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Steffen Niese Die Auseinandersetzung um die Menschenrechte im sozialistischen Kuba
Steffen Niese Die Auseinandersetzung um die Menschenrechte im sozialistischen Kuba Hausarbeit im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und Philosophie für das Fach Politikwissenschaft Philipps-Universität Marburg, Institut für Politikwissenschaft SE: Kuba und sein Verhältnis zu den USA – 45 Jahre Sanktionen und Embargoerfahrungen (Leitung: PD Dr. Johannes M. Becker) Marburg im August 2005, aktualisiert im Oktober 2006 Herausgegeben von Cuba Sí, AG der Linkspartei.PDS Kleine Alexandestraße 28, 10178 Berlin
Inhalt 1. Historisches und Definitorisches zu den Menschenrechten 6 1.1 Historische Entwicklung der Idee von allgemeinen Menschenrechten 6 1.2 Die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen 6 2. Menschenrechtsverletzungen: Anklagen und Ankläger 7 2.1 Geschichte und Aktualität der Anschuldigungen gegen Kuba 7 2.2 Die UN-Menschenrechtskommission 7 2.2.1 Entstehungsgeschichte der UN-Menschenrechtskommission 7 2.2.2 Kurze Chronik der Resolutionen gegen Kuba 7 2.3 Internationale und nationale Menschenrechtsorganisationen 8 2.3.1 Amnesty International 8 2.3.2 Reporter ohne Grenzen (Reporter sin fronteras) 8 2.3.3 Deutsche und kubanische Menschenrechtsorganisationen 8 2.4 Anschuldigungen von Staaten 9 2.4.1 Die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) 9 2.4.2 Die Europäische Union (EU) 9 2.4.3 Anklagen weiterer westlicher Staaten gegen Kuba 9 3. Menschenrechtsverletzungen und Menschenrechte aus kubanischer Sicht – Stellungnahmen und politische Hintergründe 10 3.1 Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Ankläger 10 3.1.1 Die Unglaubwürdigkeit der UN-Menschenrechtskommission 10 3.1.2 Kritik an internationalen und nationalen Menschenrechtsorganisationen 11 3.1.3 Fehlende Berechtigung westlicher Staaten zur Einforderung von Menschenrechten 13 3.1.3.1 Die Unglaubwürdigkeit der USA 13 3.1.3.2 Kritik an der EU als Menschenrechtsanwalt 14 3.1.3.3 Unglaubwürdigkeit weiterer westlicher Staaten 15 3.2 Dementis von vorgeworfenen Menschenrechtsverletzungen 15 3.2.1 Foltervorwürfe und Gefangenenbehandlung 15 3.2.2 Meinungsfreiheit 16 3.2.3 Religionsfreiheit 16 3.2.4 Politische Morde und Verschwundene 16 3.2.5 Repression und Polizeigewalt 16 3.2.6 Kontrollen durch internationale Organisationen 16 3.2.7 Prominente Fürsprecher und Unterstützer der kubanischen Dementis 17 3.3 Ursachen, Erklärungen und Hintergründe für Menschenrechtsdefizite 17 3.3.1 Pressefreiheit 17 3.3.2 Todesurteile gegen drei Schiffsentführer 18 3.3.3 Politische Gefangene, Dissidenten und ausländische Regierungsgegner 19 3.4 Die Bedeutung der sozialen, ökonomischen und kulturellen Rechte 20 3.4.1 Kritik an der kapitalistischen Menschenrechtstheorie und -praxis 20 3.4.2 „Bauchrechte vor Kopfrechten“ 21 3.4.3 Beispiele und internationale Anerkennung der sozialen Menschenrechte auf Kuba 22 3.5 Die Einordnung der Anklagen gegen Kuba in einen politischen Kontext 23 3.5.1 Die Unangemessenheit einer Verurteilung Kubas wegen Menschenrechtsdefiziten 23 3.5.2 Die politische Kampagne hinter den Vorwürfen 23 Fazit und persönliche Anmerkungen 25 Anhang 26 Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 26 Rede von Felipe Pérez Roque auf der Gründungskonferenz des UN-Menschenrechtsrates 29 Aufruf: „Das Lebensrecht der cubanischen Revolution“ 31 Anmerkungen 32 Literaturverzeichnis 36
Einleitung Kuba, die größte Insel der Antillen, ist seit der Revolu- Sie führte im Jahr 2003 zu Sanktionen, die bis heute tion von 1959 Gegenstand zahlreicher Diskussionen und nicht aufgehoben wurden. Weitere Relevanz und Aktua- Kontroversen. Das Spektrum dieser Debatten reicht da- lität erhält das Thema zudem dadurch, dass es zumin- bei weit über die gängigen Revolutionsklischees hinaus dest von kubanischer Seite auch in die aktuell diskutierte und umfasst vor allem politische Themen. Neben den Problematik des Zusammenhangs zwischen dem „Kampf sozialen Errungenschaften des sozialistischen Kubas ist gegen den Terror“ und seinen Auswirkungen auf die es das Thema der Menschenrechte, das den Diskurs be- Menschenrechte eingeordnet wird. stimmt. Auffällig ist hierbei, dass die Forderung nach Achtung der Menschenrechte nicht nur aus dem den ku- Vorgehensweise banischen Sozialismus ablehnenden Lager, sondern auch In der folgenden Darstellung geht es mir um eine Schil- von Kuba-Freunden und Linken zu vernehmen ist. derung der gegen Kuba in Bezug auf die Menschenrechte Jüngstes Beispiel für eine derartige Haltung und eine vorgebrachten Vorwürfe auf der einen Seite und um eine darauf begründete mögliche Aufkündigung der Unter- Vorstellung der kubanischen Sichtweise auf diese Proble- stützung Kubas ist die Zustimmung einiger Europa-Ab- matik auf der anderen. Gegenstand und Zweck dieser geordneter der Linkspartei.PDS zu einer Resolution des Arbeit ist es daher auch nicht, die Situation der Men- Europaparlamentes, in der Kuba wegen angeblicher schenrechte, wie sie sich auf Kuba darstellt, zu untersu- Menschenrechtsverletzungen scharf angegriffen wird. chen und darzulegen, sondern vielmehr die beteiligten Besondere Bedeutung erfährt die Menschenrechtslage Akteure, d. h. Ankläger und Angeklagten, gegenüberzu- auf Kuba auch gerade in einer Zeit, in der der Neolibe- stellen. Eine den tatsächlichen Gegebenheiten entspre- ralismus eine weltweite Dominanz ausübt und diese chende Situationsbeschreibung ist auch aus dem Grunde auch mit militärischer Gewalt auszuweiten und zu schüt- kaum möglich, weil nahezu alle Berichte der jeweiligen zen versucht. Daher ist die Frage nicht unwichtig, wie es Seite zu diesem Thema politischen Intentionen folgen um die Situation der Menschenrechte in dem Land steht, und somit nicht neutral und objektiv sein können. Vor das als nahezu einziges auch nach 1990 einen anderen diesem Hintergrund gestaltete sich die gesamte Litera- Weg als den des Neoliberalismus eingeschlagen hat und turrecherche in Bezug auf Sekundärliteratur auch ausge- ihn trotz aller Widrigkeiten konsequent weiter geht; ob sprochen schwierig. Die verwendete Literatur besteht es als Alternative geeignet ist oder ob die Lage der Men- neben Zeitungsartikeln daher zu einem großen Teil aus schenrechte in Kuba einen solchen Schluss nicht zulässt. Primärquellen und Originaltexten. Von besonderer Be- Die mediale Berichterstattung über die Situation der deutung waren in diesem Zusammenhang die öffentlich Menschenrechte auf dieser karibischen Insel hat sich zugänglichen, offiziellen Dokumente der Regierungen nach dem weltpolitisch bedeutungsvollen Jahr 1990 in- von