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BEGEGNUNG ISSN: 0940-3132 DEUTSCHE SCHULISCHE ARBEIT IM AUSLAND 1-2015 36. Jahrgang 1-2015 36. Jahrgang Inklusion Fokus: Inklusion 16 Bundesländer, 16 Konzepte Interview mit Ulla Schmidt zur Inklusion an Deutschen Auslandsschulen Inklusion Praxisbeispiel Europa- Schule Kairo Inland Ausland Fokus: Inklusion DSD: Ukrainische Schulleiter Mit Sylvia Löhrmann auf 16 Bundesländer, zu Gast in Berlin Gedenkreise in Belgien 16 Konzepte Interview mit Ulla Schmidt Pro und Kontra Länderdossier zur Inklusion an Deutschen Abitur: Inflation der Bildung? Deutsch in Rumänien Auslandsschulen Praxisbeispiel Europa- Schule Kairo
BONN 50° 44' N 7° 6' E EDITORIAL Inklusion Inklusion Inklusion ist spätestens seit der Unterzeichnung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen in Deutschland 2009 ein wichtiges Thema im deutschspra- chigen Bildungswesen. Wie schwierig die Umsetzung ist, zeigt ein Blick auf die viel- fältigen Ansätze in den einzelnen Bundesländern in unserem Fokus ab Seite 14. Im anschließenden Interview äußert sich Sönke Asmussen, Berichterstatter der Kultus- ministerkonferenz der Länder (KMK), über die Abschaffung von Sonderschulen und die Zukunft des Lehramts Sonderpädagogik. Kritisch mit dem Thema Inklusion setzt sich unsere Expertenserie ab Seite 24 auseinander. Prof. Dr. Bernd Ahrbeck, Lehrbe- auftragter für Verhaltensgestörtenpädagogik an der Humboldt-Universität Berlin, hält nur eine gemäßigte Inklusion für realistisch. Wie wichtig der Austausch gerade in schwierigen Zeiten ist, zeigte sich auf der Schul- leiterkonferenz von Sprachdiplomschulen aus der Ukraine. Im Rahmen der Kon- ferenz wurden Themen wie Demokratieverständnis, die Arbeit mit der deutschen Sprache und die Probleme, die das Land derzeit bei der Ausführung seines Bildungs- auftrags zu spüren bekommt, erörtert. Mehr dazu finden Sie ab Seite 6. Projekte der Erinnerungskultur sind in dieser Ausgabe gleich mehrfach zu finden. Im November reiste Sylvia Löhrmann, Präsidentin der KMK, ins belgische Ypern, um begleitet von deutschen und belgischen Schülern der Opfer des Ersten Weltkriegs zu gedenken. Mehr dazu ab Seite 10. Auch das slowenische Ptuj war im Herbst ein Ort der Begegnung: Hier trafen sich Schüler aus insgesamt acht Balkanstaaten, um an einem Erinnerungsprojekt anlässlich des Ersten Weltkriegs teilzunehmen. Unter dem Motto „Frieden braucht Erinnerung und Zukunft“ lernten die Deutschschüler ihre geografischen Nachbarn kennen, mit denen sie eine gemeinsame konfliktreiche Vergangenheit und Gegenwart teilen. Welche Auswirkungen dieses Projekt auf die Mehr Service. Mehr Hintergrund. Jugendlichen hatte, lesen Sie ab Seite 54. Den Austausch hat die BEGEGNUNG selbst in diesem Heft gleich mehrfach gesucht: Mehr BEGEGNUNG. In einer Umfrage im Herbst 2014 haben wir unsere Leser gefragt, wie sie das Magazin finden und welche Themen sie sich in Zukunft wünschen. Nähere Informationen auf Seite 9. Zum ersten Mal sind auch Schüler direkt an der BEGEGNUNG beteiligt. Sie finden ihre Beiträge ab sofort in der Kolumne auf Seite 66. Lesen Sie die BEGEGNUNG jetzt auch als digitales Magazin mit vielen Das Magazin gibt es ab dieser Ausgabe auch als digitales Magazin. Unter www. zusätzlichen Features auf Ihrem Tablet, Smartphone oder E-Reader. auslandsschulwesen.de/e-begegnung können Sie sich die kostenlose Kiosk-App herunterladen und von den weiterführenden Inhalten profitieren. Laden Sie einfach unsere App herunter und seien Sie noch näher dran an der Welt der Auslandsschulen und des Bildungswesens. Egal ob elektronisch oder klassisch auf Papier – wir wünschen Ihnen beim Lesen der vorliegenden BEGEGNUNG viel Spaß. Mehr Informationen unter www.auslandsschulwesen.de/e-begegnung www.auslandsschulwesen.de Boris Menrath Stefany Krath Tel.: 02 28 99 / 358 - 86 53, E-Mail: ZfA@bva.bund.de BEGEGNUNG 1-2015 3
INHALT INHALT Inhalt Inhalt FOKUS: INKLUSION FOKUS: INKLUSION Brücke zwischen den Kulturen Inklusion an Deutschen Gedenkreise 10 6. Panamerikanischer Kindergarten- Auslandsschulen 20 Am Jahrestag des Waffenstillstands 16 Länder, 16 Konzepte kongress in Kassel 58 Ulla Schmidt sitzt nicht nur im Unter- reiste die Präsidentin der Kultusminis- Die Umsetzung der UN-Behinderten- ausschuss Auswärtige Kultur- und Bil- terkonferenz 2014 Sylvia Löhrmann AUSLAND konvention stellt Politik und Praxis vor dungspolitik, sie ist auch Schirmherrin nach Belgien, um sich gemeinsam mit große Herausforderungen: der Status Erinnern gegen das Vergessen des Inklusionswettbewerbs 2015 des Schülern das Ende des Ersten Welt- quo in den Bundesländern 14 Sylvia Löhrmann auf Gedenkreise in Auswärtigen Amts. Im Interview spricht kriegs zu vergegenwärtigen. Ihr Ziel: sie über wichtige Voraussetzungen für Ypern, ein Ort historischer Tragik und Belgien 10 „Lehrer sind keine Kompetenzpakete“ Interview mit Sönke Asmussen, Inklusion im deutschen Auslandsschul- gegenwärtiger Versöhnung. Schülergedenken an Deutschen Berichterstatter der KMK, über die wesen. Sie betont: „Den Schulen ledig- Auslandsschulen Abschaffung der Sonderschulen und lich den Auftrag mitzugeben, sie bei der 100 Jahre Erster Weltkrieg 12 die Zukunft des Lehramts Sonder Umsetzung jedoch alleinzulassen, kann DSD GOLD 32 pädagogik 16 nicht unser Ansatz sein.“ Nachdem China, die Slowakei und Ein Streit, der verbindet Belarus den Anfang gemacht haben, Jugend debattiert international 28 Sag es einfacher geht die Blended-Learning-Fortbil- Wie „Leichte Sprache“ DSD in der Ukraine 6 dung DSD GOLD in die nächste Runde. DSD – im Schneeballeffekt Kommunikation vereinfacht 19 Während im Osten des Landes ein be- In Belgrad trafen sich Teilnehmer Blended Learning in Belgrad 32 waffneter Konflikt schwelt, geht der aus acht südosteuropäischen Ländern Inklusion im Auslandsschulwesen Länderprojekt Serbien Unterricht an den 25 Sprachdiplom- zu einer Tutorenschulung. Im Mittel- Bundestagsvizepräsidentin Verleihung der ersten DSD-Diplome 47 schulen der Ukraine weiter. Ihre Leiter punkt stand die Moodle-basierte Ulla Schmidt im Interview 20 reisten im September zu einer Konfe- PASCH-Lernplattform. Acht Länder – viele Gemeinsamkeiten renz nach Berlin, um sich mit ihren Ein Begegnungsprojekt in Fördern statt fortschicken deutschen Partnern auszutauschen. Slowenien 54 Inklusion an der Europa-Schule Kairo 22 Ihre Sorgen und Herausforderungen Erinnern in Slowenien 54 schilderten sie auch Bundesaußenmi- 80 Sprachdiplomschüler aus acht Bal- LÄNDERDOSSIER INLAND nister Dr. Frank-Walter Steinmeier. kanstaaten reisten im Herbst nach Slo- Rumänien Deutschunterricht in Krisenzeiten wenien. Mittels Tanz, Schauspiel, Gesucht, gewollt, umworben 40 Ukrainische Schulleitertagung Gesang und Interviews befassten sie in Berlin 6 Leser gefragt 9 sich mit dem Beginn des Ersten Welt- ORTSTERMIN Im Herbst haben wir unsere Leser ge- kriegs – und knüpften Freundschaften Leserumfrage 9 Koomt gaud an! fragt, wie sie die BEGEGNUNG finden. untereinander, die in ihren Herkunfts- Wie werden die Rubriken bewertet? ländern nicht alltäglich sind. Das Motto Deutsch in Südbrasilien 34 Expertenserie Professor Bernd Ahrbeck über die Welche Themen sollen wir in Zukunft des ZfA-Projekts: Frieden braucht Er- stärker aufgreifen? Und sollte das Ma- innerung und Zukunft. KOLUMNE Grenzen der Inklusion 24 gazin neben dem Printformat auch als Was heißt normal? Meilensteine des deutschen E-Magazin verfügbar sein? Die Ergeb- Der Gewinner des Kolumnen Auslandsschulwesens nisse finden Sie in diesem Heft. Deutsch in Rumänien 40 wettbewerbs zu Inklusion 66 Interview mit Hildegard Jacob, Länder- Über 26.000 Deutschlerner zählen al- vorsitzende des BLASchA a.D. 37 lein die Sprachdiplomschulen des Lan- Schreibtischwechsel 65 Inflation der Noten? 