär, Staatsministerin im Bundeskanzleramt       in ihrer Hosentasche mit sich führen werden.” Gemeint ist
        und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, zur      die sogenannte „ID Wallet“, eine digitale Brieftasche, die auf
        Eröffnung des Digitalen Staats. Die Diskussion um digitale        dem Smartphone gespeichert ist und bei Anmeldungen oder
        Souveränität werde meist sehr abstrakt geführt, findet Bär. Es    Anträgen elektronisch ausgelesen werden kann. Technische
        mache aber keinen Sinn, die Vorherrschaft digitaler Techno-       Grundlage ist ein hardwareseitig gesondert gesicherter Bereich
        logien und Plattformen aus USA oder China zu beklagen oder        auf den Geräten. In der ID Wallet können Bürger/-innen ihre

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Digitaler Staat

                        https://www.digitaler-staat.org

                  digitalen Identitätsnachweise hinterlegen –        Initiative läuft weiter
                  allen voran den Personalausweis in digitaler         „In den kommenden Monaten werden wir noch viel er-
                  Ausführung. Mit einem Smart-eID-Gesetz             reichen, unsere Initiative muss dann auch unbedingt in der
                  sollen die rechtlichen Voraussetzungen ge-         nächsten Legislaturperiode vorangetrieben werden“, so Bär.
                  schaffen werden.                                   Das Ökosystem müsse aber auch auf die europäische Ebene
                                                                     gehoben werden, für mehr digitale Souveränität müsse Europa
                  Pilot gestartet                                    zusammenstehen. Mit den EU-Mitgliedsländern und der
                     Zur digitalen Identität gehört aber weit        Kommission sei ein „intensiver Dialog“ angestoßen. Rücken-
                   mehr. So sollen auch andere Nachweise und         wind für das Thema erhofft sich Bär zudem im Rahmen der
                   Berechtigungen wie die Fahrerlaubnis, der         bevorstehenden Revision der eIDAS-Verordnung. Diese regelt
                   Studierendenausweis oder Bildungsabschlüsse       den europäischen Rahmen für den Einsatz von Vertrauens-
                   Teil des Ökosystems werden. Die Vision:           diensten und elektronischer Identifizierung.
                   Wenn für Verwaltungsangelegenheiten oder
                   auch für alltägliche Dienstleistungen Nach-       Aller Anfang…
                   weise erforderlich sind, sollen diese zukünftig     Schließlich hängt bei digitalen Ökosystemen und Plattformen
                   komfortabel, datensparsam und für alle Seiten     der Erfolg entscheidend von einer starken Nutzerbasis ab. Je
                   sicher digital erbracht werden können. Der        mehr Bürger/-innen die digitale Identität nutzen, desto eher
erste Anwendungsfall wird seit Mitte Mai pilotiert: der digi-        werden Anwendungsfälle aus dem Boden sprießen und ein
tale Check-in für Hotelübernachtungen. Für Gastgeber und             wirklich großes Ökosystem bilden. Wie schon bei der eID-
Geschäftsreisende soll so das Prozedere von Anmeldung und            Funktion des neuen Personalausweises wird hier der Knack-
Aufnahme der persönlichen Daten vereinfacht und weniger              punkt liegen. Den elektronischen Personalausweis nutzt bis
anfällig für Fehler gemacht werden. Per ID Wallet können nun         heute kaum jemand: zu wenig Anwendungsmöglichkeiten,