Havanna und Washington. tensiviert. Seit der Hinrichtung von drei Schiffsentfüh- Zu Beginn der vorliegenden Arbeit über „die Ausein- rern im Jahr 2003 und der Verhaftung von 75 im Westen andersetzung um die Menschenrechte im sozialistischen als Dissidenten bezeichneten Personen im gleichen Jahr Kuba“ werde ich zunächst den Versuch einer Definition hat sich die bundesrepublikanische und internationale von Menschenrechten vornehmen und in diesem Kon- Presse verstärkt diesem Thema gewidmet und die Vor- text die 1948 verabschiedete Allgemeine Erklärung der würfe gegenüber Kuba quantitativ und qualitativ gestei- Menschenrechte näher vorstellen. Nach diesem eher gert. Jedoch auch ohne dieses Vorgehen des kubanischen theoretischen Abschnitt werde ich mich den gegenüber Staates war die Lage der Menschenrechte in diesem so- Kuba vorgebrachten Anschuldigungen hinsichtlich der zialistischen Land in regelmäßigen Abständen immer Verletzung von Menschenrechten widmen und dabei die dann Thema, wenn vor der UN-Menschenrechtskom- wichtigsten Ankläger und Anklagen benennen. Daran mission in Genf eine Resolution zur Verurteilung Kubas anschließend zeige ich die kubanische Sichtweise auf die wegen „Menschenrechtsverletzungen“ verabschiedet Menschenrechte auf, wobei dieser Teil direkte Erwide- wurde. Relevant ist diese Thematik auch für die interna- rungen auf die Vorwürfe, aber auch eher grundsätzliche tionale Politik bzw. für die Analyse und Einordnung der Menschenrechtsauffassungen jenseits des bürgerlichen Politik einzelner Staaten gegenüber Kuba. Menschenrechtsverständnisses sowie eine Einordnung Die Vereinigten Staaten von Amerika begründen ihre der Anklagen in einen politischen Kontext beinhaltet. Blockadepolitik gegenüber Kuba unter anderem mit der Verletzung von Menschenrechten und auch die Kuba- politik der Europäischen Union ist maßgeblich von die- ser Problematik bestimmt. 5
1. Historisches und 1.2 Die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen Definitorisches zu den Menschenrechten Am 10. Dezember 1948 billigte die Vollversammlung der Vereinten Nationen mit 48 Ja-Stimmen bei 8 Enthal- tungen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Für das Verständnis der folgenden Abhandlung über die in der die Mitgliedsländer der UNO die Grundrechte Auseinandersetzung um die Menschenrechte im sozialis- und Freiheiten des Menschen formuliert hatten. Der tischen Kuba, bzw. um die Kuba vorgeworfenen Men- sowjetische Sozialwissenschaftler R. Kulikow schrieb schenrechtsverletzungen und die kubanische Gegenargu- dazu: „Mit ihrer Unterzeichnung wurde das Prinzip der mentation nachvollziehen und einordnen zu können, ist Achtung der Menschenrechte und der grundlegenden es zunächst notwendig, einige historische, definitorische Freiheiten zu einem allgemein anerkannten Prinzip des und theoretische Anmerkungen zum Thema Menschen- internationalen Rechts.“ 3 rechte zu machen. Das Besondere dieser Charta und der Unterschied zu der Menschenrechtserklärung der französischen Revolu- 1.1 Historische Entwicklung der tion waren die Tatsache, dass sich zum ersten Mal in der Idee von allgemeinen Menschenrechten Geschichte Staaten verpflichteten „die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten ohne Unter- Abgesehen davon, dass spätestens in der Antike Ideen schied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der von allgemeinen Menschenrechten existierten, markierte Religion zu fördern und zu festigen“.4 Neben diesem die französische Revolution von 1789 einen Meilenstein eher verbindlichen Charakter war auch die Bandbreite in der Geschichte der Menschenrechte. Mit der „feier- der dort festgeschriebenen Menschenrechtsforderungen lichen Erklärung“ der „natürlichen, unveräußerlichen von besonderer Bedeutung. So beinhaltet diese Erklä- und geheiligten Menschenrechte“, die die französische rung neben den bürgerlichen und politischen Rechten, Nationalversammlung 1789 beschloss, und in der es bei denen es sich in erster Linie um Schutzrechte (nega- hieß, „frei und gleich an Rechten werden die Menschen tive Freiheitsrechte) gegenüber der Staatsmacht und um geboren und bleiben es“, wurde eine Botschaft verkün- (positive) Teilnahmerechte an politischen Entscheidun- det, die bis zum heutigen Tag weltweit Wirkung entfaltet gen handelt, auch die wirtschaftlichen, sozialen und kul- hat. Mit dieser Erklärung der Menschen- und Bürger- turellen Menschenrechte. Diese zweite Generation der rechte war somit „allen Normen der Kampf angesagt, Menschenrechte besteht primär aus Forderungen an den die mehr als ein Jahrtausend lang als selbstverständlich Staat. Diese Forderungen stellen „Teilhaberechte zur Ge- gegolten hatten im christlichen Abendland: dass in dieser währung angemessener Lebensbedingungen“ dar und Welt, in der die von Gott berufenen Herren – die kle- enthalten elementare sozio-ökonomische Anrechte wie rikalen wie die weltlichen – ziemlich weitgehend über das Recht auf Arbeit und das Recht auf soziale Sicher- ihre Untertanen verfügen konnten, die Ungleichheit der heit. 5 Rechte gottgewollt und unabänderlich, dass die Hierar- Trotz ihrer weitreichenden Forderungen blieb die All- chie von oben und unten unantastbar sei“. 1 gemeine Erklärung der Menschenrechte lange Zeit ein Die Geschichte der Menschenrechte seit der französi- stumpfes Schwert. An die Stelle ihrer anfänglichen Un- schen Revolution bzw. die Diskussion um Menschen- verbindlichkeit traten 1966 jedoch zwei Pakte von grö- rechte bis zum 1. Weltkrieg ist von den Bemühungen ge- ßerer rechtlicher Verbindlichkeit. Bei diesen Pakten han- prägt, die bereits errungenen bürgerlichen Menschen- delte es sich um die Zwillingspakte über bürgerliche und rechte abzusichern und um politische und soziale Rechte politische sowie über wirtschaftliche, soziale und kultu- zu erweitern. Die Ansichten über die Reichweite der relle Rechte, die inhaltlich mit der Erklärung überein- Menschenrechtsnormen unterschieden sich jedoch zum stimmten, aber explizit ein Selbstbestimmungsrecht der Teil erheblich. Eine Zäsur im theoretischen und prakti- Völker sowie die freie Verfügung über ihre natürlichen schen Umgang mit den Menschenrechten stellte die Zeit Ressourcen und Reichtümer forderten. Zwar gab es nach dem 1. Weltkrieg dar. So konnten, unterstützt nach diesen Erklärungen und Pakten auch Weiterent- durch eine starke Antikriegsbewegung, die „sich mit so- wicklungen und Ergänzungen, wie die noch nicht ratifi- zialistischen Tendenzen verband und zu einer Welle von zierten Menschenrechte der dritten Generation (Forde- Revolutionen führte“, die politischen Partizipationsrech- rungen einzelner Staaten an andere Staaten bzw. an die te wesentlich erweitert werden, die ihr sichtbarstes Zei- Staatengemeinschaft) zeigen. chen in der Aufnahme von Ansätzen sozialer Grund- Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von rechte in verschiedene Länderverfassungen erhielt. 1948 stellt jedoch nach wie vor den Bezugspunkt bei Eine weltweite Anerkennung dieser Normen und Wer- Diskussionen um Menschenrechte dar und ist in diesem te und ihre Verankerung im Völkerrecht kam jedoch erst Zusammenhang von besonderer Bedeutung für die in als Ergebnis des Sieges der Anti-Hitler-Koalition über dieser Abhandlung behandelte Thematik. den Faschismus zustande und fand ihren Ausdruck in der Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen. 2 6