48 des. In der Hauptstadt wächst derweil Impressum 64 Inflation der Bildung? Abiturnoten verbessern sich in Deutsch- die erste Deutsche Auslandsschule Ru- Qualität und Vergleichbarkeit land kontinuierlich. Doch: Werden mäniens heran. Deutschlerner sind im des Abiturs 48 Schüler leistungsstärker oder sinken die Land gefragt und umworben – ebenso EDITORIAL 3 Pro & Kontra Ansprüche? Und welche Rolle spielt wie Schulen mit entsprechendem Un- das Verhältnis zwischen Vergleichbar- terrichtsangebot. Nur der Mangel an Ralf Treptow (BDK) und Andreas INHALT 4, 5 Schleicher (OECD) über die Qualität keit und Qualität in dieser Bildungsdis- Deutschlehrkräften gefährdet die Er- des Abiturs 51 kussion? In Pro und Kontra antworten folgsgeschichte der Sprache. zwei Experten. MELDUNGEN 13, 31, 36, 52, 53, 62, 63, 64 Neues von PASCH-net 61 4 BEGEGNUNG 1-2015 BEGEGNUNG 1-2015 5
INLAND BERLIN 52° 31' N 13° 24' E BERLIN 52° 31' N 13° 24' E INLAND Ukraine Deutschunterricht in Krisenzeiten Deutschunterricht in Krisenzeiten Rund 800 ukrainische Schüler absolvierten 2013 die obwohl laut den Schulleitern längst nicht im ganzen Land Prüfungen zum Deutschen Sprachdiplom (DSD). Auswirkungen der gewaltsamen Auseinandersetzungen zu spüren sind. Kovalenko ergreift als erster Schulleiter das Wort Ihre Schulleiter reisten im Herbst zu einer Konfe- mit „einer Bitte aller DSD-Schulen im Land: Wir brauchen renz nach Berlin, um sich mit ihren deutschen Part- deutsche Landesprogrammlehrkräfte für den Deutschunter- nern auszutauschen. richt.“ Elke Kiesewalter, Fachberaterin der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) in Kiew, kann den Schulleitern zu- von ANNA PETERSEN mindest von „einem Hoffnungszeichen“ berichten: 2014 sind zwei neue Lehrkräfte in die Ukraine entsendet worden. „Ich Es waren überwiegend besorgniserregende Schlagzeilen, die hoffe, dass das ein Signal an die Kollegen ausstrahlt. Denn die 2014 die öffentliche Wahrnehmung über die Ukraine prägten – deutsche Grammatik können die ukrainischen Lehrer selber spätestens seit sich im Februar der bewaffnete Konflikt im unterrichten, aber für die Konversation und auch für das DSD Land ausweitete. Doch der Konflikt ist nur ein Teil der Rea- brauchen wir deutsche Lehrer.“ lität im größten Staat innerhalb der europäischen Grenzen. Das wurde auch beim Treffen der ukrainischen Schulleiter Unsicherheit im Schulalltag deutlich: Obwohl einige der 24 DSD-Schulen ebenfalls von Olena Zaplotinska von der Schule Nr. 149 in Kiew spricht der Krise betroffen sind, betonten die Teilnehmer, dass es in im Europasaal schließlich auch von den Ermüdungserschei- Empfang im Auswärtigen Amt: Dr. Frank-Walter Steinmeier weiten Teilen des über 600.000 Quadratkilometer großen Lan- nungen ihrer Gesellschaft. Der Konflikt in der Ostukraine tauschte sich mit den ukrainischen Schulleitern über die Situation ihrer Schulen aus. des friedlich geblieben sei. Sie wünschten sich daher vor al- beeinflusse den Schulalltag in vielerlei Hinsicht: „Wie wird lem eines: wieder mehr aus der Bundesrepublik entsendete das Schuljahr ablaufen?“ Gerade jetzt seien bikulturelle Aus- nicht weit entfernt von ihrem ehemaligen Schulleiter und be- Deutschlehrkräfte an ihren Schulen. tauschprojekte wichtig, betont Larysa Pankevych aus Dro- richtet vom Schüleraustausch nach Bayern, von ihrem Stu- Alltag an ihren Schulen erkundigte, speziell in der umkämpf- hobych nahe Lemberg: „Mein Wunsch wäre, dass sich mehr dium in Berlin und ihren beruflichen Plänen: „Ich möchte in ten Region. Der Schulleiter aus Oleksandria nutzte die Gele- Schüler aus der Ostukraine an solchen Projekten beteiligen der deutsch-ukrainischen Zusammenarbeit tätig werden.“ genheit, Steinmeier für die von ihm gegründete PASCH-Ini- Unsere jungen Menschen sind Botschafter ukrainischer könnten, doch gerade in dieser Region haben die jungen Men- tiative zu danken, zu deren Netzwerk die 24 DSD-Schulen der und demokratischer Werte. Für ihre Zukunft arbeiten wir. schen kaum Möglichkeiten, Deutschland einmal mit eigenen Kein Erfolg ohne Austausch Ukraine gehören: „Mit dieser Unterstützung helfen Sie auch Schulleiter Sergii Kovalenko aus Oleksandria Augen zu sehen.“ Auch der Schulalltag in der Ostukraine lei- „Unsere Arbeit wäre vergebens, wenn wir den Kontakt zu Ih- den jungen Menschen auf der Krim und in der Ostukraine.“ det unter dem bewaffneten Konflikt: Einige Plätze weiter sitzt nen nicht hätten“, betont Dr. Andreas Görgen vom Auswärti- Anschließend folgten für die ukrainischen Schulleiter Besu- eine Schulleiterin aus Donezk, deren Schulgebäude während gen Amt und spricht den Schulleitern, Lehrern und Schülern che im Schloss Bellevue, im Bundestag sowie im Bundesrat. Schulleiter Sergii Kovalenko ist an diesem Septembermorgen der Auseinandersetzungen der letzten Monate teilweise zer- an den ukrainischen Sprachdiplomschulen seinen Respekt „In der aktuellen Situation war es uns wichtig, dass die uk- mit seinen Kollegen aus verschiedenen Regionen der Ukraine stört wurde. aus. Auch in Zukunft, so der Leiter der Abteilung für Kultur rainischen Schulleiter, die die Verantwortung für die nächste zu der fünftägigen Konferenz nach Berlin gekommen. Heute und Kommunikation, müsse man die Bundestagsmitglieder Generation tragen, erfahren, wie in Deutschland Demokratie haben sie vor verschiedenen Vertretern des Auswärtigen Amts Beliebte Sprache über die ukrainischen DSD-Schulen informieren und ver- praktiziert und gelebt wird“, erklärt ZfA-Fachberaterin Kie- die Gelegenheit, von der Situation in ihrem Land zu berichten, Das Deutsche Sprachdiplom wird in der Ukraine seit 1996 an- deutlichen, „wie notwendig diese Graswurzelarbeit ist“. Oli- sewalter. Ihre Kollegin Dr. Andrea Meyer aus Odessa ergänzt: von der Bildungsarbeit in Krisenzeiten und der zunehmen- geboten und hat in den letzten Jahren an Attraktivität gewon- ver Schramm, Leiter des Referats für Auslandsschulen, PASCH „Die Schulleiter können als Mediatoren die ukrainische Zivil- den Bedeutung des Deutschen Sprachdiploms der Kultusmi- nen. „Deutsch ist heute die zweitwichtigste Fremdsprache“, und Sport im Auswärtigen Amt, hat ebenfalls viele Fragen an gesellschaft stärken. Viele von ihnen sind Abgeordnete ihrer nisterkonferenz. Auch der Geschäftsträger der ukrainischen betont Oxana Kovalenko aus dem ukrainischen Bildungsmi- die ukrainische Delegation: „Was machen Ihre Schüler, nach- Stadtparlamente und nehmen die hier vermittelten demokra- Botschaft in Berlin und eine Vertreterin des ukrainischen Bil- nisterium. Die Partnerschulinitiative PASCH und das Erler- dem sie das DSD absolviert haben? Welches Deutschlandbild tischen Inhalte und Werte mit zurück in ihr Land.