Mitarbeiter der BWI GmbH, der Deutschen Bahn AG, der                 zu kompliziert. Auch die nächste Stufe Smart-eID droht im
Lufthansa AG sowie der Robert Bosch GmbH in Hotels von               Sande zu verlaufen, wenn nicht rechtzeitig eine kritische
drei großen Ketten einchecken (Steigenberger, Motel One und          Masse erreicht werden kann. Das Problem: Der vollwertige
Lindner). Die Geschäftsreisenden erhalten von ihren Arbeitge-        digitale Personalausweis auf dem Smartphone muss auf einem
bern digitale Nachweise über die Rechnungsadresse des Unter-         gesondert geschützten Bereich des Endgerätes hinterlegt wer-
nehmens. Zur Übertragung der persönlichen Meldeanschrift             den, dem Secure Element. Technische Voraussetzungen und
kommt die von der Bundesdruckerei ausgegebene „Basis-ID“             die nötige Zulassung des Bundesamtes für Sicherheit in der
hinzu. Leitend ist das Konzept der selbstsouveränen Identität        Informationstechnik sind bisher nur bei wenigen Smartphone-
(Self Sovereign Identity, SSI). Das heißt, die Bürger/-innen         Modellen gegeben. Wie der Markt sich in dieser Hinsicht
verwalten und teilen ihre Identitätsnachweise mit ihrer ID
Wallet eigenständig. Behörden oder Unternehmen erhalten nur
die Informationen, die jeweils für die konkrete Dienstleistung                                        Auf dem Online-Kongress Digitaler
erforderlich sind.                                                                                    Staat 2021 rief Staatministerin Doro-
  Zum Start des Piloten sagte BWI-CEO Martin Kaloudis: „Wir                                           thee Bär dazu auf, in Deutschland und
sind davon überzeugt, dass die Umsetzung der digitalen Identi-                                        Europa eigene digitale Ökosysteme
täten ein guter Beitrag für die digitale Souveränität Deutsch-                                        zu schaffen, statt nur einen Mangel
lands ist und freuen uns, dass wir unsere Erfahrungen aus der                                         an digitaler Souveränität zu beklagen.
technischen Umsetzung des Piloten auch in die Bundeswehr                                                                    Screenshot: BS/Stiebel
einbringen können werden.” Darüber hinaus würden bereits
viele weitere Anwendungsfälle vorbereitet, freut sich Bär. Als       weiterentwickelt, ist schwer vorherzusagen. Bisher haben die
weiteres Beispiel nannte die Staatsministerin das Bewerbungs-        Hersteller wenig Liebe für deutsche E-Government-Lösun-
wesen. Das Erbringen von Nachweisen über Schulabschlüsse             gen gezeigt. So dauerte es Jahre, bis Apple bei iOS-Geräten
oder absolvierte Lehrgänge sei bei Unternehmen und in der            das Auslesen des Personalausweises per AusweisApp über
Verwaltung unterschiedlich gestaltet und zumeist aufwendig.          die NFC-Schnittstelle ermöglichte. Eine flächendeckende
Zudem bestehe bei einfachen PDF-Dokumenten immer ein                 Ausstattung mit Smart-eID-fähigen Smartphones wird noch
gewisses Fälschungsrisiko. Mit Sicherheitszertifikaten ließen        auf sich warten lassen. Und ohne starke Nachfrage werden
sich diese Informationen mit der digitalen Identität verknüpfen      mittelklassige oder preiswerte Geräte sobald nicht Teil des
und nutzerfreundlich und sicher übermitteln.                         angestrebten Ökosystems werden.