2. Menschenrechts- Weitere Kritik bezieht sich auf die Existenz politischer Gefangener, ihre Behandlung und auf die noch nicht ab- verletzungen: Anklagen geschaffte Todesstrafe. und Ankläger 2.2 Die UN-Menschenrechtskommission Im folgenden Kapitel geht es mir darum, die Menschen- Die UN-Menschenrechtskommission (Commission on rechtsverletzungen, die Kuba vorgeworfen wurden und human Rights) mit Sitz in Genf spielte bislang bei den werden, darzulegen. Dabei möchte ich zunächst die Anklagen gegen Kuba eine zentrale Rolle und genoss wichtigsten Akteure, die in diesem Zusammenhang eine durch ihren Status als UN-Unterorganisation höchste Rolle spielen, näher betrachten. mediale und politische Aufmerksamkeit. Ob der im Jahr 2006 gegründete UN-Menschenrechtsrat, der die bishe- 2.1 Geschichte und Aktualität rige Kommission ersetzt, eine ebenso zentrale Rolle in der Anschuldigungen gegen Kuba der Frage der Menschenrechte auf Kuba erlangen wird, bleibt allerdings noch abzuwarten. Seit der kubanischen Revolution von 1959 sieht sich die sozialistische Regierung Vorwürfen ausgesetzt, die Men- 2.2.1 Entstehungsgeschichte der schenrechte zu verletzen. Eine der ersten gegen Kuba UN-Menschenrechtskommission vorgebrachten Vorwürfe bezog sich auf die Verurteilung Die UN-Menschenrechtskommission wurde am 16. De- von 500 „Kriegsverbrechern und Folterknechten des Ba- zember 1946 auf der ersten Sitzung des Wirtschafts- und tista-Regimes“. In den ersten Monaten der Revolution Sozialrates der UNO (ECOSOC) gegründet. Die Kom- wurden diese für den Tod von mehr als 20 000 Kuba- mission bestand zunächst aus neun Mitgliedern, wurde nern mitverantwortlichen Angehörigen der Batista-Ära im Laufe der Jahre jedoch auf 53 weisungsabhängige nach zuvor von den siegreichen Guerilleros erlassenen Regierungsvertreter erweitert. Sie trat jährlich für sechs und verkündeten Gesetzesbestimmungen zum Tode ver- Wochen zu einer Sitzungsperiode in Genf zusammen und urteilt und hingerichtet. Diese Maßnahme fand bei der wurde durch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen kubanischen Bevölkerung breite Zustimmung; im Wes- (NGO’s) in ihrer Arbeit unterstützt. Im Mittelpunkt der ten wurden die Todesurteile als Schnellverfahren und Sitzungen standen Länderberichte über die jeweilige Si- groben Verstoß gegen die Menschenrechte angesehen.6 tuation der Menschenrechte, die auch Rügen enthalten Waren es bis zum Ende der bipolaren Welt jedoch vor al- konnten, vor allem aber Lösungsmöglichkeiten anboten. lem sporadisch vorgebrachte Anschuldigungen, die die Zur Durchsetzung der verabschiedeten Resolutionen Diskussionen um die Menschenrechte auf Kuba be- wurde die Institution des Sonderberichterstatters einge- stimmten, hat sich die Anzahl und Intensität der An- richtet; Zwangsmittel besaß die Kommission jedoch schuldigen seither vervielfacht. 7 nicht. 10 Kuba war seit 1987 alljährlich Thema dieser Gegenwärtig wird Kuba hauptsächlich der Vorwurf Kommission; entweder „nur“ in Form eines Länderbe- der Gefangennahme politischer Gegner gemacht; kon- richtes oder zusätzlich noch als „Empfänger“ einer von kreter Hintergrund dieser Anschuldigung sind unter an- der Kommissionsmehrheit beschlossenen Resolution. derem Berichte über die Verhaftung von 26 Oppositio- nellen im Juli diesen Jahres. 8 2.2.2 Kurze Chronik Weitere aktuelle Beispiele, die Kuba den Vorwurf der der Resolutionen gegen Kuba Verletzung von Menschenrechten einbrachten, sind die Im Jahr 1987 beschäftigte sich die UN-Menschenrechts- Ausweisungen mehrerer europäischer Politiker im Mai kommission erstmalig mit der Situation der Menschen- 2005, die an einem „Oppositionstreffen“ teilnehmen rechte auf Kuba. Die USA hatten einen Antrag auf Ver- wollten. In diesem Zusammenhang sorgte auch die Mel- urteilung Kubas wegen der Verletzung von Menschen- dung von 400 präventiv verhafteten Jugendlichen in Rio rechten gestellt. Hierzu hatten die Vereinigten Staaten ei- Verde bei Havanna für Schlagzeilen. Bereits zwei Jahre nen Bericht über die Menschenrechtslage auf Kuba zuvor stand die kubanische Regierung stark in der Kri- vorbereitet und als Beweis vorgelegt, der überwiegend tik, als sie drei Schiffsentführer mit dem Tode bestrafte Formulierungen wie „politische Gefangene berichten“ und 75 „Dissidenten“ festnehmen ließ. oder „glaubwürdige Quellen bestätigten“ enthielt. Die- Neben diesen Vorgehensweisen und Maßnahmen der ser Antrag wurde der Kommission zur Abstimmung vor- letzten Zeit sind es eher allgemeinere Anschuldigungen, gelegt. Bevor es jedoch zum Votum kam, wurde von In- die den Diskurs über die Menschenrechtslage auf Kuba dien ein Gegenantrag auf Nichtbefassung eingebracht, bestimmen. So wird mitunter von massiven, groben, sys- der mit einer Mehrheit von 19 zu 18 Stimmen angenom- tematischen und außergewöhnlichen Verstößen gegen men wurde.11 Auch in den Jahren 1988 bis 1990 fanden die Menschenrechte berichtet. 9 Konkret geht es dabei US-Anträge zur Verurteilung Kubas keine Mehrheit bzw. um den Vorwurf fehlender Presse-, Meinungs- und Ge- wurden vertagt. Erst ab dem Jahr 1991, als sich die welt- dankenfreiheit sowie um ein Defizit an Religions-, Reise- politischen Kräfteverhältnisse radikal zu Ungunsten Ku- und Versammlungsfreiheit. bas verändert hatten, konnten die USA ihre Anträge 7