“ dungsministeriums haben an den langen Konferenztischen nen der deutschen Sprache hätten „das Bewusstsein unserer hat man in der Ukraine? Wo brauchen Sie Unterstützung an im Europasaal Platz genommen. jungen Menschen verändert“. Mit dem DSD Stufe II erwerben Ihren Schulen?“ Die alle zwei Jahre tagende DSD-Schulleiterkonferenz hätte die Schüler eine Hochschulzugangsberechtigung für deutsche 2014 eigentlich im ukrainischen Charkiv stattfinden sollen, Wunsch nach deutschen Lehrern Universitäten – ein Ziel, das auch Oleksandra Petrova einst Deutsche Demokratie erfahren doch die politische Lage erschwerte die Planung für die Fach- Noch im Schuljahr 2010/2011 gab es über 15 aus Deutsch- motivierte, eine der ersten Sprachdiplomschulen der Ukraine Am Vortag sind Kovalenko und seine Landsleute vom deut- berater. So entstand für Dr. Meyer nicht nur die Idee für den land entsendete Lehrer im Land, 2013 waren es nur noch drei , in Kiew zu absolvieren. An diesem Tag sitzt die DSD-Alumna schen Außenminister empfangen worden, der sich nach dem Tagungsort Deutschland: „Wir haben auch den inhaltlichen 6 BEGEGNUNG 1-2015 BEGEGNUNG 1-2015 7
INLAND BERLIN 52° 31' N 13° 24' E BONN 50° 44' N 7° 6' E INLAND Umfrage 2014 Was sich unsere Leser wünschen Was sich unsere Leser wünschen Wie finden die Leser das Magazin BEGEGNUNG? Die im Oktober und lesen, zunächst geplant für die Dauer November 2014 durchgeführte Umfrage brachte viele Anregungen. von zwei Jahren. Immerhin wollen bereits jetzt 16 Prozent der Leser die Ganz oben auf der Wunschliste: noch mehr Einblicke in die Welt der Zeitschrift nur elektronisch lesen, ein Auslandsschulen. Drittel gerne zusätzlich. Dennoch ge- nügt der Mehrheit bislang die bisherige Rund 250 Personen haben teilge- (64 Prozent) und „Inklusion“ (46 Pro- Printausgabe. Auf die weitere Entwick- nommen: Bei einer Gesamtauflage von zent) – obwohl dies Themen sind, die lung sind wir gespannt. 15.500 Exemplaren sind das nur knapp das Auslandsschulwesen zukünftig 2 Prozent Rückläufe. Fast 40 Prozent stärker beschäftigen werden. Was sich unsere Leser wünschen? der Teilnehmer gehören Deutschen Noch mehr schulische Themen, mehr Auslandsschulen oder Sprachdiplom- Gut die Hälfte der Leser bewertete die kritische Stimmen, mehr Praxisbe- schulen an, nahezu ein Viertel stammt BEGEGNUNG für ihre Arbeit mit der zug, eine differenziertere Darstellung. von Schulen in Deutschland. Die Ziel- Note „gut“. Mehr als ein Drittel gaben Das wird in der Redaktion und im Re- Oxana Kovalenko (M.) vom ukrainischen Bildungsministerium: gruppe Lehrkräfte steht damit klar im dem Informationsgehalt die Note „sehr daktionellen Beirat der BEGEGNUNG „Deutsch ist heute die zweitwichtigste Fremdsprache.“ Fokus. Auch wenn über die Hälfte der gut“. Insgesamt sind 40 Prozent mit der diskutiert werden. Und bis zur nächs- Leser das Magazin am Arbeitsplatz er- Zeitschrift „sehr zufrieden“, 54 Pro- ten Leserumfrage gilt: Anmerkungen, halten, bestellen sich immerhin über zent „zufrieden“, 5 Prozent „weniger Kritik und Kommentare nimmt die Schwerpunkt stärker gesamtpolitischen Dimensionen ge- soll vor allem die Ortslehrkräfte an den rund 1.100 geförder- ein Viertel die BEGEGNUNG privat, zufrieden“ und 1 Prozent „gar nicht Redaktion gerne unter begegnung@ widmet statt rein bildungspolitischen Fragen.“ Im Rathaus ten DSD-Schulen weiterqualifizieren und so die steigende was für ein echtes Interesse an den In- zufrieden“. die-journalisten.de entgegen. Köpenick lernten die ukrainischen Schulleiter am ersten Tag Nachfrage nach dem DSD befriedigen. „Circa 20 Lehrer wer- halten spricht. Fast die Hälfte geben die das Kinder- und Jugendparlament kennen, und an einer preis- den in der Ukraine nach dem ersten Kurs in der Lage sein, bei Zeitschrift zudem im Kollegium weiter Kritik und Wünsche BETTINA MEYER-ENGLING gekrönten Reformschule informierten sie sich über Struk- DSD-I-Prüfungen den Prüfungsvorsitz zu übernehmen. Die- und ein Viertel im privaten Umfeld, Ab dieser Ausgabe können Sie die turen verstärkter Schülermitbestimmung. Am Vorabend im sen Vertrauensbeweis haben sich die Schulen verdient“, findet sodass viele Exemplare durch mehrere BEGEGNUNG auch als E-Magazin Bundespräsidialamt galt ihr Interesse der Rolle des Bundes- Fachberaterin Kiesewalter. Ihr bleibt an diesem Tag noch eine Hände gehen. präsidenten: Ist er eine Art Korrektiv der Regierung? Wie posi- besonders schöne Aufgabe: In Berlin wird ein 25. Mitglied in tioniert sich Joachim Gauck im Ukraine-Konflikt? Und wann das ukrainische DSD-Netzwerk aufgenommen. Schulleiter Mehr Schulentwicklung, weniger 2 -2013 13 1 -20 Wirtschaft gang NG 34. Jahr besucht er das nächste Mal unser Land? Immer wieder sind es Melnychenko Volodymyr freut sich sichtlich, als er die Fach- ng EGNU rga 34 . Jah B E U G N G AU SL AN D Fragen nach der Solidarität des deutschen Partners und des- beraterin umarmt und verspricht: „Wir werden Sie nicht ent- Die meisten großen Rubriken werden GN IM AR BE IT -3132 A N DLIS CH E E 0 BEG A U SL SC HU : 094 UT IMHE T SC R B EI DE ISSN HE A sen Standpunkt, die die Schulleiterdelegation umtreiben. täuschen.“ vielfach mit „gut“ bewertet, das Thema SC H U LI 132 H E SC 0-3 94 T SC N: 0 D EU ISS „Ausland/Auslandsschulen“ finden Verantwortung durch Vertrauen 63 Prozent der Teilnehmenden sogar Im Auswärtigen Amt steht an diesem Vormittag das DSD „sehr gut“. Jedoch möchten fast 90 Pro- im Mittelpunkt: ein Bildungsangebot mit steigender Nach- zent mehr Informationen zum Thema frage in der Ukraine. Oxana Kovalenko aus dem ukrainischen INFO „Schulentwicklung“ erhalten. Auch die al n g glro-Fbrage Bildungsministerium wünscht sich deshalb, dass ihr Land Deutschland hat 2013 35 PASCH-Fortbildungen und Hos- Bereiche „Schulprojekte“ (87 Prozent), ldu nde langfristig „das Recht erwirbt, die DSD-I-Prüfungen eigen- pitationspraktika, einen Jahresaufenthalt in Deutschland, „Bildungspolitik“ (84 Prozent) und DBiei Ge ntra Bild Wel s: Foku g global un tbild ungs CO: beri nz cht Fokus: Wie ve Die Ge rschie r nder-Fra den sin Umga ge d wir ng mi t & Co i VIP UNES he Bila raf ich? De zifischen Pro lit ät Alumn der –krKri egsfotogLernen: wirkl itisc htsspe lqua hr Eine Na gesme nt lec en Schu relle gesch schied verantwortlich durchzuführen und Lehrer entsprechend fort- sechs Preisträgerstipendien, fünf DAAD-Vollstipendien, „ZfA“ (81 Prozent) werden stärker als Istssi er Dominic Entuga ept sunter t- erdo essbar? ngssys- otionte rkmul ale Bildung iens sdLä nd mit em In konz herin m ufsbildu nfts uchforsc über den nd sland n: Ber Vorbild diplom Zuku schule Schulb Inla hr: Au andSpanie erm in pa us ckke schl de uts rt stche rach d Euro a Nieha Lehrwerken Rü ut na ch O Sp Inl an Ro th: Dr. Ing Die spekt in De tem sche rd te in Deut Gerha kräf rscher Gendera zubilden“. Dieses Ziel treiben beide ZfA-Fachberaterinnen in technische Geräte, Lern- und Lehrwerke im Rahmen bisher nachgefragt. Themen rund um lehr Das ch Hirnfo ntraankrei nen wir ? o & Co in Fr scheitert? 0 13:2 and zle: Pr d ge Wie ler 23.0 1.13 Ausl d Ils e Kien hlan utscIst „Mult ikulti“ h un a, De Ulric Afrik n hen Oste der Ukraine bereits in konkreten Schritten voran. 2014 startete des ukrainischen DSD-Schulnetzwerks finanziert. Hinzu die „Wirtschaft“ möchten 66 Prozent isc n 18.03.13 11:20 Zw Nahe dem und die ZfA mit der Einführung des Fortbildungsinstruments DSD kommen jährlich Projekte wie „Jugend debattiert inter- hingegen weniger häufig lesen als bis- 13-1_0 1-19-F 6.indd 1 BG_2013-2 _01-17-F1. indd 1 BG_20 GOLD – Globales Online-Lernen Deutsch als Fremdsprache national“ und DSD-Sommersprachcamps. her, gefolgt von weniger „Kindergarten“ – in der Ukraine. Der weltweit eingesetzte Online-Lehrgang 8 BEGEGNUNG 1-2015 BEGEGNUNG 1-2015 9