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Unsicherheitsfaktor Cloud-Systeme
Proprietäre Software und Open-Source-Lösungen in ähnlichem Maße gefährdet
        ⟩⟩⟩ von Paul Schubert, Behörden Spiegel

        D     er wichtigste Aspekt einer digitalen Souveränität besteht
              darin, sich aus Abhängigkeiten zu befreien und immer
        alternative Angebotsmöglichkeiten in der Hinterhand zu
                                                                            Heino Reinartz, IT-Sicherheitsbeauftragter der StädteRegion
                                                                          Aachen pflichtet Handschuh bei: „Im Allgemeinen haben wir
                                                                          gute Erfahrung mit nationalen Verbindungs- und Austausch-
        haben – das gilt auch für die Anbieter von Cloud-Services.        ebenen bei digitalen Themen gemacht. Ich würde mir hier
        Um die Marktalternativen zu prüfen, eignet sich ein Proof         auch eine kommunale Verbindungsebene wünschen.” Vor
        of Concept. Damit kann auch Transparenz über bestehende           allem IT-Sicherheitsvorfällen, die sich für die Kommunen oft
        Open-Source-Lösungen hergestellt werden.                          als eklatant teuer und langwierig herausstellen, könnte damit
          Dr. Bruno Quint, Director Cloud Encryption von Rohde            vorgebeugt werden. Weitere Problemfelder der Kommunen
        & Schwarz Cybersecurity weist in diesem Kontext darauf            blieben die Kompetenz der Mitarbeitenden und die Stellung der
        hin, dass „alle großen Cloud-Anbieter nicht wirklich sicher       IT in der Verwaltung: „Obwohl mittlerweile viele Kommunen
        sind“. Ferner erklärt er, dass sämtliche Daten, welche in eine    einen Informationssicherheitsbeauftragten beschäftigen, muss
        Cloud überführt werden „mehr oder weniger kompromittiert          die Wertschätzung der IT weiter gesteigert werden. Gelingen
        sind“. Des Weiteren bestärkt der IT-Sicherheitsberater die        kann das auch nur in Kombination mit einer Steigerung der
        Bemühungen, Microsoft Teams für Bildungseinrichtungen             IT-Kompetenz von allen Mitarbeitenden in der Verwaltung“,
        und Verwaltungen weiter verfügbar respektive überhaupt            sagt der IT-Sicherheitsbeauftragte auf einer Diskussionsrunde
        möglich zu machen.                                                des Kongresses Digitaler Staat.
          Ansgar Kückes, Chief Architect Public Sector bei Red Hat          Besonders in der IT-Sicherheit drängt sich des Öfteren ein
        wirbt in diesem Kontext nicht nur für die üblichen Lösun-         Vergleich mit den Corona-Maßnahmen auf. Die Rede ist vom
        gen von proprietärer Software, sondern drängt auch auf            Präventionsparadoxon. Während in der Pandemie retrospektiv
        Open-Source-Anwendungen: „Für Open Source braucht                 bestimmte Maßnahmen und deren Notwendigkeit hinterfragt
        man – anders als oft behauptet – keine speziellen Skills. Das     werden, gilt das für auch für die IT-Sicherheit: „Die Menschen
        gilt nur für Änderungen am Code selbst. Für die restliche         sind sich oft nicht bewusst, wie wichtig gute Präventionsarbeit
        Handhabung der Programme sind keine besonderen Tech-              im Digitalen ist“, so Reinartz. Das kann dann dazu führen,
        niken nötig. Das ist an manchen Stellen sogar einfacher als       dass die Notwendigkeit von Personal und Budget hinterfragt
        Windows zu bedienen. Ich persönlich finde Open Source             wird, weil die vorbeugende Wirkung der Cyber-Sicherheit
        nicht chaotisch, sondern sehr geregelt.” Darüber hinaus sei       schwer zu messen ist, urteilt der IT-Sicherheitsbeauftragte.
        für den IT-Experten Open Source ein wichtiger Treiber der
        digitalen Souveränität: „Ich fühle mich einfach wohler, wenn
        ich gute proprietäre Software und auch Open-Source-Optio-
        nen nutzen zu kann“, so Kückes.

        Es fehlt an Know-how und Geld
         Diese Angebotsdichte hätten auch einige Kommunen ger-
        ne. Allerdings weist Alexander Handschuh, Sprecher des
        deutschen Städte- und Gemeindebunds, darauf hin, dass
        den Städten und Kommunen das Geld, Know-how und
        Unterstützung durch Bund und Länder fehlt. „Wir müssen
        die Kultur des Voneinander-Lernens mehr einbringen.
        Damit meine ich nicht nur die Kommunen von Bund
        und Ländern, sondern auch untereinander.”

        Wenn die Pandemie gut bewältigt
        wird, werden im Nachhinein Fragen
        laut, ob bestimmte Maßnahmen
        überhaupt nötig waren. Dieses so-
        genannte Präventionsparadoxon ist
        auch in der IT-Sicherheit zu beob-
        achten.         Foto: BS/P Tate, pixabay.com

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Digitaler Staat

Win-Win-Win Situation
Wie Bund, Länder und Kommunen gemeinsam profitieren können
        ⟩⟩⟩ Gastbeitrag von Jan Pörksen, Staatsrat und Chef der Hamburger Senatskanzlei