durchsetzen und Kuba offiziell durch die UN-Menschen- 2.3.2 Reporter ohne Grenzen rechtskommission verurteilen lassen. Die Zustimmung (Reporter sin fronteras) zu den Resolutionen schwankte dabei in den Jahren von Eine weitere wichtige Menschenrechtsorganisation, die 1993 bis 1997 zwischen 19 und 27 Ja-Stimmen bei 5 bis Kuba schwerer Menschenrechtsverletzungen anklagt, ist 10 Nein-Stimmen und 15 bis 28 Enthaltungen. Reporter ohne Grenzen (ROG/RSF). Im Gegensatz zu Bis zum Jahr 1998 waren die Vereinigten Staaten Ini- Amnesty International engagiert sich ROG hauptsäch- tiator einer solchen Verurteilung Kubas durch dieses lich in den Bereichen Meinungs- und Pressefreiheit. Die UN-Gremium. Seit der Ablehnung des US-Antrages 1985 gegründete Organisation ist international als 1998 hatten in den Folgejahren überwiegend osteuropäi- Nichtregierungsorganisation anerkannt und besitzt Be- sche und lateinamerikanische Staaten entsprechende An- raterstatus beim Europarat, bei der UN-Menschen- träge eingebracht. Diesen Resolutionen stimmten im rechtskommission sowie bei der UNESCO. Ebenso wie Vergleich zu den Vorjahren allerdings deutlich weniger Amnesty verurteilt Reporter ohne Grenzen die Haftbe- Kommissionsmitglieder zu. 12 Auch enthielten sie viel- dingungen in den kubanischen Gefängnissen und fordert fach nur die Aufforderung an Kuba, mit dem Hochkom- die „sofortige Freilassung aller gefangenen Journalisten missariat zusammenzuarbeiten und die Ankündigung, und Dissidenten“. das Thema bei der nächsten Sitzungsperiode wieder auf Nach eigenen Angaben befinden sich auf Kuba zurzeit die Tagesordnung zu setzen. 2005 reichten die USA wie- 22 Journalisten in Haft, dass laut ROG somit nach Chi- der einen eigenen Antrag auf Verurteilung Kubas ein, der na das weltweit größte Gefängnis für Journalisten dar- mit 21 zu 17 Länderstimmen gebilligt wurde.13 stellt. Auf einer ebenfalls von Reporter ohne Grenzen er- stellten Rangliste bezüglich der Pressefreiheit landet Ku- 2.3 Internationale und nationale ba auf dem vorletzten Platz vor Nordkorea. Besonders Menschenrechtsorganisationen engagierte sich diese Organisation, als im März 2003 auf Kuba 75 „Dissidenten“ verhaftet und zum Teil zu Neben der UN-Menschenrechtskommission, die Kuba langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt wurden. In die- letztmalig im Jahr 2005 verurteilte, sind es die oft welt- sem Zusammenhang trat ROG an die Europäische Uni- weit agierenden Menschenrechtsorganisationen, die Men- on mit der Forderung heran, Sanktionen gegen Kuba zu schenrechtsverletzungen thematisieren und entsprechend erheben und in einen verstärkten Dialog mit der kubani- Anklage erheben. Im Folgenden möchte ich einige der schen Opposition zu treten.15 wichtigsten internationalen und nationalen Menschen- rechtsorganisationen vorstellen, die Kuba der Verletzung 2.3.3 Deutsche und kubanische von Menschenrechten bezichtigen. Menschenrechtsorganisationen 2.3.1 Amnesty International Neben den großen international agierenden Menschen- Die 1961 gegründete und heute mit 1,8 Millionen Mit- rechtsorganisationen gibt es auch zahlreiche kleinere auf gliedern größte Menschenrechtsorganisation ist Amnes- nationaler Ebene operierende Gruppen, die Kuba der ty International (AI). Die auch in nationalen Sektionen Verletzung von Menschenrechten anklagen. Relevant arbeitende Organisation erhielt 1977 den Friedensnobel- sind diese Gruppen nicht so sehr wegen ihres Bekannt- preis und ist die anerkannteste und renommierteste der heitsgrades, sondern vielmehr dadurch, dass sie den gro- zahlreichen Menschenrechtsgruppen. Amnesty Interna- ßen Organisationen vielfach als Zeugen dienen. tional setzt sich besonders auf folgenden Gebieten ein: Freilassung von politischen Gefangenen, Ächtung der ● Die Internationale Gesellschaft Todesstrafe und Verurteilung schwerwiegender Verlet- für Menschenrechte (IGFM) zungen der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Besonders auffällig ist hierbei die Internationale Gesell- Rechte. Im Zentrum der Forderungen dieser Organisati- schaft für Menschenrechte (IGFM) mit Sitz in Frankfurt on an Kuba stehen daher auch die „sofortige und bedin- am Main. Die IGFM macht vor allem durch Medienar- gungslose Freilassung aller politischen Gefangenen“, die beit auf sich aufmerksam und betreibt zur Zeit eine Aus- Verbesserung der Haftbedingungen in den Gefängnissen stellung mit dem Titel „Kuba. Tourismus? Oder Terror- sowie die Abschaffung der Todesstrafe. Des weiteren insel? Demokratie und Menschenrechte – auf Kuba nur wird Kuba der „Schikanierung von Dissidenten“, des leere Worte“. Neben Pressemitteilungen, in denen die Fehlens fairer Gerichtsverhandlungen sowie allgemein Europäische Union zur aktiven Unterstützung der kuba- wegen Einschränkungen grundlegender Menschen- und nischen Opposition aufgefordert wird, veröffentlicht die Bürgerrechte, genauer der Versammlungs-, Vereini- IGFM auch Kommuniques. In diesen ist von mehreren gungs-, Bewegungs- und Religionsfreiheit und des Rechts hundert politischen Gefangenen, die unter unmenschli- auf freie Meinungsäußerung angeklagt. Neben diesen chen Bedingungen auf Kuba festgehalten werden, die Vorwürfen erkennt Amnesty jedoch auch die Wirkung Rede. Des weiteren werden gewalttätige Übergriffe auf der völkerrechtswidrigen US-Blockade gegen Kuba an friedliche Demonstranten durch Sicherheitsorgane sowie und macht sie für den Zustand der Menschenrechte mit- schwere Misshandlungen Oppositioneller in „Umerzie- verantwortlich.14 hungslagern“ angeprangert.16 8
● Kubanische Menschenrechtsgruppen Menschenrechte und Grundfreiheiten (...) zu fordern“. Auch auf Kuba selbst existieren Menschenrechtsorgani- Weiter heißt es, dass bei allen sich bietenden Gelegenhei- sationen. Die Angaben über ihre Anzahl schwanken je- ten die kubanischen Behörden „an ihre grundlegende doch zum Teil erheblich und auch ihre Mitgliederstruk- Verantwortung für die Menschenrechte, insbesondere tur und Bedeutung sind kaum auszumachen.17 Ab und das Recht der freien Meinungsäußerung und die Vereini- zu treten solche Gruppen an die Öffentlichkeit und be- gungsfreiheit“ erinnert werden müssten. Zudem wird richten in den westlichen Medien direkt oder indirekt die Aufhebung „aller politischen Straftatbestände“, die über die Lage der Menschenrechte auf Kuba. Eine dieser Entlassung der politischen Häftlinge und die „Einstel- Gruppen ist die Kubanische Kommission für Menschen- lung der Schikanierung und Bestrafung von Dissiden- rechte. Über diese Gruppe ist jedoch kaum mehr als der ten“ verlangt. 21 Diese Forderungen entsprechen auch Name des Vorsitzenden bekannt, relevant ist sie jedoch heute noch der grundsätzlichen Einschätzung der Union dahingehend, dass eine ihrer Meldungen international zur Menschenrechtslage auf Kuba und den sich für sie Aufsehen erregte. So wurde sie als Quelle angegeben, als daraus ergebenden Anklagen. Die Kritik an der kubani- im Mai 2005 über die Ticker der Nachrichtenredaktio- schen Regierung wurde jedoch nach den Verhaftungen nen die Meldung lief, dass in Kuba 400 Jugendliche im auf Kuba vom März 2003 dahingehend konkretisiert, Vorfeld eines Oppositionskongresses präventiv einge- dass nun die Freilassung dieser Inhaftierten verlangt sperrt worden seien.18 wurde. Auch wurde von der EU ein Maßnahmenkatalog beschlossen, der auch Sanktionscharakter hatte und un- 2.4 Anschuldigungen von Staaten ter anderem Einschränkungen der gegenseitigen Regie- rungsbesuche und der Teilnahme an kulturellen Ereig- Neben der UN-Menschenrechtskommission und ver- nissen vorsah sowie Einladungen an „Dissidenten“ bein- schiedenen Menschenrechtsorganisationen sind es auch haltete. 