AUSLAND YPERN 50° 51' N 2° 53' E YPERN 50° 51' N 2° 53' E AUSLAND Ieper. „Rein fachlich gesehen ist das Lernziel, die Geschichte Gemeinsam mit den Schülern und der stellvertretenden des Ersten Weltkriegs vor Ort zu erleben. Aber das ist nicht al- KMK-Generalsekretärin Heidi Weidenbach-Mattar besuchte les. Die Schüler können über den eigenen Tellerrand hinaus- Löhrmann die französischen und britischen Soldatenfried- schauen und erfahren, wie die Jugendlichen in einem europäi- höfe in Ypern und Zonnebeke sowie den deutschen Soldaten- schen Nachbarland leben“, erläutert PPRG-Geschichtslehrerin friedhof in Poelkapelle. Dort liegt auch der Sohn der Künst- Cristina Kothe, die den Austausch betreut. lerin Käthe Kollwitz begraben. Zu seinem Gedenken schuf sie das Mahnmal „Die trauernden Eltern“, das am Eingang des Neben dem Besuch historischer Stätten stand deshalb auch Friedhofs steht. die kulturelle Begegnung im Vordergrund. Untergebracht in Gastfamilien, hatten die 18 Siegener Schüler ausreichend Ge- Zum Abschluss der Reise nahm die Delegation um Löhrmann legenheit, sich mit Land und Leuten vertraut zu machen. auf Einladung der deutschen Botschaft an der Zeremonie am Menen-Tor teil. Das Tor trägt die Namen von 54.896 vermiss- Wie reagieren junge Menschen, die mit dem Grauen der Ge- ten Soldaten – ein Ort des Erinnerns gegen das Vergessen. schichte konfrontiert werden? „Das ist Geschichte zum An- fassen und eben ganz anders, als wenn man einen nüchternen Text in einem Geschichtsbuch liest“, berichtet die Projektlei- terin. „Wenn wir in einem der restaurierten Schützengräben stehen, können die Schüler ganz anders nachvollziehen, was dies bedeutet und in welcher Angst die Soldaten gelebt haben.“ Erinnern gegen das Vergessen Orte des Erinnerns Für Sylvia Löhrmann war die flandrische Stadt bereits be- kanntes Terrain, denn die KMK-Präsidentin besuchte zum zweiten Mal mit Schülern die Erinnerungsorte des Ersten Weltkriegs. „Eine lebendige Demokratie braucht die reflek- Erinnern gegen das Vergessen tierten Erfahrungen der Vergangenheit, um die Gegenwart zu gestalten und sich für die Zukunft zu öffnen. Darum ist histo- risch-politische Bildung in Form des Erinnerns so wichtig“, so die Ministerin. 11. November 2014. Am Menen-Tor, dem britischen Kriegerdenkmal in Ypern, blasen Trompeten und Dudelsack Links: Besuch der Schützengräben „Dodengang“ („Totengang“) in den „Last Post“, den Totengruß. Auf einem nahe liegenden Soldatenfriedhof erklingt die Melodie von „Sag mir, Diksmuide. Rechts: Gemeinsame Kranzniederlegung am Menen-Tor: wo die Blumen sind“. Gemeinsam mit Sylvia Löhrmann, Präsidentin der Kultusministerkonferenz 2014, sind die ehemalige KMK-Präsidentin Sylvia Löhrmann (r.) und die stell- vertretende KMK-Generalsekretärin Heidi Weidenbach-Mattar (l.) mit deutsche und belgische Schüler an diesen Ort gekommen, um der Opfer des Ersten Weltkriegs zu gedenken. Schülern des Peter-Paul-Rubens-Gymnasiums von STEFANY KRATH Die Schrecken des Ersten Weltkriegs bekommen in Ypern Schützengräben und im Niemandsland rund um Ypern fielen in der Nähe der belgischen Nordseeküste ein Gesicht, denn zwischen 1914 und 1918 ungefähr eine halbe Million Men- Statement Sylvia Löhrmann, Präsidentin der KMK 2014 Flandern war einer der blutigsten Kriegsschauplätze des Ers- schen. Unter ihnen nicht nur Deutsche, Franzosen, Briten und ten Weltkriegs, die Stadt selbst wurde fast vollständig zerstört. Belgier, sondern auch Marokkaner, Algerier, Tunesier, Senega- „Wer die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten Gegenwart der Jugendlichen anzuknüpfen, gilt es, neue For- Am Jahrestag des Waffenstillstands reiste die Präsidentin der lesen, Kanadier, Australier, Neuseeländer, Südafrikaner, Chine- will, muss die Vergangenheit kennen und wissen, auf wel- men des Erinnerns zu finden, gerade auch mit Blick auf den Kultusministerkonferenz (KMK) Sylvia Löhrmann für zwei sen, Inder, Jamaikaner und noch viele andere Nationalitäten. chen Werten und historischen Fundamenten unsere Ge- steigenden Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Zu- Tage nach Belgien, um sich gemeinsam mit Schülern des Sie- sellschaft beruht. Die Auseinandersetzung mit den zeitge- wanderungsgeschichte. Dies kann insbesondere dann gelin- gener Peter-Paul-Rubens-Gymnasiums (PPRG) das Ende des Studienfahrt mit Geschichte schichtlichen Ereignissen des 20. Jahrhunderts stärkt die gen, wenn Schulen mit außerschulischen Partnern wie Ge- Ersten Weltkriegs zu vergegenwärtigen. „Orte des Erinnerns Heute ist Ypern auch ein Ort der Versöhnung. Seit über 40 Jah- Persönlichkeitsentwicklung und die Identität der Schüle- denkstätten und Museen kooperieren. führen uns vor Augen, dass Freiheit, Demokratie und Selbst- ren besteht eine Städtepartnerschaft zwischen der flämischen rinnen und Schüler. Gleichzeitig schärft sie ihr historisches bestimmung keine Naturgesetze sind, sondern immer wie- Stadt und Siegen. Seit fast 25 Jahren besuchen sich Schüler und politisches Bewusstsein und das Verständnis für gesell- Die Kultusministerkonferenz hat sich wiederholt diesem der erarbeitet und manchmal auch verteidigt werden müs- beider Städte gegenseitig, initiiert von einem belgischen Sol- schaftliche Prozesse. Thema gewidmet und am 11. Dezember 2014 eine Empfeh- sen“, so Löhrmann. „Die zahlreichen Kriegsgräberstätten und daten, der nach dem Zweiten Weltkrieg in Siegen stationiert lung zur Erinnerungskultur verabschiedet.“ Denkmäler in Belgien bergen die fatale Geschichte des Ersten war und danach als Lehrer am PPRG arbeitete. Das Austausch- Dabei muss sich jede Schülergeneration den Zugang Weltkriegs in sich – wo, wenn nicht hier, kann die Geschichte programm fand zunächst mit einem Yperner Mädchengym- zur deutschen Geschichte selbst erarbeiten. Um an die des Ersten Weltkriegs bewusst und erfahrbar werden?“ In den nasium statt, dann seit 1994 mit dem Koninklijk Atheneum 10 BEGEGNUNG 1-2015 BEGEGNUNG 1-2015 11