V
          iele Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen fragen         kultur dar. Dessen Bedeutung wird bald für alle sichtbar.
          zu Recht, warum die Verwaltung noch immer viel          Für in ganz Deutschland einheitliche Verfahren – die einen
          weniger digital ist als ihr Alltag. Der Blick auf das   sehr großen Anteil der Routineaufgaben der Verwaltungen
zurückliegende Jahr zeigt uns jedoch wichtige Fort-schritte       ausmachen – entwickelt ein Land einen Online-Dienst und
der Verwaltungsdigitalisierung, die wir schon unmittelbar         alle anderen Länder können diesen anschließend nutzen.
zu spüren beginnen. Und mit der nahenden Umsetzungs-              Dadurch werden mehrfache Entwicklungen des gleichen
frist des Onlinezugangsgesetzes Ende 2022 im Blick werden         Dienstes vermieden und es können erhebliche Ressourcen-
Bund, Länder und Kommunen in einer gemeinsamen Kraft-             einsparungen erzielt werden. Mittelfristig werden sich in der
anstrengung dieses Jahr mehr Verwaltungsleistungen online         Folge zudem die heute teilweise ausufernden Fachverfahrens-
verfügbar machen als je zuvor. Das wird Bürgerinnen, Bürgern      landschaften konsolidieren, was zu weiteren Einsparungen
und Unternehmen viel Zeit und Aufwand ersparen. Gerade            führen wird. So werden alle Ebenen profitieren – Länder und
die Digitalisierung von Massenverfahren wird aber auch der        Kommunen von einer Reduktion der täglichen Aufgabenlast
Verwaltung selbst neue Möglichkeiten eröffnen. Bund, Länder       im Vollzug, der Bund und alle Nutzenden zudem von einer
und Kommunen können dabei gemeinsam profitieren – eine            weiteren Harmonisierung des Vollzugs bundeseinheitlicher
Win-Win-Win-Situation ist zumindest möglich.                      Regelungen. Das Ziel ist einleuchtend und eigentlich kann
                                                                  keiner dagegen sein – es erfordert aber in der Umsetzung
  Lassen Sie mich ein Beispiel geben: Für die Ummeldung           die Beseitigung mancher bürokratischen Hürden und einen
nach dem Umzug als eine der Top-10-Verwaltungsleistungen          Kulturwandel auf allen Ebenen der Verwaltung, der nur
können wir – für den Anfang nur in Hamburg, aber bald auch        gelingen wird, wenn alle Verwaltungsspitzen mutig voran-
bundesweit - noch im schon bald eine volldigitale Lösung          schreiten und diesen Kurs unterstützen.
anbieten. In Deutschland gibt es 5,5 Millionen Umzüge pro
Jahr. Das bringt neben unzähligen, oftmals zeitraubenden
Behördengängen für die Bürgerinnen und Bürger auch für
die Verwaltungen einen hohen Aufwand mit sich. Für jeden
einzelnen Umzug setzt die Verwaltung im Schnitt sieben
Minuten Bearbeitungszeit an, real dauert es oft länger. Das
bindet große Personalkapazitäten mit Routineaufgaben, die
durch digitale Angebote vermeidbar werden.

  Die Digitalisierung eröffnet den Verwaltungen so Spielräume      Jan Pörksen ist Staatsrat und Chef
für Innovation und mehr Qualität in der Dienstleistung. Das            der Hamburger Senatskanzlei
gilt insbesondere für diejenigen, die heute das Rückgrat des                  Foto: BS/Senatskanzlei Hamburg/
                                                                                              Daniel Reinhardt
Verwaltungsvollzugs sind: Die Landes- und Kommunalver-
waltungen. Sie werden perspektivisch von der Entlastung
von massenhaften Routineaufgaben am meisten profitieren.            Konsequente Digitalisierung brauchen wir darüber auch,
Damit ergeben sich neue Möglichkeiten für einen gelebten          wenn wir den Blick auf Europa richten. Mit der Umsetzung
Föderalismus, in dem Länder und Kommunen mehr Kun-                der Single-Digital-Gateway-Verordnung ermöglichen wir,
denorientierung und Raum für eigene Projekte haben. Also          dass Menschen und Unternehmen in Europa noch enger zu-
genau das, was wir von einer Verwaltung erwarten, die nah         sammenwachsen können. Denn wenn Verwaltungen digital
an den Bedürfnissen der Menschen im Land ist.                     arbeiten, lassen sich Sprachbarrieren viel leichter überwinden,
                                                                  Anträge und Nachweise müssen nicht mehr umständlich
  Alle gemeinsam werden wir zudem von geringeren Kos-             auf Papier durch Europa reisen. Gerade für Deutschland
ten profitieren, die aus dem Prinzip „Einer-für-Alle“ (EfA)       als exportorientierte Wirtschaftsnation mit einer alternden
resultieren werden. Erstmalig im Konjunkturpaket der Bun-         Bevölkerung ist es wichtig, für Unternehmen und Menschen
desregierung 2020 für die beschleunigte Umsetzung des             aus anderen europäischen Mitgliedsstaaten nahbar und offen
Onlinezugangsgesetzes eingeführt, stellt das EfA-Prinzip          zu sein. Mit einer konsequent digitalen Verwaltung tragen
einen Paradigmenwechsel in der deutschen Verwaltungs-             wir dazu an wichtiger Stelle bei.

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