22 die Regierungen verschiedener Nationalstaaten, die Men- schenrechtsverletzungen anprangern. Im Falle Kubas 2.4.3 Anklagen weiterer sind dies vor allem die Vereinigten Staaten von Amerika westlicher Staaten gegen Kuba und die Europäische Union bzw. ihre Mitgliedsländer. Neben den beiden weltpolitisch relevantesten Akteuren USA und EU sind es auch zahlreiche andere Staaten, die 2.4.1 Die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) Vorwürfe gegen Kuba erheben oder zumindest die Reso- Die Regierung der Vereinigten Staaten wirft Kuba nicht lutionen gegen Kuba in der UN-Menschenrechtskom- nur auf dem Weg über die UN-Menschenrechtskommis- mission unterstützen. Zustimmung erhielten die Resolu- sion Menschenrechtsverletzungen vor. Auch in offiziel- tionen von nahezu allen westeuropäischen Staaten, eini- len Verlautbarungen und Statements wie in der politi- gen osteuropäischen und einzelnen Ländern aus Asien, schen Erklärung zum Helms-Burton-Gesetz wird die ku- Afrika und Südamerika. Unter den Ländern, die Kuba banische Regierung offen der Verletzung von Menschen- auch außerhalb der Menschenrechtskommission der rechten angeklagt.19 Im ersten Abschnitt dieses Gesetzes Verletzung von Menschenrechten anklagen, ist die heißt es: „Es ist die Auffassung des Kongresses, daß die Tschechische Republik besonders hervorzuheben. So Aktionen der Castro-Regierung, eingeschlossen ihre war das gerade neu aufgenommene EU-Mitglied bereit, massiven, systematischen und außergewöhnlichen Ver- sein Vetorecht einzusetzen, als die übrigen EU-Länder stöße gegen die Menschenrechte, den internationalen planten, den im Sanktionskatalog gegen Kuba beschlos- Frieden bedrohen.“ 20 Dieses Zitat soll jedoch nur bei- senen Passus über die Einladung von „Dissidenten“ spielhaft für die von den USA gegen Kuba gerichteten wieder zu streichen. Der Tschechische Außenminister Vorwürfe hinsichtlich der Menschenrechte stehen. Denn erklärte dazu: „Wir lassen uns darin nicht einfach be- US-Regierungsvertreter werfen bei nahezu jeder Gele- schränken. Wenn wir demokratische Repräsentanten genheit dem Land derart schwere und auch oft unkon- in Kuba einladen wollen, und ich wiederhole – wir krete Menschenrechtsverletzungen vor. werden es wollen, werden wir sie in unsere Botschaft einladen.“ 23 2.4.2 Die Europäische Union (EU) Zwar konnte die Tschechische Republik unter ande- Ebenso wie die Regierung der USA sind die Vertreter der rem Polen, die Slowakei und Deutschland für ihre Kritik EU beim Thema Kuba stets darauf bedacht, die Einhal- gewinnen und es wurden auch die geforderten Passus- tung der Menschenrechte einzufordern, auch wenn zwi- streichungen zurückgenommen und weitere Änderungen schen beiden Administrationen in Qualität und Quanti- durchgesetzt, aber der tschechische Ex-Präsident Václav tät der Anklagen mitunter erhebliche Unterschiede be- Havel äußerte dennoch scharfe Kritik an der EU-Positi- stehen. Ein Gemeinsamer Standpunkt der Länder der on zu Kuba. Radio Prag kommentierte dies folgender- Europäischen Union von 1996 zum Thema Kuba lässt maßen: „Die EU tanze jetzt zu Castros Musik, schrieb sich zur Darstellung der Anklagen heranziehen. So be- Havel und fragte provokant danach, worauf denn diese schloss die EU in diesem Positionspapier, dass es ihr er- Entwicklung hinauslaufen könnte. Etwa auf eine Ent- klärtes Ziel sein müsse, „einen Prozess des Übergangs schuldigung an Saddam Hussein oder auf die Aufnahme in eine pluralistische Demokratie und die Achtung der von Friedensgesprächen mit Al Kaida?“ 24 9
3. Menschenrechtsverlet- der UN-Menschenrechtskommission die US-Resolution vor“. 26 Denjenigen Ländern, die dann einer solchen Re- zungen und Menschenrechte solution zustimmten, bescheinigte Kuba, dass sie genau- aus kubanischer Sicht – so von den USA manipuliert seien. Neben Drohungen und Bestechungen waren es vor allem Erpressungen Stellungnahmen und durch die US-Regierung, die Kuba beklagte. Anhand der südamerikanischen Länder Uruguay und Argentinien politische Hintergründe wird diese Methode zur Stimmengewinnung besonders deutlich und anschaulich. Matti Steinitz von „Latein- Die offizielle Reaktion Kubas auf die vorgeworfenen amerika Nachrichten Online“ schreibt dazu: „Die US- Menschenrechtsverletzungen fällt durchaus differenziert Regierung machte den uruguayischen Politikern und Di- und ambivalent aus. Der kubanischen Seite geht es kei- plomaten klar, dass sie eine Unterstützung ihrer Belange neswegs nur darum, die Vorwürfe pauschal zurückzu- im IWF an politische Bedingungen knüpfen würde. (...) weisen und für unwahr zu erklären. Neben Dementis Uruguay müsse, wie schon im vergangenen Jahr, die In- und Negierungen geht es der kubanischen Seite vor al- teressen der USA in der UN-Menschenrechtskommissi- lem um Erklärungsversuche für bestimmte Maßnahmen on vertreten und erneut den Antrag zur Verurteilung Ku- und Aktionen, die als Menschenrechtsverletzungen be- bas wegen Menschenrechtsverletzungen einreichen.“ 27 trachtet werden. So ist die Darlegung und Betonung po- Auch im Falle Argentiniens bemühten sich die USA litischer Hintergründe und oft verschwiegener Tatsachen um die Zustimmung zu ihrer Kuba-Resolution, wie ein ein wesentlicher Stützpfeiler der kubanischen Argumen- vertraulicher Brief des damaligen US-Außenministers an tation. Aber auch eigene Vorstellungen von Menschen- seinen argentinischen Amtskollegen Giavarini zeigt: „Ih- rechten sowie die Einordnung der Anklagen in einen po- re Stimme war bereits letztes Jahr entscheidend. (...) Ich litischen Kontext gehören zur kubanischen Sichtweise, weiß, dass wir auch in diesem Jahr wieder auf Sie zählen die hier näher dargelegt werden soll. können, besonders, da die Zusammensetzung der Kom- mission noch viel günstiger ist. 3.1 Zweifel an der Ich hoffe mit Ihnen bei der Lobbyarbeit zur Beschaf- Glaubwürdigkeit der Ankläger fung der nötigen Stimmen, die zur Zustimmung dieser Resolution erforderlich sind, zusammen zu arbeiten. Ihr Bevor es jedoch darum geht, die Reaktion Kubas auf die ergebener Colin Powell.