AUSLAND MELDUNGEN Schülergedenken – Meldungen Meldungen Schülergedenken – 100 Jahre 2. Europaspiele der Deutschen Auslandsschulen 100 Jahre Erster Weltkrieg Erster Weltkrieg Brüssel. Vom 19. bis 21. September empfing die fünf Teams aus Deutschen messen. Mit einem Fußballturnier am fanden an der Internationalen Deut- Schulen in Den Haag, Dublin, Genf, Freitag konnte der Wettkampf begin- In zahlreichen Schulprojekten beschäftigten sich schen Schule Brüssel (iDSB) die 2. Eu- Toulouse und Moskau in der europäi- nen. Der Samstag stand ganz im Zei- 2014 weltweit Schüler mit der Geschichte des Ersten ropaspiele der Deutschen Auslands- schen Hauptstadt, um sich in verschie- chen der Leichtathletik. Hier wurden schulen statt. Die Gastgeberin iDSB denen Disziplinen gemeinschaftlich zu Sprint, Weitsprung und die Zwei-Ki- Weltkriegs – und entdeckten das gemeinsame Ge- lometer-Langstrecke von einem be- denken als Quelle der Freundschaft. geisterten Publikum begleitet. Den Abschluss bildete ein Volleyballturnier am Sonntag. In einem spannenden Fi- nale gegen Moskau setzten sich die Gastgeber aus Brüssel knapp gegen ihre Dublin Singapur russischen Partner durch. Zuvor er- langte das belgische Team bereits den Szenen von der Westfront Turniersieg im Fußball. Zur festlichen Preisverleihung kam der Deutsche Bot- schafter Belgiens, Dr. Eckart Cuntz, um Dublin Szenisch stellten die Schüler das Kriegsgeschehen dar. den Teilnehmern gemeinsam mit dem Schulleiter Jürgen Langlet persönlich Szenen von der Westfront Straßennamen als Zeugen zu gratulieren und ihnen die Preise zu verleihen. [JS] In Gruppen diskutierten Schüler der Ein behelmter Soldat, der vom Kampf im Schützengraben Singapur GESS und des LFS Themen wie zum berichtet, das Gesicht noch schlammverschmiert. Eine Kran- Beispiel Kriegsgefangenschaft. kenschwester, die ihre Erlebnisse im Lazarett schildert. Le- bendige Szenen von der Westfront erwarteten die Besucher Straßennamen als Zeugen der temporären Pop-up-Ausstellung auf dem Dubliner Eu- rocampus. Über mehrere Monate hatten die jungen Darstel- Woher kommt der Name „Trenchcoat“ für einen Mantel? Wettbewerbe zu Inklusion und Berufsbildung ler der St. Kilian’s Deutsche Schule Dublin und des Lycée Wieso verbinden wir den Ausdruck „dicke Luft“ mit drohen- Français d’Irlande Kriegsszenen geprobt, Gedichte einstudiert der Gefahr? Ehemaligen Kriegsvokabeln wie diesen gingen die gewählt, eine Jury entschied dann über den Schulen eingesetzt. Betreut w urden und Ausstellungswände gestaltet, die das Kriegsgeschehen aus Schüler der German European School Singapore (GESS) und die drei Gewinner. Bundestagsvizeprä- die Wettbewerbe von der Zentralstelle den Perspektiven der Angehörigen unterschiedlicher Natio- des Lycée Français de Singapour (LFS) bei ihrem Projekttag sidentin Ulla Schmidt hat im Januar für das Auslandsschulwesen, die mehr nen – Irland, Frankreich und Deutschland – nachzeichneten. am 11. November 2014 in gemischten Arbeitsgruppen auf den als Schirmherrin die Preise überreicht. als 140 Deutsche Auslandsschulen und Am 11. November 2014, dem Jahrestag des Waffenstillstands Grund. Einige setzten sich mit dem Leben der Kriegsgefange- Ebenfalls ausgezeichnet wurden drei rund 1.100 Sprachdiplomschulen fi- von 1918, präsentierten sie das Ergebnis ihrer Arbeit in drei nen in Singapur auseinander und entdeckten, dass dort Stra- Projekte zur Berufsorientierung im nanziell, personell sowie pädagogisch Sprachen. Unter den Gästen waren die Botschafter Deutsch- ßennamen noch heute an Schlachtfelder und Militärführer deutschen Auslandsschulwesen. Der betreut. Die BEGEGNUNG berichtet lands, Frankreichs, Österreichs, Belgiens und ein Vertreter erinnern. Wie unterschiedlich die Geschichte des Ersten Welt- Wettbewerb „Schule macht Beruf“ über die Preisverleihung in der Aus- der US-amerikanischen Botschaft. Neben den Live-Darstel- kriegs im deutschen und im französischen Lehrplan vermittelt richtete sich sowohl an Deutsche Aus- gabe 2-2015. [SG] lungen beschäftigte sich eine Wandausstellung mit Themen wird, verglich eine andere Gruppe. Der Film „Merry Christmas“ Berlin. Das Auswärtige Amt hat zwei landsschulen als auch an Sprachdip- wie Waffenstillstand und Propaganda. „Wir glauben, dass über den Weihnachtsfrieden von 1914 in den Schützengräben Wettbewerbe initiiert, deren Gewin- lomschulen weltweit. Insgesamt haben der Eurocampus eine zentrale Rolle im Gedenken an den lieferte weiteren Diskussionsstoff. Ausgangspunkt des Tages ner im Rahmen einer Preisverleihung 38 geförderte Schulen Projekte einge- Ersten Weltkrieg einnimmt, weil Schüler aus unterschiedli- bildeten Reden des deutschen und des französischen Bot- am 6. Januar 2015 in Berlin vorgestellt reicht. Auch hier hat eine Fachkom- chen Ländern – insbesondere aus den Nationen, die einander schafters. „Im Rahmen dieses Projekttags wurden viele gute wurden. Zum Thema Inklusion an mission die Vorauswahl getroffen. Am 1914 noch bekämpft haben – heute unsere Schulen besuchen Gespräche geführt“, resümierte Astrid Struve, Geschichtsleh- Deutschen Auslandsschulen wurden 6. Januar hat Staatsministerin im Aus- und in Frieden miteinander lernen“, so die Schulleiterin der rerin an der GESS. „Die Schüler und Schülerinnen des LFS bis Mitte Oktober 2014 19 Schulpro- wärtigen Amt Prof. Dr. Maria Böhmer St. Kilian’s, Alice Lynch. Als Vorbild trügen Schulen wie ihre und der GESS erlebten die deutsch-französische Freundschaft jekte für „DAS – gemeinsam lernen die Preisgelder an die Siegerschulen „ein Stück zur Zukunft Europas“ bei. hautnah.“ und leben“ eingereicht. Eine Fachkom- überreicht. Die insgesamt 17.500 Euro JOHANNA BÖTTGES mission hat die zehn besten Projekte werden für Berufsbildungsprojekte an 12 BEGEGNUNG 1-2015 BEGEGNUNG 1-2015 13
FOKUS: INKLUSION FOKUS: INKLUSION Inklusion: mehr ausschließlich getrennt unterrichtet werden, sondern bei Bedarf gemeinsam mit anderen Kindern lernen können. solche Parallelstruktur wird immer dazu führen, dass Lehrer, Eltern und Kinder 16 Bundesländer, 16 Konzepte Zahlreiche Initiativen weltweit mündeten 1994 in die Erklä- sagen: Der ist in einer anderen Schule rung von Salamanca, in der sich 92 UNESCO-Staaten und besser aufgehoben.“ zahlreiche internationale Organisationen – zunächst ohne Rechtsbindung – zum Aufbau eines integrativen Bildungswe- Elternwahlrecht sens bekannten. Im gleichen Jahr gab die Kultusministerkon- Fast überall dürfen Eltern jetzt laut ferenz der Länder (KMK) erstmals Empfehlungen zur sonder- Schulgesetz wählen, ob ihr Kind auf eine pädagogischen Förderung heraus, die diese als gemeinsame Regel- oder eine Förderschule geht. Einige Aufgabe aller Schulen definierten. 