“ 28 Diese Äußerung sollte auch Anklagen zu schildern, sind es zunächst die Ankläger, vor dem Hintergrund der damals noch 147 Milliarden die näherer Betrachtung bedürfen und denen Kuba aus US-Dollar betragenden Auslandsschulden Argentiniens unterschiedlichen Gründen die Berechtigung abstreitet, betrachtet werden. die Lage der Menschenrechte beurteilen zu können. ● Terroristen in der US-Delegation 3.1.1 Die Unglaubwürdigkeit Ein weiterer Kritikpunkt an der damaligen Menschen- der UN-Menschenrechtskommission rechtskommission der Vereinten Nationen war die Dul- Die kubanische Regierung hielt die bis 2006 existierende dung von Personen oder Organisationen, die in Verbin- UN-Menschenrechtskommission für unglaubwürdig, dung mit terroristischen Akten gegen Kuba standen. Die wies demzufolge die gegen Kuba gerichteten Resolutio- kubanische Zeitung Granma Internacional berichtete im nen zurück und stellte auch insgesamt die Nützlichkeit Jahr 2004 hierzu: „Die kubanische Delegation klagte dieser UN-Unterorganisation in Frage. Die Kritik um- die Anwesenheit des berüchtigten Terroristen Luis Zú- fasste dabei die folgenden Aspekte. ñiga Rey in der Delegation der USA an.“ Weiter heißt es: „Der UN-Sonderberichterstatter hatte angegeben, Luis ● Einfluss der USA auf die Zúñiga Rey habe 1999 den guatemaltekischen Bürger UN-Menschenrechtskommission Percy F. Alvarado Godoy für Terrorakte gegen Kuba an- Ein zentraler Grund für diese Auffassung war der Ein- geworben.“ 29 Ähnlich verhielt es sich mit dem 1960 in fluss der USA auf Kommissionsmitglieder. Dieser Vor- Kuba wegen Mordes verurteilten Polizeiunteroffizier Ba- wurf bezog sich auf den Druck, den die USA auf diejeni- tistas, Armando Valladares, der sogar als Sonderbot- gen Länder ausübten, die entweder eine kubakritische schafter der USA bei der Genfer Menschenrechtskom- Resolution einbringen oder einer solchen zustimmen mission eingesetzt wurde. 30 sollten. 25 Der kubanische Vertreter vor der UN-Men- Es sind jedoch nicht nur Einzelpersonen, sondern schenrechtskommission, Iván Mora, bekräftigte dazu auch Organisationen, deren Einfluss auf die Kommission in einem Interview, dass es Taktik der USA sei, die Kuba beklagte. Eine dieser Gruppen ist die in Miami an- Anschuldigungen gegen Kuba dadurch glaubhafter zu sässige reaktionäre und mächtige Fundación Nacional machen, dass es sie nicht selbst vorbringe; stattdessen Cubano Americana (FNCA), der Kuba aktive Beteili- „sucht sich Washington jedes Jahr ein kleines Land gung an terroristischen Aktionen vorwirft. Deren Präsi- aus, das politisch und ökonomisch unter seiner Kontrol- dent benennt dann auch als einen der größten Erfolge le steht. Die Delegation dieses Landes legt dann vor seiner Organisation: „Wir haben die Fundación für die 10
Menschenrechte in Kuba, mit der wir sieben mal vor der kubanische Regierung in ihrer Auffassung bestätigt füh- Menschenrechtskommission in Genf waren.“ 31 len. So wurde in einem Bericht, den die Hochrangige Ar- beitsgruppe über Bedrohungen, Herausforderungen und ● Selektive Behandlung des Themas den Wandel, die auf Initiative des noch amtierenden UN- Neben dieser eher formalen Kritik an der Kommission Generalsekretärs Kofi Annan gegründet wurde, kon- hatte die kubanische Regierung aber auch starke inhalt- statiert, dass „die Kommission nicht glaubwürdig sein liche Zweifel an ihrer Menschenrechtspolitik und warf kann, wenn man in Betracht zieht, dass sie in Menschen- dem Gremium bzw. seinen Mitgliedsländern eine selek- rechtsfragen zwei unterschiedliche Maßstäbe anwen- tive Behandlung des Themas vor. Dieser Vorwurf war det“. 35 Auch die UN-Hochkommissarin für Menschen- vor allem an diejenigen Staaten in der Kommission ge- rechte, Louise Arbour, sagte nach Beendigung der 61. richtet, die einerseits Kuba wegen etwaiger Menschen- Sitzungsperiode im Jahr 2005: „Ich hoffe sehr, dass wir rechtsverletzungen verurteilten, andererseits aber kuba- keine 62. Sitzung der Kommission erleben, die mit der nische Resolutionsentwürfe, die sich mit den Menschen- jetzigen identisch ist.“ 36 Der scheidende UN-Generalse- rechtsverletzungen anderer Länder befassen, ablehnten. kretär Annan schlug dazu konkret vor, dass ein kleine- Konkret sei in diesem Kontext auf die Initiative Kubas rer, aber dafür ständig tagender Rat aus Staaten, „die hingewiesen, die Problematik der Gefangenen auf Guan- sich dem Einsatz für Menschenrechte verpflichtet füh- tanamo-Bay/Kuba zu thematisieren, die jedoch von der len“, geschaffen werden sollte und appellierte: „Lassen überwiegenden Mehrheit der Kommissionsmitglieder sie uns unseren Teil dazu beitragen sicherzustellen, dass abgelehnt wurde. Auch die Tatsache, dass sich die UN- die Vereinten Nationen die Menschenrechte genauso Menschenrechtskommission nie entschließen konnte, ernst nehmen wie Sicherheit und Entwicklung.“37 die Blockade der USA gegen Kuba zu verurteilen, ob- wohl dies seit 1992 mit überwältigender Mehrheit der ● Der neue UN-Menschenrechtsrat Mitglieder der UN-Vollversammlung geschieht, trug zu Im Juni 2006 wurde schließlich den Forderungen nach dieser Auffassung bei. Im November 2005 stimmten 182 einer Reform der UN-Menschenrechtskommission ent- Länder in der UNO-Vollversammlung mit Kuba für eine sprochen und der UN-Menschenrechtsrat gegründet. Verurteilung der US-Blockade. Gegen die kubanische Dieser Menschenrechtsrat, gegen dessen Gründung die Resolution stimmten die USA, Israel, die Marschallin- USA, Israel, die Marshallinseln und Palau in der UN- seln und Palau; Mikronesien enthielt sich der Stimme. 32 Vollversammlung gestimmt hatten, besteht aus 47 Mit- Besonders interessant ist dies auch vor dem Hinter- gliedern, die in geheimer Wahl für eine Amtsperiode von grund, dass es mitunter dieselben Regierungen waren, drei Jahren gewählt werden; Kuba wurde mit 135 Stim- die in der Vollversammlung einer Verurteilung der Blo- men in den Menschenrechtsrat gewählt. Neben einer ckade zustimmten, sie jedoch in der Menschenrechts- veränderten Zusammensetzung der Mitgliedsstaaten kommission ablehnten. aufgrund veränderter Auswahlkriterien wurde die jähr- Doch nicht nur in Bezug auf die Ablehnung von Reso- liche Sitzungsperiode verlängert sowie die Möglichkeit lutionen des eigenen Landes warf Kuba dem Gremium eines UNO-Ausschlusses aufgrund von Menschenrechts- eine selektive Haltung bzw. Doppelmoral vor. Der kuba- verletzungen in die Satzung des Rates aufgenommen. nische Außenminister äußerte sich dementsprechend auf Zudem sieht die Präambel des Menschenrechtsrates vor, der 60. Sitzung der Menschenrechtskommission in Genf die „Bedeutung nationaler und regionaler Besonderhei- am 17. März 2004: „Kuba ist nicht damit einverstan- ten sowie die entsprechenden historischen, kulturellen den, daß man es in dieser Kommission auf willkürliche, und religiösen Hintergründe“ stärker zu betonen.38 politisierte und diskriminierende Art und Weise anklagt. Es ist auch nicht damit einverstanden, dass die Ange- 3.1.2 Kritik an internationalen und nationalen klagten vor dieser Kommission immer Länder der Drit- Menschenrechtsorganisationen ten Welt sind.