2011 erweiterte die KMK Bundesländer, darunter Bayern, Branden- ihre Empfehlungen – als Reaktion auf die UN-Konvention burg und Mecklenburg-Vorpommern, behalten über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die in sich jedoch vor, in bestimmten Fällen einzugreifen: Deutschland 2009 in Kraft trat. etwa wenn an der Wunschschule die Bedingungen für eine angemessene Förderung des Kindes nicht gegeben sind. Eine Mit der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet sich Ausnahme ist Thüringen, wo das Schulamt über den Lernort Deutschland, ein inklusives Bildungssystem bereitzustellen. entscheidet. Faktisch eingeschränkt wird die Wahl dort, wo Was das für die Praxis bedeutet, ist umstritten. „Der Deutsche ein Teil der Förderschulen ausläuft. Das ist in Bremen, Ham- Bundestag hat den Begriff ‚Inklusion‘ so verstanden, dass nur burg und Schleswig-Holstein der Fall. Dort werden künftig noch der gemeinsame Unterricht in Frage kommt“, sagt Otto Kinder mit bestimmten Förderbedarfen – meist Lernen, Spra- Speck, emeritierter Professor für Sonderpädagogik an der che oder emotional-soziale Entwicklung – je nach Klassen- Ludwig-Maximilians-Universität München. „Das steht aber stufe überwiegend oder ausschließlich inklusiv beschult. Stu- nicht in der UN-Konvention.“ Der deutschen Übersetzung dien, zum Beispiel vom Institut zur Qualitätsentwicklung im zufolge verpflichten sich die Vertragsstaaten, dass Menschen Bildungswesen, zeigen, dass diese Kinder besonders vom Ge- mit Behinderungen nicht „vom allgemeinen Bildungssystem meinsamen Unterricht profitieren. Sie bilden neben Kindern ausgeschlossen“ werden dürfen. Doch in Deutschland umfasse mit Störungen in der geistigen Entwicklung, beim Hören, Se- das allgemeine Bildungssystem auch die Förderschulen, so hen sowie längerfristigen Erkrankungen die größte Gruppe Speck. „Somit kann das deutsche Schulsystem formal bereits der Förderschüler. Die übrigen Länder setzen auf eine allmäh- als inklusiv betrachtet werden.“ Der Sonderpädagoge wider- liche Vermehrung inklusiver Angebote, häufig mittels inklu- spricht damit einem Inklusionsbegriff, der sich bundesweit siver Schwerpunktschulen. Alle Förderschulen abzuschaffen, durchgesetzt hat: Demnach ist inklusive Beschulung gleichbe- plant derzeit kein Bundesland. deutend mit gemeinsamer Beschulung von Kindern mit und ohne Förderbedarf. Überforderte Lehrer Für Lehrer an Regelschulen ändert sich angesichts steigender Sonderschule = Exklusion? Inklusionsquoten vieles: Sie müssen sich auf Schüler mit ver- Mit der UN-Behindertenrechtskonvention hat sich Das hatten die Vorreiter der Bewegung noch anders gesehen. schiedensten Bedürfnissen einstellen. Speck warnt: „Die Er- Deutschland unter anderem zu schulischer Inklu- Otto Speck wirkte in den 70er Jahren an den Empfehlungen schöpfungsrate der Lehrer ist ungefähr so hoch wie die von des Deutschen Bildungsrats für die Integration behinderter Polizisten. Wenn jetzt noch eine Aufgabe dazukommt und die sion verpflichtet. Das wirft viele Fragen auf. Denn Kinder in das Schulsystem mit. Ziel war es, ein Angebot zu Lehrer alleingelassen werden, sind sie glatt überfordert.“ Um wie Inklusion umgesetzt wird, entscheidet jedes schaffen für so viel Gemeinsamkeit wie möglich und so wenig die Qualität Gemeinsamen Unterrichts nicht dem Zufall zu Bundesland für sich. von JOHANNA BÖTTGES und STEFANY KRATH gesonderte Beschulung wie nötig. Speck begrüßt, dass mit dem überlassen, sei in der Aus- und Fortbildung von Lehrern ein Begriff Inklusion aus dem Angebot ein Rechtsanspruch auf erheblicher Aufwand nötig. Das hat auch die KMK erkannt gemeinsamen Unterricht geworden ist. Dass Sonderschulen und 2014 die Standards für die Lehrerbildung überarbeitet, die Der Begriff Inklusion ist in den letzten Jahren zunehmend mit und ohne Beeinträchtigungen frei von Diskriminierung neuerdings vielen als Orte des gesellschaftlichen Ausschlus- die Grundlage für alle Lehramtsstudiengänge bilden. Neben zum Reizwort geworden. Politiker und Wissenschaftler, Jour- und Berührungsängsten entfalten können. ses gelten, betrachtet er jedoch mit Sorge. „Nach Auffassung förderdiagnostischen Kompetenzen sollen angehende Lehrer nalisten und Lehrer, Erzieher und Eltern streiten darüber, was einer Mehrzahl der Eltern fühlen sich Kinder in Förderschu- künftig lernen, mit Heterogenität umzugehen, in multiprofes- schulische Inklusion eigentlich bedeutet. Geht es um ein Mehr Gemeinsames Lernen in Deutschland – len in ihrer Besonderheit eher angenommen und werden eher sionellen Teams zu arbeiten und „Lehr- und Lernprozesse in- an Gemeinsamem Unterricht behinderter und nichtbehinder- eine lange Geschichte verstanden.“ Dieter Katzenbach, Professor für Erziehungswis- dividuell zu gestalten“, so KMK-Präsidentin Sylvia Löhrmann. ter Kinder? Um eine Schule für alle als einzige Möglichkeit? Schon seit Jahrzehnten verfolgt man in Deutschland dieses senschaft mit Schwerpunkt Lern- und Geistigbehindertenpä- Oder bildet die Inklusion im Bildungswesen die Speerspitze Ziel. Nachdem bereits in den 1880er Jahren separate soge- dagogik an der Universität Frankfurt, hält ein Nebeneinander Streitpunkt Lehrerausbildung eines umfassenden Wertewandels der Gesellschaft, die sich nannte Hilfsschulen für behinderte Kinder gegründet worden von Sonder- und Regelschulen dennoch für einen Fehler. „Wir In der Streitfrage, ob es weiterhin ein eigenständiges Lehr- vom Leistungsdenken ab- und einem Ideal der Vielfalt zuwen- waren, entwickelte sich in der Nachkriegszeit ein differenzier- haben ein mäßiges bis schlechtes inklusives Angebot und sehr amt Sonderpädagogik geben soll, sind die Länder uneins. Das den soll? Die Debatte scheint oft unversöhnlich, dabei wün- tes Sonderschulsystem. In den 70er Jahren kamen erste inte- gut ausgebaute Förderschulen. Da ist es keine Überraschung, zeigen die aktuellen Länderberichte zur Umsetzung der in- schen sich Vertreter beider Seiten dasselbe: dass sich Kinder grative Ansätze auf: Kinder mit Behinderungen sollten nicht dass die Eltern sich für die Förderschulen entscheiden. Eine klusiven Bildung, die der KMK vorliegen. Als Alternative 14 BEGEGNUNG 1-2015 BEGEGNUNG 1-2015 15
FOKUS: INKLUSION FOKUS: INKLUSION „Lehrer sind keine gilt die Einbindung sonderpädagogischer Module in die üb- aufgenommen. Daneben stellen sie Fort- und Weiterbildungs- rigen Lehramtsstudiengänge. Berlin hat dies bereits Anfang maßnahmen in unterschiedlichem Umfang bereit. 2014 umgesetzt. Speck hält nichts von einer Auflösung des Kompetenzpakete“ Sonderpädagogik-Lehramts. „Dabei kommen die speziellen Zu wenig Ressourcen Erfordernisse bestimmter Behinderungen zu kurz. Geistige Laut Speck ist ein qualitativ hochwertiger Ausbau des gemein- Behinderung zum Beispiel kann man nicht in einem zwei- samen Lernens bislang nicht ausreichend finanziell abgesi- stündigen Seminar abhandeln.“ Notwendig sei ein Doppel- chert. „Es ist eine Milchmädchenrechnung, mit dem Schließen Interview mit Sönke Asmussen Interview mit Sönke Asmussen system: „Man wird nach wie vor speziell ausgebildete Lehrer der Sonderschulen und den Ressourcen, die dadurch frei wer- brauchen. Daneben müssen selbstverständlich auch Lehrer an den, den Gemeinsamen Unterricht auszubauen. Der Gemein- allgemeinen Schulen eine Einführung in sonderpädagogische same Unterricht kostet doppelt so viel wie das System der Wie gehen die Bundesländer an Wahlrecht auf Dauer besteht, wird vom ich nicht beurteilen, welche Konse- Problemstellungen erhalten.“ Förderschulen.“ Der Pädagoge beruft sich auf eine Studie des das Projekt Inklusion heran? Fünf Verhalten der Eltern abhängen. Wenn quenzen das für die fachlichen Kom- Berliner Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökono- irgendwann in bestimmten Förderbe- petenzen der Lehrer hat. Ein Gegen- Bislang halten die meisten Bundesländer am dualen Sys- mie von 2009. Auf 660 Millionen Euro schätzte 2012 die Ber- Fragen an Sönke Asmussen, Be- reichen die Nachfrage an spezifischen beispiel ist Baden-Württemberg: Dort tem fest. Doch die Grenzen zwischen den Lehrämtern telsmann Stiftung die Zusatzausgaben. richterstatter der Kultusminister- Bildungsangeboten nicht länger gege- wird die Ausbildung um ein Semester werden durchlässiger: So können in Rheinland-Pfalz bei- konferenz der Länder (KMK) für ben sein sollte, ist die öffentliche Hand verlängert, von neun auf zehn Semes- spielsweise angehende Sonder- und Grundschulpädagogen Doch wer übernimmt die Kosten für Qualifikations- und Fragen der sonderpädagogischen gefordert, Strukturüberlegungen anzu- ter Sonderpädagogik. Zusammen mit Veranstaltungen des jeweils anderen Studiengangs belegen. Umbaumaßnahmen, Hilfsmittel und Personal? Hierauf gibt stellen. Sie können ein solches System dem Vorbereitungsdienst ist das eine In die Ausbildung der allgemeinen Lehrämter wurden bereits es keine einfache Antwort. Je nach Land ist eine Vielzahl un- Förderung für Kinder mit Behin- nicht von heute auf morgen umstellen. Ausbildung von sechseinhalb Jahren. in allen Ländern inklusionspädagogische Grundkompetenzen terschiedlicher Leistungs- und Kostenträger in die Förderung derungen. Für Kinder, Eltern, Lehrkräfte und Kos- Das ist ein hochspezifischer Lehrerbe- eingebunden – von Schulträgern über Jugend- und Sozialäm- tenträger gilt gleichermaßen: Lernen ruf. Den Sonderpädagogen stehen als ter bis zu Krankenkassen. Die Diskussion, wie der Mehrauf- Herr Asmussen, wie inklusiv ist das deut- am Erfolg. „Sparringspartner“ die Lehrkräfte der wand unter all diesen Akteuren aufzuteilen ist, berührt so- sche Schulsystem? allgemeinen Schulen gegenüber, die gar das Föderalismusprinzip. So fordern Lehrerverbände, der Durch die Einführung der Schulpflicht Die KMK hat 2014 die Standards der sich durch das sonderpädagogische Verteilung der Schüler mit sonderpädagogischem Bund müsse sich über das bestehende Kooperationsverbot und die Gründung von Sonderschulen Lehrerbildung aktualisiert. Wie positio- Zusatzmodul wesentliche Kernkompe- Förderbedarf in Deutschland auf die einzelnen hinwegsetzen, das ihm Bildungsinvestitionen auf Länder hat Deutschland früh das Bildungs- niert sie sich zu der Frage, ob ein eigen- tenzen aneignen: Sie erwerben zuneh- Förderschwerpunkte – Schuljahr 2012/2013 ebene verbietet. Die Länder investieren indessen in unter- recht für alle Kinder verwirklicht, un- ständiges Lehramt Sonderpädagogik mend Systemwissen, Kooperations- Angaben in Prozent (Abweichung zu 100 Prozent ergibt sich durch schiedlichem Maße in den Umbau. Während Sachsen auf eine abhängig von Art und Schwere der weiterhin bestehen bleiben soll? kompetenz, diagnostische Kompetenz Rundungseffekte) reine Umverteilung der vorhandenen Sonderpädagogen von Behinderung. Insofern ist der Zugang Wir stehen in der Lehrerbildung vor sowie Kenntnisse zu Fragen des Indi- Förderschulen an Regelschulen setzt, schafft Nordrhein-West- zu Bildung für alle gesichert. Mit der zwei großen Herausforderungen: Leh- vidualisierens und Differenzierens. Mit falen zusätzliche Stellen. Behindertenrechtskonvention lautet rer sollen in ihrem Unterrichtsfach und diesem Modell bereitet Deutschland aber die Frage nicht mehr: Gehen alle in der Inklusion besser sein. Aber Leh- sich gut auf die neue Aufgabe vor. Uneinigkeit herrscht auch darüber, wie vorhandene Stel- Kinder zur Schule? Sondern: Gehen alle rer sind keine Kompetenzpakete, de- len umverteilt werden sollen. Um eine personelle Grundver- Kinder in ein und dieselbe Schule? Das nen man immer noch eine zusätzliche Ist der Ausbau des Gemeinsamen Unter- sorgung der Schulen zu erreichen, verteilen einige Länder stellt ein System wie das deutsche mit Kompetenz hinzufügen kann. Wenn richts finanziell ausreichend abgesichert? sonderpädagogische Arbeitszeit unabhängig von der Anzahl seinem sehr ausdifferenzierten Son- Lehrkräfte über eine zusätzliche Kom- Wie viele zusätzliche Ressourcen ein förderbedürftiger Schüler. So erhalten Bremer Grundschulen derschulwesen vor besondere fachliche petenz verfügen sollen, muss man in Kind in der Inklusion braucht, ist stark pauschal für sechs Prozent aller Schüler drei Wochenstunden und strukturelle Herausforderungen. der Regel gleichzeitig entscheiden, über vom Einzelfall abhängig. Es hängt auch extra. Für langjährige Inklusionsschulen kann das eine Ver- welche anderen Kompetenzen sie dann davon ab, welche Organisationsformen schlechterung bedeuten, denn sie haben häufig mehr Kinder Kritiker sagen, eine Abschaffung aller nicht mehr verfügen. Vor diesem Hin- gewählt werden und wie groß das Er- mit Förderbedarf. Sonderschulen gehe zu weit. Was ist die tergrund hat sich die KMK entschieden, fahrungswissen der jeweiligen allge- Zielperspektive der Länder? ein spezifisches sonderpädagogisches meinen Schule ist. Bedarfsprognosen Zahl der Kinder an Förderschulen sinkt nicht Für Kinder, die wir gestern noch als för- Lehramt beizubehalten. Gleichzeitig fallen darum schwer. Fest steht: Alle Förderschwerpunkte Auf den ersten Blick zeichnet sich eine positive Entwicklung der- oder sonderschulbedürftig bezie- hat sie die Entscheidung getroffen, dass Länder unternehmen enorme Anstren- 39,9% Lernen ab. Bundesweit ist der Inklusionsanteil, also der Prozentsatz hungsweise förder- oder sonderschul- alle Lehrämter sich mit Fragen der In- gungen, denn zu den Ausbauplänen ge- 16,1% Geistige Entwicklung inklusiv beschulter Kinder an allen Schülern mit Förder- 14,3% Emotionale und soziale Entwicklung pflichtig bezeichnet haben, müssen wir klusion beschäftigen müssen. hören gewaltige Summen. 11,0% Sprache bedarf, in den letzten Jahren deutlich gestiegen: Gut jeder morgen ein qualitativ vergleichbares 6,8% Körperliche/motorische Entwicklung vierte der knapp eine halbe Million Förderschüler besuchte Bildungsangebot in allgemeinen Schu- Nicht alle Länder halten sich daran. 3,5% Hören im Schuljahr 2012/2013 eine Regelschule. Je nach Land aller- 2,7% Übergreifend bzw. ohne Zuordnung len sichern. Die meisten Länder ver- In Berlin wurde bereits Anfang 2014 Die aktuelle Übersicht zur Umsetzung 2,3% Kranke dings rangiert der Anteil zwischen 15 und 63 Prozent. Grund binden das in der Übergangszeit mit das sonderpädagogische Lehramt der inklusiven Bildung in den Ländern 1,9% Lernen, Sprache, emotionale und soziale Entwicklung dafür sind die jeweiligen historisch gewachsenen Schulfor- einer Wahlmöglichkeit für die Eltern. abgeschafft. (Stand: 18. November 2014) stellt die (LSE) men und Unterrichtspraktiken, aber auch unterschiedliche 1,5% Sehen Andere Länder gestalten bestimmte Da ich die dortigen Ausbildungs- und KMK auf Nachfrage zur Verfügung. Diagnoseverfahren und Förderquoten. Auffällig ist außerdem: Sonderschultypen auslaufend. Ob ein Prüfungsordnungen nicht kenne, kann Quelle: Bertelsmann Stiftung Während immer mehr Schüler mit Förderbedarf inklusiv 16 BEGEGNUNG 1-2015 BEGEGNUNG 1-2015 17