“ 33 Diese These der ungleichen Maßstäbe Ebenso wie die kubanische Seite der UN-Menschen- bzw. der Nichtverurteilung von Menschenrechtsverlet- rechtskommission das Recht absprach, über die Men- zungen unterstützend, erklärte die Menschenrechtsorga- schenrechte auf Kuba zu urteilen, spricht sie auch eini- nisation Human Rights Watch als Reaktion auf die Er- gen Menschenrechtsorganisationen dieses Recht ab. Die- gebnisse der Tagung der UN-Menschenrechtskommissi- ser Einschätzung liegen aber zum Teil sehr unterschied- on im Jahr 2005: „Die diesjährige Sitzung endete, ohne liche Ursachen zugrunde. dass einige der beunruhigendsten Menschenrechtssitua- tionen in der Welt – in China, Tschetschenien und im Su- ● Amnesty International (AI) dan thematisiert wurden.“ 34 und die Gefahr der Instrumentalisierung Zu den Vorwürfen und Anklagen von Amnesty bzw. zu ● Internationale Kritik und Reformbedarf Amnesty International als Organisation äußert sich Ku- Mit seiner grundsätzlichen Kritik an der UN-Menschen- ba meines Wissens nach nicht direkt. An dieser Stelle rechtskommission stand Kuba aber nicht allein. Durch möchte ich jedoch einige Aspekte der Menschenrechtsar- Äußerungen verschiedenster Akteure, die ebenfalls eine beit von AI aufzeigen, die in diesem Zusammenhang von Reform des UN-Gremiums forderten, konnte sich die Interesse sein könnten. 11
Für den sowohl bei Amnesty International, als auch ma Internacional schreibt zu diesem Thema: „Kubani- in der Kuba-Solidaritätsbewegung aktiven Günter Bel- sche Diplomaten klagen die Organisation Reporter ohne chaus ist es vor allem die Informationspolitik dieser Men- Grenzen (RSF) an, eine Kampagne gegen die Regierung schenrechtsorganisation, die erhebliche Defizite auf- der Insel zu führen, mit der man die Grundlagen für eine weist. Konkret geht es bei dieser Kritik um die Bericht- militärische Aggression schaffen will.“ 43 erstattung von Amnesty über die Verhaftung und Inhaf- In diesem Zusammenhang wird von kubanischer Seite tierung von 75 „Dissidenten“ im Jahr 2003. Seiner auch die enge Verbindung dieser offiziell für die Presse- Ansicht nach werden die Verhafteten als Gewissengefan- freiheit eintretenden Organisation mit den radikalsten gene dargestellt, jedoch wird die Tatsache ignoriert, dass und terroristischsten Teilen des kubanischen Exils in sie von den USA „nachgewiesenermaßen mit nicht uner- Miami betont. Nach Informationen der Freundschafts- heblichen Geldmitteln sowie mit Sachgeschenken und gesellschaft BRD – Kuba war beispielsweise der General- anderen Vergünstigungen bedacht wurden und (...) eng sekretär von Reporter ohne Grenzen, Robert Ménard, mit der Interessenvertretung der USA in Kuba zusam- im Jahr 2004 Gast des Radio Mambi in Miami, eines mengearbeitet“ haben. 39 Es werden also Hintergrundin- Radiosenders, der dem ehemaligen Mitglied der Terror- formationen ausgelassen, die möglicherweise zu einer organisation Alpha 66 und Fluchthelfer des verurteilten anderen Bewertung der Vorgänge führen würden. Au- Terroristen Louis Posada Carilles, Armando Pérez Rou- ßerdem liegen oftmals nur Informationen und Berichte ra gehört. 44 Neben diesen Verbindungen beklagt Kuba der Regierungskritiker vor, wodurch eine ausgewogene zudem die finanziellen Unterstützungszahlungen durch Berichtererstattung nicht gewährleistet werden kann. US-Regierungsstellen und offizielle Einrichtungen wie Laut Belchaus läuft Amnesty durch diese Informations- der USAID (US Agency for International Development) politik und die daraus folgenden Verurteilungen Gefahr, und der NED (National Endowment for Democracy). von denjenigen instrumentalisiert zu werden, die an ei- Besonders die Tatsache, dass die Organisation Reporter ner Verurteilung und Brandmarkung Kubas als Verletzer ohne Grenzen von der NED allein am 14. Januar diesen von Menschenrechten interessiert sind. 40 Jahres 39 900 US-Dollar erhalten hat, lässt Kuba stark Dass diese selektive Medienpolitik jedoch nicht ganz an der Neutralität dieser Organisation zweifeln, zumal zufällig ist und Amnesty International nicht nur eine die NED die am Putsch gegen Hugo Chavez in Venezue- neutrale politische Position im Kampf um die Achtung la beteiligten Oppositionsgruppen mit massiven Geldzu- der Menschenrechte einnimmt, lässt ein Zitat des Am- wendungen unterstützte und weiterhin unterstützt. So nesty Vorsitzenden Pierre Sané vermuten: „Der Kampf flossen im Jahr 2004 874 384 US-Dollar an dreizehn für die Freiheiten ist praktisch gewonnen, trotz Dinosau- Gruppen der venezolanischen Opposition. 45 Am Rande rier wie China. Er ist gewonnen dank des Falls der Ber- sei hier nur erwähnt, dass Reporter ohne Grenzen im Ju- liner Mauer, der Expansion des Kapitalismus und der li 2003 für ein Jahr seinen Beobachterstatus bei der Globalisierung, welche beide die Freiheit brauchen um UNO verloren hat. 46 zu wachsen. (...) Der Kapitalismus ist also ein mächtiger Verbündeter der Menschenrechte und der Freiheiten.“ 41 ● Die Internationale Gesellschaft für Auch die Äußerungen Rocardo Bofills vom Komitee Menschenrechte und ihre Vergangenheit für Menschenrechte in Cuba mit Sitz in Miami lassen Ähnliche Vorwürfe der Unausgewogenheit und Partei- ähnliches vermuten. Dem als „Menschenrechtsdissi- nahme treffen auch auf die NGO Internationale Gesell- dent“ bekannt gewordenen Bofill, mit besten Verbindun- schaft für Menschenrechte zu. Bemerkenswert ist beson- gen zur US-Interessenvertretung in Kuba (SINA) ausge- ders die Entstehungsgeschichte der Organisation, die stattet, nachgewiesenermaßen mit Geld von dieser ge- vom Massengefängnis Kuba spricht. In einem Dossier sponsert und im Verdacht für die CIA zu arbeiten, wur- über diese Organisation heißt es, dass „sich diese Truppe de Ende der 80er Jahre von Amnesty International in aus deutschen Altnazis und russischen Nazi-Kollabora- Europa ein breites Forum geschaffen. Heute kommen- teuren rekrutierte und auch heute noch enge Verbindun- tiert er dies folgendermaßen: „Sehen Sie, ich war Ehren- gen zum rechtsextremistischen Lager pflegt. 1987 wurde gast von Amnesty International. Ja, Señor. Ich war bei die ‚IGFM‘ von der UN-Vollversammlung wegen ihrer ihnen in London im Büro. Amnesty hat eine große Desinformationskampagne gegen die SWAPO aus- Rundreise für mich vorbereitet, und ich habe gesagt, was drücklich verurteilt. Sie gehörte zu den aktiven Unter- ich sagen musste. (...) Es gibt Tausende, sagen wir Hun- stützern lateinamerikanischer Terrorregimes wie Pino- derte von Staaten, die viel mehr die Menschenrechte ver- chet in Chile und den Contras in Nicaragua“. 47 Aber letzen.“ 42 auch aktuelle Kampagnen werden wegen der Nähe ihrer Akteure zu den reaktionärsten Teilen des kubanischen ● Reporter ohne Grenzen (ROG/RSF) Exils und zu den USA scharf kritisiert. Konkret wird da- und ihre fehlende Unabhängigkeit bei auf eine von der IGFM im Jahr 2004 organisierte Direkt und unmissverständlich hingegen äußert sich die Rundreise verwiesen, an der eine Exilkubanerin teil- kubanische Seite zur Organisation Reporter ohne Gren- nahm, die einmal wöchentlich eine Radiosendung im re- zen, die das Land als weltweit zweitgrößtes Gefängnis aktionären exilkubanischen Radio Marti moderiert. 48 für Journalisten bezeichnet. Die offizielle Zeitung Gran- Radio Marti wurde 1985 vom damaligen US-Präsiden- 12
ten Ronald Reagan ins Leben gerufen und hatte sich zur Zivilisation hätten sie ja ihr eigenes Staatsgebiet be- zum Ziel gesetzt, „dem cubanischen Volk objektive In- nutzen können; doch nein, dafür nahmen sie das Stück formationen anzubieten“. 49 Erde, das sie gesetzwidrig und gewaltsam besetzt halten innerhalb eines anderes Landes, Kuba, das sie dann all- ● Kubanische Menschenrechtsorganisationen jährlich in Genf der Verletzung der Menschenrechte an- Zu den in Kuba ansässigen Menschenrechtsorganisation klagen.“ 52 gibt es von offizieller Seite so gut wie keine Äußerungen Diese Einschätzung des US-Lagers in Guantanamo und Einschätzungen. Dies liegt darin begründet, dass die wird auch von Amnesty International geteilt, die das kubanische Regierung diese Gruppen oder Organisatio- US-Lager auf Kuba als den „Gulag unserer Zeit“ be- nen nicht anerkennt und in ihnen keine Kämpfer für die zeichnete und die Freilassung der Gefangenen sowie die Menschenrechte, sondern vielmehr im Dienste des kuba- Auflösung des Lagers forderte. 53 Auch die Situation im nischen Exils oder der USA stehende Söldner sieht. Aus- irakischen Gefängnis Abu-Ghraib stellt für Kuba eine führlicher werden die politischen und ökonomischen massive Verletzung der Rechte dar, die die USA stets von Verbindungen sowie Ziel und Zweck dieser Gruppen in Kuba einfordern. Amnesty kommentiert die Haltung der den Kapiteln 3.3.3 (Politische Gefangene, Dissidenten USA zu den Menschenrechten und die Vorgänge in dem und ausländische Regierungsgegner) und 3.5.2 (Die po- von US-Truppen geführten Gefängnis im Jahresbericht litische Kampagne hinter den Vorwürfen) behandelt. Amerika 2005 folgendermaßen: „Die unverhohlene Missachtung international verbriefter Menschenrechte 3.1.3 Fehlende Berechtigung westlicher Staaten und Grundsätze des humanitären Völkerrechts im Kon- zur Einforderung von Menschenrechten text des ‚Krieges gegen den Terror‘ führten Äußerungen Unabhängig davon, welche Anklagen die USA, Europa des US-amerikanischen Präsidenten mit der Aussage, die oder andere Staaten gegen Kuba vorbringen, hält die ku- USA stelle die Speerspitze im Kampf um die weltweite banische Seite die westliche Staatenwelt und besonders Durchsetzung der Menschenrechte dar, ad absurdum. die Vereinigten Staaten für nicht geeignet und befugt, Ur- Die Fotos aus dem Abu-Ghraib-Gefängnis im Irak, die teile über die Lage der Menschenrechte in anderen Län- unsägliche Folterungen an Häftlingen durch Soldaten dern abzugeben und Menschenrechtsverletzungen anzu- der US-Truppen dokumentieren, lösten rund um den klagen. Erdball Abscheu und Entsetzen aus.“ 54 Und auch die Verhaftung von fünf kubanischen Si- 3.1.3.1 Die Unglaubwürdigkeit der USA cherheitsagenten, die in Miami geplante Terrorakte ge- Die Haltung der kubanischen Regierung zu den USA als gen Kuba aufdecken wollten und von den US-Behörden Verteidiger und Kläger für die Menschenrechte beschrieb inhaftiert und des Terrorismus angeklagt wurden, hat der Außenminister Pérez Roque vor der UNO am 4. No- neben der politischen auch eine menschenrechtliche Di- vember 2003: „Die Vereinigten Staaten haben weder die mension. Die UN-Arbeitsgruppe für willkürliche Verhaf- moralische Autorität, noch das Recht, über die Situation tungen bezeichnete am 27. Mai 2005 die Inhaftierung der Menschenrechte in Kuba zu urteilen. Sie sollten sich der fünf Kubaner als eine „willkürliche Inhaftierung“, ihrer eigenen Situation widmen, sie sollten sich mit den die im Widerspruch zu Artikel 14 des Internationalen schrecklichen Verletzungen der Menschenrechte, die in Paktes über die bürgerlichen und politischen Rechte ste- diesem Land geschehen, beschäftigen und mit denen, die he und somit eine Verletzung der Menschenrechte dar- sie außerhalb ihrer Grenzen verursachen.“ 50 stelle. 55 Neben diesen beispielhaft angeführten Verletzungen ● Die USA als Menschenrechtsverletzer der bürgerlichen und politischen Menschenrechte durch Es sind vor allem die US-Gefängnisse in Guantanamo- die USA wirft ihr Kuba auch massive Verletzungen der Bay/Kuba und Abu-Ghraib/Irak, die die kubanische Sei- sozialen, kulturellen und ökonomischen Menschenrech- te scharf kritisiert und wegen der dortigen Situation der te innerhalb und außerhalb ihres eigenen Landes vor, die Menschenrechte anprangert. Der zur Zeit nicht amtie- die Anklagen der USA bzw. die Rolle der USA als Men- rende Präsident Kubas, Fidel Castro 51, äußerte sich zum schenrechtsanwalt mehr als unglaubwürdig erscheinen US-Stützpunkt auf Kuba folgendermaßen: „Die Regie- lassen. Die sich daraus ergebende Frage, wie es um die rung der mächtigsten Nation der Erde hat hingegen un- sozialen, kulturellen und ökonomischen Menschenrech- ter Missachtung jeglicher Normen dessen, was die Welt te in der westlichen Welt und auch in Kuba selbst steht, als elementare Grundsätze der Menschenrechte kennt, wird im Kapitel 3.4 (Die Bedeutung der sozialen, ökono- jene schreckliche Haftanstalt geschaffen, in der Hunder- mischen und kulturellen Rechte) näher thematisiert. te von Bürgern aus zahlreichen Ländern der Welt, da- Nicht zuletzt ist es auch die Kuba von den USA aufge- runter auch die Verbündeten der Vereinigten Staaten oh- zwungene totale ökonomische und politische Blockade, ne Gerichtsverfahren, ohne Kommunikation, ohne Iden- die bei der kubanischen Seite erhebliche Zweifel an der tifikation, ohne Rechtsverteidigung, ohne jegliche Ge- Ehrlichkeit der US-Kritik an den Menschenrechten auf währleistung ihrer körperlichen Unversehrtheit, ohne Kuba aufkommen lässt. Claudio Ramos Borrego vom Prozess noch Strafgesetz zeitlich unbegrenzt gefangen Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Kubas fand gehalten werden. Für einen so merkwürdigen Beitrag dazu auf einem Kuba-Kongress in Berlin folgende Wor- 13
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