FOKUS: INKLUSION FOKUS: INKLUSION die Unterzeichner eines Positionspapiers, das beim 15. Göt- INFO tinger Kongress für Erziehung und Bildung im Oktober 2014 Der 2003 entwickelte Index für Inklusion gibt Hin- weise zur Schulentwicklung und Selbstevaluation auf www.montag-stiftungen.de unter „Projekte – Inklusion“. veröffentlicht wurde. Die Pädagogen fordern, „auf allen gesell- schaftlichen Ebenen grundsätzlich umzudenken“. Annedore Prengel, Begründerin der sogenannten Pädagogik der Vielfalt, Sag es Das Ergebnis des Wettbewerbs „DAS – gemeinsam ler- bekräftigte die Bedeutung des Bildungswesens in diesem Pro- zess. „Kitas und Schulen sind der einzige Ort, der von den An- einfacher nen und leben. Inklusion an Deutschen Auslands- schulen“ können Sie in der kommenden Ausgabe der gehörigen aller Schichten besucht wird.“ Potenzial der Auslandsschulen Sag es einfacher BEGEGNUNG nachlesen. Auch für Deutsche Auslandsschulen ist die UN-Konvention verbindlich. Für Anfang 2015 plant der Bund-Länder-Aus- schuss für schulische Arbeit im Ausland (BLASchA), Hinweise unterrichtet werden, bleibt die Zahl der Kinder an Förderschu- zur Inklusion an Deutschen Auslandsschulen zu veröffentli- len nahezu gleich. „Man erzeugt höhere Inklusionsquoten, in- chen. Hiermit sollen die Anforderungen des Profilmerkmals Leichte Sprache will nicht die Errungenschaften der deutschen Sprache in Frage stellen, sondern Kommunika- dem man mehr Kindern sonderpädagogischen Förderbedarf „Inklusives Arbeiten“ der Bund-Länder-Inspektion konkreter tionshürden beseitigen. anhängt“, ist Katzenbach überzeugt. Auch für Speck sind diese beschrieben werden, zu dessen Kriterien ein inklusives Leit- Zahlen kein Resultat von mehr Gemeinsamkeit: „Da stecken bild, eine barrierefreie Infrastruktur, Qualifizierungsmaß- viele Kinder drin, die früher nie eine Sonderschule hätten be- nahmen für Lehrkräfte und Möglichkeiten individueller „Teilhabe beginnt mit der Kommunikation“, ist Brigitte Sei- übersetzen. „Es besteht immer die Gefahr, dass Inhalte ver- suchen müssen. Die Lehrer melden eine steigende Zahl von Leistungsbewertung gehören. Auch konkrete Hilfestellungen del überzeugt. Doch die deutsche Sprache mit ihrem Hang loren gehen“, sagt Seidel. „Komplexe Zusammenhänge kön- Kindern als Risikokinder, weil sie Hilfe brauchen und sich zu- werden angeboten. zu komplizierten Sätzen, langen Silbenkombinationen und nen mit Leichter Sprache oft nicht transportiert werden.“ Sie sätzliche Ressourcen erhoffen.“ Fremdwörtern birgt für einige Menschen kaum überwindbare bleibe somit ein Hilfsmittel. Das Thema Inklusion sei bei den Schulleiterversammlungen Hindernisse. Seidel übersetzt darum deutsche Texte in ein ver- Dass Veränderungen im Bildungssystem maßgeblich zu ei- präsent, werde aber auch durch den vom Auswärtigen Amt ständlicheres Deutsch – in die sogenannte Leichte Sprache. Die Nachfrage steigt nem Wandel gesellschaftlicher Werte beitragen könnten, hält 2014 ausgelobten Inklusionswettbewerb ins Bewusstsein ge- Leichte Sprache bezieht sich nicht nur auf das geschriebene Speck für eine Illusion. „Es ist richtig, dass die Erziehung eine rufen, so Rolf Bennung, Ländervertreter für Schleswig-Hol- Wort. „Die verbale Kommunikation wird oft unterschlagen, „Viele Menschen verstehen schwere Sprache nicht. ganze Menge bewirken kann. Aber die Erziehung kann nicht stein im BLASchA. „Im Laufe der Zeit wird sich die Kultur dabei ist sie ganz wichtig“, sagt Seidel. Als Leiterin des Klar- eine gesamte Gesellschaft ändern.“ Dazu äußerten sich auch Schritt für Schritt verändern. Zwar werden inklusiv beschulte Darum gibt es Leichte Sprache. text-Büros der Lebenshilfe Offenburg schult sie Mitarbeiter Kinder Einzelfälle bleiben, aber sie werden häufiger vorkom- Leichte Sprache verstehen alle besser.“ von Behörden, sozialen Einrichtungen und Unternehmen, die men.“ Aus Erfahrung weiß der ehemalige Auslandslehrer: Bei Netzwerk Leichte Sprache Leichte Sprache anwenden wollen – vom kommunalen Job- der Umsetzung von Inklusion haben es Auslandsschulen in center bis zum Mobilfunkanbieter. Hinter der erhöhten Nach- mancher Hinsicht schwerer als Schulen im Inland. „Meistens frage steckten nicht nur soziale Motive, erklärt Seidel. „Behör- steht kein sonderpädagogisches Know-how zur Verfügung.“ Kurze Sätze, eine vereinfachte Grammatik, wenige Fachbe- den melden sich verstärkt, weil sie gemerkt haben, dass ihre Das sei zum einen eine finanzielle Frage, aber auch eine Frage griffe und klar strukturierte Informationen sind die wichtigs- Rechnungen nicht bezahlt werden, weil die Leute sie einfach des Standorts. Unterstützende Strukturen wie Förderzentren ten Regeln, die das 2006 gegründete Netzwerk Leichte Sprache nicht verstehen. Aber auch Unternehmen entdecken Leichte fehlten im Ausland oft. nennt. Erste Initiativen für eine vereinfachte Sprache gab es Sprache zunehmend für sich, weil sie viele Kunden sonst nicht bereits Jahrzehnte zuvor. Heute findet sich Leichte Sprache erreichen.“ „Starke Gemeinschaften“ unter anderem in den USA, Großbritannien, Skandinavien Von Vorteil sei aber die Multiprofessionalität der Schulen, und im Baltikum. die oft Sozialpädagogen und Psychologen beschäftigen. Auch könnten sie aufgrund ihres selbstverwalteten Haushalts fle- „Leichte Sprache ist für einen breiten Bevölkerungsteil von xibler auf Anforderungen reagieren. Für wichtig erachtet der Vorteil“, sagt Seidel. Nicht nur wer kognitiv eingeschränkt, Leiter einer inklusiven Lübecker Schule intensive Teamarbeit – sondern auch wer wenig gebildet sei oder nicht gut Deutsch aus seiner Sicht eines der besonderen Potenziale der Schulen: spreche, profitiere von Leichter Sprache. Auch Menschen mit INFO „Auslandsschulen sind starke Gemeinschaften. Die Erfahrung Sehproblemen, häufig Älteren, erleichtere sie das Lesen. 2014 erschien das Themenheft „Leichte und Einfache zeigt, dass viel mehr möglich ist, als man glaubt, wenn man als Sprache“ der Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“ Gemeinschaft zusammenhält.“ Laut der Level-One-Studie der Universität Hamburg zu Anal- der Bundeszentrale für politische Bildung unter phabetismus haben rund 7,5 Millionen Menschen in Deutsch- www.bpb.de land Schwierigkeiten, zusammenhängende Texte oder Sätze zu verstehen – jeder siebte Erwachsene. Ein Viertel der Deut- Tipps gibt der Ratgeber „Leichte Sprache“ des Bundes- Gleichberechtigte Teilhabe an Bildung auch für Kinder mit schen liest und schreibt zudem fehlerhaft. Leichte Sprache ministeriums für Arbeit und Soziales auf www.bmas.de Behinderung – bei diesem Ziel sind sich alle Seiten einig. hilft ihnen, komplexe Gesetzestexte, Verträge und Websites unter „Service – Publikationen“. besser zu verstehen. Doch nicht alles lässt sich eins zu eins 18 BEGEGNUNG 1-2015 BEGEGNUNG 1-2015 19
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